Über Rückzüge

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Weil es bei einer sicherheitspolitischen Fortbildung sehr empfohlen wurde, habe ich mir dann doch die Rede angehört, die die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel 2019 in München gehalten hat. Danach, und auch schon davor, habe ich mir aber noch mehr angehört und durchgelesen, was manch einem beim Verständnis der Sicherheitspolitik helfen könnte.

Inhaltsverzeichnis

Merkels Rede am 16.02.2019 in München

Hier zunächst der Link auf die Rede von Frau Merkel:

Rede der Kanzlerin: Merkel live auf der Münchner Sicherheitskonferenz ( youtu.be/QkKaVFD-5i4 )

Der Text ist auf der Seite des Bundeskanzleramts verfügbar: www.bundeskanzlerin.de/bkin-de/aktuelles/rede-von-bundeskanzlerin-merkel-zur-55-muenchner-sicherheitskonferenz-am-16-februar-2019-in-muenchen-1580936

Mein Eindruck ist, dass Frau Merkel sehr wesentliche Entwicklungen und Fakten nicht berücksichtigt. Die von ihr wieder einmal favorisierte Form internationaler Zusammenarbeit und Kooperation ist an Bedingungen geknüpft, die zunehmend nicht mehr gegeben sind: Win-Win-Geschäfte, wie Frau Merkel sie machen möchte und empfiehlt, funktionieren nur dann und nur solange, wie für alle mehr als genug da ist. Ich verweise dazu auf das meines Erachtens sehr grundlegende Essay Earth Hunger, des Soziologen William Graham Sumner, das ich in Landhunger zu einem großen Teil übersetzt habe.

Um es sehr vereinfacht darzustellen: Wenn Frau Merkel mit zwei hungrigen Kannibalen in einem gut gefüllten Supermarkt eingeschlossen ist, dann hat sie gute Chancen, mit diesen Win-Win-Geschäfte zu machen. Wenn sie sich aber mit denselben zwei hungrigen Kannibalen in einem ansonsten leeren Käfig wiederfindet, dann wird es sehr klar Verlierer und Gewinner geben. 

In einer Welt mit knappen oder gar schrumpfenden Ressourcen gibt es jedenfalls zwangsläufig Verlierer und Gewinner. Wenn die potentiellen, als Beute betrachteten Staaten oder Staatengemeinschaften leicht zu erobern und zu unterwerfen sind, oder sich sogar überhaupt nicht mehr verteidigen können oder wollen, dann kann ein Krieg sehr vernünftig und rentabel sein. Das gilt insbesondere auch dann, wenn die potentiellen Angreifer zu Hause von wirtschaftlichen, ökologischen, politischen und demographischen  Problemen getrieben und von religiösen Motivationsmöglichkeiten unterstützt werden. Hierzu passende Artikel meines Blogs:

Wichtigste Aufgabe der Bündnis- und Verteidigungspolitik und auch des Katastrophenschutzes in Friedenszeiten ist es, bei potentiellen  Eroberern und Erpressern den Eindruck zu erwecken, dass sich ein Angriff nicht lohn, bzw., dass der Preis eines Krieges inakzeptabel hoch wäre.  Wer den Frieden erhalten will oder wer in einem nicht zu verhindernden Krieg zu den Gewinnern gehören und seine Vorstellungen vom Frieden durchsetzen will, der muss bereit und in der Lage sein, zu kämpfen und einseitige Geschäfte zu machen. Der Goldstandard sind dabei nicht irgendwelche Regeln und Gesetze, sondern die Fähigkeit und Bereitschaft zur Gewaltanwendung. Jack Donovan hat das sehr gut in Violence is Golden ausgedrückt, das ich in Gewalt ist Gold wert übersetzt habe. Das gilt auch heute. Der Frieden und die relative Gewaltfreiheit in Europa seit 1945 war nur möglich, weil die USA als wichtigste Schutzmacht und die europäischen Staaten selbst auch nach innen und außen glaubhaft machen konnten, dass sie die Fähigkeit zu extremem Gewalteinsatz besitzen und dass sie auch bereit sind extreme Gewalt anzuwenden, um Recht und Ordnung nach innen und außen zu verteidigen und durchzusetzen.

Die Rede des US-Vizepräsidenten Mike Pence

Gleich nach der Rede von Angela Merkel habe ich mir auch die Rede des US-Vizepräsidenten Mike Pence im Original angehört: #MSC2019: US Vice President Pence rebukes European leaders for stance on Iran, Venezuela ( youtu.be/xM7fQptU1Go ) Es gibt auch eine Version mit deutscher Übersetzung:  Münchner Sicherheitskonferenz – Rede von US-Vizepräsident Pence am 16.02.19 ( youtu.be/zoGI7jMwNk0 ) Aus der Sicht des amerikanischen Vizepräsidenten sieht die Welt doch sehr anders aus, als aus der Sicht der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Bemerkenswert fanden nicht nur ich, sondern auch viele Amerikaner, das Schweigen bei der Übermittlung der Grußbotschaft von  US-Präsident Donald Trump:

Ob die USA wirklich so stark und gut aufgestellt sind, wie der amerikanische Vizepräsident Pence es darstellt, bezweifle ich allerdings. Weiter unten im Text führe ich dazu verschiedene amerikanische Quellen, zum Teil mit Zitaten, an.

Die Infragestellung der NATO durch Amerikaner

US-Präsident Donald Trump

Mit „trump nato obsolete“ findet man verschiedene Artikel. Zum Beispiel Handelsblatt 16.1.2017: Trump droht deutschen Autobauern mit Strafzöllen  (Seite 3 von 3): Trump nennt Nato obsolet. Aus offensichtlich politischen Gründen hat er die dann zwar auch widerrufen. Aber …. 

Harry J. Kazianis auf Fox News

Auf der Internetseite von Fox News, erschien am  10. Juli 2018 ein Kommentar von Harry J. Kazianis, mit dem Titel  Trump is right — NATO is obsolete, and he’s delivering that message loud and clear. (dt.: Trump hat recht – Die Nato ist obsolet, und er äußert diese Nachricht laut und klar). Kazians ist Direktor für koreanische Studien am Zentrum für die nationalen Interessen.

Christian Whiton von Nationalinterest.org

Am 7. Juli 2018 erschien auf NationalInterest.org der Artikel NATO Is Obsolete – „Europe is prosperous and treats America like a patsy. Let it stand on its own.“  (dt.: Die NATO ist veraltet – „Europa wohlhabend und behandelt Amerika wie ein Trottel. Lasst sie alleine für sich einstehen.) von Christian Whiton. Pünktlich zur Münchener Sicherheitskonferenz 2019, am 12. Februar 2019, erschien in diesem Sinne, ebenfalls von Christian Whiton, wieder auf Nationalinterest.org der Artikel Dump NATO and Defend New Europe – There is little evidence that NATO members have started taking their obligations seriously. (dt. Entsorgt die NATO und verteidigt das Neue Europa – Es gibt wenig Beweise dafür, dass die NATO-Mitglieder ihre Verpflichtungen ernst nehmen). Am 18. Februar 2019 widmete die deutschsprachige Abteilung von RussiaToday diesem Thema einen  Artikel: Europa – Ex-Berater des US-Außenministeriums findet Westeuropäer „dekadent“ und „verlogen“ und am 22. Februar 2019 versuchte man bei Spiegel Online Plus diesem Thema Kunden für einen Bezahlartikel zu finden: Neue Sicherheitsstrategie für Europa – Ein Plan für die Nato.

John Michael Greer zur Sicherheitspolitik der USA

Ich übersetze hier zunächst den Abschnitt  An End to Empire aus  dem Artikel The Alt-Right, the Ctrl-Left, and the Esc-Center von John Michael Greer, vom 4. Juli 2018:

Ein Ende des Imperiums. Die Vereinigten Staaten sind nicht dazu verpflichtet, der Weltpolizist oder gar der Kerkermeister der Welt zu sei. Wir [die Amerikaner] verschwenden gegenwärtig jedes Jahr Milliarden mit der Unterhaltung von Militärstützpunkten in weltweit mehr als hundert Ländern, während unsere heimische Infrastruktur wegen jahrzehntelanger, bösartiger Vernachlässigung kollabiert. Die meisten Länder mit Imperien – und ja, lasst uns zu uns selbst ehrlich sein, das ist es was wir haben – enden indem sie wirtschaftlich kollabieren wenn die Kosten der Erhaltung des Imperiums angefangen haben, die Vorteile zu übersteigen. Wir sind diesem Punkt gefährlich nahe und wir sollten dem Beispiel Britanniens folgen und uns von unserem globalen Imperium trennen, bevor es uns mit sich in die Tiefe reißt. Ja, das bedeutet, dass unsere Verbündeten in Übersee selbst für die Kosten ihrer Verteidigung werden bezahlen müssen oder dass sie untergehen werden. Sie können frei zu wählen, ob sie die eine oder die andere Möglichkeit wünschen.

Das mit diesen Verbündeten, die sich gefälligst selbst um ihre Verteidigung kümmern, oder, wenn sie das nicht wollen, halt untergehen sollten, sind selbstverständlich vor allem die EU-Staaten und da ganz sicher auch Deutschland gemeint.

John Michael Greer zum selben Thema in seinem Artikel  The Dark Places of the Future, vom 26.12.2018, in seinem Rückblick auf das zu Ende gehende Jahr 2018:

  • Trumps Entscheidung, die amerikanischen Truppen aus Syrien nach Hause zu holen und mit einen ernsthaften Rückzug aus Afghanistan zu beginnen war so überfällig wie notwendig. Die Vorherrschaft der USA schwindet dahin und eine der wesentlichen Aufgaben amerikanischer Staatskunst besteht darin, nicht tragbare Verpflichtungen überall auf der Welt zu reduzieren, Eurasien und Afrika ihre Angelegenheiten selbst in Ordnung bringen zu lassen und nachhaltigere Beziehungen mit den Nationen in der Nachbarschaft der USA zu etablieren. Ein Ende des militärischen Abenteuers der USA im Nahen Osten und verbesserte Beziehungen mit Mexiko sind wichtige Schritte auf diesem Weg. Es ist ein Verdienst von Trumps Regierung, dass 2018 verschiedene Schritte in Richtung auf diese beiden Ziele unternommen wurden, aber es müssen noch viele weitere folgen. Es ist derzeit unmöglich zu sagen, was 2019 passieren wird. Je früher es passiert, je weniger traumatisch wird der Übergang zu einem postimperialen Amerika sein.

Zu John M. Greer hatte ich insbesondere auch folgende Blogposts auf freizahn.de:

Die Murmeltier-Show nach Chris Martenson

Chris Martenson hat am 22. Februar auf Peakprosperity.com einen mit dem Titel We’re Living In ‚The Groundhog Show‘ In which our leaders make the same mistakes over & over ( dt.: Wir leben in einer ‚Murmeltiershow‘, in der unsere Führer die selben Fehler immer und immer wieder machen).  Den Titel hat er aus einer Kombination des Filmes „Und täglich grüßt das Murmeltier“ ( de.wikipedia.org/wiki/Und_täglich_grüßt_das_Murmeltier )und dem Film Die Truman Show ( de.wikipedia.org/wiki/Die_Truman_Show ) gebildet. In Und täglich grüßt das Murmeltier ist die Hauptperson dazu verdammt, täglich aufs Neue denselben Tag, nämlich den 2. Februar, zu erleben.  In der Truman Show lebt die Hauptperson in einer vollständig irrealen, künstlichen Welt. Die Proteste der Gelbwesten  in Frankreich und die Art, wie die Regierung Macron damit umgeht, ist ein Hinweis darauf, dass die „Eliten“ im Westen, und da ganz besonders im „westlichen“ EU-Europa, allmählich die Kontrolle verlieren. Die Wahl Donald Trumps und der Brexit sind weitere Hinweise.  Was die gemeinsame Ursache ist, zeigen insbesondere auch die neusten Artikel von Gail Tverberg auf ourfiniteworld.com:

Militärische Studien zum Thema Ölverknappung

Alice Friedemann,  hat auf ihrem Blog am energyskeptic.com , am  11. Februar 2019, einen Beitrag mit dem Titel The U.S. Military on Peak Oil and Climate Change einer Studie des amerikanischen Militärs aus dem Jahre 2009 gewidmet. Ihre Begründung: Sie finde, dass das Militär von allen Teilen der Regierung im Bezug auf die Auswirkungen von Peak Oil und dem Klimawandel am realistischsten sei. Möglicherweise durch dieses damalige Papier der amerikanischen Streitkräfte inspiriert, hat übrigens auch die deutsche Bundeswehr 2011 eine Studie mit dem Titel „Peak Oil – Sicherheitspolitisch Implikationen knapper Ressourcen“ angefertigt. 

Neues zu Peak Oil und Peak Coal von Gail Tverberg

Die ersten drei von Gail Tverberg auf ourfiniteworld.com im Jahr 2019 veröffentlichten Artikel sind alle sehr lesenswert, weshalb ich sie hier alle verlinkt aufliste:

Wie Gail Tverberg zeigt, wurde der Gipfel der globalen Öl- und Kohleförderung wahrscheinlich schon überschritten. Ein Problem, dass man bisher meist übersehen hat ist, dass Energie volkswirtschaftlich eben nicht wie eine normale Ware behandelt werden sollte. Wenn normale Waren knapper werden, dann steigt deren Preis und „der Markt“ findet in der Regel Ersatzlösungen – die in der Regel mit einem höheren Energieverbrauch verbunden sind. Wenn Energie knapper wird, weil der Energieaufwand für die Förderung bzw. Produktion immer größer wird, dann können die Energiepreise zunehmend nicht mehr in dem Maße steigen, wie die steigenden Förderkosten es erfordern würden. Der Grund dafür ist, dass sich dann nämlich immer mehr Menschen Energie und und die damit hergestellten Produkte nicht mehr leisten können.

Die Verfügbarkeit billiger und zugleich sehr hochwertiger Energie ist nämlich die entscheidende Grundlage für die menschliche Produktivität.

Wenn die Energiepreise steigen, dann können für immer mehr  Arbeitsplätze keine ausreichenden Reallöhne erwirtschaftet werden. Damit können sich aber auch immer mehr Menschen Energie und die damit hergestellten Produkte nicht mehr leisten. Man kann das eine Zeitlang mit Hilfe niedriger oder sogar negativer Zinsen durch Schulden und Subventionen verschleiern.  Damit werden allerdings Schuldenberge angehäuft, die letztlich nur durch Enteignung oder – was faktisch dasselbe ist – durch negative Zinsen, Inflation oder eben durch einen Kollaps der Wirtschaft getilgt werden können. Das wiederum ist eine Aussicht, die letztlich jedes Wirtschaften lähmt.

Was sind Zinsen?

Zinsen sind ein Ausdruck der Erwartung, dass mit den aufgenommen Schulden mehr als die Summe aus Schulden und Zinsen erwirtschaftet werden kann. Damit überhaupt etwas erwirtschaftet werden kann, ist aber Energie notwendig, die so preiswert und hochwertig ist, dass damit entsprechend produktiv gearbeitet werden kann. Wenn immer mehr Energie für die Energieproduktion selbst aufgewendet werden muss, dann beleibt immer weniger für andere Bereiche übrig. Die Produktivität sinkt, die Wirtschaft schrumpft und die Zinsen sinken zuerst auf 0 %, um dann schließlich negativ zu werden. 0 % Zinsen heißt, dass Produktivitätssteigerungen nicht mehr möglich sind. Negative Zinsen bedeuten, dass die Produktivität und der Wohlstand schrumpfen. Der Basiszinssatz in Deutschland ist seit 2013 negativ (de.wikipedia.org/wiki/Basiszinssatz ).  Das heißt, der Finanzmarkt erwartet, aller Propaganda zum Trotz, faktisch ein Sinken der Produktivität und damit auch des Wohlstandes.

Zum Thema Zinsen siehe auch meinen Artikel www.freizahn.de/2019/05/ueber-zinsen-energiepreise-und-altersvorsorge/

Die deutsche Abstiegsgesellschaft

Die folgenden Grafiken aus dem insgesamt sehr interessanten Vortrag Die Abstiegsgesellschaft ( youtu.be/35yZGdbHl0I ) von Prof. Dr. Oliver Nachtwey zeigen, dass auch Deutschland mit den Verpflichtungen und den daraus resultierenden Komplexitätskosten, die es eingegangen ist, zunehmend überfordert ist. Auch in Deutschland wirkt sich die nachlassende Verfügbarkeit billiger und zugleich hochwertiger Energie längst aus. Angela Merkels „Wir schaffen das“ und die deutsche Einwanderungspolitik sind vor diesem Hintergrund entweder extrem böswillig oder sie sind eine Trotzreaktion, womit man sich und der Welt etwas vormachen und die bittere Wirklichkeit verhöhnen will. 

Die folgende Grafik zeigt die Zeit der 60er Jahre, als die Energie noch billig war. Die Produktivität und die Nettoreallöhne stiegen demnach in den zehn Jahren von 1960 bis 1969 annähernd parallel um ca. 47 Prozent.

Quelle: Die Abstiegsgesellschaft | Oliver Nachtwey | SWR Tele-Akademie ( https://youtu.be/35yZGdbHl0I )

 

Die nächste Grafik zeigt die Entwicklung der Produktivität und der Reallöhne in den 20 Jahren 1970 bis 1991. Die Produktivität stieg in diesen nun 20 Jahren nur noch um 49 % und die Nettoreallöhne stiegen sogar nur noch um 24,4 %. Man beachte dazu auch, dass 1973 die erste Ölkrise war.

Quelle: Die Abstiegsgesellschaft | Oliver Nachtwey | SWR Tele-Akademie ( https://youtu.be/35yZGdbHl0I )

Die nächste Grafik zeigt die 20 Jahre von 1991  bis 2011. Die Produktivität stieg in dieser Zeit nur noch insgesamt  20,6 %, während die Nettoreallöhne nun sogar gesunken sind.

Quelle: Die Abstiegsgesellschaft | Oliver Nachtwey | SWR Tele-Akademie ( https://youtu.be/35yZGdbHl0I )

Die folgende Grafik zeigt die Entwicklung der Bruttolohnquote, also des Anteils der Löhne und Gehälter am Bruttoinlandsprodukt. Die Ursache für den Sprung zwischen der grünen und der blauen Kurve ist eine Umstellung des Berechnungsverfahrens. Insgesamt kann man sehen, dass der Anteil der Löhne an der gesamten Wirtschaftsleistung von 1950 bis etwa 1980 gestiegen ist. Seitdem fällt dieser Anteil.

Quelle: Die Abstiegsgesellschaft | Oliver Nachtwey | SWR Tele-Akademie ( https://youtu.be/35yZGdbHl0I )

Drei Faktoren, die Prof. Nachtwey nicht erwähnt, die aber meines Erachtens bei der von den Grafiken gezeigten Entwicklung und auch mit Blick auf die Zukunft eine wichtige Rolle spielen:

  1. Die seit  der Ölkrise von 1973 steigenden die Energiepreise bzw. der Aufwand für die Produktion der Energie.  Dazu möchte ich hier auf meinen Artikel Grafiken zum Thema Öl hinweisen. Die Verfügbarkeit billiger und zugleich sehr hochwertiger Energie ist vor allem für die Produktivität gering und mittelmäßig qualifizierter Arbeiter und Angestellter extrem wichtig.  Wenn die Energie teurerer oder knapper wird, dann sinkt die Produktivität, eben weil damit eine der wichtigsten Grundlagen der Produktivität schrumpft (Siehe dazu auch meinen Artikel Alternative Ölpreismechanik). Zunächst am meisten betroffen sind dabei geringer Qualifizierte. Die Einkommens- und Vermögensunterschiede wachsen, wenn die Energie und andere für die Produktivität wichtige Ressourcen knapper und teurer werden. Das Extrem alter Zeiten sieht man, wenn man den extremen Luxus der Schlösser, etwa aus der Zeit Ludwig des XIV oder der russischen Zaren betrachtet und diesen dann  in Freilichtmuseen mit den Behausungen der einfachen Menschen jener Zeiten vergleicht.
  2. Die Komplexitätskosten. Wenn die Komplexität der Gesellschaft steigt, dann steigen zunächst auch die Produktivität und die Reallöhne. Die Erträge der Komplexität werden aber zunehmend geringer und es wird schließlich der Punkt erreicht, von dem an die Komplexität mehr kostet als sie nützt. Von diesem Punkt an sinken die Reallöhne. Zum Thema Komplexität siehe u.a. auch  Kollaps komplexer Gesellschaften – Interview mit Prof. Dr. Joseph Tainter und Dem Energiedilemma auf den Grund gegangen.  Auch die Zuwanderung und die Aufnahme von Asylanten, die Einführung des Euro und die Mitgliedschaft Deutschlands in der EU, sowie viele Entwicklungen der letzten Jahre und Jahrzehnte sind letztlich Steigerungen der Komplexität, die Kosten verursachen. Ein gutes Beispiel, sehr aktuelles Beispiel ist  die Denkschrift SOS Notruf aus allen Krankenhäusern an die Politik der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Was mich seinerzeit an der Arbeit von Joseph Tainter am meisten überrascht hat war, dass auch Forschung und Entwicklung zunehmend ineffizienter und kostspieliger werden und schließlich den Punkt erreichen, an dem die dafür aufgewendeten Kosten den Ertrag übersteigen.  Forschung und Entwicklung sind von diesem Punkt an sinnlos. Es ist einer der großen Irrtümer der Bevölkerung und auch der politischen Führung in Deutschland, dass man aus den Komplexitätsgewinnen und den Erträgen von Forschung und Entwicklung in früheren Zeiten ableitet, dass diese in Zukunft weiter ähnliche Erträge bringen.  Das Vertrauen in die Fähigkeit, Schulden aufzunehmen und Verpflichtungen einzugehen beruht sehr wesentlich auf dieser falschen Grundannahme. Siehe dazu auch www.freizahn.de/2014/10/dem-energiedilemma-auf-den-grund-gegangen/#technologischer_optimismus
  3. Die Kosten für die Energiewende und den Umweltschutz sind letztlich auch Komplexitätskosten. Sie sind zumindest indirekt auch Teil der Energiekosten und sie wirken sich damit negativ auf die gesamtgesellschaftliche Produktivität und damit auch auf die Reallöhne aus. Vor diese Hintergrund verstehe ich nicht, dass viele es als positiv ansehen, dass z.B. durch die „Energiewende“ oder den Umweltschutz zusätzlich Arbeitsplätze geschaffen werden.  Maximale Beschäftigung im Energiesektor hatte man in Europa vor dem Beginn der industriellen Revolution, wie die folgende Grafik zeigt, die ich bereits in Karl Marx und die Energiesklaven eingebunden hatte:
Nicht häusliche Energieaufwendungen, relativ zum Bruttosozialprodukt, in England von 1500 bis 2000.
Quelle: Kapitel 4, „Depletion vs. innovation The fundamental question of sustainability“ von Joseph A. Tainter, Deborah Strumsky, Temis G. Taylor, Michelle Arnold, and José Lobo in
Physical Limits to Economic Growth: Perspectives of Economic, Social, and Complexity Science (Routledge Studies in Ecological Economics) (S. 71).

Diese Kurve wird in den nächsten Jahren und Jahrzehnten wieder mehr oder weniger schnell und weit ansteigen. Das heißt, der Anteil der nicht häuslichen Energieaufwendungen am Bruttosozialprodukt wird wieder ansteigen, womit man sich eben nicht in eine rosige Zukunft, sondern letztlich zurück zu der Armut der Massen im Mittelalters begibt. Wie weit und wie schnell dieser Anteil der nicht-häuslichen Energieaufwendungen steigt, wird davon abhängen, wie klug und ab wann man mit welcher Intensität die Herausforderungen der Zukunft angeht. Das seit dem Ende des Mittelalter angesammelte Wissen in der Landwirtschaft, der Medizin, der Zahnmedizin und in vielen anderen Bereichen könnte grundsätzlich auch in Zeiten mit mit relativ wenig Energie und Rohstoffen eine ziemlich hohe Lebensqualität ermöglichen. Die Gefahr ist meines Erachtens aber sehr real, dass die Chancen die man hier hat weitgehend ungenutzt bleiben. 

Klimaschutz durch schrumpfende Wirtschaft

Gail Tverberg schreibt in ihrem Artikel Have We Already Passed World Peak Oil and World Peak Coal? vom 22. Februar 2019:

„Klimawandel ist unser größtes Problem“ ist die Folge schlechter Wirtschaftsmodellierung.

Wenn eine Person ernsthaft glaubt, dass die Energiepreise für immer steigen können und steigen werden, dann ist es eine einfache Schlussfolgerung, dass alle fossilen Brennstoffe die wir in der Erdkruste entdecken können, schließlich auch gefördert werden können.  Es gibt dann keine Grenzen außer den durch den Klimawandel entstehenden.

Wenn wir allerdings wirklich hier und da an Preisgrenzen stoßen, dann wird die Situation wahrscheinlich entschieden anders. Diese Preisgrenzen werden zu einem sehr baldigen Rückgang der Energieversorgung führen, über den wir im wesentlichen keine Kontrolle haben. Finanzsysteme werden wahrscheinlich kollabieren; der internationale Handel wir drastisch schrumpfen; die Weltbevölkerung wird wahrscheinlich fallen. Die CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre werden sich beizeiten an diese sich radikal verändernde Welt anpassen.

Ich habe früher gezeigt (in How the Peak Oil story could be “close,” but not quite right), dass die Modelle, die man verwendet um „zu beweisen“, dass Wind und Sonne für das System hilfreich sein können, in hohem Maße deren Nutzen überschätzen. Ein Resultat ist, dass wir nicht wirklich den Beweis haben, dass  Wind und Sonne überhaupt für das System hilfreich sind.

Daraus folgt, dass wir tatsächlich zwei falsche Modelle haben, die zusammenwirken ,um die Illusion zu ermöglichen, dass wir ein großes Problem haben, das lösbar ist, wenn wir uns nur genug anstrengen. Die Physik hat jedoch unsere Anstrengungen gedeckelt. Die Physik des Systems lässt das System kollabieren, bevor die Politiker auch nur hoffen können, eine kleine Reparatur durchführen zu können.

Verschiedene Theorien für allgemeine „Verblödung“

Zu meinem Erstaunen habe ich inzwischen eine ganze Reihe von Gründen dafür gefunden, warum unsere Gesellschaft tatsächlich regelrecht den Verstand verliert (oder schon verloren hat?) und die anstehenden Probleme nicht mehr lösen kann. Mir fehlt die Zeit, all diesen Theorien nachzugehen. Ich liste sie daher hier zum Teil nur einfach auf:

„Verblödung“ durch falsche Ernährung 

Prof. Tim Noakes erwähnt an einer Stelle, dass das Gehirn mit zunehmendem Alter immer schlechter Glucose als Energieträger verwenden kann. Das sei wahrscheinlich ein Grund für Alzheimer. Ketone, die bei einer vorwiegend aus Fleisch und tierischen Fetten bestehenden Ernährung als Energieträger dienen, sind demnach für das Gehirn im Alter weiter gut nutzbar. 

Interessant sind hier auch die beide folgenden Vorträge:

Zusammenfassend kann man als sicher ansehen, dass der Mensch mit den Affen gemeinsame, vegetarisch lebende Vorfahren hat. Der Mensch ist die Entwicklungslinie, die dann wegen eines Klimawandels von den Bäumen gestiegen und in die Savanne gewandert ist. Das Gras in den Savannen konnten und können  Menschen nicht direkt als Nahrung nutzen. Der Mensch hat dann aber eine geniale Lösung gefunden:

Der Mensch hat die Aufgabe des Verdauens von Gras in Tiere ausgelagert, die das können. Vor allem die Wiederkäuer mit ihrem Pansen, aber auch die Pferde mit ihrem sehr langen Dickdarm, haben das Gras verdaut und der Mensch hat sich darauf spezialisiert, diese Tiere zu jagen. Das heißt, auch die Wiederkäuer und die Pferde können das Gras nur mit Hilfe von Bakterien nutzen, aber sie haben dazu auch die nötige anatomische Vorrichtung (Pansen bei Wiederkäuern, sehr langer Dickdarm bei Pferden). Nur so war es möglich, die für den Menschen typische Kombination von sehr großem, sehr viel Energie benötigendem, Gehirn und vergleichsweise sehr kleinem Verdauungssystem zu entwickeln. Das heißt, der Mensch braucht sehr hochwertige, nährstoffhaltige und energiedichte Nahrung, wie sie am besten Fleisch und tierische Fette liefern. Der Mensch ist ein Tier, das zwar von Pflanzenfressern abstammt, aber das sich dann über rund 2 Millionen Jahre zum Fleischfresser entwickelt hat, dessen Verdauungssystem offenbar dem von Hunden ähnlicher ist als dem von typischen Pflanzenfressern. Das Fehlen von Reißzähnen war für den Menschen kein Problem, weil er Hände und das relativ große Gehirn hat. Wie Vilhjalmur Stefansson in The Fat of the Land beschreibt, war es unter Eskimos und anderen Eingeborenenvölkern üblich, das Fleisch zwischen die Zähne zu nehmen und zugleich mit den Händen zu halten und dann mit einem Messer oder einer Steinklinge den Bissen abzuschneiden. Stefansson hatte Anfang des 20. Jahrhunderts, als Wissenschaftler ca. 11 Jahre bei den Eskimos gelebt und sich in dieser Zeit, wie die Eskimos nur von Fleisch, tierischem Fett und Fisch ernährt. 1927/28 hat er ein ganzes Jahr an einem gut gesicherten medizinischen Experiment in New York teilgenommen, bei dem er und ein Kollege sich nur von Fleisch und tierischem Fett ernährt haben. In The Fat of the Land beschreibt er u.a. auch dieses Experiment. Man kann das Buch über Amazon oder auch im Internet als kostenlos verfügbare pdf-Datei bekommen.

Eine Rückkehr zur vegetarischer oder gar veganer Kost ist jedenfalls ein Rückschritt und ein Versuch, die Evolution des Menschen wieder mehr in Richtung  Affen zu wenden. Tatsächlich ist das Gehirnvolumen der Menschen seit Einführung des Ackerbaus vor gut 10.000 Jahren allmählich wieder geschrumpft. 

„Verblödung“ durch Fernsehen und digitale Medien

Das ist die These von Prof. Manfred Spitzer. Ich habe ihn erstmals bei einem Festvortrag bei einer Fortbildung meiner Zahnärztekammer erlebt. Ich erinnere mich noch gut, wie er meinte, dass wir hier in Deutschland aufpassen müssten, dass wir nicht in einigen Jahren die T-Shirts für die Chinesen nähen (weil wir, bzw. unser Nachwuchs zu sehr verblödet sind.).

Wenn man mit „Manfred Spitzer“ auf Youtube oder auch bei Amanzon.de sucht, findet man sehr viel. Einige Beispiele:

Prof. Spitzers derzeit neustes  Buch hat den Titel: Die Smartphone-Epidemie: Gefahren für Gesundheit, Bildung und Gesellschaft

Ich habe mir vor einigen Jahren eine ganze Reihe von Vorträgen von ihm angehört.

Prof. Gerald Hüthers Beispiel mit der unterschiedlichen Hirngröße von Hauseseln und Wildeseln wollte ich zunächst als weitere  Methode zur „Verblödung“ listen. Ich denke aber ich sollte einfach nur hier auf einen Vortrag von Prof. Hüther hinweisen, in dem er das Beispiel verarbeitet hat:  rainbop.blogspot.com/2010/06/dr-gerald-huther-begeistern-statt.html . Zumindest teilweise überschneiden sich die Thesen von Prof. Spitzer und Prof. Hüther. 

„Verblödung“ durch Elektromagnetische Felder?

Diese These hat mich überhaupt erst auf die Idee gebracht, dass es im Grunde wohl eine ganze Reihe von Thesen und Theorien über Ursachen gesellschaftlicher „Verblödung“ gibt, und dass ich mir diese vielleicht doch einmal auflisten sollte.

Hier der Artikel der mich auf diese Idee gebracht hat: Gesellschaftlicher Zusammenbruch bis 2025 durch die Folgen von 5G, Mobilfunk, WLAN & Co.? auf limitstogrowth.de . Mit diesem Thema habe ich mich bisher nicht weiter befasst und ich kann und will mir daher kein Urteil darüber erlauben – außer, dass es offensichtlich viele und zum Teil vielleicht unbekannte Möglichkeiten gibt, die Leistungsfähigkeit der Gehirne zu vermindern.

„Verblödung“ und Verrücktheit ist aber nichts Neues

Zur Naturgeschichte der menschlichen Unvernunft

Zunächst hatte ich vor einiger Zeit in insgesamt drei Blogbeiträge und auf das Buch Der Mensch – das riskierte Wesen: Zur Naturgeschichte menschlicher Unvernunft von Prof.  Irenäus Eibl-Eibesfeldt hingewiesen und dort insgesamt auch vier Kapitel aus diesem leider vergriffenen und zu wenig beachteten Buch als pdf-Datei eingestellt. Hier die vier Blogbeiträge:

Der Todestrieb in der Geschichte

Von Markus Krall habe ich neulich ein Interview und einen Vortrag gehört, in dem er auf das Buch Der Todestrieb in der Geschichte: Erscheinungsformen des Sozialismus von  Igor R. Schafarewitsch eingeht. Ich habe es vor einigen Jahrzehnten gelesen. 

  • Der Todestrieb in der Geschichte – Dr. Markus Krall im Interview ( youtu.be/DZfglOunaQ4 )
  • Markus Krall: Der Todestrieb des Sozialismus – Das Beispiel der Frankfurter Schule ef-Konferenz 2019 – Postsozialismus ( youtu.be/SHTVpYhUlzQ )

Meines Erachtens ist dieser Todestrieb auch eine Form von Wahnsinn. Er ist aber, wie die Beispiele von Igor Schafarewitsch zeigen,  nichts Neues, sondern es hat ihn zumindest in den letzten Jahrtausenden immer wieder gegeben. Vielleicht hängt diese Form von Wahnsinn aber auch mit der Ernährung zusammen.

Thilo Sarrazins Thesen

Wie  Thilo Sarrazin in seinen laut Angela Merkel „nicht hilfreichen“  Buch Deutschland schafft sich ab: Wie wir unser Land aufs Spiel setzen zu zeigen versucht hat, gibt es noch weitere, sehr effiziente  Möglichkeiten, um eine systematisch „Verblödung“ der Gesellschaft zu bewirken.  Ich möchte dazu auf die Grafiken in Weltkarten zu Intelligenz und Bildung und auf das Buch A Farewell to Alms: A Brief Economic History of the World von Gregory Clark hinweisen, auf das ich durch Thilo Sarrazin aufmerksam geworden war. Wie Gregory Clark anhand der Analyse von Testamenten in Englischen Archiven nachweisen konnte, haben wohlhabende, erfolgreiche Menschen in England  und wahrscheinlich auch in Deutschland und anderen Teilen Europas zumindest etwa 1000 Jahre lang, sehr viel mehr Kinder bis ins Erwachsenenalter durchbringen können als arme Leute. Das Ergebnis war ein rigoroser Ausleseprozess, der bis weit ins 19 Jahrhundert die Gescheiteren und Tüchtigeren aus der Sicht der Evolution klar bevorzugt hat. Vor dem Hintergrund meiner Beschäftigung mit dem Thema Fleischdiät ( siehe Gesund abnehmen – auch ohne Sport und Hunger) ist das leichter verständlich. Wer mehr Geld hatte, um Frau und Kinder gut mit Fleisch, tierischen Fetten und Milchprodukten zu ernähren, der hatte mit seiner Familie entscheidende gesundheitliche Vorteile gegenüber armen, sich dazu wohl auch noch einseitig und knapp mit pflanzlichen Nahrungsmitteln ernährende Zeitgenossen. 

Weitere Hinweise auf Wahnsinn in der Geschichte

Eine sehr umfassende historische Untersuchung ist wohl Extraordinary Popular Delusions And The Madness Of Crowds
von Charles MacKay. Dieses 1841 erschienen Buch gibt es im Internet kostenlos als pdf-Datei: vantagepointtrading.com/wp-content/uploads/2010/05/Charles_Mackay-Extraordinary_Popular_Delusions_and_the_Madness_of_Crowds.pdf

Es gibt dazu auch eine eigene Seite auf Wikipedia: en.wikipedia.org/wiki/Extraordinary_Popular_Delusions_and_the_Madness_of_Crowds

Offensichtlich wurde das Buch auch ins Deutsche übersetzt Zeichen und Wunder: Aus den Annalen des Wahns.

Der Hexenwahn in Europa, der NationalSOZIALISMUS  und der DDR-SOZIALISMUS, sind bekanntere Beispiele. Zum Hexenwahn hat auch William G. Sumner ein interessantes Essay in der Sammlung and other Essays“. Links und eine pdf-Version dazu in www.freizahn.de/2016/05/sumner-war-and-other-essays/  

Eine wichtiges Fazit Sumners in diesem Essay ist, dass solche Phänomene wieder kommen werden, wenn das Land und die Ressourcen wieder knapper werden. Vor allem von Seiten der der Sozialisten seien neue Erscheinungsformen des Hexenwahns in Zukunft zu erwarten. 

Das Problem der Komplexitätskosten

Multilaterale Verträge und Organisationen, aber auch Recht und Ordnung ganz allgemein, sind immer auch Komplexitätssteigerungen, deren Einführung und Erhaltung Energie und andere  Ressourcen kosten. Wenn mehr als genug Energie und andere Ressourcen verfügbar sind, dann können solche Komplexitätskostensteigerungen den allgemeinen Wohlstand steigern. Wenn aber die Energie und andere Ressourcen knapp werden und damit eben nicht mehr für alle und alles reichen, dann muss man abwägen. Die Reduzierung der Komplexitätskosten kann dann den Wohlstand der eigenen Klientel steigern. Das ist das, was die Regierung Donald Trumps durchaus erfolgreich versucht. Zum Thema Komplexitätskosten einige Links:

Man beachte dazu Donald Trumps wiederholte Hinweise zu den von seiner Regierung erzielten Komplexitätskosteneinsparungen. Man beachte dazu ebenfalls Trumps Direktive (Executive Order) 13771 vom 30. Januar 2017: en.wikipedia.org/wiki/Executive_Order_13771. Donald Trump hat damit festgelegt, dass für jede neue Verordnung zwei alte Verordnungen gestrichen werden müssen. Auch dürfen neue Verordnung vor diesem Hintergrund nichts kosten, wenn man die Einsparungen durch gestrichene Verordnungen berücksichtigt. Wenn das nicht möglich ist, müssen weitere alte Verordnungen gestrichen werden. Donald Trump scheint die Warnung Joseph Tainters verstanden zu haben und er beherzigt sie. Dieses Verständnis der von steigenden Komplexitätskosten ausgehenden Gefahren beeinflusst zweifellos auch die Handels-, Außen- und Sicherheitspolitik Donald Trumps. 

Typisch für die Regierungszeit und die Ziele von Angela Merkel, und auch für die von Ihr und den „demokratischen Parteien“ immer wieder gelobte und befürwortete EU, war und ist dagegen die weitere Steigerung der Komplexitätskosten, obwohl der Punkt von dem an mehr Komplexität mehr kostet als sie nützt in Deutschland schon lange überschritten sein dürfte. Hier stellt sich übrigens auch die Frage, wie weit die Europäer ihre Streitkräfte nicht nur kaputt gespart, sondern auch kaputt reformiert, kaputt bürokratisiert und durch Komplexitätkostensteigerungen geschwächt  haben.  Interessant vor diesem Hintergrund könnte das Vorbild der Wehrmacht sein, wie ich Von der Wehrmacht lernen zu erklären versucht habe. Es ist nicht ohne Ironie, dass ausgerechnet unter der Regierung Merkel besonders intensiv versucht wurde, die Wehrmacht zu diskreditieren und eben nicht mehr als Vorbild für die Bundeswehr gelten zu lassen. 

Die globale Lage

Die folgenden Grafiken zeigen und erklären die globale Lage und die Aussichten unserer Zeit ziemlich gut.

Bild 7.13, Seite 179, aus „Energy and the Wealth of Nations“, 2. Auflg., von Charles Hall und Kent Klitgaard.
Prinzipielle Sicht der Relation des Wirtschaftlichen Konzeptes von Hall und Klitgaard und der Hubbert Kurve für den gesamten Ölverbrauch. Die meisten wirtschaftswissenschaftlichen Konzepte wurden während einer Periode steigender Energienutzung entwickelt. Sie könnten in der aktuellen Zeit des Peak Oil (schwankender Energieverbrauch im Bereich des Maximums der Kurve) Probleme mit der Erklärung der wirtschaftlichen Ereignisse haben. Wie werden sie sich in der Zeit zurückgehender Energieverfügbarkeit bewähren?

Die obige Grafik ist sehr beschönigend, wie Gail Tverberg in ihrem schon weiter oben erwähnten Artikel How the Peak Oil story could be “close,” but not quite right von 30. Januar 2019 erklärt: Die Förderung der noch verbliebenen Energie kostet zunehmend mehr Energie. Dadurch geht die mit der Energieförderung produzierte, überschüssige Energie, mit all die nicht mit der Energieproduktion selbst betriebenen Teile der Wirtschaft betrieben werden, überproportional schnell zurück. Der Kurvenverlauf entspricht daher in der Realität eher der „Seneca Klippe“. Seneca wird der Ausspruch zugeschrieben, das Zuwächse langsam erfolgen, aber dass der Ruin sehr schnell geschehe.

Quelle: https://ourfiniteworld.com/2019/01/30/how-the-peak-oil-story-could-be-close-but-not-quite-right/ . Gail Tverberg hat die Grafik aus Ugo Bradis Artikel https://cassandralegacy.blogspot.com/2011/08/seneca-effect-origins-of-collapse.html

Wie Gail Tverberg erklärt, ist ein wichtiger Grund für einen schnellen Rückgang der für den Wohlstand essentiellen überschüssigen Energie der Energieproduktion auch darin zu sehen, dass immer mehr Menschen sich die Energie und die damit produzierten Güter und Dienstleistungen nicht mehr leisten können. Das drückt die Nachfrage nach Energie und führt dazu, dass die Energie für diejenigen, die sie sich noch leisten können erstaunlich wenig kostet. Das wiederum führt dazu, dass die Energieproduzenten Verluste machen und schließlich bankrott gehen.  Das Thema hatte ich schon mehrfach. Siehe z.B. www.freizahn.de/2017/09/grafiken-zum-thema-oel/ In  2019: World Economy Is Reaching Growth Limits; Expect Low Oil Prices, Financial Turbulence  von 9. Januar 2019, zeigt Gail Tverberg die folgende, von ihr mit einer Zeitlinie für 2010 ergänzte Grafik:

https://ourfiniteworld.com/2019/01/09/2019-world-economy-is-reaching-growth-limits-expect-low-oil-prices-financial-turbulence/ Gail Tverberg hat, wie sie schreibt, in dieser aus dem Buch „Grenzen des Wachstums“ stammenden Grafik die Linie für 2019 eher an der Lage der Weltwirschaft orientiert als an der Zeitskala des Buches.

Ich hatte diese Grafik, ohne die Jahreslinie, schon in GORDISCHER KNOTEN 2.0 verwendet. Man darf annehmen, dass Donald Trump, als Präsident der USA, mit all ihren vielen Geheimdiensten, schon ziemlich gut über die zu erwartenden Entwicklungen und Gefahren informiert ist, und dass er das für sein Land beste zu erreichen versucht.

Nassim Taleb über Donald Trump

In dem Interview What People Are Not Getting about Trump (dt. Was die Leute an Trump nicht begreifen) ( youtu.be/kKW0LbeiWio ), vom 18. Mai 2017 bei Bloomberg, hat Nassim Taleb einige sehr interessante Erklärungen zum Thema Donald Trump geliefert:

Während viele Trump im Weißen Haus als schweren Unfall (Train wreck) sehen, sieht Taleb das nicht so. Er sieht auch nicht, dass Donald Trump sich besonders von anderen Politikern unterscheidet – außer durch seine Sprache, und vielleicht auch in der Art und Weise, wie er Dinge auf eine beschleunigte Art tue.

Warum sieht Taleb das so?  Man müsse bedenken, dass Donald Trump ein Zeitgenosse sei, der nie einen Vorgesetzten oder eine Aufsicht gehabt habe, woran er sich habe anpassen müssen. Trump wisse daher, wie er Dinge so ausdrücken müsse, dass eine ihn beaufsichtigende Person es verstehe. Man müsse daher übersetzen, was er sage und sich sich vor allem darauf konzentrieren was er tut.

Warum Trump den FBI-Direktor gefeuert habe? Vielleicht weil Trump nicht mit den Russen zusammen gearbeitet habe.

Die Leute würde oft denken, Trump sei ein Idiot und nicht intelligent. Wenn das so währe, würde Trump aber nicht US-Präsident geworden sein. Man müsse im Bezug auf Trump die Nachrichten vergessen und Trump einfach als Trump sehen. Man müsse sehen was Trump wirklich tut.

Nach über 30 Jahren Verkomplizierung der Steuergesetze sei Trump gekommen, um sie zu vereinfachen.  Die Steuergesetzgebung sei wie ein bösartiger Krebs geworden. Da habe es jemanden gebraucht, der komme und die Sache aggressiv angehe und zurechtstutze.

Dann sei Obamacare, die Gesundheitsreform von Obama, eine Katastrophe. Man müsse diese Reform durch etwas Rationaleres ersetzen – wie Trump es versuche.

Der wirklich schwere Unfall, (the real train wreck) sei die Globalisierung, die zu seiner sehr schädlichen Monokultur führe. Trump sei aber nicht gegen die Globalisierung. Es ginge ihm nur darum, deren Auswüchse zu beseitigen und das System in den Punkten zu reparieren, die nicht nachhaltig seien.

Ein weiterer Punkt sei, dass wir ein Problem mit einer Pseudoelite hätten, das vor allem in den letzten 10 Jahren besonders zugenommen habe. Diese Pseudexperten, die er auch schon in Der Schwarze Schwan beschrieben habe (siehe auch Was ist ein intellektueller YET Idiot nach Taleb?) . Man müsse diese Leute, diese Pseudoexperten, die auf einer Kokosnußinsel keine Kokosnuss finden würden, auch wenn sie ein Diplom einer ehrwürdigen Universität hätten,  durch Leute ersetzen, die wirklich praktisch etwas täten, und Trump mache das. 

Taleb befürchtet allerdings, dass Trump vielleicht nicht (ausreichend) liefern kann. 

Ein Problem sei, dass Obama bei seinem Amtsantritt den Markt bei einem Tiefpunkt angetroffen habe, als es nur aufwärts gehen konnte. Trump habe dagegen den Markt bei einem sehr hohen Stand angetroffen, was für ihn gefährlich sei, wenn er damit nicht richtig umgehe. 

Historische Rückzüge

Es kann hilfreich sein sich Erzählungen oder die Geschichte von gelungenen und auch von erzwungenen, katastrophal verlaufenden Rückzügen bewusst zu machen.

Troja und die Rückfahrt des Odysseus

Der Bericht von der Eroberung Trojas und der Rückreise des Odysseus ist wohl eine Mischung aus Sage, Erzählung und, wie die Ausgrabungen Schliemanns gezeigt haben, vielleicht zum Teil auch von realer Geschichte.

Nach zehn Jahren vergeblichem Krieg kommt Odysseus auf die geniale Idee einen Rückzug vorzutäuschen und den Verteidigern Trojas als „Geschenk“ das berühmte trojanische Pferd zurückzulassen. Bemerkenswert dabei ist auch, dass der trojanische Priester  Laokoon die Kriegslist erkannt hatte und dass er und die Seherin Kassandra die Trojaner vergeblich gewarnt hatten. In China, Troja und Laokoon war ich im Abschnitt Paranoia oder Kassandra und Laokoonetwas auf diese Geschichte eingegangen.

Die lange Heimreise des Odysseus ist, von der der deutsche Begriff Odyssee abgeleitet ist, kann man vielleicht auch als einen langen, lehrreichen und abenteuerlichen Rückzug auf die Ausgangsposition verstehen.   

Das weströmische Reich

Das weströmische Reich ist das große historische Beispiel eines letztlich katastrophal gescheiterten Rückzuges. Wie Joseph Tainter erklärt, bestand die wichtigste, den Wohlstand ermöglichenden Energiequelle des römischen Reiches darin, dass die Römer dank ihres überlegenen Militärs andere Völker angegriffen, unterworfen, geplündert und versklavt haben. Die Überlegenheit des römischen Reiches war zunächst auch in der Komplexität des Militärs und des Reiches begründet. Mit der Zeit wurden aber die Energiequellen schlechter: Die mit den damaligen Mitteln gut erreichbaren, mit hohem Gewinn unterwerfbaren Völker wurden immer knapper. Die Wege wurden länger und beschwerlicher und damit wurde auch der Energieaufwand zum Erreichen neuer Opfer höher, sodass die Nettoausbeute neuer Eroberungen schrumpfte. Auch trafen die Römer zunehmend auf Völker, die sich gut zu wehren wussten oder/und bei denen nur wenig zu holen war.

Gleichzeitig stiegen, wegen der zunehmenden Entfernungen und der zunehmenden Größe der Verschlechterung der Qualität der Energiequellen auch die Komplexität und damit auch die Komplexitätskosten des römischen Reiches. Wie Tainter erklärt, ist das weströmische Reich dann vor allem unter der Last der zunehmenden Komplexitätskosten kollabiert. 

Das oströmische Reich

Das oströmische oder byzantinische Reich ist, wie Joseph Tainter zeigt, das große und bisher vielleicht einzige  historische Beispiel für eine Gesellschaft, die einen Kollaps durch steigenden Komplexitätskosten verhindert hat, indem sich ihre Komplexitätskosten radikal und zugleich doch kontrolliert und planmäßig reduziert hat. Im Abschnitt Das byzantinisch oder oströmische Reich, von Dem Energiedilemma auf den Grund gegangen war ich etwas darauf eingegangen.

Zu Joseph Tainter habe ich ein Interview übersetzt: Kollaps komplexer Gesellschaften – Interview mit Prof. Dr. Joseph Tainter. Mit „Joseph Tainter“ findet man auch auf Youtube einiges.

Die Inkas und die Indianer

Das Schicksal der Inkas und der Indianer ist vor allem auch mit Blick auf die Politik Angela Merkels, ihr Faible für „Win-Win-Geschäfte“ und die deutsche Willkommenskultur, aber auch mit Blick auf das Thema CO2-Emissionen und Klimaschutz sehr  interessant und lehrreich.

Die Siedlungsversuche der Wikinger unter Leif Erikson in Nordamerika sind fehlgeschlagen und blieben für die Indianer folgenlos, weil die Indianer den Fremden aus Europa zu feindlich gesinnt waren und sich rechtzeitig gegen die Eindringlinge gewehrt haben.

Als die Europäer unter Christoph Kolumbus, Hernán Cortés, Francisco Pizarro und anderen kamen, haben die Indianer die Europäer teilweise willkommen geheißen und mit ihnen zusammengearbeitet oder auch versucht, sie für eigene politische Ziele zu nutzen. Dazu hier als Beispiel ein Zitat aus de.wikipedia.org/wiki/Inka#Untergang:

Im April 1532 landete Francisco Pizarro an der peruanischen Küste und marschierte unter Beobachtung durch Inka-Kundschafter tief ins Innere des Inkareiches ein. Bereits einige Jahre zuvor wurden die Inka von, für sie neuartigen Krankheiten (Pocken und Masern) heimgesucht, die sich über Mittelamerika nach Süden ausgebreitet hatten und tödlich verliefen. Pizarro fand ein Reich vor, das in einen Bruderkrieg zwischen den Brüdern Atahualpa und Huáscar verstrickt war. Die schnelle Expansion der Inka und deren Zwangsregime mit Deportationen hatten eine enorme Unzufriedenheit unter den unterworfenen Völkern hervorgerufen, die zur Instabilität des Reiches beitrug, und zu Aufständen der Völker, die nun eine Chance zur Befreiung erkannten, was Pizarro systematisch nutzte.

Atahualpa unterschätzte bei der Ankunft der Spanier die von ihnen ausgehende Gefahr. Am 14. November 1532 wurden sie von Atahualpa in Cajamarca, das weiträumig von ca. 40.000 Inkasoldaten gesichert war, freundlich zu Verhandlungen empfangen. Der Inka erschien mit etwa 8000 Bewaffneten zur Verhandlung und ließ, im Bewusstsein seiner riesigen Übermacht am Platz und ringsum, auf Wunsch von Pizarro die Waffen ablegen. Dies nutzten Pizarro sowie seine 159 Gefährten für einen Hinterhalt und nahmen Atahualpa gefangen, schlugen die unbewaffnete Armee der Inka vernichtend (Schlacht von Cajamarca) und metzelten neben dem indigenen Adel auch viele Generäle der Inka nieder. Die Inka waren mit europäischer Waffentechnik und Taktik nicht vertraut, was den spanischen Eroberern einen doppelten Vorteil bot. Den Feuerwaffen, Rüstungen und Blankwaffen aus Stahl sowie den laut Berichten drei Kanonen hatten sie mit ihrer früh-bronzezeitlichen Bewaffnung, Rüstungen aus Leder und Baumwolle, Bögen, Wurfspeeren, Lanzen, hölzernen maqana (beidseitig geschärften Schwertern aus Palmholz), sternbesetzten Streitkeulen, Äxten aus Kupfer und warak’a (Stein- und Pfeilschleudern an drei Schnüren) nichts Adäquates entgegenzusetzen. Zwar verfügten sie über das Lasso und die liwi (boleadora) – Riemen mit eingeknoteten Steinen, die geworfen werden und sich um die Beine von Mensch und Tier schlingen, so dass sie stürzen – aber sie kannten weder Pferde, auf denen die Angreifer ritten und die ihnen Angst einflößten, noch Kampfhunde, von denen die Spanier zahlreiche mitgeführt haben sollen.

Atahualpa wollte sich gegen einen 50 Quadratmeter großen Raum voller Gold und Silber freikaufen. Dazu wurden alle Tempel und Schatzkammern des Reiches geplündert. Lamakarawanen trafen aus allen Reichsteilen ein und lieferten vielfach die Kultgegenstände ganzer Stämme und Orte ab, die heute auf einen Wert zwischen 25 und 45 Millionen Euro geschätzt werden. Um den Gold- und Silberschmuck der Inka einzuschmelzen, brannten die Schmelzöfen 34 Tage lang. Die Spanier raubten von den Inka ca. 180.000 Kilogramm Gold sowie ca. 16 Millionen Kilogramm Silber. Obwohl Atahualpa in der Hand der Spanier war, hatte er noch immer Befehlsgewalt und gab den Befehl, seinen Bruder zu töten,[56] der in Cuzco gefangen war, auch aus Sorge, er könne gegen ihn mit den Spaniern konspirieren. Atahualpa wurde anschließend in einem Schauprozess aufgrund einer fingierten Anklage auf Vielweiberei, Brudermord und Götzenanbetung von Diego de Almagro, der sich und seinen 150 Kumpanen so einen Anteil an der Beute sicherte, zum Tode auf dem Scheiterhaufen verurteilt. Pizarro unterzeichnete das von vornherein feststehende Urteil.[57][58] Weil Atahualpa seine eigene „Unsterblichkeit“ als Mumie sichern wollte, ließ er eine Taufe über sich ergehen und wurde statt durch Verbrennen am 26. Juli 1533 durch Erdrosselung mit der Garrotte, der spanischen Würgeschlinge, hingerichtet. Der Widerstand der Inka nahm daraufhin stetig ab. Die früher von den Inka unterworfenen Stämme schlugen sich auf die Seite der Eroberer, in der Hoffnung, dadurch ihre Unabhängigkeit zu erreichen. Am 15. November 1533 erreichte Pizarro die Hauptstadt Cuzco, die er ohne nennenswerten Widerstand einnehmen konnte.

Der Inkakönig hätte mit den europäischen Eindringlichen ziemlich leicht fertig werden und sie vernichten können, wenn er rechtzeitig und entschieden und überlegt genug gehandelt hätte. Aber er hat stattdessen abgewartet und dann versucht die Europäer für seine Zwecke zu nutzen. Auch hat er ernsthaft geglaubt, mit den Europäern Win-Win-Geschäfte machen zu können. Wenn ich an Frau Merkel und ihre Politik denke, dann drängt sich mir immer wieder das Beispiel der Inkas und anderer untergegangener Indianerstämme auf.

Der Klimaschutzaspekt des Untergangs der Indianer

Am 25. Januar 2019 wurde die Studie Earth system impacts of the European arrival and Great Dying in the Americas after 1492 ( dt.: Einfluß der Ankunft der Europäer und des Massensterbens in den Amerikas nach 1492 auf das System der Erde) im Internet veröffentlicht.

Zwei deutschsprachige Artikel die sich darauf beziehen:

Selbst mit der im Vergleich zu heute sehr geringen Bevölkerungsdichte und des ebenfalls im Vergleich zu heute sehr geringen Ressourcenverbrauch im Amerika des Mittelalters hat das Massensterben der Indianer und der Untergang von deren Zivilisation zu einer merklichen Abkühlung des Weltklimas und zu einer deutlichen Senkung der CO2-Konzentration in der Luft geführt.

Zu fragen ist dabei allerdings, wie weit der Einfluss auf das Klima eben nicht einfach nur durch die Reduzierung des CO2-Anteils in der Luft, sondern durch eine Restauration der lokalen Wasserhaushalte erfolgt ist. Siehe dazu insbesondere auch die Ausführungen von Prof. Ripl in meinem Artikel Klimaschutz ist Gemeinde und Ländersache, sowie den Abschnitt Die Restauration der lokalen Wasserkreisläufe ist besser in Warum bald Krieg?.

Vernichtungskriege und die wirtschaftliche Abschaltung ganzer Länder und Zivilisationen sind ganz klar eine sehr reale Option, um das Klima zu beeinflussen. Meines Erachtens könnte man aber durch eine intelligente Nutzung des vorhandenen Wissens über eine Restauration der lokalen Wasserkreisläufe das sehr viel Klima schneller und besser beeinflussen. Es ist zu hoffen, dass genug Leute an den entscheidenden Stellen das rechtzeitig verstehen und ermöglichen.

Der erste und der zweite Weltkrieg

Der erste und der zweite Weltkriege sind Beispiele der furchtbaren Folgen einer Politik des „weiter wie bisher“. Sie sind Beispiele dafür was passiert, wenn die entscheidenden Akteure verbissen objektiv Unmögliches versuchen und sich an Anspruchsdenken und Erwartungshaltungen hingeben für die die physikalischen Grundlagen nicht mehr gegeben sind. In beiden Weltkrieg gab es Punkte, von denen an für alle Beteiligten ein geordneter Rückzug die mit sehr weitem Abstand beste Lösung gewesen wäre.

Im ersten Weltkrieg war diese Zeitpunkt wohl schon zum Jahresende 1914 erreicht, als die Fronten im Grabenkrieg erstarrt waren. 

Im zweiten Weltkrieg, bei dem es auf deutscher Seite vor allem, ganz im Stil des alten Roms, um die Gewinnung von Energiequellen und Ressourcen durch Eroberung ging, war der Punkt zum Rückzug spätestens im Herbst 1942, also noch vor dem Ende der 6. Armee bei Stalingrad, erreicht, als endgültig klar war, dass Deutschland weder die sowjetischen Ölfelder noch die Vorherrschaft im Mittelmeer und die Ölfelder im Orient gewinnen konnte.

Die Masse des Elendes und der Verluste sind in beiden  Weltkriegen nach diesen Wendepunkten entstanden. Vermutlich waren in beiden Kriegen alle Seiten nicht dazu in der Lage, einen letztlich für alle fairen Verständigungsfrieden zu schließen, wie man es nach den napoleonischen Kriegen unter Leitung von  Metternich und Castlereagh auf dem Wiener Kongress versucht und auch erreicht hat. Wie auch immer. Es könnte hilfreich sein, am Beispiel der beiden Weltkriege zu lernen und zu zeigen, dass ein Festhalten an unhaltbaren Ansprüchen und Bedingungen letztlich für alle Beteiligten wirklich sehr schreckliche Folgen haben kann.

Auf ein Phänomen auf deutscher Seite war in de Weltkriegen auch der Glaube an Rettung und Sieg durch technisch/wissenschaftlichen Fortschritt. Der technisch/wissenschaftliche Fortschritt war durchaus da. Aber es fehlte auf deutscher Seite in beiden Kriegen an Energie und anderen Ressourcen, und auch an der nötigen Zeit, um die Möglichkeiten des technisch/wissenschaftlichen zu nutzen. Im ersten Weltkrieg hat es, trotz der damals im Vergleich zu heute viel geringeren Bevölkerungsdichte nicht einmal mehr für eine ausreichende Ernährung der Bevölkerung gereicht, was schließlich in Deutschland, aber auch in Russland, ein wichtiger Anlass zur Revolution war. Siehe dazu auch Rationierung und Lebensmittelknappheit im 1. Weltkrieg und Die Torheit der Pflügenden und die Geschichte.

Das britische Empire und der Brexit

Wie John Michael Greer in einem der oben übersetzten Zitate zeigt, haben es die Briten geschafft, ihr nicht mehr rentables, nicht mehr zu erhaltendes Weltreich ziemlich elegant und vorbildlich aufzugeben und sich aus der Rolle der Weltmacht zurückzuziehen.

Die Brexit ist ein weiteres Beispiel dafür, dass die Briten vielleicht schon, weit mehr als beispielsweise die Deutschen, ein Gespür dafür haben, dass es manchmal  an der Zeit ist, sich freiwillig und kontrolliert von ausufernder, unrentabel werdender Komplexität zu trennen.

Die Sowjetunion unter Gorbatschow

Viele Russen und auch russische Präsident Wladimir Putin bedauern den von Michael Gorbatschow eingeleiteten Untergang der Sowjetunion.  Der Untergang der Sowjetunion ist in der Tat ein Rückzug, der nur teilweise gelungen ist. Es war ein radikaler, von der Staatsführung bewusst eingeleiteter Abbau untragbar gewordener Komplexität. Es kam zum Kollaps der Wirtschaft, und die Lebenserwartung und der Lebensstandart der Bevölkerung ist zunächst deutlich gesunken. Es ist sicher vieles für die Russen schlecht gelaufen, und es ist gut möglich, dass den Russen mit einem Präsidenten wie Wladimir Putin oder Donald Trump  damals vieles erspart worden wäre. Jedenfalls ist der Zusammenbruch der UdSSR ein Beispiel für eine umfassende Reduzierung unhaltbar gewordener Komplexität. Der russisch-amerikanische Autor und Bloger Dmitry Orlov hat sich u.a. in seinen Bücher  Reinventing Collapse: The Soviet Experience and American Prospects und The Five Stages of Collapse: Survivors‘ Toolkit damit befasst, welche Lehren für westliche Staaten und deren Bürger aus dem Kollaps der Sowjetunion gezogen werden können.

Der Kollaps der DDR ist hier nicht besonders lehrreich, weil dieser durch die damals noch reiche BRD abgefedert wurde. Wenn die BRD und die EU kollabieren, wird es keine reichen Retter geben. Es wird vielmehr, anders als für Deutschland nach dem Ende des 2. Weltkrieges, nicht einmal mehr genug Energie und andere Ressourcen geben, die man in großem Umfang zu vorteilhaften Konditionen gegen die Produkte, die man mit pfiffigen Ideen, Fleiß und technisch/wissenschaftlicher Kompetenz herstellen kann, tauschen kann.

Es braucht einen Rückzug der Erwartungen

Letztlich wird es, wie Nate Hagens in seinen Vorträgen erklärt, zu einer Reduzierung der Erwartungen kommen müssen. Das Problem der westlichen Gesellschaft, aber auch in anderen Teilen der Welt sind zu hohe, mit den noch verfügbaren Ressourcen nicht mehr realisierbare Erwartungen. Einzelne Länder können und werden zunehmend versuchen, durch verschiedene Formen der Kriegsführung die zur Erfüllung der Erwartungen ihrer Bevölkerungen nötige Menge und Qualität der Ressourcen und da vor allem der Energiequellen zu vergrößern oder wenigstens zu erhalten. Eine erfolgreiche, rationale Sicherheitspolitik wird sich darauf einstellen und versuchen, militärische Lösungen zur Vergrößerung der Ressourcenbasis unattraktiv zu machen.  Zugleich wird sie aber auch ganz im Sinne von Nate Hagens Vorträgen versuchen, die Erwartungen der eigenen Bevölkerung und der Bevölkerungen potentieller Gegner so zu reduzieren, dass dabei keine oder nur geringe Lebensqualitätsverluste entstehen. Es ist sogar durchaus denkbar, dass die Lebensqualität, etwa in Form der Gesundheit, trotz sinkend Ressourcenverfügbarkeit gesteigert werden kann. Zu Nate Hagen siehe auch meine Artikel 

Das Prinzip der Affenfalle beschreibt ganz gut, was in beiden Weltkriegen die größten Schäden verursacht hat und es beschreibt auch das zentrale Problem unserer Zeit. Es beschreibt die Weigerung, erreichtes loszulassen und einen kontrollierten Rückzug anzutreten. Es beschreibt die Unfähigkeit, durch intelligentes Handeln katastrophale Schäden zu vermeiden und damit neue, ohne diesen Rückzug nicht mögliche Gewinne und Vorteile zu ermöglichen. 

Mystische Hilfsmittel beim Rückzug

Bei allem Nutzen kaltblütiger, nüchterner Analysen gibt es auch noch eine andere Seite des Lebens. 

Für manche Deutsche und Deutschland kann hier vielleicht ganz besonders das kleine Buch Der Eremit: Erlebnisse in der Schule der Weissen Bruderschaft im Himalaya hilfreich sein. Verlinkt habe ich das Angebot des Buches bei Amazon.de. Es gibt im Internet aber auch einige Artikel und eine kostenlose Downloadmöglichkeit dazu die ich hier aufliste:

Ich denke, dass man die Geschichte nicht einfach so glauben, sondern symbolisch sehen und verstehen sollte.

John Michael Greer versucht unter anderem mit seinem neuen Internetblog www.ecosophia.net auch mystisch-religiöse und philosophische Hilfsmittel für den Rückzug aus dem von fossilen Energieträgern abhängigen Industriezeitalter zu finden und zu zeigen. 

Schlussbemerkung

Meines Erachtens hat Donald Trump zumindest das Komplexitätsproblem erkannt, während z.B. Angela Merkel und Emanuel Macron sich dessen überhaupt nicht bewusst zu sein scheinen und weiter das Heil in einer Maximierung der Komplexitätskosten suchen.

Donald Trump hat auch eine sehr praktische, unternehmerische Einstellung gegenüber dem amerikanischen Empire. Er ist Präsident geworden, weil das amerikanische Weltreich sich für immer mehr Amerikaner nicht mehr rechnet und zunehmend zu einer Belastung wird. Es könnte sehr hilfreich sein, wenn man das in Europa möglichst bald versteht.

Schließlich ist es so, wie Gail Tverberg gut erklärt, dass sich das Problem mit dem CO2-Ausstoß wohl auf eine für die meisten unerwartete Weise zügig  von selber erledigen wird. Der Grund ist, dass die Fähigkeit Energie und mit Energie hergestellte Waren und Dienstleistungen zu bezahlen sehr viel schneller schrumpfen wird, als die fossilen Energievorräte. Es kommt darauf an  zu verstehen, dass  die Produktivität menschlicher Arbeit extrem von der Qualität und dem Preis der Energie abhängt, die nach dem Energieaufwand für die Energieproduktion selbst noch übrig bleibt.

Intelligenz, Fleiß, Disziplin und gute Ausbildung sind zusätzlich zur Energie zweifellos auch notwendig, aber zum einen schrumpfen diese trotz Zuwanderung  und zum Anderen können sie den Energiebedarf nicht kompensieren, wenn nicht zugleich auch die Erwartungen an den materiellen Wohlstand reduziert werden. Wohlstand und Lebensqualität sind aber nicht nur vom materiellen Wohlstand abhängig. Zum Beispiel sind im Bereich Gesundheit, vor allem auch in der Zahnmedizin, sehr große Einsparungen bei gleichzeitiger Verbesserung der Lebensqualität möglich, wenn man das vorhandene Wissen intelligent und zielstrebig zur Steigerung der Lebensqualität der Bevölkerung und nicht mehr vorrangig zur Steigerung des Wirtschaftswachstums, der Komplexitätskosten und damit auch zur Steigerung der Umweltbelastung und des Energieverbrauchs nutzen würde. Die Zahnmedizin, das Gesundheitswesen insgesamt und, wie ich in verschiedenen Artikeln zu zeigen versucht habe, auch die Landwirtschaft, könnten beeindruckende Beispiele für die Lebensqualität sogar steigernde Rückzüge werden. Auch in der Sicherheitspolitik bieten sich Möglichkeiten an, um mit weniger Komplexität und weniger Kosten einen größeren Nutzen zu erzielen.  

Die Proteste der Gelbwesten in Frankreich, aber auch der Ausgang der Brexit-Abstimmung, das Sinken der Reallöhne in Deutschland und die Umstände die zur Wahl Donald Trumps geführt haben, sind Hinweise dafür, dass die Produktivität der Energieerzeugung tatsächlich längst schrumpft.

Um dem Titel „Über Rückzüge“ besser gerecht zu werden müsste ich hier noch sehr viel mehr recherchieren und schreiben. Aber wenn ich das weiter versuchen würde, würde ich nicht fertig, weil meine Praxis und mit dieser auch die Komplexität unserer Gesellschaft mir dazu nicht genug Zeit lassen. 

 Man beachte zu diesen Themen auch meine Artikel

sowie den Internetblog LimitstoGrowth.de von HC Fricke.

Kelberg, den 2. März 2019

Christoph Becker

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Esinclair
Esinclair
6. März 2019 15:13

Lieber Herr Becker,
vielen Dank für einen weiteren brillanten Artikel, der die bestehenden Gefahren aufzeigt. So detailliert, sachlich und prägnant kann das niemand, den ich kenne. Auch Ihre Hinweise zu Lösungswegen im Bereich Landwirtschaft und Ernährung lese ich gerne. Wir wissen aber, dass die Lösung all der aufgezeigten Probleme nicht nur ein materielles, sondern – vor allem – psychologisches Problem ist. Das menschliche Hirn ist einfach nicht imstande, ungewohnte und abstrakte Probleme in der Zukunft angemessen zu bearbeiten. Uns fehlt hierzu die kaltblütige Sachlichkeit angesichts dieser vielen „Schwarzen Schwäne“ die zu erwarten sind. Die Menschen folgen lieber tollen Versprechungen statt der Wahrheit.
Den Link auf Ihre Seite habe ich schon oft geteilt; Reaktion=Null. Jeder denkt nur an seine Probleme und sein eigenes, kleines Glück. Zu der Beschäftigung mit Zukunftsfragen fehlt meist die Zeit und das Interesse. Das ist so traurig! Haben Sie vielleicht einen Tipp, wie Sie persönlich damit umgehen, dass unser gesellschaftliches Umfeld so beratungsresistent und kurzsichtig ist?
Das Hauptproblem sehe ich in der Mobilisierung der Menschen.
Vielen Dank!