Ein sensationelles Interview in der Genderdebatte

Ich möchte hier auf das sensationelle, weltweit Aufsehen erregende Interview des kanadischen Psychologieprofessors Jordan Peterson mit der Journalistin Cathy Newman von Chanel 4 hinweisen, das am 16.1.2018 auf youtube hochgeladen wurde und am 21.1.2018 schon fast 2,5 Millionen Aufrufe, mehr als 50 Tsd. Kommentare und 103 Tsd. Likes bei 2 Tsd. Dislikes vorzuweisen hatte.



An  deutschsprachigen Kommentaren zu diesem Interview fand ich bisher:

Hier einige englischsprachige Videokommentare zu diesem Interview auf Youtube:

Mit “Jordan Peterson Cathy Newman” findet man auf Youtube  und natürlich auch per google weitere Kommentare.

Kelberg, den 21.1.2018

Christoph Becker




Venezuela – Hunger und Not trotz weltgrößter Ölvorkommen

Venezuela ist seit 1960 Mitglied der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) , es hat nach eigenen Angaben, heute, also über 50 Jahre später, die weltgrößten Ölreserven, vor Saudi Arabien, Russland und den USA, und es ist trotzdem 2017/2018  zugleich ein Beispiel dafür, wie eine Gesellschaft scheitern und wirtschaftlich weitgehend kollabieren kann

Der Artikel Hyperinflation und Lebensmittelmangel: Venezuelas große Leere, von Klaus Ehringfeld auf Spiegel-Online am 14. Januar 2018 hat mich etwas recherchieren lassen. Der Artikel beginnt damit, dass eine Bäckerei wegen Plünderung geschlossen hat.

Hier zunächst einige Artikel, die ich mit einer google-Suche mit “Venezuela Ölreserven fand:

Mit der Suchwortkombination “Venezuela Kollaps” fand ich unter anderem auch die folgenden Artikel

Ein besonders erwähnenswertes Fundstück ist der am 14.12.2017 auf der Internetseite Crashkurs.com erschienene Artikel  Oha! Bank of England warnt Regierung vor ähnlichem Kollaps wie in Venezuela. Großbritannien war und ist auch ein Ölförderland. Es war zudem das erste Industrieland der Welt. Grundlage von Großbritanniens  Aufstieg zum Industriestandort war die Kohle, von der es, genauso wie Deutschland noch immer sehr viel hat. Das Problem ist nur, dass die Förderung von Kohle und Öl auch Energie kostet und dass dieser Aufwand mit der Zeit immer größer wird.

Mit “Venezuela crude oil quality” findet man verschiedene Artikel, die zeigen, dass die Qualität des von Venezuela gelieferten Öls ziemlich schlecht ist und sich in den letzten Jahren sehr verschlechtert hat.

Ein Artikel, der die Situation gut erklärt, ist  Venezuela’s Oil Reserves Are Probably Vastly Overstated von Robert Rapier vom 1. Juli 2016.

Dort wird insbesondere auch der oft für Verwirrung sorgende Unterschied zwischen Ölvorkommen (Ressources) und nachgewiesenen Ölreserven (proven reserves) erklärt.

Die Ölvorkommen sind das, was insgesamt vorhanden ist. Die nachgewiesenen Reserven sind die Teilmenge der Ölvorkommen, die mit den aktuellen technischen Möglichkeiten und bei den gegebenen politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen (Umweltschutz!) bei den aktuellen Marktpreisen tatsächlich wirtschaftlich gefördert werden können.

Zur Verdeutlichung des Unterschiedes erwähnt Rapier das Gold in den Ozeanen. Das Goldvorkommen in den Ozeanen wird auf ca. 20 Millionen Tonnen geschätzt. Es  ist größer als alle Goldreserven der Welt zusammen genommen. Weil die Gewinnung von einer Unze Gold aus Meerwasser zehn oder sogar hundert mal soviel wie der aktuelle Marktpreis von einer Unze Gold kostet, ist die aktuelle, nachgewiesene Goldreserve der Ozeane genau null.

Venezuelas Ölreserven sind rasant gewachsen, als der Ölpreis stieg. Bei fallendem Ölpreis sind sie aber massiv gesunken, weil gerade die Förderung und Aufbereitung des venezolanischen Öls technisch sehr aufwendig und schwierig ist. Dazu kommt das politische und gesellschaftliche Umfeld, das ebenfalls einen Kostenfaktor der Ölförderung darstellt. Der gesellschaftlich-politische Kostenfaktor ist durch die sozialistischen Regierungen Venezuelas stark in die Höhe getrieben worden.

Eine Mischung aus schwierigen geologischen Verhältnissen, schlechter Ölqualität und aus politischen und gesellschaftlichen Faktoren hat in Venezuela dazu geführt, dass die Ölförderung  trotz riesiger Ölvorkommen gesunken ist und sich fast nicht mehr lohnt. Anderseits ist die Wirtschaft in Venezuela extrem vom Erdöl und den damit bisher bezahlten Importen abhängig.

Venezuela ist einerseits ein Sonderfall, aber zugleich ist es auch ein warnendes Beispiel für die Industriestaaten des Westens, die ebenfalls extrem vom Öl abhängen. Deutschland produziert zwar, z.B. sehr viele Nahrungsmittel selbst, aber es kann dies nur weil und solange es genug billiges Erdöl und Erdgas bekommt.  Der deutsche Sozialstaat mit seiner ganzen Komplexität und Attraktivität ist nur funktionsfähig, weil und solange es genug billiges Öl und Erdgas gibt. Selbst die Produktion “erneuerbarer” Energien ist nur möglich, weil und solange es genug billiges Erdöl und Erdgas gibt.

Kelberg, den 20.1.2018

Christoph Becker




US-Militärwerbung: BRD verliert fast 50 Millionen Einwohner bis 2025

Der Artikel Aufbauende Landwirtschaft, vom 17.1.2017, auf www.konstantin-kirsch.de hat mich auf diesen Blog aufmerksam gemacht und dort etwas stöbern lassen.  Dabei fand ich den Artikel  Was taugen die Prognosen der Deagel-Liste? In Deutschland 60% Bevölkerungsrückgang in den kommenden 7 Jahren??.

Der Link auf die dort angegebenen, aktuellen Schätzungen der Bevölkerungsentwicklung bis 2025 ist: http://www.deagel.com/country/forecast.aspx .

Auffällig ist, dass nach dieser Schätzung in allen west- und mitteleuropäischen Staaten die Bevölkerung in den nächsten 7 Jahren sehr heftig schrumpfen wird, während in anderen Ländern die Bevölkerung nur  wenig schrumpfen oder zunehmen wird. Der europäische Schwerpunkt der Schrumpfung ist dabei Deutschland, für das ein Bevölkerungsrückgang von fast 49,4  Millionen, auf nur noch gut 31 Millionen und eine Schrumpfung des Bruttosozialproduktes auf weniger als 23 % des aktuellen Wertes vorausgesagt wird. Nur der für die USA vorausgesagte Bevölkerungsrückgang wäre mit mehr als 269 Millionen Menschen noch größer. So wie es aussieht, wird hier mit einem alle westlichen Staaten erfassenden Weltkrieg gerechnet.

Das Lesen der Tabelle zeigt, dass die Autoren für andere Länder durchaus ein Bevölkerungswachstum, und/oder ein zum Teil sogar sehr beeindruckendes Wirtschaftswachstum  prognostizieren.  Die Herkunftsländer der meisten Flüchtlinge schneiden recht gut ab. Die Überlebenschancen sind z.B. in Syrien, Afghanistan, der Türkei und in Ägypten  in den nächsten 7 Jahren drastisch höher als in Deutschland. Dem angeblich “bösen” Donald Trump werden demnach viele potentielle Flüchtlinge ihr Leben zu verdanken haben, weil er sie nicht in die USA gelassen hat. Sicher,  hinter www.deagel.com steckt, so wie es aussieht, die amerikanische Rüstungsindustrie mit ihren Interessen. Aber die Prognose ist meines Erachtens dennoch sehr realistisch. Die einzige vernünftige Möglichkeit, das Eintreffen dieser finsteren Prognose zu verhindern wäre damit zu rechnen, dass es so oder noch schlimmer als von den Autoren von www.deagel.com vorausgesehen kommt und zugleich alles zu tun, um dies zu verhindern. Genau das aber wird man in Deutschland, so wie es aussieht, ganz sicher nicht tun.

Ich möchte hier dazu auch auf folgende Artikel meiner Webseite hinweisen, die vielleicht zum Verständnis der Gründe der in www.deagel.com/country/forecast.aspx prognostizierten Bevölkerungsschrumpfung  beitragen können und zeigen, dass die Autoren von www.deagel.com vielleicht nicht nur ihr wirtschaftliches Interesse, sondern ernste Besorgnis treibt. Immerhin hat der Streitkräfteausschuss des amerikanischen Repräsentantenhauses mit 60 zu 1 Stimmen einen deutlich höheren Rüstungsetat genehmigt als selbst Donald Trump es gewünscht hatte, wie ein Artikel auf Telepolis am 10. Juli 2017 zeigte: USA: Kongress will noch mehr Geld für das Militär als Trump. Die Annahme, dass alle fast alle amerikanischen Abgeordneten paranoide Spinner oder willenloses, korruptes Stimmvieh der Rüstungsindustrie sind, erscheint mir doch etwas absurd. Die Kriegsgefahr ist vielleicht wirklich real und meine im Folgenden aufgelisteten Artikel bestätigen es:

Für die Optimisten habe ich folgende Empfehlungen:

Wildschweine sind nämlich sehr intelligente Tiere und ALLE Wildschweine, die erlegt werden,  werden dies nur, weil sie zu optimistisch waren. Die Deutschen, die meinen es gäbe keinen Krieg, machen vielleicht denselben Fehler wie diese Wildschweine. Ich habe aber auch noch ein menschliches Beispiel gefunden: Juden sind (als Folge jahrhundertelanger Verfolgung) im Mittel intelligenter als  Durchschnittsdeutsche und die Familie Weiß im Film Holocaust gehörte zu den besonders gescheiten und gebildeten Juden.  Mit diesem Wissen empfehle ich den Optimisten, sich auf Youtube  HOLOCAUST – Die Geschichte der Familie Weiss – Teil 1: Die hereinbrechende Dunkelheit (1935 – 1940), insbesondere etwa ab Minute 22 bis etwa Minute 29 anzusehen. Und dann vielleicht hier und da den Rest der traurigen Geschichte. In Teil vier werden Dr. Weiss und seine Frau nach Auschwitz gebracht und dort vergast. Das, wofür diese Geschichte steht, ist der Hintergrund für den Aufbau und die Kampfkraft der Israelischen Streitkräfte gewesen.

Es macht vor diesem Hintergrund Sinn, noch einmal in Sun Tzu – The Art of War, dem über 2200 Jahre alten chinesischen Klassiker des Krieges zu lesen. Eine Kopie ist  z.B. hier zu finden: web.stanford.edu/class/polisci211z/1.1/Sun%20Tzu.pdf

Die Regierung und die Bevölkerung in Deutschland und in anderen westlichen Staaten scheinen den Ehrgeiz zu haben, so ziemlich alles falsch machen, und sich die aller größte Mühen zu geben, den nächsten Krieg zu provozieren und zu verlieren.

Zum Beispiel schreibt SunTzu  im Kapitel 2, Waging War, 5.: Wenn deine Waffen stumpf und deine Begeisterung gedämpft ist, wenn deine Stärke erschöpft und dein Staatsschatz ausgegeben ist, dann werden benachbarte Herrscher sich deine Schwäche zu Nutze machen und handeln. 

oder in Kapitel 5, Dispositions: In der alten Zeit machten sich die meisterhaften Krieger selber unbesiegbar und warteten auf den Moment der Verwundbarkeit des Feindes. Unbesiegbarkeit hängt von einem selber ab. Die Verwundbarkeit des Feindes hängt vom Feind ab. 

  1. Nachtrag: Im Zusammenhang mit den Prognosen auf www.deagel.com und den oben erwähnten Etatsteigerungen des US-Militärs, sollte man auch die folgende Meldung vom 24. Dezember 2017  sehen:

www.spiegel.de/politik/ausland/us-general-stimmt-soldaten-auf-grossen-krieg-ein-a-1184888.html

2. Nachtrag: Es empfiehlt sich sehr, die Anmerkungen unter der Tabelle www.deagel.com/country/forecast.aspx zu lesen. Die Autoren sind demnach NICHT mit irgendwelchen Firmen verbunden und die der Hintergrund für die prognostizierte Reduktion der Bevölkerungen und der Bruttosozialprodukte in den westlichen Industriestaaten ist NICHT die Annahme eines Krieges.  Die Autoren rechnen vielmehr mit einem wirtschaftlichen Kollaps insbesondere der westlichen Industriestaaten, ähnlich dem Zusammenbruch der UdSSR, nur schlimmer, weil die Fallhöhe größer ist. Die Annahme ist, dass viele Statistiken im Westen letztlich frisiert sind und  dass insbesondere die Leistungsversprechen der Sozialstaaten und Pensionsfonds nicht haltbar sind, was zu einem Anstieg der Sterblichkeit und auch zur Auswanderung führen würde. Für Deutschland würde das bedeuten, dass nicht Krieg, sondern eher die Entwicklungen, wie sie z.B. Thilo Sarazin in Deutschland schafft sich ab: Wir wir unser Land aufs Spiel setzen und Rolf-Peter Sieferle in Das Migrationsproblem: Über die Unvereinbarkeit von Sozialstaat und Masseneinwanderung  oder Gunnar Heinsohn z.B. auf Youtube in dem Interviews wie   BRD ruiniert! Die Prognose – Gunnar Heinsohn.

Das erklärt, warum die für Deutschland bis 2025 prognostizierte Schrumpfung der Bevölkerung und der Wirtschaftsleistung auf  www.deagel.com/country/forecast.aspx  deutlich geringer ist, als ich es für den Fall eines Krieges eigentlich erwarten würde. Amerikanische Simulationen zu einem großen EMP-Ereignisse wie in One Second After: Die Welt ohne Strom, und wie man es auch für Deutschland am ersten Tag eines modernen Krieges erwarten kann, gehen immerhin davon aus, dass binnen eines Jahres ca. 90 % der Bevölkerung sterben. Für Deutschland würde das bedeuten, dass die Bevölkerung von derzeit ca. 81 Millionen auf ca. 8,1 Millionen schrumpfen würde. Der nicht ganz so schlimme wirtschaftliche Kollaps mit einer Schrumpfung auf “nur” ca. 31 Millionen Einwohner, wie ihn die Autoren von    www.deagel.com/country/forecast.aspx  also annehmen, hat den Nachteil, dass er im Gegensatz zu einem Krieg mit höherer Wahrscheinlichkeit, eintrifft. Siehe dazu insbesondere meine Übersetzung des Interviews mit Joseph Tainter über den Kollaps komplexer Gesellschaften. Allerdings könnte so ein wirtschaftlicher Kollaps die militärische Eroberung Deutschlands provozieren,  womit es dann doch auch zu einem Krieg käme.

Kelberg, den 18.1.2017

Christoph Becker




Informationen zu Möglichkeiten der Ertragssteigerung in der Landwirtschaft

Hier möchte ich zunächst auf  einige Informationsquellen zum Thema Weidewirtschaft hinweisen, bzw. Links angeben, die ich  in den letzten Tagen neu dazu  gefunden habe:

Webinar mir Dr. Allan Williams über die Kombination von Rinderherden, Zwischenfrüchten und Marktfrüchten

Das Webinar mit Dr. Allen Williams Cattle, Cover Crops, Hope – a Pasture Project and Practical Farmers of Iowa Webinar. Es ist der  Dr. Allan Williams aus meinem Artikel Abschlussvortrag der Grassfed Exchange 2016. In dem Webinar zeigt Williams unter anderem die Zahlen eines realen Betriebes, der mit Hilfe einer geschickten Kombination der Nutzung von Zwischenfrüchten (Cover Crops) und Rindern einen zusätzlichen Nettoertrag in Form von Einsparung für Düngemittel und in Form von Fleischproduktion, von insgesamt über 350 Dollar pro Hektar erzielt hat.

In dem Webinar werden weitere Informationsquellen angegeben:

Die sehr sehenswerte Carbon Cowboy Serie auf Vimeo:

Die Internetseite  http://pastureproject.org. Dort gibt es jede Menge Information zum Thema Weidewirtschaft.  Einige Beispiele:

Über Pastureproject.org fand ich auch http://www.wallacecenter.org/pastureproject , wo sich unter anderem der Artikel Adaptiv High Stock Density Grazing von Dr. Allan Williams findet.

Die latente Samenbank in den Wiesen und Weiden

Aufmerksame Leser von meinem Blogbeitrag Abschlußvortrag der Grassfed Exchange 2016 werden sich gefragt haben, wie es möglich war, dass die Zahl der Futterpflanzen “einfach so”, also ohne das Kaufen und ausbringen von Saatgut, in nur vier Weidesaisonen von 3 – 4 Futterplanzenarten auf 43 Arten steigen konnte. Allan Williams erwähnt in dem oben verlinkten Webinar die “latente Samenbank”, die durch die Wirkung einer hohen Tierdichte in Kombination mit anschließenden langen Ruhephasen genutzt werden kann. Dazu habe ich in dem in dem 3. Teil des Grazing Curriculums , Folie 4, folgendes gefunden:

Die latente Samenbank ist buchstäblich eine historische Bank mit Samen, die bereits natürlich in unserem Boden existieren. Samen im Boden können für hunderte von Jahren ruhen und sie können unter bestimmten, ihre Ruhe störenden Umständen zurück zum Leben erweckt werden.  Der Gebrauch von Feuer oder die Einwirkung von Vieherden, die mit ihren Hufen oder Klauen die  Bodenoberfläche stören, kombiniert mit anschließender Ruhe, sind übliche Methoden um auf  die Samenbank zu zu greifen.

Links:

Mir hat gerade vor einigen Tagen noch ein Bauer und Jäger erzählt, dass er sich Samen für seinen Wildacker kaufen will. Wenn er seine Rinder mit hoher Tierdichte, als mit vielleicht nur 10 oder weniger Quadratmeter pro Rind im nächsten Sommer jeweils nur kurze  Zeit auf seinem Wildacker weiden und dabei die Tiere hastig  30 % vielleicht 30 % der Pflanzen fressen und den Rest zertrampeln läßt und wenn er dann einige Monate wartet bevor die Tiere wieder auf das jeweilige Stück kommen, dann würde er damit diese latente Samendatenbank öfnen und würde staunen, was darin alles enthalten ist.  Dass selben könnte er auch mit seinen anderen Weiden machen und damit sein gesamtes Weideland kostengünstig in einen attraktiven Wildacker verwandeln und gleichzeitig die Qualität seiner Weiden und seines Jagdreviers steigern.

Agroforstwirtschaft in Europa

 

Weitere Informationen zur Landwirtschaft: Durch die Suche nach Vorträgen von Paul Kaiser von der Singing Frogs Farm, bin ich über dessen Vortrag bei der Quivira Conference 2014 ( 2014 Quivira Conference, Paul Kaiser) auf eben diese Konferenzen aufmerksam geworden. Damit fand ich auf Youtube unter anderem 2014 Quivira Conference (Back to the future), Dr. Christian Dupraz, einen sehr interessanten Vortrag über Agroforstwirtschaft und aktuelle Forschungen in Frankreich. Von Dr. Christian Dupraz findet sich dann auch der folgende, gut 12 Minütige Präsentation auf Youtube: Combining agricultural, forestry, and climate change agendas in Europe – Christian Dupraz. Einige Fakten die mir in Erinnerung blieben: Bis 2001 hat die EU den Bauern die Subventionen gestrichen, wenn sie es gewagt haben, auch nur einen Baum auf ihre Wiesen oder Felder zu pflanzen. Inzwischen haben die Bürokraten offenbar etwas dazu gelernt. Die Kombination aus Bäumen und Feldern oder Wiesen steigert nicht nicht nur die Widerstandsfähigkeit gegen Dürren und Hitzesch äden, sondern sie steigert auch die gesamte Photosyntheseleistung pro Hektar um ca. 40 Prozent gegenüber nur landwirtschaftlicher oder nur forstwirtschaftlicher Nutzung. Durch den Vortrag von Christian Dupraz fand ich www.agroforst.org , die Internetseite der Arbeitsgemeinschaft Agroforst Deutschland. Dort findet sich z.B. auch die Internetadresse www.agroforst-info.de, wo man weitere Informationen in deutscher Sprache findet.

Wie man Insekten und Singvogelpupulationen steigert und dabei als Landwirt gut verdient

Der oben schon erwähnte Vortrag 2014 Quivira Conference, Paul Kaiser  von Paul Kaiser zeigt übrigens unter anderem, dass und wie man z.B. die Insekten- und Singvogelpopulationen  als Nebenprodukt einer intelligenten, extrem produktiven Landwirtschaft drastisch steigern kann. Die Kaisers machen pro Hektar ca. 50 mal soviel Umsatz wie eine durchschnittliche kalifornische Gemüsefarm und immer noch 4 bis 5 mal soviel Umsatz wie die besten kalifornischen Weinbauern, und dass obwohl bei ihnen der letzte Frost oft im Juni und der erste Frost oft schon früh im September ist. Sie ernten trotzdem 3 bis 7 mal im Jahr, und können als einziger Betriebe ihres Landkreises das ganze Jahr durch frische Waren aus eigener Produktion  liefern, während die anderen in der Gegend nur ein bis maximal zwei Ernten im Jahr einfahren können. Dabei kommen die Kaisers fast ohne Maschinen aus. Paul Kaiser weist auch darauf hin, dass die Verstärkung der Population der Wildbienen, die durch seine Wirtschaftsweise ermöglicht wurde, zu einer erheblichen Leistungssteigerung der von den Imkern gehaltenen zahmen Bienen führt. Die Wildbienen sind also aus Sicht des Imkers keine Konkurrenz der Bienen sondern eher ein Turbo.

Energie und den Stress für Heu und Silo sparen

Hier möchte ich auf etwas hinweisen, das es, soweit ich es beobachtet habe, hier in Deutschland so gut wie nicht gibt:

Man muss kein oder so gut wie kein Heu oder Silo machen, wenn man die Weiden intelligent managt.

Vorträge sehr erfahrener Landwirte und Agrarwissenschaftler,  und Literatur dazu:

Ein Buch dazu: Kick the Hay Habbit: A Practical Guide to Year round Grazing. Das Buch gibt es auch als Hörbuch.

Mit Blick auf die Entwicklung am Energiemarkt (Grafiken zum Thema Öl , Blut für Öl und Erschöpfung – Das Schicksal des Ölzeitalters , Der Aufziehenden Sturm am Ölhimmel) und mit Blick auf die Zukunft sollte/würde man vernünftiger Weise alles tun, um schnellstmöglich zu lernen diese Methoden an zu wenden. Wenn man das nicht tut, wird die Heuernte in Zukunft zum Alptraum, wenn all die schweren Traktoren und Maschinen mangels Diesel und Ersatzteilen  als Folge eines Krieges oder einer schweren Wirtschaftskrise nicht mehr funktionieren.  Davon abgesehen, sollte man annehmen, dass es auch angesichts der Klimaschutzziele eigentlich selbstverständlich sein sollte, solche Möglichkeiten, wie die vollständige oder weitgehende Einsparung der Heu- und Siloernte zu erkunden und anwenden zu lernen. Aber das würde ja das Wirtschaftswachstum senken und das geht gar nicht.

Fachinformationen und Saatgut

Auf der Internetseite der Firma Deutsche Saatveredelung habe ich eine ganz Menge zum Thema Zwischenfrüchte und Saatgut gefunden. Hier der Link: www.dsv-saaten.de.

Bountifull Gardens, der Saatgutladen von John Jeavons, der ein sehr umfassendes Angebot hatte, hat seinen Betrieb 2017 offenbar eingestellt. Auf der Webseite www.bountifulgardens.org finden sich nun aber viele Adressen der ehemaligen Lieferanten, wo man noch Saatgut beziehen kann.

Wildschadensverhütung und Wildbestandsverbesserung

Ein Argument für gut gemanagte, nahrhafte und vielfältige Winterweiden und auch generell für die Verbesserung der biologischen Vielfalt durch Zwischenfrüchte und durch das Beweiden mit hoher Tierdichte ist, dass damit z.B. Rehwild und Rotwild das ganze Jahr über attraktivere Nahrungsquellen außerhalb des Waldes bekäme.  Das würde den Wildbestand steigern, auch indem aus Nachbarrevieren kapitales Wild angelockt wird. Man könnte so dem Wild auch attraktive Alternativen zum Verbiss von Bäumen und zum Schälen von Bäumen geben, was dann trotz höherer Wilddichte die Wildschäden reduzieren würde. Auch wäre die Jagd vielleicht einfacher.

Möglichkeiten zur Optimierung des Kartoffelanbaus?

Eine Frage, die sich mir aufdrängt ist, ob bzw. wie man

  • verschiedene Effekte und Phänomene etwa des Erfolges von Paul Kaisers Singing Frogs Farm,
  • der von Allan Williams und anderen propagierten, kombinierten Nutzung von Rindern und Zwischenfrüchten für den Anbau von Marktfrüchten wie Getreide (Row Crops) und
  • der von Christian Dupraz in den oben verlinkten Vorträgen geschilderten Möglichkeiten und Vorteile der Agroforstwirtschaft

für eine Optimierung (Leistungssteierung, Einsparung von Dünger und Pflanzenschutzmitteln sowie zur Reduzierung der Schäden durch Schädlinge und Pflanzenkrankheiten) des Kartoffelanbaus nutzen kann.

Sicherheitspolitische Wirkung der  Weidewirtschaft

Ich möchte hier aus der Zusammenfassung des 22. Kapitels, Animal Impact – A tool for for Regenerating Soils and Shaping Landscapes (dt.: Einwirkung von Tieren – Ein Werkzeug zur Regenerierung von Böden und zur Gestalltung von Landschaften)  von Allan Savory’ Buch Holistic Management: A Commonsense Revolution to Restore Our Environment, 3. Auflage,  zitieren, das ich seit einiger Zeit nebenher lese. Mit “animal Impact” meint Allan Savory die Wirkung einer dichtgedrängten Herde. Bei einer hohen Tierdichte müssen die Tiere relativ schnell weiter ziehen, zertrampeln viel und brechen durch den hohen Bodendruck ihrer Hufe bzw. Klauen die harte Bodenkruste. Was an Pflanzen von den durchziehenden Tieren nicht hastig gefressen wird, wird zertrampelt und auf oder in den Boden gedrückt, so dass es Schatten und Nahrung für Mikroorganismen, Kleinlebewesen und Pilze im Boden liefert und den Wasserhaushalt verbessert. Wenn das Land sich danach viele Wochen und Monate erholen kann, ist die Wirkung verblüffend. In Gebieten mit gut über das Jahr gleichmäßig verteilten Niederschlägen, kann man damit zumindest die Artenvielfalt extrem steigern, den Wasserhaushalt verbessern und die Ausbreitung von Sträuchern und Wäldern verhindern. In Gegenden mit langen Trockenperioden ist dies kurzzeitige Beweiden mit sehr hoher Tierdichte letztlich die einzige wirklich effiziente und wirtschaftliche Möglichkeit, große Flächen Land vor der Verwüstung zu bewahren oder sogar wieder fruchtbar zu machen. Das zu wissen und zu nutzen,  oder eben auch nicht zu wissen, zu ignorieren und nicht zu nutzen hat extreme  politische, wirtschaftliche und letztlich auch militärische Wirkungen. Siehe dazu auch meine Artikel Operation TrojaWasserwirtschaft als Ursache des Syrienkrieges und Weltweite Verschlechterung der Bodenqualität.

Hier dazu nun das Zitat von S. 234 aus Allan Savory’ Buch Holistic Management: A Commonsense Revolution to Restore Our Environment, 3. Auflage :

Diejenigen, die weiter gegen Vieherden sind – und das sind viele, einschließlich Wissenschaftler, Umweltschutzgruppen, Vegetarier, Regierungen und internationale Entwicklungshilfeagenturen – ignorieren weiterhin die Tatsache, dass es keine technische Möglichkeit gibt und dass weder die Nutzung von Feuer, noch das Ruhen lassen des Landes, gleichzeitig die Leute ernähren und das Problem der Wüstenausbreitung effektiv angehen kann, das in den Weidegebieten der Welt vorkommt.  Die unruhigste und gewalttätigste Region der Erde, die sich von Nordafrika über den Mittleren Osten bis hoch nach China erstreckt, besteht aus zu Wüste werdenden Weidegebieten. Fünfundneunzig Prozent dieser Weidegebiete ist nicht für den Anbau von Ackerfrüchten geeignet. Diese Flächen können die Menschen nur durch Tierherden ernähren, die für die Regeneration der Weidegebiete essentiell sind.

An dieser Stelle möchte ich noch einmal an den mit deutschen Untertiteln versehenen TED-Talk Die Wüste begrünen und den Klimawandel umkehren  von Allan Savory hinweisen.  Eine Suche mit  “Allan Savory” und auch mit “Tony Lovell”  führt zu weiteren, allerdings nur englischsprachigen, Vorträgen, die durchweg sehr eindrucksvolle Leistungen und Möglichkeiten in Trockengebieten zeigen. Wenn man diese Möglichkeiten des Landmanagements mit Hilfe von Rindern und Schafen in Afrika, im Nahen Osten und in Asien mehr bekannt machen und fördern würde, dann könnte man vielleicht die von diesen Gebieten auch für Deutschland und Europa ausgehende Kriegs- und Terrorismusgefahr und die Fluchtursachen dort reduzieren.

Würde das aber überhaupt jemand wollen? Man könnte mit diesen und anderen landwirtschaftlichen Methoden schließlich auch die Nettoeinkommen der deutschen Bauern steigern, die biologische Diversität und die Trinkwasserqualität verbessern, die Wildschäden in den Wäldern senken, die Umwelt schonen und wirklich effizient etwas zum Klimaschutz beitragen – aber man tut es nicht.

Bücher

Wenn es um Informationsquellen geht, sind Bücher und Vorträge auf DVDs zu erwähnen. Mein Buchführungprogramm zeigt mir, dass ich in den letzten Jahren über 4000 € im Bereich Landwirtschaft und Gartenbau für Bücher ausgegeben habe – im Grunde einfach so, weil mich die Suche nach einer Antwort auf die Frage gereizt hat, wie man die Bevölkerung in Deutschland und in anderen Ländern in Zukunft eigentlich ernähren will, wenn das Öl und andere Rohstoffe knapper werden oder/und wenn die vielleicht durch den Verbrauch der fossilen Energieträger verursachten Umweltprobleme und deren politische, soziale und militärische Folgen den weiteren Verbrauch drosseln. Viele Hinweise finden sich in den vielen auch unten verlinkten Artikeln. Die von Greg Judy, Joel Salatin und Jim Gerrish waren natürlich dabei. Besonders an dieser Stelle erwähnen möchte ich hier, zum Thema Weidewirtschaft Grass Productivity: An Introduction to Rational Grazing von Andre Voisin.  Das ist wohl wirklich der Klassiker zur Optimierung der Weidewirtschaft und Allan Savory, Joel Salatin und andere erwähnen es als wichtige Grundlage und Ausgangspunkt. Die 1958 erschienen deutsche Ausgabe ist leider nicht mehr zu bekommen. Die französische Ausgabe gibt es noch.

Ein anderer Klassiker, mit dem ich immer noch beschäftigt bin und für dessen Lektüre ich mir extra einen Tablet gekauft und zusätzlich zur Printausgabe noch die Kindle-Ausgabe gekauft habe, ist The Nature and Properties of Soils, Global Edition, von Raymond R. Weil und Nyle C. Brady. Dieses, 2016 in der 15. Auflage erschienene Buch ist wohl die beste Grundlage, wenn es um das Verständnis des Bodenlebens und der Mutterböden geht. Wenn dieses über 1100 Seiten dicke Werk zu komplex ist, und vor allem auch als Einführung oder Lehrbuch für Landwirte, ist das von mir schon in Nachhaltige Bodenverbesserung vorgestellte, und in der pdf-Version kostenlos herunterladbare Buch Building Soils for Better Crops – Sustainable Soil Management [dt.: Böden aufbauen für bessere Ernten – Nachhaltiges  Bodenmangement] von Fred Magdoff und Harald van Es vielleicht nützlich.

Andere Artikel meiner Webseite zu diesen Themen:

Nicht direkt, aber vielleicht hier und da doch indirekt zum Thema gehörend:

und vielleicht auch, weil es zum Hintergrund für die weitere Entwicklung in der Landwirtschaft gehört:

und einige andere

Tschüss Landwirtschaft?

Gute Antworten zu den Fragen, die ich im Bereich Landwirtschaft und Gartenbau hatte, habe ich inzwischen gefunden bzw. ich weiß jetzt wo ich weiterführend nachlesen und suchen könnte. Aber ich kann damit nichts verdienen, weil ich kein Land habe. Diejenigen,  die es interessieren sollte, weil sie das Land haben und/oder bewirtschaften, interessiert es wohl eher nicht.

In den letzten drei Jahren habe ich aber auch revolutionäre, geniale, bisher in Deutschland nur wenig bekannte Möglichkeiten und Methoden in der zahnärztlichen Chirurgie und Implantologie kennen und allmählich beherrschen gelernt. Diese und vor allem auch die Weiterentwicklung und Optimierung der zugehörigen Zahntechnik und Prothetik, ist der Bereich, um den ich mich jetzt als Zahnarzt und Ingenieur vorrangig kümmern möchte.

Die Beschäftigung mit der Landwirtschaft hat mir aber zumindest ein Sparziel gezeigt, das als Motivation für meine Arbeit als Zahnarzt sehr hilfreich sein kann.

Nachtrag einiger deutscher Links:

Kelberg, den 17. Januar 2018

Christoph Becker

 




Der Abschied von den Lebensversicherungen?

Einige Meldungen im November und Dezember 2017 machten deutlich, dass die Anlageprofis der Banken und Versicherungen sich nicht mehr in der Lage sehen, zuverlässig die Zinsen zu erwirtschaften, die für eine private Altersvorsorge nötig wären und die man bisher für selbstverständlich hielt. Sind die niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt eine vorübergehende Erscheinung? Was ist der langfristige Zinstrend und was sind die grundlegenden Hintergründe? Welche Anlageformen sind sinnvoll? Was bewirken die niedrigen Zinsen gesellschaftspolitisch? Auf der Internetseite der FAZ wurde am 4.11.2017 ein Artikel von Philip Krohn mit dem Titel  LEBENSVERSICHERER: Versagen in der Altersvorsorge.  Demnach haben viele Lebensversicherungen das Neugeschäft eingestellt oder stellen es derzeit ein. Bestehende Versicherungsverträge werden dann oft an ausländische Investoren verkauft.

Am 14.12.2017 schreibt die Internetseite der Deutschen Wirtschafts Nachrichten unter dem Titel  GELDPOLITIK Aufsicht sieht Milliarden-Risiken bei Betriebsrenten unter anderem:

Die Versicherungs- und Pensionsfonds-Aufsicht EIOPA ermittelte in einem Stresstest eine Lücke in Pensionskassen und anderen Betriebsrenten-Systemen von bis zu 702 Milliarden Euro, wenn sinkende Zinsen mit einem Kursverfall bei Anleihen und Aktien einhergehen.  ….. Auch die deutsche Finanzaufsicht BaFin forderte die Unternehmen auf, schnell auf die Herausforderungen zu reagieren. Einige Pensionskassen könnten in den nächsten Jahren in Schieflage kommen, wenn sie nicht frisches Geld bekämen – entweder von den Arbeitgebern oder deren Aktionären, erklärte der oberste Versicherungsaufseher der BaFin, Frank Grund.

Die Finanzmarktexperten der Versicherungen sehen sich jedenfalls nicht mehr in der Lage, zuverlässig die den Kunden versprochenen, im Vergleich zu früheren Jahren eigentlich niedrigen Renditen  zu erwirtschaften. Das Thema private Altersvorsorge am Kapitalmarkt dürfte sich sich damit für Realisten erledigt haben.

Sicher kann, wer ein entsprechend hohes Risiko eingeht, höhere Zinsen bekommen, ABER, höheres Risiko bedeutet auch, dass mit einem Verlust und damit mit negativen Zinsen von bis zu minus 100 % zu rechnen ist. Es gibt Leute, die weil sie ein paar Prozent mehr Zinsen zu bekommen glaubten, ihr gesamtes Vermögen verloren haben. Statt mehr Zinsen gab es am Ende also maximale negative Zinsen, bzw. die Vernichtung des angelegten Vermögen.

Wenn die Profis der Versicherungen die nötige Verzinsung für die Lebensversicherungen und die private Altersvorsorge nicht mehr zuverlässig erwirtschaften können, dann hat jedenfalls auch Otto-Normalverbraucher  keine Chance, zuverlässig über Anlagen am Kapitalmarkt vor zu sorgen.

Von den Banken wird zwar als Alternative und Ersatz Fonds-Sparen angeboten, aber beim Fondssparen sind nur die vom Sparer zu zahlenden Verwaltungs- und Depotgebühren garantiert. Der Sparer wird an Verlusten der Investoren beteiligt und kann also nicht nur Erträge erzielen, sondern auch Verluste machen.  Wenn mit Aktienfonds und anderen Investitionen am Kapitalmarkt wirklich zuverlässig Gewinne zu erwirtschaften wären, dann würden die seriösen Profis der Banken und Versicherungskonzerne dies nutzen und Anlagen wie Sparbücher, Prämiensparen, Festgeld und Kapitallebensversicherungen mit hohen garantierten Mindestverzinsungen anbieten. Sie können und tun das aber offensichtlich nicht mehr.  Warum ist das so?

Auf der Suche nach einer Antwort möchte ich zunächst die historische Zinsentwicklung  zeigen und dann darüber nachdenken

  • was Zinsen überhaupt bedeuten
  • Warum sinken die Zinsen seit Jahrzehnten und was bedeutet das?
  • Wie wird es weitergehen?

Die historische Zinsentwicklung

Auf der Internetseite www.windsurf-schmidt.de habe ich die folgende Grafik über die Zinsentwicklung seit 1975 gefunden.

Quelle: http://www.windsurf-schmidt.de/hypzins1.htm

Quelle: http://www.windsurf-schmidt.de/hypzins1.htm
Erklärung:
Effektiv-Zinssatz: durchschnittl. Eff-Zinssatz für Wohnungsbaukredite mit 10-jähriger Laufzeit
Diskontsatz/Basiszinssatz: Bis Ende 1998 Diskontsatz, zu dem Banken Wechsel an Bundesbank verkaufen
konnten; ab 1999 (2002) Basiszinsatz (§ 247 BGB), korrigiert um Veränderungen des
längerfristigen Refinanzierungssatzes der EZB ( Basistender mit 3-mon. Laufzeit)
Der Basiszinssatz wird jeweils am 1.1. und 1.7. von der Bundesbank festgesetzt.
Spitzenrefinanzierungssatz: Zinssatz, zu dem Banken kurzfristige Liquidität (Übernacht-Liquidität) erhalten.
Er liegt i.d.R. 1 % über dem eigentlichen EZB-Leitzins für 7 Tage-Tender, der z.Zt.
2,5 % (04.12.08) beträgt = Hauptrefinanzierungssatz (USA 2,00 % )
Sparzins (3 Mon.): Habenzinssatz, zu dem private Haushalte Gelder auf Sparkonten mit 3-monatiger
Kündigungsfrist anlegen können (Spareckzins).

Was bedeuten Zinsen?

Aus der Sicht eines Geldbesitzers, der Zinsen bekommen möchte bedeuten Zinsen, dass er für das Verleihen von Geld weiteres Geld, nämlich Zinsen bekommt. Damit das insgesamt sinnvoll und nützlich ist, müssen mit dem verliehenem Geld im Durchschnitt neue Geldwerte in Form von Leistungen und Gütern geschaffen werden, damit sich diejenigen, die die Zinsen bekommen, für die Zinsen auch etwas kaufen können.

Diejenigen, die Kredite aufnehmen, müssen im Durchschnitt mit Hilfe der Kredite mindestens so viele Werte schaffen, wie zur Rückzahlung der Kredite und zur Zahlung der Zinsen notwendig sind. Wenn das nicht gelingt, dann wird durch die Zinsen mehr Geld neu  geschaffen als an Werten neu geschaffen wird. Wenn dies lange genug so ist, dann wird der Wert des Gelds fallen. Ein fallender Geldwert bedeutet, dass es negative Zinsen auf alle Geldvermögen gibt.

Damit das Aufnehmen und Zurückzahlen von Krediten keine sinnlose Beschäftigungstherapie ist, müssen mit Hilfe der Kredite nicht nur die für die Rückzahlung und die Zinsen nötigen Beträge erwirtschaftet werden, sondern auch die Betriebskosten und ein angemessener Unternehmerlohn.

Was ist mit Konsumkrediten?

Bei Konsumkrediten reduzieren die damit verbundenen Zinsen und Bankgebühren die für den Konsum auf Dauer insgesamt verfügbare Geldmenge. Konsumkredite schaffen zudem keine Werte, sondern sie vernichten Werte. Konsumkredite schaffen durch die mit ihnen verbundenen Zinsen aber Geld, das die Kreditgeber letztlich haben.

 Was ist überhaupt Geld?

Geld ist letztlich ein Versprechen, menschliche Arbeit oder Produkte menschlicher Arbeit zu liefern. Zinsen bei gleichbleibendem oder steigendem Geldwert sind vor diesem Hintergrund  nur möglich, wenn die Fähigkeit und Möglichkeit zur Lieferung menschlicher Arbeit steigt. Nahrungsmittel,  Sicherheit und Rohstoffe möchte ich hier auch als Produkte menschlicher Arbeit sehen, weil sie erst durch menschliche Arbeit entstehen oder verfügbar werden.

Die Fähigkeit zur Lieferung menschlicher Arbeit oder zur Lieferung von Produkten menschlicher Arbeit hängt extrem von der Verfügbarkeit billiger Energie ab.

Die besten Landmaschinen, Panzer, Flugzeuge und Fabriken sind wertlos, wenn die für ihre sinnvolle Nutzung nötige Energie fehlt. Siehe dazu auch meine Übersetzung Blut für Öl und meinen Artikel Energie und Geld.

Der Energieaufwand zur Gewinnung von nicht erneuerbaren Energien und Rohstoffen steigt zwangsläufig, weil die am leichtesten nutzbaren Quellen zuerst genutzt werden. Bei Erdöl, dem nach wie vor für den Wohlstand und Betrieb der Industriegesellschaften wichtigsten Energieträger wird voraussichtlich zwischen 2026 und 2030 der Punkt überschritten, von dem an im globalen Durchschnitt für die Erkundung, Erschließung und Förderung von Öl mehr Energie aufgewendet werden muss, als im geförderten Öl enthalten ist. Öl fällt damit dann als Energiequelle aus und wird zu einem Rohstoff, dessen Förderung Energie kostet (siehe auch meine Artikel Erschöpfung: Das Schicksal des Ölzeitalters, Grafiken zum Thema Öl , Dem Energiedilemma auf den Grund gegangen und Über den Finanz-Tsunami.  Gute deutschsprachige Beiträge siehe insbesondere auch auf limitstogrowth.de).

Die Hoffnung, dass die angeblich “erneuerbaren Energien”  die Industriegesellschaften und den durch diese ermöglichten materiellen Lebensstandard retten, sind eine Illusion. Die “Bioenergie” per Mais und Raps ist letztlich Raubbau am Mutterboden und damit ein Weg zur Zerstörung der Ernährungsgrundlagen. Siehe z.B. die Fotos in meinem Artikel Bodenerosion in Maisfeldern.  Die Landwirtschaft wie sie heute betrieben wird, aber auch die Landwirtschaft wie sie früher oft betrieben wurde, ist letztlich eine Methode zur Zerstörung der Mutterböden und damit eine Methode zur Zerstörung der Grundlage der Nahrungsmittelproduktion und damit der Lebensgrundlage der Menschen und ihrer Haustiere. Siehe dazu auch meinen Artikel Weltweite Verschlechterung der Bodenqualität und ganz besonders die dort gezeigte Weltkarte. Das auffällige an dieser Weltkarte ist, dass es erstens keine Kategorie für eine Verbesserung der Bodenqualität gibt und dass zweitens die Gegenden, in denen die Bodenqualität sich nicht verändert, nur die landwirtschaftlich nicht nutzbaren Wüsten, Tundren und Gebirge sind.

Auch sonst sind die “erneuerbaren Energien”, keineswegs so erneuerbar und unbegrenzt verfügbar wie  die meisten glauben. Man versuche einmal eine Windturbine oder ein Photovoltaik-Anlage ohne Mineralölprodukte und ohne mit Kohle produzierte Energie und Industrieprodukte herzustellen oder instand zu halten. Es wird nicht gelingen. Selbst mit großen Wasserkraftwerken wird das auf Dauer nicht gelingen, weil man auch für diese hin und wieder Stahl, Zement und schwere Maschinen benötigt.

Komplexitätskosten als Zinssenker

Komplexität, z.B. in Form von Gesetzen, Regeln und Spezialisierung ist am Anfang, auf dem Weg vom Chaos zu einer komplexen Gesellschaft ein Segen und ein großer Vorteil. Die durch zunehmende Komplexität verursachten Kosten sind zunächst meist gut angelegt und rentieren sich sehr. Das verführt zu immer weiteren Komplexitätssteigerungen. Auch erzwingt Komplexität geradezu weitere Komplexitätssteigerungen. Wie bei der Suche nach Rohstoffen und Energiequellen wird der Ertrag und Nutzen aber mit der Zeit immer geringer, und man erreicht schließlich einen Punkt, von dem an die Steigerung der Komplexität mehr kostet als sie einbringt. Zu diesem Thema siehe meine Übersetzung Kollaps komplexer Gesellschaften – Interview mit Prof. Dr. Joseph Tainter  und  Dem Energiedilemma auf den Grund gegangen . Wie dort erklärt wird, betrifft dieses Phänomen auch die Forschung und Entwicklung. Forschung und Entwicklung werden zunehmend ineffizienter, sie kosten immer mehr Energie und andere Ressourcen und liefern  immer weniger brauchbare Problemlösungen. Wir Prof. Dr. Vaclav Smil in seinem Vortrag “Energy Revolution? More like a Crawl”  (dt. Energierevolution? Eher ein Kriechen“) erklärt, sind z.B. so gut wie alle großen Erfindungen der Energiewirtschaft über hundert Jahre alt.

Dieses Ansteigen der Komplexitätskosten, zu denen auch solche Vorhaben wie die Einführung zusätzlicher Geschlechter, die Femokalypse und die Gleichstellung der Frauen (soweit dazu neue, zusätzlich Vorschriften und Gesetze nötig waren und sind), aber auch die Aufnahme von Flüchtlingen, die “Willkommenskultur” und der Multikulturalismus zählen, führen dazu, dass die Fähigkeit der Gesellschaft Zinsen tatsächlich in Form realer Werte zu erwirtschaften, immer weiter fällt.

Die Zinsen werden also real immer weiter fallen und ganz bestimmt nicht steigen. Durch einen Kollaps, die Verschlechterung der Bodenqualitäten usw. und durch die damit  voraussichtlich provozierten Kriege, kann es schließlich sogar zu einer völligen Vernichtung des Geldwertes kommen. Das sind dann genau Minus 100 % Zinsen auf einmal.

Zinsen in der Geschichte

In Gesellschaften, die keine solchen hochwertigen Energiequellen hatten oder haben (und dann auch zu nutzen wussten)  wie die westlichen Industriestaaten seit Beginn der Industriellen Revolution, waren Zinsen oft verboten (de.wikipedia.org/wiki/Zinsverbot). Im Alten Testament wird sogar alle 50 Jahre (Halljahr) ein vollständiger Schuldenerlass vorgeschrieben ( de.wikipedia.org/wiki/Erlassjahr ).  Das heißt, dort waren alle 50 Jahre minus 100 % Zinsen auf die bestehenden Schulden fällig. Die Industriegesellschaften der letzten 200 Jahre waren demnach eine Ausnahme, weil sie neben der Technologie insbesondere auch die Energiequellen hatten, um das durch die Zinsen erforderliche Mehr an menschlicher Arbeit liefern zu können.

Schon früher mögliche Alternativen zur Erwirtschaftung von Zinsen waren Gewaltverbrechen, Eroberungskriege und Sklaverei. Man leihe sich Geld für Waffen und Feldzüge und bezahle die Schulden und die Zinsen mit der Kriegsbeute.

In Zukunft werden diese Klassiker sicher wieder mehr Verbreitung und Anwendung finden, was den Deutschen und anderen Europäern eine ziemlich unerfreuliche Zukunft bescheren dürfte, weil sie nicht mehr darauf vorbereitet und auch nicht mehr bereit sind, sich, ihr Land und ihre Freiheit ernsthaft zu verteidigen.

 

Siehe dazu z.B. meinen Artikel Einige Probleme der Bundeswehr und auch die Nachrichten über Zustand der deutschen U-Boot-Flotte und die über den Munitionsmangel der Bundeswehr:

Faktisch kann die Bundeswehr, wenn überhaupt, nur 2 Tage Krieg führen. Falls die muslimischen Staaten sich z.B. unter der Führung der Türkei wieder einmal (( Es gab in der Vergangenheit mehrere solche Angriffe, siehe de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_von_Tours_und_Poitiers ,  de.wikipedia.org/wiki/Erste_Wiener_Türkenbelagerung und de.wikipedia.org/wiki/Zweite_Wiener_Türkenbelagerung ))  zu einem Angriff auf Europa entschließen würden, was ich aus verschiedenen Gründen für sehr wahrscheinlich bis unvermeidbar halte (Operation Troja), könnten sie, wenn überhaupt,  nur mit amerikanischen Atomwaffen gestoppt werden. Dabei wäre es aber voraussichtlich so, dass die Amerikaner gleichzeitig im Pazifik in einen Krieg mit China verwickelt werden und dass China und auch die Atomwaffen Pakistans die technische Infrastruktur Europas und damit auch die Nahrungsmittelversorgung und zu einem großen Teil auch die Trinkwasserversorgung und die Abwasserentsorgung in Europa ausschalten würden.

Die Folge der fehlenden Abschreckungsfähigkeit der Bundeswehr könnte jedenfalls dafür sorgen, dass andere Mächte die Möglichkeit sehen, hohe Gewinne und damit auch Zinsen durch einen Angriffskrieg zu erwirtschaften, bei dem Deutschland und seine Bevölkerung zu den Opfern gehören würden.

Der Niedergang des Bildungswesen als Zinssenker

Auch die Entwicklung im Bildungswesen und an den Universtiäten trägt dazu bei, dass die Möglichkeit zur Erwirtschaftung von Zinsen sinkt:

  • Das kaputte Bildungswesen
  • Postmodernismus – Wie Marxisten den Westen erobern

Sehr zu empfehlen zum Thema Universtitäten sind auch die beiden folgenden Beiträge auf Youtube:

Damit Werte durch menschliche Arbeit (=Geld) geschaffen werden, braucht man nämlich neben billiger Energie,  Rohstoffen, Sicherheit, Frieden, guten Böden, Nahrungsmitteln, genießbarem Trinkwasser, gegenseitigem Vertrauen und Zusammenhalt in einer Bevölkerung, einer effizienten und guten Verwaltung und Gesetzgebung auch Bildung und Wissen. Wenn die Schulen und Universtitäten versagen, sinkt jedenfalls die Fähigkeit einer Gesellschaft Zinsen zu erwirtschaften und Kapital zu bilden. Es wird dann vielmehr Kapital vernichtet und die Gesellschaft ist dann auf einem Weg zum Katabolischen Kollaps, wie John M. Greer in seinem Essay How Civilizations Fall: A Theory of Catabolic Collapse erklärt hat.

Was bewirken negative Zinsen?

Mit “Negative Zinsen” fand ich auf Google 602.000 Treffer. Dabei war z.B. auch der Artikel Erste Bank bezahlt Kunden fürs Schuldenmachen von Karsten Seibel, vom 17.7.2017, auf der Internetseite von Die Welt.  Weil der Zinssatz von Bargeld dem der Inflationsrate entspricht, wird man versuchen, eine erträgliche Inflation herbeizuführen, etwa indem man Geld druckt, wie es die Notenbanken in den letzten Jahren in der Tat versucht haben.  Wenn das gelingt, hat es den Vorteil, dass damit auch die Schulden der Staaten sinken. Wenn das Herbeiführen einer kontrollierten Inflation nicht gelingt, etwa weil sich immer mehr Menschen wegen des insgesamt steigenden Aufwandes für die Energie-und Rohstoffgewinnung immer weniger leisten können, dann wird man versuchen, das Bargeld abzuschaffen.  Eine beliebte Methode ist z.B. das Austauschen und für Ungültig erklären von beliebten Geldscheinen. In der Zeit ONLINE vom 12.11.2016 als Beispiel der Artikel Indien: Und plötzlich ist das Geld nichts mehr wert von Tina Groll. Mit “bargeld abschaffen” liefert Google derzeit mehr als 87.000 Treffer.

Wer nun daran denkt, auf Gold und andere Edelmetalle zu setzen, sollte zwei historische Fakten bedenken:

  • Der private Besitz von Gold ist u.a. in den USA 1933 verboten worden. Die Amerikaner mussten damals ihre Goldbestände zu einem relativ niedrigen, von der Regierung bestimmten Preis abliefern.  Goldverbote gab es auch in Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Siehe auch de.wikipedia.org/wiki/Goldverbot
  • Gold und andere Edelmetalle haben eine magische Anziehungskraft für mehr oder weniger gewalttätige Kriminelle. Für die Besitzer von Edelmetallschätzen und deren Familien kann die vermeintlich sichere Anlage leicht ein mehr oder weniger grausames Ende per Folter und Mord bedeuten.
Auf dem Weg zum Neofeudalismus durch niedrige Zinsen

Max Keiser erklärt in Keiser Report: Taxphoria (E1168), dass und wie Zinsen in der Nähe von Null Prozent dazu führen, dass große Unternehmen und Superreiche, die von den Banken wegen der niedrigen Zinsen nahezu kostenlose Kredite bekommen, diese Möglichkeit nutzen, um systematisch nahezu alles auf zu kaufen. Dies führe, wie Keiser erklärt, zu einer Art Neo-Feudalismus. Am Ende gehört alles einigen Superreichen.

Präsident Donald Trump ist, wie Max Keiser und seine Frau Stacy Herbert in der selben Sendung gleich zu Anfang erklären, übrigens aus Sicht der Börsen der bisher erfolgreichste Präsident der USA. Donald Trump ist der erste Präsident der USA, in dessen erstem Jahr der Amtszeit der Dow-Jones in jedem Monat gestiegen ist.

Gibt es trotz alledem brauchbare für Anlage-, Spar- und Vorsorgemöglichkeiten?

Ich meine ganz klar ja, die gibt es.

Als ich im Spätsommer 2012 das die ersten beiden Romane von James Howard Kunstlers “World Made by Hand” Reihe (World Made by Hand und The Witch of Hebron) gelesen habe, habe ich mich aufgemacht, solche Anlagemöglichkeiten zu suchen und ich denke, dass ich eine ganze Menge gefunden habe. Freizahn.de war und ist der Versuch, das eine oder andere Ergebnis dieser Suche auch anderen zugänglich zu machen. Daneben war und ist es aber auch “Thinking on Paper” nämlich – wie das gleichnamige, verlinkte Buch von V.A. Howard, Ph.D., J.H. Barton, M.A. zeigt, Nachdenken und Lösungen finden, in demman schreibt.

Am Wichtigsten wäre es, in einen guten Mix aus krisenfester Landwirtschaft und Sicherheit zu investieren.

Es ist fast überall in Deutschland möglich, die Bodenqualität und die Ernährungssicherheit  zu verbessern, auch wenn und wo das angeblich nicht funktioniert.

Es ist ebenso möglich, die Sicherheit zu verbessern.

In Gedanken zum Film Bauer und in www.freizahn.de/category/landwirtschaftgartenbau/ da dann ganz besonders auch in www.freizahn.de/category/landwirtschaftgartenbau/fuer-landwirte/ finden sich viele Hinweise und Ideen.

Eine Wissensquelle mit vielen Beispielen, Vorbildern und Denkanstößen, die ich gerade erst entdeckt habe,  ist die Quivira Coalition (quiviracoalition.org). Auf Youtube finde ich mit “quivira conference” 1110 Beiträge. Es handelt sich eine phantastische Fundgrube von Vorträgen zum Thema Regenerative Landwirtschaft und Bodenverbesserung.

Eine zufällige Entdeckung ist auch die Internetseite  GoGun GmbH , deren Geschäftsidee ich ziemlich pfiffig finde. Die Firma hat sich auf in Deutschland frei verkäufliche Waffen spezialisiert. Ich war sehr erstaunt, was es da alles gibt.

Eine andere etwas kuriose Entwicklung fand ich als  ich im Internet nach Professor Dr. Gustav Winkler gesucht habe, der mir ca. 1978 an der Fachhoschule, im Rahmen einer Vorlesung und Übung im Wahlfach Digitale Simulationstechnik die Lektüre des Buches Die Grenzen des Wachstums. Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit als Beispiel für die Anwendung der Möglichkeiten digitaler Simulationstechnik empfohlen hat:  Tüftelei eines Professors Turbo-Gustav und sein Gegenwindfahrrad.

Das Kapital, das am Ende wirklich noch etwas wert ist, wird all das sein, was gesunde Nahrungsmittel, Sicherheit und Artikel und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs auch dann noch liefern kann, wenn die technische Infrastruktur, die globalen Handelswege und die davon abhängigen staatlichen Institutionen und Betriebe nicht mehr wie gewohnt funktionieren.

Was ebenfalls sehr wertvoll ist und bleiben wird, ist Gesundheit und das Wissen und Können zu deren Erhaltung. Als Zahnarzt denke ich dabei zuerst und vor allem an Mundhygiene und da vor allem auch an Zahnseide, dann an Ernährung und medizinische Hypnose .  Dann an Unfallschutz, Wundhygiene und an die Vorbeugung und Behandlung von Muskelverspannungen, sowie an das Verständnis dieser Phänomene.

Es gibt in vielen Fachgebieten sehr viel Wissen und Können, das zeitlos und von Krisen und Kriegen unabhängig wertvoll ist und bleibt. Lernen und der Erwerb von Erfahrung sind Investitionen, die sich lohnen und sehr gute Zinsen einbringen können.  Manchmal eher kurzfristig und vorübergehend, manchmal eher längerfristig.

Das sind die Werte und Anlagemöglichkeiten, die Bestand haben und die meines Erachtens gute Wertsteigerungen versprechen.

Einen Abschied von den Lebensversicherungen in diesem Sinne wird es meines Erachtens nicht geben, auch wenn alle klassischen Kapitallebensversicherungen und auch Gold, wie oben gezeigt, voraussichtlich jeden praktischen Wert verlieren werden.

Kelberg, den 7. Januar 2018

Christoph Becker

 




Das Prinzip der Affenfalle

Als ich erstmals die persönliche Internetseite von Nate Hagens besucht habe, habe ich mich über deren Titel, The Monkey Trap (deutsch: Die Affenfalle) und Internetadresse (www.themonkeytrap.us)  gewundert und nicht verstanden, warum er seine Internetseite  so benannt hat. Erst etwas Suchen im Internet und ein kleiner Film und etwas Nachdenken, haben mir die hintersinnige, allgemeine und auch gesamtgesellschaftliche Bedeutung des Prinzips der Affenfalle verständlich gemacht.

Hier nun einige kurze  Filme auf Youtube  über die klassische afrikanische Affenfalle und die Übertragung ihres Prinzips auf den Menschen:

Warum hat nun Nate Hagens für seine persönliche Webseite den Titel “The Monkey Trap”, also “Die Affenfalle” gewählt?

Nate Hagens (www.postcarbon.org/our-people/nate-hagens/ ) war ein mehrere hunderttausend Dollar pro Jahr verdienender Vermögensberater und Händler an der Wall-Street in New York, der dann ausgestiegen ist und zusätzlich zu seinem Master in den Wirtschaftswissenschaften noch eine Dissertation über natürliche Ressourcen folgen ließ. Jetzt verdient er als Dozent, Schriftsteller, Landwirt und Redner rund 50 Tsd. Dollar pro Jahr und ist damit glücklich und zufrieden.

Zu Nate Hagens hatte ich schon zwei Blogbeiträge:

Die Suche mit “Nate Hagens” führte zu einem Artikel und Interview auf Radia Ecoshock: www.ecoshock.org/2016/02/is-our-future-possible.html. Man erfährt dort mehr über Nate Hagens Seminar Reality 101 (dt. etwa “Grundkurs in Sachen Realität”), mit welchem er Studenten an der Universität von Michigan ein besseres Verständnis der Welt und den zu erwartenden künftigen Entwicklungen zu vermitteln sucht.

Ähnlich wie seine auf Youtube in verschiedenen Versionen verfügbare Präsentation, geht es in dem Kurs offenbar um drei größere Komplexe

  1. Das wahrscheinlich durch die Industrielle Zivilisation verursachte  große Massenaussterben der Erdgeschichte, das gerade statt findet.
  2. Das Verständnis davon, dass und warum unsere heutige technische, globale Zivilisation letztlich nur durch die Nutzung fossiler Energieträger möglich ist. In dem Interview auf Ecoshock erwähnt Hagens z.B. dass ein Barrel Öl, das derzeit knapp 64 Dollar kostet und soviel Energie enthält wie ein Mensch in 11 Jahren Arbeit liefern kann. Andere interessante Zahlen: Wegen der Industrialisierung der Landwirtschaft und deren Abhängigkeit von fossilen Energieträgern sind heute faktisch 50 Prozent des Eiweißes und 80 Prozent des Stickstoffs unseres Körpers aus nicht erneuerbaren, fossilen Energieträgern erzeugt.  Dazu habe ich auch  “Vaclav Smil nitrogen” gegoogelt und fand damit http://vaclavsmil.com/wp-content/uploads/docs/smil-article-worldagriculture.pdf.  Zitat:  “Ohne die Nutzung von Stickstoffdünger könnten wir nicht genug Nahrungsmittel für die vorherrschenden Diäten von fast 45 % der Weltbevölkerung produzieren – oder für rund 3 Milliarden Menschen. …….. Um 2025 wird mehr als die Hälfte der Nahrungsmittelproduktion vom Haber-Bosch-Verfahren abhängen, und dieser Anteil wird mindestens für mehrere Jahrzehnte steigen. Unglücklicherweise wird dies noch größere Nitratbelastungen der Umwelt verursachen.”  Das Haber-Bosch-Verfahren ist ein sehr energieintensives Verfahren zur Produktion von Stickstoffdünger, das hauptsächlich mit Hilfe fossiler Energieträger betrieben wird. Für die Fans der “erneuerbaren Energien”: Der norwegische Düngemittelhersteller Yara International hatte 1905 unter dem Namen Norsk Hydro mit Hilfe des Birkeland–Eyde Verfahrens den ersten künstlichen Stickstoffdünger der Welt mit Hilfe von durch Wasserkraft erzeugtem Strom hergestellt. Das Verfahren war aber zu ineffizient, weshalb es durch eine Kombination von  Haber-Bosch-Verfahren und Ostwald-Verfahren ersetzt wurde.
  3. Die Psychologie des Menschen. Nate Hagens hat sich sehr mit diesem Thema befasst und bezieht sich vor allem auch auf Ergebnisse der Evolutionspsychologie, wie sie Leda Cosmides und John Tooby vertreten. Bisher habe ich mir dazu auf Youtube Sone Age Minds: A conversation with evolutionary psychologists Leda Cosmides and John Tooby und  Leda Cosmides on Socialism and Human Nature angesehen. Im Wesentlichen geht es darum, dass der menschliche Geist NICHT einfach leer auf die Welt kommt und nur von seiner Umwelt programmiert wird, wie dies viele moderne Psychologen glauben, sondern dass wir schon bei der Geburt über eine Vielzahl von Programmen und Mustern verfügen, die sich im Laufe der Evolution herausgebildet haben. Wenn wir passende Muster in unserer Umwelt erkennen, greifen wir auf das passende vorgegebenen Muster zurück und passen unser Verhalten entsprechend an.

Meine Blogbeiträge Verfälschung der Wahrnehmung durch Gruppenzwang und Sichtweisen und Paradigmenwechsel waren unter anderem auch  Folgen von Nate Hagens Präsentation. In gewisser Weise sind auch diese Themen wichtig, um aus “Affenfallen” zu entkommen.

Das Ziel von Nate Hagens Kurs an der Universität von Michigan ist, die Studenten auf die Realität vorzubereiten, die sie in den nächsten Jahren und Jahrzehnten erwartet. Dazu gehört auch die Einsicht, dass  trotz der zu erwartenden Krisen, Katastrophen und materiellen Wohlstandsverluste ein glückliches Leben möglich ist. Mit anderen Worten, es geht darum, die Studenten dazu zu befähigen, sich nicht von  den üblichen Affenfallen der westlichen Gesellschaft fangen zu lassen.

15. Dezember 2017

Christoph Becker

 




Beziehungskultur als Ursache

Der am 8. Oktober 2017 auf www.aktive-patrioten.de erschienene Artikel Beziehungskultur als Ursache von Frank Borgmann, über eine Diskussion von Eva Hermann mit dem Psychiater, Psychoanalytiker und Autor Dr. Hans-Joachim Maaz und Andreas Popp von der Wissensmanufaktur hat mich dazu veranlasst, die dort (und auch hier) eingebundene Diskussion an zu sehen.

Die Probleme waren mir zumindest teilweise bekannt und bewusst, seit ich mich vor einigen Jahren etwas mit Otto Kernbergs Thesen zur Entstehung, insbesondere von Borderline-Störungen, befasst hatte. Eine gute Einführung dazu ist Borderline-Störungen und pathologischer Narzißmus. Damals hatte ich mir aber auch Vorträge von Otto Kernberg bei Auditorium Netzwerk besorgt und angehört, was sehr empfehlenswert ist, wenn man sich mit solchen Themen beschäftigt. Wie ich gerade auf der Webseite von Auditorium Netzwerg mit deren Suchfunktion gesehen habe, gibt es dort noch immer viele Vorträge von Otto Kernberg und die haben unter anderem auch Vorträge von Hans-Joachim Maaz. Auf Youtube gibt es von Otto Kernberg und von Hans-Joachim Maaz aber auch viele Fundstellen.

Doch hier nun die meines Erachtens sehr interessante Diskussion über die Beziehungskultur und deren Auswirkung auf die deutsche Politik und die Wahl von Frau Merkel.

Kelberg, den 9. Oktober 2017

Christoph Becker




Wem nützen Wirtschaftssanktionen?

Unter dem Titel Europas 30-Milliarden-Opfer lässt die Russen kalt auf www.welt.de vom 9. Oktober 2017 kann man lesen, dass die Wirtschaftssanktionen eher nicht, wie von den USA und Merkel & Co erhofft, geschadet haben. Das ist kein Wunder, denn von der inneren Logik her sind Wirtschaftssanktionen Schutzzölle zur Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit der Wirtschaft des Landes, dem man zu schaden gedenkt.

Was daher wirklich passiert ist, ist folgendes:

Putin hat die Krim wieder an Russland angeschlossen. Das hat im Westen einige Regierungen sehr geärgert und deshalb haben sie zur Belohnung ein Programm zur Stärkung der russischen Wirtschaft spendiert, das Putin selbst so vielleicht gar nicht hätte durchsetzen können. Das Irre und zugleich höchst Beunruhigende an der ganzen Sache ist, dass Barak Obama, Angela Merkel und andere “Experten” im Westen diese Belohnung der Russen als Strafaktion gedacht und verkauft hatten.

Hier dazu ein Zitat aus meinem Artikel  Wie Deutschland doch noch den Krieg gewann:

Wenn eine unterentwickelte Volkswirtschaft konkurrenzfähig werden will, braucht sie nach Greer zunächst Schutzzölle und Handelshemmnisse, hinter denen sie sich entwickeln kann. Greer erklärt dies insbesondere an der amerikanischen Geschichte. Ein Grund für den amerikanischen Bürgerkieg war offenbar der Interessengegensatz zwischen den für Freihandel (und so gesehen auch für Weltoffenheit) plädierenden, sklavenhaltenden Südstaaten und den am Aufbau einer eigenen Industrie interessierten, dem britischen Vorbild der Industrialisierung folgenden  Nordstaaten, die für ihre vorerst noch unterlegenen Produkte Handelshemmnisse  brauchten.

Tatsächlich steckte hinter den Sanktionen natürlich eine Mischung aus extremer Arroganz, Überheblichkeit, Naivität und fehlender Geschichtskenntnis. Vom Globalisierungswahnsinn geblendet hat man nämlich geglaubt, dass die Russen zu blöde seien, selbst zu entwickeln und herzustellen, was der Westen ihnen nun nicht mehr verkaufen wollte.

Wenn man die Russen für die Sache mit der Krim effektiv hätte bestrafen wollen, hätte man ihnen Kredite und Handelserleichterungen scheinheilig “zum Aufbau der Krim” angeboten und sie damit dazu verführt, die Konkurrenzfähigkeit ihrer Wirtschaft zu verschlechtern. Der Westen hat stattdessen wie jemand gehandelt, der mit einer Waffe spielt, deren Funktion er nicht kennt und dann auch noch vorne und hinten verwechselt.

Wie können die Regierungen im Westen und ihre Wähler derart irrational und naiv sein?

Dazu fällt mir ein Abschnitt aus Krieg gegen die menschliche Natur – Teil 2, einer Übersetzung eines Interviews mit dem australischen Politologen Dr. Frank Salter, auf meiner Webseite ein:

Es gab da  also einen Konflikt,  einen immensen Kulturkrieg an  den Universitäten des Westens. Das begann um 1900,  das  geht weit zurück,  Franz Boas  zum Beispiel  emigrierte in die Vereinigten Staaten im späten 19. Jahrhundert.  Ganz sicher um 1920 war er sehr gut ist etabliert,  an der Columbia Universität, in New York. Er war im wesentlichen ein Kommunist. Ob er der kommunistischen Partei angehörte, ist nicht relevant. Er war   jedenfalls kommunistisch.  Als die UdSSR Ende 1917 entstand, hatte er sie unterstützt.  Er war immer ein Apologet [= Verteidiger]  der Sowjetunion,  und das nebenbei bemerkt in der Zeit des Stalinismus er war ein Apologet des stalinistischen Russlands. Und er hatte einen immensennun Einfluss in der amerikanischen Anthropologie.   Einige seiner Studenten hatten später  einen großen Einfluss  auf die Politikwissenschaften  und die Soziologie.[26:00]  Und es ist nicht allgemein bekannt ….,  aber der Westen hat den kalten Krieg verloren,  der Westen hat den kalten Krieg kulturell verloren.  Er hat ihn geopolitisch gewonnen,  als  die Sowjetunion 1989 bis Anfang der frühen 90er kollabiert ist.  Wir haben die geopolitischen Ziele des kalten Krieges gewonnen, aber kulturell haben wir den kalten Krieg verloren.  Der Grund, warum wir nicht darüber sprechen ist, dass die, die darüber sprechen würden  die Kinder der Sieger sind.  Das ist eine Nachricht, die mit ausdruckslosen Blick vernommen wird [met with a blank stare].  Die Menschen wissen einfach nicht, was sie  machen sollen,  und es ist schwierig, weil wir  durch diese Niederlage alle beeinflusst sind.  Aber die Sachlage ist,  dass die Häuser nicht beschädigt sind,  unsere täglichen Routinen sind nicht betroffen,  was beschädigt ist, ist unser Geist, ist unser Bewusstsein.   Die Art wie wir die Welt sehen,  das Prisma durch das wir  die Realität und die Gesellschaft betrachten  ist verändert worden.  Wir tragen das Prisma mit uns herum.  Wir sind also in  einem Käfig eingeschlossen wie Max Weber es nannte,  wir sind also durch bloße Vorstellungen eingesperrt.  Dies sind starke Konzepte.  Wir haben den kulturellen kalten Krieg verloren  und irgendwie  müssen wir unseren Weg zurückfinden, um die Realität so sehen zu können wie sie ist.  [27:35]

Ergänzend hierzu ist vielleicht folgender Artikel Postmodernismus – Wie Marxisten den Westen erobern.

 

Kelberg, den 9. Oktober 2017

Christoph Becker




Der Turmbau zu Babel

In  Biblical Series VIII: The Phenomenology of the Divine , von Position [16:00] bis [45:00], erklärt Prof. Jordan Peterson die Geschichte des Turmbaus zu Babel und deren Bedeutung für wichtige aktuelle Phänomene in Politik und Gesellschaft. Hier soll versucht werden, das Wesentliche davon wiederzugeben und etwas zu ergänzen und noch andere Aspekte hinzu zu fügen.

Das Bibelzitat

Zunächst das Zitat der betreffenden Bibelstelle, die ich der Übersetzung von Hermann Menge entnommen habe, 1. Mose 11,1-9

1 Es hatte aber die ganze Erdbevölkerung eine einzige Sprache und einerlei Worte.  2 Als sie nun nach Osten hin zogen, fanden sie eine Tiefebene im Lande Sinear (= Babylonien) und blieben dort wohnen. 3 Da sagten sie zueinander: »Auf! Wir wollen Ziegel (oder: Backsteine) streichen und sie im Feuer hart brennen!« So dienten ihnen denn die Ziegel als Bausteine, und das Erdharz (oder: der Asphalt) diente ihnen als Mörtel. 4 Dann sagten sie: »Auf! Wir wollen uns eine Stadt und einen Turm bauen, dessen Spitze bis in den Himmel reichen soll, und wollen uns einen Namen (oder: ein Denkmal) schaffen, damit wir uns nicht über die ganze Erde hin zerstreuen!«  5 Da fuhr der HERR herab, um sich die Stadt und den Turm anzusehen, welche die Menschen erbauten (oder: erbaut hatten)6 Da sagte der HERR: »Fürwahr, sie sind ein einziges Volk und haben alle dieselbe Sprache, und dies ist erst der Anfang ihres Unternehmens: hinfort wird ihnen nichts mehr unausführbar sein, was sie sich vornehmen. 7 Auf! wir wollen hinabfahren und ihre Sprache dort verwirren, so daß keiner mehr die Sprache des andern versteht!« 8 So zerstreute sie denn der HERR von dort über die ganze Erde, so daß sie den Bau der Stadt aufgeben mußten. 9 Daher gab man der Stadt den Namen Babel (d.h. Verwirrung); denn dort hat der HERR die Sprache der ganzen Erdbevölkerung verwirrt und sie von dort über die ganze Erde zerstreut.

Eine kleine Ironie der Geschichte ist, dass mit dem “Erdharz” oder Asphalt ein Mineralölprodukt als Mörtel diente.

Jordan Peterson über den Turmbau zu Babel

In  Biblical Series VIII: The Phenomenology of the Divine , von Position [16:00] bis [45:00], erklärt Prof. Jordan Peterson die Geschichte des Turmbaus zu Babel aus seiner Sicht als Psychologe und Sozialwissenschaftler, der sich insbesondere auch sehr mit totalitären Systemen und mit sozialwissenschaftlichen Experimenten befasst hat.

Peterson nähert sich dem Thema des Turmbaus zu Babel aus verschiedenen Richtungen.  Er sagt selbst, dass es ein schwieriges Thema ist, über das er lange nachgedacht habe. Ich will hier versuchten, die einzelnen Gedanken dazu verständlich und übersichtlich wiederzugeben.

Grundannahme bei Lektüre der Bibel

Auch wenn man es zunächst nicht versteht oder ablehnt, ist die Grundannahme bei der Lektüre der Bibel zunächst, dass Gott recht hat, auch wenn das dem Leser nicht passt. Es gäbe in der Bibel zwar auch Beispiele, wo Menschen anderer Meinung waren als Gott und mit Ihm gestritten haben, grundasätzlich gilt aber zunächst, dass Gott recht hat und dass der Leser nachdenken und sich mit einem zu schnellen Urteil zurückhalten sollte.

“Das verlorene Paradies” von John Milton

Peterson geht zunächst auf das Gedicht Paradise Lost (dt. Das verlorene Paradies) von John Milton ein.  Dieses habe mit seiner Geschichte von der Rebellion Satans und seinem Höllensturz  einen erheblichen Einfluss auf das Christentum ausgeübt. In der Bibel finden sich als Hinweis auf diesen Höllensturz nur sehr kurze Passagen.  Das Ziel von Miltons Werk sei es gewesen, das menschliche Sein zu rechtfertigen und damit dem Nihilismus zu begegnen.

Peterson erwähnt kurz einen australischen Philosophen, auf den ihn ein Zuhörer aufmerksam gemacht habe und dessen Name er vergessen habe. Dieser Philosoph habe in seinem Buch im wesentlichen geschrieben, dass das menschliche Leben so korrupt und so mit Leiden durchdrungen sei, dass es besser wäre, wenn es es nie gegeben hätte. ((Bei dem australischen Philosophen könnte es sich um Peter Singer handeln. Der Artikel Should This Be the Last Generation? in der New York Times vom 6. Juni 2010  lässt dies vermuten. Allerdings ist Singer dort noch eher optimistisch im Vergleich zu dem von ihm erwähnten südafrikanischen Philosophen  David Benatar.  Singer findet Benatars Buch mit dem bezeichnenden Titel Better Never to Have Been: The Harm of Coming into Existence allerdings gut.  ))

Der Mephisto in Goethes Faust sei in ähnlicher Weise ein Ausdruck der fundamentalen Abneigung Satans gegen die Schöpfung und gegen deren Fehler. Diese Fehlern und das von diesen produzierte Leid, seien so groß, dass es die Schöpfung besser nicht gäbe und man sie vielleicht besser zerstöre.

Die Kernaussagen von Petersons Ausführungen über John Miltons Das verlorene Paradies ist, dass der  Satan das Sinnbild einer rationalen, intellektuellen Figur sei, die sich von Gott losgesagt hat, weil sie glaubt, auf Grund ihres eigenen rationalen Geistes und ihrer hohen Intelligenz Gott nicht nötig zu haben und selbst stark und klug genug zu sein.

Der Satan sei hier eine Figur, wie man sie sonst mit dem Motiv des bösen Wissenschaftlers, des bösen Beraters des Königs, oder z.B. auch mit dem Scar in König der Löwen finde.

Die Idee, dass Satan, der den rationalen Verstand verkörpert, der glaubt  ohne Gott auskommen zu können, vor seinem Sturz der höchste Engel im Reich Gottes gewesen sei, sei eine psychologische Idee: Die Vorstellung, dass der mächtigste Teil der menschlichen Psyche der Intellekt sei,  der alle Bereiche der Menschheit und des Lebens selbst überrage und über diesen strahle.

Aber der menschliche Intellekt habe einen Fehler: Er neigt dazu, sich in seine eigenen Produktionen zu verlieben und anzunehmen, dass sie vollständig und absolut sind.

Solschenizyn habe, als er Archipel Gulag schrieb,  mit Bezug auf die totalitäre Ideologie die Warnung ausgesprochen, dass der Preis, den man für den Verkauf seiner von Gott gegebenen Seele an die Verführungen menschlicher Dogmen zahle, Sklaverei und Tod sei.

In Miltons Das verlorene Paradies entscheidet Satan, dass er ohne das Transzendente, das heißt ohne Gott auskommen kann. Das ist der Grund, warum er die Rebellion gegen Gott organisiert. Die unmittelbare Konsequenz daraus ist aus Miltons Perspektive, dass Satan sich in der Hölle befindet, sobald der denkt, dass das was er weiß, ausreicht und dass er das Transzendente nicht benötigt.

Peterson hat Miltons Das verlorene Paradies im Rahmen seines Studiums des Totalitarismus gelesen.  Manche, vor allem Dichter wie John Milton und Fjodor Dostojewski, aber auch Friedrich Nietzsche  seien sehr gut im Erkennen von Mustern und könnten über Jahrhunderte sehen, wie sie sich Muster wie eine Melodie einer Nation entwickeln. Nietzsche habe z.B. schon um 1860 vorhergesagt, dass der Kommunismus im 20. Jahrhundert Millionen Menschen töten würde. (( Das hat im wesentlichen auch der Soziologe William Graham Sumner, z.B.  in seinem Essay  Witchcraft  , in dem er zunächst die Geschichte Hexenverfolgung beschrieben hat, um dann zu dem Schluss zu kommen, dass die Bewegründe und Tendenzen weiterhin vorhanden sind, und dass damit zu rechnen sei, dass insbesondere die Sozialisten in Zukunft im Prinzip Hexenverfolgungen veranstalten würden, vor allem wenn die Ressourcen knapp würden. Die NationalSOZIALISTEN in Deutschland, mit ihrer Judenverfolgung und auch die Kommunisten in Russland mit der Verfolgung bestimmter Opfergruppen passen beide in dieses Raster. ))

Milton, der in der Zeit des Anfang der Aufklärung der Entwicklung der modernen Wissenschaft und Technik gelebt habe, habe jedenfalls wohl erkannt, dass die Menschen durch die  Entwicklung von zunehmend erfolgreicherer Rationalität und Technologie Systeme entwickeln würden, die auf Gott verzichten und die vollständig rational und absolut total würden. Alles was diese Systeme berühren würden, würde aber nicht mehr von der Hölle zu unterscheiden sein.

Miltons Warnung, die er in seinem Gedicht verpackt hat ist, dass der rationale Verstand, der etwas produziert und dieses Produkt dann als etwas Absolutes anbetet,  unmittelbar Teil der Hölle wird.

Ein Denkfehler von Karl Marx und die Bankenrettung

Peterson stellt die rhetorische Frage, was die in John Miltons Das verlorene Paradies verpackten, oben erläuterten Einsichten über den Rationalen Verstand und seine Produkte mit der Wirtschaftskrise 2008 und der damals erfolgten “Bankenrettung” zu tun hätten.

Die Antwort ist, dass er lange über die damals im Zusammenhang mit dem Finanzsystem und den großen, vom Bankrott bedrohten Banken populäre Idee des “too big to fail” (dt. Zu groß um sie pleite gehen zu lassen) nachgedacht habe.

Eine Erkenntnis dabei sei gewesen, dass Karl Marx sich mit seiner Theorie der zunehmenden Akkumulation des Kapitals sehr grundlegend geirrt habe. Nach dieser Theorie wird immer mehr Kapital in der Hand von immer weniger Marktteilnehmern konzentriert.  Wie vieles was Marx gesagt habe, sei diese Theorie teilweise richtig. Aber eben nur teilweise. In der Realität sei es schon so, dass sich Kapital gemäß einer Pareto-Verteilung konzentriere. Das heißt im wesentlichen, dass schließlich ein relativ kleiner Teil der Bevölkerung den größten Teil des Kapitals und der Güter besitze. Das treffe aber zunächst nicht nur auf Geld zu, sondern auf alles was Menschen kreativ produzieren. Die Wirtschaftswissenschaftler nennen das in Anlehnung an das Gleichnis mit den drei Knechten im Matthäus-Evangelium (Matth.  25,14-29)  Matthäus-Effekt. (“Denn jedem, der da hat, wird noch hinzugegeben, so dass er Überfluss hat, wer aber nicht hat, dem auch noch das genommen werden, was er hat“).  Insofern hatte Marx recht.

Der Punkt auf den Peterson nun hinweist ist, dass es sich zunächst nicht nur um eine spezifische Eigenschaft kapitalistischer Systeme handelt, sondern um eine Eigenschaft, die wie ein Naturgesetz für  alle Systeme zutrifft, in denen kreativ produziert wird.  Man kann die Verteilung von Reichtum mit denselben physikalischen Gleichungen modellieren, die man für die Berechnung der Verteilung von Gasmolekülen im Vakuum verwendet. Jedenfalls folgt die sich herausbildende Verteilung von Reichtum grundlegenden Gesetzmäßigkeiten.

Es gibt aber Gegenbewegungen.  Wenn die Verteilung von Reichtum zu extrem wird, destabilisiert sich das System. Man braucht daher eine intelligente Diskussion zur Milderung der entstehenden Ungleichheiten.  Die besonders Erfolgreichen werden also vernünftigerweise schon aus Eigeninteresse zu extreme Ungleichheiten mildern. Mir fällt dazu z.B. die deutsche soziale Marktwirtschaft ein, die auch als Rheinischer Kapitalismus bekannt ist,  die man vor der Globalisierung in Deutschland hatte. Wahrscheinlich ist es für einen sozialen Kapitalismus wichtig, dass die Reichen und Erfolgreichen zu ein und derselben Volksgemeinschaft und Nation wie die Armen gehören. Das Ziel der Einführung und Förderung ethnischen und kultureller Vielfalt, also Mulitikulti und “Buntheit” kann man so als kaltblütige Angriffe auf die Grundlagen der sozialen Marktwirtschaft sehen, weil man damit Reiche und Arme entfremdet und dazu auch noch neue Gruppen von Sündenböcken einführt. So gesehen wären dann CDU/CSU, SPD, Linke und Grüne willige Handlager eines gnadenlosen internationalen Raubtierkapitalismus, dessen Ziel es ist, Begrenzung und Milderung der Wohlstandsunterschiede, die man einst in Deutschland hatte, aufzuheben – und dessen Ziel es damit ist, dafür zu sorgen, dass Karl Marx in diesem Punkt am Ende doch recht bekommt.

Jordan Peterson weist aber auf noch ein Phänomen hin, wegen dem Karl Marx sich geirrt hat:

Die Verteilung des Reichtums bzw. des Kapitals entspricht zwar immer einer mehr oder weniger gut durch kluge Steuer, Wirtschafts und Sozialpolitik gedämpften Pareto-Verteilung.  Das heißt, die Größe der Gruppe, die über die Masse des Kapitals verfügt, bleibt gleich ABER, die Zusammensetzung dieser Gruppe ändert sich. Reiche und Erfolgreiche werden wieder arm und erfolglos und Arme steigen auf und werden erfolgreich und reich. Es sei wie Wasser, das durch einen Abfluss fließt und einen Strudel bildet. Der Strudel bleibt gleich, aber die Wassermolekühle sind immer wieder andere. Wer etwas älter ist und etwas nachdenkt, dem fallen eine ganze Reihe von Namen von einst großen Firmen und Superreichen ein, die gescheitert sind, während einem ebenfalls viele Namen von neuen großen Firmen und neuen Superreichen einfallen.

Abhängig von der Wirtschaftskultur ist die Verteilung unterschiedlich, aber die Gruppe des einen Prozent der Reichsten bleibt immer gleich groß während es innerhalb des obereren 1 % einige beträchtliche Veränderungen der Zusammensetzung gibt.

Einer der Gründe dafür ist, dass Dinge größer und größer und dann irgendwann zu groß werden und dann kollabieren.  Im Bezug auf die drohenden Bankenpleiten bei der Wirtschaftskrise 2008 hätten die Politiker daher  nach Jordan Peterson nicht sagen dürfen “too big to fail”,  sondern “so big, that they have to fail”. Auf Deutsch:  nicht “zu groß, um sie scheitern zu lassen”, sondern “so groß, dass sie scheitern müssen”.   Die Geschichte vom Turmbau zu Babel soll dies verdeutlichen.

Die Geschichte vom Turmbau zu Babel ist eine Warnung, die Expansion eines Systems so weit gehen zu lassen, dass sie alles umfasst. Es ist eine Warnung vor totalitären Systemen.

Die EU und andere Eine-Weltphantasien

Der Turmbau zu Babel war auch der Vorsatz, eine Struktur zu bauen, die “bis zum Himmel reicht” und die damit die Rolle Gottes ersetzen kann.  Es war die Idee, eine Struktur zu bauen, die den Unterschied zwischen Himmel und Erde aufheben kann, eine Struktur, die den Himmel selbst ersetzen kann.

Die Tatsache, dass das nicht funktioniert hat und dass Gott etwas dagegen hatte, ist ebenfalls außergewöhnlich interessant.

Peterson meint dann,  etwas was man aus der Geschichte des 20. Jahrhunderts hätte lernen sollen, aber natürlich nicht gelernt habe, sei die Gefahr zu erkennen, die in totalitären, utopischen Visionen liege. Dostojewski habe darüber in seinem Buch Notizen aus dem Kellerloch geschrieben. Er habe im frühen 19. Jahrhundert herausgefunden, dass es etwas sehr Pathologisches in utopischen Visionen gäbe, das grundlegend menschenfeindlich sei. In Notizen aus dem Kellerloch zerstöre er die Idee von Utopien. Eine der Sachen, die er gesagt habe sei, “stellen Sie sich vor, dass das sozialistische Utopia realisiert wurde, und dass die Menschen nichts anderes mehr zu tun haben als zu essen, zu trinken und sich mit der Fortpflanzung der Art zu beschäftigen. Das erste, was die Menschen machen würden, wäre dann verrückt zu werden und das System zu zerstören. Einfach so, damit etwas Unerwartetes und Verrücktes passieren kann, weil menschliche Wesen keinen utopischen Komfort und keine utopische Gewissheit wollen, sondern Abenteuer, Chaos und Unsicherheit. Daher sei bereits die Idee einer Utopie menschenfeindlich. Menschen seien nicht für statische Utopias geschaffen. Wir sind für dynamischen Situationen gebaut, in denen Anforderungen an uns gestellt werden und in denen es ein optimales Maß an Ungewissheit gibt.

Wir wissen, was im 20. Jahrhundert durch die weite Verbreitung utopischer Ideen passiert ist. Was passiert ist, war Unglück in einem Ausmaß, dass es nie zu vor in der Geschichte der Menschheit gegeben hat.

Man hat mit der Geschichte vom Turmbau zu Babel jedenfalls sehr früh in er Bibel eine Warnung vor kollektiver Überheblichkeit.  Man hat damit auch einen Hinweis darauf, dass gut funktionierende Systeme eine vernünftige Größenordnung haben.

Peterson hatte in der Woche einen Artikel im Economist gelesen, in dem sich die Autoren sich über die Zunahme nationalistischer Bewegungen überall auf der Welt als Reaktion auf die Globalisierung wunderten.  Am meisten sei das wohl in der EU der Fall.  Aus der Sicht von Jordan Peterson ist das auch ein “Turm-zu-Babel-Phänomen” – vor allem im Bereich der EU. All diese Vielfalt unter dem Schirm der Einheit zusammenzubringen bedeute zugleich ein System zu schaffen, in dem die Spitze so weit von Boden entfernt ist, dass der Boden keine Verbindung zur Spitze hat.  Sozialsysteme müssen groß genug sein, um einen zu schützen, aber zugleich müssen sie so klein sein, dass man noch einen Platz in ihnen hat. Was in der EU passiere sei, dass die Entfernung zwischen dem normalen, typischen Bürger und der Bürokratie so groß geworden sei, dass sie destabilisierend wirke. Daher würden Menschen zurück zu nationalistischen Identitäten wollen, weil diese etwas wären wozu die Leute eine Beziehung haben können. Die Nationen hätten eine Geschichte und eine von den Bürgern gemeinsam geteilte Identität, der Sprache und der Tradition. Sie sei keine künstliche, abstrakte,  von der Obrigkeit übergestülpte Konstruktion.  (( Oh je. Jordan Peterson hat da wirklich sehr romantische Vorstellungen von dem, was heute noch Europas Nationalstaaten und Völker sind.  Deutschland und Frankreich sind auf dem Weg in eine Zukunft, die eine Mischung aus Jean Raspails Heerlager der Heiligen,  aus William R. Forstchens One Second After: Die Welt ohne Strom und aus dem von dem Zustand, den der Ethnologen Colin Turnbull in seinem Buch Das Volk ohne Liebe. Der Soziale Untergang der Ik beschrieben hat. Aber das alles ist nach über 70 Jahren extremem Überfluss und Frieden wohl auch einfach menschlich. Das heißt, wie schwarz die Zukunft wirklich ist, ist ungewiss. Am besten wird die Zukunft aber wenn man sie so schwarz wie möglich sieht und dann kaltblütig und entschlossen versucht das beste aus der Lage zu machen. ))

Peterson unternimmt dann noch einen Ausflug in die Welt der mesopotamischen und  ägyptischen Gottheiten.  Offenbar hatten auch die alten  Ägypter schon heraus gefunden, dass nicht nur die Natur sondern auch ein zu viel an Bürokratie und menschlicher Organisationen  eine Gefahr für die Gesellschaft sind.

Das Scheitern großer sozialer Revolutionen

Ab [35:30] erwähnt Peterson, dass es einen Ruf nach Demut in Sachen sozialer Manipulation gebe. Zu den Dingen, die er als Sozialwissenschaftler gelernt habe, gehöre die Warnung, die er insbesondere auch von großen Sozialwissenschaftlern gelernt habe, dass man sehr vorsichtig im Bezug auf groß angelegte Experimente mit großen Systemen sein solle. Der Grund sei, dass die Wahrscheinlichkeit vernachlässigbar klein sei, dass ein Schema, das man sich ausgedacht und in einem großen Sozialsystem implementiere, dass zu dem beabsichtigten Ergebnis führe. Es würde etwas passieren, was man nicht beabsichtigt habe und, schlimmer noch, es würde [oft] das Gegenteil von dem bewirkt, was man ursprünglich beabsichtigt habe. Das mache Sinn, weil wenn man ein sehr komplexes System habe, und wenn dieses störe, sei die Wahrscheinlichkeit, dass man die Folgen der Störung vorhersagen könne, offensichtlich außergewöhnlich niedrig.

Wenn ein System funktioniert und man denkt, man würde es verstehen, weil es funktioniert und man denkt, es sei einfacher als es tatsächlich ist, dann führen Manipulationen an einem Modell, das man von dem System hat zu anderen Trugschlüssen. Die Veränderungen am System, die am Modell zu den beabsichtigten Ergebnissen führen bewirken dann, wenn man sie auf das wirkliche System überträgt, andere, unerwartete oder sogar dem beabsichtigten Ziel entgegengesetzte Ergebnisse.

Er, Peterson habe sich sehr mit dem Problem der Beeinflussung  von Sozialsystemen beschäftigt und viel darüber nachgedacht. Resultat seiner Überlegungen sei, dass man um erfolgreich Sozialsysteme zu ändern im Bereich seiner Kompetenz bleiben müsse. Das würde Demut erfordern. Das aber sei eine Tugend, die in unserer modernen Kultur nie gefördert werde. Es sei eine Tugend, über die man kaum sprechen könne. Aber Demut bedeute, dass man vielleicht nicht so gescheit ist wie man denkt. Und, dass man vorsichtig sein sollte.

Die Frage sei nun, gut, man sollte vorsichtig sein, aber man möchte trotzdem Gutes tun und einige positive Veränderungen bewirken. Wie können man vorsichtig sein und Gutes bewirken? Er würde sagen, man sollte nicht die Grenzen seiner Kompetenz verlassen. Man sollte klein anfangen. Man sollte mit Dingen beginnen, die man tatsächlich beeinflussen könne, die man tatsächlich verstehe und die man tatsächlich in Ordnung bringen könne.

Karl Jung habe gesagt, moderne Menschen würden Gott nicht sehen, weil sie nicht niedrig genug sehen. Das sei eine sehr interessante Phrase.

Eine der Ideen die er online vorschlage, sei, dass man seine Versuche, etwas in Ordnung zu bringen auf das begrenzen sollte, was man zur Hand hat. Da wären wahrscheinlich Dinge an einem selbst, die man in Ordnung bringen könne. Dinge, von denen man wisse, dass sie nicht in Ordnung seien, von denen man selbst der Meinung sei, dass sie nicht in Ordnung seien. Vielleicht seien das einige Dinge in der eigenen Familie, die man in Ordnung bringen könne, aber das würde schwierig.  Das Problem sei ,dass die Dinge zurückschlagen würden. Es sei schwierig, sich selbst in Ordnung zu bringen.  Es sei sehr schwierig seine Familie in Ordnung zu bringen. Warum zur Hölle, denke man, dass man die Welt in Ordnung bringen könne? Die Welt sei doch offensichtlich komplizierter als man selbst oder die eigene Familie. Wenn man mit seinen Versuchen, das eigene Haus in Ordnung zu bringen gescheitert sei – was  selbstverständlich der Fall sei – dann sollte es einen sehr argwöhnisch gegenüber dem machen, was man denkt, wenn man seine Pläne zur Ankündigung breit angelegter sozialer Revolutionen macht.

Nun es sei eine eigenartige Sache, denn so würde es nicht laufen. Es sei sehr viel wahrscheinlicher, dass Menschen ihre großartigen Pläne zur Ankündigung breit angelegter sozialer Revolutionen verkünden, als dass sie sich oder ihre Familie in Ordnung bringen. Peterson denkt, der Grund dafür sei, dass das System  sofort zurücktritt, wenn sich sich selbst oder ihre Familien in Ordnung bringen wollen. Wenn man dagegen seine Pläne für eine breit angelegte soziale Revolution verkünde, sei die Zeitverzögerung zwischen der Verkündung und dem Zurücktreten  so groß, dass sie nicht wahrnehmen würden, dass es irgendwelche Fehler gibt. Man könne daher eine längere Zeit davonkommen, ohne dass einem etwas auf die Füße falle. Es sei auch eine Einladung zur Überheblichkeit, weil man seine Pläne zu groß angelegten sozialen Revolutionen betrachten und dabei zurücktreten, sie betrachten und nicht vom Blitz getroffen werde, so dass man sich sagen könnte, “gut, ich könnte recht haben” – obwohl man sich sehr ernsthaft irrt. Man könnte denken “Gut – ich könnte recht haben” – wie wundervoll ist das, besonders weil man keinerlei Anstrengungen dafür unternehmen muss.

Peterson meint sehr grundsätzlich, dass dies das ist, was die Universitäten nun ihren  Studenten beibringen, und er meint, dass dies absolut erschreckend sei. Er denkt, dass es schrecklich gefährlich sei. Er meint dass, weil es nicht so einfach sei Dinge in Ordnung zu bringen, insbesondere wenn man ihnen nicht verbunden und verpflichtet ist.

Er denke, man weiß ob man einer Sache verbunden und verpflichtet ist, weil das, was man dann tue sei zuerst sein eigenes Leben in Ordnung zu bringen. Das sei genug, so wie er meint, dass im Neuen Testament ein Statement sei, dass es schwieriger sei sich selbst zu regieren als die Stadt zu regieren. Das sein nicht nur eine Metapher, es sei real, wie wie alle wissen, die sich selbst gegenüber Neujahrsversprechen über Veränderungen der Ernährung oder Vorhaben regelmäßig Sport zu treiben gemacht haben und die dann gemerkt habe wie schwierig es ist, die eigenen Impulse zu regeln und sich selbst zu kontrollieren und sich einer wohl strukturierten, aufmerksamen Struktur von Werten unterzuordnen.

Das sei ausserodentlich schwierig und daher würden die Leute es nicht tun, sondern abschweifen und Türme zu Babel bauen. Die Geschichte zeige, dass die Dinge unter ihrem eigenen Gewicht kollabieren und dass jeder seinen eigenen Weg geht.

Zerfall durch Vielfalt am Beispiel der LGBT-Gemeinschaft

Er denkt, er sieht, dass dies mit LGBT-Gemeinschaft passiert (Lesben-Schwule-Bisexuelle-Transgender). Eine Sache, die ihm aufgefallen sei, und die sehr interessant sei, sei – es ist keine wirkliche Gemeinschaft, sondern eine Gruppierung von Aussenseitern. Was man dabei über die Jahrzehnte bemerke sei, dass die Liste der Akronyme immer länger werde,  weil es wohl eine unendliche Anzahl Möglichkeiten, ein  Außenseiter zu sein, gebe. Wenn man erst einmal die Tür zur Konstruktion einer Gruppe öffnet, die dadurch charakterisiert ist, dass die Mitglieder sich nicht in die Gruppe einfügen, dann schafft man eine Kategorie die unendlich erweiterbar ist. Er wisse nicht, wie lang die Liste der Akronyme momentan sei, es hänge von der Liste ab, die man zu Rate zieht, aber er hat Listen mit 10 und mehr Akronymen gesehen. Eine Sache, die passiere sei, dass die Gemeinschaft beginnt sich intern zu fragmentieren, weil es keine Einheit gibt. Wenn man erst einmal eine ausreichende Vielfalt unter die beschützende Struktur eines einzigen Schutzschirms bringt, dann beginnt die Uneinheitlichkeit von innen heraus zu entstehen. Das ist seines Erachtens auch eine Manifestation derselben Geschichte – des Turmbaus zu Babel.

Soweit Jordan Pertersons Interpretationen der Geschichte vom Turmbau zu Babel.

Meine eigenen Überlegungen

Beim folgenden Abschnitt handelt es sich um meine eigenen Gedanken zum Thema Turmbau zu Babel.

Energie- und Komplexitätskosten der Einheit

Zunächst fällt mir auf, dass das erklärte Ziel des Turmbaus zu Babel darin besteht, ein Denkmal oder eben auch ein Symbol zu errichten, um die Einheit der Bevölkerung zu erhalten. Das Brennen der Ziegel und das Bauen selbst sind damit ein Aufwand an Energie und Arbeit, um die Einheit zu erhalten. Es sind Kosten, die als nötig erachtet werden, um die Komplexität der Gesellschaft zu erhalten. Gleichzeitig ist der Bau des Turmes nur durch die Einheit und die gemeinsame, einheitliche Sprache der Menschen möglich. Die Einheit der Gesellschaft gibt dieser also Möglichkeiten und Macht selbst “einen Turm dessen Spitze bis zum Himmel reicht” zu bauen.  Gott gefällt das nicht, weil er noch weiter gehende Machtdemonstrationen der Menschen befürchtet. Er zerstört daher die Einheit, indem ER hinab zu den Menschen fährt und ihre Sprachen verwirrt, so dass diese sich untereinander nicht mehr verstehen.

Ist nicht auch Deutschland schon viel zu groß?

Das zentrale Problem Deutschlands, das zu den beiden Weltkriegen im 20. Jahrhundert geführt hat war, dass die Kombination von Bevölkerungsgröße, Besonderheiten der Kultur und Tugenden UND der Verfügbarkeit und Nutzung großer Mengen billiger fossiler Energieträger eine Einigung Deutschlands mit Blick auf die Bedrohung durch benachbarten Großmächte Frankreich und Russland einerseits wünschbar, anderseits aber auch sehr gefährlich gemacht hat. Das große Problem des 1871 neu gegründeten deutschen Reiches war, dass es für die Fähigkeiten der Nachfolger des Trios aus Otto von Bismarck, Wilhelm dem I. und deren Generalstabschef Helmut v. Moltke, zu mächtig war und durch die Kombination aus Macht und geopolitischer Lage zu kompliziert war.  Man könnte es so sehen, dass Deutschland von der Regierungszeit von Kaiser Wilhelm II. bis zum Ende der Regierung Adolf Hitlers immer wieder versucht hat, die durch die Einheit gegebenen Möglichkeiten  dazu zu nutzen “Türme, die bis in den Himmel reichen” zu bauen. Das hat zu spektakulären Fehlschlägen geführt, die sich in Form der deutschen Kapitulationen von 11.11.1918 und vom 8./9.5.1945 und deren Folgewirkungen geäußert hat.

Andere Beispiele zu großer Reiche in Europa

Weitere Beispiele aus der europäischen Geschichte die zeigen, dass große Reiche und Staaten in Europa nicht die Stabilität und den dauerhaften Frieden bringen, den man sich von ihnen verspricht:

  • Der Zusammenbruch des napoleonischen Reiches
  • Der Zerfall des Reiches der Habsburger unter Karl V.
  • Der Zerfall des kalingischen Reiches nach dem Tod Karl des Großen
  • Der Zerfall des Römischen Reiches
  • Der Abfall britischen Kolonien in Nordamerika von England, und die daraus folgende Entstehung der USA
  • Der Zerfall des britischen Empires im 19. Jahrhundert,
  • Die Trennung  Norwegens von Dänemark und dann von Schweden
  • Der Zerfall der Sowjetunion
  • Der Zerfall Jugoslawiens.

Vor diesem ganzen Hintergrund ist es unverständlich, dass man als angebliche Lehre aus der Geschichte die Schaffung eines einigen Europas bzw. eines europäischen Superstaates fordert und erhebliche Mittel in dieses Projekt investiert.

Vor dem Hintergrund dieser vielen Fehlschläge verwundert der Enthusiamus, die viele im Bezug auf Europa und die EU haben, vor allem wenn man bedenkt, dass die von den Nationalstaaten verursachten Kriege bereits Symptome eines “Turmbau zu Babel”-Effektes waren.

Der Nutzen großer staatlicher Gebilde und Staatenbünde

Der Nutzen großer staatlicher Gebilde und Staatenbünde besteht im übrigen nur aus zweierlei:

  • Senkung der Produktionskosten für Massenproduktionen. Das macht aber nur Sinn, wenn und solange man genug billige Energie hat. DAS war für mich der wichtigste Grund für die Einigung und später für die Wiedervereinigung Deutschlands. Ein Problem dabei ist allerdings, wie ich schon in Nach dem Fortschritt zu zeigen versucht habe, dass eine Einheit von Wirtschaftsgebieten, die wirtschaftlich stärkeren Regionen und Standorte bevorzugt und ärmen Standorten durch Abwanderung und Verarmung schadet.  Man benötigt dann einen wirtschaftlichen Ausgleich, der nur innerhalb von durch Blutsverwandschaft definierten Gebieten ohne Hass möglich ist. Das ist der Grund, warum die EU abzulehnen ist und zwangsläufig scheitern wird. Ein zusätzlicher Grund für das Scheitern der EU wird sein, dass die für Massenproduktion und Belieferung überregionaler Märkte notwendige Energie zunehmenden knapper wird. Die EU wird damit die für ihre Erhaltung in Form von Energie und Geld erforderlichen Kosten immer weniger einbringen. Schließlich werden immer mehr Staaten die EU aufgeben müssen, weil man die knapper werdenden Mittel lokal dringender benötigt.
  • Steigerung der militärischen Stärke angesichts mächtiger Feinde. Das ist der Aspekt den Peter Turchin in seinem Buch Ultrasociety: How 10,000 Years of War Made Humans the Greatest Cooperators on Earth als den eigentlichen kulturevolutioinären Faktor für die Entstehung größerer menschlicher Gemeinschaften, Staaten und Religionen sieht. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass große Staaten und Staatensysteme zerfallen, wenn sie offensichtlich oder voraussichtlich den polizeilichen und militärischen Schutz, den man sich von ihnen erhoft, nicht mehr gewährleisten können.  Deutschland ist längst in dieser Richtung unterwegs. Weder Polizei noch Militär können in Deutschland die Bürger heute noch in einer Krise oder in einem Krieg wirklich schützen. Eine EU-Armee würde noch ineffizienter und noch weniger glaubwürdig sein, weil ihre Komplexitätskosten durch die damit einhergehende Sprachverwirrung noch größer wäre. Selbst die USA drohen zu zerfallen und sich zu balkanisieren, wie John M. Greer in seiem Roman Twilight’s Last Gleaming und James H. Kuntler in seiner World Made by Hand Romanreihe es für irgendwann in den nächsten 10 bis 15 Jahre annehmen. Ob Donald Trump diese Tendenz stoppen kann bleibt abzuwarten. In Europas Geschichte gibt es zudem genug Beispiele für zeitweise Allianzen von Streitkräften. Beide Weltkriege, der Krieg gegen das Frankreich Napoleons, der 30-jährige Krieg und die Kriege gegen die Türken liefern Beispiele für solche Allianzen.
Weitere Quellen zu Thema Energie- und Komplexitätskosten

An dieser Stelle, zum Thema Energie- und Komplexitätskosten der Einheit großer Staaten möchte ich auch auf folgende Artikel meiner Webseite hinweisen:

Falls sich jemand mehr für dieses Thema interessiert könnte auch das Buch Seeing Like a State: How Certain Schemes to Improve the Human Condition Have Failed von James C. Scott hilfreich sein. Prof. Tainter hatte einige Kapitel daraus in der Ankündigung von einem seiner Seminare als Pflichtlektüre angegeben. Es gibt im Internet auch eine kostenlose pdf-Version auf Libcom.org.  Tainter und Scott behandeln im Grunde beide auch Aspekte der “Turmbau zu Babel”-Geschichte. 

Fazit

Die Geschichte zum Turmbau zu Babel ist auf vielfältige Weise für Deutschland und Europa höchst aktuell.

Auf allen Ebenen und in allen in allen Bereichen der Gesellschaft könnte es hilfreich sein, über die verschiedenen Aspekte dieser Geschichte nachzudenken.

Der Turmbau zu Babel, war, wie alle seine Nachfolgeprojekte, eine Fehlinvestition. Der einzig mögliche Gewinn war die Einsicht, dass man das Projekt gar nicht erst hätte beginnen sollen, oder dass man dass Projekt so früh wie möglich hätte abbrechen sollen.

Als Gegengewicht zur Geschichte vom Turmbau zu Babel möchte ich zum Schluss auf meinen Blogbeitrag über Leopold Kohr, vom 27.  Juni 2016, hinweisen:  Leopold Kohr – Leben nach menschlichem Maß.

Kelberg, den 6. Oktober 2017

Christoph Becker

 




Noahs Fluch – vom Umgang mit der Geschichte

Morgens vor der Bundestagswahl am 24. September 2017 hatte ich zufällig damit begonnen, mir den Vortrag Biblical Series VIII: The Phenomenology of the Divine des kanadischen Psychologieprofessors und klinischen Psychologen Jordan Peterson, vom 18.  Juli 2017, anzuhören. Am Anfang dieses Vortrages, etwa von [4:50] bis Minute 16, schließt Peterson seine Ausführungen über Noah und die Sintflut mit der Geschichte von Noahs Fluch und Segen ab (1. Mose 9, 17-27. (( Die Internetseite von Jordan Petersons Bibel-Serie ist jordanbpeterson.com/bible-series/ .  Den jeweils 2-stündigen Vorträgen folgte jeweils etwa eine halbe Stunde für Fragen und Antworten. Die Vorträge fanden bzw. finden in einem Theater in Toronto statt und wurden danach alle Online zugänglich gemacht. Von  Mai bis August 2017 wurden 12 Vorträge gehalten. Alleine für die Sintflut und Noah waren ursprünglich die beiden Vorträge The Psychology of the Flood und Walking with Good – Noah and the Floodalso insgesamt 4 Zeitstunden Vortrag und eine Stunde Fragen und Antworten vorgesehen, wobei Peterson sich aber nicht immer genau die durch den Titel gegebene Vorgabe hält, so dass er z.B. den Abschluss der Geschichte Noahs und anschließend die Geschichte vom Turmbau zu Babel am Anfang des 7. Vortrages The Phenomenology of the Divine behandelt. Ein wichtiges Konzept Petersons ist, dass die Bibel ein komplexes Netzwerk untereinander  verbundener Geschichten tiefer psychologischer Bedeutung ist.  ))

Noahs Fluch

Die deutsche Version der zugehörigen Bibelstelle (1. Mose 9,18-27) habe ich der Bibelübersetzung von Herman Menge entnommen. Zitat  (Online-Version):

18 Die Söhne Noahs, die aus der Arche gingen, waren Sem, Ham und Japheth; Ham aber ist der Vater Kanaans. 19 Diese drei waren die Söhne Noahs, und von diesen aus ist die ganze Erde bevölkert worden (= stammt die ganze Erdbevölkerung ab). 20 Noah aber wurde nun ein Landmann und legte auch einen Weinberg an. 21 Als er dann aber von dem Weine trank, wurde er trunken und lag entblößt in seinem Zelt. 22 Als nun Ham, der Vater Kanaans, seinen Vater entblößt hatte daliegen sehen, erzählte er es seinen beiden Brüdern draußen. 23 Da nahmen Sem und Japheth das Obergewand (ihres Vaters), legten es beide gemeinsam auf ihre Schultern, traten rückwärts hinzu und bedeckten ihren entblößten Vater damit; ihr Gesicht aber war dabei abgewandt, so daß sie die Blöße ihres Vaters nicht sahen. 24 Als nun Noah von seinem Rausch erwachte und erfuhr, wie sein jüngster Sohn sich gegen ihn benommen hatte, 25 rief er aus: »Verflucht sei Kanaan! Der niedrigste Knecht soll er seinen Brüdern sein!« 26 Dann fuhr er fort: »Gepriesen sei der HERR, der Gott Sems! Kanaan aber soll sein Knecht sein! 27 Weiten Raum schaffe Gott dem Japheth, und er wohne in den Zelten Sems! Kanaan aber soll sein Knecht sein!«

Wie Peterson erklärt handelt es sich auch bei dieser biblischen Geschichte um eine tiefsinnige, zeitlose Beschreibung und Warnung. Die Geschichte von Noahs Fluch ist aktuell für fast alle europäisch stämmigen Bevölkerungen im Westen zutreffend und wichtig. Für die Deutschen und Deutschland ist sie meines Erachtens besonders wichtig.

Noah liegt also betrunken und entblößt in seinem Zelt. Seine Nacktheit bedeutet Verwundbarkeit und Sichtbarkeit der physiologischen Mängel und der besonderen, sonst nicht sichtbaren Fehler, wie sie von anderen beurteilt werden können.

Auf das Betrunkensein Noahs geht Peterson nicht extra ein, aber man könnte es im Sinne von Peterson so interpretieren, dass Noah zeitweise nicht ganz Herr seiner Sinne war, unvernünftig gehandelt hat und sich damit in diese beschämenden Lage gebracht hat. Was Peterson hier ebenfalls nicht ausdrücklich erörtert, ist das Detail, dass Noah bei alledem dennoch in seinem eigenen Zelt liegt.

Einen Aspekt, auf den Peterson eingeht und den er betont ist, dass Noah insgesamt doch eine sehr respektable und verdiente Persönlichkeit ist, die immerhin mit dem Bau der Arche seine Familie und damit die Menschheit sowie die an Land lebenden Tiere vor der Vernichtung durch die Sintflut gerettet habe.

Das Vergehen von Ham ist nun, dass er sich respektlos gegenüber seinem Vater verhält und seine Brüder  auf  die beschämende Situation des Vaters aufmerksam macht. Ham lässt andere, sich außerhalb des Zeltes des Vaters befindliche Personen, von der Schwäche des Vaters wissen.  Die sich zunächst außerhalb des Zeltes befindlichen Brüder, denen er von der Situation des Vaters erzählt,  zeigen wie Ham besser hätte handeln sollen: Sie vermeiden es, die Situation des Vaters zu betrachten und auszunutzen. Ihr Wissen von der Situation des Vaters nutzen sie nur, um ihn respektvoll zu bedecken, die Situation zu entschärfen und auch, um Noah beim Erwachen aus dem Rausch ein besseres Gefühl zu geben.

Warum verflucht Noah seinen Sohn Ham wegen dieser Begebenheit so heftig? Warum werden Ham und seine Nachkommen wegen dieser kleinen Geschichte dazu verdammt, Sklaven und Diener der beiden anderen Söhne Noahs zu werden?  Ein ‘ewiger’, ein ganzes Volk treffender und dessen Angehörige zu Sklaven und Dienern anderer Völker machender Fluch, nur weil ein Vorfahre seinen Vater nackt und betrunken in seinem Zelt gesehen und davon seinen beiden Brüdern erzählt hat?!

Wie Jordan Peterson erklärt, haben diese biblischen Geschichten alle einen tieferen symbolischen Sinn. Die Erklärung des symbolischen Sinns der Geschichte von Noahs Fluch über Ham und dessen Nachkommen ist der Folgende:

Die Person des  Vaters ist mehrschichtig. Der Vater ist zunächst einfach ein Mann wie jeder andere. Darüber hinaus ist der persönliche Vater aber auch ein Teil der eigenen Geschichte eines jeden. Er ist nicht nur der biologische Vater, sondern auch die Inkarnation des Geistes des Vaters. Er ist damit ein Teil der kulturellen Konstruktion eines jeden.

Indem Ham sich dem eigenen Vater gegenüber respektlos verhält und dessen ihm bekannt gewordene, beschämende Situation und Schwäche in dessen Zelt wahrnimmt und den außerhalb des Zeltes befindlichen Brüdern bekannt macht, verhält sich Ham seiner eigenen kulturellen Konstruktion und Geschichte gegenüber respektlos und schwächt sich und seine Nachkommen damit. Seine Brüder Sem und Japheth dagegen reagieren auf die ihnen bekannt werdende Schwäche und Verfehlung des Vaters mit großem Respekt vor diesem und versuchen, die peinliche Situation so respektvoll wie möglich diskret zu verdecken. Noah, ihr Vater, und damit auch ihre Geschichte und ein wichtiger Teil ihrer kulturellen Konstruktion, segnet sie daraufhin und sie und ihre Nachkommen gewinnen dadurch an Stärke.

Wie Peterson dazu mehrfach betont, geht es bei alledem nicht darum, Kritik an Verfehlungen und Schwächen der Vorfahren und der eigenen Geschichte zu unterbinden. Kritik sei wichtig, aber die Funktion von Kritik sollte nur darin bestehen, die Spreu vom Weizen zu trennen. Kritik sollte also dazu dienen, Schwächen und Verfehlungen der Vorfahren, und damit der eigenen Geschichte, zu erkennen, so dass man daraus lernen und sie in Zukunft vermeiden kann. Kritik solle zugleich dazu dienen, das gute und wertvolle an den eigenen Vorfahren und der eigenen Geschichte zu erkennen, zu bewahren, zu pflegen, zu ehren und weiter zu entwickeln.

In den westlichen Gesellschaften, und da ganz besonders auch an den Universitäten sei es heute üblich, dass Kritik an den eigenen Vorfahren und der eigenen Geschichte zu deren pauschaler Verdammung führe. Das sei sehr gefährlich, weil damit wichtige Teile der eigenen kulturellen Konstruktion zerstört würden. Der tiefe psychologische Sinn der Geschichte von Noahs Fluch und Segen (1. Mose 9, 17-27) besteht darin, vor solchen Zerstörungen der eigenen kulturellen Konstruktion zu warnen und damit zu helfen, sie zu vermeiden. Stattdessen sei es besser, dem Vorbild von Sem und Japheth zu folgen und mit der eigenen Geschichte respektvoll umzugehen und  damit die eigene kulturelle Konstruktion zu stärken.

Relevanz für Deutschland

Konkret im Bezug auf Deutschland konnte man dazu in der  Berliner Runde, am Abend nach er Wahl etwas Position [26:00] am Abend nach der Bundestagswahl vom 24. September 2017 ein krasses Beispiel erleben. Die Vorsitzende der Linken warf dort der AfD allen Ernstes vor, dass  einer der AfD-Vorsitzenden gemeint habe, man müsse stolz auf die Leistungen der deutschen Soldaten im 2. Weltkrieg sein. Anschließend offenbarte sie noch ihre Unkenntnis und Ignoranz der Geschichte, indem sie so tat, als wären die beiden Weltkriege ausschließlich von deutschem Boden ausgegangen und als handele sich dabei ausschließlich um deutsche Verbrechen und nicht, wie es in Wirklichkeit wohl war,  um eine schreckliche Tragödie, an deren Zustandekommen neben den Deutschen auch viele andere Staaten schuld waren.

Russland als Vorbild

Bei der Recherche zu meinem Artikel  Wie Journalismus funktioniert  hatte ich einen Redeausschnitt des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit dem Titel Polen ist mit schuld am 2. Weltkrieg – Wladimir Putin gefunden, der zu seiner Rede zum 70. Jahrestag des Ausbruchs des 2. Weltkrieges gehörte. Was mich sehr erstaunte, und was ich von einem Vertreter Russlands nicht erwartet hatte, war, wie kühl, nüchtern und kompetent Putin hier mit Fakten über die Vorgeschichte des 2. Weltkrieges aufwartete, die so gar nicht zur üblichen Propaganda passten. Am meisten beeindruckt hat mich dann seine Empfehlung, dass man sich doch bitte an die Fakten halten möge und dass Frieden und gegenseitiges Verständnis nur möglich seien, wenn man sich wirklich mit den Fakten befasse.

Bei der Recherche für  Wie Journalismus funktioniert  hatte ich dann auch noch die Rede von Gerd Schultze-Rhonhof – Der Krieg der viele Väter hatte – 7. AZK 29.10.2011. gefunden und angehört und ich habe dort auch noch einige Bücher erwähnt und verlinkt, die ich in der Vergangenheit zum Thema 2. Weltkrieg gelesen hatte.

Doch zurück zu Russland und Putin. Mit einer Suche nach “russland putin stalin denkmäler” fand ich z.B. den folgenden Artikel von Sebastian Christ in der Huffington Post vom 21.12.2015:  So gefährlich ist der neue Stalin-Kult in Russland. Daraus ein Zitat:

Der russische Präsident höchst selbst war es, der im Jahr 2007 die Geschichtslehrer des Landes aufgefordert hatte, neue Lehrbücher zu erarbeiten. Darin sollte Stalin als grausamer, aber erfolgreicher und rational handelnder Herrscher dargestellt werden, der Terror nur als Mittel zur Durchsetzung legitimer Ziele angewendet hat.

Schon zu dieser Zeit wurden in Russland nach Jahrzehnten wieder die ersten neuen Stalin-Denkmäler eingeweiht.

Präsident Putin wird wohl kaum Jordan Petersons Analyse und Erklärung zum Fluch Noahs gekannt haben, aber wie es scheint haben er und viele andere Russen diesen Aspekt der menschlichen Psychologie sehr gut erfasst und versuchen danach zu handeln. Stalin und der Kommunismus war eine schreckliche Tragödie für Russland, die Millionen Tote gekostet hat. Aber sie verdammen Stalin und sein Regime nicht einfach, sondern versuchen sich an einer rationalen Kritik ganz wie Jordan Peterson sie im Bezug auf die eigenen Geschichte empfiehlt. Stalin und der Kommunismus sind mit allem, was an Schrecklichem dazu gehört, Teil der russischen Geschichte geworden. Vielleicht hätte eine andere Entwicklung in Russland den 2. Weltkrieg insgesamt verhindert oder Russland verschont. Vielleicht wäre der deutsche Angriff von einer anderen Regierung an der Grenze locker abgewehrt worden. Man weiß es nicht, aber man weiß, dass der UdSSR mit Stalin der Sieg über die Deutschen gelungen ist und man weiß, dass Stalin damit die Russen vor dem bewahrt hat, was die Deutschen mit ihnen im Fall eines Sieges vorhatten (siehe Hungerplan und Generalplan Ost).

Soweit ich es erkennen kann, versuchen die Russen,  das Schreckliche und das Gute an Stalin und seiner Zeit zu sehen, während sie versuchen daraus zu lernen. Stalin und der Kommunismus waren und sind schließlich ein sehr wesentlicher Teil der russischen Geschichte.  Diesen Teil einfach komplett im Stil westlicher Gutmenschen zu verdammen und zu verachten würde Russlands soziale Konstruktion schwächen und es würden das Gedenken und Ehren des auch vorhandenen Guten verhindern. Stalin und seine Zeit waren halt gut und böse zugleich. Sie haben millionenfach Tod und Verderben gebracht und zugleich millionenfach davor bewahrt.  Vor diesem Hintergrund ist eine Statue von Stalin ein wirkliches “Denk mal”. Was spricht dagegen, diese beiden Seiten zu sehen? Wenn man will, dass sich keine der beiden  Tragödie wiederholt, weder die von Stalin verursachte, noch die von den Deutschen angedachte, vor deren voller Entfaltung Stalin die Russen gerade noch so gerettet hat, dann ist es vielleicht wirklich am besten,, die Geschichte mit Respekt und Ehrfurcht und doch nüchtern zu betrachten, um das Gute zu erkennen und zu bewahren, anstatt einfach alles aus dieser Zeit zu verdammen.

An dieser Stelle hatte ich ursprünglich einen Abschnitt mit dem Titel “Der Weiße Tiger”  stehen, der dann aber so lang wurde, dass ich daraus einen eigen Artikel gemacht habe: Der Weiße Tiger.

Die Siegesparade in Moskau 2017

Die auch dank Sputnik-News auch mit deutscher Übersetzung verfügbare Dokumentation von der russischen Siegesparade am 9. Mai 2017  mit einer Ansprache Putins ist eigentlich auch eine Parade zu Ehren der Leistungen der deutschen Soldaten. Warum?

Im Rahmen meiner Recherchen für Der weiße Tiger hatte ich mir auch den Wikipediabeitrag zum Thema des russischen Panzers vom  T34  und dann auch die für die auf deutscher Seite mit diesem konfrontierten Panzer IV, Panther und Tiger gelesen. (( Die Bennenung von Panzern nach Raubtieren ist offensichtlich eine Erfindung der Nazis, bzw. eine Wehrmachtstradition. Man müsste also eigentlich auch alle deutschen Panzer, wie Leopard, Marder, Puma, Wiesel und Fuchs umbenannt haben, um wirklich politisch korrekt zu sein. )). Die sowjetischen Panzer waren offenbar eben NICHT irgendwelcher billiger kommunistischer Schrott, in dem von teuflischen, hirnlosen Kommissaren in den Tod gehetzte arme, dumme Rotarmisten saßen. Die T34  waren oft qualitativ insgesamt gleichwertige oder auch überlegene Waffensysteme, die von durchaus  guten und tapferen Soldaten bedient wurden. Nimmt man dazu die extreme zahlenmäßige Überlegenheit der sowjetischen Panzer und Truppen, den notorischen Treibstoffmangel  (Blut für Öl) und die Ressourcenknappheit der deutschen Streitkräfte, und bedenkt dann noch, dass die Ostfront für die deutschen Streitkräfte nur eine von mehreren Fronten war,  dann ist es schon eine sehr große Ehre für die deutschen Soldaten und die Wehrmacht, dass die Russen selbst 72 Jahre nach der deutschen Kapitulation noch so eine wirklich beeindruckende Siegesparade  veranstaltet haben und ihren Sieg “im großen Vaterländischen Krieg” über die im Grunde zahlenmäßig, materiell und teilweise auch technisch unterlegenen Deutschen und deren wenige Verbündete so eindrucksvoll gefeiert haben. Der Sieg war für die Sowjets sehr hart erkämpft, wie auch die Zahlen der Infografik – Die Gefallenen des 2. Weltkrieges zeigen. Dass es Russland und die meisten Russen heute angesichts der damaligen deutschen Pläne heute nicht mehr geben würde, wenn Deutschland damals gewonnen hätte, kommt noch dazu.  Insofern haben sich der Krieg und die Opfer für die Russen auf jeden Fall sehr gelohnt. Der Sieg und das feierliche Gedenken an den Sieg  ist den Russen also sehr zu gönnen. Aber diese russische Siegesparade, 72 Jahre nach dem Krieg, war eben auch eine große Ehre für die deutschen Soldaten der Wehrmacht und der Waffen-SS, die trotz oft extremer zahlenmäßiger Unterlegenheit, trotz oft fehlender oder der Witterung nicht angepasster Ausrüstung, trotz technischer Mängel ihrer Waffensysteme,  trotz Treibstoffmangel, trotz Nachschubproblemen und langen Nachschublinien und trotz der Führungsfehler Hitlers so zähe, tapfere und gefährliche Gegner waren, dass ihre Gegner auch 72 Jahre nach dem Krieg diesen noch als großen vaterländischen Krieg sehen und noch immer den Sieg  mit einer solchen Parade feiern.

Wenn man in späteren Jahren einmal irgendwo an den Sieg über die heutige Bundeswehr oder auch über das gesamte heutige Westeuropa  gefeiert wird, wird das für die Sieger, wegen der Leichtigkeit des Sieges, wohl eher eine schon fast peinliche Kleinigkeit sein,  fast so wie die Eroberung eines Altersheims oder eines Mädchenpensionates.

Jedenfalls können sich die Soldaten der Bundeswehr, statt der verbotenen Erinnerungsstücke an die Wehrmacht auch einfach auf Youtube die russischen Siegesparaden ansehen und dazu ein paar Artikel über die logistischen Probleme, die zahlenmäßige Unterlegenheit, den Treibstoffmangel der deutschen Soldaten und über die Führungsfehler Hitlers durchlesen.

Dabei kann dann noch daran gedacht werden,  dass der Sieg über die eigentlich weit unterlegenen deutschen Streitkräfte auch nach über 70 Jahren  nicht nur in Russland, sondern auch in den Niederlanden, Belgien, Tschechien, der Slowakei und Frankreich ein gesetzlicher Feiertag ist. Das heißt man gönnt sich in diesen Ländern noch immer den Luxus des Ausfalls eines Arbeitstages, um letztlich der Leistungsfähigkeit der deutschen Soldaten zu gedenken.

Vor diesem Hintergrund ist es im Sinne von Jordan Petersons Ausführungen über den Fluch Noahs wirklich extrem irre und gefährlich, die Erinnerung an die Leistungen der deutschen Streitkräfte in Deutschland zu verbieten und aus den Kasernen zu verbannen. Eine Streitmacht die, wie die Wehrmacht und die Waffen-SS  trotz Ressourcenmangel, Ölmangel und zahlenmäßiger Unterlegenheit so extrem leistungsfähig war, dass der Sieg über sie auch nach über 70 Jahren noch so gefeiert wird, muss sehr viel Gutes, Vorbildliches, Bewundernswertes und Bewahrenswertes haben. Eine solche Streitmacht und deren Helden insgesamt zu verdammen und die Erinnerung an sie auslöschen zu wollen ist völlig unverständlich.  Vor allem, wenn man dann auch noch bedenkt, dass die künftigen Herausforderungen, denen sich Deutschland und andere Staaten Westeuropas gegenüber sehen werden, den Herausforderungen, mit denen die Wehrmacht konfrontiert war, sehr ähnlich sein werden. Stichworte: Treibstoffmangel, Ressourcenmangel, zahlenmäßige Unterlegenheit.

 Was werden spätere Generationen von uns denken?

Gerade die Generation der 68er und der noch später geborenen sollten bei ihrem “gut” sein wollen die Nase nicht zu hoch tragen, denn es hat vielleicht keine Generation so viel falsch gemacht und am Ende so viel Grauen und Elend zu verantworten wie diese – die sich doch so sehr ihren Vätern und Großvätern moralisch überlegen fühlte.

Hier dazu ein Zitat John M. Greer, aus meiner Übersetzung von Teilen von  Dark Age America, das ich aus meine Artikel In der Folge der industriellen Zivilisation hier hin kopiert habe:

Es liegt eine bittere Ironie in der der Tatsache, dass Krebs, eine vor eineinhalb Jahrhunderten relativ ungewöhnliche Krankheit …. eine typische Krankheit in der Industriegesellschaft geworden ist, deren Häufigkeit im Gleichschritt zunimmt mit unserem gedankenlosen entsorgen chemischer Gifte und radioaktiver Abfälle in unserer Umwelt. Was ist schließlich Krebs? Eine Krankheit deren Hauptmerkmal unkontrolliertes Wachstum ist.

Manchmal frage ich mich, ob unsere Nachkommen in der deindustrialisierten Welt diese Ironie ver­s‍tehen werden. Auf die eine oder andere Weise, da habe ich keine Zweifel, werden sie ihre eigene Meinung über das bittere Erbe haben, das wir ihnen hinterlassen. Wenn sie zurückdenken an die Menschen des zwanzig­s‍ten und des frühen einundzwanzig­s‍ten Jahrhunderts, die ihnen die unfruchtbaren Böden und geplünderte Fischgründe gaben, das Chaotische Wetter und die steigenden Ozeane, das vergiftete Land und Wasser, die Geburtsdefekte und Krebserkrankungen, die ihr Leben verbittern, wie werden sie an uns denken? Ich denke, ich weiß es. Ich denke, wir werden die Orks und Nazgûls ihrer Legenden sein, der kollektive Satan ihrer Mythologie, die frühere Rasse, die die Erde ruiniert hat und alles auf ihr, so dass sie ein unseliges Leben auf Ko­s‍ten der Zukunft genießen konnte.  Sie werden uns als böse Inkarnation erinnern – und aus ihrer Perspektive ist es ein in kein­s‍ter Weise leicht zu bestreitendes Urteil.

Wie Noahs Fluch treffen wird

Auf dem Weg in diese Zukunft wird  “Noahs Fluch” den Westen und da ganz besonders auch Deutschland treffen. Warum erklärt zunächst das Buch Kriegs-Kultur: Warum wir kämpfen: Die tiefen Wurzeln bewaffneter Konflikte von Martin von Creveld.  Dank der Verachtung und Respektlosigkeit gegenüber den eigenen Helden und den deutschen Streitkräften der beiden Weltkriege wird Deutschland nicht mehr ernsthaft verteidigt werden können – außer vielleicht mit auch von feigen Bürokraten einsetzbaren taktischen Atomwaffen, die dann aber ziemlich heftige Kollateralschäden verursachen. Dabei frage ich mich auch, was im Ernstfall mit den französischen und britischen Atomwaffen geschieht, wenn es zu einem Krieg mit muslimischen Ländern kommen sollte, wie ihn z.B. der ehemalige Oberstleutnant der USAF, Albert Clark, in seinem Roman The Price of Peace, skizziert hat. Wieweit haben heute Muslime die Kontrolle über französische oder auch über britische Atomwaffen und gegenüber welchem Staat werden diese Muslime im Ernstfall wirklich loyal sein?

“Der Fluch Noahs” wird meines Erachtens tatsächlich über Deutschland und die Deutschen kommen. Das heißt, es ist ziemlich wahrscheinlich, dass es in Zukunft sehr hilfreich sein könnte,  wenn man sich die Schwächung durch diesen Fluch nicht angetan hätte. Siehe dazu auch

Fazit:

Bei Urteilen über die eigenen Vorfahren, über die Helden und die Streitkräfte des eigenen Volkes und über die eigene Geschichte sollte man vorsichtig sein. Die im Westen und da ganz besonders auch in Deutschland heute übliche Verachtung und Respektlosigkeit gegenüber der eigenen Geschichte und der eigenen Vorfahren ist nicht nur dumm, arrogant und verwerflich, sondern auch sehr gefährlich.

Wie man es besser machen kann, zeigen die Russen und deren Präsident Putin. Man kann und sollte die Schwächen, Fehler, Verbrechen und Tragödien der Vorfahren kennen, aber man sollte dazu auch lernen warum und mit welchen Absichten es dazu kam. Wie ich zu zeigen versucht habe, kann der Umgang der Russen mit ihrer eigenen Vergangenheit und deren Feiern des Sieges über Deutschland, den Deutschen wieder mehr Respekt und Achtung vor der eigenen Geschichte geben. Es wäre für Deutschland und den Rest Westeuropas wichtig, zu einer positiven, das Gute der eigenen Geschichte erhaltenden und ehrenden und das Schlechte präzise erkennenden Kritik an der Geschichte zu kommen und damit  Noahs Fluch zu vermeiden.

Kelberg, den 3. Oktober 2017

Christoph Becker




Gordischer Knoten 2.0

Auf www.limitstogrowth.de erschien am 20. September der Artikel Summer Academy des Club of Rome (Gastbeitrag) und dazu in einem eigenen Fenster die unten stehende Grafik, mit einem Link auf den schon 2009 erschienen Artikel „Revisiting Limits to Growth After Peak Oil“ von von Charles Hall und John Day.

Der Artikel von Hall und Day zeigt, dass die Simulation in dem 1972 erschienen Buch Die Grenzen des Wachstums bisher verblüffend genau eingetroffen sind. Der Artikel geht auf die Kritik an den im Buch gezeigten Simulationen und auf Ursachen von Fehlinterpretationen ein.

Von den Kritikern der Grenzen des Wachstums übersehen wurde offensichtlich insbesondere:

  • Die Simulation zeigt, dass bis einige Jahre nach dem Jahr 2000 keine ernsten Problem zu erwarten sind. Die Ressourcen werden zwar messbar knapper (siehe auch Grafiken zum Thema Öl), aber die Lebensqualität, Wohlstand und Nahrungsmittelproduktion steigen noch. Krisen bzw. starke Einbrüche sind erst um 2020 und etwas später zu erwarten.
  • Durch die reichliche und lange Zeit zunehmende Verfügbarkeit von genügend preiswertem Öl und anderen fossilen Energieträgern konnte man in der Landwirtschaft und in anderen Bereichen die Produktion steigern und Probleme vermeiden.

Jedenfalls haben Hall und Day nun die Zeitskala eingefügt. Man erkennt gut, dass es nach dieser Simulation den nächsten Jahren verschiedene negative Entwicklungen geben dürfte. Insbesondere der Einbruch der Industrieproduktion und der Dienstleistungen pro Kopf würde das Deutschland sehr heftig treffen. Dies passt zur Prognose von George Friedman (( Epoch-Times am 19. Januar 2016:  „Deutschlands Abstieg in Bedeutungslosigkeit“ hat begonnen – erklärt US-Politologe )), der Deutschland in den nächsten Jahren den Abstieg in die Bedeutungslosigkeit vorhergesagt hat und auch zu Nate Hagens Präsentation.

Die Farben, Messgröße und Übersetzung der Linien in der Grafik:

  • blau = ressources: Ressourcen, Rohstoffe, also Öl, Erze usw.
  • braun = births: Geburtenrate
  • hellbraun = population: Bevölkerungsgröße
  • schwarz = deaths: Todesrate
  • lila = food per capita: Nahrungsmittel pro Kopf
  • orange = services per capita: Dienstleistungen pro Kopf
  • grau = industrial output: Industrieproduktion
  • grün = pollution: Umweltverschmutzung

Quelle: http://www.esf.edu/efb/hall/2009-05Hall0327.pdf
Grafik aus dem Artikel “Revisiting the Limits to Growth
After Peak Oil” von Charles A. S. Hall and John W. Day, Jr.

Der Autor des Gastbeitrages Summer Academy des Club of Rome, vom 20. September 2017 auf   www.limitstogrowth.de sieht, wie er schreibt, keine Lösung.  Ich sehe dagegen schon sehr gute, eigentlich selbstverständliche Lösungen und ich denke auch, dass in verschiedenen Generalstäben längst intensiv daran gearbeitet wird. In Anlehnung an die Problemlösungsstrategie von Alexander dem Großen könnte das Problem und die Lösung mit “Gordischer Knoten 2.0” bezeichnen.

Zum Gordischen Knoten zitiere ich hier aus dem zugehörigen Wikipedia-Eintrag:

Der Sage nach prophezeite ein Orakel, dass derjenige die Herrschaft über Asien erringen werde, der den Gordischen Knoten lösen könne. Viele kluge und starke Männer versuchten sich an dieser Aufgabe, aber keinem gelang es. Plutarch und Quintus Curtius Rufus beschreiben, dass im Frühjahr 333 v. Chr. Alexander der Große auf seinem Zug Richtung Persien diesen Knoten einfach mit seinem Schwert durchschlagen und damit seinen Siegeszug durch Asien eingeläutet habe.[2]

Es existiert noch eine andere Überlieferungsvariante von Arrian, der sich auf den Alexander begleitenden Aristobulos von Kassandreia beruft, dem zufolge Alexander den Knoten durch Schläue gelöst haben soll. Es heißt, er habe erkannt, dass er nur den Deichselnagel herauszuziehen brauche, damit er das Joch wegziehen könne.

Zu  dieser zweiten Variante, “den Splint ziehen” fällt mir als passendes Analog “den Industriegesellschaften den Strom abstellen oder/und die Handelswege blockieren” ein.  Die erste Variante mit dem Schwert, wäre ein mehr oder weniger offener, großer Krieg. In jedem Fall sind die Probleme dieser Welt ohne weiteres für solche Personen lösbar, die keine Hemmungen haben, Gewalt und Krieg einzusetzen, um ihrem Volk und seinen Verbündeten, oder eben auch den unter dem Banner ihrer Religion vereinigten Völker auf Kosten des Restes der Menschheit Vorteile, neuen, zusätzlichen Lebensraum und Zugang zu den verbleibenden Ressourcen der Rede zu verschaffen.

Mit anderen Worten, die Ideen und der Geist der Nazis werden wahrscheinlich geradezu zwangsläufig wiederkommen und sie werden mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr erfolgreich die Probleme des 21. Jahrhunderts lösen. Die Muttersprache der Täter wird ganz sicher nicht Deutsch sein und sie werden auch nicht von Europäern abstammen. Die Deutschen und die anderen Völker Europas werden auf der Seite der kaltblütig eingeplanten Opfer sein und sie haben nur die Wahl sich freiwillig unterwerfen, versklaven oder sogar vernichten zu lassen oder zu kämpfen, um vielleicht doch noch zu überleben und um vielleicht doch noch das eine oder andere ihrer Kultur und ihrer Werte der Menschheit zu erhalten und in die Zukunft zu retten.

Es wird den Deutschen und den anderen Europäern nicht das Geringste nützen, sich darüber zu empören oder zu versuchen, diese finsteren Zukunftsaussichten lächerlich zu machen und nicht ernst zu nehmen. Im Gegenteil. Sie werden ihren Untergang damit nur wahrscheinlicher und unausweichlicher machen.

Man wird sehen, dass der Soziologe und Ökologe William Catton sehr recht hatte, als er in seinem bereits 1982 erschienenen Buch Overshoot: The Ecological Basis of Revolutionary Change schrieb, dass man die Taten der Nazis besser als das gesehen hätte, was sie wirklich waren: Ein schreckliches Vorspiel zur Warnung vor dem, was im 21. Jahrhunderts in richtig großem Stil auf die Menschheit zukommt, wenn man wie das nun geschehen ist, die Warnungen bezüglich der Grenzen des Wachstums, der Endlichkeit der Ressourcen und der Umweltbelastbarkeit zu lange ignoriert.

Der Glaube und Aufrufe, die Probleme der Menschheit gemeinsam lösen zu können kommen nur von Schwächlingen, Feiglingen und Frauen, die entweder nicht bereit oder nicht in der Lage sind zu kämpfen und Krieg zu führen. Es reicht aber wenn einige wenige starke, große Männer und Völker bereit sind, dem Beispiel Alexander des Großen folgend die scheinbar unlösbaren Probleme der Menschheit durch Gewalt und Krieg zu lösen.

Wie ich schon in meinem Blogbeitrag Gedanken zum Film Bauer Unser geschrieben hatte, sind unter anderem die Europäer schon seit Jahrzehnten emsig damit beschäftigt, ihre Länder unter anderem per Industrialisierung der Landwirtschaft in große, komfortable Vernichtungslager zu verwandeln, bei denen dann am Ende nur noch jemand resolut die Stromversorgung oder/und ein paar Handelsrouten abschalten muss, um binnen weniger Monate ohne weitere Anstrengungen mehr als 90 % der Bevölkerung zu vernichten.

Um ehrlich zu sein, sehe ich nicht mehr, dass und wie Deutschland und Europa überhaupt noch Krieg führen könnten. Das Problem ist, dass wir die Nationen und Völker in Europa faktisch aufgelöst und durch einen undefinierbaren multikulturellen Eintopf von Individualisten ersetzt haben. Was sollte man warum in Deutschland oder Europa noch verteidigen? Aus der Sicht eines Individuums ist die Teilnahme an einem Krieg auf Grund einer ganz einfachen mathematischen Logik völlig idiotisch, wie Peter Turchin in Ultrasociety: How 10,000 Years of War Made Humans the Greatest Cooperators on Earth zeigt: Die Teilnahme an einem Kriegszug ist mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit, das eigene Leben oder die eigene Gesundheit zu verlieren, verbunden. Wer sich vor der Teilnahme an dem Kriegszug  drückt, kann damit diese Wahrscheinlichkeit auf null absenken. “Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin”, ist aus Sicht der Individuen das Einzig vernünftige – solange es genug Deppen gibt, die das nicht so sehen und die in den Krieg ziehen und dabei in Kauf nehmen, ihre Gesundheit oder ihr Leben zu verlieren.  Wenn alle rational handeln und zu Hause bleiben, kann das aber, wie die Geschichte zeigt, dazu führen, dass irgendwann morgens die Feinde kommen und alle diese vernünftigen Leute zu Massenhinrichtung abholen, der keiner mehr entkommen kann.

In einer überbevölkerten Welt mit sinkenden Ressourcen und sinkender Umweltbelastbarkeit ist es sehr wahrscheinlich, dass fehlende Kampfbereitschaft einer Gesellschaft zu deren vollständiger Vernichtung durch zum Krieg fähige und bereite Gegner führt. Für wirklich gut qualifizierte und begabte Männer und für schöne Frauen bietet sich aber dennoch fast immer mit hoher Wahrscheinlichkeit auch auf der Seite der Gegner die Möglichkeit ein gutes Auskommen zu finden und ein angenehmes Leben führen zu können. Das war seit der Zerstörung Jerusalems im Jahre 70  die Strategie der meisten Juden. Einzig und allein krasser Rassismus bzw. extremer völkischer Nationalismus auf Seite des Gegners kann diese Aussicht zu Schanden machen, wie die Nazis am Beispiel der Juden demonstriert haben. Bemerkenswert war dabei auch, dass selbst mehr als 100 Jahre, mehrere Generationen übergreifende, perfekte Integration die Juden nicht sicher geschützt hat, wie ich im Abschnitt  Mein jüdischer UrUrUr-Großvater und die Integration in Über Antifa, Rassismus und Waldbrände gezeigt habe.

Fazit ist für mich jedenfalls, dass die scheinbar unlösbaren Probleme des 21. Jahrhunderts mit Gewalt und Krieg sehr wohl lösbar sind und dass sie mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit irgendwann in den nächsten 5 bis 15 Jahren auch mit diesen Mitteln gelöst werden. Sicher ist auch, dass Deutschland und andere Staaten Westeuropas dieses Mal zu den Opfern von Angriffskriegen und Völkermordabsichten gehören werden. Unklar ist für mich, ob Deutschland und die anderen Staaten Westeuropas ihren  Untergang und ihre Vernichtung  wirklich praktisch kampflos und wehrlos hinnehmen wollen oder nicht. Ist es wirklich unklar? Einzig und allein bei den Wählern der Rechtsparteien wie AfD, NPD und Front National kann man sicher sein, dass sie überleben wollen. In Deutschland sind das weniger als 15 Prozent der Bevölkerung. Das ist so wenig, dass man diesen Leuten nur empfehlen kann, auszuwandern und den Rest der Deutschen ihrem  Schicksal zu überlassen. Dabei ist daran zu erinnern, dass Deutschland heute fast keine Bodenschätze und da insbesondere fast keine eigenen Vorkommen an wirtschaftlich nutzbaren fossilen Energieträgern mehr hat.  Ob mit oder ohne Krieg, der ökologische Fußabdruck und die Größe der Bevölkerung Deutschlands muss und wird in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts ziemlich heftig schrumpfen. Die Zeit diese Schrumpfung sanft und erträglich zu bewirken ist vorbei. Für qualifizierte junge Deutsche und ganz sicher auch für Russlanddeutsche, die sich schlau machen und nachdenken kann es eigentlich nur heißen “Nichts wie weg hier aus Deutschland, so lange man noch weg kann”.

Besonders für Russlanddeutsche habe ich da ein interessantes Konzept, wie ich in Strategie des Austauschs und Mein Brief an Putin angedeutet habe.

Kelberg, den 30. September 2017

Christoph Becker

 




Über den Finanz-Tsunami

Auf Telepolis ist am 18. September 2017 ein Artikel mit dem Titel Die neue Supermacht: Die Finanzmärkte von Ernst Wolff erschienen. Bei dem Artikel handelt es sich um einen Auszug aus Ernst Wolffs Buch Finanz-Tsunami – Wie das globale Finanzsystem uns alle bedroht. Der Artikel erfordert einen Kommentar, weil essenzielle Hintergründe der Finanzkrisen nicht erwähnt werden.

Der erste Teil des Artikels endet mit der Frage

Verbirgt sich hinter dem Bild, das uns seit Jahren von den Finanzmärkten vermittelt wird, vielleicht etwas, das wir nicht wissen oder nicht wissen sollen?

Ja, sicher.  Im Folgenden werde ich versuchen, einiges davon zu erklären und zu verdeutlichen.

Was ist Geld?

Geld ist ein Versprechen auf die Lieferung von Arbeit. Arbeit ist physikalisch das Produkt Kraft x Weg. Arbeit  wird physikalisch genauso wie Energie in Joule ausgedrückt.  Arbeit und Energie ist somit dasselbe.

Die Energie in einem Liter Benzin

Auto und Heimtrainer

Mein Auto, ein Dacia Sandero Essential,  fährt mit einem Liter Benzin ca. 20 km, und das bei einer Geschwindigkeit von ca. 70 km/Stunde. In einem Liter Benzin stecken ca. 30,5 MJ  oder 8,5 kWh (( https://de.wikipedia.org/wiki/Motorenbenzin )) . Auf meinen Heimtrainer schaffe ich gut 200 W über eine längere Zeit. Für kurze Zeit schaffe ich  460 W.  Mein Auto kommt aber bei  Vollgas auf 54.000  W.  Ob wohl es einen relativ schwachen Motor hat, ist es mehr als 110 mal so stark wie ich, wobei es diese Leistung, wenn es sein muss, stundenlang liefern kann, während ich nach ein paar Sekunden wieder auf meine 200 W zurück muss. Bezogen auf meine 200 W ist mein Auto sogar 270 mal so stark wie ich. Und selbst da sehe ich sehr alt aus, denn mein Auto kann sehr, sehr viel länger als ich durchhalten. Vielleicht kann ich bei 100 W solange durchhalten wie mein Auto, aber dann ist mein Auto 540 mal so stark wie ich.

Doch nun zum Energieinhalt des Benzins: In einem Liter stecken 8,5 kWh. Das entspricht einem 12 V Bleiakku von 708 Ah. Das wiederum ist die Speicherkapazität von 19,67 normalen Autobatterien von je 36 Ah, und wir reden hier nur von einem einzigen Liter Benzin, bei einem Auto, dessen Tank aber mehr als 50 Liter fasst und das in wenigen Minuten wieder auf getankt werden kann.

Für 20 km braucht mein Auto bei 70 km/h  soviel in Benzin gespeicherte Energie, wie ich auf meinem Heimtrainer bei 200 W in 42,5 Stunden liefern kann. Wenn ich die Energie, die in einem Liter Benzin enthalten ist, in einer Woche per Heimtrainer liefern sollte, dann würde ich vermutlich noch viel länger brauchen, denn 42,5 Stunden mit 200 W in einer Woche ist garantiert zu viel für mich ist. 100 W im Mittel ist wahrscheinlicher, aber dann würde ich 85 Stunden benötigen, um soviel Energie an den Heimtrainer zu liefern wie in einem Liter Benzin enthalten ist. Ein Liter Benzin kostet nun aber nur ungefähr 1,30 Euro. Das heißt, für 1,30 Euro kann ich mir an der Tankstelle für mein Auto soviel Energie kaufen. 130 Cent  / 42,5 Stunden = 3,06 Cent/Stunde. 130 Cent / 85 Stunden = 1,52 Cent/Stunde.  Um einen Vergleich zu üblichen Stundenlöhnen herzustellen:

  • 1000 x 1,52 Cent = 15,20 Euro
  • 4000 x 1,52 Cent =  64,80 Euro
  • 8000 x 1,52 Cent =  129,60 Euro
  • 16.000 * 1,52 Cent = 243,20 Euro

Ein Jahr hat 365 x 24 = 8760 Stunden. Man rechnet in Deutschland mit einer durchnittlichen Arbeitszeit von 1650 Stunden/Jahr.

Was leistet ein Pferd?

Die ohne Gesundheitschäden mögliche Dauerleistung eines Pferdes hatte seinerzeit James Watt, der Erfinder der Dampfmaschine mit einer Pferdestärke = PS = 735,5 Watt  ermittelt: Mythen-Post Was leistet ein Pferd. Kurzzeitig können Pferde allerdings 12 PS und mehr liefern.

Die 8,5 KWh pro Liter Benzin entsprechen 11,55 Stunden Pferdeeinsatz, wenn man die vom Pferd gelieferte mechanische Energie in Wärmeenergie umwandeln möchte.

Möchte man die vom Pferd gelieferte mechanische Energie mit der aus Benzin per Motor in einem Fahrzeug genutzten Energie vergleichen, dann kommt man bei Benzinmotoren bei Teillast auf ca. 10 % und bei Vollast auf deutlich über 30 %. Dieselmotoren sind wesentlich effizienter.

Rechnen wir  mit einem Benziner und mit Teillast, also dem ungünstigsten Fall,  und damit mit 10 % Wirkungsgrad. Dann entspricht  der Energieinhalt von einem Liter Benzin zum Preis von derzeit ca. 1,30 Euro dem, was ein im Pferd im Dauerbetrieb in 1 Stunde und 9 Minuten  leistet.

Landwirte sind heute mit Schleppern unterwegs, Dieselmotoren von 50 bis über 500 PS unterwegs. Der Wirkungsgrad ist hier besser,  so dass hier aus einem Liter vielleicht eher 2 oder 3 Pferdestunden herausgeholt werden können, während Diesel vor allem für die Landwirte wesentlich weniger kostet als Benzin.

Man stelle sich auch ein Pferdgespann mit 50 oder 200 Pferden vor. Mit einer Suche nach “biggest team of horses” also größtes Pferdgespann fand ich

  • Ein niederländische Gespann mit 72 Pferden auf Youtube, das aber nur einen leichten Wagen zieht und reine Show ist.
  • Neil Dimmocks 46 Percherons, der Weltrekord von 2004 mit einem richtig für die Bodenbearbeitung in der Landwirtschaft eingesetzten Gespann. Hier wurde mit 46 schweren Kaltblutpferden eine Arbeit verrichtet, für die ein Traktor mit 150 PS empfohlen war. Jedes dieser schweren Pferde entsprach also etwa 3 PS. Rechnet man 30 % Wirkungsgrad für den Traktor, weil dieser mit Diesel (ca. 9,7 KWh Heizwert)und relativ hoher Last (und damit mit besserem Wirkungsgrad) betrieben wird, so wären ein Liter Diesel knapp 4 klassische Pferdestunden oder etwa 1 Stunde und 20 Minuten mit einem dieser schweren Kaltblutpferde.

Die Rechenbeispiele sind sicher etwas vereinfachend, aber sie zeigen die ungefähren Größenordnungen und können vielleicht ein Gefühl dafür vermitteln, warum Mineralölprodukte für die Wirtschaft so wichtig sind.

Die durch den Einsatz von Benzin oder Diesel lieferbare Arbeit ist jedenfalls sehr viel preiswerter als durch Muskelkraft lieferbare Arbeit. Außerdem sind wegen der Kombination aus hoher Energiedichte, Transportfähigkeit und Lagerfähigkeit mit Mineralölprodukten wie Benzin, Diesel und Kerosin Leistungen möglich, die mit Muskelkraft völlig ausgeschlossen sind.

Man denke hier an Verkehrs- und Kampfflugzeuge, an schwere Baumaschinen, schwere Lastkraftwagen, große Binnenschiffe usw..

In Form von fossilen Energieträgern haben wir jedenfalls phantastische Mengen Energie zu phantastisch niedrigen Preisen zur Verfügung.

Kredite bis etwas 1970

Die folgende Grafik stammt aus einem Vortrag von Nate Hagens.  Ich hatte sie auch schon in meinen Blogbeitrag Energie und Geld verwendet.

Entwicklung von Energie (wirkliches Kapital) und Geld als reine Recheneinheit über die Zeit.

Wissenschaftler, Chemiker, Ingenieure (bin selbst auch Ingenieur) und in gewisser Hinsicht sogar Zahnärzte und Zahntechniker, haben jede Menge Möglichkeiten gefunden, um mit Hilfe der in den fossilen Energieträgern enthaltenen, phantastisch hoch konzentrierten, lagerfähigen, transportfähigen und zugleich auch noch phantastisch preiswerten Energie jede Menge mehr oder weniger nützliche, die Lebensqualität steigernde Produkte zu schaffen. Wenn man genug wenig kostende und zugleich sehr hochwertige Energie hat, dann kann man mit guter Ausbildung, Intelligenz, Disziplin und Phantasie unerschöpflich viele neue Problemlösungen, Produkte, Anwendungen usw. entwickeln.

Unter dieser Voraussetzung können Menschen mit der nötigen Mischung aus Begabung, Phantasie,  Wissen und Disziplin auch Kredite mit Zinsen aufnehmen und glaubwürdig versprechen, diese in Zukunft zurückzuzahlen. Dank der Verfügbarkeit billiger und zugleich hochwertiger Energie können sie mehr als genug Neues schaffen und auf den Markt bringen, um ihre Ausgaben, die Zinsen und ihr Einkommen zu erwirtschaften.

Dabei ist nun wichtig, dass auch die anderen Marktteilnehmer irgendwie dank reichlich vorhandener billiger Energie genug Produkte entwickeln und liefern können, um sich die von mir angebotenen Produkte leisten zu können.

Wenn alle produktiven Marktteilnehmer reichlich billige und zugleich hochwertige Energie haben, dann können sie auch noch Überschüsse produzieren, die sie über Steuern und Sozialabgaben abführen, damit mehr oder weniger kluge und verantwortungsbewusste oder auch idiotische und verantwortungslose Politiker und Beamte diese Überschüsse teilweise für sich selbst einstecken, teilweise für öffentliche Aufgaben wie Strassenbau, Polizei und Militär verwenden und teilweise an tatsächlich oder scheinbar Bedürftige verteilen, denen es an Verstand, Ideen, Ausbildung, Disziplin, Fleiß oder auch an Gesundheit fehlt, um selbst mit den billigen, hochwertigen Energien  Produkte zu schaffen, für die andere gerne angemessene Preise bezahlen.

Schulden sind bei diesem System in der Regel immer nur Vorschüsse für sinnvolle Investitionen, die tatsächlich in absehbarer Zeit zurückgezahlt werden.

Das erklärt das System des Westens bis vielleicht 1970.

Vier für das Finanzsystem fatale Entwicklungen

Postmodernismus und Amoklauf der Gutmenschen

Zunächst ist da das Auftreten der linken Postmodernisten  und ihrer Schüler, deren verheerendes Wirken der Franzose Jean Raspail bereits 1972,  in seinem Roman Das Heerlager der Heiligen beschrieben hat. Das Prinzip ist, dass linke Politiker und andere Gutmenschen, berauscht vom Überfluss an billiger, sehr hochwertiger Energie in Form fossiler Energieträger für unproduktive Dinge Kredite aufnehmen und damit nach einer Art Kettenbrief oder Schneeballsystem Versprechen auf die Lieferung menschlicher Arbeit gemacht haben und machen, die nicht zu halten sind.

Man kann dies als wirtschaftlichen Amoklauf der Sozialstaaten sehen. Der Gipfel dieses Amoklaufs der Gutemenschen ist die deutsche und schwedische “Willkommenskultur”  deren Gipel die Grenzöffnung durch Angela Merkel im Herbst 2015 war. Man bedenke, dass es sich hier um die massenhafte Aufnahme von Menschen aus Ländern und Kulturen handelt, die offensichtlich zu  dumm, zu korrupt, zu einfallslos, zu disziplinlos und zu unfähig waren und sind, selbst Produkte zu entwickeln und herzustellen, mit denen sie am Markt einen für sie akzeptablen realen Geldwert erzielen können. Geld ist wie gesagt das Versprechen auf die Lieferung von Produkten menschlicher Arbeit.

Diese Leute kommen also aus Afrika und dem Orient nach Deutschland und Schweden, weil sie dort an der Verteilung der Überschüsse teilhaben wollen, die ein zunehmend kleiner werdender Teil  fleißiger motivierter und fähiger Deutscher und Schweden nicht zuletzt aus Energie und Rohstoffen aus dem Orient und aus Afrika produziert.

Energie und Rohstoffe sind zwar wesentlich, aber sie sind offensichtlich alleine nicht ausreichend, um Produkte menschlicher Arbeit, also realen Geldwert, in einer Menge zu produzieren, die ein angenehmes Leben ermöglicht (( siehe dazu auch Die Grundlagen der Westlichen Werte )).

Nazis und Energie

Das Gegenteil ist aber auch wahr, wie das Schicksal des Deutschen Reiches im 2. Weltkrieg zeigt. Wie meine Blogbeiträge  Von der Wehrmacht lernen  und Blut für Öl  zeigen, waren die Deutschen ihren Gegnern organisatorisch und technisch klar überlegen. Sogar der Holocaust ist, wie der kanadische Psychologieprofessor Dr. Jordan Peterson in Why Hitler Bathed Even More Than You Think – Prof. Jordan Peterson erklärt, NICHT, wie man oft meint, ein Rückfall in die Barbarei, sondern eher die Folge einer Überdosis an Zivilisation, Gewissenhaftigkeit und Ordnungsliebe.

Die Deutschen sind jedenfalls unter der Führung von Adolf Hitler an Energiemangel und da vor allem an Ölmangel gescheitert, obwohl ihre Zivilsation, ihre Organisation und ihr technologisches Können bis zur Perversion entwickelt war. In einem anderen Redeausschnitt über Hitler und die Nazis irrt Professor Peterson vielleicht etwas: How Hitler was Even More Evil Than You Think – Prof. Jordan Peterson.  D.h. psychologisch hat Peterson vermutlich recht, und gerade dieser Redeausschnitt ist vielleicht auch im Bezug auf Frau Merkel und die heutige deutsche Politik von großer Wichtigkeit. Wie Blut für Öl zeigt, hatte man genug oder sogar zuviele Arbeitskräfte für die Rüstungsindustrie, also genug menschliche Arbeit. Es fehlte eher an Öl, und damit an Energie in ausreichend hochwertiger und konzentrierter Form für den Betrieb der Waffensysteme.  Und man hat, wie ich in Die Torheit der Pflügenden und die Geschichte geschrieben habe, die Massenmorde wahrscheinlich eher wegen einer andernfalls befürchteten Knappheit einer anderen Form des Energiemangels durchgeführt: Energie in Form von Nahrungsmitteln war auch sehr knapp. Wenn man die Leistung und Menge der Energiequellen nicht steigern kann, und daher Energie sparen muss, kann man die Zahl der Verbraucher abschalten. Wenn die Energie Nahrungsmittel und die Verbraucher Menschen sind, und wenn man eine Wiederholung von Auschwitz um jeden Preis verhindern will, dann braucht man eine völlig andere Agrarpolitik als die, die die Frau Merkel in den ersten 12 Jahren ihrer Regierungszeit zugelassen oder sogar gefördert hat.

Der Energieerntefaktor

Im Englischen wird der Energieerntefaktor als EROI (Energy Return on Investment) oder EROEI (Energy Return on Energy invested) ausgedrückt. Es geht dabei darum, dass für die Gewinnung von Energie Energie aufgewendet werden muss. Egal ob man ein Wasserkraftwerk oder eine Windkraftanlage baut, nach Erdöl bohrt oder Kohle abbauen möchte, man muss Energie aufwenden, um eine Anlage zur Energiegewinnung herzustellen, zu betreiben und später zurückzubauen.

Zunächst wird man die am einfachsten zugänglichsten, am wirtschaftlichsten nutzbaren Möglichkeiten nutzen.  Bei nicht erneuerbaren Rohstoff- und Energiequellen wird der Energieaufwand mit der Zeit immer höher. Das heißt, man muss immer mehr investieren und aufwenden.

Die folgenden Grafiken habe ich dem am 25. Februar 2014 veröffentlichten Artikel Beginning of the End? Oil Companies Cut Back on Spending von Gail Tverberg entnommen:

Die Grafik zeigt die Entwicklung der globalen Röholproduktion. Bis etwa 1972 steigt die Kurve beständig an. Von 1972 bis etwa 2004 steigt sie insgesamt unregelmäßiger und langsamer. Ab 2004 ist die Produktion ungefähr gleichbleibend.

Die graue Linie zeigt die Ölproduktion der großen Ölfirmen, deren Aktien öffentlich gehandelt werden, in Millionen Barrel pro Tag. Die rote Linie zeigt die Investitionen dieser Firmen (Capex = Capital Expenditures). Wie man sieht, fällt die Ölproduktion dieser Firmen seit 2007, obwohl die Investitionen weiter steigen.

Diese Grafik zeigt die Investitionen pro Barrel gefördertem Öl. Von 1985 bis 1999 sind diese jährlich um 0,9 % gestiegen. Von 1999 bis 2013 sind sie jährlich um 10,9 % gestiegen.

Diese Grafik zeigt, dass der Gipfel der konventionellen Ölproduktion 2005 erreicht wurde.

Wie Chris Martenson, der sich mit dem Thema sehr befasst hat, zum Beispiel in dem Podcast Jeffrey J. Brown: Hurricanes & US Oil Production am 31. August 2017 wieder erklärt hat, hat die amerikanische Fracking-Industrie bis heute keine Gewinne gemacht. Die Ölförderungen, die mit dem Fracking möglich wurden, bringen also systematisch weniger ein als sie kosten.  Anderseits erklärt Jeffrey Brown, dass die Zunahme der Ölimporte Chinas und Indiens nur durch die per Fracking ermöglichten Fördermengen ausgeglichen werden konnten. Ohne das unwirtschaftliche, nur durch billige Kredite mögliche Fracking in den USA wäre das für Länder wie Deutschland, Griechenland, Italien, Frankreich usw. auf dem Weltmarkt verfügbare Erdöl knapper und damit wohl auch teuer geworden.

Auswirkung des Ölmarktes auf die Wirtschaft

Ich kann mich gut erinnern, dass in den 90er Jahren einmal in der FAZ stand, dass ein Ölpreis von 40  $ pro Barrel die Wirtschaft ruinieren würde. Heute ist der Ölpreis höher.

Wie eingangs erklärt, ist es nun mal so, dass billiges Öl zumindest manchen besonders begabten, ideenreichen, fleißigen und gut ausgebildeten Menschen in manchen Ländern, die Möglichkeit gibt, extrem viele reale Güter und Leistungen mit minimalem Aufwand an menschlicher Arbeit zu produzieren. Wenn nun immer mehr Energie und auch immer mehr Verstand, Begabung und menschliche Arbeit für gleichviel oder sogar für immer weniger Öl aufgewendet werden muss, dann sinkt die Menge der realen, für Konsum, soziale Wohltaten, Willkommenskulturen usw. verfügbaren Energie und Geldmenge.

Genialität, Wissen und gute Ausbildung reichen nicht

Genialität gute Ausbildung, Unternehmertum usw. könnten, wie das Beispiel der Wehrmacht gezeigt hat (Blut für Öl und Von der Wehrmacht lernen) einen Mangel an hochwertiger Energie in Form von Öl nur sehr bedingt ausgleichen. Das Scheitern der Wehrmacht war insofern das Vorspiel im großen Theaterstück der Geschichte von der Industriellen Revolution,  das das Scheitern der Westlichen Industriestaaten und eben auch der Bundesrepublik im nächsten Akt zu bringen verspricht.

Steigende Komplexitätskosten

Große Organisationen und Staaten haben die Tendenz zunehmend komplexer zu werden. Ein Mehr an Komplexität (Regeln, Gesetze, Institutionen) bringt zunächst einen großen Vorteil. Komplexität verursacht aber auch reale Kosten in Form von menschlicher Arbeit, Energie, Rohstoffen, Umweltverschmutzung usw.. Mit zunehmender Komplexität steigt der Aufwand für die Erhaltung und Vergrößerung der Komplexität. Irgendwann wird dann der Punkt erreicht, ab dem die Kosten für die weiteren Steigerungen der Komplexität größer als der damit erreichbare Vorteil ist. Von diesem Punkt führt ein “weiter wie bisher” unweigerlich zum  Zusammenbruch der betroffenen Organisation oder Gesellschaft.

Wenn man derzeit noch in Deutschland, sehr viel, sehr billige und zugleich sehr hochwertige Energie zur Verfügung hat, dann kann man sich längere Zeit eine weitere Steigerung der Komplexität leisten.

Steigerungen der Komplexität werden nicht nur durch ein mehr an Regeln, Gesetzen und Instiutionen verursacht, sondern auch durch steigende Bevölkerungsdichte, steigende kulturelle Vielfalt (Multikulti), steigende ethnische Vielfalt, steigende Anzahl der möglichen und zu berücksichtigenden Geschlechter und steigende Verschmutzung der Umwelt.

Am Ende wird man die Komplexität entweder mit Verstand bewusst und kontrolliert reduzieren, oder aber sie reduziert sich sozusagen  selbstständig durch Bankrotte, Kriege oder/und andere Katastrophen. Das heißt, man wird sich des Problems rechtzeitig bewusst und wählt freiwillig und rechtzeitig eine bewusste Reduzierung der Komplexität, oder man wird in Form eines Kollapses, Bankrotts, Krieges usw. zur Reduzierung der Komplexität gezwungen. Eine solche erzwungene Reduzierung der Komplexität kann extrem schrecklich werden. Sie kann zur vollständigen Vernichtung führen und damit einen Absturz weit unter das Komplexitätsniveau erzwingen, auf dem eine Stabilisierung durch kontrollierte Komplexitätsreduzierung möglich gewesen wäre.

Der Psychologieprofessor Dr.  Jordan Peterson hat auch dazu, eine sehr interessante, auf der archetypischen Erzählung des Turmbaus zu Babel aufbauende Erklärung ((google mit Jordan Peterson to big to fail )): Not too big too fail, but so big it will certainly fail, or so big it should fail….  (dt.: [es hätte bei der Finanzkrise 2008 im Bezug auf die Banken oder auch das Finanzsystem heißen sollen] “nicht zu groß um bankrott zu gehen, sondern so groß dass sie/es sicher bankrott gehen müssen, oder so groß, dass sie bankrott gehen sollten …..”).

Zum Thema Komplexität möchte möchte ich hier auch auf Kollaps komplexer Gesellschaften – Interview mit Prof. Dr. Joseph Tainter und auf Dem Energiedilemma auf den Grund gegangen auf meiner Webseite hinweisen. Womit ich beim nächsten Punkt bin

Sinkender Wirkungsgrad von Forschung und Entwicklung

Als ich 2014 das Buch Drilling Down: The Gulf Oil Debacle and Our Energy Dilemma gelesen habe, war es für mich neu und eine Art Schock, aber die Erklärung ist logisch und die Daten bestätigen es:

Forschung und Entwicklung werden mit der Zeit immer ineffizienter.

Das heißt, bei gleichbleibendem Aufwand wird der Ertrag von Forschung und Entwicklung immer geringer.

Selbst wenn man “nur” einen gleichbleibenden Ertrag von Forschung und Entwicklung haben wollte, würde man einen exponentiell steigenden Aufwand an Kapital und Personal benötigen.

Siehe auch dazu  Kollaps komplexer Gesellschaften – Interview mit Prof. Dr. Joseph Tainter und auf Dem Energiedilemma auf den Grund gegangen.

Wenn man sich dieses Effektes nicht bewusst ist, wird man im Bezug auf die Rückzahlbarkeit von Krediten und auch im Bezug auf die Entwicklung der Renten und der Gesellschaft insgesamt zu falschen, viel zu optimistischen Schlüssen kommen und sehr üble Überraschungen erleben.

Bodenverschlechterung und Bevölkerungswachstum

Es gehört nicht unbedingt zum Thema Finanzsystem, aber wenn man über die Zukunft und die Finanzen nachdenkt, sollte man unter anderem auch die weltweite Verschlechterung der Bodenqualität, zunehmende Probleme im Bereich Wasser und das Bevölkerungswachstum nicht vergessen. Die folgende Weltkarte hatte ich schon in Weltweite Verschlechterung der Bodenqualität eingebunden. Man beachte, dass es keine Kategorie Bodenverbesserung gibt, obwohl eine Verbesserung der Böden sehr wohl wirtschaftlich möglich wäre, wie ich z.B. mit Artikeln wie Abschlussvortrag der Grassfed Exchange 2016, Gleicher Boden, verschiedenes Management und  Können wir unsere Böden wirklich regenerieren? gezeigt habe.

Quelle: http://www.grida.no/graphicslib/detail/degraded-soils_c4c4

Zum Thema Wasser und Wachstum der Weltbevölkerung siehe  Weltbevölkerung, Wasser und Wintergemüse, wo u.a. eine sehr gute Animation zur Visualisierung des Bevölkerungswachstums eingearbeitet ist,

Fazit – Zusammenfassung

Ich habe anfangs versucht, den Wert von Benzin als Mittel zur Steigerung menschlicher Leistungsfähigkeit zu erklären.

Die Zentralbanken können jede Menge virtuelles Geld “drucken” und in Form von billigen Krediten oder Anleihenaufkäufen in den Markt drücken, aber das wird die Menge des realen Kapitals nicht steigern. Reales Kapital wird letztlich durch menschliche Arbeit produziert. Hochwertige Energie, vor allem in Form von Erdöl ist, wenn ihr Preis gering und die verfügbaren Mengen groß sind für entsprechend begabte und ausgebildete Menschen ein extrem wirksamer Verstärker der menschlichen Arbeitsleistung.

Verschiedene Faktoren, sinkende Nettoenergiegewinne,  postmodernisch-linke Politik, steigende Komplexität der Gesellschaft und sinkende Effizienz der Forschung wirken sich negativ auf die Produktion von realem Kapital aus.

Eine Gesellschaft kann damit in einen Bereich kommen, in dem sie von ihrer Substanz lebt. Der amerikanische Autor und Blogger John Michael Greer hat das in seinem Essay How Civilizations Fall: A Theory of Catabolic Collapse 2005 sehr gut erklärt.

Die Folgende Grafik, aus einem Vortrag von Nate Hagens, die ich schon in meinem Blogbeitrag Energie und Geld verwendet hatte, zeigt das Problem ebenfalls sehr gut.

GDP = Globales Bruttosozialprodukt, Global Debt = globaler Schuldenstand

Wie man sieht, ist das globale Bruttosozialprodukt, also der pro Jahr gelieferte Gegenwert menschlicher Arbeit, in den 14 Jahren von 2000 bis 2014 um 16 Billionen Dollar gewachsen. Der globale Schuldenstand, also die Summe der eingegangenen Versprechen auf die künftige Lieferung menschlicher Arbeit, ist dagegen in der gleichen Zeit von 87 auf 112 Billionen Dollar, also um 112 Billionen Dollar gewachsen. Die Schulden betrugen im Jahr 2000 das 2,12-fache der jährlichen Wirtschaftsleistung.  Im Jahre 2014 betrugen sie das 3,49-fache der jährlichen Wirtschaftsleistung.  Es wurden also immer mehr Versprechen auf die Lieferung künftiger Arbeitsleistung eingegangen, obwohl die Förderung des als Verstärker für die Fähigkeit zur Lieferung menschlicher Arbeitsleistung extrem wichtigen Öls seit 2004 nicht mehr gesteigert werden konnte.  Dabei stiegen die Investitionen in die Ölförderung seit 2000 jährlich um 10,9 %, während sie in den 15 Jahren von 1985 bis 1999 nur um 0,9 % jährlich gestiegen waren.

Für die Zukunft Westeuropas und Deutschlands bedeutet das alles nichts Gutes.

Hilfreich im Bezug auf die psychologischen Aspekte zur Vorbereitung der Bevölkerung und des Führungspersonals auf das, was kommt könnte der Vortrag  Biblical Series VII: Walking with God: Noah and the Flood (dt.: Bibel-Serie VII: Wandern mit Gott: Noah und die Flut) von Prof. Dr. Jordan Peterson, vom 18. Juli 2017, sein.

Kelberg, den 20. September 2017

Christoph Becker

 

 

 

 




Blut für Öl

Der hier übersetzte,  1993 in der Januar-Februar Ausgabe der Zeitschrift Command erschienene Artikel Blood for Oil: The Quest for Fuel in World War II (dt.: Blut für Öl: Die Suche nach Treibstoff im 2. Weltkrieg) von Michael Antonucci betrachtet den 2. Weltkrieg vor allem als einen Krieg um Öl und und als einen Krieg dessen Verlauf und Ausgang sich im Wesentlichen auch durch Ölmangel erklären lässt.  Eine mit Blick auf die Gegenwart und Zukunft denkwürdige und lehrreiche Geschichte, die leider wenig bekannt ist.

Blut für Öl: Die Suche nach Treibstoff im 2. Weltkrieg

Der legendäre deutsche Feldmarschall Erwin Rommel schrieb einmal: „Die Schlacht ist von den Quartiermeistern ausgefochten und entschieden, bevor das Schießen beginnt.“

Die Studenten der Militärgeschichte neigen dazu, die Bedeutung der Logistik zu beteuern, während sie es bevorzugen über Panzer und Artillerie, Massen und Manöver,  Angriffe und Gegenangriffe zu lesen. Die Gründe für diese Neigung sind leicht zu verstehen. Es gibt keine offensichtlichen Dramen bei der Untersuchung der Nachschublinien und es ist leichter und einfacher zu glauben, dass Kriege immer auf den Schlachtfeldern gewonnen werden.

Zum Beispiel wurden Millionen Seiten über die Taktiken und Strategien des Zweiten Weltkrieges geschrieben, aber relativ wenig darüber, wie nahezu jede wichtige Entscheidung in diesem Konflikt durch den Bedarf eines Grundstoffes beeinflusst wurde, ohne den keine moderne Armee funktionieren kann – Öl.

Feldmarschall Erwin Rommel

Die Führer aller am 2. Weltkrieg beteiligten Nationen waren sich bewusst, wie essenziell die Ölversorgung für ihre Kriegspläne war. Die Bedeutung des Öls war während des 1. Weltkrieges offensichtlich geworden. Mit der zunehmenden Mechanisierung der Armeen wurde die Notwendigkeit einer sicheren Treibstoff- und Schmierstoffversorgung eine unerlässliche Bedingung für militärische Operationen. Der französische Diplomat Henri Berenger hatte recht, als er bereits 1921 erklärte, dass im nächsten Krieg: “Der, der das Öl besitzt, die Welt besitzt, weil er mittels Schweröl die See beherrscht, die Luft mittels ultra-raffinierter Treibstoffe und das Land mittels Dieselöl und Petroleum.

Eine Untersuchung der Versuche der Kriegsparteien die Ölversorgung für ihre Länder während des Zweiten Weltkrieges zu sichern, sowohl auf dem europäischen als auch im pazifischen Kriegsschauplatz, erklärt nicht nur viele ansonsten mysteriöse Ereignisse, sondern enthält ebenfalls wichtige Lektionen über potentielle zukünftige Konflikte.

Der europäische Kriegsschauplatz: Indikatoren der Vorkriegszeit

„Um zu kämpfen, müssen wir Öl für unsere Maschine haben.” – Adolf Hitler

Bei all seinen Fehlern als Militärstratege muss man Adolf Hitler zugute halten, dass er ein genauso gutes Verständnis der wirtschaftlichen Grundlagen groß angelegter militärischer Operationen hatte wie alle anderen im Oberkommando der Nazis. Bei seiner Machtergreifung 1933 begann er unmittelbar mit der Suche nach Methoden zur Steigerung der Entdeckung und Förderung von Öl.

Zwischen 1933 und 1939 verdreifachte sich die deutsche Ölproduktion nahezu auf 4,5 Millionen Barrel pro Jahr. Wie die meisten Länder in Westeuropa verfügte Deutschland über reiche Kohlevorkommen, aber nur über wenig Öl. Unter Hitlers Befehlen begannen deutsche Ingenieure daran zu arbeiten, synthetischen Treibstoff, hauptsächlich aus Kohle und Braunkohle, in nie dagewesene Geschwindigkeit herzustellen. 1941 erreichte die Produktion synthetischen Treibstoffes ein Niveau von 31 Millionen Barrel pro Jahr. Ein Sparprogramm war lange vor Beginn des Krieges eingeführt worden und aus der Sowjetunion und Rumänien gekauftes Öl war für zukünftige Verwendungen eingelagert worden.

Trotz all dieser Maßnahmen war in Europa einfach nicht genug Öl verfügbar, um die großen Anforderungen zu befriedigen, die eine mechanisierte Truppe im Dienst eines Landes mit expansionistischen Zielen hatte. Eine Panzerdivision verbrauchte typischerweise über 2300 Liter Treibstoff (19 Barrel) pro Kilometer. Trotz der drakonischen Maßnahmen, die die Wehrmacht ergriff, wurde daher schnell klar, dass die für die Deutschen optimalen Taktiken modifiziert werden mussten, um im Rahmen der verfügbaren Ressourcen funktionieren zu können.  Das hat so viel wie jeder andere praktische oder theoretische Faktor zur Konzeption und Praxis des Blitzkrieges beigetragen.

In der Tat ist es wirklich schwierig die Lücke, zu überschätzen, die zwischen dem Treibstoffbedarf der deutschen Streitkräfte und der tatsächlichen Versorgung bestand. Die Bilder von Panzern,  die durch Polen, die Beneluxstaaten und Frankreich rollten, sind in unser Bewusstsein als charakteristisch für eine neue Art der Kriegsführung eingegraben, die Nazideutschland erfunden hat. Es wird leicht vergessen, dass diese Panzer nur einen kleinen Teil der gesamten Streitmacht ausmachten und dass die deutsche Armee weit davon entfernt war, voll mechanisiert zu sein.

Obwohl es von Feldzug zu Feldzug und von Einheit zu Einheit variierte, wurde während des ganzen Krieges 70 % des deutschen Nachschubs mit Zugpferden transportiert. Jede Infanteriedivision verfügte über 5375 Pferde. Im Verlauf des Krieges wurde die Versorgung mit Treibstoff sogar noch kritischer und Pferde wurden für die deutschen Kriegsanstrengungen eher noch wichtiger.

Selbst mit ihren vollständig motorisierten Speerspitzenkräften konnten die Deutschen keinen langen mobilen Krieg wagen. Deutschland benötigte mehr Öl als es hatte, um sowohl seine Industrie als auch seine Kriegsmaschine an der Front zu betreiben. Daher wurde auch auf dem strategischen Niveau die Notwendigkeit die Mutter der Erfindung – der Blitzkrieg wurde als die Lösung gesehen, mit der man Gegner entscheidend besiegen konnte, bevor die eigenen Treibstoffvorräte zur Neige gingen.

1938 verwirklichte Hitler den Anschluss von Österreich mit zwei mobilen Divisionen: Die zweite Panzerdivision aus Würzburg und die SS-Division Leibstandarte aus Berlin. Beide Einheiten sollten triumphal durch Österreich nach Wien fahren. Ein böses Vorzeichen von dem, was kommen sollte passierte auf halbem Wege, als beiden Marschkolonnen das Benzin ausging. Nur verzweifelte Anrufe bei an der Route gelegenen zivilen Tankstellen verhinderten, was andernfalls für das Regime ein Public Relations Desaster geworden wäre.

Öl Kommandos

Noch bevor das eigentliche Schießen begann, war dem deutschen Oberkommando daher klar, dass das Erobern von Land nicht ausreichen würde, um den Krieg zu gewinnen. Die Ölversorgung der neu eroberten Gebiete musste für die Verwendung durch die Deutschen beschlagnahmt werden. Die intakte Eroberung feindlicher Ölfelder wurde eine vorrangige (und oft übermenschliche) Aufgabe bei all ihren Invasionen. Es konnte erwartet werden, dass der Gegner sie entschieden verteidigt und versuchen würde sie zu zerstören, wenn er zum Rückzug gezwungen würde.

Es würde ein geschulte Gruppe von Ingenieuren und Technikern erfordern, um kriegszerstörte Ölfelder oder Raffinerien instand zu setzen. Die Wirtschaftsabteilung des Oberkommandos des Heeres bereitete solche Eventualitäten vor, indem es Major Erich Will beauftragte, eine Einheit mit “Ölkommandos” zu bilden, deren Auftrag darin bestehen würde, die technische Besetzung und Reparatur von eroberten Öl-Einrichtungen des Gegners durchzuführen.

Der erste Test der Ölkommandos kam im Polenfeldzug. Ein ziviles Team von 50 Spezialisten für Ölsuche und Ölförderung begleitete das XXII. Korps bei seinem schnellen Vorstoß durch den Südosten Polens, mit dem Ziel, die Ölfelder und Raffinerien in Galizien zu besetzen. Der Blitzkrieg begann am 1. September 1939 und am nächsten Tag war bereits einer Panzerdivision des XIX Korps zeitweise einmal der Treibstoff ausgegangen, weil man nicht genug Lastkraftwagen hatte, um den Treibstoff nach vorne zu bringen.

Das Ölkommando sah sich ebenfalls Schwierigkeiten ausgesetzt. Sie erreichten die Außenbezirke der galizischen Ölfelder am 15. September und richteten ein Büro in Jaslo ein. Aber zu der Zeit als das XXII. Korps sich voraus Richtung Winniki bewegte, hatten die Sowjets die Szene betreten und besetzten die Ölfelder vor ihnen. Deutschland konnte schließlich nur 30 % von Polens Ölfeldern erobern und musste mit Stalin über den jährlichen Verkauf von einer Ölmenge verhandeln, die den anderen 70 % entsprach.

Dennoch war Hitler von den Anstrengungen seiner Ölkommandos genügend angetan, um deren Anzahl zu vergrößern. Er schuf die „technische Ölbrigade” unter Generalmajor Erich Homburg. In ihrer Spitzenzeit bestand die Brigade aus fast 15.000 Mann, aber kleinere Gruppen (Kommandos genannt, oder Abteilungen) wurden für spezielle Aufgaben ins Feld geschickt.

Der Krieg im Westen, 1940-41

Von einem nur den Treibstoff betrachtenden Standpunkt aus muss der Fall Frankreichs für die Deutschen als der größte Sieg des ganzen Krieges betrachtet werden. D. h. zum ersten und einzigen Mal beendete Hitler einen Feldzug mit mehr Öl als er bei dessen Beginn hatte.

Die deutsche Armee und Luftwaffe hatte aus dem Polenfeldzug genug gelernt, um für den Krieg im Westen bedeutende Reserven aufzubauen. Als dieser Blitzkrieg vorbei war, hatte die Wehrmacht mehr als 20 Millionen Barrel Öl von den Franzosen, Belgiern und Niederländern erbeutet. Da die Invasoren nur 12 Millionen Barrel während des gesamten Feldzuges verbraucht hatten, repräsentierten die Eroberungen einen Nettogewinn von 8 Millionen Barrel. (Zum Vergleich und um zu zeigen, wie prekär die deutsche Situation blieb: die USA produzierten 1940 im Durchschnitt 4 Millionen Barrel pro Tag.)

Während des Feldzuges wurden die Ölkommandos eingesetzt, um die französischen Ölquellen bei Pechelbronn im Elsass zu besetzen. Am 21. Juni, mit der Hilfe französischer Kollaborateure, gelang ihnen, dies ohne einen Schuss abzugeben. Die französischen Einheiten, die den Auftrag hatten, die technischen Anlagen zu zerstören, waren vollständig erfolglos. Die Ölkommandos konnten nicht nur die 5,7 Millionen Liter Petroleum in den Vorratstanks dort bekommen sondern auch noch die Produktion innerhalb weniger Monate zurück auf die volle Kapazität bringen.

Dieselbe Operation erzielte einen zusätzlichen Bonus in Form von Wirtschaftsspionage. Die Spezialisten der technischen Ölbrigade waren in der Lage, die französischen Akten auszuwerten und an Daten über Ölgeschäfte und geologische Untersuchungen in den anderen Ländern Europas zu gelangen. Die Akten über die Sowjetunion waren von speziellem Interesse. Sie wurden zusammen gepackt und nach Berlin geschickt.

Währenddessen half Öl ebenfalls, die Luftschlacht um England zu entscheiden. Die Royal Air Force, die Zugang zu Amerikas Öl hatte, war in der Lage, Flugzeugbenzin mit 100 Oktan in ihren Jagdflugzeugen vom Typ Spitfire und Hurrican einzusetzen. Das verbesserte die Leistung der Maschinen und erlaubte schnellere Starts, kurzzeitig höhere Geschwindigkeiten und höre Nutzlasten.

Die Deutschen mussten Quantität vor Qualität wählen. Weil die Produktion von Flugzeugbenzin mit höherer Oktanzahl notwendigerweise niedrigere Produktionsmengen bedeutet hätte, entschied sich das Oberkommando der Luftwaffe, seine Flugzeuge mit Flugbenzin von 87 Oktan fliegen zu lassen. Die resultierenden Nachteile wirkten sich am stärksten in einer verringerten Einsatzdauer aus. Mit reduzierter Maschinenleistung konnten die deutschen Maschinen nur 15-20 Minuten im britischen Luftraum verbleiben, wenn sie genug Treibstoff für den Rückflug haben wollten. Wenn man bedenkt, wie knapp die Luftschlacht um England ausging, dann hätte jede Verbesserung der Leistung der Luftwaffe sich als für einen anderen Ausgang der Schlacht entscheidend erweisen können.

Ein Paradox entsteht

Anfang 1941, mit der Aufstellung des Afrikakorps, um die Italiener von einer Niederlage in Nordafrika zu retten, geschah nun das erste Paradox von vielen, die die Nazis bei der Suche nach Öl trafen. Während sie Territorium für Territorium eroberten, sammelten sie mehr Öl, aber sie übernahmen auch die Verantwortung für den Ölbedarf der neuen Eroberungen. Da jeder eroberte Staat ein Netto-Ölimporteur war, wurde für Hitler die Lücke zwischen Ölversorgung und Ölnachfrage immer größer, obwohl seine Nation scheinbar den Krieg gewann. Nirgendwo war das Dilemma offensichtlicher als im Mittelmeerraum.

Roy Grinnells Bild zeigt Maschinen vom Typ B-24 beim Bombardieren der deutschen Ölraffinerie in Ploesti, Rumänien

Als verbündeter der Deutschen im Öl-Krieg war das faschistische Italien mehr eine Behinderung als eine Hilfe. 1939 importierte Italien 92 % seines Öls. ( Das viele Öl in ihrer Kolonie Libyen, lag ironischerweise nur ein wenig zu tief, um mit den damaligen Methoden entdeckt zu werden.) Als die Deutschen in  Nordafrika eintrafen, um dort zu kämpfen, mussten sie außerdem die Aufgabe übernehmen, die italienischen Streitkräfte mit Treibstoff zu versorgen.

Rommel bewirkte Wunder mit dem wenigen Treibstoff, der an dem britischen Marine- und Luftwaffenstützpunkt Malta vorbei kam, und mit den Treibstoffvorräten des Gegners, die er erbeuten konnte, aber kein Kommandeur litt mehr unter den Unsicherheiten der Treibstoffversorgung als er. Bereits im Juni 1941 schrieb Rommel „wir wissen, dass unsere Bewegungen mehr durch unsere Tankanzeigen entschieden werden als durch taktische Erfordernisse.”

Er wurde außerdem mit einem anderen Paradox konfrontiert. Wegen der großen Entfernungen in der nordafrikanischen Wüste stellte er manchmal fest, dass er nicht genug Treibstoff für seine Tanklaster hatte. Es gab Fälle, in denen die Hälfte des der Division zugeteilten Treibstoffes für den Transport der anderen Hälfte an die Front verbraucht wurde. LKWs fuhren nach vorne, nur um herauszufinden, dass sie nicht genug Benzin für die Rückfahrt hatten.

Öl und Barbarossa

Ende 1940 stand Hitler überall in Westeuropa, wo nur noch Großbritannien seinen Forderungen aktiv Widerstand leistete. Die Gründe für seinen Angriff auf die Sowjetunion werden noch immer von den Gelehrten diskutiert, aber Bedenken wegen der Ölversorgung spielten bei dieser Entscheidung zumindest teilweise eine Rolle.

Die Sowjets hatten Hitler über viereinhalb Millionen Barrel Öl geliefert, bevor er seine Armeen in Richtung Osten zur Operation Barbarossa schickte. Die Sowjetunion war zu dieser Zeit der zweitgrößte Ölproduzent der Welt. Trotz strikter Rationierung musste sie Öl aus den USA importieren, um ihren eigenen Bedarf zu decken. Mit Blick auf die Sicherung einer besseren Ölversorgung für sich selbst hatte Stalin Hitler zur Einwilligung in seine territorialen Ansprüche in Rumänien gezwungen. Das war jedoch ein schlecht bedachter Schachzug, weil er die Sowjetunion dazu verdammte, von den Deutschen angegriffen zu werden.

Das meiste von Hitlers Rohöl kam von den rumänischen Feldern bei Ploesti, und Stalins Landnahme an dieser Nation brachte die Rote Armee ungemütlich nah an Deutschlands kritische Versorgungslinien. Es war an diesem Punkt, an dem Hitler seine Nation irreversibel zu einer Invasion verpflichtete.

In einem Verhör nach dem Krieg hat Hans Kolbe, ein amerikanischer Spion im deutschen Außenministerium in Berlin diese Einschätzung geäußert: „die deutsche Notwendigkeit sowjetisches Öl zu erhalten, wurde als der Hauptgrund für den Angriff angesehen. Da die sowjetischen Lieferungen unzureichend waren, um den deutschen Bedarf zu decken, um den Krieg [im Westen] zu Ende zu bringen, schien die einzige Zuflucht die Besetzung und Ausbeutung der sowjetischen Ölquellen durch die Deutschen zu sein.“

Natürlich hatte Hitler sowohl politische als auch militärische Ziele bei seiner Invasion, nämlich die Zerstörung des sowjetischen Regimes und der Roten Armee. Als der Angriff begann, kamen diese Ziele in Konflikt mit dem Bedarf an Öl. In seiner Weisung vom 21. August 1941 zeigte Hitler klar, was er als das kritische Ziel der Invasion betrachtete: „Das wichtigste Ziel, das vor dem Einsetzen des Winters erreicht werden muss, ist nicht die Eroberung Moskaus, sondern die Besetzung der Krim und der Industrie- und Kohleregion des Donez, und das Abschneiden der russischen Ölversorgung vom Kaukasusgebiet.”

Das letztere Gebiet war dasjenige, von dem 84 % des Öls flossen, das die gesamte Sowjetunion produzierte. Erstaunliche 72 % wurden alleine in der Gegend um Baku gefördert. Der Rest von kleineren Komplexen bei Maikop und Grozny. Während des zweiten Jahres des Feldzuges im Osten wurden diese Felder das Hauptziel der deutschen Armee und der stark vergrößerten technischen Ölbrigade.

Das war noch nicht die Grenze von Hitlers Ambitionen. Wenn er den Krieg an der Ostfront gewonnen hätte, dann wäre seine nächste große Operation zweifellos ein auf das Öl des mittleren Ostens zielender Zangenangriff vom Kaukasus und vom Balkan aus gewesen, wobei man sich dann mit dem durch Palästina vorrückenden Afrika Koprs verbunden hätte. Es war ein grandioses Schema, aber wenn die Sowjets von ihrer Ölversorgung abgeschnitten worden wären,  hätte es wohl gelingen können. Glücklicherweise kam das nächste Rohöl Paradox der Achsenmächte ins Spiel, bevor Hitler so einen weiteren Zug machen konnte.

Der 42er Feldzug zum Kaukasus

Die Erbeutung der Ölfelder des Kaukasus würde den Verbrauch der gesamten deutschen Ölreserven erfordern. Die deutschen Planer der Operation kamen zu dem Schluss, dass selbst bei den optimistischsten Prognosen nur für 60 Tage Treibstoff für einen mit aller Kraft vorgetragener, tiefer in die Sowjetunion reichenden Feldzug vorhanden waren. Wie bei den früheren Feldzügen gegen Polen und den Westen musste die Operation 1942 den Sieg mit einem Blitzkrieg bringen, andernfalls würde der Kriegszug an Ölmangel scheitern und möglicherweise zur Niederlage führen. Hitler nahm das Spiel an.

Armeegruppe A, wurde im Juli 1942 zusammen mit 6000 Angehörigen der technischen Ölbrigade halsbrecherisch Richtung Baku geschickt. Armeegruppe B wurde vorgesehen, um die Flanke beim Überqueren des Flusses Don zu schützen und um die Stadt Stalingrad einzunehmen (oder um zumindest so zu tun als ob).

Die Vorzeichen waren vom ersten Moment an nicht gut. Anders als bei früheren Situationen im Westen, erwies sich die Erbeutung von sowjetischem Treibstoff für die Panzer als nutzlos, weil die Kommunisten ihre Panzer mit Diesel betrieben, während die deutschen Maschinen mit normalem Benzin liefen. Aus diesem Grund musste Baku nicht nur schnell erbeutet werden, sondern die Anlagen dort mussten ebenfalls schnell in Betrieb genommen werden, damit die Wehrmacht nicht wegen Treibstoffmangel liegen blieb.

Im frühen Herbst war Maikop in den Händen der Deutschen und im Dezember floss, trotz der entschiedenen Anstrengungen sowjetischer Partisanen und Saboteure, von dort wieder Öl.  Aber die Armeegruppe A erreichte niemals Grozny oder Baku. Hitler verlor sein materielles Ziel aus den Augen und konzentrierte sich auf eines von nur symbolischer Bedeutung – Stalingrad. Er transferierte acht Divisionen von Armeegruppe A nach B womit deren Stoßkraft geschwächt wurde. Gruppe A war nicht in der Lage, in die Berge vorzudringen. Noch konnte sie dem sowjetischen Gegenangriff standhalten, als dieser einsetzte und Maikop musste am 18. Januar 1943 aufgegeben werden.

Ein Feldzug, von dem angenommen wurde, dass er nur Wochen dauern würde, hatte sich über Monate hingezogen, dann Jahre. Gut die Hälfte der deutschen Ölreserven wurde für die Ostfront verwendet. Beim Beginn des Vorstoßes 1942 hatte Hitler gesagt: „wenn ich das Öl von Maikop und Grozny nicht bekomme, dann muss ich den Krieg beenden.“ Er hätte sich in seinen eigenen Rat halten sollen.

Die Alliierten schlagen zurück

Die Alliierten waren sich der Macht der Ölwaffe voll bewusst. Sie hielten ein wachsames Auge auf die deutsche Ölproduktion und schicken sogar Expertenteams, um das Motoröl abgeschossener Flugzeuge der deutschen Luftwaffe zu untersuchen und die Qualität von deren Schmierstoffen zu bestimmen. Sie waren zudem in der glücklichen Lage, einen großen Prozentsatz der bekannten Ölreserven der Welt in Amerika, Russland und dem mittleren Osten zu kontrollieren. Jedoch litten selbst sie unter Knappheit, hauptsächlich wegen vernichtender U-Boot-Angriffe auf alliierte Tanker.

In der zweiten Hälfte des Jahres 1944, nachdem die vorrückende Rote Armee Ploesti und seine Ölfelder vom Dritten Reich zurückerobert hatte, wurden Hitlers Streitkräfte nahezu vollständig von der Produktion synthetischer Treibstoffe abhängig. Die Anlagen zur synthetischen Treibstoffherstellung wurden Hauptziele alliierter Bombenangriffe.

B-17 Fliegenden Festungen nahmen im Mai 1944 an den Angriffen auf die Treibstoffanlagen teil

Zwischen Mai und September 1944 reduzierten alliierte Bombenangriffe die synthetische Treibstoffproduktion Deutschlands um 85 %. Bei einem einzigen Angriff, am 12. Mai, griffen 935 Bomber vom Typ fliegende Festung und Liberator die Ölproduktionsstätten in Zwickau, Leuna, Brux, Lutzendorf und Bohlen an. Jede Anlage wurde zumindest beschädigt und die Hälfte von ihnen wurde abgeschaltet. Albert Speer, Hitlers Minister für Bewaffnung und Munition sagte: „an diesem Tag wurde der technologische Krieg entschieden.“

Trotz der Tatsache, dass Deutschland während des Jahres 1944 Rekordmengen an Waffen produzierte, gab es nicht genug Treibstoff oder Schmierstoffe, um all diese neuen Maschinen einzusetzen. Speer stellte fest: „der Verlust des Treibstoffes hatte …….  einen entscheidenderen Effekt auf den Verlauf des Krieges als die Schwierigkeiten bei der Bewaffnung und Kommunikation.“ Bis kurz vor dem Tag der deutschen Kapitulation war Deutschland durch den Treibstoffmangel auf ein vorindustrielles Niveau reduziert worden.

Zum Beispiel war die Produktion von Flugzeugbenzin um 95 % reduziert, was nur noch ein anderes Öl-Paradox kreierte. Ohne Benzin konnten die Jagdflugzeuge nicht fliegen, um die Anlagen zur Ölproduktion zu schützen, was noch mehr zerstörte Raffinerien und damit noch weniger Treibstoff bedeutete. Um Treibstoff für die Bewegung der Flugzeuge am Boden zu sparen, wurden diese von Kuh- und Pferdegespannen zur Startbahn gezogen.

Speer sah das Unvermeidbare, als er eine Kolonne von 150 Lastkraftwagen der zehnten deutschen Armee sah, von denen jeder von vier Ochsen gezogen wurde. Selbst viele der berühmten V1 und V2 Raketen mussten mit pferdegezogenen Wagen zu ihrer Startposition gezogen werden.

Die Wichtigkeit von Öl wurde nie besser demonstriert, als bei der letzten Schlacht um Berlin. Während dieses erbitterten Kampfes standen sprichwörtlich tausende deutscher Panzer, Flugzeuge und Kanonen in nahegelegenen Lagerhäusern untätig herum, weil es an Treibstoff und Schmierstoffen für ihren Einsatz mangelte.

Angesichts von alledem ist es angemessen, dass Hitlers Körper nach seinem Selbstmord mit Benzin getränkt und verbrannt wurde. Das war das finale, ironische Paradox.

Der Kriegsschauplatz im Pazifik

„Gott war auf der Seite der Nation, die das Öl hatte.“ Prof. Wakimura, kaiserliche Universität Tokio.

Von Berlin aus gesehen auf der anderen Seite der Welt, begann ein anderer Partner der Achsenmächte um des Öl willens einen Krieg mit den Vereinigten Staaten. Die imperialen Ambitionen Japans waren mit seiner Abhängigkeit von amerikanischen Öllieferungen in Konflikt geraten.

Politische Entscheidungsträger in Amerika sperrten sich dagegen weiterhin, Treibstoff an die Japaner zu verkaufen und es damit der kaiserlichen Armee zu ermöglichen, rücksichtslos über das asiatische Festland zu stürmen. Jedoch blieb Amerika eine Zeit lang vorsichtig. Eine in der Vorkriegszeit angefertigte Analyse der amerikanischen Marine stellte fest: „Ein [Öl] Embargo würde wahrscheinlich zu einem baldigen Angriff Japans auf Malaysia und niederländisch Ostindien führen und würde wahrscheinlich die Vereinigten Staaten bald in einen Krieg im Pazifik verwickeln.“

Die Japaner lagerten so viel kalifornisches und mexikanisches Erdöl wie möglich. Sie boten sogar unverblümt an, ein potenziell ölreiches Gebiet Mexikos zu kaufen.

Der Drang nach Öl führte Japan zum ersten Öl Paradox des Krieges im Pazifik. Die Japaner, die ein Ölembargo der USA fürchteten, versuchten ihre Ölquellen zu diversifizieren, indem sie die Kontrolle über Öl produzierende Gebiete erlangten, aber es war genau diese Politik, die zu dem Embargo führte.

Wie die Deutschen, waren sich auch die Japaner ihrer Verwundbarkeit im Bezug auf die Ölversorgung bewusst. Admiral Isoroku Yamamoto, der Architekt des Angriffs auf Pearl Harbor, war so besorgt über den Ölmangel seiner Nation, dass er zu einem Zeitpunkt persönlich Experimente eines “Wissenschaftlers” gesponsert hat, der behauptete  an einer Methode zu arbeiten, mit der man Wasser in Öl verwandeln kann.

Als das Ölembargo gegen Japan im Oktober 1941 in Kraft trat, war den US-amerikanischen Militärplanern klar, dass ein Krieg im Pazifik unvermeidbar geworden war. Abgehörter und entschlüsselter Funkverkehr brachte die Amerikaner jedoch dazu zu glauben, dass die Japaner geradewegs die Ölquellen in Indonesien und Malaysia angreifen würden. Die Felder in Ostindien lieferten 170.000 Barrel Rohöl pro Tag und waren nur schwach verteidigt. Die Vorstellung, dass die Japaner zuerst einen Hauptangriff durchführen würden, um die amerikanische Marine außer Gefecht zu setzen, kam den meisten Analysten nicht in den Sinn.

Bei all ihrer Voreingenommenheit im Bezug auf das Öl übersahen die Japaner seine Bedeutung in der einen Schlacht, in der es einen entscheidenden Einfluss auf den ganzen Krieg hätte haben können – bei Pearl Harbor selbst. Fixiert auf die amerikanischen Kriegsschiffe und Hafenanlagen, dachten die Planer niemals daran, die Vorratstanks anzugreifen, in denen der Treibstoff für die gesamte US-amerikanische Pazifikflotte lagerte.

Als ihre Flugzeuge nach der zweiten Angriffswelle zu den japanischen Flugzeugträgern zurückgekehrt waren, versuchten einige der Piloten Admiral Nagano davon zu überzeugen, eine dritte Angriffswelle gegen die Instandsetzungs- und Ölanlagen fliegen zu lassen. Aber der Admiral, der zeitweise die Durchführbarkeit der gesamten Operation bezweifelt hatte, war ungewillt das Risiko eines weiteren Angriffs einzugehen. Er sammelte seine Gewinne und fuhr nach Hause; das war ein schwerer Fehler.

Jeder Tropfen Öl auf Oahu  war von Kalifornien dorthin transportiert worden. Admiral Chester Nimitz, der spätere Chef der Pazifikflotte, erinnerte sich: „Das gesamte Öl der Flotte war während des Angriffs auf Pearl Harbor in oberirdischen Tanks. Wir hatten ungefähr viereinhalb Millionen Barrel Öl dort und alles davon war für Geschosse im Kaliber .50 (= 12,7 mm) verwundbar. Wenn die Japaner dieses Öl zerstört hätten, hätte dies den Krieg um zwei weitere Jahre verlängert.”

Admiral Husband E. Kimmel, der nach dem Angriff  seines Kommandos bei der Pazifikflotte enthoben wurde, stimmte zu: “Hätten die Japaner das Öl zerstört, das zu diesem Zeitpunkt vollständig oberirdisch gelagert wurde… Hätte dies den Rückzug der Flotte zur amerikanischen Westküste erzwungen, weil es nirgendwo sonst da draußen Öl gab, um die Flotte weiter zu betreiben.”

Mit der dann von Kalifornien aus operierenden Pazifikflotte hätte es im nächsten Frühjahr keine Schlacht bei den Midwayinseln gegeben und der ganze Komplex des Krieges im Pazifik wäre ein anderer gewesen.

So wie es war, hatten die Japaner im Pazifik für eine kurze Zeit die Oberhand und griffen sich das meiste Öl Ostindiens, obwohl die Alliierten versuchten, die Anlagen dort zu zerstören. Zeitweise erreichte die kaiserliche Marine und Armee was Hitler nie gelang – Öl-Unabhängigkeit.

Dann wurden sie mit einem anderen Problem konfrontiert, das ihren Besitz der Ölfelder bedeutungslos machte – das zweite Öl Paradox des Krieges im Pazifik. Die Japaner hatten zu wenig Tankschiffe, um das benötigte Öl zu ihren Industrieanlagen auf den Heimatsinseln und zu den vielen, über das riesige Reich verteilten Außenposten, zu bringen. Sie waren zunehmend nicht in der Lage, die Tanker, die sie hatten, gegen die von den Alliierten mit U-Booten, Überwasserschiffen und Flugzeugen ausgeführten Angriffe zu schützen. Das Öl musste tausende Meilen von den Ölfeldern von Balikpapan auf Borneo zu den Heimatshäfen in Japan transportiert werden. Die Alliierten lagen auf der ganzen Strecke auf der Lauer.

Sofort nach der Übernahme des Kommandos über die Pazifikflotte vereinbarte Admiral Nimitz mit Admiral Ernes King, dem Chef der Marineoperationen, dass “das Hauptziel der alliierten Streitkräfte die Sicherung ihrer eigenen Versorgungslinien sei und dass man dann westwärts vorzustoßen würde um die Basen einzunehmen, von denen aus Japans unverzichtbare ‘Öl-Linie’ blockiert werden könnte.”

Eine der wichtigsten Schiffsversenkungen des Krieges geschah als das US-amerikanische U-Boot Grenadier die Tiyo Moru im Sommer 1942 versenkte. Über 1000 japanische Ölexperten und Techniker waren an Bord, mit dem Ziel in Ostindien die Ölproduktion anzukurbeln. Insgesamt 780 von ihnen kamen bei dem Angriff um. Bis zum Ende des Krieges waren 110 japanische Tanker das Opfer amerikanischer U-Boote geworden und teilten das Schicksal der Taiyo Maru auf dem Boden des pazifischen Ozeans.

Die Schutzmaßnahmen, die die Japaner ergriffen, erwiesen sich als wenig hilfreich. US-amerikanische Analysten hatten den Verschlüsselungscode der japanischen Marine geknackt und waren vollständig über die Fahrpläne und Ladungen der Tanker informiert. Die kaiserliche Marine reagierte langsam. Die Etablierung von Konvois zum Schutz der kostbaren Tanker erfolgte erst 1943.

Bald spürte die kaiserliche Marine selbst die Treibstoffknappheit. Übungsfahrten wurden verkürzt und dann eingestellt. Strategische Entscheidungen wurden eher aufgrund von Treibstoff-Erfordernissen als aus politischen oder militärischen Gründen getroffen. Zum Beispiel unternahm die japanische Flotte wegen ihres zu geringen Treibstoffvorrats im Mariannen-Feldzug von 1944 keinen Versuch, das Vorrücken der Amerikaner zu behindern. Die Japaner waren gewillt alles zu riskieren, um die Philippinen zu verteidigen, weil diese Inseln sehr wichtig für die Verteidigung der langen kaiserlichen Schifffahrtslinien von Borneo und Sumatra nach Tokio waren. Aber beim Leyte Golf, wo General MacArthurs Invasionstruppe noch durch einen Gegenangriff verwundbar war, drehte die japanische zweite Flotte unter Admiral Kurita nur 40 Meilen vom Strand entfernt ab und fuhr zurück, weil der Admiral meinte, er hätte zu wenig Treibstoff, um einen Angriff zu riskieren.

Bei der großen alliierten Gegenoffensive im Pazifik gab es keine halben Sachen. General Curtis LeMay setzte das gesamte in Guam stationierte 315. Bombergeschwader ein, um die japanischen Treibstoffanlagen anzugreifen. Am Ende des Krieges war Japans Raffinerieproduktion auf 6 % der Normalleisutng gefallen und die Zivilisten in der Heimat waren zu solchen Dingen gezwungen wie dem Versuch, Treibstoff aus Kiefernwurzeln zu brauen.

Die Vergeblichkeit dieses Versuchs war selbst in japanischen Regierungsberichten dieser Zeit offensichtlich, die offen legten, dass das gesetzte Ziel von 1200 Barrel Kiefernwurzel-Treibstoff pro Tag die Vollzeitbeschäftigung von 1,25 Millionen Arbeitern erfordern würde. Nebenbei bemerkt, der Kiefernwurzel Treibstoff verklebte die Maschinen nach nur kurzer Laufzeit irreparabel.

Die traurigste Facette der pazifischen Ölsituation ist, wie auch immer, dass der Einsatz der Kamikaze-Selbstmordflugzeuge als eine Methode zur Treibstoffeinsparung entwickelt wurde. Während Japan zu wenig Flugbenzin hatte, hatte es einen Überfluss an Piloten. In der Theorie würden drei Selbstmordflugzeuge ausreichen,  um ein amerikanisches Kriegsschiff zu versenken, während ein konventioneller Angriff zwischen 15 und 20 japanische Kampfbomber benötigte, um die Aufgabe zu erfüllen. Noch mehr Benzin wurde gespart, weil diese drei Piloten keinen Treibstoff für den Rückflug zur Basis benötigten.

Einige Historiker, die in der konventionellen Analyse der militärischen Zwangslage der Japaner gefangen sind, haben vorgeschlagen, sie hätten ihre See- und Luftstreitkräfte zurück in das Heimatsgebiet verlegen sollen, anstatt Menschen und Material für Kämpfe in weit entfernten Gebieten einzusetzen. Das Verständnis der Ölsituation wischt diese Spekulationen jedoch weg. Ein Flugzeugträger in Okinawa oder in der Bucht von Tokio nützt nichts, wenn der einzige für ihn erhältliche Treibstoff in Sumatra ist. Daher ist das finale Öl-Paradox des Krieges im Pazifik:  Genau zu dem Zeitpunkt, als die kaiserliche Flotte benötigt wurde, um alliierte Angriffe abzuwehren, war sie gezwungen, sich in der Nähe von Treibstoffquellen zu verteilen.

Eine angemessene Nachbemerkung zu Japans abgewehrten Drang nach Öl gab es kurz nach seiner Kapitulation, als eine Abteilung US-amerikanischer Seeleute los zog, um General Hideki Tojo wegen Kriegsverbrechen festzunehmen. Er versuchte Selbstmord zu begehen und es dauerte 2 Stunden, einen Krankenwagen mit genug Benzin zu finden, um ihn in ein Krankenhaus zu bringen. Thomas Moorer, der später Chef der Marineoperationen wurde, war Zeuge der Szene und er reflektierte: „verliere niemals einen Krieg, und der Weg einen Krieg zu verlieren, ist kein Öl mehr zu haben.”

Fazit

“Der Krieg wurde mit Maschinen und Oktan entschieden.” – Joseph Stalin

“In erster Linie bestimmte Petroleum jede Bewegung.” – Winston Churchill

Mit 50 Jahren und einer Million Seiten Analysen zwischen uns und den Ereignissen des Zweiten Weltkrieges ist es leicht, die damals gelernten Lektionen zu vergessen. Heute, mit Streitkräften, die wirklich und voll mechanisiert sind, sind die Nationen der Welt mehr als jemals zuvor von sicheren Ölversorgungslinien abhängig, um die Einsatzfähigkeit ihrer bewaffneten Kräfte zu erhalten. Wir würden gut daran tun, daran zu denken, dass die Panzer und Kriegsschiffe und die beste Technologie, die man mit Geld kaufen kann, nichts weiter als einladende Ziele sind, wenn man sie nicht bewegen kann. Und Öl ist noch immer die einzige Substanz, mit der man sie bewegen kann.

Ende der Übersetzung des Artikels von Michael Antonucci

Übersetzung von Christoph Becker, Kelberg, den 10. September 2017.

Nachbemerkung zur Übersetzung

Gefunden hatte ich den oben übersetzten Artikel durch eine google-Suche, die mich zuerst zu www.sunray22b.net/why_germany_really_lost_ww_ii.htm, wo auch auf das Buch Supplying War: Logistics From Wallenstein To Patton von Martin van Creveld hingewiesen wurde.  Das Buch habe ich noch nicht. Es ist zu vermuten, dass van Creveld auch das Thema Öl behandelt hat und dass er insgesamt wie bei ihm üblich auch reichlich Quellenangaben gemacht hat.

Dass ich den Artikel ausgerechnet am 9./10. September 2017 übersetzt habe war in sofern passend, als der 10.9.2017 der Tag des Offenen Denkmals war, der 2017 dem Thema “Macht und Pracht” gewidmet ist. Die Macht und Pracht der westlichen Industriegesellschaften beruht auf der Verfügbarkeit sich zunehmend erschöpfender, und zudem größten Teils in fremden Ländern liegenden Ölvorräte.  Wesentliche Aspekte des Schicksals Deutschlands und Japans im 2. Weltkrieg, wie den Kollaps durch Energiemangel, wird man wohl unvermeidbar in den nächsten Jahren bis maximal ein bis zwei Jahrzehnten auch in Deutschland und Westeuropa beobachten können.

Weder der Regierung noch der Masse der Bevölkerung scheint der gravierende Unterschied zwischen Energie und Technologie klar zu sein. Unklar ist den meisten auch, dass man nicht einfach Energie braucht, sondern sehr hochwertige, konzentrierte Energie, die dazu dann auch noch transportabel gespeichert und kontrolliert und bedarfsgerecht genutzt werden kann.

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