Energie und der Wohlstand der Nationen

Lesedauer 3 Minuten
image_print

Heute, am 5. März 2018, habe ich mir auf Peakprosperity.com das Interview von Chris Martenson mit Charles Hall, Dr. Charles Hall: The Laws Of Nature Trump Economics  – It’s all about Energy Retrun On Energy Invested (EROEI) (dt.: Dr. Charles Hall: Die Naturgesetze triumphieren über die Wirtschaft – Es dreht sich alles um das Verhältnis des Energieertrages zu den für dessen Erzielung notwendigen Energieinvestitionen)  angehört. 

Charles Hall erklärt zunächst gut verständlich, dass Prinzip des EROEI (= Energy Return on Energy invested = Verhältnis von Energieertrag zum Energieaufwand). Danach dreht sich das Interview um Zusammenhänge von Wirtschaft, Energie und EROEI. Dabei wird u.a. auch auf Themen wie Fracking und China eingegangen. Hall hat mit verschiedenen chinesischen Wissenschaftlern zusammengearbeitet und meint, dass die Chinesen die Energieproblematik deutlich klarer sehen als die meisten Amerikaner. Die Chinesen der chinesischen Petroleum Universität in Peking, die 2017 die Studie zum chinesischen Peak Oil veröffentlicht haben, waren früher wohl auch Studenten  oder/und  Mitarbeiter von Hall. Ein Artikel über diese Studie ist www.alternet.org/world/chinas-oil-production-about-peak  von Nafeez Ahmed. Hier der Link auf die pdf-Version der chinesischen Studie mit dem Titel  The evolution and present status of the study on peak oil in China:  web.cup.edu.cn/peakoil/document/20090601090525139177.pdf.

Nafeez Ahmed und sein Buch Failing States, Collapsing Systems: BioPhysical Triggers of Political Violence erwähnt Hall in dem Interview beiläufig am Rande, als er erklärt, dass und wie eine sinkende Netto-Energieproduktion in zuvor, in Zeiten reichlich verfügbarer billiger Energie, friedlichen multiethnischen Gesellschaften zu Gewaltexzessen und Bürgerkriegen führen kann. Ein Aspekt über den und dessen Folgen alle Parteien im energetisch fast ausgelutschten, vor dem wirtschaftlichen Abstieg oder Absturz stehenden Deutschland  meines Erachtens noch nicht erkannt haben.

Dem Interview ist zu entnehmen, dass China bis 2030 seine Ölimporte verdoppeln wird – sofern es das nötige Öl auf dem Weltmarkt auftreiben kann. Wie Martenson anmerkt, habe diese Studie in den Medien nicht die Aufmerksam erhalten, die sie verdient hätte.

Hall erklärt im Interview auch, dass und warum die Wirtschaftswissenschaften auf Sand gebaut sind: Sie ignorieren naturwissenschaftliche Grundlagen und glauben stattdessen, der Markt und der Preis würde schon alles richten. Das kam mir mit Blick auf das Interview mit Michael Dittmar bekannt vor, auf das ich in Der aufziehende Sturm am Ölhimmel hingewiesen hatte und das dort verlinkt ist.

Martenson bemerkt dazu unter anderem, dass wir längst keinen funktionierenden Markt und keine faire Preisbildung mehr haben, weil die Zentralbanken die Märkte durch die Flutung mit billigem Geld manipulieren.

Hall erzählt im Interview auch, dass und wie er mit Pedro A. Pireto  Buch Spain’s Photovoltaic Revolution: The Energy Return on Investment geschrieben hat, bzw. wie sie die zugehörige Studie durchgeführt haben. Der EROEI für die Photovoltaikanlagen in Spanien liegt demnach nur etwas über zwei. Das ist selbst im sonnenreichen Spanien entschieden zu wenig, um damit eine Zivilisation zu betreiben. Wie Hall anmerkt, gibt es eine weitere Studie über Photovoltaikanlagen im nördlicheren Europa, die gezeigt habe, dass dort (also auch in Deutschland) die Photovoltaikanlagen deutlich mehr Energie verbrauchen als sie produzieren1 . Diese per Gesetz in Deutschland kräftig bezuschussten Anlagen beschleunigen also faktisch nur den Absturz unserer Gesellschaft und sie steigern auch die Umweltbelastung und Klimaschädlichkeit unserer Gesellschaft.  Ein Fehler, den Befürworter der Photovoltaikanlagen machen würden sei, dass sie viele Energieaufwendungen, die zur Herstellung und zum Betrieb dieser Anlagen notwendig sind, übersehen und nicht einrechnen. 

Hall merkt auch an, dass immer mehr Menschen die Zusammenhänge  von Energie und Wirtschaft erkennen und dass sich zunehmend auch Wirtschaftswissenschaftler dafür interessieren würden.

Hall weißt darauf hin, dass die neue, 2. Auflage des Buches  Energy and the Wealth of Nations: An Introduction to Biophysical Economics, das er zusammen mit Kent Klitgaard geschrieben hat, gerade erscheine. Das Buch wird auf der Webseite von Amazon bereits angeboten, ist dort derzeit (5.3.18 abends) noch nicht auf Lager. Der Versuch, die Kindle-Version zu kaufen, führt zu der alten 1. Auflage von 2012. Man sollte momentan also noch etwas warten, bzw. sollte aufpassen, dass man keinen Ladenhüter kauft. Die neue Auflage wurde um verschiedene Kapitel wie z.B. Fracking erweitert, wie der Springer-Verlag auf der Seite zu dem  Buch  schreibt .

Insgesamt ist dieses Interview von Chris Martenson mit Charles Hall wieder einmal ein Hinweis darauf, dass es sich vielleicht lohnen könnte, wenn die deutschen Wähler, Parteimitglieder ALLER Parteien und auch die Politiker ALLER Parteien sich mehr und gründlicher mit der brutalen Realität der biophysikalischen Wirtschaft und der Energieproblematik beschäftigen würden und wenn sie sich dabei weniger als bisher von zwar verständlichem, aber zugleich gefährlichem Wunschdenken verführen lassen würden.

Kelberg, den 5. März 2018

Christoph Becker

 


  1. Es handelt sich offenbar um den Artikel Energy Return on Energy Invested (ERoEI) for photovoltaic solar systems in regions of moderate insolation von Ferrucio Ferroni und Robert Hopkirk, die wie Hall im Interview sagt, einen EROEI von nur 0,82 Errechnet haben.  

Share
0 0 votes
Article Rating
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
4 Comments
Oldest
Newest Most Voted
Inline Feedbacks
View all comments
Ulli
Ulli
6. März 2018 23:55

Es ist bemerkenswert, dass dieses Thema weder von den Medien noch von den Parteien angesprochen wird.

Wenn man es direkt anspricht, spricht man mit Wachstumsgläubigen.

Die großen Unternehmen aber reagieren.

Es scheint ein hard-reset geplant, den wenige große Unternehmen überleben dürften – viele Bürger allerdings nicht.

Ert
Ert
7. März 2018 0:20

Ich denke, wenn das Szenario der Netto-Energieverknappung konkret eintrifft, das es dann recht schnell & global abwärts geht. Wenn ich mir anschaue wo heute alle möglichen Güter herkommen.. und das diese Handelsbeziehungen dann a) erodieren werden, b) teurer werden, c) ggf. unmöglich werden, d) alternative Strukturen zu schaffen dann auch Energie & Kapital benötigen, etc. pp…. dann schwant mir nichts gutes.

Natürlich wird die Verelendung in der Peripherie auch Migrationsströme auslösen – das was bisher passiert ist – wird in Vergleich nichts gewesen sein.

Ich denke, da wird sich kaum jemand im dicht besiedelten DE oder Europa isolieren können. Süditalien und Südspanien könnten schlichtweg überrannt werden. Die meisten Teile von Asien sind viel zu dicht bevölkert… mal sehen wie sich Neuseeland, Kanada und der südliche Teil von Südamerika schlagen. Die Veränderungen werden meines Erachtens jedoch schnell sehr krass werden – bzw. haben das Potential dazu…

3Westbach51
3Westbach51
7. März 2018 0:42
Reply to  Ert

Zu Neuseeland und Australien (und anderswo): Ron Asher – In the Jaws of the Dragon: How China Is Taking Over New Zealand (
https://youtu.be/R4BLCu9xvRA ).
Die zentralen Probleme in Deutschland und anderen Teilen Europas dürften in Zukunft, neben Krieg und Bürgerkrieg, die Nahrungsmittelversorgung und das Heizen im Winter werden. Ein weiteres Problem könnte die Flucht oder Abwanderung der lntelligenz sein: Eine düstere Prognose für Europas Zukunft.Gunnar Heinsohn ( https://youtu.be/QxwBHRdTa3U ), Im Gegensatz zu Heinsohn sehe ich dabei aber vor allem Russland als künftiges Traumziel der deutschen und westeuropäischen Auswanderer. Der Grund ist, neben dem starken, die Sicherheit der Grenzen garantierendem russischen Militär, die Aussicht, dass Russland noch bezahlbares Erdgas und Erdöl hat, wenn Deutschland und der Rest Westeuropas schon lange fast nichts mehr bekommen können (siehe die dazu z.B. https://www.freizahn.de/2018/02/der-aufziehende-sturm-am-oelhimmel/ ).

Dietmar Fürste
Dietmar Fürste
7. März 2018 9:11

Naja, wenigstens haben sich die ÖR vorgenommen, durch die nächste Gebührenerhöhung noch rechtzeitig genug Geld für ihre üppigen Gehälter und Pensionen einzutreiben, bevor der große Knall kommt. Was allein ARD u. ZDF insgesamt an Energie verbraten, wird ja auch nirgends abgerechnet. Auch nicht, ob die überhaupt dafür zahlen…

Im übrigen, Vielen Dank für Ihre so objektive und mit faktenreichen Argumenten ausgestattete Site, sehr geehrter Herr Becker!

Das Klima-Thema brennt leider den Menschen vermutlich erst dann unter den Nägeln, wenn der EEG-Irrsinn unser Netz zum ersten mal in den Black-Out geführt hat. Und dann will es wiedér keiner gewesen sein. Siehe auch http://Eike-klima-energie.eu