Bodenerosion durch Starkregen in Weinbergen

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Als Ergänzung zu meinem Artikel Starkregen und Sturzfluten möchte ich auf Bilder und Nachrichten über ein Starkregenereignis hinweisen, das am Montag dem 30. Mai 2017 Teile der Eifel und der Obermosel heimgesucht hat. Dazu ein Beispiel aus einem anderen Weinbaugebiet.

Hier zunächst der Link auf den Artikel auf der Internetseite des Trierischen Volksfreund vom 30. Mai 2017: Heftiges Gewitter entlädt sich über Nordeifel und Obermosel. Da die Formulierung von Teilen (“aktuell”) der Linkadresse vermuten lässt, dass der Link nur begrenzte  Zeit aktiv ist, habe ich einige Bilder über die Erosionsschäden daraus kopiert und zeige diese am  Ende dieses Beitrags. Zunächst zitiere ich aus dem oben verlinkten Artikel:

Laut der Ortsgemeinde Nittel fielen innerhalb 20 Minuten mehr als 18 Liter Regen pro Quadratmeter. Das zeigt eine Messstation in den Weinbergen oberhalb des Ortes. Der trockene Boden konnte die Wassermassen nicht mehr auffangen. Der Regen floss schließlich nur oberirdisch ab. Tiefe Rinnsale zogen sich durch die Weinberge. Schlamm und Geröll setzten sich in Bewegung und bedeckten nach kurzer Zeit die landwirtschaftlichen Wege zwischen den Weinreben kniehoch. Mit mehreren Traktoren wurden die Wege frei gemacht.
Schließlich ergoss sich eine Schlamm-Wasser Lawine über die L 135 hinunter über die B 419 Richtung Mosel. Die Straßen wurden unpassierbar und mussten teilweise gesperrt werden. Die Einsatzkräfte hatten alle Hände voll zu tun. Mit Schaufeln und Besen wurden die Fahrbahnen wieder frei gemacht, die Bundesstraße wurde einseitig gesperrt. Die Landstraße musste komplett über mehrere Stunden voll gesperrt werden. Mit Traktoren wurden auch hier Schlamm und Geröll abtransportiert.

Nur 18 Liter/qm  in 20 Minuten, das entspricht 54 mm pro Stunde. Wie ich in  Starkregen und Sturzfluten  geschrieben hatte, konnte z.B. Gabe Brown durch sein Bodenmanagement auf seinem Ackerland die Versickerungsrate von nur 12,5 mm pro Stunde im Jahre 1991 auf 203 mm im Jahre 2010 verbessern. Das wären in 20 Minuten immer noch mehr als 67 mm, das ist mehr als Dreifache dessen, was jetzt an der Obermosel niedergegangen ist und die Schäden verursacht hat, die  den Anlass für den Artikel im Trierischen Volksfreund gegeben habe. (Nachtrag: In seiner Präsentation beim Soil Health Field Day 2017, auf der Farm von Dave Brandt, im April 2017, hat Gabe Brown erwähnt, dass bei der letzten Messung der Versickerungsrate, im Jahr 2010, für den ersten Zoll (25,4 Liter Regen pro Quadratmeter) nur 9 Sekunden benötigt wurden. Der Link auf Youtube führ zu der Stelle wo das mit den 9 Sekunden gezeigt und gesagt wird.)

Das Starkregenereignis an der Obermosel hätte auf Gabe Browns Ackerland noch nicht einmal eine Pfütze verursacht, sondern würde einfach so im Boden versickern. Damit würde aber auch die gesamte Niederschlagsmenge in seinem Boden gespeichert worden sein und würde dazu beitragen, das Wachstum der Pflanzen zu verbessern, wenn das Wetter wieder trocken ist. Es wäre sogar noch besser gekommen: Wenn oberhalb eines Weinberges mit wirklich gut gemanagtem Boden ein Stück Land mit weniger aufnahmefähigem Boden gewesen wäre, hätte man bei einer Bodenqualität wie sie Gabe Brown heute hat, sogar noch Wasser von diesem Nachbarn bekommen und speichern können.

Nachdem ich Starkregen und Sturzfluten  geschrieben hatte, habe ich mir einige Vorträge zur Singing Frogs Farm des Ehepaars Elizabeth und Paul Kaiser auf Youtube angesehen. Die Farm der Kaisers liegt mitten in einem bekannten Weinbaugebiet, dem Sonoma County.

In einem Vortrag im Jahre 2014 berichtete Paul Kaiser von folgendem Beispiel: Am 22. Oktober 2010 kam der erste Regen nach einer von Februar bis Oktober dauernden Trockenperiode und es war ein Hammer: 279 Liter pro Quadratmeter  in 36 Stunden. Ein zertifizierter Bio-Betrieb in der unmittelbaren Nähe der Singing Frogs Farm hatte als Folge dieses Starkregenereignisses 100 % Ernteverlust. Die weniger als 300 Meter entfernte Singing Frogs Farm, hatte mit demselben Boden und denselben Gemüsesorten keinerlei Ausfälle. (Quelle:  2014 Quivira Conference, Paul Kaiser, etwa ab Minute 42) Der Unterschied war das Bodenmanagement.

Bei  bei einem Ausflug an die Mosel am vorigen Wochenende, habe ich beim Blick auf die Weinberge noch über die Naivität vieler Winzer  gestaunt und mir überlegt, wie dort ein Starkregenereignis wüten würde, wobei das was dann wenig später passiert ist, meine Phantasie durchaus übertroffen hat. Wenn ich einen der Winzer getroffen und das Problem angesprochen und eigentlich wissenschaftlich gut fundierte Verbesserungsvorschläge gemacht hätte, hätte er/sie mich voraussichtlich ausgelacht und wäre vielleicht sogar ungehalten gewesen, weil ich ja keine Ahnung habe und weil er seine Weinberge schließlich so angelegt habe und bewirtschafte wie es sich gehört.  Im vorigen Jahr hatte ich einen Winzer, der sich bitterlich über Trockenschäden beklagt hatte,  unter andrem auf das Key-Line-System nach Yeomans hingewiesen, das ich in Das Hauptliniensystem vorgestellt hatte, und das meines Erachtens gerade auch an der Mosel einiges bringen würde, vor allem, wenn man zusätzlich die für den Weinbau an der Mosel brauchbaren Elemente des Bodenmanagements etwa der Betriebe von Paul Kaiser und Gabe Brown kombiniert. Die Reaktion dieses Winzers hat mir gereicht und ich wundere mich jetzt nicht mehr, wenn ich wieder einmal manche Weinberge sehe und und auch nicht über die Schäden, die dort durch Starkregen und Trockenheit entstehen werden.

Für Winzer und Landwirte, die Englisch können,  hat die  für die Mutterbodenerhaltung, Nachhaltigkeit und Bodengesundheit zuständige Stelle des amerikanischen Landwirtschaftsministerium übrigens jede Menge sehr interessante Informationen auf

https://www.nrcs.usda.gov/wps/portal/nrcs/site/soils/home/

Zur Einführung könnte man mit dem Soil Health 101 Farming in the 21st Century “a practical approach to improve Soil Health” beginnen.

Hier die aus dem oben verlinkten Artikel des Trierischen Volksfreund stammenden Bilder von der Mosel nach dem Starkregen am 29. Mai 2017:

Solche Schäden sind grundsätzlich vermeidbar und es sollte sie in einem Land wie Deutschland, mit all seinen Bildungs- und Informationsmöglichkeiten, eigentlich nicht geben.

Kelberg, den 30. Mai 2017

Christoph Becker

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