Das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) bietet auf seiner Webseite eine ganze Reihe Publikationen an. Mich hat von dem reichhaltigen Angebot dieses Büros zunächst nur das 2011 erschienene Buch Was bei einem Blackout geschieht – Folgen eines langandauernden und großflächigen Stromausfalls interessiert, das sich mit einem länger andauernden Stromausfalls befasst.
Das Wort „Krieg“ konnte ich in diesem Bericht nur an einer einzigen Stelle finden, und dann auch nur in dem Zusammenhang, dass es in Kriegs- und Katastrophensituationen zu „sexuell-aggressiven Bemächtigungen“ also zu Vergewaltigungen kommen kann. Auf die Idee, dass fremde Mächte gezielt, in einer ersten Angriffswelle die elektrische und elektronische Infrastruktur einer modernen Gesellschaft unbrauchbar könnten und würden und dass diese dabei vielleicht sogar anonym bleiben könnten, scheint man in Berlin nicht gekommen zu sein. Dass es angesichts der Weltlage (Verlust an Ackerland, Wassermangel, sinkende Grundwasserspiegel in Nordafrika und in weiten, für die Nahrungsproduktion wichtigen Teilen Asiens, Bevölkerungsüberschüsse, Proliferation von Atomwaffen, extreme Verwundbarkeit westlicher Industriestaaten durch EMP-Angriffe und vielem mehr) zu einem offenen oder zunächst verdecken Angriffskrieg in Richtung Europa kommen könnte, scheint man auch nicht gekommen zu sein.
Obwohl einiges an Literatur angeben wird, wird der 2008 erschienene Critical National Infrastructures Report der EMP-Commission des amerikanischen Kongresses nicht erwähnt, obwohl dieser sich auch mit dem Problem eines großflächigen Stromausfalls befasst. Anders als der deutsche Bericht hatte sich der amerikanische Bericht aber zusätzlich noch mit dem Problem befasst, dass neben der Stromversorgung zeitgleich auch nahezu die gesamte Elektronik landesweit ausfallen kann.
Das Buch Was bei einem Blackout geschieht – Folgen eines langandauernden und großflächigen Stromausfalls des TAB ist dennoch sehr informativ und lesenswert. Bei der Lektüre sollte man aber bedenken, dass in ein einem wirklichen Ernstfall, etwa in der Anfangsphase eines großen Krieges, wahrscheinlich auch die gesamte moderne Elektronik und Regelungstechnik weitgehend unbrauchbar gemacht würde, und dass dann nicht nur in ganz Deutschland sondern auch in weiten Teilen des restlichen Europas. Man sollte daher sicherheitshalber damit rechnen, dass dann auch Notstromgregate (in dem Buch oft auch mit NSA und USV abgekürzt) und alternative Energiequellen ausfallen, soweit deren Funktion auf das Funktionieren von elektronischen Schaltkreisen angewiesen ist. Das heißt, die Situation würde sich in der Realität unter Umständen noch sehr viel schneller und krasser verschlechtern. Der Elektroingenieur Patrick Lowrie schildert in seinem Roman SS-18: The SATAN Legacy (End Game) (English Edition) dass man die Notstromversorgung im Weißen Haus nur wiederherstellen konnte, weil man noch einen alten Dieselgenerator aus dem vorelektronischen Zeitalter hatte. Das Weiße Haus wird heute sicher eine auch gegen EMP-Ereignisse ausreichend gesicherte moderne Notstromanlage haben, aber dass in Deutschland entsprechend gesicherte Notstromaggregate existieren, darf man bezweifeln, wenn man liest, welche eher harmlosen Szenarien in Berlin offenbar schon die Grenze des Vorstellbaren darstellen.
Die Autoren schreiben, „Die Erwartung, dass die Behörden
in der Lage sind, die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten, sollte auf keinen Fall enttäuscht werden.“ Hat jemand allen Ernstes überhaupt diese Erwartung? Wenn ja, besser, realistischer und lebensrettend wäre, wenn man von den Behörden im Ernstfall nur totales Versagen erwartet und wenn die Bürger zumindest in den ländlichen Gebieten sich auf lokaler Ebene gemeinsam auf einen solchen Ernstfall vorbereiten (in den Städten hat man dann eh kaum eine Überlebenschance). In dem im Folgenden verlinkten Film „Americas Cities – The Movie“1 sagt einer der Sicherheitsexperten, dass das große Problem der Behörden in einer solchen Situation eben die Leute sind, die auf den Staat und die Behörden vertrauen und auf deren Hilfe warten.
Sun Tzu, der alte chinesische Klassiker der Kriegskunst sagte:
In alter Zeit machten sich die fähigen Krieger unbesiegbar und warteten auf den Moment der Verwundbarkeit des Feindes. Unbesiegbarkeit hängt von einem selber ab; die Verwundbarkeit des Feindes hängt von ihm ab.
Deutschland, und andere europäische Staaten tun dagegen heute alles, um ihre Verwundbarkeit zu maximieren, und das im ersten fünftel eines Jahrhunderts, das der amerikanische Soziologe und Ökologe, Prof. Dr. William R. Catton nach gründlichem Studium der Situation als „Flaschenhalsjahrhundert“ bezeichnet hat, weil er eine ganz sicher nicht friedliche verlaufend, massive Reduktion der Weltbevölkerung vorausgesehen hat.
Kelberg, den 7.3.2015
Christoph Becker
dieser Film und der Film Urban Danger zusammen mit einer entsprechenden Lokalpolitik auf dem Land, könnten, nebenbei bemerkt, die Probleme der Landflucht, der Leerständen in den Dörfern und des drohenden Ärztemangels auf dem Land nachhaltig lösen ↩