Bereicherung, bunt und andere Unwörter

Lesedauer 18 Minuten
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Aus dem Buch Die Sprache der BRD: 131 Unwörter und ihre politische Bedeutung von Manfred Kleine-Hartlage, habe ich hier die Definitionen der Wörter Bereicherung,  Bevölkerung, bunt, Karneval der Kulturen, Integration, Multikulturell, Kampf gegen Rechts, Toleranz, Vielfalt, Vorurteil, Willkommenskultur, Zivilcourage und Zuwanderung wiedergegeben. Das Buch halte ich für sehr lesenswert und traurig-amüsant. Weil die Definitionen alle recht kurz sind, ist es ein Buch, in dem man zwischendurch immer mal wieder kurz etwas lesen kann.

Hier ist die Webseite des Autors für dieses Buch verlinkt.

Ein gute gemachter Beitrag zum Hintergrund des Buches auf Youtube:

 

Von Manfred Kleine-Hartlage hatte ich schon das meines Erachtens auch sehr empfehlenswerte kleine Buch Warum ich kein Linker mehr bin gelesen. Mit dem selben Titel gibt es auf Youtube einen Vortrag von ihm:

Vortrag Manfred Kleine Hartlage: Warum ich kein Linker mehr bin

Hier nun einige der Definitionen aus seinem Buch  Die Sprache der BRD – 131 Unwörter und ihre politische Bedeutung:


Liste der Definitionen

  1. Bereicherung
  2. Bevölkerung
  3. bunt
  4. dumpf
  5. Integration
  6. Karneval der Kulturen
  7. krude
  8. Multikulturell
  9. rechts
  10. Kampf gegen Rechts
  11. Toleranz
  12. Vielfalt
  13. Vorurteil
  14. Willkommenskultur
  15. Zivilcourage
  16. Zuwanderung

► Bereicherung

Es gibt viele Dinge, von denen man sich bereichert fühlen kann, aber nur wenige, von denen man sich bereichert fühlen soll – und dies auch dann, wenn man nicht recht zu erkennen vermag, worin die »Bereicherung« eigentlich besteht und deshalb zu dieser vermeintlichen Einsicht überredet werden muß. Dies kann auf subtile (-♦»Zuwanderung«) oder auf plumpe, muss aber in jedem Fall auf stereotype Weise geschehen: Worte, die -auf den ersten oder doch spätestens zweiten Blick – offenkundig unangemessen sind, werden in bestimmten Zusammenhängen so oft wiederholt, bis das Publikum durch Abstumpfung dazu gebracht wurde, mit den Worten auch ihren Inhalt zu akzeptieren.

Der ehemaligen Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Maria Böhmer, »deren tantenhafter Habitus ihren Bonmots erst so richtig die aufreizende Würze verleiht« (Martin Lichtmesz) und die für die subtileren Manipulationen zu einfachen Geistes sein dürfte, verdanken wir einen Klassiker plumper BRD-Sprache: »Diese Menschen mit ihrer vielfältigen Kultur, ihrer Herzlichkeit und ihrer Lebensfreude sind eine Bereicherung für uns alle.«

Da ist sie, die Bereicherung-, und da ein Unwort selten allein kommt, kommt sie aus dem Munde einer ->»Integrations«-Beauftragten Hand in Hand mit den -♦»Menschen«, der -♦»Vielfalt« und der -»»Kultur«. Dass hier gedankenlos Phrasen gedroschen werden, erkennt man daran, dass Frau Böhmer, die in diesem Zusammenhang ausdrücklich nur von türkischen Einwanderern spricht, deren »vielfältige Kultur« rühmt. Die »Vielfalt« entsteht also nicht etwa dadurch, dass die türkische Kultur auf die deutsche trifft: Die türkische Einwanderergemeinde, so müssen wir Frau Böhmer wohl verstehen, ist in sich schon so vielfältig, dass sie uns Deutsche gar nicht mehr nötig hat. Im Hinblick auf die türkisch-kurdische Bipolarität mag dies sogar zutreffen. Da aber weder die Türken, noch die Kurden dieser Art von Vielfalt sonderlich froh zu werden scheinen, ist sie ein erstklassiges Argument gegen den Multikulturalismus, nicht dafür.

Die ständige Rede von der -»»Bereicherung«, die die Deutschen der Masseneinwanderung verdankten, enthält bereits ihr eigenes Dementi: Niemand, der wirklich bereichert wird, braucht durch immer gleiche Worthülsen überredet zu werden, diese Bereicherung als solche zu erkennen. Keine Lottozentrale wird den glücklichen Millionengewinner eindringlich darauf hinweisen, daß er sich doch bitteschön der ihm zuteil gewordenen Bereicherung als solcher bewusst sein möge.

Es fällt schwer, sich nicht an die DDR erinnert zu fühlen, in der jedem noch so schreienden Missstand eine ihn rundeweg leugnende Parole gegenüberstand, und vielleicht ist es kein Zufall, dass der Gebrauch plumpester Propagandaphrasen ohne jeglichen Realitätsbezug einen Höhepunkt unter der Kanzlerschaft einer Frau findet, die ihre politische Grundausbildung in der FDJ erhalten hat, dem Vernehmen nach als Sekretärin für Agitation und Propaganda.
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► Bevölkerung

Dem Wortsinne nach ist eine Bevölkerung keine Personengesamtheit, sondern ein Vorgang, nämlich der des Bevölkerns, und es liegt eine gewisse subtile Logik darin, daß der altehrwürdige Begriff »Volk« gerade in dem Moment aus der politischen Sprache der BRD verschwindet, in dem Deutschland, wie alle anderen Länder des Westens, von Menschen bevölkert wird, die bzw. deren Vorfahren aus ganz anderen Weltgegenden stammen.

Dass der Begriff des Volkes eine besondere Sprengkraft hat, mussten zuletzt die Machthaber der DDR erfahren, die unter der Parole »Wir sind das Volk!« gestürzt wurden. Offenbar haben ihre Nachfolger in der BRD kein Interesse daran, diese Erfahrung zu teilen und offenbar haben sie ein feines Gespür für das, was sie ideologisch stets abstreiten, nämlich dass ein Volk eine Solidargemeinschaft ist, die nur deswegen, weil das so ist, kollektiv handeln und gegebenenfalls auch Machthaber stürzen kann. Kein Volk – keine Solidarität. Keine Solidarität – keine Gefahr.

Als der nordrhein-westfälische Landtag 2010 in einer Resolution befürwortete, Ministern in Zukunft keinen Eid auf »das Wohl des deutschen Volkes« mehr abzunehmen22, und dies ausdrücklich damit begründete, andernfalls würden Migranten ausgegrenzt, gaben die Abgeordneten damit zu, dass Migranten nach ihrer Auffassung per definitionem nicht zum deutschen Volk gehören und dass sie, die Politiker, das Ziel, Einwanderer ins deutsche Volk zu integrieren, aufgegeben hatten, sofern es überhaupt je verfolgt worden war. Was die politische Klasse der BRD freilich keineswegs daran hindert, immer mehr dieser Einwanderer, von denen sie zugibt, dass sie nicht integriert werden können oder sollen, ins Land zu holen. -* »Integration«: Das bedeutet entweder die Aufnahme der Einwanderer in ein integres Ganzes, nämlich das deutsche Volk, oder es bedeutet überhaupt nichts. Integration soll nicht stattfinden, und einem Volk will die politische Klasse der BRD sich nicht mehr gegenübersehen, mit ihm will sie nichts mehr zu tun haben.

Da die BRD aber den Anspruch erhebt, ein demokratisches Staatswesen (von demos = Volk) zu sein, gerät besagte politische Klasse in eine gewisse Verlegenheit: Sie kann zwar im Sinne eines kalten Staatsstreichs Fakten schaffen, indem sie den Rat umsetzt, den Bertolt Brecht nach dem Aufstand vom 17. Juni 1953 der SED-Regierung gab, nämlich das Volk aufzulösen und sich ein neues zu wählen. Sie kann aber nicht zugeben, dass sie das tut. Sie ist darauf angewiesen, die Demokratie wenigstens als Fiktion aufrechtzuerhalten. Sie braucht das Wort »Volk«, aber weil dieses Wort so gefährlich ist wie das, wofür es steht, läßt sie es von einem Wachkommando aus einer Vor- und zwei Nachsilben eskortieren: Fertig ist die »Bevölkerung«.

Dass sie mit einem derart plumpen Manöver allerdings durchkommt, wäre kaum zu erklären, wenn die BRD nicht schon seit 1949 eine Art Demokratiesimulation wäre: eine »Demokratie«, deren Repräsentanten finden, das Volk habe sich ihres Vertrauens als würdig zu erweisen, welches Volk sich aber gleichwohl als »Souverän« umschmeichelt sieht, und sie sich in den gut sechzig Jahren ihres Bestehens den ihr gemäßen Bürgertyp herangezogen hat, nämlich den Demokratiesimulanten.

Wer dies nicht glauben möchte, stelle sich einen Moment lang den Galgen vor, an dem amerikanische Politiker hängen würden, wenn sie es wagten, die amerikanische Verfassung nicht mehr mit »We the People«, sondern mit »We the Population« einzuleiten.
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► BUNT

Kaum jemand hätte sich wohl vor zwanzig Jahren vorstellen können, welche Karriere einmal das Wort »bunt« machen würde: Wer in der meistbenutzte Suchmaschine nach »bunt« sucht, stößt nicht etwa auf die Beschreibung von Kindergeburtstagsfeiern, sondern überwiegend auf Webseiten, die einen politischen Anspruch erheben, dabei aber reichlich stereotyp (in jedem Fall aber alles andere als bunt) daherkommen: unter anderem »München ist bunt«, »Weiden ist bunt«, »Bad Nenndorf ist bunt«, »Gräfenberg ist bunt«, »Vorpommern ist bunt« -und damit sich auch ja niemand falsche Vorstellungen macht, was unter der erwünschten »Buntheit« zu verstehen ist, folgen Vokabeln, von denen viele in diesem Wörterbuch vertreten sind: »Weltoffen, demokratisch, bunt«, »Gesicht zeigen«, »Bündnis gegen Rechtsextremismus«, »Gräfenberger Menschenrechts- und Demokratieerklärung« (ein bißchen Größenwahn darf auch dabei sein).

Den Initiatoren scheint nicht aufzufallen oder es scheint sie nicht zu interessieren, dass ein Land, in dem der Wille zur »Buntheit« den zum Überleben verdrängt, nicht überleben wird; dass eine »Buntheit«, die in München dieselbe ist oder sein soll wie in New York, Peking oder Istanbul, nicht weniger als die Utopie einer völligen Uniformierung des Planeten enthält und zu einer Welt führt, in der man ohne Navigationsgerät nicht einmal weiß, in welchem Land man sich befindet, in der also die reale Vielfalt (im Gegensatz zur ideologisch karikierten »Vielfalt«) einer uniformierten »Buntheit« weichen muss; dass derjenige, der sich infantilen Vokabulars bedient und dies in Zusammenhängen, in denen es um die Zukunft eines ganzen Landes geht, von erwachsenen Menschen nicht ernstgenommen werden kann; und dass diejenigen, die so reden, den Bewohnern eines Hauses gleichen, die über den Fassadenanstrich diskutieren, während die Fundamente bröckeln.

Ein Staat, in dem bis hin zum Bundespräsidenten alle vermeintlich seriösen Meinungsmultiplikatoren in stereotyper Weise eine solch kindische Kitschsprache sprechen, ist zum Tode verurteilt.
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► dumpf

Wenn etwas in politischen Zusammenhängen als »dumpf« bezeichnet wird, dann sind es zumeist »Parolen«. »Dumpf« sind sie dann, wenn der Autor nicht bereit oder nicht in der Lage ist, sich argumentativ mit ihnen auseinanderzusetzen. Da er dies schlecht zugeben kann, nennt er sie »dumpf« und verläßt sich darauf, dass dann schon keiner nachfragen wird, worin die »Dumpfheit« eigentlich besteht (aus Angst, sonst selbst der Dumpfheit verdächtigt zu werden). Ein Schuft, wer solche Rhetorik irgendwie dumpf findet!
Siehe auch -*»krude«.

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► Integration

Integration setzt bereits begriffslogisch die Existenz eines integren Ganzen voraus, in das hinein derjenige, der integriert werden oder sich integrieren soll, integriert werden kann.

Wer daher beispielsweise von der Integration von Ausländern in Deutschland spricht, muss angeben können, wer die integrierende Einheit ist. Diese kann nur das deutsche Volk sein – wer denn sonst?

Dies setzt aber voraus, daß das deutsche Volk überhaupt existiert und eine Solidargemeinschaft ist. Wer ihm diesen Charakter abspricht bzw. ihn zu beseitigen versucht, d.h. wer die integrierende Einheit abschaffen will, kann das Wort »Integration« nur als Lüge benutzen. Was ihm vorschwebt, ist dann in Wahrheit ein Nebeneinander von Teilen, die kein Ganzes bilden: also genau das Gegenteil von Integration. Er spekuliert lediglich darauf, dass die Öffentlichkeit – von der er genau weiß, dass sie unter »Integration« etwas anderes versteht – dies nicht bemerkt.

»Integration« heißt, dass jemand Deutscher wird, und da ein Volk definitionsgemäß eine Solidargemeinschaft ist, bedeutet es, dass er die Solidarität dieses Volkes nicht nur zu eigenen Gunsten einfordert, sondern seinerseits übt, daß er dieses Volk also als sein eigenes empfindet und sein Handeln – auch sein politisches Handeln -daran ausrichtet. Dass es zahlreiche Stammdeutsche gibt, die dieses Postulat mißachten, ändert nichts an seiner Gültigkeit, und die »Integration« von Vorzeigemigranten in eine politische Linke, die sich die Zerstörung des eigenen Volkes auf die Fahnen geschrieben hat, bedeutet demonstrativ Nichtintegration in dieses Volk.

Ob jemand Deutscher ist oder nicht, ist keine Frage der Staatsangehörigkeit: Der Staat schafft nicht das Volk, er findet es bei seiner Entstehung vor und setzt seine Existenz als soziologische, nicht rechtliche Gegebenheit voraus. Nicht zufällig erwähnt auch das Grundgesetz das deutsche Volk in der Präambel, und es enthält nirgendwo den Satz: »Hiermit wird das deutsche Volk gegründet.«

Ein Staat, in dem die Regierung Bertolt Brechts ironisch gemeinten Ratschlag befolgt, das Volk aufzulösen und sich ein neues zu wählen, indem sie den deutschen Pass buchstäblich jedem Dahergelaufenen in die Tasche steckt und nach eigenem Gutdünken die Zusammensetzung des Souveräns manipuliert, überschreitet damit bei weitem seine Befugnisse. Er selbst tritt damit – ungeachtet dieser Kompetenzüberschreitung – in eine Rechtsbeziehung zur jeweils eingebürgerten Person. Eine solche gleichsam vertikale Rechtsbeziehung zwischen dem Staat und einem Bürger hat aber mit der horizontalen Beziehung der Bürger zueinander, hat mit der Zugehörigkeit zu einer Solidargemeinschaft überhaupt nichts zu tun. Wer etwas anderes behauptet, verwechselt Soziologie mit Juristerei. Der Rechtsakt der Einbürgerung kann einen Integrationsprozeß abschließen, aber nicht ersetzen.

Integration ist etwas, das der natürlichen Trägheit des Menschen widerstrebt. Es bedeutet, sich einer Gemeinschaft anzuschließen, die bestimmte Erwartungen hegt – sonst ist sie nämlich keine – und diese Erwartungen zu erfüllen. Man muß sich ändern, und das tut niemand gerne. Integration ist einfach anstrengend, und wer gesagt bekommt, dass er sich nicht zu ändern braucht, dass er also getrost seine kulturellen Werte und seine ethnischen Loyalitäten behalten kann, die die Integration gerade behindern, der behält sie auch und integriert sich nicht.

Wer Integration für ein wünschenswertes Ziel hält, kann diesem Ziel keinen schlimmeren Bärendienst leisten als dadurch, dass er »Einwanderern signalisiert, sie könnten ruhig doppelte, multiple oder hybride Identitäten hegen, was im Klartext bedeutet, daß sie mit dem deutschen Volk nicht solidarisch zu sein brauchen (es aber theoretisch auch mit keinem anderen sein sollen), da wir Deutschen selbst es ja auch nicht seien und als Glied einer fiktiven Solidargemeinschaft namens .Menschheit’ jede Bevorzugung des Eigenen gegenüber dem Fremden schon aus Prinzip ablehnten. Ein Volk, das tatsächlich so denken würde, wie unsere Eliten uns suggerieren möchten, könnte im Normalbetrieb noch eine Weile nominell fortexistieren. Seine faktische Nichtexistenz als Volk, und das heißt definitionsgemäß als Solidargemeinschaft, würde sich spätestens im Ernstfall offenbaren, also dann, wenn sein Überleben von der Loyalität und Opferbereitschaft seiner Mitglieder abhängt. Es steht zu befürchten, daß die ideologisch postulierten und legitimierten .doppelten’, .multiplen’ und .hybriden’ Identitäten mancher Einwanderer sich in einem solchen Fall als Bemäntelung von jeweils höchst eindeutigen ethnischen Loyalitäten entpuppen würden. Von Loyalitäten, die alles andere als hybrid sind und jedenfalls nicht dem deutschen Volk gelten.«

Es ist auch ganz unerfindlich, warum sich jemand mit einem Volk identifizieren soll, das er auf dem absteigenden Ast sieht: »Warum, um nur dieses eine Beispiel zu nennen, sollten Türken in Deutschland es attraktiv finden, so zu werden wie wir? Warum sollten sie es attraktiv finden, ihre Gemeinschaft mitsamt den damit verbundenen Solidaritätspflichten und -forderungen zu verlassen, um sich einer anderen Gemeinschaft anzuschließen (denn eine solche sind wir in ihren Augen, egal ob wir eine sein wollen oder nicht), die offenkundig auf dem absteigenden Ast sitzt? Die Scheidungs- und Geburtenraten, die masochistische Selbstbeschimpfung und Selbstschädigung der Deutschen, die genau wissen, daß Deutschland sich abschafft (denen das aber egal ist), ihr schwächliches Nachgeben gegenüber Forderungen und Drohungen sprechen doch eine klare Sprache. Wer sich einer solchen Gemeinschaft anschließt, schifft sich sehenden Auges auf der Titanic ein.«

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► Karneval der Kulturen

Auf den ersten Blick ein Oxymoron: »Kultur« im traditionellen Sinne bezeichnet etwas Ernstes und Tiefes, »Karneval« das Gegenteil davon. Es gibt aber keinen Hinweis darauf, daß die Veranstalter des Berliner »Karnevals der Kulturen« sich dieses Oxymorons, das heißt des Zusammenspannens einander widersprechender Begriffe, bewußt wären. Man darf annehmen, daß sie davor zurückschrecken würden, einen »Karneval der Religionen« oder einen »Karneval der Philosophien« zu veranstalten, und daß sie den Ausdruck »Karneval der Kulturen« nicht um des rhetorischen Effekts willen gewählt haben, sondern weil sie überhaupt keinen Kulturbegriff haben.

Kultur ist unter anderem ein komplexes Ensemble von Normen und Wertvorstellungen, die eine Gesellschaft erst funktionsfähig machen, und die bei verschiedenen Völkern unterschiedlich sind. Nicht umsonst gibt es das Sprichwort »Andere Länder, andere Sitten«. Eine multikulturelle Gesellschaft wäre eine, in der gilt: »Gleiches Land, verschiedene Sitten«. Die Vorstellung, daß

eine solche Gesellschaft harmonisch sein könne oder gar müsse, kann nur hegen, wer davon ausgeht, die Kulturen, deren -»»Vielfalt« auch noch ideologisch gefeiert wird, seien in Wirklichkeit in jeder relevanten Hinsicht ein und dieselbe Kultur und die zwischen ihnen bestehenden Unterschiede folglich rein äußerlicher, folklo-ristischer Natur. Dieser Neigung, Kultur mit Folklore zu verwechseln und sie als etwas mißzuverstehen, was dem Menschen so äußerlich sei wie seine Kleidung (die er ja auch wechseln kann, ohne deshalb ein anderer zu werden), entspricht denn auch das infantile Adjektiv -»»bunt«, das zur Beschreibung der multikulturellen Gesellschaft verwendet wird und in etwa besagt, daß alle Menschen sich so gleichen wie Smarties, die sich nur durch die Farbe (und nicht einmal den Geschmack) des Zuckergusses unterscheiden.
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► krude

Manche Worte werden derart stereotyp zur Vortäuschung von Intellektualität gebraucht, daß selbst Autoren der politischen Linken sich über ihre Häufigkeit lustig machen. So schreibt der taz-Kolumnist Deniz Yücel in einer Satire unter dem Titel »Krude, kruder, am krudesten – Wie schreibe ich einen Profimeinungskommentar, der sich nicht anhört wie jeder andere? Zwölf goldene Regeln«:

»9. Stammtischparole: Werfen Sie Ihrem Gegner vor, daß er Stammtischparolen verbreitet. Oder populistisch argumentiert. Oder Klischees bedient. Oder eine Regel mißachtet. Vergessen Sie nicht das passende Adjektiv: Stammtischparole (dumpfe), Populismus (reiner), Klischee (billiges), Regel (goldene).

10. Krudismus: Geben Sie Ihrem Gegner den Rest, bezeichnen Sie seine Ansichten als krude. Der Höchstbietende gewinnt: krude, kruder, am krudesten.«48

Siehe auch -►»dumpf«, -»»Stammtisch«, »Populismus«,

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► MULTIKULTURELL

Eine Kultur besteht vor allem aus den tausend und abertausend ungeschriebenen Regeln, Sichtweisen und Wertorientierungen, über die Konsens unterstellt werden kann und die deshalb Konflikte verhindern, mit deren Regelung der perfekteste Staat überfordert wäre. Ein liberaler Rechtsstaat ist nur dort möglich, wo die Gesellschaft sich vermittels eines solchen Systems weitgehend selbst reguliert und den Staat dadurch in seiner Ordnungsfunktion entlastet, die er sonst nur mit einem Maximum an Repression und selbst dann nur mit unbefriedigenden Ergebnissen erfüllen könnte.

Bestehen in einer Gesellschaft mehrere Kulturen, d.h. mehrere solcher Regelsysteme nebeneinander, existiert ein solcher Konsens nicht und tauchen deshalb bereits im Alltag millionenfach Konflikte auf, die es ohne »Multikulturalismus« nicht gäbe, die die Tendenz zur gewalttätigen Eskalation in sich tragen, und die allen – Einheimischen wie Migranten – das Leben sauer machen.

Dabei ist dieses Chaos auf der Mikroebene, obwohl es vielen Menschen das Leben schier unerträglich macht, noch das geringste Problem. Gravierender, insbesondere von einem emanzipatorischen Standpunkt, ist, daß auch Demokratie auf »multikultureller« Basis nicht möglich ist. Denn der Begriff »multikulturelle Gesellschaft« ist in Wahrheit ein Euphemismus. Eine »multikulturelle« ist notwendigerweise zugleich eine multiethnische Gesellschaft, ein Vielvölkerstaat, eine Gesellschaft in ethnischer Gemengelage.

Wer Multikulturalismus will, will eine ethnische Gemengelage, wie sie in Südafrika, im Libanon, im Kongo

und im ehemaligen Jugoslawien herrschen, und das heißt, er führt die dazugehörigen politischen Zustände herbei: Diktatur oder Bürgerkrieg oder beides.

Die immer drakonischeren Meinungsparagraphen, der immer hysterischere Kampf gegen »Rechts« – das heißt nicht etwa gegen Extremisten, sondern schlicht gegen die Sachwalter der Interessen des eigenen Volkes -, der mit seiner Gesinnungsjustiz und seinem Denunziantenunwesen allmählich Züge einer mittelalterlichen Hexenjagd annimmt, sind nur die ersten Vorboten eines neuen Totalitarismus, der erforderlich werden wird, um die Illusion eines gesellschaftlichen »Friedens« zu erzwingen, den die Gesellschaft, solange sie nicht »multikulturell« war, dem Staat frei Haus geliefert hat. Wie jeder andere Vielvölkerstaat der Geschichte wird auch die BRD und werden die anderen EU-Staaten ihrer ethnischen Konflikte auf die Dauer nur mit diktatorischer Gewalt und durch Suspendierung der Bürgerrechte Herr werden. Der Unterschied ist, daß die Staaten Europas diesen Zustand absichtlich herbeigeführt haben, den andere Vielvölkerstaaten als historisch tradiertes Problem nur vorgefunden haben, und daß die Linke die politische Speerspitze dieses Zerstörungswerks ist.
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► RECHTS

In der Sprache der BRD wird das Wort »rechts« ausschließlich in einem diffamierenden Sinne verwendet. Vermutlich ist den meisten Menschen, sogar den Älteren, kaum mehr bewußt, daß mit »links« und »rechts« einmal die Spektren von SPD und CDU/CSU bezeichnet wurden, das Wort »rechts« in keiner Weise einen abwertenden Beigeschmack hatte und auch von Mainstreamkonservativen zur Bezeichnung des eigenen politischen Standorts verwendet wurde.

»Rechts« ist schließlich nicht nur im Deutschen, sondern auch in vielen anderen Sprachen konnotiert mit »richtig«, »Recht« und »Gerechtigkeit«. »Links« dagegen wird verbunden mit »linkisch« und »link« im Sinne von unredlich. »Seltsam, wie man sich >links< nennen kann, da links von alters her als Synonym für das Fehlgehende gilt«,56 schrieb Botho Strauß. Wenn im heutigen BRD-Sprech »links« mit »gut« und »rechts« geradezu mit »böse« assoziiert wird, so ist dies ein eindrucksvoller Beweis für die Macht von Propaganda, auch und gerade primitiver Propaganda.

Daß diese Propaganda funktionieren konnte, hat nicht zuletzt mit der erbärmlichen Feigheit der bourgeoisen Karrieristen des Mainstreamkonservatismus zu tun, die um keinen Preis als »rechts« gelten wollten, dann mit dem Begriff auch die Sache aufgaben, für die er steht, und die heute in der Tat schon deshalb nicht »rechts« sind, weil sie hierzu überhaupt Überzeugungen haben müßten. Was ist eigentlich ein rechter Standpunkt?

Rechts sein heißt (und hieß schon immer), von der Frage auszugehen, wie die Welt ist, nicht, wie sie sein soll. Rechts sein heißt, sein Weltwissen aus der Geschichte zu beziehen, nicht aus einer imaginierten Zukunft, es heißt, die Welt nicht vom Standpunkt einer utopischen Verheißung zu beurteilen, sondern vom Standpunkt der ihr drohenden Gefahren. Rechts sein heißt, bei der Beurteilung der Wirklichkeit den eigenen Augen zu trauen, und es heißt, das, was funktioniert, dem vorzuziehen, was nicht einmal beansprucht zu funktionieren. Links sein heißt von alldem das Gegenteil.

Da das Volk in diesem Sinne von Natur aus rechts ist, ist die Linke darauf angewiesen, es zum Schweigen zu bringen.

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► Rechts, Kampf gegen

Da -»»rechts« und »links« aufeinander bezogene Komplementärbegriffe sind, ist jeder Standpunkt, der nicht

links ist, automatisch entweder rechts oder kein Standpunkt.

»Kampf gegen Rechts« heißt im Klartext: Kampf gegen alles, was nicht links ist. Es widerspricht diesem Befund nicht, daß es Menschen gibt, die sich als nicht links verstehen und trotzdem den »Kampf gegen Rechts« unterstützen. Sie betreiben Appeasement im verächtlichen Sinne des Wortes, das heißt: Sie füttern das Krokodil in der Hoffnung, als Letzter gefressen zu werden.

Da zu einem rechten Standpunkt die Hochschätzung intakter Strukturen gehört, ist der »Kampf gegen Rechts« zugleich der Kampf gegen diese Strukturen, also unter anderem gegen Völker, Nationalstaaten, Familien, Recht und Religion. Die Begriffe »rassistisch«, »nationalistisch«, »faschistisch«, »sexistisch«, »homophob«, »fundamentalistisch«, »rechtspopulistisch« und »reaktionär« werden in einem polemisch diffamierenden Sinne ausschließlich gegen Verteidiger dieser Strukturen, und zwar wegen dieser Verteidigung, vorgebracht. Der Kampf gegen Rechts ist die politische Flankierung eines nihilistischen Zerstörungsprojekts, das sich gegen Gesellschaft und Zivilisation schlechthin richtet.

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► Toleranz

»Toleranz« kommt vom lateinischen »tolerare« und heißt so viel wie »dulden«, »ertragen«. Sobald zur Toleranz aufgerufen wird, wissen wir also, daß das, was da toleriert werden soll, etwas Unangenehmes ist, das man sich nicht selbst ausgesucht hat und auch nicht ausgesucht hätte.

Eine Tugend ist Toleranz nur insofern, als in westlichen Gesellschaften Pluralität, etwa im Bereich politischer Meinungen, wissenschaftlicher Hypothesen oder miteinander konkurrierender Unternehmen nicht nur in Kauf genommen wird, sondern ausdrücklich erwünscht ist, weil sie zugleich eine Konkurrenz um Problemlösungsstrategien ist und dazu beiträgt, Entwicklungsdynamiken zu entfesseln. Die Kehrseite dieser notwendigen Pluralität ist, daß zu ihrer Erhaltung Toleranz erforderlich ist, die deswegen – aber eben nur deswegen und insofern – als Tugend gilt.

Dies bedeutet nicht, daß jegliche Pluralität des Verhaltens in allen nur erdenklichen gesellschaftlichen Bereichen automatisch wünschenswerte Folgen hätte, und es bedeutet erst recht nicht, daß es eine Tugend wäre, die Toleranz anderer Menschen mutwillig in Anspruch zu nehmen. Niemand wird behaupten, daß es eine Tugend sei, in öffentlichen Fahrstühlen zu urinieren, anderer Leute Autos zu beschädigen oder ihre Häuser mit Graffiti zu beschmieren, andere zu beleidigen oder zu bedrohen, Abfall achtlos auf die Straße zu werfen, sich ungefragt in anderer Leute Wohnzimmern breitzumachen oder sich an ihren Bankkonten zu bedienen. Wir würden es als Unverfrorenheit empfinden, wenn der Betreffende uns Vorhalten würde, wir hätten dies gefälligst zu dulden, da Toleranz doch eine Tugend sei.

Im öffentlichen Sprachgebrauch wird das Wort »Toleranz« aber just in diesem Sinne verwendet: Da haben wir zu dulden, daß Fremde, die niemand eingeladen hat, sich ungebeten zwar (noch) nicht in unseren Wohnzimmern, wohl aber in unserem Land breitmachen (was insofern dasselbe ist, als das eigene Land für ein Volk genau das ist, was für eine Familie die eigene Wohnung ist); wir haben zu dulden, daß ihr Verhalten sich nach den Maßstäben ihrer Herkunftsländer richtet, und wären es die Wertmaßstäbe einer gewalttätigen Machokultur; wir haben zu dulden, daß religiöse und kulturelle Vorstellungen, auf deren Boden noch nie eine freiheitliche Demokratie gewachsen ist, weil diese Vorstellungen mit einer solchen unvereinbar sind, den Anspruch auf Gleichberechtigung erheben; wir haben diesen Werten diese Gleichberechtigung zuzugestehen; wir haben eine Masseneinwanderung zu dulden, die erkennbar keine -►Bereicherung darstellt, es sei denn eine der Einwanderer, sondern der erwähnten Selbstbedienung an unseren Konten entspricht; und folglich haben wir auch die Existenz einer ganzen Industrie von – diesmal einheimischen – Mitessern zu dulden, die ausschließlich davon leben, diese Zustände herbeizuführen, zu verwalten, zu beschönigen, zu verteidigen und zu rechtfertigen und deren Kritiker der -»Intoleranz zu bezichtigen und überhaupt auf jede nur erdenkliche Weise zu verleumden, zu drangsalieren, zu kriminalisieren und mundtot zu machen. Selbstredend nur im Namen einer »Toleranz«, bei der unglücklicherweise und sozusagen als Kollateralschaden die einzige Form von Toleranz auf der Strecke bleibt, die zu praktizieren überhaupt eine Tugend ist, nämlich die Toleranz gegenüber der Meinung des Andersdenkenden.

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► Vielfalt

Mit dem Wort »Vielfalt« – das mit ähnlich naiver Selbstverständlichkeit positiv verwendet wird wie das Wort -♦»bunt« – ist in aller Regel die ethnische Vielfalt gemeint, das heißt die Umwandlung aller westlichen Länder in multiethnische Gesellschaften. Es geht also nicht darum, in einer weitgehend homogenen Kultur ein paar andersfarbige Akzente zu setzen und sie dadurch interessanter zu machen; es geht nicht darum, Restaurants mit exotischer Küche vor Ort zu haben, sondern ethnische Gemengelagen herbeizuführen, wie sie etwa für den Libanon, den Kongo oder das ehemalige Jugoslawien typisch sind oder waren.

Unter dem Stichwort »Vielfalt« wird die tatsächliche und schon immer vorhandene Vielfalt von Völkern und Kulturen bekämpft. Was entstehen soll, sind ethnische Gemengelagen, die im gesamten Westen (denn die übrige Welt hält wenig von dieser »Vielfalt«) ungefähr gleich sein sollen, gemäß aller historischen Erfahrung nur zu ethnischen Spannungen bis hin zum Bürgerkrieg führen können und nach einem Konfliktmanagement schreien, das anders als durch eine Diktatur kaum zu bewerkstelligen ist.

Und so ist es nur folgerichtig, daß die erste Form von Vielfalt, die den selbstproduzierten Sachzwängen einer multiethnischen Gesellschaft zum Opfer fällt, die Vielfalt der Meinungen ist. Was von früherer Liberalität geblieben ist, ist ein enger Meinungskorridor, gesäumt von einfältigen, stereotypen Phrasen und bewacht von einer ganzen Armee offizieller und inoffizieller Meinungszensoren, die mit leidenschaftlichem Denunziantenehrgeiz darüber wachen, daß Vielfalt und -»Toleranz hinreichend gepriesen werden.
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► Vorurteil

Unter einem Vorurteil versteht man traditionell den voreiligen Rückschluß von einer generalisierenden Aussage auf den Einzelfall.

In der Sprache der BRD dagegen ist die generalisierende Aussage bereits als solche ein Vorurteil. Unter der Herrschaft der BRD-Ideologie formuliert ein »Vorurteil« nicht erst der, der zum Beispiel behauptet, alle Moslems seien radikale Islamisten (was in der Tat ein Vorurteil im traditionellen Sinne des Wortes wäre), sondern bereits der, der zutreffend darauf hinweist, daß es in sämtlichen islamischen Gesellschaften und eben auch in allen moslemischen Einwandergruppen im Westen radikale Islamisten gibt, und daß dies nicht zufällig der Fall ist, sondern etwas mit den Eigenheiten der islamischen Religion und der Soziologie moslemischer Gesellschaften zu tun hat.

Diesen Sachverhalt zur Kenntnis zu nehmen müßte freilich in der Tat dazu führen, die Masseneinwanderung von Moslems nach Europa zu stoppen, und zwar unabhängig von einem individuellen Verdacht, einfach aufgrund einer zutreffenden statistischen Aussage, deren Mißachtung die innere Sicherheit des eigenen Landes gefährdet. Man kann und darf diese Konsequenzen, die man ziehen muß, auch tatsächlich ziehen. Entgegen einer weitverbreiteten Fehlannahme gibt es nämlich kein -»Menschenrecht auf Migration in anderer Völker Länder. Es hat ein solches auch nie gegeben, weil seine Verwirklichung zur Zerstörung jener staatlichen Ordnungen führen müßte, die die Menschenrechte überhaupt erst gewährleisten können. Wo es keinen Rechtsanspruch gibt, ist es auch keine -»Diskriminierung, Einwanderung zu unterbinden oder einzuschränken, ganz egal, ob dies aufgrund allgemeiner Richtlinien oder aufgrund von Einzelentscheidungen geschieht, übrigens auch dann nicht, wenn es sich bei den Überlegungen, die solchen Restriktionen zugrundeliegen, tatsächlich um »Vorurteile« im pejorativen Sinne des Wortes handeln würde. Zur Souveränität gehört auch das Recht auf Irrtum.

Auf der Alltagsebene sind Vorurteile so etwas wie die Statistik des kleinen Mannes: Sie halten sich höchstens so lange, wie die Erfahrung ihnen nicht widerspricht. Sofern sie falsch sind, halten sie sich am ehesten, wenn es keine Gelegenheit gibt, sie zu überprüfen. Halten sie sich aber hartnäckig in sozialen Kontexten, in denen man ständig Kontakt mit Angehörigen der betroffenen Gruppen hat, die Überprüfung also möglich ist, so muß man davon ausgehen, daß sie eine zumindest grob zutreffende Generalisierung darstellen, und der Sozialwissenschaftler, der selbst dann noch von »Vorurteilen« (im Sinne von Hirngespinsten und Zwangsvorstellungen) spricht, dürfte der Einzige sein, der solche tatsächlich hat.

► Wandel, demographischer

Die Geburtenraten der Völker Europas liegen seit langem unter dem zur Bestandserhaltung nötigen Wert, und da die Politik die keineswegs -* alternativlose Entscheidung getroffen hat, diese Tendenz nicht durch ge-

eignete familien- oder sozialpolitische Maßnahmen umzukehren, sondern sie als Passepartout-Argument für eine Politik der offenen Grenzen zu benutzen, werden sie auch die Kontrolle über ihre eigenen Länder verlieren. Sie werden, sofern nicht doch noch eine Umkehr stattfindet, zahlenmäßig weiterhin abnehmen, in den eigenen Ländern in die Minderheit gedrängt werden und schließlich verschwinden.

Wer es fertigbringt, einen solchen Vorgang als »demographischen Wandel« zu bagatellisieren, dürfte auch zynisch genug sein, den Tod eines Menschen »Gesundheitswandel« zu nennen.

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► Willkommenskultur

Es ist nicht ganz korrekt zu behaupten, daß unsere Politiker vor allem lügen würden. Richtiger wäre es, von Täuschung zu sprechen: Sie benutzen Wörter, die einen bestimmten Inhalt haben, spekulieren aber darauf, daß dieser Inhalt nicht oder falsch verstanden wird. Wer den ideologischen Nebel lichtet, der den tatsächlichen Inhalt ihrer Phrasen freundlich verhüllt, muß ihnen sogar zugestehen, daß sie bisweilen erstaunlich ehrlich sind, wenn auch nur auf ihre eigene verquere Weise.

Nehmen wir das Wort von der Willkommenskultur, die Einwanderer in unserem Land vorfinden sollen und für deren Vorhandensein selbstredend die Deutschen verantwortlich sind. Das klingt menschenfreundlich (»Willkommen«) und kultiviert (»Kultur«) und suggeriert, daß ein Volk, das eine solche Kultur entwickelt, einer besonders hohen Moral anhängt. Was aber sagt uns dieses Wort, wenn wir diese emotionalen Konnotationen beiseite lassen?

  1. Es sollen möglichst viele Menschen einwandern, sonst bedürfte es schwerlich einer ganzen »Kultur«, sie »willkommen« zu heißen; dieser Aufwand wäre dann überflüssig.
  2. Diese Menschen brauchen nicht zu beweisen, daß sie für das deutsche Volk nützlich sind, vielmehr hat dieses Volk zu beweisen, daß es für die Einwanderer nützlich ist.
  3. Diese brauchen sich demgemäß nicht zu assimilieren.
  4. Sondern wir müssen uns an sie anpassen.

»Willkommenskultur« heißt also auf Deutsch, daßss die Deutschen sich damit abfinden sollen, im eigenen Land zur Minderheit zu werden (1.), diesen Prozeß der ethnischen Verdrängung selbst zu bezahlen (2.), sich ihre Lebenswelt umkrempeln zu lassen (3.) und anders zu leben, als sie es von sich aus tun würden und sich selbst ausgesucht hätten (4.).

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► Zivilcourage

Unter »Zivilcourage« versteht man traditionell die Bereitschaft, für eine gerechte Sache auch dann einzustehen, wenn man damit bei der Obrigkeit aneckt und in der Gesellschaft wenig Verständnis und noch weniger Verbündete findet.

In der real existierenden BRD mit ihrer Orwell-Sprache versteht man darunter das Gegenteil, nämlich öffentliche Bekenntnisse »gegen Intoleranz, Rassismus, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit« und so weiter abzulegen, also genau die Bekenntnisse, die von der Obrigkeit gefordert, belobigt und belohnt werden, und mit denen man bis in die vorgestanzten Formulierungen hinein die eigene Konformität unter anderem mit sämtlichen Bundes- und Landesregierungen, allen etablierten Parteien, den Gewerkschaften, Kirchen, Arbeitgeberverbänden und überhaupt mit allen gesellschaftlichen Großorganisationen bis hin zu Sportverbänden, sämtlichen etablierten Medien, den multinationalen Konzernen, der EU, der NATO und der UNO bekundet und sich wohldotierte Preise für »Zivilcourage« nebst finanzieller Förderung für Projekte abholen kann, deren Zweck darin besteht, Andersdenkende, die keine mächtigen Förderer und reichen Sponsoren haben, zum Schweigen zu bringen.

Hat man damit Erfolg, hat man es also geschafft, daß mächtige Großbanken konservativen christlichen Organisationen die Konten kündigen, ein NPD-Mann nicht Schornsteinfeger wird, ein kleiner Verlag, der ohnehin nur durch die Selbstausbeutung von Idealisten existieren konnte, endgültig ruiniert wird oder eine genehmigte und völlig legale Demonstration von 100 Leuten durch den -»Aufmarsch (hier paßt der Ausdruck) von 10000 teils gewaltbereiten Gegendemonstranten nicht stattfinden kann, dann hat man beste Aussichten, vom Bundespräsidenten mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet zu werden. Für Zivilcourage.

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► Zuwanderung

Wer von »Zuwanderung« statt von »Einwanderung« spricht, kann ebensogut von »Admigration« statt von »Immigration« sprechen. Bei einem ungewohnten Fremdwort würden die Adressaten allerdings womöglich nachschlagen, was es bedeutet, während umgekehrt ein Fremdwort, das vertraut ist, keine spontanen Assoziationen auslöst. Da ist es hilfreich, es bei der vertrauten Wendung zu verlassen, sofern man vermeiden möchte, dass das Publikum nachdenkt.

Anders bei deutschen Wörtern: Neologismen werden hier nach unbewußten Regeln verarbeitet und daher unter Umständen als solche gar nicht erkannt, lösen aber gleichwohl Assoziationsketten aus. Es ist ein Unterschied, ob jemand »herein-« oder »hinzukommt«, und daß der »Einwanderer« rein sprachlich mit dem »Eindringling« und dem »Einbrecher« verwandt ist – die ebenfalls »hereinkommen«, und zwar ungebetenerweise liegt insofern in der Natur der Sache.

Um solche Assoziationen – und wären sie noch so angemessen – gar nicht erst aufkommen zu lassen, hat man den Neologismus »Zuwanderung« erfunden, der an den »Zusatz«, das »Zubrot« und die »Zulage« denken läßt, in jedem Fall aber die Assoziation erweckt, man bekäme hier etwas hinzu: inhaltlich also dieselbe Aussage wie die Phrase von der -* »Bereicherung«, aber subtiler verborgen und daher weniger plump.

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