Die Grenzen und das Ende des Wachstums

Lesedauer 15 Minuten
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Was ist aus den Grenzen des Wachstums geworden, die der Club of Rom mit Computersimulationen ermittelt und in seinem als Buch erschienen Bericht 1972 veröffentlicht hat?

Als ich Grenzen des Wachstums Ende der 70er Jahre, als Student der Schiffsbetriebstechnik, auf Empfehlung eines Dozenten für Digitale Simulationstechnik gelesen habe, waren diese Grenzen noch weit weg in der Zukunft, irgendwann in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts.  Mein Professor für organische Chemie, im zahnmedizinischen Grundstudium an der Universität Antwerpen, Anfang der 80er Jahre, hatte dann zwar auch noch gemeint, dass Erdöl eigentlich viel zu schade sei, um es als Heizöl zu verbrennen, weil Erdöl ein  so wunderbar vielseitig für die Herstellung chemischer Produkte einsetzbarer Grundstoff ist, während die auf der Welt vorhandene Menge Erdöl aber begrenzt ist.

Aber dann haben selbst viele Grüne als Politiker dicke Autos gefahren und fast alle haben sich faktisch so verhalten, als wären die Rohstoffvorräte dieser Welt und die Umweltbelastbarkeit auf globalem Niveau so gut wie unbegrenzt. Wäre es anders, dann hätte man nie die Wirtschaft und damit den Verbrauch in anderen Ländern gefördert und man hätte auch nicht die EU erweitert.  Man hätte alles getan, um das Wirtschaftswachstum wo immer möglich so gering wie möglich zu halten. Aber, man hatte – und die meisten haben noch immer  – den naiven Glauben, dass zunächst fast unbegrenzt viele Rohstoffe vorhanden sind, und dass wenn irgendwann der eine oder andere Rohstoff knapp werden sollte, der Kapitalismus, die Wissenschaft und die Technik rechtzeitig neue Lösungen hervorbringen würden.

Die von der Mehrheit gewählten Politiker haben jedenfalls alles getan, um das Wirtschaftswachstum weltweit zu fördern und um damit den Verbrauch von Energie, Rohstoffen und Umwelt auf globalem Niveau hemmungslos steigen zu lassen. Die Weltbevölkerung stieg in den letzten 30 Jahren rasant wie nie zuvor und der Glaube, dass Technik und Wissenschaft schon immer wieder einen Weg und eine Lösung finden würden war allgemein verbreitet und schien zunächst vernünftig.

Der Anstieg der Ölpreise (mein Vater hat in den 60er Jahren für einen Liter Heizöl noch 10 Pfennig, also etwa 5 Cent bezahlt!), und der Unfall der Bohrinsel Deep Water Horizon haben mich dann aber doch nachdenklich gestimmt und nach weiteren Informationen suchen lassen. Wenn man schon auf hoher See, in 1500 m Wassertiefe über 5 km tiefe Löcher in den Meeresboden bohrt um eine Ölquelle zu erschließen, dann muss die Lage schon ziemlich beklemmend sein.  Wirklich erschreckend fand ich dann die Berechnungen des amerikanischen Geologen Jeffrey Brown, der sich mit den Veränderungen am Ölmarkt durch den zunehmendem Eigenverbrauch der Förderländer und durch die Zunahme des Verbrauchs von Ländern wie China und Indien befasst hat.  Mit dem Suchbegriff “jeffrey brown oil china” findet google unter anderem diesen Artikel hier. Demnach werden alleine die Atommächte China und Indien, wenn das Wachstum ihrer Ölimporte weiter wie in der Zeit von  2005 bis 2010 ansteigt, im Jahre 2030 alles auf dem Weltmarkt angebotene Erdöl für sich benötigen. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch, dass Saudi Arabien, der derzeit weltgrößte Exporteur von Erdöl, im Jahr 2030 seine gesamte Ölförderung für den Eigenbedarf benötigen wird, wenn sein Eigenverbrauch weiter wie bisher ansteigt. Hier zugibt es auch einen deutschsprachigen Artikel. Das heißt, für Europa und auch für die USA bliebe nichts mehr übrig.  Medien und Politiker haben zwar vor in den letzten Jahren immer wieder enthusiastisch von neuen Ölquellen in den USA geschwärmt, die durch Fracking erschlossen werden und die die Welt verändern werden, aber in Wirklichkeit handelte es sich dabei offenbar eher um Werbung, mit der man naive Investoren anlocken und mit der man eine neue Finanzblase schaffen wollte. Die Firmen machen mit der Förderung von Öl und Gas per Fracking eher Verluste. Man hat zuerst natürlich die besten Stellen der Öl- und Gasfelder angebohrt und dann hat man die Qualität dieser besten Stellen auf die gesamten Felder hochgerechnet.  Tatsächlich sind die Vorkommen im Mittel aber wesentlich schlechter. Nicht beachtet hat man bei den enthusiastischen Berichten und Hochrechnungen auch, dass die per Fracking erschlossenen Quellen sich sehr schnell erschöpfen.  Außerdem sind die Umweltschäden und auch die Kosten für den Verschleiß der Infrastruktur (Straßen und Brücken) beim Fracking sehr hoch. Sehr gut zusammengefasst, recherchiert und mit Grafiken und Bildern untermalt ist das Kapitel 21, Shale Oil [dt.: Schieferöl], der neuen, 2014er Version des Crash Course [dt.: Schnellkurs] von Chris Martenson. Wer mit dem schnell gesprochenen Englisch von Max Keiser kein Problem hat, kann auch den Max Keiser-Report Nr. 642 vom 18.8.2014 ansehen, dessen erster Teil speziell dem Thema Fracking gewidmet ist.

Der Crash Course von Chris Martenson ist insgesamt eine sehr gute Einführung – oder wie der Name sagt, ein Schnellkurs – in die verschiedenen, leider zusammenwirkenden Probleme, die auch uns hier in Deutschland und Europa in den nächsten Jahren immer mehr zu schaffen machen werden. Die insgesamt 27 Teile der neuen, 2014er Version des Crash Course von Chris Martenson haben insgesamt eine Länge von 4 Stunden und 36 Minuten. Derzeit sind noch nicht alle Teile frei verfügbar. Es soll jede Woche ein weiterer Teil zum kostenlosen Ansehen freigeschaltet werden. Wer vorher schon alle Teile sehen/hören/lesen will, der muss sich kostenpflichtig anmelden. Das kostet für einen Monat 30 US-Dollar (Vorsicht, wenn man sich für einen Monat anmelden will sollte man die automatische Abo-Erneuerung abschalten).  Es gibt auch eine ältere Version des Crash Course, aus dem Jahre 2008,  die von einem deutsch–schweizer Team sehr gut deutsch synchronisiert wurde und die hier kostenlos angesehen werden kann. Die insgesamt 21 Teile dieser älteren Version haben eine Gesamtdauer von 3 Stunden und 23 Minuten.  Zu allen Interviews und auch zu allen Teilen des Crash Course auf der Webseite www.peakprosperity.com gibt es dort Transkripte, d.h. schriftliche Versionen.  Der Crash Course würde sich daher auch für den Schulunterricht anbieten. Es könnte außerdem nützlich sein, wenn man sich in Familien und  Gemeinden die eine oder andere Version des Crash Course gemeinsam ansieht und darüber spricht.

Ergänzend zu Chris Martensons Crash Course fand ich einige Bücher sehr nützlich und wertvoll. In deutscher Sprache vor allem Das Ende des Wachstums von Richard Heinberg. Heinberg handelt genauso wie Chris Martenson in seinem Crash Course ein ziemlich großes Spektrum an Themen ab. Speziell zum Thema Wasser ist das Buch Wenn die Flüsse versiegen von Fred Pearce empfehlenswert. Ich habe nur die preiswertere englische Originalversion gelesen und habe erst bei der Fertigstellung dieses Artikels gesehen, dass es eine deutsche Übersetzung gibt. Pearce zeigt Probleme rund um das Thema Wasser. Auch solche, mit denen man normalerweise nicht rechnet oder deren Ernst man nicht einschätzen konnte. Wer hätte z.B. gedacht, dass ein Wasserkraftwerk am Amazonas sieben mal soviel klimaschädliche Gase produziert wie ein mit Kohle oder Öl betriebenes Kraftwerk gleicher Leistung? Wer hätte gedacht, dass Staudämme in vielen Fällen durchaus nicht weniger sondern sogar mehr Überschwemmungen verursachen? Ein Augenöffner ist auch das Kapitel über die Wasserprobleme der Palästinenser. Das Kapitel über den Aralsee und seine Zuflüsse zeigt, wie technisch/staatliche Großprojekte ganz anders als geplant, zu einer fulminanten Katastrophe werden können. Das Buch zeigt dies und noch vieles mehr.  Wenn man das Kriegsrisiko und drohende Bevölkerungswanderungen einschätzen will, ist dieses Buch besonders wichtig. Als kurzer Einstieg in die Problematik der Wasserknappheit sind auch die  Folgenden Artikel interessant:

Interessant, aber leider nur in englischer Sprache erhältlich, fand ist ferner Full Planet, Empty Plates: The New Geopolitics of Food Scarcity [dt.: Voller Planet, leere Teller: Die neue Geopolitik des Nahrungsmangels] von Lester R. Brown.

Um die Brisanz zu erkennen ist es nützlich zusätzlch zu den Artikeln und Büchern über Wasser-, Rohstoff und drohenden Nahrungsmangel insbesondere auch Gunnar Heinsohns Buch Söhne und Weltmacht: Terror im Aufstieg und Fall der Nationen zu lesen. Die wichtigste These von diesem Buch ist, dass schnell wachsende Bevölkerungen, wie wir sie heute im Orient, in Pakistan und in Indien haben, ganz grundsätzlich für Sicherheitsprobleme sorgen, weil mehr Söhne nachwachsen als angemessene Plätze in der Gesellschaft von den Vätern freigemacht werden. Die überschüssigen Söhne sind dann in der Regel diejenigen die im Ausland und Kriegen ihr Glück suchen. Europas Aufstieg, die Eroberung der Welt durch die Europäer und die Besiedelung Amerikas, Australien und Neuseelands durch die Europäer war im wesentlichen auch eine Folge dieses von Heinsohn beschriebenen Phänomens. Heute haben die Europäer weniger Söhne als Väter Stellen räumen UND andere, nichteuropäische Völker haben ein noch größeres Bevölkerungswachstum als Europa früher, UND die Länder mit dem hohen Bevölkerungswachstum haben massive Wasser- und Umweltprobleme, so daß auf die Söhne dort faktisch sogar noch weniger gute Stellen warten als die Väter hatten. Manche dieser Länder sind zudem Atommächte.

James Howard Kunstler

Jeden Montagabend lese ich inzwischen Kunstlers Clusterfuck Nation – Blog[dt.: Internettagebuch über die Nation (USA), wo alles durch Inkompetenz und Kommunikationsmängel schief geht].

Kunstler hat zwei Sachbücher und drei Romane über das Ende des Ölzeitalters, das Erreichen der Grenzen des Wachstums und andere sich parallel dazu entwickelnden Katastrophen des 21. Jahrhunderts geschrieben. Die Sachbücher sind das 2006 erschienene und 2009 um ein Nachwort erweiterte The Long Emergency: Surviving the End of Oil, Climate Change, and Other Converging Catastrophes of the Twenty-First Century [Der Lange Notfall: Überleben des Ende des Öls, des Klimawandels und anderer sich aufeinander zu bewegender Katastrophen des 21. Jahrhunderts], und das 2012 erschieneneToo Much Magic: Wishful Thinking, Technology, and the Fate of the Nation [dt.: Zuviel Magie: Wunschdenken, Technology und das Schicksal der Nation].  Mit “Zuviel Magie” meint Kunstler den weit verbreiteten Glauben, dass Wissenschaft und Technologie für die Energieprobleme  rechtzeitig geeignete Lösungen finden werden.   Kunstler zeigt überzeugend, dass dieser Glaube nichts weiter als naives Wunschdenken ist. Natürlich wird das Leben weitergehen, wenn das Öl und andere Rohstoffe für uns nicht mehr bezahlbar sind, nur eben nicht so wie das die meisten heute denken und hoffen, sondern eher so wie es vor 150 bis 200 Jahren war. Insbesondere in  Too Much Magic geht Kunstler auch auf die zu erwartenden gesellschaftlichen Veränderungen und die Entwicklung der Städte und Dörfer ein. Seine Vorhersage ist, dass die großen Städte drastisch schrumpfen werden.  Das Leben wird sich wieder mehr auf dem Land, in Dörfern und Kleinstädten abspielen. Die Masse der Bevölkerung wird wieder, wie in der meisten Zeit der Menschheitsgeschichte, mit der Nahrungsproduktion beschäftigt sein. Statt großer Landmaschinen werden neben Landarbeitern auch wieder viele Zugtiere eingesetzt werden.  Transport wird in Zukunft voraussichtlich, eben nicht mit Elektro- oder Wasserstoffautos, sondern eher wie wie vor 150 Jahren, wieder  mit Segelschiffen, Eisenbahnen und Pferdefuhrwerken erfolgen.

J.H. Kunstler hat auf Basis der Daten, Nachforschungen, Beobachtungen und Überlegungen, die er in seinen beiden Sachbüchern präsentiert die drei futuristischen Romane

  • A World Made by Hand [dt.: Eine mit der Hand gemachte Welt],

  • The Witch of Hebron [dt.: Die Hexe von Hebron] Das Hebron im Roman ist ein kleiner Ort am Hudson-Fluss und

  • A History of the Future [dt.: Eine Geschichte der Zukunft]

geschrieben, die „das Leben in der nahen Zukunft″, einige Jahre nach dem Zusammenbruch der USA schildern. Der neuste dieser Romane, A History of the Future, ist erst im August 2014 erschienen. In diesem kommt ein junger Mann nach 2 Jahren zurück in die Kleinstadt, die das Zentrum in allen drei Romanen ist. Weil es kein Fernsehen, keine Telefon, keine Funkverbindung und  keine Zeitungen mehr gab, wollte dieser junge Mann zusammen mit einem Altersgenossen erkunden, wie das Leben im Rest der USA sei und ob man dort vielleicht besser leben könne.  Er hat auf seiner Reise interessante Dinge gesehen und erfahren. Der Schiffsverkehr findet auf den großen Seen mit Segelschiffen und auf den Kanälen mit von Treidelpferden oder von Maultieren gezogenen Lastkähnen statt. Hauptverkehrsmittel sind Pferde.  Um Haaresbreite kann er mit einem tödlichen Pistolenschuß und brutaler Gewalt verhindern, dass er und sein Freund in Ketten gelegt und als Sklaven beschäftigt werden.  Dabei raubt er dem Haupttäter soviel Gold und Silber, dass sie sich nach der Flucht in einer Hafenstadt am Eriesee ein Segelboot kaufen können. Nach einiger Zeit geraten sie in einen Sturm, der Freund geht über Bord, das Boot kentert und die Hauptperson, er,  wird später von einem Segelschiff der US-Navy gerettet.  An Bord ist eine Diplomatin, die im Auftrag der Rest-USA mit Kanada verhandeln sollte.  Diese Diplomatin erzählt in groben Zügen, was in der Welt und in den USA passiert ist. Die USA sind in mehrere Teile zerfallen, die teilweise miteinander Krieg führen. Im Süden sind die Farbigen, in der Mitte ist ein faschistisches Reich entstanden, wo eine ex-Countrysängerin als weiblich-amerikanische Hitlerkopie regiert.  Im Osten und Norden gibt es noch ein Gebiet, das sich als Nachfolger der alten USA versteht.  In England soll es heftige Rassenunruhen gegeben haben.  Deutschland hätte sich mit Beschluß des Parlamentes geordnet ins Mittelalter zurückgezogen [has gone medival] . Russland hätte das auch getan, nur chaotischer.

Die Hauptperson erhält dann den Auftrag, die auf junge Männer stehende Diktatorin im faschistischen Teil der USA zu ermorden. Den Mord führt er dann auch aus. Er erlebt vorher aber noch einiges im Reich dieser modernen Faschisten.  Zum Beispiel finden dort noch, wenn auch nur in bescheidenem Maßstab, Autorennen statt und die Diktatorin wohnt in einem Palast mit Klimaanlage und elektronischen Geräten zum Musik abspielen, und sie hat eine Luxuslimosine zur Verfügung.  In der Hauptstadt hat man stunden weise sogar noch eine Straßenbeleuchtung. Möglich ist dieser Rest heutiger Moderne, weil man noch eine kleine Ölquelle hat, von der das Öl für die Hauptstadt mühsam mit Pferdewagen herangeschafft wird. Im wesentlich wird die Bevölkerung in dem faschistischen Teil der USA brutal ausgebeutet, um der Oberschicht noch ein wenig vom Glanz und Technikgenuß der untergegangenen US-amerikanischen Gesellschaft zu ermöglichen.

In dem schon in den ersten beiden Romanen beschriebenen kleinen Ort in der Nähe des Hudson-Flusses, im nördlichen Bundesstaat New York, sind die Menschen Landarbeiter auf den in der Nähe liegenden Farmen. Manche sind Handwerker, es gibt zudem einen Arzt und einen Zahnarzt, die Lösungen suchen müssen, weil es keinen Strom, keine industriell gefertigten Medikamente, kein Einwegmaterial und auch keinen Nachschub an Ausrüstung und Instrumenten mehr gibt. Es gibt ferner Händler, eine Gruppe Menschen verdient ihren Lebensunterhalt damit,  Müllhalden nach brauchbarem Gegenständen suchend umzugraben und leerstehenden Häuser auszuschlachten. Es gibt einen Prediger, der auch der einzige Polizist ist und es gibt eine Gruppe Zugereister  von einer christlichen Sekte, die vor Rassenunruhen im Süden geflüchtet ist.  In der Nähe der kleinen Stadt gibt es einen Großgrundbesitzer, dessen Arbeiterfamilien eher eine Rolle wie Leibeigene im Mittelalter spielen.  Morde, Raubüberfälle, Bandenkriminalität, ein Kinderhändler und Prostitution kommen in den Romanen auch vor.   Ein großer Teil der Bevölkerung ist durch eine Pandemie von der Art der spanischen Grippe und durch eine Reihe andere ansteckende Krankheiten gestorben.  Kunstler versucht, verschiedene soziologische und psychologische Aspekte einer solchen Schrumpfung und Desintegration der Gesellschaft darzustellen. Alleinerziehende Mütter gibt es z.B. nicht mehr. Als im ersten Roman der Mann einer jungen Mutter durch ein Verbrechen umkommt und dann auch noch ihr Haus abbrennt, wird sie kurzerhand Haushaltshilfe und Lebensgefährtin der Hauptperson des ersten Romans, – weil eine Frau in dieser neuen Zeit alleine nicht mehr überleben kann. Die “Hexe von Hebron” ist eine Ausnahme. Sie lebt alleine in einem einsamen Gehöft. Ihre Spezialität ist, Männern die gegen Geld und Tauschgüter in ihrem Haus schlafen erotische Phantasien zu verschaffen. Es gelingt ihr damit sogar dem Pastor des kleinen Ortes seine Potenz zurückzugeben und damit dessen Eheleben aufzufrischen. Aber es gibt dann auch die Szene wo ein Raubmörder versucht die “Hexe von Hebron” zu vergewaltigen, als der zufällig in der Nähe befindliche, entlaufene 12-jährige Sohn des Arztes dazukommt und den Verbrecher beherzt mit einem Messer tötet.  Der selbe Junge führt im selben Haus dann auch eine Blindarm-Operation durch. Natürlich mit primitiven Mitteln und erfolgreich mit glücklichem Ausgang der Geschichte. Die Romane berichten auch von vielen Fällen wo Menschen verzweifelt sind und mit der neuen Situation nicht zurecht kommen. Kunstler zeigt aber auch ein breites Spektrum von Menschen, die mit der neuen Situation gut zurecht kommen. Die Botschaft, dass ein Zusammenbruch unserer technischen Zivilisation keinesfalls ein Weltuntergang ist, sondern dass das Leben danach weitergeht. Die Werte der Menschen sind andere und vieles was heute selbstverständlich und normal ist, wäre dann nicht mehr normal und umgekehrt. Für manche wäre das Leben unerträglich, während andere sich mit der neuen Zeit und ihren Chancen gut arrangieren würden.

Kunstlers Romane zeigen im Wesentlichen die moderne, amerikanische Gesellschaft mehrere Jahre nach einem eher langsamen, sich über Tage, Wochen und Monate hinziehenden, allmählichen Zusammenbruch. One Second After und ähnliche Romane etwa über EMP-Ereignisse, zeigen dagegen die moderne Gesellschaft unmittelbar nach und in den Monaten nach einem extrem plötzlichen Zusammenbruch. Beide Szenarien sind denkbar, insbesondere in Europa sogar noch in Kombination mit einem Krieg, bei dem zum Beispiel die Truppen eines extremen islamistischen Gottesstaates Europa angreifen und die konventionellen Streitkräfte zusammenbrechen, während die USA als Verbündeter ausfallen und während in England und Frankreich Bürgerkriege toben. Hilfe von Aussen wären in keinem der Fälle mehr zu erwarten. Kunstlers Szenarium eines langsammen Zusammenbruchs ist bei alledem die harmloseste Variante. Aber selbst damit wären wir heute in Deutschland überfordert.

Seit ich vor 2 Jahren die beiden Romane gelesen habe, habe ich mich immer wieder gefragt, was man tun könnte, um die Folgen eines Zusammenbruchs unserer Zivilisation möglichst erträglich und die Verluste und Schäden möglichst gering zu halten. Außerdem habe ich mich gefragt ob und wie man von diesen Bedrohungsszenarien vielleicht sogar profitieren kann.

Nichts tun und glauben, dass entweder nichts passiert oder dass der Staat und die Regierung schon rechtzeitig das Beste tun werden ist die bequemste, beliebteste aber meines Erachtens auch die dümmste und verantwortungsloseste Lösung. Leider hat Vorsorge in einem dicht besiedelten Land wie Deutschland aber auch wenig Sinn wenn man sie nur als einzelner betreibt.  Im Ernstfall wird man dann voraussichtlich kurzerhand ermordet und ausgeraubt, oder/und der Staat konfisziert in seiner Not alles was man an Lebensmitteln und anderen Hilfsmitteln und Vorräten hat.  Was bleibt dann noch an Möglichkeiten?  Nichtstun, sich auf Selbstmord einstellen und das Leben genießen solange es noch genießbar ist, oder auswandern? Beides sind durchaus vernünftige Lösungen.

Aber was mit denen die Kinder haben, die nicht auswandern können, und die ihr Leben im Ernstfall nicht einfach wegwerfen wollen und die trotzdem vernünftig handeln und den Kopf nicht einfach in den Sand stecken wollen? Für diese gilt Folgendes:

  • Man braucht zunächst Familienverbände, Dorfgemeinschaften, Nachbarschaften und auch Vereine und Gemeinden, die sich darin einig sind, dass unser Staat und die Infrastruktur zusammenbrechen könnten und das man zusammen etwas tun sollte und auch könnte. In Großstädten hat man im Ernstfall so gut wie keine Überlebenschancen, aber in Kleinstädten und Dörfern wird man oft gut überleben können, wenn…

  • Man müsste rechtzeitig anfangen eine robuste, lokale Lebensmittelversorgung aufzubauen. Diese sollte zumindest ausreichen, um im Ernstfall eine Hungersnot in der eigenen Gemeinde zu verhindern. Robust heißt, dass man auch ohne von der Industrie gelieferte Dinge wie Diesel, Kunstdünger, Pflanzenschutzmittel, Ersatzteile und fremdes, nicht nachziehbares Saatgut auskommt. In weniger fruchtbaren Mittelgebirgslagen wie der Eifel wird das nur gelingen, wenn man rechtzeitig in systematische Bodenverbesserung und Gartenbau investiert, wie dies zum Beispiel in den Büchern Mini-Farming – Autark auf 1000 Quadratmetern von Brett L Markham und How to Grow More Vegetables(, and Fruits, Nuts, Berries, Grains, and Other Crops) Than You Ever Thought Possible on Less Land Than You can Imagine [dt.: Wie man mehr Gemüse, Früchte, Nüsse, Beeren, Körner und andere Feldfrüchte anbauen kann als Sie je gedacht haben, auf weniger Land als sie sich vorstellen können] von John Jeavons beschrieben wird. Die Geschichtsbücher der Eifel – und sicher auch die vieler anderer Gegenden – sind beunruhigend, weil sie zeigen, dass die klassische Landwirtschaft in diesen Gegenden selbst für viel kleinere Bevölkerungsdichten früher kaum bis oft nicht ausgereicht hat, um genügend Nahrungsmittel zu produzieren. Es könnte mit dem Wissen und den Informationsmöglichkeiten, die derzeit vorhanden sind bei rechtzeitigem Beginn aber gelingen, eine krisenfeste, lokale Nahrungsmittelproduktion aufzubauen.
  • Neben der Nahrungsmittelversorgung ist der Bereich Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung, und gerade wenn man Gärten anlegt, auch eine bei langfristigem Stromausfall funktionierende Bewässerung wichtig.
  • Man sollte darüber nachdenken und nach Lösungen suchen, wie man genug Wohnraum ausreichend und ohne Raubbau an der Umwelt heizen kann, wenn Strom, Elektronik, Gasversorgung und Heizöllieferungen vollständig für lange Zeit oder für immer ausfallen.
  • Jede Vorsorge ist völlig sinnlos, wenn man im Ernstfall das Leben und die Vorräte nicht wirksam verteidigen kann. Raub, Raubmord und Bandenkriminalität werden in Krisensituationen sehr weit verbreitet sein. Man muss damit rechnen, dass das staatliche Gewaltmonopol nicht mehr funktioniert und dass Kriminelle auf verschiedenen Wegen gut mit illegalen Waffen versorgt werden. Dörfer und kleine Städte deren Bürger es nicht schaffen, wirksam und legal gemeinsam die Sicherheit zu gewährleisten, werden keine Überlebenschancen haben. Ideal wäre vor diesem Hintergrund, wenn wir in Deutschland eine Milizarmee ähnlich wie die Schweiz bekämen.  Am Besten würde man eine Wehrpflicht für alle Männer und Frauen zwischen 18 und mindestens 60 einführen, wobei die älteren Berufstätigen jedes Jahr wenigstens einige Wochen zum Training einrücken müssten.  In einer Welt, die an die Grenzen des Wachstums stößt, wäre das zumindest für ein Land wie Deutschland die beste, demokratischste  Lösung.  Man wird das selbstverständlich nicht tun und man wird meinen Vorschlag voraussichtlich ziemlich verrückt finden – bis wieder einmal, wie schon 1529 und 1683,  die Truppen eines Kalifat vor Wien stehen und zum weiteren Vorstoß nach Deutschland antreten, oder bis eine Katastrophe unsere moderne Infrastruktur zerstört und das Land ins Chaos gestürzt hat.  Statt einer politisch nicht durchsetzbaren Maximallösung könnte man aber zumindest die bestehenden Gesetze und Möglichkeiten nutzen. Man könnte mehr Schützenvereine gründen. Man könnte mehr Schießstände mit 100, 200 und 300 m Bahnen bauen.  Bestehende Schützenvereine könnten soweit notwendig zu Dachverbänden wechseln die das Training und Wettkämpfe mit Waffen erlauben, mit denen im Ernstfall eine wirksame Verteidigung möglich ist.  Davon abgesehen ist Schießen auch eine sehr nützliche Form der Meditation und eine gute Übung, um den eigenen Realitätsbezug zu testen.  Beim Schießen und beim Programmieren von Computern kann der Mensch objektiv immer wieder Gefühl und Denken mit der Realität abgleichen.  Die Löcher sind tatsächlich ungefähr da in der Zielscheibe wo man sie haben wollte, oder sie sind nicht dort.  Eine derart gnadenlos objektive Rückmeldung über Unterschiede zwischen Wollen, Denken und tatsächlichen Können schadet nicht.  Anderseits kann in einer Krisensituation allein das Wissen um die Existenz eine Vielzahl guter Schützen Leben retten und Verbrechen von vorne herein verhindern.
  • Man denke zum Thema Sicherheit auch an den Fall des Norwegers Breivik. Der hat mit seiner Pistole und seinem halbautomatischen Gewehr in etwa 90 Minuten 68 Menschen getötet.  Man stelle sich vor, dass einige zigtausend IS-Kämpfer in Deutschland Wochen und  Monate lang, jeden Tag von morgens bis abends mit solchen Waffen wüten könnten.  Wenn man genug besonnene, gute Schützen hätte wäre der Spuk sehr schnell vorbei und es gäbe kaum Tote – sofern das Wissen um die viele guten Schützen in Deutschland nicht sowieso schon durch pure Abschreckung gewirkt hätte.  Wenn man wissen möchte was passieren kann, wenn man nicht die Möglichkeit hat dem Bösen mit Gewalt Einhalt sind die Bücher Die Lust am Bösen – Warum Gewalt nicht heilbar ist von Egon Sorg und  Zeit der Macheten – Gespräche mit den Tätern des Völkermordes in Ruanda von Jean Hatzfeld sehr zu empfehlen. Es gibt Situationen, in denen Waffen genauso wie das Werkzeug eine Chirurgen oder Zahnarztes sinnvoll und nötig sind, um schlimmeres zu verhindern.

Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass solche Krisenszenarien noch ganz anderen Zwecken dienen können als auf den ersten Blick erkennbar ist. Wenn man lokal eine krisenfeste, das heißt auch ohne Industrieprodukte funktionierende Nahrungsmittelproduktion aufbaut, dann steigert das nicht nur die Überlebenschancen der betreffenden Gemeinen bei einer allgemeinen Hungersnot, sondern es kann auch die Qualität der Ernährung in mitten fetter Friedenszeiten verbessern, weil die Nahrungsmittel gesünder und frischer sein könnten.

Wenn die Menschen annehmen, das dass Aufrechterhalten der medizinischen Versorgung und die Versorgung industrielle hergestellten mit Medikamenten schlechter werden oder sogar für lange Zeit völlig ausfallen könnten, dann wäre das ein Anreiz gesundheitsbewusster zu leben. Es könnte ein Anreiz sein mehr Sport zu treiben, gesunder zu essen, abzunehmen und auch Zähne und Zahnersatz gut zu pflegen. Insgesamt könnte man damit die Lebensqualität steigern und die Kosten des Gesundheitswesens reduzieren.

Für ländliche Gegenden wie die Eifel könnte der demographische Trend umgekehrt werden. Es könnten wieder mehr Menschen von den Städten auf das Land ziehen. Das würde aber nur funktionieren, wenn/wo geeignete Maßnahmen von den Gemeinden und den ortsansässigen Vereinen getroffen würden. Damit das funktioniert schlage ich vor, dass man Vereine zur Verbesserung der Überlebenschancen in Katastrophenfällen e. V. gründet. Diese könnten zusammen mit schon vorhandenen Vereinen, wie etwa Schützenvereinen, Vereinen zur Pflege des Brauchtums und alter Handwerkskünste und Gartenbauvereinen zusammenarbeiten oder wenn diese Vereine fehlen, deren Funktion mit übernehmen. Ob das Wirtschaftswachstum von einer Sekunde auf die andere durch ein extremes Ereignis, extrem negativ wird, oder ob es über Tage, Wochen und Monate sinkt und die Importe und Stromversorgung langsam wie in Kunstlers Romanen zusammenbrechen, die Vorbereitung wäre ähnlich und solche Vereine könnten das Wissen, die Möglichkeiten und Initiativen zusammenbringen, um die Bevölkerung auf möglichst breiter Basis krisenfest zu machen und um die Überlebenschancen zu verbessern. Die Existenz und Arbeit solcher Vereine könnte in ländlichen Gegenden wie der Eifel auch in fetten Friedenszeiten die Dörfer wieder insbesondere auch für junge Familien attraktiver machen, sowie die Lebensqualität, die Gesundheit der Bevölkerung und die Infrastruktur verbessern. Man könnte von den Grenzen und dem Ende des Wachstums durchaus profitieren.

Kelberg, den 23. August 2014, zuletzt überarbeitet am 24.8.2014

Christoph Becker

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Klingberg
Klingberg
29. Januar 2017 16:23

Moin Herr Becker,

Was ist mit der Strahlung zahlreicher verwahrloster Atomkraftwerke, bei denen im Kollaps reihenweise die Kernschmelze eintreten wird?

Die größte Gefahr für die Menscheit postkollaps ist Radioaktivität meiner Ansicht nach.

So kommt es bei dem verunglückten Kraftwerk Fukushima, trotz intakter Infrastruktur zur Schadensbegrenzung, zu weiteren Problemen im Pazifik bis hin zur US Küste…
Auch für das Atomkraftwerk Tschernobyl ist ein Ende der Milliardenaufwendungen alleine für den Sarkophag nicht in Sicht. Über die Folgen der Strahlung für die Menscheit mag ich gar nicht nachdenken. . … und es sind derzeit etwa 450 Atomkraftwerke in Betrieb.

Selbst wenn wir es schaffen sollten eine Infrastruktur wie in Ihrem Beitrag beschrieben errichten könnten,
wie schützen wir uns vor der Strahlung?
Für den Rückbau der AKW (20-60 Jahre) reicht die Zeit (wenn man dem ETP-MODELL Glauben schenkt und ich sehe leider nirgends jemanden der es widerlegt) , nicht mehr aus, selbst wenn sich ab heute alle einig sind den Rückbau umzusetzen. Von den dafür notwendigen zusätzlichen Ressourcen für den Rückbau und der zu ersetzenden Elektroenergie ganz zu schweigen.
Ich blicke im Moment ziemlich pessimistisch in die gar nicht allzu ferne Zukunft :-(.
Wie kann man bei den Perspektiven seine optimistische Haltung bewahren insbesondere gegenüber den nachfolgenden Generationen?

Gruß und vielen Dank für diesen tollen Blog

O. Klingberg

3Westbach51
3Westbach51
4. Februar 2017 15:34
Reply to  Klingberg

@O. Klingberg,
die AKWs und die Atommülldeponien könnten wirklich ein Problem werden. Ich habe mich damit aber nicht befasst und weiß zu wenig darüber.
Man kann das mit den Atomkraftwerken und ihrem radioaktiven Müll aber auch positiv sehen. Immerhin werden diese für viele tausend Jahre die genetische Vielfalt der Tier- und Pflanzenwelt und auch der Menschen in Europa steigern. Die radioaktive Strahlung wird jedenfalls sicher die von Wolfgang Schäuble befürchtete “Inzucht” auch dann verhindern, wenn die von der verantwortungslosen, idiotischen Politik des Herrn Schäuble uns seiner CDU angelockten “Asylanten” und “Einwanderer” und deren Nachfahren längst alle wieder nach Süden geflüchtet sind, weil ihnen das Leben in Deutschland nach dem nächsten Krieg und dem Ende des Zeitalters der billigen fossilen Energiequellen und der daraus resultierenden Zerstörung der Wälder zu ungemütlich und zu hart ist, verglichen mit dem Leben in dem viel wärmeren Gegenden am Mittelmeer, in Afrika und Arabien.

Ich blicke im Moment ziemlich pessimistisch in die gar nicht allzu ferne Zukunft :-(.
Wie kann man bei den Perspektiven seine optimistische Haltung bewahren insbesondere gegenüber den nachfolgenden Generationen?

Das ist eine sehr interessante Frage.
Ich bin zunächst durchaus optimistisch und froh wegen der Einsicht, dass wieder wilde Zeiten für richtige Männer und Krieger kommen, und dass von den gesellschaftlichen “Erungenschaften” der Kulturmarxisten so gut wie nichts übrig bleiben wird. Und ich bin auch froh darüber, dass das alles von ganz allein so kommen wird. Im Gegenteil.
Als Junge habe ich gerne Heldensagen und Kriegsbücher gelesen und wäre zeitweise am liebsten Soldat in einem großen Krieg geworden. Geworden bin ich dann nach dem Umweg über die Seefahrt und die Technik als Zahnarzt “Söldner im Krieg gegen Bakterien und Pionieroffizier und Soldat auf diesem Schlachtfeld in und um die Zähne und Gebisse.” Das war und ist weniger gefährlich und vielleicht auch einträglicher als Soldat in einem richtigen Krieg zu werden, in dem man vielleicht schon am Ende des ersten Tage tod oder schwerverwundet ist. Es war und ist im Grunde wie das Wikingerparadis Walhalla, wo die alten Recken jeden Tag aufs neue Krieg führen und kämpfen können und wo abends die Walkühren ihre Wunden heilen.
Und jetzt, wo ich mit meinem Blog allmählich verstehen gelernt habe, dass ich in einer Gesellschaft lebe, die ihren Zenit klar überschritten hat und die, wie viele andere Gesellschaften vor ihr untergeht und nach der ein dunkles Zeitalter kommen wird? Ich finde das ich gerade deshalb in einer großartigen Zeit lebe. Sehr vieles was mir an unserer Gesellschaft nicht gefällt wird auch ohne mein Zutun zerfallen und Geschichte werden. Anderseits habe ich und haben im Grunde alle die Möglichkeit die Dunkelheit des kommenden dunklen Zeitalters vielleicht doch ein kleines Bischen zu mildern und auch dem Übergang in dieses Zeitalter vieleicht doch ein klein Wenig an Schärfe, Härte und Grauen zu nehmen. Wir können vielleicht etwas brauchbares Wissen in die Zukunft retten. Wir können vielleicht dazu beitragen, dass es da wo wir leben ein paar Hungertote und Verbrechensopfer weniger geben wird. Wir können vielleicht ein paar Kranhkeitsfälle, einige Zahnschmerzen und Mühsal kommender Generationen verhindern helfen.
Ich weiß nicht was in Sachen Religion wirklich die Wahrheit ist. Aber ich finden die von Johannes Greber und darauf aufbauend von Werner Schiebeler (Bücher bei http://www.ih-verlag.de/ )vertretene Auffassung, dass unser aktuelles Leben nur ein kleiner Ausschnitt unserer eigentlichen Existenz ist, dass es uns schon lagen vor unserer Geburt gab, dass wir im Grunde unbegrenzt darüber hinaus existieren, und dass wir durchaus wieder auf diese Erde und auch dieses oder auch in ein anderes Land dieser Erde wiedergebohren werden könnten, als Hypothese und Handlungsrichtlinie ziemlich attraktiv.
Wir könnten also durchaus selbst zu jener nachfolgenden Generation gehören und es könnte daher in unserem eigenen kleinen egoistischen Interesse sein das eine oder andere zu tun oder auch nicht zu tun um das Leben künftiger Generationen hier in Deutschland aber auch in anderen Gegenden der Welt erträglicher zu machen. Das was wir wie tun könnte dabei Auswirkungen darauf haben in was für einer Situation und Familie mit welcher Gesundheit und welchem Schicksal wir vielleicht einmal wiederkommen. Ich denke, gerade auch vor diesem Hintergrund habe ich eine ganze Menge an Ideen und Beispielen und Wissen gefunden und auf meinen Blog mehr oder weniger deutlich veröffentlicht.
Ich denke ein gesunder Pessiminsmus ist unbedingt und höchst sinnvoll, während naiver Optimismus extrem gefährlich und dumm ist. ABER das betrifft nur das Leben in unserem jetzigen Leben, hier und heute. Da macht es absolut Sinn Gefahren und Risiken nüchtern zu sehen und sie nicht in naiver Optimistenmanier zu irgnorieren. Auf lange, über das aktuelle Leben hinausreichende Sicht kann man aber zumindest mit dem Christentum wie Johannes Greber es gelehrt hat optimistisch sein und auch innere Ruhe finden, ganz im Sinne des Engelchors am Ende von Goethes Faust: “wer immer strebend sich bemüht den können wir erlösen”.
Eine Folge der Entwicklung unserer Zeit wird übrigens sein, dass die Religion wieder mehr an Wert und Boden gewinnt, weil die Wissenschaft und andere Instituionen an Glaubwürdigkeit verlieren oder verloren haben. Auch da wird es darauf ankommen was man tut. Am Ende, auf sehr lange Sicht liefert, die Religion den nötigen Optimismus. Dabei glaube ich allerdings, dass die Muslime nicht so einfach in den Himmel zu ihren 40 Jungfrauen kommen, wie sie sich das wünschen. Vielmehr glaube ich, dass auf ihrem Rückweg aus dem in Zukunft wohl wieder ziemlich unwirtlichen und armen Europa neben interessantem gartenbaulichem und landwirtschaftlichen Wissen, neben dem Wissen um den Nutzen von Zahnseide und anderen Krankheiten und Schmerzen verhindernden oder mildernden Einsichten der Medizin, vielleicht auch von Johnannes Greber und Werner Schiebeler vertretene Christentum als kulturelle Bereicherung ihrer Heimatländer mitnehmen könnten und sollten, weil sie sich und anderen das Leben damit einfacher machen und vielleicht auch schneller und eleganter ins Paradies gelangen könnten als mit Terroranschlägen.
Sie sehen, Optimismus ist möglich.
Beste Grüße
Christoph Becker

Klingberg
Klingberg
20. Februar 2017 21:03

Moin Herr Becker,

vielen Dank für Ihren ausführlichen Kommentar.

Leider fehlt mir der Zugang zum Glauben um dem Ganzen etwas Positives abzuringen.
Man kann ja nicht einfach einen Schalter umlegen um ab morgen zu glauben. Ich werde mich aber gerne mit der von Ihnen empfohlenen Lehre von Herrn Greber etwas näher befassen. Vielleicht macht es es ja doch noch irgendwann “klick”?

Gruß und vielen Dank für Ihren Blog
den ich immer wieder gerne und mit Gewinn lese.

3Westbach51
3Westbach51
20. Februar 2017 22:44
Reply to  Klingberg

Hallo Klingberg,
zum Thema Johannes Greber ist mir aufgefallen, dass es wohl gerade auch sehr im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich gut ausgebildete Leute waren, die sein Buch gut fanden.
Fred Hafner, der für lange Zeit sozusagen die Johannes Greber Memorial Foundation war, hat mir als ich mich damals, Anfang der 80, geschrieben, dass auch Werner von Braun das Buch ganz hervorragend gefunden habe.
Für mich war Johannes Grebers Werk zuerst und vor allem ein Werkzeug und die Möglichkeit die Bibel überhaupt begreifen und akzeptieren zu können. Diese vielen seltsamen Riten und Vorschriften im Alten Testament, die von Gott angeordneten Massenmorde und auch die ganzen Ungereimtheiten dieser Welt, konnte ich mir damit jedenfalls auf diese Weise plausibel erklären. Heute macht mir meine Fortbildung in Hypnose in diesen Glaubensdingen etwas Probleme. Aber auch meine Beobachtungen und Erlebnisse bei denjenigen die meinten sie wären medial lassen mich sehr vorsichtig sein. Vieles im Bereich Religion entstammt vermutlich schon dem Unterbewusstsein. Das heißt religiöse Praktiken sind vielleicht in erster Linie Rituale um mit dem eigenen Unterbewußtsein in Verbindung zu treten und dessen Potential zu nutzen. Der von Greber in seinem Buch beschriebene Effekt, dass bei Seancen die Raumtemperatur fällt hat er merkwürdiger Weise nicht mit einem Thermometer überprüft, wie ich das getan und mir gewünscht hätte. Inzwischen weiß ich aber, von der Hypnosefortbildung, dass es sich da nur um eine allerdings sehr reale Empfindung handelt die damit zu tun hat, dass man mehr Kontrolle das vegetative Nervensytem bzw. an das Unbewußte abgibt – wie im Schlaf, wo man sich ja auch ganz automatisch zudeckt um nicht zu frieren.
Jedenfalls sollte man die Fähigkeiten des eigenen Unbewußten weder verachten noch gering schätzen. Ich denke da auch an das Buch The Righteous Mind: Why Good People are Divided by Politics and Religionvon Jonathan Haidt. Haidt zeichnet dabei ein Bild des Menschen, bei dem das Unbewußte ein Elephant ist, auf dem der Verstand bzw. das Bewußtsein ein kleiner Reiter sitzt. Der Elephant ist ziemlich eigensinnig und der Reiter ist halt nur klein und kann diesen riesigen Elephanten oft nur schwer überzeugen. Man denke an lästige Gewohnheiten, Vorurteile usw.. Das geht soweit, dass es wie Haidt erklärt, auch scheinbar objektive Dinge wie z.B. wissenschaftliche Untersuchungen beeinflußt.
Religion kann man vor dem Hintergrund der Evolution aber auch kaltblütig als das Mittel sehen, dass wir brauchen um über uns hinaus zu wachsen und um effiziente größere menschliche Gemeinschaften zu bilden. Ein Beispiel das, wenn ich mich recht erinnere auch von Haidt verwendet wird der Erfolg der orthodoxen Juden im Diamanthandel (ich denke dabei an das Diamantviertel von Antwerpen, wo zumindest in meiner Studienzeit sehr viele orthodoxe Juden herumliefen): Weil diese orthodoxen Juden sich wegen ihrer Religion untereinander vertrauen konnten, konnten sie auf Sicherheitsmaßnahmen und damit auf Komplexitätskosten verzichten die mehr weltlich gesinnte oder gar atheistische Menschen im Diamanthandel mit seinen Betrugsmöglichkeiten aufwenden mussten. Die Religion hat hier also den orthodoxen Juden einen sehr weltlichen Wettbewerbsvorteil verschafft. Auch der einem mir nicht bekannten deutschen Landesfürsten zugeschriebene Ausdruck, dass ein Pfaffe mehr wert sei als 1000 Polizisten geht in diese Richtung. Ähnliches gilt für die erstaunliche Kampfkraft der Taliban und des IS.
Ohne Religion lebt im Übrigen sowieso wohl keine Mensch. Die einen glauben an übernatürliche Götter oder an einen übernatürlichen Gott (aus praktischen Gründen mit großem Hofstaat und giantischer, mit genialen Kommunikationsmitteln und Datenspeichern ausgerüsteter Verwaltung). Die anderen haben Zivilreligionen wie den Glauben an den technischen Fortschritte, die “Westlichen Werte” oder den Sozialstaat. Die Zivilreligionen haben dabei aber den Nachteil, dass die Lieferfähigkeit ihrer Götter relativ einfach und unzweideutig überprüfbar ist, was den Zivilreligionen relativ kurze Lebenspannen beschert. Übernatürliche Götter sind da wesentlich flexibler und schwerer fassbar, was die Lebensdauer von Religionen mit übernatürlichem Gott soviel größer sein und selbst Jahrtausende überdauern lässt. Das Geniale am Christentum ist dabei dann auch noch, dass es zwar mit dem Alten und Neuen Testament einen Rahmen vorgibt, aber dass es zugleich auch einzelnen Gläubigen und Gruppen die Möglichkeit gibt den Heiligen Geist zu fragen, bzw. sich von diesem Beeinflussen zu lassen. Wobei dieser Heilige Geist durchaus das Unbewusste sein kann, was faktisch bedeutet, dass die Gläubigen im Christentum grundsätzlich ziemlich flexibel auf Veränderung der Umwelt und der Situation reagieren können. Ich sehe, schon, ich sollte dazu zu Ostern oder/und Pfingsten eine Blogbeitrag mit ordentlich recherchierten Bibelstellen und Zitaten schreiben.
Die Religionen mit dem übernatürlichen Gott haben zudem immer ein Restrisiko für Frevler und vorsätzliche Sünder. Ohne übernatürlichen Gott wird die Frage der Nützlichkeit von Verbrechen jeder Art nur durch rein irdische Kostennutzenrechnungen bestimmt. Religionen mit übernatürlichem Gott oder gar mit Reinkarnationssystem haben in vielen Situationen eine zusätzliche Wirksamkeit. In der Evolution ist das zumindest im Bezug auf Stämme und Völker ein Selektionsvorteil, wie oben in dem Beispiel von den orthodoxen Juden.

Gruß
Christoph Becker