Die EDEKA Weihnachtswerbung

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Die Reaktion der Leiterin der Landeszentrale  für politische Bildung in Hamburg, auf den eigentlich gut gemachten  EDEKA-Werbeclip zur Vorweihnachtszeit  2016 ist auf den ersten Blick, aus der Sicht eines Bürgers und Steuerzahlers, deprimierend, aber dank der vielen lustigen Kommentare dazu dann doch auch wieder erheiternd.

Hier zunächst der EDEKA-Weihnachtsclip. Man beachte die Autokennzeichen. Für mich, wie wohl auch für die Hersteller des Werbeclips sind die Autokennzeichen nur visuelle Verstärker des von der der Sprecherin gesagten. Die Sprecherin und fiktive Mutter und Hausfrau verwendet ständig, im Zusammenhang mit den Weihnachtsvorbereitungen, das Wort “muss”. Die wesentliche Aussage des Clips ist mit dem Wort “soll” verbunden. Sie weiß bei alle den vielen “muss”  nämlich, dass sie sich Zeit für ihre Kinder und Familie nehmen “sollte”, statt zu tun was sie tun “muss”. Der Clip entspricht durchaus meiner eigenen Erinnerung an die Vorweihnachtszeit in meinem Elternhaus. Der Hashtag bzw. Titel des Films heißt auch #Zeitschenken.

Diese offenbar wahnsinnige Chefin der Hamburger Zentrale für politische Bildung konnte diese einfache, naheliegende, dem realen Leben entsprechende, wohl nicht nur mich mit einer gewissen Trauer an die eigene Kindheit und Jugend erinnernde Botschaft des Werbeclips, nicht erkennen und hält den neuen EDEKA-Werbeclip offenbar allen Ernstes für eine von versteckten Nazi-Symbolen strotzende rechtsradikale Werbung.

Hier nun der Clip und darunter einige Links zu Artikeln zu diesem Clip. Man beachte auch die vielen oft sehr lustigen Leser-Kommentare unter den jeweiligen Artikeln.

Zu zur Symbolik der Autokennzeichen

Um die Autokennzeichen zu erkennen kann es sinnvoll sein den Clip in HD mit maximaler Auflösung und im Vollbildmodus anzusehen.

In Filmposition [0:06] bis [0:7] ist kurz ein Volvo mit Kennzeichen MU-SS 420 zu sehen. SS ist als eine der in Deutschland verboten Buchstabenkombinationen . Es handelt sich also ganz sicher um ein Phantasiekennzeichen, wie man mit etwas googeln herausfindet. Nur ein extrem krankes für Führungspositionen nicht geeignetes Gehirn, das nicht [mehr] ausreichend gute Symbole mit Hilfe des Kontextes erkennen und einordnen kann, wird hier an  Naziwerbung und Hitlers Geburtstag denken. Normale, gesunde deutsche Gehirne von deutschen Muttersprachlern werden hier unbewusst   das Wort “muss” von müssen in Kombination mit dem Datum von Heiligabend registrieren, weil   24 auf  Deutsch    “vier – und – zwanzig” gesprochen und gehört wird. Der Volvo könnte hier noch als Symbol für Sicherheit, Geborgenheit und Familienfahrzeug gesehen werden. Er ist zugleich ein nordisches (schwedisches) Fahrzeug, was bei dem einen oder anderen lange gemütliche Winterabende und vielleicht auch das Wort “hugelig” assoziiert, mit dem die skandinavisch-germanischen Sprachen Gemütlichkeit und sich ins besondere auch zuhause in Gesellschaft von Familie und Freunden wohlfühlen verbinden.

Bei Clipposition [0:33] ist ganz kurz das Auto das noch neue Winterreifen bekommen soll von hinten zu sehen. Es hat das Kennzeichen SO – LL 3849, was ich aber überhaupt nur durch Umschalten höchste Bildqualität und Vollbildmodus, und durch Anhalten des Films erkennen konnte. Bei normalem ansehen des Clips konnte ich dieses Kennzeichen nicht erkennen.  Auch in diesem Kennzeichen ist aber vielleicht tatsächlich absichtlich eine Botschaft für der Unterbewußtsein versteckt. Nämlich das Wort “soll” im Sinne von sollte und sollen, kombiniert mit Zahlen die das Unbewußte mit Familie, älter werden, Kinder aus dem Haus und vielleicht auch Tod und “dann ist es zu spät” verbinden kann.

Zum Thema Fernsehwerbung empfiehlt sich an dieser Stelle das Interview mit dem ehemaligen Werbefachmann Jerry Mander, das ich in der Liste der Interviews in meinem  Beitrag  Der Film What a Way to Go verlinkt habe. Mander hat das auch ins Deutsche übersetzte, schon 1979 erschienen Buch  Schafft das Fernsehen ab. Eine Streitschrift gegen das Leben aus zweiter Hand geschrieben. Ich habe dieses Buch noch nicht gelesen, aber jetzt, anlässlich dieses  Artikels,  habe ich es mir gerade zumindest schon einmal bestellt.

Andere Kommentar zum EDEKA-Weihnachtswerbeclip 2016

Die Leserkommentare unter den ersten drei der oben aufgezählten Quellen fand ich teilweise sehr lustig. Insgesamt finde ich es aber sehr erschütternd und deprimierend, dass eine Landeszentrale für politische Bildung von einer derart wahnhaften Frau geleitet wird, die  die oft etwas traurige Problematik, die  gerade mit der Vorweihnachtszeit in Deutschland verbunden ist, nicht zu kennen scheint, und die stattdessen einfach nur noch überall Nazis und Nazisymbole sieht, die nüchtern betrachtet in der Realität völlig irrelevant sind.

Von einer Landeszentrale für politische Bildung und deren Leiterin  würde ich statt der mit dieser Kritik an der EDEKA-Weihnachtswerbung öffentlich gezeigten Verrücktheiten und Wahnvorstellung erwarten, dass sie sich damit beschäftigt, die wirklichen Bedrohungen unserer Zeit auch für Schüler und “einfache” Bürger, Politiker und Journalisten verständlich darzustellen.

Ich denke da z.B. an den  Freihandelstrugschluss, den John M. Greer in seinem sinniger Weise ebenfalls am 23.11.2016, veröffentlichten exzellenten Essay The Free Trad Fallacy erläutert hat. Am selben Tag hat übrigens die deutsche Bundeskanzler einmal mehr den üblichen Stuss vom Freihandel und der Globalisierung verbreitet und damit gezeigt, dass sie schlicht und ergreifend als Kanzlerin “eines so reichen Landes wie Deutschlands” nicht geeignet ist: Merkel im Bundestag„Offenheit bringt uns mehr Sicherheit als Abschottung“, Artikel in der FAZ (online) vom 23. 11.2016.

Bei Aufgaben für eine Landeszentrale für politische Bildung denke ich auch an John Ralston Sauls Buch, das 2005 mit dem Titel  The Collapse of Globalism: And the Rebirth of Nationalism     (dt. Der Kollaps der Globalisierung: Und die Wiedergeburt des Nationalismus) erschienen ist, das ich in Das Ende der Globalisierung vorgestellt hatte. Der Bildungsbedarf ist gerade in Hamburg wirklich sehr groß, wenn man an die dort beheimateten Wochenzeitungen denkt, die immer noch in der Märchenwelt der Globalisten gefangen sind und die von “Globalisierungsängsten” fabulieren und sich für rational halten, während die Realität wohl doch eine sehr andere ist. Die rationalen Argumente und die harten Fakten zeigen klar, dass die Globalisten eher eine irre fundamentalistische Sekte sind, die sehr extreme Schäden angerichtet haben. Eine Landeszentrale für politische Bildung hätte z.B. schon seit über 10 Jahren die Bevölkerung darüber aufklären können, dass das Geschwätz von den angeblichen Vorzügen des  Freihandels und der Globalisierung aus einer ganzen Reihe von rationalen Gründen ziemlich irre ist.

Faschismus

Eine Landeszentrale für wirklich politische Bildung würde zum Thema “Faschismus” vielleicht z.B. auch einmal mit dem Begriff “fascism” auf John Michael Greers Blog  thearchdruidreport.blogspot.comm  und auf TheBurningPlatform.com suchen, und mit dem was man dort findet zur EU und BRD passende Broschüren und Lehrmaterialien erstellen. Aber das trauen die sich nicht, weil der Faschismus längst wieder da ist und den von den Landezentralen für politische Bildung betriebenen “Kampf gegen Rechts” nur als Ablenkung von den wirklichen Faschisten  betreibt. Ich zitiere hier zunächst die ersten Absätze des ersten Artikels den ich mit der Suche nach “fascism” auf TheBurningPlatform.com gefunden habe:

Fascism: A Bipartisan Affliction (dt.: Faschismus: Eine Parteiübergreifende Heimsuchung) von Ron Paul, vom 14. Juni 2016:

Wenn die Neokonservativen und Progressiven wirklich verstehen würden was Faschismus ist, würden sie aufhören dieses Wort als Schimpfwort zu benutzen. Der Grund ist, dass beide Gruppen, ebenso wie die meisten Politiker und Kommentatoren sich faschistische Ideen und Politiken zu eigen machen.

Die den Faschismus auszeichnende Charakteristik ist, dass es sich um eine “gemischte Ökonomie” handelt.  Anders als Sozialisten und Kommunisten, die versuchen das private Geschäft abzuschaffen kämpfen die Faschisten dafür die Geschäftswelt in privaten Händen zu lassen. Stattdessen benutzen die Faschisten Vorschriften, Mandate und Steuern um die Geschäftswelt zu kontrollieren und die Wirtschaft zu betreiben und zu ruinieren. Ein faschistisches System ist eines, wo private Geschäfte Politikern und Bürokraten dienen, statt den Konsumenten zu dienen. Passt die moderne amerikanische Wirtschaft nicht zu dieser Definition des Faschismus?

Faschismus nützt den großen Unternehmen, die es sich, anders als ihre kleineren Konkurrenten, leisten können den Verordnungen der Regierung zu folgen. Große Unternehmen die mehr politischen Einfluss haben als Unternehmer und kleine Betriebe, profitieren außerdem  signifikant (besser) von öffentlichen Subventionen. Um ihre Macht zu erhalten finanzieren die großen Unternehmen den “tiefen Staat” (“deep state) – das Netzwerk aus Lobbyisten, Journalisten, Denkfabriken, Bürokraten und Parlamentsmitarbeitern, die hinter den Kulissen arbeiten um die Regierung zu formen.

John M. Greer hat sich im Februar 2014 umfassend in drei langen Artikeln mit dem Thema Faschismus befasst. Danach sind Faschismus, Faschist und Nazi zunächst einfach nur Schimpfwörter die von Leuten verwendet werden, die einfach nur ihr Missfallen ausdrücken wollen, und die dabei keine Ahnung davon haben was mit diesen Worten wirklich gemeint ist.

In dem ersten Teil,  Fascism and the Future, Part One: Up From Newspeak erklärt Greer auch, dass faktisch alle westlichen Staaten nach dem 2. Weltkrieg die für den Erfolg der NSDAP entscheidenden Elemente der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik übernommen haben. Zitat:

Die Nationen des Westens, die den Nationalsozialismus in Deutschland besiegt haben, haben prompt die wichtigsten Elemente seiner Wirtschaftspolitik übernommen, die die Hauptquelle seiner Anziehungskraft für die Massen war, um jedem Versuch vorzubeugen, dass er sich in der Nachkriegszeit wiederbelebt. Genau genommen, in Sinne der Bedeutung des Wortes Nationalsozialismus vor dem zweiten Weltkrieg, ist der Nationalsozialismus heute eine der zwei Standardversionen der politischen Ökonomie. Die andere ist der Liberalismus. Und es ist eine andere Ironie der Geschichte, dass in den Vereinigten Staaten die Partei die das Wort “liberal” am meisten hasst ein perfektes Sinnbild einer liberalen Partei ist, in dem Sinne wie der Begriff “liberale Partei” damals verstanden wurde.1

D.h., der Westen hat von den Nazis wichtige Teile des Wirtschaftsmodells übernommen (und Deutschland hat jede Menge Gesetze der Nazis übernommen), aber eine Autokennzeichen ” MU-SS 420″ in einem Werbclipp in dem das Wort “muss” sehr wesentlich ist und ständig wiederholt wird, versetzt die Leiterin einer Landeszentrale für politische Bildung in helle Aufregung, weil sich jemand dadurch an die SS und den Führergeburtstag erinnert fühlen könnte.

Greer schreibt dann, dass und wie das Bild des Faschismus nach dem zweiten Weltkrieg bis zur Unkenntlichkeit verzerrt wurde – und er schreibt was das für Konsequenzen haben kann. Ich zitiere dazu letzten Absatz seines ersten Artikels über den Faschismus, vom Februar 2014:

Die Nachteile dieser Verzerrung sind nicht auf eine Unfähigkeit zum historischen Verstehen begrenzt. Wenn eine richtige faschistische Bewegung, entsprechend dem Standard des Faschismus wie er wirklich war, im heutigen Amerika erscheinen würde, dann ist es eine sichere Wette, das niemand außer einigen Historikern diese Bewegung als das erkennen würde was sie ist. Was noch dazu kommt ist, dass es eine ebenso sichere Wette ist, dass viele jener Leute die denken dass sie gegen Faschismus sind – selbst, oder sogar besonders jene die glauben dass sie etwas erreichen in dem sie irgendwo “Faschismus” (in D wohl auch “Nazi)  auf eine Betonwand sprühen – die ersten wären, die in so einer Bewegung jubeln und hinter deren Fahnen Aufstellung nehmen. Wie und warum das passieren könnte wird der Gegenstand der nächsten zwei Artikel Artikel sein.

Was mich bei alledem am meisten beunruhigt, ist dass der zweite Weltkrieg gerade aus Sicht der Nazis in erster Linie auch ein Ressourcenkrieg war, und dass – wie Christian Gerlach gezeigt hat – der eigentlich Hauptantrieb der Vernichtungspolitik der Nazis wohl die Angst vor der Wiederholung einer das System destabilisierenden Hungersnot wie jener des ersten Weltkrieges war. Im ersten Weltkrieg sind in Deutschland nur ca. 800 Tausend Menschen an Unterernährung gestorben.  Dazu kamen noch 350 Tsd. Tote durch die Spanische Grippe, von denen man annimmt, dass sie teilweise auch eine Folge der Schwächung durch den Hunger waren. Wenn es heute in Zusammenhang mit einem Krieg zu einer Hungersnot kommt, könnten leicht 50 bis 70 Millionen Menschen in Deutschland in relative kurzer Zeit  an Unterernährung und deren Folgen sterben. Ein sehr wesentlicher Grund wäre dann der reale “Faschismus”, dessen Folge die Industrialisierung der Landwirtschaft und deren totale Abhängigkeit von Industrieprodukten ist.

Aber auch ganz ohne Krieg, bringt die Zukunft Probleme durch die der Wohlstand, die innere Sicherheit und auch die Ernährung der Bevölkerung in Deutschland sich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit rapide verschlechtern werden. Nicht irgendwann in ferner Zukunft, sondern wohl in den nächsten 5 bis 10 Jahren. Aber die Chefin einer Landeszentrale für politische Bildung hat nichts Besseres zu tun, als vom Kontext her vernünftig und gut ausgewählte, harmlose Autokennzeichen in einem wirklich sehr gut gemachten Werbespott als unterschwellige Nazi-Propaganda zu erkennen und anzuprangern.

Wer ernsthaft etwas gegen eine Wiederholung der schrecklichen Seite des Nationalsozialismus tun wollte, würde eine realistische Energiepolitik betreiben und zuerst und vor allem die Nahrungsmittelversorgung, die Nahrungsmittelproduktion und die Bodenqualität mit Blick auf die Zeit nach dem Öl und auch auf die vorher zu erwartenden Krisen und Kriege optimieren.

Ich habe einige Landwirte gefragt, wie sie in einer Zukunft  ohne Diesel und ohne von Importen aus fernen Ländern abhängige, eine funktionierende hochkomplexe Infrastruktur erfordernde, Industrieproduktion, genug Nahrungsmittel für die Versorgung der Bevölkerung produzieren könnten. Immerhin sei die Bevölkerungsdichte heute um ein Vielfaches höher als vor der industriellen Revolution. Die Antwort ist dass sie es nicht wissen.    Was wird hier los sein, wenn nur noch ein Bruchteil des erforderlichen Tagesbedarfs an Lebensmitteln verfügbar ist?

Die EDEKA-Weihnachtswerbung 2016 sollte man im Übrigen auch von dem Hintergrund und in der Tradition der Edeka-Weihnachtswerbung 2015 sehen:

Kelberg, den 2. Dezember 2016

Christoph Becker


  1. Interessant ist hier vielleicht auch, dass Deutschland damit dann,  wie  Greer  in seinem Buch  “Decline and Fall”  argumentiert,  nach dem zweiten Weltkrieg faktisch doch noch den Krieg in Europa mit Hilfe der EU gewonnen hat. Siehe Wie Deutschland doch noch den Krieg gewann  

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