Abschlussvortrag der Grassfed Exchange 2016

Die Grassfed Exchange (GFE)  ist eine gemeinnützige Organisation ehrenamtlicher Rancher und Unterstützer, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Wissen und Informationen über regenerative Weidetierhaltung zu vermitteln und auszutauschen.

Im Folgenden möchte ich den Abschlussvortrag der jährlichen Fortbildungsveranstaltung der GFE im Jahre 2016 von Dr. Allen Williams, in der Form einer überarbeiteten und mit den meisten beim Vortrag verwendeten Bildern und ins Deutsche übersetzten Folien versehenen Mitschrift wiedergeben.

Die jeweils passende Position der auf Youtube verfügbaren Version wird in [mm:ss] wiedergegeben.

Hauptsächlich zeigt der  Vortrag, was mit intelligenter Weidewirtschaft heute möglich ist. Das Hauptbeispiel ist dabei eine im Jahre 2010 erworbene Farm mit vorher durch Monokulturen völlig abgelandwirtschaftetem Boden. Dr. Williams hatte diese Farm zusammen mit einem Kollegen erworben, um einen vom 1. Tag an dokumentierten Versuch zur Landregeneration durchzuführen. Der Vortrag dokumentiert hauptsächlich den Verlauf und auch das beeindruckende Ergebnis des Versuches.  Durch geschicktes Weidemanagement, mit einer Mutterkuhherde als wichtigstem Werkzeug und mit sehr geringem Maschineneinsatz wurde eine verblüffende Verbesserung des Bodens, des Ertrages, der Pflanzenwelt, des Wildbestandes, des Wasserhaushaltes und des Starkregenschutzes, der Bienenfreundlichkeit erzielt UND eine Sequestrierung von über  250 Tonnen CO2  pro Hektar  in nur 5 Jahren erreicht.

Gegen Ende wird noch kurz ein anderes Beispiel mit der in nur einem Jahr möglichen Verbesserung gezeigt. Am Schluss wird dann ein Vergleich der Böden der Farm des im Hauptteil des Vortrages geschilderten Versuches mit zwei seit über 30 bzw. über 50 Jahren konventionell bewirtschafteten Betrieben gezeigt, wobei Bodenproben mit 90 cm Tiefe in 6 Schichten untersucht wurden. Damit wird dann auch die Tiefenwirkung der Weidemethode und das Potential von intelligent gemanagten Rinderherden als Werkzeug zur Kohlendioxidsequestrierung erkennbar.

Der Originalvortrag:  GFE 2016 – Dr. Allen Williams “Growing Soil the Southern Way”

Nach einer kurzen  Einleitung  ab [1:24]  erzählt Dr. Williams kurz die Geschichte der Westwärtswanderung der europäischen Siedler.  Nach dem amerikanischen Bürgerkrieg hatte die Regierung Gesetze erlassen, um die Besiedlung des Landes westlich des Mississippi rechtlich zu erleichtern. Ein Grund für die Massenmigration nach Westen war, dass man in den paar Jahrhunderten  seit dem Beginn der Besiedlung Nordamerikas, östlich des Mississippi die einst fruchtbaren Böden durch landwirtschaftliche Nutzung,  insbesondere auch mit Monokulturen  abgelandwirtschaftet hatte. In den Präriegebieten westlich des Mississippi fanden die Siedler ein sagenhaft dynamisches, fruchtbares Gebiet mit vielfältigen und komplexen Leben vor. Davon abgesehen, dass sie keine Düngemittel hatten, konnten sie in den ersten Jahren auch ohne Dünger, Kalk, Pestizide, Herbizide, Fungizide und allem, was man sonst heute als zur Landwirtschaft gehörend betrachtet, sehr gute Ernten erzielen. Aber nach nur wenigen Jahren der Bearbeitung des Mutterbodens mit dem Pflug, in einer Zeitspanne von nur 50-60 Jahren, hat man es geschafft, das vorher über Jahrtausende stabile Ökosystem und die Fruchtbarkeit seiner Böden zu ruinieren und die große amerikanische Staubschüssel (Dust Bowel) zu verursachen.
Die Ursache dieser Schäden war nicht irgendein Phänomen eines Klimawandels, sondern die landwirtschaftliche Nutzung.(( siehe auch „Plowman’s Folly“ (dt: Die Torheit des Plügenden) von Edward H. Faulkner, das ich in Die Torheit der Pflügenden und die Geschichte vorgestellt hatte.)) Wenige Jahrzehnte reichten also aus, um sehr fruchtbare Mutterböden zu zerstören. Dr. Williams gute Nachricht zum Abschluss der Konferenz: Man kann diesen Prozess umkehren und man kann das sehr viel schneller als man bisher gedacht hat.

[5:08]

Die Methode, die und deren Wirksamkeit er dann vorstellt, bezeichnet er als adaptives Beweiden mit vielen Koppeln und hoher bis sehr hoher Tierdichte. Bei richtiger Nutzung sei dies ein absolut erstaunliches Werkzeug. Dabei weist er darauf hin, dass das Wort “adaptiv” von zentraler Bedeutung ist. Wenn man irgendetwas nehme und daraus ein starres System mache, dann würde man genau in diesem Moment einen entscheidenden Fehler machen, für den man nicht nur Jahre, sondern Jahrzehnte bezahlen werde. Es dreht sich also alles um Anpassungsfähigkeit und darum, dass man in hohem Maße in der Lage ist, zu beobachten und zu verstehen, was in der Natur vor sich geht und darauf entsprechend zu reagieren. Dr. Williams hat zu diesem Aspekt im Januar 2016, in der Zeitschrift Graze den online verfügbaren Artikel Shake up your grazing! – The ‘principle of disruption can keep your pastures improving (dt. Mische deine Beweidung auf! – Das Prinzip der Diskontinuität kann dafür sorgen, dass sich Deine Weiden weiter verbessern) veröffentlicht.

[6:32]

Fallstudie Missisippi Farm

[6:38] Dr. Williams und sein Kollege, die beide schon seit vielen Jahren überall in Nordamerika als Berater tätig waren, hatten nach einer Möglichkeit gesucht, einen Fall vom ersten Tag an umfassend wissenschaftlich zu dokumentieren. Zu diesem Zweck haben sie im Herbst 2010 eine Farm im Nordosten des Bundesstaates Mississippi gekauft. Die Farm hat eine Größe von ziemlich genau 1000 Acres, das sind ca. 404 ha. [7:07,8]

Das Land in dieser Gegend wurde seit etwa 150 Jahren landwirtschaftlich genutzt, wobei insbesondere Baumwollmonokulturen üblich waren. Der Zustand des Bodens der Farm war sehr schlecht. Hier die Daten:

  • Organische Masse im Mutterboden – 1,3 % bis 1,6 %
  • Wasserinfiltrationsrate – <  12,7 mm / Stunde
  • Pflanzen Brixwert – 2 %
  • Hauptfutter Pflanzenarten – 3-4
  • Besatzdichte –  ca. 1 Großvieheinheit / 2,4 ha

Die Messung der organischen Masse im Mutterboden wurde an verschiedenen Stellen des Geländes durchgeführt und das Ergebnis schwankte zwischen 1,3 % und 1,6 %. [8:12,5] Die Wasserinfiltrationsrate betrug weniger als einen halben Zoll pro Stunde (= 12,7 mm pro Stunde = 12,7 Liter/qm/h). Bei Regenschauern lief also so gut wie alles Wasser ab und der Boden sah schlammig aus. Der Brixwert der Pflanzen((Man kann diesen mit einem Refraktometer ziemlich leicht und preiswert selbst messen. Beim Kauf achte man auf den Messbereich. Ein Instrument mit 0 bis 30 % ist für Gras, Gemüse und Obst passend)) betrug etwa 2 %, was zu wenig ist, um ohne massive Zufütterung irgend eine Gewichtszunahme oder Leistung bei Rindern zu erzielen. Sie ließen Mitarbeiter des NRCS des Bundesstaates Mississippi kommen. Diese zählten auf der Farm nur 3 bis 4 Hauptfutter-Pflanzenarten. Die Besatzdichte (Stocking Rate)  betrug etwa sechs Acres pro AU ((Animal Unit = amerikanischen Großvieheinheit = 1 Kuh von 453 kg plus Kalb)) , das sind etwa eine Großvieheinheit auf 2,4 ha. In Mississippi ist dies ein sehr schlechter Wert. [9:20]

Implementierte Strategie
  • Ballen-Weiden im 1. Winter
  • Hohe Besatzdichte je aktueller Koppel / Kurze Beweidungsdauer
  • Lange Ruheperioden
  • Strategische Einsatz von mikrobiellem Quorum Sensing

Da sie die Farmen im Herbst gekauft hatten, hatten sie kein Futter. Deshalb haben sie im ersten Winter Ballen-Weiden, also das Füttern mit Heuballen auf der Weide, angewendet. Siehe dazu auch meinen Blogbeitrag Der Rundballen-Abwickel-Anhänger. Sie haben das hauptsächlich getan, um organisches Material auf den Boden zu bekommen und um das Bodenleben etwas zu stimulieren (Alternativ hätten sie das Land einfach weiter brach liegen lassen können). In der ersten Weidesaison haben sie dann mit hoher Tierdichte, kurzer Beweidungs- und anschließenden langen Ruhezeiten beweidet. Außerdem haben sie mikrobielle Stimulation mithilfe von Quorum sensing (( Darüber,  wie Ouorum sensing in der Landwirtschaft praktisch durchgeführt wird, habe ich bisher (11.6.2017,) noch nichts gefunden )) strategisch eingesetzt.

Zustand in der 1. Weidesaison

[9:57] Dies ist das erste Frühjahr. Die Gruppe der Kühe, die damals eingesetzt wurden ist dieselbe, die heute noch da ist. Es wurden keine Kühe weggenommen. Seit der Aufnahme des Betriebes im Jahre 2010 wurden nur Rinder hinzugefügt. Die Kühe waren nicht gewohnt, das zu fressen, was sie auf diesen Bildern fressen. sie waren nicht darauf trainiert, es zu fressen. Sie waren sehr viel bessere Weiden gewöhnt. Außerdem waren sie tragend und auf dem Weg, in jenem Frühjahr zu kalben. Was man auf den Bildern sieht ist, dass die Kühe Felder voll mit Unkraut abweiden. Die Umwelt in Mississippi ist für das Wachstum von Unkräutern und Büschen sehr gut geeignet. [11:25]

Und so sahen die Koppeln aus, nachdem die Tiere sie verlassen hatten:Indem man eine wettbewerbsorientierte Umgebung für die Rinder geschaffen hatte, um ihr Weideverhalten damit zu verändern, wurden sie in der Tat sehr wettbewerbsorientiert und lernten sehr schnell, Unkräuter zu fressen – wenn sie überleben wollten. Auf dem Bild sieht man Halme und Stängel von zwei Unkrautarten, bei denen die Rinder alle Blätter abgefressen haben. Dr. Williams hatte viele Nachbarn, die ihm sagten, dass diese Rinder vor Hunger sterben würden, und was sie (er uns ein Kollege) wohl tun würden, wenn die Tiere kalben und die Kälber säugen würden.
Was sie aber feststellten war, dass die Tiere, obwohl sie die Kälber säugten, sogar an Gewicht zunahmen und dass die körperliche Kondition der Tiere besser wurde. Sie führten Pflanzengewebeuntersuchungen und viele Brixwert Messungen durch und stellten fest, dass die Pflanzen sehr nährstoffhaltig waren. Wie erklärte sich das? Die Unkräuter hatten sehr viel tiefere Wurzeln als die Monokulturen, die vorher dort angebaut wurden. Die Monokulturen hatten die oberste Bodenschicht ausgelaugt, aber darunter lag ein reicher Schatz an Mineralien, den die Monokulturen nicht erreichen konnten. Nach dem Verschwinden der als Monokultur angebauten Nutzpflanzen füllten die Unkräuter die Lücke und holten mit ihren tief in den Boden reichenden Wurzeln die Mineralien, die dort unten noch immer existierten, nach oben.

Zustand in der 2. Weidesaison

Dies ist der Zustand in der zweiten Weidesaison [13:26]:

Es sind noch immer viele Unkräuter vorhanden. Aber sehr viel mehr Futterpflanzen die ins Spiel kamen. Es gab keine mechanische Intervention, keine chemische Intervention und es wurden auch keine Futterpflanzen gepflanzt. Alles, was man hier sieht, wurde durch die Samenbank und die Stimulation erzielt, die man durch das attraktive Beweiden mit hoher Besatzdichte hatte. Das Ballen-Weiden im ersten Winter dürfte dabei auch eine Rolle gespielt haben.

Zustand in der 3. und 4. Weidesaison

Dies ist das 3. Jahr [14:10]:Und das ist das Land im 4. Jahr:

Man kann wieder sehen, dass mit sehr geringem Aufwand und dem Einsatz der Mutterkuhherde als dem hauptsächlichen Werkzeug in jedem weiteren Jahr neues, besseres und sehr viel produktiveres Wachstum erzielt werden konnte. [14:53]

Das Ergebnis am Ende des 4. Jahres

Hier ist das Ergebnis am Ende dieser Periode

Fortschritt

  • organisches Material im Mutterboden – 5,2 % bis 5,6 %
  • Futterpflanzenarten – 43, einschließlich der ursprünglichen.
  • Brixwert der Pflanzen – Durchschnitt 15 – 22 %
  • Wasserinfiltration – mehr als 25,4 cm/h (254 L/qm/h)
  • Besatzdichte – 1 Großvieheinheit / 0,61 ha = ca 1,64 GVE / ha
  • signifikante Zunahme bei Regenwürmern, im Boden lebenden Insekten, bestäubenden Insekten und Wildtieren

Der Gehalt an organischem Material im Boden stieg von 1,3-1,6 % am Anfang auf einen Mittelwert von 5,2-5,6 %. Für die Ermittlung der Futterpflanzenarten wurde wieder das Personal des NRCS um Hilfe gebeten. Hier war ein Anstieg von 3-4 auf nun 43 Arten zu verzeichnen, worunter viele einheimische Arten waren. Noch wichtiger war das der Brixwert der Pflanzen von einem Mittelwert von 2 % auf ein Mittelwert von 15-22 % angestiegen war. Das alleine erhöhte die Leistung der Tiere signifikant. Das Schöne an der Sache war, dass die Tiere durch den mit dem höheren Brixwert einhergehende höheren Nährstoffgehalt nicht nur individuell eine höhere Leistung zeigten, sondern insgesamt auch weniger Bisse an Trockenmasse beim Wiederkäuen verarbeiten mussten, um dieselbe Nährstoffmenge zu verarbeiten.
Die Wasserinfiltrationsrate stieg von weniger als 12,7 l/Quadratmeter und Stunde auf mehr als 254 l/Quadratmeter und Stunde. Damit konnte nun der allergrößte Teil des Regens auf dem Grundstück gehalten werden, während der Niederschlag anfangs Weg floss. Die Besatzdichte stieg um das Vierfache, von 6 Acres / AU auf 1,5 Acres / AU (ca. 2,4 ha / GVE auf 0,6 ha / GVE oder eben 0,4 GVE / ha auf 1,6 GVE /ha). Damit wäre dieser Versuch in Deutschland auf staatlich subventionierten Flächen NICHT bis zum Ende durchführbar gewesen, da hier derzeit nur maximal 1,2 GVE/ha erlaubt sind.
Zusätzlich wurde eine erhebliche Zunahme an Regenwürmern, im Boden lebenden Insekten, Blüten besteuernden Insekten und Wildtieren registriert. All das explodierte regelrecht als Folge der Verbesserung des Bodens und der Pflanzenvielfalt und Komplexität. [16:43.7]Dr. Williams bestätigt hier noch einmal, was Ray Archuletta und Dr. Fred Provenza in ihren Vorträgen bei der GFE 2016 gesagt haben, nämlich, dass er und sein Kollege auch festgestellt haben und bestätigen können, dass Pflanzenvielfalt und Komplexität der Schlüssel für die Leistung der Tiere, die Gesundheit der Tiere und alles andere sei.[17:26.4]

Wenn man Vielfalt und Komplexität über der Erdoberfläche hat, dann hat man sie auch unter der Erdoberfläche. Warum ist das wichtig?

Wo lebt und funktioniert die Mehrheit der Mikroorganismen im Mutterboden?

Sie leben und funktionieren in der Wurzelzone, also da wo die Wurzeln wachsen. Wo keine Wurzeln wachsen, da wachsen auch keine oder fast keine Bakterien.

Pflanzenvielfalt ist für eine gute Weide typisch

Hier ist die gewünschte Mischung, die ein Ziel des Managements ist.  Auf jeder Weide  wollen wir statt Monokulturen eine Mischung aus Leguminosen,  Kräutern und Gräsern [18:09]. So soll eine Weide aussehen:

Wenn man eine solche Mischung erreichen will heißt das, dass man keine Herbizide anwenden darf und einige Dinge nicht tun kann, die als typisches Management betrachtet werden.

Auf jeder Weide sollte man eine Vielzahl verschiedener Gräser, verschiedener Leguminosen und verschiedener Kräuter finden können. Das schafft eine gedeihliche Umgebung und dies sorgt nicht nur für die primären Nährstoffe, sondern auch für die kritischen sekundären Nährstoffbestandteile. Das gestattet es den Tieren, die Auswahl zu treffen, die sie benötigen, um sich selbst zu heilen und um Leistung zu erbringen.
[18:58]

Viehtränken

Etwas anderes, was sie auch machten war, dass sie die Rinder aus den Teichen und Seen heraushielten. Sie bauten dazu Rampen, sodass die Tiere Zugang zum Wasser hatten. Sie legten Geo-Textil-Matten aus und darüber legten sie Steine um einen festen Untergrund zu haben. Um die Tränken herum grenzten sie diese mit Zaunpfählen und Elektrozaun-Kunststofflitze, wie auf dem Bild zu sehen ist ab, sodass die Tiere zwar trinken, aber nicht weiter in die Teiche hineingehen und sie verschlammen konnten. Sie legten außerdem Leitungen von den Erhebungen hinunter, sodass nur durch die Schwerkraft Wasser zu Trögen fließen konnte. Dadurch konnten sie die Zahl der Tränken wesentlich steigern, und damit das Land zu Beweidung besser in Koppeln unterteilen.[19:37]

Vorratsweiden für die Winterfütterung

Sie lagerten (engl. stockpiled) sowohl wärmeliebende als auch kälteliebende mehrjährige Pflanzen ohne zu mähen. Sowohl die wärmeliebenden als auch die kälteliebenden, der gelagerten Pflanzen wurden während der Wintermonate abgeweidet. Das folgende Bild zeigt eine Mutterkuhherde im Januar 2016 auf dem Weg zu einer frischen Vorratsweide bei der es sich in diesem Fall um mehrjährige, wärmeliebende Pflanzen handelte [19:53.4]:

Zu dem Thema Vorratsweide gibt es insbesondere von Jim Gerrish das Buch Kick the Hay Habbit. Auch findet man zu diesem Thema auf Youtube einige Vorträge. Diese Verfahren dürfte auch in Deutschland funktionieren. Es erfordert habe einige Planung. Es ist eine Möglichkeit, insbesondere den Maschineneinsatz und die Treibstoffverbrauch massiv zu senken.

Technische Ausrüstung/Maschineneinsatz

Das folgende Bild zeigt die Zaunbauausrüstung. Dieser Polaris Ranger (ein UTV) ist (abgesehen von  Elektrozaungeräten und Zäunen) die einzige Maschine, die täglich genutzt wurde. Darüber hinaus wurde weder ein Traktor noch ein LKW oder eine andere große Maschine für diesen über 400 ha großen Betrieb täglich genutzt.[20:04]. Der Betrieb ist daher auch auf diese Weise  sehr effizient und kostengünstig:

Eine weitere Farm

[20:28] Das folgende Beispiel soll dazu dienen zu zeigen, welcher Fortschritt hier in nur einem einzigen Jahr gemacht wurde.

Pompey’s Rest Farm

  • Vom Mutterbodenzerstörer zum Mutterbodenaufbauer
  • Präsentation Dez. 2015, National Grazing Lands Coalition (früher Grazing Lands Conservation Initiative (GLCI))
  • zeigt was in nur einem Jahr erreicht werden konnte.

Don Jackson, ein Kunde von Dr. Williams, dessen Farm im Norden von South Carolina liegt, hatte bei der Konferenz der National Grazing Lands Coalition im Dezember 2015 in Texas, den folgenden Fall in seiner Präsentation Vom Mutterbodenzerstörer zum Mutterbodenaufbauer gezeigt [21:07]:

Er ist auf dieser Farm aufgewachsen, er ist in seinen Sechzigern, und er hat gesagt, so wie auf dem Bild oben habe es immer ausgesehen. Sie haben das Land immer kontinuierlich beweidet, das heißt, die Tiere waren das ganze Jahr über auf ein und derselben großen Fläche. Sie haben im Winter immer sehr viel Heu gefüttert. In vielen Jahren, wenn sie einen trockenen Sommer hatten, haben Sie schon im August oder September angefangen Heu zu füttern. Also so haben die Weiden ausgesehen. Man sah oxidierte Kuhfladen, die auf dem Boden gefallen sind und die dann eine großartige Umwelt für das Wachstum aller möglichen Unkräuter gebildet haben. Aber nach nur einer einzigen Saison mit adaptiver Beweidung, ohne dass die Größe der Herde vermindert wurde, hat man die auf dem folgenden Bild gezeigte Verbesserung gesehen. Alles, was man getan hat war, das Beweidungssystem zu verändern und alles, was man dazu benutzt hat, war einfacher Elektrozaun mit Kunststofflitze und schnell in den Boden eintretbaren Elektrozaunpfählen. Hier ist das Resultat:

Don Jackson erzählte Dr. Allen Williams, dass er in mehr als 50 Jahren die er auf dieser Farm gelebt habe nie so viel Gras gesehen habe, wie nach dieser einen Weidesaison mit adaptiver Beweidung. Und nun fängt er an, die Herde zu vergrößern.

Eine Weidemangementsoftware

Dies ist eines der Werkzeuge, das sie bei der Betreuung ihrer Kunden benutzen:

[22:39]

Spielen die  Weidestrategie und Methodologie eine Rolle?

Sie haben im Herbst 2014 drei benachbarte Farmen in Mississippi untersucht. Sie nahmen die eingangs beschriebene, im Herbst 2010 erworbene Farm, wo Adaptives Beweiden für nur 5 Jahre angewendet wurde.  Ich komme von Herbst 2010 bis Herbst 2014 nur auf 4 Jahre. Irgendwo liegt ein Versehen vor, was hier aber nicht wirklich relevant ist. Williams betont dann aber noch einmal, dass es “nur” 5 Jahre waren.

Die zweite Farm, deren Böden überprüft wurden, hatte langsames Rotieren angewendet. D.h., dort wurden die Tiere alle 2 bis 3 Wochen auf eine andere Weide getrieben. Dies wurde dort seit über 50 Jahren so gemacht.

Die dritte Farm, deren Böden überprüft wurden,  hatte seit 30 Jahren kontinuierliches Beweiden angewendet. Dort waren die Tiere also das ganze Jahr über auf einer einzigen großen Weide gehalten.

Alle drei Farmen hatten einen sehr ähnlichen Bodentyp und lagen in derselben Gegend.

Daten über den Kohlenstoffgehalt des Bodens

  • Herbst 2014
  • Farmbeschreibungen
    • (ABhB) Adaptives Beweiden mit hoher Besatzdichte seit 5 Jahren
    • Konventionelles Weidemanagment auf hohem Niveau, seit über 50 Jahren (alle 2 – 3 Wochen eine andere Koppel).
    • Konventionelles Weidemanagment auf niedrigem Niveau, seit über 30 Jahren (nur eine einzige Koppel das ganze Jahr über).
    • Gleicher Bodentyp und gleich Gegend für alle 3 Farmen.

Vorgehen bei der Prüfung:

  • Sie gruben auf jeder Farm an zufällig ausgewählten Stellen mit der selben Topographie Löcher.
  • Jedes Loch war 3 Fuß tief und 3 Fuß im Quadrat (= 91,4 cm)
  • Bodenproben alle 6 Zoll ( = 15,2 cm), was 6 Ebenen ergab
  • Wurzelwachstum und Struktur wurden notiert
  • Bodenleben, Textur und Aggregierung wurden notiert

Kohlenstoffgehalt im Boden, in Prozent

Tiefenzonen in cm Adaptives Beweiden mit hoher Besatzdichte Konventionele Beweidung m. Wechsel alle 2 bis 3 Wochen Konventionelle Beweidung, immer gleicher Weide
0-15 4,67 1,64 1,36
15-30 4,00 1,88 1,37
30-45 2,95 1,03 0,40
45-60 2,04 1,02 0,54
60-75 1,71 0,38 0,40
75-90 1,42 0,41 0,34

Man beachte, dass hier die relative Abweichung innerhalb einer Ebene im Bereich von 30 bis 60 cm Tiefe besonders hoch ist. In 30 bis 45 cm Tiefe bringt das Adaptive Beweiden hier gegenüber dem Wechsel alle 2 bis 3 Wochen eine Steigerung von über 280 %. Gegenüber der ganzjährigen, konventionellen Beweidung betrug die Steigerung in dieser Tiefe sogar über 700 %. Vergleiche diese mit dem in meinem Blogbeitrag Gleicher Boden, verschiedenes Management, wo ein Beispiel aus Australien gezeigt wurde. Allerdings beziehen sich die Zahlen auf der Tabelle oben nur auf den Kohlenstoffgehalt. Der Gehalt an organischem Material ist in der folgenden Tabelle wiedergegeben:

Organisches Material  im Boden, in Prozent

Tiefenzonen in cm Adaptives Beweiden mit hoher Besatzdichte Konventionele Beweidung m. Wechsel alle 2 bis 3 Wochen Konventionelle Beweidung, immer gleicher Weide
0-15 4,26 3,28 2,72
15-30 3,22 3,76 2,74
30-45 3,10 2,06 0,80
45-60 2,98 2,04 1,08
60-75 2,80 0,76 0,80
75-90 1,98 0,82 0,68

Schließlich die Fähigkeit Kohlenstoff im Boden einzulagern.

Fähigkeit Kohlenstoff im Boden zu speichern

 Farm Beschreibung  Kohlenstoff (Tonnen / qm) Kohlenstoff (Tonnen/ha)  Kohlenstoff (Tonnen C02 Äquivalent)
 Adaptives Beweiden m. hoher Besatzdichte, seit 5 Jahren  12,49  126,9  465,3
 Konventionell, Wechsel alle 2 – 3 Wochen, seit > 50 Jahren  7,09  70,09  257,0
 Konventionell, immer gleiche Weide, seit > 30 Jahren  5,47 54,7  200,6

Adaptives Beweiden mit hoher Besatzdichte brachte demnach einen Unterschied von ca 208  bzw. 264 Tonnen Kohlendioxid, die pro Hektar nach nur 5 Jahren mehr an CO2 im Boden eingelagert waren.  Dabei ist allerdings die Anfangssituation nicht gemessen worden. Diese war aber sehr schlecht. Wenn man davon ausgeht, dass die Anfangssituation dem Zustand auf der Vergleichsfarm mit kontinuierlicher Beweidung entsprochen hat, dann hätten 5 Jahre adaptives Beweiden mit hoher Tierdichte eine Kohlendioxidsequestrierung von 265 Tonnen pro Hektar gebracht, was ungefähr soviel ist, wie 25 Einwohner Deutschlands zusammen in einem Jahr an Kohlendioxid ausstoßen. Angesichts der ca. 400 ha Gesamtgröße der Farm, hat dieses Experiment mit sehr geringem technischen und energetischem Aufwand die Sequestrierung von mehr als einhunderttausend Tonnen CO2 realisiert. Die positive Wirkung auf die Umwelt war aber noch viel größer, weil die bei einer weiteren Nutzung als Monokultur anfallenden  Nitrate (Trinkwasser!) und Stickoxide (Treibhausgas!) vermieden wurden. Außerdem leistet die Farm durch die drastisch gesteigerte Versickerungsrate nun einen Beitrag zum Starkregenschutz und Hochwasserschutz:  Wenn zum Beispiel bei einem Starkregenereignis auf der Gesamtfläche von 400 ha die Versickerungsrate um 25 Liter pro qm überschritten würde, aber nun wegen der größeren Versickerungsrate aufgefangen werden, dann wären das z.B. 100 Tsd. Qubikmeter Wasser. Wasser, das nun keine Bodenerosion mehr verursachen und keine Feuerwehreinsätze auslösen würde, sondern das nun für Trockenperioden gespeichert und sinnvoll genutzt würde. Über größere Flächen kann so etwas das lokale Klima und die lokalen Niederschlagsmengen insgesamt positiv beeinflussen. Wasser, das nicht gleich wieder zurück in das Meer fließt, sondern das lokal im Land gespeichert bleibt, kann auch dort wieder verdunsten und so lokal zu Taubildung, Wolkenbildung und Niederschlägen beitragen. Bei gleicher Niederschlagsmenge muss dann weniger vom weiter entfernten Meer herantransportiert werden. Wenn vom Meer her gleichbleibend viel Niederschlag kommt, erhöht dieser lokale Effekt die Gesamtniederschlagsmenge. Vor diesen Hintergründen wird Allan Savorys Konzept, das er in seinem TED-Talk Die Wüste begrünen und den Klimawandel umkehren  vorgestellt hat  und von dem  ich hier die Seite mit dem deutschen Transkript verlinkt habe, verständlicher.

Andere Nebeneffekte der oben beschriebenen Möglichkeit der Regeneration der Böden und des Weidelandes durch intelligentes Weidemanagment sind  der höhere jagdliche Nutzwert und der höhere Nutzwert als Bienenweide.

Kelberg, den 11. Juni 2017

Christoph Becker




Eine klimafreundliche Rindfleischproduktion?

Der folgende Text ist eine Übersetzung des Artikels A carbon friendly beef enterprise – Is it possible? von eben jener Dr. Christine Jones, deren Vortrag ich in meinem Blogbeitrag Nährstoffgehalt der Lebensmittel sinkt seit dem 2. Weltkrieg teils übersetzt, teils zusammengefasst hatte:

Eine klimafreundliche Rindfleischproduktion – Ist das möglich?

Christine Jones, PhD

Gründerin von Amazing Garbon

www.amazingcarbon.com

Übersetzung ins Deutsche Christoph Becker, www.freizahn.de.

Titel des Originals: A carbon friendly beef enterprise – is it possible?

Link auf das Original: http://amazingcarbon.com/PDF/JONES-CarbonFriendlyBeef(27April10).pdf

Es gibt viele Missverständnisse im Bezug auf den Beitrag der Viehhaltung zum Klimawandel.

Die von den Vereinten Nationen herausgegebene Publikation, ‘Livestock’s Long Shadow‘ (dt. Der Lange Schatten der Viehaltung)(1), führte weltweit zu Aufrufen, den Fleischkonsum zu reduzieren, mit der Begründung, dass die Tierhaltung einen Hauptanteil an der Produktion von Treibhausgasen habe. Es wurden ebenfalls Bedenken geäußert, dass Fleischverbrauch einen nachteiligen Effekt auf die menschliche Gesundheit habe.

Die Realität ist, dass beide, der Treibhausgas-Fußabdruck und der gesundheitliche Einfluss des Rindfleisches auf die Ernährung dadurch bestimmt werden, wie es produziert wird.

Der Bericht der Vereinten Nationen (1) erweckt den Eindruck, dass Tierhaltung 18 % zum globalen Treibhausgas Ausstoß beiträgt – mehr als alle Transportsektoren der Welt zusammengenommen. Seitdem ist zur Kenntnis genommen worden, dass die Berechnungen sehr fehlerhaft waren (2, 3), was daran lag, dass man viele indirekte Faktoren, wie das Roden von Regenwald am Amazonas für die Getreide- und Weidegrasproduktion eingerechnet hatte.

Der Präsident und Vorstandsvorsitzende des American Meat Institue , J. Patrick Boyle, merkte an, dass nach Angaben der amerikanischen Umweltschutzbehörde die Tierhaltung nur 2,8 % zu den US-amerikanischen Treibhausgasemissionen des Jahres 2007 beigetragen habe, eine Zahl die seit 1990 relativ konstant geblieben ist (3).

In Australien wurde verbreitet die Vorstellung gefördert, dass Viehhaltung einen wesentlichen Beitrag zum Methangehalt der Atmosphäre beiträgt und dass der Methangehalt weltweit steigt. Es gibt jedoch keine wissenschaftlichen Daten, die zeigen, dass der Methanausstoß von Wiederkäuern zunimmt. Tatsächlich scheint es, dass es keinen klaren Trend der Veränderung globaler Methananteile von irgendeiner Quelle, über die letzten Jahrzehnte gibt.

Die Zunahme der globalen Methananteile von 1930-1970 wurde von Emissionen verursacht, die bei der Produktion, Übertragung und Verteilung von Erdgas verursacht wurden (4). Die Verwendung von Erdgas verzehnfachte sich in den 1960er und 1970er Jahren. Die Quelle vieler Erdgasemissionen, wie Leckagen der transsibirischen Pipeline, haben sich seitdem verstärkt (4). Messungen über die letzten 25 Jahre zeigen, dass die Konzentrationen von in der Atmosphäre enthaltenem Methan gerade mal natürliche Variationen zeigt und keinen signifikanten Trend in irgendeine Richtung haben (Fig. 1)

Fig. 1. Variationen der jährlichen Veränderung der atmosphärischen Methankonzentration von 1983-2009, von Dlugokencky et al (2009). Messungen in Teilen pro Milliarde pro Jahr (5).

Es gibt keine wissenschaftliche Basis, um Wiederkäuer gezielt mit einer ‘Methansteuer’ zu belegen. Die Evolution des Pansens, als ein effizienter Weg zur Verdauung von Pflanzenmaterial geschah vor etwa 90 Millionen Jahren. Es erscheint außergewöhnlich unpassend, sich in diesen natürlichen Prozess einzumischen.

Wiederkäuer einschließlich Büffel, Ziegen, wilde Schafe, Kamele, Giraffen, Rentiere, Karibus, Antilopen und Bisons existierten vor der industriellen Revolution in einer größeren Anzahl als heute. Es hätten sich überwältigende Ansammlungen von Methan in der Atmosphäre gebildet, wenn nicht Quellen und Senken sie über die vergangenen Jahrtausende ausgeglichen hätten.

Neuere Untersuchungen von Professor Mark Adams, Dekan der agrarwissenschaftlichen Fakultät an der Universität Sydney, hat herausgefunden, dass biologisch aktive Böden das Methan der von ihnen getragenen Rinder bei geringer Besatzdichte oxidieren(6). Die Ursache dafür ist die Aktivität methanotophischer Bakterien, die Methan als ihre einzige Energiequelle nutzen (7). Im Boden anwesende Methanotrophen wirken den Effekten von Methanogenen entgegen. Methanogene sind Bakterien, die Kohlenstoff und Wasserstoff kombinieren und damit die Azidose im Pansen reduzieren.

Von Tieren ausgestoßenes Methan hat einen sehr kurzen Zyklus, d. h., es wird im allgemeinen gerecyled, anstatt in obere Schichten der Atmosphäre zu entweichen. Bei Emissionen der Industrie ist es dagegen sehr viel wahrscheinlicher, dass sie in die Stratosphäre gelangen. Beim Wasserdampf sehen wir einen ähnlichen Trend. Der hat einen kurzen Zyklus, wenn er von Weiden abgegeben wird (viel davon kehrt über Nacht als Tau zurück), aber er hat  einen langen Zyklus (er steigt in die Stratosphäre auf), wenn er von blankem Boden verdampft oder von industriellen Quellen emitiert wird.

Zusätzlich enthüllt eine vollständige Lebenszyklusanalyse, dass richtig gemanagtes, wiederkehrend beweidetes mehrjähriges Weideland, in dem atmosphärischer Kohlenstoff im Boden als stabiler Humus eingelagert wird, dazu führt, dass mehr Kohlenstoff eingelagert als ausgestoßen wird, was leicht das vom Vieh produzierte Methan kompensiert.

Fig. 2. Der dunkelfarbige Kohlenstof,f der um die Wurzeln von mehrjährigem Gras herum eingelagert ist, kann in hellen Böden leicht beobachtet werden. (Foto Christine Jones)

Wenn der Treibhausgasfußabdruck von Treibstoff, Dünger, Herbiziden und Pestiziden eingerechnet wird, plus Bodenerosion, Verschlechterung der Wasserqualität und Emission von Kohlendioxid, Wasserdampf und Stickoxiden, dann sind konventionell produzierte Sojabohnen (oder andere Quellen nicht tierischen Eiweißes) weniger umweltfreundlich als gut gemanagtes Weidevieh. Tatsächlich sind angemessen beweidete, mehrjährige Weiden der schnellste und wirtschaftlichste Weg, Böden wieder herzustellen, die durch konventionelle jährliche Erntesysteme ruiniert wurden.

Je schneller die vollständig unlogischen ‘esse vegan’ und ‘natürliches Methan ist ein Problem’-Sachen aufgelöst werden, desto besser.

Es ist jedoch wichtig anzumerken, dass nicht alles Rindfleisch denselben Treibhausgasfußabdruck oder ‘Fußabdruck’ hat.

Die Menge der Energie, die für die Produktion eine Einheit Eiweiß benötigt. wird ist bei mit Getreide gemästeten Rindern ungefähr doppelt so groß wie bei auf der Weide mit Gras gemästeten (8). Das liegt am hohen Energieaufwand für düngemittelintensive Getreideproduktion, am Aufwand für den Transport der Futtermittel und für den Transport der Rinder zu den Mastställen.

Fig.3. durch Mästung mit Gras erzeugtes Rindfleisch erfordert nur halb so viel Energie für dieselbe Menge Eiweiß wie durch Mast mit Getreide erzeugtes Rindfleisch (8). (Foto Patrick Francis)

Die Lücke zwischen der Mast mit Gras und der mit Getreide vergrößert sich weiter wenn wir die CO2 Produktion in die Betrachtung einbeziehen. Gras gemästetes Rindvieh recycelt lediglich Kohlenstoff (2, 9), wie es alle Lebewesen tun, einschließlich Menschen. Es ist für ein Tier nicht möglich ‘neuen’ neuen Kohlenstoff zur Atmosphäre hinzuzufügen. CO2-Emissionen für Getreide gefüttertes Rindvieh können dagegen sehr hoch sein. Die Ursache hierfür sind die Nutzung fossiler Energieträger für die Produktion, Verteilung und Ausbringung synthetischer Düngemittel für die Getreideproduktion, Verlust von Kohlenstoff aus konventionell gemanagten Ackerböden und die Transporte.

Es gibt außerdem viele gute Gründe für die menschliche Gesundheit, um zu auf der Weide durch Mast mit Gras produziertem Rindfleisch zurückzukehren. Omega-3 und Omega-6 Fettsäuren werden als ‘ essenzielle Fettsäuren’ betrachtet, weil sie vom Körper nicht produziert werden können. Es ist wichtig, dass diese Fettsäuren in ausgewogenem Maße konsumiert werden. Westliche Diäten sind reich an Getreide und/oder Pflanzenölen wie Sonnenblumenöl, Distelöl, Mais, Soja, Erdnuss – und Margarine und Salatsdressings aus diesen Ölen – die oft 10-20 mal mehr Omega-6 als Omega-3 enthalten. Das ist ein Trend, der mit einem erhöhten Risiko an Fettleibigkeit, Herzkrankheiten, Demenz, Depression, Lernschwierigkeiten, Autoimmunkrankheiten, Zuckerkrankheit, Leberschäden und Krebs (10, 11) in Verbindung gebracht wurde. Fette mit hohem Omega-6 können das Tumorwachstum fördern, während fette mit Omega-3 es blockieren können.

Die Omega-3-Fettsäure DHA kommt in bedeutendem Umfang in Gräsern vor. Neuere Forschungen haben gezeigt, dass Rindfleisch, das durch Mast mit Gras erzeugt wurde ein ausgeglicheneres Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3 hat als durch die Mast mit Getreide produziertes Rindfleisch. Diese Entdeckung legt nahe, dass viele Bedenken im Bezug auf den Konsum von rotem Fleisch im Prinzip auf mit Getreide gemästetes Rindfleisch zurückzuführen sind. Zusätzlich zu einem ausgeglicheneren Verhältnis der Omegafettsäuren ist in durch  Mast mit Gras produziertem Rindfleisch  3 – 5 mal mehr konjugierte Linolsäuren (CLA) als in durch die Mast mit Getreide produziertem Rindfleisch enthalten. Bereits ein Anteil von nur 0,5 % CLA in der Nahrung hat einen starken, Krebs verhindernden Effekt gezeigt (12).

Das Verhältnis der Omegafettsäuren ist gut ausgeglichen in Butter, Sahne und Käse. Diese hochwertigen tierischen Fette sind unverzichtbar für unsere körperliches und geistiges Wohlbefinden. Das Gehirn besteht zum Beispiel hauptsächlich aus Fett. Diäten mit geringen Anteilen gesättigter Fette können zu Depressionen und anderen mentalen Störungen führen (10). Cholesterin obwohl, es kein Fett ist, sondern ein Sterin in tierischem Eiweiß, ist für die Funktion der Zellmembranen von vitaler Bedeutung. Neuere Studien haben niedrige Cholesterin Niveaus mit bestimmten Krankheiten und erhöhten Infektionsrisiken in Verbindung gebracht (10). Cholesterin ist ebenfalls wichtig für die in deaktivierung von Schwermetallen wie Blei, Quecksilber und Cadmium.

Schlussfolgerung

Eine klimafreundliche Rindfleischproduktion ist mehr als nur möglich. Sie ist essenziell. Gut gemanagte Beweidung ist ein potentes Werkzeug zur Einlagerung von Kohlenstoff in den Boden, zur Deaktivierung von Methan, zur Verbesserung der Nährstoffzyklen, Verbesserung der Wasserrückhaltekapazität, Wiederherstellung der Biodiversität und sie hat eine wichtige Funktion für die Gesundheit und die Landschaft. Vor allem sind die Produzenten von Rindfleisch Nahrungsmittelproduzenten. Durch Mast mit Gras auf der Weide produziertes Rindfleisch ist ein gesundes, hoch mineralhaltiges Lebensmittel mit einer exzellenten Balance essenzieller Fettsäuren.

Angus Australien ist zur Einführung von Agnus Pure, auf der Weide  produziertem, hormonfreiem, antibiotikafreiem Qualitätsrindfleisch zu gratulieren. Es ist nicht nur klimafreundlich, sondern ebenfalls konsumentenfreundlich.

Literaturreferenzen

  1.  Food and Agriculture Organisation of the United Nations (2006). Livestock’s Long Shadow:Environmental Issues and Options. FAO, Rome http://www.fao.org/docrep/010/a0701e/a0701e00.htm
  2. Nabhan, G., Blair, D. and Moroney, D. (2010). Ranching to produce Tacos Sin Carbon: the low carbon footprint of grass-fed beef and sheep production in the semi-arid west. The Quivira Coalition Journal, no. 35 February 2010.
  3. Lundeen, T. (2010). UN staff admits flaw in report on meat and climate change. Stock & Land, 2nd April, 2010
  4. Quirk T. W. (2010) Twentieth century sources of methane in the atmosphere. Energy and Environment, 21(3), pp. 251-256.
  5. Dlugokencky, E. J. et al. (2009). Observational constraints on recent increases in the atmospheric CH4 burden. Geophysical Research Letters 36, L18803, doi:10.1029/2009GL039780.
  6. Cawood, M. (2010). Error in Snowy soils carbon report. http://theland.farmonline.com.au/news/state/agribusiness-and-general/general/error-in-snowy-soilscarbon-report/1887462.aspx
  7. Dunfield, P. F. (2007). The soil methane sink. In D.S. Reay, C.N. Hewitt, K.A Smith and J. Grace, eds. Greenhouse Gas Sinks. pp. 152-170. Wallingford UK.
  8. Pimental, D. and Pimental, M. H. (2008). Food, Energy and Society. Third Edition. CRC Press, Boca Raton, Fl, USA: CRC Press/Taylor and Francis Group. ISBN 978-1-4200-4667-0.
  9. . Abend, L (2010). How Cows (Grass-Fed Only) Could Save the Planet. 25 January 2010 http://www.time.com/time/magazine/article/0,9171,1953692,00.html
  10. Simopoulos, A., P. and Robinson, J (1999). The Omega Diet. Harper Collins.
  11. McLagan, J. (2008). Fat: an appreciation of a misunderstood ingredient, with recipes. Ten Speed Press, California.
  12. Mercola (2010). The ominous beef cover up – the hidden truth behind the meat on your plate. http://articles.mercola.com/sites/articles/archive/2010/03/23/how-grassfed-cows-could-save-theplanet.aspx 23 March 2010.

Nachträge

Prof. Dr. Peer Ederer – Milch und Klima

Einen sehr interessanten, kurzen Film zum Thema und dazu auch jede Menge Erklärungen und Links von Prof. Dr. Peer Ederer fndet man auch der Webseite www.milchundklima.de.

 




Nährstoffgehalt der Lebensmittel sinkt seit dem 2. Weltkrieg

Seit den 30er Jahren gibt es Messungen der Nährstoffgehalte vieler Lebensmittel, u.a. durch das britische Landwirtschaftsministerium, die eine erschreckende Tendenz zeigen und die viele Krankheiten und Beschwerden  zumindest teilweise erklären. Es gibt aber auch in der Praxis erprobte wissenschaftliche Erkenntnisse, mit denen dieser Trend umgekehrt werden kann und mit denen Landwirte und Gärtner sehr viel Geld sparen können.

Im Folgenden habe ich den für das Thema Nährstoffrückgang in Lebensmitteln, Ursachen, Gegenmaßnahmen und Düngemittel relevanten Teil des Vortrages der australischen Wissenschaftlerin Dr. Christine Jones, teilweise übersetzt und  teilweise zusammengefasst. Auch habe ich (fast)  alle mir relevant erscheinenden Folien übersetzt.

Die übersetzten Teile sind durch kursiv kenntlich gemacht.

Die Folien sind gerahmt und dadurch als solche erkennbar.

Der Vortrag wurde im Sommer 2015 im Rahmen der “Fuller Field School” gehalten. Auch die anderen Vorträge dort sind, finde ich sehr empfehlenswert. Frau Christine Jones wird von Gabe Brown,  in dessen Vortrag als eine überragende Kapazität in Sachen Bodengesundheit gelobt und empfohlen. Gabe Brown selbst dürfte einer der besten Farmer sein, wenn es um moderne, zukunftsorientierte und wirtschaftlich erfolgreiche Landwirtschaft in größerem Stil geht. Auf ihn und seine Farm hatte ich u.a. in Optimierung im Getreideanbau und Hochwasserschutz durch Integration der Mutterkuhhaltung und in Bodenerosion durch Starkregen in Weinbergen hingewiesen.

Ich denke, Gabe Browns Einschätzung und Empfehlung des Vortrages von Dr. Christine Jones kann man uneingeschränkt zustimmen. Ihre Webseite ist: www.amazingcarbon.com

Der Link auf das Original des Vortrages bei Vimeo:

Dr. Christine JonesPart 1_ “Soil Carbon_ the Mycorrhizal Connection.” 2015 Fuller Field School.

Ab hier zu dem Vortrag, wobei ich bei Minute 20 beginne. Was nicht eingerahmt oder kursiv ist, ist eine Zusammenfassung oder ein Kommentar von mir.

[20:07]

Bei der Landwirtschaft geht es hauptsächlich um

Lebensmittel.

Aber da läuft etwas fundamental falsch.

 

[20:10]

Der Nährwert der heutigen Lebensmittel ist niedriger als zu jedem anderen Zeitpunkt in der Geschichte.

 

[20:16,5]

Man müsste zweimal so viel Fleisch, 3 mal soviel Obst und 4 bis 5 mal soviel Gemüse essen, um dieselbe Menge Mineralien zu sich zu nehmen, wie in denselben Lebensmitteln im Jahre 1940 enthalten war.

Es gibt dazu eine ganze Menge Daten. Im Folgenden werden Daten aus dem Vereinigten Königreich gezeigt. Der Artikel, aus dem die Daten entnommen wurden, zeigt auch was diese Nährstoffe für die menschliche Gesundheit bedeuten.

[20:39]

Sinken der Mineralgehalte in Gemüsen von 1940 – 1991

Durchschnittswerte von 27 Gemüsesorten …

  • Kupfer (Cu)  minus 76 %
  • Kalzium (Ca)  minus  46 %
  • Eisen (Fe) minus 27 %
  • Magnesium (Mg) minus 24 %
  • Kalium (K) minus 16 %

Quelle: David Thomas ‘A study on the mineral depletion of the foods available to us as a nation over the period 1940 – 1991’. Nutrition and Health 2003; 17: 85 – 115

Der Artikel von David Thomas ist kostenlos als pdf-Datei verfügbar:

www.mineralresourcesint.co.uk/pdf/mineral_deplet.pdf

[23:13,9]

Sinken des Mineralgehaltes in Fleisch von 1940 – 1991

Mittelwert von 10 Sorten Fleisch

  • Kupfer (Cu) minus 24 %
  • Kalzium (Ca) minus 41 %
  • Eisen (Fe) minus 54 %
  • Magnesium (Mg) minus 10 %
  • Kalium (K) minus 16 %

Quelle: David Thomas ‘A study on the mineral depletion of the foods available to us as a nation over the period 1940 – 1991’. Nutrition and Health 2003; 17: 85 – 115

Suchen mit “Spurenelemente Mangel” und “Mineralstoffmangel” listen verschiedene Seiten mit Informationen zu Krankheiten und Beschwerden. Dabei ist zu bedenken, dass das Wissen in der Medizin auch heute zwar groß, aber dennoch unvollständig und hier und da sicher auch falsch ist. Als sicher ist aber davon auszugehen, dass die verschiedenen Spurenelemente und Mineralien für die Gesundheit  eine große Rolle spielen. Als sicher kann auch gelten, dass verschiedene Personen unterschiedlich empfindlich auf Mangelerscheinungen reagieren und dass Krankheiten und Beschwerden zugrunde liegende Mangelerscheinungen nicht immer (oder oft nicht?) als solche erkannt werden. Jedenfalls kann man als sicher ansehen, dass eine allgemeine Verschlechterung der der Nährstoffgehalte der Nahrung sich negativ auf die Gesundheit vieler Menschen auswirkt. Viele “unerklärliche” oder “zufällig” auftretende Krankheiten, Beschwerden und Mangelerscheinungen dürften vor diesem Hintergrund auf die Verschlechterung der Qualität der Lebensmittel zurückzuführen sein.

[23:52]

Doppelschlag

Rückgang des Nährstoffgehaltes ist mit einer Zunahme chemischer Rückstände verbunden ……

Sie berichtet dann von einer amerikanischen Studie mit Schulkindern, bei der man die Kinder eine Woche lang genau hat aufschreiben lassen, was sie gegessen haben. Am Ende der Woche hat man eine Blutprobe bei den Kindern entnommen. Die Kinder, die in dieser Woche das meiste Obst und das meiste Gemüse gegessen hatten, hatten die meisten chemischen Rückstände im Blut.

Der Apfel anstelle von Zuckerzeug in der Schulverpflegung ist damit für die allgemeine Gesundheit durchaus nicht so gut wie die meisten denken. An dieser Stelle muss ich allerdings an den Vortrag des damals führenden belgischen Toxikologen  denken, den dieser während meiner Studienzeit in Belgien über Lebensmittel gehalten hat. Aus diesem Vortrag habe ich hauptsächlich fogende Information mitgenommen:

  1. Äpfel, von denen man nicht ganz sicher weiß, ob sie mit irgendwelchen Chemikalien gespritzt wurden, sollte man unbedingt vor dem Verzehr schälen.
  2. Apfelsinen, die in Belgien auf den Markt kommen sind immer chemisch behandelt und sollten daher immer  geschält werden.
  3. Obst und Gemüse von “Biobauern” hatte  damals (ca 1981), warum auch immer, bei toxikologischen Untersuchungen in Belgien, oft keinesfalls besser abgeschnitten als solches aus dem Supermarkt.

[25:21]

Wie ist es möglich, dass wir in der “konventionellen Landwirtschaft” mehr und mehr chemische Dünger einsetzen und immer weniger Nährstoffe in unseren Lebensmitteln haben?

(Im Orginal heißt es “anlaysis fertilizer”. Das bezieht sich offenbar auf sogenannten NPK-Dünger. Wobei N für Stickstoff, P für Phosphat und K für Kalium steht.)

[25:39,5]

Die offizielle Erklärung ist der “Verdünnungseffekt”.

Das heißt, wenn der Ertrag (oder die Fruchtgröße) steigt, dann sinkt theoretisch der Mineralstoffanteil.

[26:15,8]

Aber wir sehen bei hoch ertragreichen Ernten in biologisch aktivem Boden  NICHT dieselben Rückgänge der Nährstoffgehalte.

Stattdessen sehen wir das Gegenteil.

Bei biologisch aktivem Böden findet man keinen Rückgang der Nährstoffinhalte und die Produkte schmecken phantastisch.

Damit hat John Denver mit seinem Loblied auf die im eigenen Garten selbst angebauten Tomaten,   Home Grown Tomatoes , wohl recht – sofern man die weiter unten erklärten Prinzipien beachtet.

[26:50,9]

Wissenschaftler haben ein Problem zu erklären, warum die Eiweißgehalte in Getreide fallen,  während sich die Menge des pro Flächeneinheit verbrauchten Stickstoffdüngers in den letzten Jahrzehnten vervielfacht hat ….

Es gibt Gebiete wo man, wenn man Weideland umpflügt und dort erst mal Getreide anbaut, Proteingehalte von 18 bis 19 % erzielt und dann, obwohl man sehr viel Stickstoffdünger einsetzt, große Schwierigkeit hat, einen Eiweißgehalt von mehr als 10 % zu erzielen.

Der Stickstoff kommt einfach nicht in die Pflanzen.

85 bis 90 % der Nährstoffe gelangen über Mikroorganismen, wie über eine Brücke, in die Wurzeln der Pflanzen.  Wenn diese Mikrobenbrücke nicht oder nicht in ausreichendem Maße gegeben ist,  dann können die im Boden vorhandenen Nährstoffe nicht in die Pflanzen gelangen.

[27:48,9]

…. und warum die Gehalte an Kalzium und Eisen in den Lebensmitteln deutlich gefallen sind – während diese Mineralien in den meisten Böden im Überfluss vorhanden sind, ( obwohl sie in der Abwesenheit mikrobieller Vermittler nicht zwingend verfügbar sind).

Bei dieser Gelegenheit erklärt sie, dass die Leute fast überall auf der Welt, wo sie hinkomme sagen würden, dass sie Kalk ausbringen müssten, weil das einen wichtigen Effekt auf das Wachstum der Pflanzen und die Bodengesundheit habe. In Wahrheit seien Kalzium und Eisen aber weltweit in fast allen Böden im Überfluss vorhanden.

Man könne sogar Kalzium-Mangel auf Böden feststellen, die sich aus Kalkstein gebildet haben, wenn der Boden nicht biologisch aktiv ist.

Kalkmangel sei also keine Frage des Vorhandenseins von Kalzium sondern eine Frage der biologischen Aktivtät.

[29:00,7]

Verdünnung und Erschöpfung sind NICHT der Grund.

Das Problem ist, dass die Pflanzen nicht länger in der Lage sind, die Mineralien und Spurenelemente, die sie benötigen aufzunehmen.

Warum ist das so??

Also Verdünnung ist nicht der Grund, Erschöpfung ist nicht der Grund. Es gibt reichlich Mineralien in ihrem Boden. Die Pflanzen sind nur nicht mehr in der Lage, diese aufzunehmen. Warum ist das so?

[29:20,7]

Um diese Frage zu beantworten müssen wir erst fragen …..

“was ist Mutterboden?”

Die offizielle Definition von Mutterboden lautet:

[29:31]

Was ist Mutterboden?

Mutterboden ist verwittertes Gestein (Sand, Lehm, Ton) das mit Pflanzenwurzeln in Kontakt war oder ist.

Also warum sind Pflanzenwurzeln wichtig?

[29:37,6]

Warum Pflanzenwurzeln?

[29:40]

Grüne Pflanzen nehmen Sonnenlicht und Kohlendioxid (CO2)  auf …

….. und verwandeln verwitterte Gesteinsmineralien in Mutterboden.

Wenn wir irgendwo auf der Welt sehen, dass es keine grünen Pflanzen gibt, dann ist es dort zu heiß, zu trocken, zu kalt oder zu was immer.

Es wird dann dort kein Mutterboden sein. Es wird irgend eine Art verwittertes Gesteinsmaterial dort sein.

Beispiele Sahara oder Gebirge oberhalb der Vegetationsgrenze.

Und man sieht diese ebenfalls in Landwirtschaftlichen Betrieben.

Wie viele Systeme auf der ganzen Welt haben Sommerbrache? Ich sehe immer noch Sommerbrache in einigen Teilen der USA und Kanadas. Noch immer ist der Boden den ganzen Sommer blank.

Denn wo es keine Pflanzen gibt, verschlechtert sich der Boden.

Auf der anderen Seite ist es so, dass je mehr Pflanzen wir haben und je länger wir Pflanzen haben, je mehr gesunden Boden können wir aufbauen. Es funktioniert in beide Richtungen. Sie nehmen die Pflanze heraus und verlieren Mutterboden. Sie nehmen Pflanzenvielfalt weg, der Boden verschlechtert sich. Sie tun mehr Pflanzen hinein, der Boden verbessert sich. Mehr Pflanzenvielfalt und längere Perioden mit Pflanzenbedeckung. Also das ist es, was grüne Pflanzen tun.

[31:01,8]

Fruchtbarer Boden ist ein Produkt aus Photosynthese und mikrobieller Aktivität (Resynthese)

Photosynthese alleine ist nicht genug.

[31:10,4]

Es ist die Photosynthese und nicht der Mutterboden, die die  Basis für die Pyramide des Lebens bildet

Die Photosynthese grüner Pflanzen, mit dem für deren Funktion benötigen Licht, Wasser und CO2 produziert die energiereichen Verbindungen, die an den Wurzeln an Mikroben abgeben werden, die Nährstoffe lösen und in eine zur Aufnahmen durch die Wurzeln der Pflanzen geeignete Form bringen. Wurzeln und Mikroorganismen bilden den Mutterboden.

Wenn man die Photosynthese halbiert, etwa in dem man den Boden während der Hälfte der Vegetationsperiode blank liegen lässt, dann halbiert sich auch die zur Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit verfügbare Leistung.

Das Wort Photosnysthese hat zwei Teile. Photo = Licht, und Synthese = Zusammensetzen. Grundsätzlich bedeutet das ‘Leben aus Licht machen’.

[32:08]

Photo: Licht

Synthese: zusammensetzen

Photosynsthese:

‘Leben aus Licht machen’

Ohne Leben kann man keinen guten aggregierten Boden haben.

Unglücherweise übersieht man das heutzutage. Vor 1940, als man mit den Aufzeichungen für diese Tabellen der Nährstoffgehalte der Lebenmittel begann, wurde die  Wichtigkeit des Bodenlebens klar erkannt.

Vor 1940, wurde die Wichtigkeit des Bodenlebens klar erkannt.

 

[32:28.9]

In den 1890er Jahren beschäftigten sich Wissenschaftler mit der Erforschung der Mycorrhiza (Pilzwurzeln) und frei lebender, Stickstoff fixierender Bakterien.

Weil das so lange her ist, fehlt es der [modernen] Literatur.

[32:48,3]

Diese Mikroorganismen sind beide pflanzenabhängig. In der Tat sind die meisten Mikroben im Mutterboden pflanzenabhängig. Sie bekommen ihre Nahrungsmittel von den Pflanzen.

 

[32:54,6]

“Es kann ohne Mutterboden kein Leben geben und keinen Mutterboden ohne Leben; sie haben sich zusammen entwickelt.” (Charles E. Kellogg, USDA Yearbook of Agriculture, 1938)

Kein Mutterboden ohne Leben. Ich denke das ist der wichtige Punkt.

Also, wir müssen soviel Leben wie möglich in den den Mutterboden bekommen. Und das schließt auch ein, dass wir unsere Grass fressenden Tiere dazu einsetzen. – worauf wir in den nächsten beiden Tagen näher eingehen.

[22:15,2]

Nach dem 2. Weltkrieg verließen wir uns auf Chemikalien und vergaßen, dass Mutterböden leben müssen, damit sie effektiv funktionieren können.

Nach dem 2. Weltkrieg verließen wir und auf Chemikalien und vergaßen, dass Mutterböden leben müssen, damit sie effektiv funktionieren können.

Daraus resultierte sehr vereinfacht das Schema, das man in vielen Lehrbüchern über Mütterböden sieht: Die Basis ist der Mutterboden, in dem Pflanzen wachsen von denen sich Tiere ernähren. (Folie der vereinfachten Pyramide an [33:35.4]

Das ist es, was man den Studenten an den Universitäten erzählt: ‘Man hat einen Boden und was immer das für eine Sorte ist, man hat ihn für immer, weil man Böden nicht verändern kann’.

Wie oft habe ich insbesondere von Boden-Physiologen gehört:  Dass der Boden durch den Typ bestimmt und dass man den nicht ändern kann, dass man die Bodenstruktur (Texture) nicht ändern kann – sagen sie, man kann den Bodenhorizont nicht ändern – sagen sie. Wir haben sehr, sehr schnelle Veränderungen in all diesen Punkten gesehen.

Weil wir dieses Konstrukt haben, gehen wir dann, wenn etwas nicht so funktioniert wie wir es gerne hätten, hin und fügen etwas [Dünger, Kalk, Herbizide, Pestizide] hinzu, um es zu reparieren.

[34:22,8]

Wenn Feldfrüchte und Weiden nicht die Leistung erbringen, die wir gerne hätten,

….. dann wünschen wir etwas hinzuzugeben, um den Mutterboden zu reparieren.

Also was tun wir?  Wir nehmen eine Bodenprobe und schicken sie in ein Labor. Da wird der Boden Chemikalien ausgesetzt, die er nie zuvor in seinem Leben gesehen hat. Und der ganze Bodentest hat nichts damit zu tun, wie der Mutterboden funktioniert. Und dann kommt dabei eine Zahl heraus, die sagt ‘Sie müssen soundsoviel Stickstoff oder soundsoviel Phosphor, oder Kalzium oder was auch immer ausbringen, damit Ihr Boden funktioniert.’ Aber die Chemikalien, die man für solche Tests benutzt, sind nicht die Chemikalien, die Pflanzen nutzen. Die Chemikalien, die wir benutzen, um aus dem Boden Mineralien zu extrahieren sind nicht die, die die Mikroben benutzen. Also welche Relevanz hat ein Bodentest zu irgend etwas, was biologisch in ihrem Mutterboden vor sich geht? Das kann nicht sehr viel sein. Der Bodentest wurde im Wesentlichen dazu entworfen, Ihnen etwas zu verkaufen. Und wenn sie das auf ihren Boden aufbringen, machen sie alles nur schlimmer.

[35:14.2]

Aber …..

85 – 90 %  der Nährstoffaufnahme der Pflanzen ist mikrobiell vermittelt.

Aber, was das Labor Ihnen nicht gesagt hat, ist dass 85 – 90 % der Nährstoffaufnahme des Bodens von Mikroben vermittelt wird. Mit anderen Worten, selbst wenn sie Sachen auf den Boden aufbringen, müssen die immer noch durch Mikroben gehen, damit die Pflanzen die aufnehmen können.

Wenn wir uns die zwei am häufigsten aufgebrachen Nährstoffe ansehen, über die wir morgen mehr sprechen können, …. das sind Stickstoff, von dem maximal 10 bis 40 % von dem, was Sie aufbringen von den Pflanzen aufgenommen wird. Mit anderen Worten, 60 bis 90 % werden nicht aufgenommen. 60 bis 90% des Stickstoffs, den Sie ausbringen wird nie von Pflanzen aufgenommen. Wo geht er hin? Er verflüchtigt sich oder er leckt durch ins Grundwasser oder fließt in ein Gewässer. Endet in einem Grundwasserleiter. An wie vielen Orten in den USA kann man heute das Wasser nicht mehr trinken? An einer wachsenden Anzahl Orten kann man das Wasser nicht mehr trinken, weil es wegen der Nitrate giftig ist, die durchgesickert sind.

Und wenn wir uns Phosphor ansehen, ist die Situation wahrscheinlich sogar noch schlimmer, was die von den Pflanzen aufgenommene Menge angeht. Maximal 10 bis 15 % des Phosphors, den man ausbringt wird im Jahr der Ausbringung aufgenommen.  Das bedeutet, dass zwischen 85 und 90 % nicht aufgenommen werden. Wo geht das hin? Wenn man Mutterboden durch Erosion verliert, landet das in den Flüssen und verursacht Algenblühen usw.. Aber selbst, wenn man keinen Boden durch Erosion verliert, wird er an die anderen Mineralien im Boden gebunden, weil Phosphor ein sehr reaktives Element ist. Er bleibt nicht einfach als Phosphor  im Boden. Manchmal ist er innerhalb von Stunden entweder als Kalziumphosphat, oder Aluminiumphosphat oder Eisenphosphat gebunden. Wenn er erst einmal in dieser Form gebunden ist, ist er für Pflanzen vollständig unverfügbar. Sie können ihn nicht zurück bekommen. Aber ist  etwas in dem Boden was diesen so gebundenen Phosphor zurückgewinnen kann? …. Phosphatase. Also Bakterien können Phosphor aus Kalziumposphat oder Eisenphosphat oder Aluminiumphosphat leicht gewinnen. Und raten Sie, was Bakterien ebenfalls tun können. Sie können Stickstoff binden. Es gibt tausende von Bakterien, die Stickstoff fixieren können.  ….

Nicht nur die mit Leguminosen verbundenen Bakterien können Stickstoff fixieren.  Diese kann man leicht im Labor züchten. Mit den heute verfügbaren, hochentwickelten biochemischen Techniken, mit denen man sehen kann, was im Boden ist, hat man herausgefunden, dass es tausende Bakterien gibt die Stickstoff fixieren können. Die meisten davon kann man nicht im Labor züchten und studieren, aber man kann sehen, dass sie die  DNA haben um Stickstoff zu fixieren.

Vorausgesetzt wir unterstützen die Photosynthese genug und sorgen für genug Pflanzenvielfalt, dann können die Pflanzen alles an Stickstoff und Phosphat aus dem Boden bekommen.

Die produktivsten Ökosysteme der Welt hatten niemanden, der dort Stickstoffdünger ausgebracht hat.

Zusammenfassung

Die Entwicklung der Landwirtschaft nach dem 2. Weltkrieg ist ein ökologisches und gesundheitspolitisches Desaster. Die Vorstellung vom immer währenden Fortschritt und insbesondere auch vom angeblichen Fortschritt unsere Zivilisation seit 1940 ist damit im wichtigsten Bereich, nämlich der Nahrungsmittelversorgung, sehr grundlegend falsch.

Der Rückgang der Nährstoffgehalte der Lebensmittel und auch die Umwelt- und Gesundheitsschäden durch Düngemittel (insbesondere Nitrate und Phosphate), Pestizide und Pflanzenschutzmittel seit 1945 waren und sind weitgehend vermeidbar.

Es ist grundsätzlich möglich, die Qualität und die Nährstoffgehalte der Lebensmittel binnen weniger Jahre wieder auf das Niveau von vor 1945 zu verbessern. Dabei können die Umweltbelastung durch Düngemittel, insbesondere auch die Entstehung klimaschädlicher Gase durch die Stickstoffdüngung weitgehend beseitigt werden.

Übersetzung/Zusammenfassung/Kommentar

P.S.: Man beachte auch den kurz vor diesem Artikel frei geschalteten Blogbeitrag Gleicher Boden, verschiedenes Management über ein praktische Beispiel aus dem 2. Teil der Präsentation von Frau Dr. Christine Jones.

Kelberg, den 6. Juni 2017

Christoph Becker

 




Pflanzenwurzeln

Hier möchte ich einige Bilder und Animationen zum Thema Pflanzenwurzeln aus verschiedenen Quellen zusammenfassen:

Pflanzenwurzeln verschiedener Präriepflanzen, um einen Eindruck von der Vielfalt der Wurzelformen zu vermitteln

Ein Bild kommunizierender Pilz-Wurzeln (Mykorrhiza). Durch diese Netzwerke können unterschiedliche Pflanzen und auch unterschiedliche Arten von Pflanzen Nährstoffe miteinader austauschen. Damit können unterschiedliche Spezialisierungen und auch lokale Standortvorteile einzelner Pflanzen und der diesen zugeordneten Mikroorganismen auch für andere Pflanze genutzt werden. Man kann sich vorstellen, dass es unter Pflanzen eine Art Tauschhandel mit Nährstoffen gibt. Man kann sich dazu auch vorstellen, dass man die zugehörigen Handelswege durch Bodenverarbeitung (immer wieder) zerstört und damit das Wachstum der Pflanzen und die Entfaltung und Nutzung des Leistungsfähigkeit des Ökosystems behindert.

Die folgende Aufnahme stammt ursprünglich von einer kanadischen Institution und wird oft im Zusammenhang mit gemanagten Weidesystemen gezeigt:

Die Aufnahme zeigt Graspflanzen, die regelmäßig auf eine bestimmte Länge zurückgeschnitten werden. Diesen Effekt hat man nicht nur, wenn man jede Woche seinen Rasen mäht, sondern vor allem auch, wenn man Rinder, Schafe usw. länger als 2 Tage auf der selben Weide lässt:  Die Tiere sind “Feinschmecker” und grasen regelmäßig die ihnen am besten schmeckenden Gräser erneut ab. Das hält nicht nur diese Gräser kurz, sondern es hält auch die Masse und Tiefe der Wurzeln klein. Zur Nutzung dieses Effektes siehe z.B. auch meinen Blogbeitrag Was würde der alte deutsche Weidepapst sagen und Ganzheitliches Weidemanagement. Diese Aufnahme hilft auch bei der Erklärung der in Gleicher Boden, verschiedenes Management gezeigten Unterschiede in der Qualität der Böden.

Hier nun zwei Links zu Animationen:

Eine deutschsprachige Animation des deutschen Agrarwissenschaftlers Dr. Thomas Fester (www.scivit.de):

Der Dschungel unter unseren Füßen – Fast Forward Science 2016

und hier eine Animation die Ray Achuletta (www.nrcs.usda.gov/wps/portal/nrcs/detailfull/national/soils/health)  bei einer Präsentation ( 2017 Soil Health Field Day – Ray Archuleta )

) im Frühjahr 2017 zeigte:

Slow Motion-Aufnahme vom Austreten von Wuzelexudat an einer Wurzelspitze

Nachtrag:

Unter Referenzen findet sich auf www.scivit.de u.a. auch

Kelberg, den 6. Juni 2017

Christoph Becker




Gleicher Boden, verschiedenes Management

Im Folgenden ein Beispiel der  Wirksamkeit von intelligentem Weide- und Bodenmagement, das insbesondere auch Landwirte und Gärtner interessieren dürfte, die schwere Lehm/Tonböden haben.

Gezeigt wird ein Beispiel aus der auf Vimeo verfügbaren Präsentation : Christine Jones, “Part 2: Pasture Cropping.” 2015 Fuller Field School., etwa ab Position [6:36].

Ein Bild aus diesem Beispiel findet man auch in dem Artikel Winona Case Study auf der Internetseite der in Neu-Süd-Wales in Australien liegenden Winona-Farm von Colin Seis.

Es handelt sich bei dem Beispiel um ein Stück Weideland, das der Farmer Harry Seis seinen Söhne vererbt hat. Die Söhne haben das Land durch den auf dem Bild sichtbaren Zaun getrennt. Harry Seis starb im Jahr 1999: www.myheritage.de/names/harry_seis. Der auf dem Bild links des Zaunes liegende, grünere Teil wurde von Colin Seis, dem Inhaber der Winona Farm bewirtschaftet. Dabei wurde das u.a. von André Voisin und Allan Savory entwickelte und propagierte Beweidungssystem (Managed Grassing, “Mobgrazing”, Rationale Grazing) angewendet. Außerdem wurde das von Colin Seis entwickelte “Pasture Cropping” angewendet. Dabei wird auf Weiden mit Sommergräsern im (australischen) Winter mit einer Direktsaatmaschine Getreide eingesät und später im (australischen) Frühjahr geerntet. Auf diese Weise werden die für die Verbessung der Böden wichtige Nutzung der Photosynthese und der Ertrag  maximiert.

Der Bruder von Colin Seis, der die auf dem Bild rechts von dem Zaun befindliche Weide bekommen hat, hat weiterhin so wie der Vater der beiden Brüder bewirtschaftet: Kontinuierliche Beweidung und jährliche Düngung mit der in dieser Gegend üblichen Menge  von über 100 kg/ha Kunstdünger.

Hier noch ein größeres Bild der von Colin Seis mit gemanagtem Beweiden und zeitweisem, per Direktsaat erfolgendem Getreidanbau  genutzten Weide. Man beachte, dass diese Weide seit der etwa 10 Jahre zuvor erfolgten Übernahme NICHT mehr gedüngt wurde. Man beachte auch im Hintergrund das Gras im  Wald:

Hier ein größeres Bild der “konventionell” durch den Bruder bewirtschaften Weide, die jährlich mit der üblichen Menge Kunstdünger gedüngt und kontinuierlich beweidet wurde:

Vergleichende Bodenprobe:

Zunächst wurde auf der rechten, weiterhin “konventionell” bewirtschafteten Weide ein 50 cm tiefes Loch gegraben:

Die dünne Mutterbodenschicht mit dem darunter liegenden Lehm/Tonboden erinnert sehr an den Boden auf dem Grundstück meiner Eltern. Verschiedene Landwirte in meiner Gegend, die ich auf die eine oder andere Methode und Einsicht auf meiner Webseite versucht habe aufmerksam zu machen, haben mit Hinweis auf eben diese Art Boden in unserer Gegend abgewunken und mir erklärt, dass das alles vielleicht anderswo (z.B. im Maifeld, “in Amerika” usw.) mit den dort guten Böden funktioniert, aber eben nicht in unserem, für seinem schlechten und unfruchtbaren Boden bekannten Teil der Eifel. Nun hier ist fast exakt dieser schlechte, unfruchtbare Boden und er wurde dazu auch noch seit Jahrzehnten zuerst von Harry Seis und dann von einem seiner Söhne regelmäßig gedüngt und auf die übliche Weise beweidet.

Und jetzt der Hammer:

Sehen wir uns die Bilder von der Grabung auf der anderen Seite des Zaunes an, wo Colin Seis einige Jahre mit gemanagtem Beweiden ((siehe dazu auch meine Blogartikel Ganzheitliches Weidemanagment  und Was würde der alte Deutsche Weidepapst sagen?, sowie Optimierung im Getreideanbau und Hochwasserschutz durch Integration der Mutterkuhhaltung )) und zusätzlichem, pfluglosem Getreideanbau per Direktsaat bewirtschaftet hat:

Mutterboden bis in 50 cm Tiefe

Hier nun der Vergleich beider Böden. Zuerst ein Bild mit daneben einer Tabelle mit den Unterschieden im Kohlenstoffgehalt. Darunter sind vergleichende Bilder verschiedener Bodenschichten. Man hat dazu je eine Sektion der Böden genommen und diese nebeneinandergelegt und dies dann eine Kamerafahrt durchgeführt die ich hier zusätzlich verlinke : vimeo.com/150261321#t=534s . Hier nun die Bilder:

In dem Boden auf der rechten Seite wurde in der Tiefe keine Wurzeln und keiner Regenwürmer gefunden. Er war in der Tiefe faktisch tot. Auf der Linken Seit hat man es dagegen bis in 50 cm, wo die Grabung endete, mit Mutterboden zu tun, in dem Wurzeln und Regenwürmer gefunden wurde.

Hier noch einmal das Übersichtsbild mit den Prozentangaben:

Bemerkenswert ist, dass der Unterschied im Kohlenstoffgehalt in der Tiefe bis 40 cm ansteigt. In 30 bis 40 cm Tiefe beträgt er mehr als das vierfache. Eine Schlussfolgerung dieses Vergleichs ist, dass der Kohlenstoffgehalt hier NICHT durch auf der Oberfläche des Bodens aufgebrachtes Material gesteigert wurde, sondern durch die Wurzeln. Wenn man z.B. nur Mulch oder Kompost auf der Oberfläche aufgebracht hätte, und dies die direkte Ursache der Zunahme des Kohlenstoffgehaltes wäre, dann müsste der Unterschied im Kohlenstoffgehalt bei der Probe auf der Rechten Bildseite an der Oberfläche am größten sein und dann mit zunehmender Tiefe abnehmen. Der Unterschied nimmt aber stattdessen in der Tiefe von 20 bis 40 cm zu.

Schlußfolgerung

Auch sehr “schlechte” Ton- und Lehmböden haben das Potential, sehr gute Böden zu werden. Das deckt sich unter anderem mit der Feststellung des schon im 2. Weltkrieg erstmals  veröffentlichten Landwirtschaftsklassikers Plowman’s Folly von Edward Faulkner.

Der Unterschied zwischen guten und schlechten Böden in Gegenden mit “schlechten” Böden ist schon nach wenigen Jahren der Bewirtschaftung nur noch ein Maß für das Können und Wissen der die Böden bewirtschaftenden Landwirte.

Kunstdünger und andere chemische “Wundermittel” sind bei dem Versuch die Bodenqualität zu verbessern ein Hindernis. Ohne Kunstdünger und Chemikalien lassen sich eine bessere Bodenqualität und höhere Erträge erzielen.

Einige hier nicht mehr extra erwähnte zusätzliche Vorteile der so möglichen Verbesserung der Böden sind:

Kelberg, den 6. Juni 2017

Nachtrag 7. Juni 2017:

Per Privatmail kam die Kritik, dass hier nur eine Probe gezeigt wurde, was statistisch/wissenschaftlich zu wenig sei. Dazu Folgendes: Die Winona Farm von Colin Seis, zu der der Teil mit dem guten Boden gehört, ist nach seinen Worten die wahrscheinlich am meisten wissenschaftlich untersuchte Farm in Australien. Siehe auch www.pasturecropping.com/articles. In der Tat tauchen Beispiele von dieser Farm zum Thema Bodenverbesserung auch in anderen Zusammenhängen auf, die noch unglaublicher wirken. Darüber hinaus ist die Farm von Colin Seis kein Einzelfall. Mir fallen eine ganze Reihe Beispiele ein, die insgesamt auch statistisch und streng wissenschaftlich betrachtet überzeugend zeigen und auch erklären dass und warum das oben zu Demonstrationszwecken (und nicht so sehr zu Forschungszwecken!) gezeigte Beispiel mit den Bodenproben, die beide in der Nähe des nun die früher dem Vater von Colin Seis und seinem Bruder gehörende Wiese teilt, durchgeführt wurden, der Realität entspricht – vorausgesetzt es werden die für die Schaffung und Erhaltung gesunder, guter Böden wichtigen biologischen Prinzipien beachtet.

Christoph Becker




Mein Kommentar zu Trumps Rede vom 1. Juni 2017

Zur Rede von Donald Trump auf Youtube.com , in der er den Rücktritt vom Pariser Klimaschutzabkommen erklärt und begründet, habe ich folgenden Kommentar hinterlassen (deutsche Übersetzung weiter unten):

Donald Trump is right. The Americans can be very proud to have such a great president. The money from for the Green Funds would mostly be spend to corrupt institutions. It would be used to worsen green house gas emissions and resource depletion. What I think and hope, that President Donald Trump could and should do, is to use the knowledge from the those great American farmers one finds for example on youtube.com when searching for “gabe brown farm”, “singing frogs farm”, “John jeavons” , “joel salatin”, “ray archuleta soil health”, “dr. allen williams farm” and “morrison seeders”. With the knowledge of these great people, which America too can be very proud off to have, Donald Trump and the USA can and will trump by far what the Paris climate agreement pretended to do. Although this would cost the American taxpayers only very little or almost nothing, compared to that bad deal which Trump has canceled now. Further more President Trump could and would do Europe a great favor with this and with some luck it may even prevent the greatest famine and disaster Europe has ever seen in history.  

Good bless America.

Greetings from Germany

Christoph Becker

Auf Deutsch:

Donald Trump hat recht. Die Amerikaner können sehr stolz darauf sein, einen so großartigen Präsidenten zu haben. Das Geld, das durch das Klimaschutzabkommen eingesammelt werden sollte, würde hauptsächlich doch nur an korrupte Institutionen gegeben und dazu genutzt werden, den Ausstoß klimaschädlicher Gase und die Ressourcenerschöpfung zu verschlimmern. Was ich denke und hoffe, was Präsident Donald Trump tun könnte und sollte, ist das Wissen dieser großartigen amerikanischen Farmer zu nutzen, die man zum Beispiel auf  youtube.com findet, wenn man nach  “gabe brown farm”, “singing frogs farm”, “John jeavons” , “joel salatin”, “ray archuleta soil health”, “dr. allen williams farm” und “morrison seeders” sucht. Mit dem Wissen dieser großartigen Leute, auf die Amerika ebenfalls sehr stolz sein kann, können und werden Donald Trump und die USA die Ziele weit übertreffen, die das Pariser Klimaschutzabkommen zu erreichen vorgab. Obwohl dies die amerikanischen Steuerzahler nur sehr wenig bis so gut wie nichts im Vergleich zu dem schlechten Geschäft kosten würde, das Trump jetzt aufgekündigt hat, könnte und würde er Europa damit einen großen Gefallen tun und mit etwas Glück würde dies möglichweise Europa vor der größten Hungersnot und dem größten Desaster der Geschichte bewahren. 

Gott segne Amerika.

Grüße aus Deutschland

Christoph Becker




Bodenerosion durch Starkregen in Weinbergen

Als Ergänzung zu meinem Artikel Starkregen und Sturzfluten möchte ich auf Bilder und Nachrichten über ein Starkregenereignis hinweisen, das am Montag dem 30. Mai 2017 Teile der Eifel und der Obermosel heimgesucht hat. Dazu ein Beispiel aus einem anderen Weinbaugebiet.

Hier zunächst der Link auf den Artikel auf der Internetseite des Trierischen Volksfreund vom 30. Mai 2017: Heftiges Gewitter entlädt sich über Nordeifel und Obermosel. Da die Formulierung von Teilen (“aktuell”) der Linkadresse vermuten lässt, dass der Link nur begrenzte  Zeit aktiv ist, habe ich einige Bilder über die Erosionsschäden daraus kopiert und zeige diese am  Ende dieses Beitrags. Zunächst zitiere ich aus dem oben verlinkten Artikel:

Laut der Ortsgemeinde Nittel fielen innerhalb 20 Minuten mehr als 18 Liter Regen pro Quadratmeter. Das zeigt eine Messstation in den Weinbergen oberhalb des Ortes. Der trockene Boden konnte die Wassermassen nicht mehr auffangen. Der Regen floss schließlich nur oberirdisch ab. Tiefe Rinnsale zogen sich durch die Weinberge. Schlamm und Geröll setzten sich in Bewegung und bedeckten nach kurzer Zeit die landwirtschaftlichen Wege zwischen den Weinreben kniehoch. Mit mehreren Traktoren wurden die Wege frei gemacht.
Schließlich ergoss sich eine Schlamm-Wasser Lawine über die L 135 hinunter über die B 419 Richtung Mosel. Die Straßen wurden unpassierbar und mussten teilweise gesperrt werden. Die Einsatzkräfte hatten alle Hände voll zu tun. Mit Schaufeln und Besen wurden die Fahrbahnen wieder frei gemacht, die Bundesstraße wurde einseitig gesperrt. Die Landstraße musste komplett über mehrere Stunden voll gesperrt werden. Mit Traktoren wurden auch hier Schlamm und Geröll abtransportiert.

Nur 18 Liter/qm  in 20 Minuten, das entspricht 54 mm pro Stunde. Wie ich in  Starkregen und Sturzfluten  geschrieben hatte, konnte z.B. Gabe Brown durch sein Bodenmanagement auf seinem Ackerland die Versickerungsrate von nur 12,5 mm pro Stunde im Jahre 1991 auf 203 mm im Jahre 2010 verbessern. Das wären in 20 Minuten immer noch mehr als 67 mm, das ist mehr als Dreifache dessen, was jetzt an der Obermosel niedergegangen ist und die Schäden verursacht hat, die  den Anlass für den Artikel im Trierischen Volksfreund gegeben habe. (Nachtrag: In seiner Präsentation beim Soil Health Field Day 2017, auf der Farm von Dave Brandt, im April 2017, hat Gabe Brown erwähnt, dass bei der letzten Messung der Versickerungsrate, im Jahr 2010, für den ersten Zoll (25,4 Liter Regen pro Quadratmeter) nur 9 Sekunden benötigt wurden. Der Link auf Youtube führ zu der Stelle wo das mit den 9 Sekunden gezeigt und gesagt wird.)

Das Starkregenereignis an der Obermosel hätte auf Gabe Browns Ackerland noch nicht einmal eine Pfütze verursacht, sondern würde einfach so im Boden versickern. Damit würde aber auch die gesamte Niederschlagsmenge in seinem Boden gespeichert worden sein und würde dazu beitragen, das Wachstum der Pflanzen zu verbessern, wenn das Wetter wieder trocken ist. Es wäre sogar noch besser gekommen: Wenn oberhalb eines Weinberges mit wirklich gut gemanagtem Boden ein Stück Land mit weniger aufnahmefähigem Boden gewesen wäre, hätte man bei einer Bodenqualität wie sie Gabe Brown heute hat, sogar noch Wasser von diesem Nachbarn bekommen und speichern können.

Nachdem ich Starkregen und Sturzfluten  geschrieben hatte, habe ich mir einige Vorträge zur Singing Frogs Farm des Ehepaars Elizabeth und Paul Kaiser auf Youtube angesehen. Die Farm der Kaisers liegt mitten in einem bekannten Weinbaugebiet, dem Sonoma County.

In einem Vortrag im Jahre 2014 berichtete Paul Kaiser von folgendem Beispiel: Am 22. Oktober 2010 kam der erste Regen nach einer von Februar bis Oktober dauernden Trockenperiode und es war ein Hammer: 279 Liter pro Quadratmeter  in 36 Stunden. Ein zertifizierter Bio-Betrieb in der unmittelbaren Nähe der Singing Frogs Farm hatte als Folge dieses Starkregenereignisses 100 % Ernteverlust. Die weniger als 300 Meter entfernte Singing Frogs Farm, hatte mit demselben Boden und denselben Gemüsesorten keinerlei Ausfälle. (Quelle:  2014 Quivira Conference, Paul Kaiser, etwa ab Minute 42) Der Unterschied war das Bodenmanagement.

Bei  bei einem Ausflug an die Mosel am vorigen Wochenende, habe ich beim Blick auf die Weinberge noch über die Naivität vieler Winzer  gestaunt und mir überlegt, wie dort ein Starkregenereignis wüten würde, wobei das was dann wenig später passiert ist, meine Phantasie durchaus übertroffen hat. Wenn ich einen der Winzer getroffen und das Problem angesprochen und eigentlich wissenschaftlich gut fundierte Verbesserungsvorschläge gemacht hätte, hätte er/sie mich voraussichtlich ausgelacht und wäre vielleicht sogar ungehalten gewesen, weil ich ja keine Ahnung habe und weil er seine Weinberge schließlich so angelegt habe und bewirtschafte wie es sich gehört.  Im vorigen Jahr hatte ich einen Winzer, der sich bitterlich über Trockenschäden beklagt hatte,  unter andrem auf das Key-Line-System nach Yeomans hingewiesen, das ich in Das Hauptliniensystem vorgestellt hatte, und das meines Erachtens gerade auch an der Mosel einiges bringen würde, vor allem, wenn man zusätzlich die für den Weinbau an der Mosel brauchbaren Elemente des Bodenmanagements etwa der Betriebe von Paul Kaiser und Gabe Brown kombiniert. Die Reaktion dieses Winzers hat mir gereicht und ich wundere mich jetzt nicht mehr, wenn ich wieder einmal manche Weinberge sehe und und auch nicht über die Schäden, die dort durch Starkregen und Trockenheit entstehen werden.

Für Winzer und Landwirte, die Englisch können,  hat die  für die Mutterbodenerhaltung, Nachhaltigkeit und Bodengesundheit zuständige Stelle des amerikanischen Landwirtschaftsministerium übrigens jede Menge sehr interessante Informationen auf

https://www.nrcs.usda.gov/wps/portal/nrcs/site/soils/home/

Zur Einführung könnte man mit dem Soil Health 101 Farming in the 21st Century “a practical approach to improve Soil Health” beginnen.

Hier die aus dem oben verlinkten Artikel des Trierischen Volksfreund stammenden Bilder von der Mosel nach dem Starkregen am 29. Mai 2017:

Solche Schäden sind grundsätzlich vermeidbar und es sollte sie in einem Land wie Deutschland, mit all seinen Bildungs- und Informationsmöglichkeiten, eigentlich nicht geben.

Kelberg, den 30. Mai 2017

Christoph Becker




Starkregen und Sturzfluten

Der Artikel “Keine Lange Vorwarnzeit – Bundeswehrstudie fordert Schutz vor kommunalen Sturzfluten / Mehr Versickerungs- und Rückhaltebecken nötig” von Paul Leonhard, auf S. 21, in der Wochezeitung Junge Freiheit vom 26. Mai 2017 hatte mich neugierig gemacht.

Dem Artikel liegt hauptsächlich eine an der  Bundeswehrhochschule in München, unter der Führung einer Professorin für Journalistik, im Auftrag des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe angefertigte Studie zu Grunde. Außerdem wird am Ende des Artikels ein Hinweis auf die Webseite www.starkregen-ews.de gegeben. Dabei handelt es sich um eine Firma, die darauf spezialisiert ist, Simulations-Software und Beratung für die Planung und den Bau von Versickerungs- und Rückhaltebecken zu liefern.

Erst habe ich mir die Webseite dieser Firma angesehen und darüber gestaunt, dass die halt nur teure Technik und Beratungsleistungen verkaufen wollen, die meines Erachtens nur in größeren Städten und Industriegebieten mit sehr weitgehend zu betonierten, asphaltierten und bebauten Flächen Sinn machen, in denen die von mir hier weiter unten noch einmal angesprochenen Maßnahmen keinen Sinn machen.

Wenn die Software dieser Firma das hergibt und die Nutzung detaillierter Versickerngsraten erlaubt, dann könnte man damit allerdings auch den Nutzen von Maßnahmen der Bodenverbesserung im Bezug auf Starkregenereignisse und Sturzfluten im Detail simulieren und zeigen. Neben landwirtschaftlichen Nutzflächen könnte man schließlich auch Gärten und öffentliche Grünflächen optimieren, indem man die Bodenqualität und damit auch die Versickerungsrate steigert.

Die “Bundeswehrstudie”, deren vollständiger Titel “Die unterschätzten Risiken„Starkregen“ und „Sturzfluten“  Ein Handbuch für Bürger und Kommunen” lautet, und die von der verlinkten Seite als pdf-Datei kostenlos heruntergeladen werden kann, habe ich nach etwas Suchen gefunden und mir heruntergeladen. Das Handbuch ist aus dem Jahre 2015. Ich habe etwas darin gelesen (wer und was sind die Autoren? Inhaltsverzeichnis? Anhänge? und und dann mit Hilfe der erweiterten Suchfunktion von Acrobat-Reader etwas  untersucht, und dann gezielt weiter gelesen). Ich habe die Studie mit ihren 400 Seiten also nicht ganz gelesen.

Mit den Stichwörtern bzw. Wortteilen Humus, versicker und Liter bin ich schnell fündig geworden:

Auf S. 196, “Ganzjährige Nutzung von Agrarflächen”, findet man zunächst:

Jeder natürliche Boden funktioniert grundsätzlich wie ein Wasserspeicher, da in den Hohlräumen und Poren zwischen
den Bodenpartikeln das Wasser wie von einem Schwamm aufgesaugt wird. Je nach Humusgehalt, Art des Bodens und der
Dichte kann die Aufnahmefähigkeit variieren. Im günstigsten
Fall wird das Wasser einfach vom Boden aufgenommen oder
kann auf den weiten Außenflächen verdunsten. Bei Starkregen
ergibt sich das Problem, dass das Wasser nicht schnell
genug vom Boden aufgenommen werden kann und somit
oberirdisch abfließt, obwohl die Speicherkapazität nicht ausgeschöpft ist. Der Grund hierfür liegt in der landwirtschaftlichen
Nutzung vieler Böden, die dadurch stark komprimiert
und meist auf schnelles Wachstum (Monokulturen) ausgelegt
sind. Die Bodenschichten sind weniger heterogen und verdichten
sich schneller durch eher oberflächlichen Wurzelwuchs.
Um den Boden auch für Starkregen so aufnahmefähig
wie möglich zu gestalten, können gegen dieses Problem verschiedene Maßnahmen ergriffen werden: Zum einen durch
eine Umstrukturierung der Flächen, zum anderen durch eine
Umstrukturierung der Böden. Die Ziele sind die Steigerung
der Aufnahmekapazität sowie die Vergrößerung der Verdunstungsflächen.

Zahlen dazu?

Die Suche mit “Liter” führte zu Seite 198, Zitat:

Eine ganzjährige Bepflanzung (z. B. Dauergrünland) kann bewirken, dass der Boden sich wieder auflockert (Durchwurzelung), fruchtbarer wird und somit mehr Wasser aufnehmen kann. So können Grasflächen zwei, Wälder bis zu fünf Liter Regen pro Quadratmeter aufnehmen. In dichten Waldbeständen können so 60 bis 75 Liter/m² versickern, auf einer Weidefläche nur 20 Liter.

Was denn nun? Grasfläche zwei Liter aber  Weide  20 Liter und in welcher Zeit?  Wald fünf Liter oder 60 bis 75 Liter und in welcher Zeit? Von Leuten die vielleicht mal Generalstabsoffizier oder sogar General werden wollen und auch von einer Professorin für Journalismus, erst recht an einer Bundeswehrhochschule, habe ich mehr Präzision im Detail erwartet.

Die per Fußnote angegebene Quelle, auf die in dem gesamten Buch übrigens fünf mal verwiesen wird ist laut Literaturverzeichnis:

GRAW, MARTINA (2005): Hochwasser – Naturereignis oder Menschenwerk? Schriftenreihe der Vereinigung
Deutscher Gewässerschutz, Band 66, 3. Auflage, Bonn.

Das hat mir dann gereicht, weil ich ganz andere Daten in Erinnerung hatte.

Auf Youtbube findet man mit “Infiltration rate” einige Beispiele für Infiltationstests. Ich habe die Suche dann noch auf “Infiltration rate archeluta” erweitert und habe mir noch einmal Ray Archelutas “Soil Slake and Infiltration Test” (dt. Mutterboden-Zerfall und Infiltrationstest) angesehen.

Dann habe ich noch einmal Gabe Browns Vortrag Key to Building healthy Soil – Holisctic Regeneration of Our Lands: A Producer’s Perspectiv (dt.: Schlüssel zum Aufbau von gesundem Mutterboden – Ganzheitliche Regeneration unseres Landes: Aus der Perspektive eines Erzeugers) gescannt und nach der Stelle gesucht, wo er auf die Verbesserung der Versickerungsrate auf seinen Flächen und auf die Wirkung extremer Starkregenereignisse auf seinem Land und bei seinem Nachbarn eingeht.  Das ist etwa ab Position Minute 20.

Am 15 Juni 2009 wurde für das Gebiet von Browns Ranch Starkregen angesagt. Um 18:30 fing es an zu regnen um Mitternacht hat er 13,2 Zoll, dass sind 335 mm bzw. 335 Liter pro Quadratmeter in nur 5 1/2 Stunden, gemessen.

Das folgende Bild (Poor Infiltration, but Good for Ducks = Schlechte Infiltration, aber gut für Enten) des “Entengebietes” seines Nachbarn, womit er hier ironisch dessen Weide und Ackerland nach Starkregen meint, hat er 3 Wochen nach diesem Starkregen aufgenommen.

Das Bild folgende Bild (Adequate Infiltration: 13.6″ in 22 Hours , auf deutsch: Angemessene Infiltration: 345 Liter Regen in 22 Stunden) hat ein  Angestellter vom zuständigen Soil Conservation Service (amerikanische Bodenerhaltungsbehörde) aufgenommen. Es zeigt Gabe Browns Ackerland am nächsten Tag, nachdem am Abend und in der  Nacht davor insgesamt 345 Liter in 22 Stunden gefallen waren:

Er erwähnt dann, dass 1991, als er den Betrieb  übernommen habe, eine Wasserinfiltrationsrate von 1/2 Zoll pro Stunde, das sind 12,5 Liter pro Quadratmeter und Stunde, gemessen wurden. 2016 wurden 8 Zoll, dass entspricht 203 Liter pro Quadratmeter und Stunde, gemessen. Einen Starkregen mit 8 Zoll pro Stunde habe er noch nicht erlebt.

Landwirtschaftliche Nutzfläche kann also, mehr als 10 mal soviel Wasser bei Starkregen in einer Stunde aufnehmen, wie man an der Bundeswehrhochschule und beim Deutschen Gewässerschutz meint.

Gabe Brown erwähnt dann auch noch,  sein Land  sei auch nach dem oben erwähnten, extremen Starkregenereignis noch mit jeder seiner Maschinen befahrbar gewesen. Das Wasser, das sein Land bei dem Starkregen aufgesogen habe, hätte er natürlich zu anderen Zeiten für das Pflanzenwachstum.

Zu Gabe Brown und seinem Betrieb hatte ich auch schon in Optimierung im Getreideanbau und Hochwasserschutz durch Integration der Mutterkuhhaltung geschrieben. Damals war mir aber noch nicht bewusst, dass zwischen Hochwasser und Starkregen zu unterscheiden ist.

Mit “no till gardening” und “garden crimping” findet man auf Youtube interessante Informationen und Beispiele dafür, wie auf kleineren und auch auf großen Flächen vorgegangen werden kann, wenn man keine Herde mit Kühen oder anderen Wiederkäuern hat.

Das Crimpen der Zwischenfrüchte oder der Einsatz von Wiederkäuern mit hoher Tierdichte (Mob-Grazing) ist aber ein Teilaspekt.  Gabe Brown setzt z.B. durchweg sehr vielfältige Zwischenfrucht-Mischungen ein.

Die Methode von John Jeavons, mit seinem Biointensiven Gartenbau, der sehr wohl umgräbt und der den Boden dabei bis zu 60 cm tief mechanisch auflockert und auch die der Singing-Frogs-Farm, mit ihrem extrem intensiven und ohne Umgraben auskommendem Gartenbau und inzwischen über 90 cm tiefer Humusschicht, erreichen wohl alle auch sehr gute Wasserinfiltrationsraten und damit auch gute Beiträge zum Schutz vor Starkregen und Hochwasser.

Insgesamt kann man festhalten, dass im Bereich Landwirtschaft und Gartenbau Verbesserungen möglich sind, die gerade auch vor dem Hintergrund des Starkregenrisikos Verbesserungen erlauben, die heute in Deutschland in der Regel nicht für möglich gehalten werden.  Wie weit diese Möglichkeiten auch für Dörfer und Städte zum Schutz vor Schäden durch Starkregen und Sturzfluten geeignet sind wäre durch entsprechende Berechnungen und Simulationen zu prüfen. Der angenehme Nebeneffekt dieser Verbesserungsmöglichkeiten ist, dass damit zugleich auch die Qualität der produzierten Nahrungsmittel und damit die Gesundheit der Bevölkerung, die Ernährungssicherheit der Bevölkerung bei lange andauernden Katastrophen und auch die Ertragslage der Erzeuger verbessert werden kann, während die Bodenerosion vermindert werden kann. Die Ertragslage der Erzeuge würde dabei u.a. auch dadurch verbessert, dass sich Trockenperioden weniger auf die Erträge auswirken, dass die Niederschlagsmengen besser im Boden gehalten und genutzt werden.

Der Journalist der Jungen Freiheit hat seinen Job meines Erachtens schon gut gemacht. Aber von der Bundeswehrhochschule und einem an dieser angesiedelten Lehrstuhl für Journalistik, der sich dem Thema umfassend mit Staatsmitteln gewidmet hat – und auch ganz allgemein von einer Regierung eines “so großen und reichen Landes wie Deutschland” – sollte man sehr viel mehr erwarten können.

Was ist, wenn die Hochschulen, die Führung der Bundeswehr und die Regierung auch in anderen, für das Überleben und die Zukunft des Landes noch viel wichtigeren Fragen genauso oberflächlich recherchieren und zu ähnlich irreführenden Daten und Zahlen kommen und als Folge davon angemessene und brauchbare Problemlösungen nicht sehen?

Kelberg, den 26. Mai 2017

Christoph Becker




Gedanken zum Film Bauer Unser

Am 11. Mai 2017 habe ich mir den Film Bauer Unser (Link auf Trailer) angesehen. Für eine Diskussion nach dem Film war der auch im Film vorkommende, derzeitige agrarpolitische Sprecher der Grünen/EFA im EU-Parlament eingeladen.

Der Film zeigt verschiedene Formen der Landwirtschaft, Lebensmittelproduktion und Vermarktung in Österreich. Dazu kommen Interviews, insbesondere mit Landwirten und Agrarpolitikern in Österreich aber auch auch EU-Ebene. Man bekommt einen guten Eindruck davon, wie die Mechanisierung und Industrialisierung der Landwirtschaft sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten entwickelt hat und wie sie sich weiter entwickeln würde, wenn die in dem Film offenbar von allen völlig ignorierten Trends am Energiemarkt und in Bereich der Sicherheitspolitik nicht existent wären. Der Film – und auch die Diskussion, die ich nach dem Film erlebt habe – waren ein schönes Beispiel für den fanatisch-naiven Fortschrittsglauben der Bauern, der Agrarpolitiker und auch der Bevölkerung. (Zum Thema Fortschrittsglauben siehe Nach dem Fortschritt.)

Erstaunlich für mich war die Information, dass alleine in Frankreich jedes Jahr ca. 600 Bauern Selbstmord begehen. Die wirtschaftliche Lage, insbesondere auch der landwirtschaftlichen Großbetriebe scheint bedrückend zu sein. Gründe sind hohe Schulden und die Offenheit der Grenzen. Der wichtigste Hintergrund ist aber, dass die Bevölkerung und die Industrie die Kosten für Lebensmittel gering halten wollen, damit mehr Geld für Konsumgüter übrig ist. Der Inhaber eines hochmodernen Betriebes, der für 1300 Mastschweine ausgelegt ist,  sagte z.B., dass er pro Schwein einige Euro Verlust mache.

In dem Film werden auch Biobauern gezeigt. Auch hier ist die wirtschaftliche Lage teilweise so, dass ein Überleben nur mit staatlichen Subventionen möglich ist. Am Besten steht sich in dem Film noch ein kleiner Biobauer mit einem sehr vielseitigen Angebot, der offenbar keine Schulden hat. Hier hätte dem Film vielleicht der Hinweis darauf gut getan, dass die “früher” sehr vielseitigen landwirtschaftlichen Betriebe in Europa, in Flandern beginnend, sich als Folge eines Klimawandels  im frühen Mittelalter entwickelt haben, der damals in Form der kleinen Eiszeit für Missernten gesorgt hatte (Carol Deppe: The Resilient Gardener: Food Production and Self-reliance in Uncertain Times). Vorher war die Landwirtschaft in Europa offenbar sehr einseitig auf den Anbau von Getreide spezialisiert.) Jetzt stehen wir wieder am Anfang eines Klimawandels wie z.B. die Temperaturentwicklungen in Wie Unwahrscheinliches wahrscheinlich werden kann zeigen.

Aus dem Publikum, in dem relativ viele Landwirte aus der Eifel, also aus Deutschland, anwesend waren, kam kein Protest gegen diese Darstellung der Landwirtschaft und der wirtschaftlichen Lage.

Meine Hauptgedanken beim Ansehen von “Bauer Unser”

Der Film zeigt sehr gut die totale Abhängigkeit der Landwirtschaft in Österreich und wohl auch im Rest Europas von

  • der Verfügbarkeit von bezahlbarem Diesel und anderen aus Mineralöl und anderen fossilen Energieträgern hergestellten Produkten. Damit ist die Nahrungsmittelversorung indirekt vollständig von Importen aus zu großen Teilen politisch unzuverlässigen Gebieten abhängig. Außerdem hat die Abhängigkeit der Nahrungsmittelversorgung von nur endlich vorhandenen, immer schwieriger zu fördernden Rohstoffen extrem zu und nicht abgenommen.
  • einer funktionierenden technischen Infrastruktur.
  • von einem funktionierenden Welthandel.

Während ich den Film gesehen habe, drängte sich mir daher immer wieder der folgende Gedanke auf: “Die Menschen in Europa bauen sich ihr eigenes Vernichtungslager.”  Die bereiten eine Massenvernichtung der Mitglieder ihrer eigenen Zivilisation vor, verglichen mit der die Verbrechen der Nazis sich wie ein zwar extrem schreckliches, aber mit Blick auf die Zahl der Toten am Ende wohl ziemlich harmloses Vorspiel ausnehmen werden (( Der Soziologe und Ökologe William Catton hatte auf diesen Aspekt allerdings schon 1982 in seinem nach wie vor wichtigen Buch Overshoot: The Ecological Basis of Revolutionary Change hingewiesen. Die deutsche Übersetzung eines Interviews mit Catton findet sich auf meiner Webseite: Ökologisches Überschwingen – Interview mit Prof. William Catton. )).

Am nächsten Tag habe ich mir dann auch noch den Prospekt des betreffenden Kinos für den Monat Mai angesehen und dabei erstaunt registriert, dass die Betreiberin sogar dem links-alternativen Spektrum zuzuordnen ist, so ganz im Sinne von “nie wieder”, “Gegen das Vergessen” (des Holocausts) usw..

Wenn es mein Kino wäre, hätte ich auf die Diskussion nach “Bauer Unser” verzichtet und stattdessen direkt anschließend die Doku Der Impuls zum Blackout – Die EMP-Bombe gezeigt, die hin und wieder auch auf N24 gezeigt wird und auf die ich schon vor über zwei Jahren in Weitere Literatur zum Thema EMP verlinkt und eingebunden habe. Dazu hätte ich vielleicht einen Handzettel mit Links über Landwirtschaft, Gartenbau, Umwelt, EMP und Sicherheit von meiner Webseite www.freizahn.de verteilt, von denen ich hier eine Auswahl liste und verlinke:

Schließlich hätte ich darauf hingewiesen, dass ich den österreichischen Bergbauern Sepp Holzer bei einer Fortbildung 2015 im Burgenland habe sagen hören:

Es geht mir sehr gut. Für mich ist jeden Tag Sonntag, weil ich tue was mir Freude macht. Das einzige was mich ärgert ist, dass ich, wie ich ausgerechnet habe, rund 80 % Steuern bezahle.

Mit anderen Worten Holzer zahlt neben Mehrwertsteuer und anderen Steuern im Bereich Einkommensteuer den Spitzensatz und macht sich dabei über die Bauern lustig, die “kaum genug verdienen, um ihren Diesel zu bezahlen”. Sepp Holzer ist für gewöhnliche Bauern sicher kein gutes Beispiel, weil er sein Geld heute wohl hauptsächlich als Berater verdient. Anderseits war er immer ein sehr einfallsreicher und geniale Kopf, der mit seinem Krameterhof trotz dessen ungünstiger Lage ein ganzes Berufsleben als Bauer überlebt hat.

Als Ergänzung hätte ich dann auch auf Landwirte wie Gabe Brown (Browns Ranch), Greg Judy (Green Pastures Farm), Jim Gerrish (American Grazinglands ), Joe Salatin (Polyface Farms ), die Paul und Elizabeth Kaiser (Singing Frogs Farm),  Eliot Coleman und Barbara Damrosch (Four Season Farm) und Mark Shepard (derzeit Forest Agriculture Enterprises)  und deren Bücher und Vorträge hingewiesen. Alle diese gerade aufgeführten Bauern oder Gärtner kommen ganz oder fast ohne Subventionen aus, und sie können alle Beispiele dafür bieten, wie wirklich professionelle, nachhaltige, zukunftsorientierte und die Ernährungssicherheit der Bevölkerung gewährleistende Landwirtschaft funktionieren und auch wirtschaftlich rentabel sein kann.

Für die Kleingärtner, Kleinbauern und ganz besonders auch an Möglichkeiten der Verbesserung der Lage im Orient und in Afrika Interessierte, wäre dann hier auch noch auf John Jeavons und seinen Biointensiven Gartenbau hinzuweisen, zu dem neben den Büchern (vor allem sein Klassiker How to Grow More Vegetables (and Fruits, Nuts, Berries, Grains, and Other Crops) Than You Ever Thought Possible on Less Land Than You imagine.), Vorträgen und Einführungsvideos insbesondere auch die Filme des Farmer-Seminars sehr wertvoll sind.

Vor dem Hintergrund von “Bauer  Unser”, in Kombination mit dem Thema Afrika, sind von diesen Filmen sind ganz besonders diejenigen über das G-BIAK-Projekt in Kenia von Interesse:

Bemerkenswert in dem Film und ganz besonders auch in der Diskussion nach dem Film fand ich die Naivität und teilweise auch Ratlosigkeit zur Frage “wie geht das mit der Landwirtschaft weiter”?  Nicht nur die großen und kleinen Bauern, sondern auch die Agrarpoltiker sehen die Welt offensichtlich als einfache und berechenbare Maschine im Sinne von Eigenschaften einfacher Maschinen und komplexer Systeme UND sie glauben alle im Grunde ganz fest an den technischen Fortschritt im Sinne von John M. Greers Nach dem Fortschritt. Dass Diesel und andere Mineralölprodukte vielleicht schon in wenigen Jahren nicht mehr bezahlbar oder sehr knapp werden könnten, scheint nicht vorstellbar zu sein.

Die extreme Verwundbarkeit der Landwirtschaft und der Nahrungsmittelproduktion durch Kriege und  Naturkatastrophen  wird ebenfalls nicht wahrgenommen.

Die Notwendigkeit der Symbiose von Bauern und Kriegern ignoriert man und damit selbstverständlich auch die Gefahren, die von dem völligen Versagen bzw. der extremen Schwäche der europäischen Streitkräfte ausgehen. Siehe dazu Nur noch Schmusekatzen und die folgenden beiden, sehr lesenswerten Bücher des israelischen Militärhistorikers Martin van Creveld:  Kriegs-Kultur  – Warum wir kämpfen: Die tiefen Wurzeln bewaffneter Konflikte  und Wir Weicheier – Warum wir uns nicht mehr wehren können und was dagegen zu tun ist  (Es handelt sich um eine Übersetzung des 2016 im Sommer auf Englisch erschienen Buches Pussycats – Why the Rest keeps beating the West and what can be done about it ).

Vor diesem Hintergrund hat die Landwirtschaft in Europa vorerst keine Zukunft mehr.

Unter der Voraussetzung, dass die Europäer und da insbesondere auch die Deutschen doch noch im Sinne von Martin van Creveld vernünftig werden und die sicherheitspolitischen Probleme meistern, könnten Landwirtschaft und Gartenbau in Deutschland und Europa vielleicht doch noch eine Zukunft haben. Die wäre dann aber wegen der Erschöpfung der Ölquellen (siehe u.a. Erschöpfung – Das Schicksal des Ölzeitalters) im besten Fall eine kontrollierte, intelligente Rückkehr in eine Art modernisiertes Mittelalter. Das heißt,  wir könnten mit dem Wissen von Leuten wie John Jeavons, Gabe Brown, Greg Judy, Jim Gerrish, Eliot Coleman, Paul Kaiser und vielen, vielen anderen sehr viel effizienter, sehr viel mehr und sehr viel nachhaltiger Landwirtschaft und Gartenbau betreiben, als das früher im Mittelalter und auch in der Römerzeit möglich war.  Wir könnten damit vielleicht sogar einen relativ hohen Zivilisationsgrad und eine relativ große Bevölkerungsdichte erhalten oder nach einem Zusammenbruch unserer heutigen Zivilisation relativ zügig wieder erlangen.

Ich habe aber weder den Eindruck noch die Hoffnung, dass man dazu in Deutschland und Europa vernünftig genug sein wird. Der Film “Bauer Unser” und die nachfolgende Diskussion haben mich in dieser pessimistischen Einschätzung bestärkt.

Was kann man tun?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten:

  1. Nichts tun, ignorieren und das Leben aus vollen Zügen genießen so lange es noch geht und dabei vielleicht auf “die da oben” schimpfen und als braver Gläubiger der allgegenwärtigen Religion des Fortschritts glauben, dass “die” (Wissenschaftler, Ingenieure usw. schon immer rechtzeitig eine Lösung finden). Der Glaube wird garantiert bitter enttäuscht, aber für ein paar fröhliche Henkersmahlzeiten reichen der Sozialstaat und die Ölvorräte noch. Der Kollaps kann durchaus noch ein, zwei oder auch 5 und vielleicht sogar noch 10 Jahre auf sich warten lassen.
  2. Auswandern, bzw. sich ein sicheres Plätzchen suchen, von dem aus man den Kollaps und Untergang Deutschlands und Europas einigermaßen ungestört aus der Ferne beobachten und das Leben weiter genießen kann. Das ist nicht jedermanns Sache und wenn mein kein “armer Syrer”, Afghane oder Afrikaner sondern ein weißer Mann ist, muss man schon einiges in die neue Heimat mitbringen, dass einen für die Menschen dort zu einer wirklichen Bereicherung macht.  Dazu ist längst nicht jeder in der Lage.
  3. Man kann hoffen, dass der Prozentsatz vernünftiger Mitmenschen lokal für lokale “Rettungsboots-Initiativen” ausreicht. Man kann z.B. lokal, auf Verbandsgemeinde oder Landkreisebene, z.B. mit Hinweis auf diesen Blogbeitrag hier schalten und eine lokale Initiative vorschlagen. Auch die Großbauern brauchen Ideen und sie brauchen im Ernstfall vor allem auch Krieger und wenn der Diesel knapp wird auch viele Hände. Insbesondere dann, wenn ich ein Großbauer wäre, würde ich z.B. nicht nur auf die Methoden von Gabe Brown, Greg Judy und Joel Salatin umstellen, vielleicht das Hauptliniensystem umsetzen und zudem viele Haselnusssträucher, Nussbäume und Obstbäume pflanzen . Ich würde vielmehr auch einen Teil meines Landes Familien aus meiner Gegend zur Verfügung stellen, damit diese dort krisensichere Gärten nach John Jeavons, Eliot Coleman, Paul Kaiser usw. anlegen. Als Pacht und Bedingung würde ich verlangen, dass zumindest die Männer Mitglieder in einem Schützenverein und im Reservistenverband werden und regelmäßig an Schießübungen und  Wehrübungen teilnehmen. Insbesondere denen, die das nicht können oder wollen und die aber trotzdem gerne mitmachen wollten, würde ich anbieten, dass sie alternativ alte Handwerke lernen und verbessern. Schließlich möchte man ja auch gerne Schuhe und etwas zum anziehen haben, wenn der Welthandel kollabiert.  Die Bevölkerung ist aber nicht von der Vernunft und Voraussicht der Bauern abhängig. Auch die Gemeinden haben zum Teil erhebliche Landflächen, die sie entsprechend nutzen und ihren Bürgern anbieten können, um die Sicherheit der lokalen Lebensmittelversorgung zu verbessern. Hier ist zu bedenken, dass man mindestens 5 bis 10 Jahre benötigt, um die Bodenqualität gründlich zu verbessern und eine lokale, resiliente Lebensmittelversorgung auf zu bauen. Mit viel Glück könnte die Zeit in Deutschland, Österreich usw. gerade noch ausreichen.

Kelberg, den 12. Mai 2017

Nachtrag am 17. Mai 2017: Meine inzwischen erstellten Artikel Elektroautos und fröhliches Autofahren und vor allem auch Lage und Perspektive am Ölmarkt im Frühjahr 2017 und die darin enthaltenen Links ergänzen das Lagebild zum Film “Bauer Unser”.

Christoph Becker




Weidemanagement und Rohmilch als Dünger und Bodenverbesserer

Wenn man auf Youtube mit “National Small Farm Trade Show and Conference 2012” sucht, bekommt man einige landwirtschaftliche Präsentationen gelistet, von denen ich hier auf drei besonders hinweisen möchte:

Ralph Voss ist der Inhaber der  Voss Land & Cattle Company.

Erstaunlich und neu an seinem Vortrag war für mich insbesondere, dass die Anwendung von relativ kleinen Mengen Rohmilch (ca. 2 bis 3 US-Gallon pro Acre bzw. knapp 20 bis 30 Liter pro Hektar)  zu einer deutlichen Verbesserung des Ertrages, der Weidequalität und auch zur Bodenlockerung führt.

Mit “Rohmilch Dünger” oder auch mit “Rohmilch Weide” findet google derzeit (10. April 2017) nichts. Mit “Raw milk spray pasture” findet sich aber einiges.

Die Studienergebnisse und auch die Meinungen zu diesem Thema sind unterschiedlich.  Ich fand z.B. den Bericht über eine Untersuchung der Universität Vermont aus dem Jahre 2014 und den Artikel Field trials show applying milk to pasture is increasing Brix values, reducing compaction and increasing tonnage  (dt.: Feldversuche zeigen, dass die Ausbringung von Milch auf Weiden die Brixwerte steigert, die Bodenverdichtung reduziert und zu einer Steigerung der Trockenmasse führt.)

Zum Thema Brix-Werte

Weil es bei Landwirten in Deutschland nicht unbedingt bekannt ist, möchte ich darauf hinweisen, dass der Brixwert oder Brix, der in den USA offenbar häufig zur Messung der Qualität oder Qualitätsverbesserung von Weiden verwendet wird, einen Hinweis auf den Nährstoffgehalt der Pflanzen liefert. Gemessen wird er in der Regel mit einem Refraktometer, das dazu einen Messbereich von 0 bis ca. 25 oder besser 30 Prozent hat.  Um Gras und Kräuter für solche Messungen auspressen zu können, habe mir zwei kleine Platten aus einer Legierung für die Herstellung von Modellgußprothesen gegossen und galvanisch poliert,  man könnte aber genauso gut  zwei dicke Edelstahlblechstücke nehmen. Wenn man die Pflanzenteile, von denen man den Brixwert messen möchte zwischen diese Platten legt und diese z.B. mit einem Knippex-Zangenschlüssel (weil sich bei diesem die Backen parallel bewegen), oder auch mit einer einfachen Wasserpumpenzange zusammendrückt, kann man damit leicht die nötige Menge Saft für die Messung erzeugen, und man kann die Platten anschließend leicht für die nächste Messung reinigen.

Ralph Voss erwähnt in seinem Vortrag auch noch andere Möglichkeiten wie Melasse, Fischlösungen, Komposttee und Seesalz. Rohmilch scheint aber besonders gut zu wirken, wenn ……

Warum könnte Rohmilch als Dünger wirken?

Warum könnte es tatsächlich sein, dass Rohmilch den Ertrag und die Bodenqualität verbessert und wie kann man sich erklären, dass die Ergebnisse  bei unterschiedlichen Studien und Landwirten sehr unterschiedlich sind?

Ralph Voss ist ein Nachbar und Schulkamerad  von Dr. Robert Kinkhead, einem pensionierten Tierarzt und Hobby-Farmer, der bei der National Small Farm Trade Show and Conference 2012 ebenfalls einen Vortrag gehalten hat und zwar über Mob-Grazing oder rationales Beweiden, wie André Voisin es in  seinem 1958 auch ins Deutsche übersetzten, aber leider vergriffenen Klassiker Die Produktivität der Weide genannt hat. Ich beziehe mich dabei auf die mir nur vorliegende amerikanische Ausgabe Grass Productivity: An Introduction to Rational Grazing. Allan Savory, der auf darauf aufgebaut hat nennt es, oder besser seine Erweiterung,  Holistic Management: Holistic Management: A New Framework for Decision-making. Man könnte auch ganzheitliches Weidemanagement sagen. Dr. Kinkhead empfiehlt übrigens jedem, der dieses Weidesystem wirklich verstehen und anwenden will,  zunächst die vollständige Lektüre der beiden genannten Bücher von Voisin und Savory, auch wenn diese nicht immer ganz einfach und teilweise langweilig sei.

Wie der oben verlinkte Vortrag von Robert Kinkhead gut erklärt, sind die Resultate dieses Beweidungssystems:

  • Steigerung des Kohlenstoffgehaltes im Boden, was u.a. wegen der extremen Oberfläche des Kohlenstoffs zu einer drastischen Steigerung der Wasseraufnahme und damit auch dem Hochwasserschutz dient und das Regenwasser für Trockenperioden auf der Wiese des Bauern hält.
  • Ein reges Leben von Mikroorganismen und Kleinlebewesen im Boden. Dadurch können insbesondere auch Mineralien aus dem Boden gelöst werden, was u.a. den Düngerverbrauch reduziert. Das heißt, ein wesentliches Merkmal und Ziel dieses  Beweidungssystems ist, ein für die Mikroorganismen und Kleinlebewesen im und auf dem Boden förderliches Mikroklima zu schaffen und diese gut zu füttern. Ein Ergebnis davon ist, dass insbesondere auch Mineralien und Spurenelemente aus dem Boden gelöst und für die Pflanzen verfügbar gemacht werden, die für die Pflanzen sonst nicht verfügbar wären bzw., die sonst der Bauer oder Gärtner als Industrieprodukte kaufen und aufbringen müsste.
  • Der Netto-Ertrag entsprechend bewirtschafteter Flächen kann wesentlich besser sein als bei konventionell-industrieller Landwirtschaft. Dr. Kinkhead hat z.B. mit einer betriebswirtschaftlichen Analyse seines Betriebes festgestellt, dass er ca. 250 kg schwere Kälber für ungefähr die Hälfte der in den USA üblichen, durchschnittlichen Kosten produziert hat.

Das Vorhandensein von reichlich Mikroorganismen und Kleinlebewesen im Boden dürfte der entscheidende Faktor für die Wirksamkeit von Rohmilch und auch von Komposttees usw. sein. Ich könnte mir z.B. vorstellen, dass die Milch biologische Bausteine und Katalysatoren (Enzyme), enthält, die für manche Bakterien und Kleinlebewesen sehr förderlich sind und die ohne Rohmilch  nicht oder nur in wesentlich geringerer Menge vorhanden sind. Auf solche Katalysatoren weisen auch die Versuchsergebnis mit unterschiedlichen Milchmengen hin. Es bringt nichts, die Menge auf mehr als 20 bis 30 Liter pro Hektar zu steigern. Das sind zwei bis drei ml  pro Quadratmeter. Ein Teelöffel sind ca. 5 ml und ein Esslöffel sind ca. 10 bis 15 ml (Wikipedia-Küchenmaße).  Es geht hier also um nur einen einzigen Teelöffel Rohmilch für rund 2 Quadratmeter.

In einem Boden,  wie ihn die industrielle Landwirtschaft z.B. durch Umpflügen, Pestizide, Herbizide, Monokulturen, hohen Bodendruck mit sehr schweren Maschinen usw. produziert, also in einem Boden, in dem die Mikroorganismen und Kleinlebewesen tot sind oder hungern und verdursten, wird Rohmilch  voraussichtlich keinen oder nur einen vergleichsweise sehr geringen Effekt haben, weil eben keine oder nicht genug Mikroorganismen und Kleinlebewesen vorhanden sind, die von der Milch und dergleichen profitieren können.

Der oben verlinkte Vortrag von Mark Bader, einem Biochemiker, der offenbar auch selbst Rinder hält und sich mit der Firma Free Choice Enterprises, einem seit über 60 Jahren bestehenden Familienbetrieb, auf Nahrungsergänzungsstoffe für Rinder spezialisiert hat, passt zu diesem Themenkomplex. Baders Vortrag habe ich mir nicht jetzt, sondern schon im letzten Herbst angehört und fand ihn damals sehr informativ. Baders Vortrag passt hier, weil er auch das Thema Mikroorganismen im Boden anspricht.

Jeder der drei, verlinkten und inzwischen schon ca. 5 Jahre alten Vorträge wäre im Grunde einen eigenen Artikel wert. Alleine schon Dr. Kinkheads Bemerkung, dass eine Kuh, die ein Jahr  auf knappen halben  Hektar weidet, 1000 Pflanzen töten kann, aber dass 1000 Kühe, die einen Tag auf einem knappen halben Hektar grasen keine einzige Pflanze töten,  wäre einen Artikel wert. Allerdings habe ich dazu im Prinzip schon in Was würde der alte deutsche Weidepapst sagen? etwas geschrieben. Das Bittere dabei ist, dass dieses Wissen hier in der Eifel, auf dem Versuchsgut Rengen, das dessen damaligem Leiter, Prof. Ernst Klapp, der auch André Voisin gut kannte, sehr wohl bekannt war.

Das ganze erinnert etwas an Sag mir wo die Blumen sind:

Verstehen wird man in Deutschland wohl immer erst viel zu spät oder zumindest unnötig spät.

Kelberg, den 10. April 2017

Christoph Becker

 

 




Die Symbiose von Bauern und Kriegern

Am 7. März 2017 hat Alice Friedemann in ihrem Blogbeitrag After a collapse will people grow their own food or plunder others? (dt. Werden die Menschen nach einem Kollaps ihre Nahrungsmittel selbst anbauen, oder werden sie andere plündern?)  auf den schon über ein Jahr alten Blogbeitrag The Neopaleolithic: Hunter-Gatherers of the 21st century (dt. Die Neu-Frühsteinzeitlichen Jäger und Sammler des 21. Jahrhunderts) hingewiesen, hinter dem der anonyme niederländische Autor des Webblogs thesenecaeffect.wordpress.com steht.

Ich übersetzte hier die letzten vier Absätze  des Artikels dieses anonymen Niederländers:

Ein Szenarium in dem die Menschen ihre Lebensmittel selbst anbauen erscheint mir sehr viel unwahrscheinlicher als ein Szenarium, in dem umherwandernde Gruppen von Menschen beginnen, die ländlichen Gegenden zu plündern. Dies ist es, was tatsächlich im römischen Reich passiert zu sein scheint, wo herumwandernde Stämme eingedrungen sind und wo lokale Banden römischer Bürger, bekannt als Bagauden, damit begannen, die ländlichen Gegenden zu plündern.

Schließlich, wenn die Lebensmittel, die aus den Häusern und von den Feldern geplündert werden können, zur Neige gehen, werden die Leute gezwungenermaßen ausschließlich von dem abhängen, was in den ländlichen Gegenden wild wächst. Der Klimawandel kann bedeuten, dass sich dies als eine brauchbarere Strategie herausstellt, als man erwarten sollte.

In Europa haben einige Flüchtlinge aus dem Nahen Osten sich bereits an einen Wanderung-Lebensstil angepasst, der wild wachsende Lebensmittel als Teil der Diät einschließt. Ein Spitzenwert von Pilzvergiftungsfällen wurde in Deutschland registriert, weil Flüchtlinge wilde Pilze gegessen haben.

Es scheint mir, dass wir auch in den kommenden Jahren viel mehr von dieser Art erwarten sollten. Unser Nahrungsmittelproduktionssystem hat sich in einer Weise entwickelt, die eine Rückentwicklung selbst dann schwierig macht, wenn sie notwendig wird. Es sieht eher danach aus, dass die Nahrungsmittelproduktion vollständig aufhört als dass sie weniger komplex wird.

Als ich vor einiger Zeit einem alten Mann aus meinem Dorf, der die Nahrungsmittelknappheit nach dem Zweiten Weltkrieg erlebt hatte, von meinen Bedenken bezüglich eines plötzlichen Systemzusammenbruchs erzählt habe, meinte er trocken: “dann wird nur noch zu essen haben, wer eine Pistole hat”.

Ein Landwirt, mit dem ich darüber diskutiert habe, ob man nicht vielleicht doch etwas unternehmen könnte, um die Ernährungsicherheit der Bevölkerung lokal zu verbessern, meinte “das hat doch alles keinen Sinn, Diebstahl und Vandalismus waren und sind schon jetzt ein Problem, wie soll das erst mal sein, wenn es den Leuten wirklich richtig schlecht geht”.
Auch von Winzern an der Mosel weiß ich, dass Diebstahl und Vandalismus schon jetzt,  in fetten Friedenszeiten, ein Problem sind und dass der Staat schon jetzt keinen Schutz dagegen bietet.

Überhaupt werden Eigentumsdelikte und Betrug schon heute oft nicht mehr von Staats wegen verfolgt und es macht oft keinen Sinn mehr, diese überhaupt auch nur anzuzeigen, weil der Staat  sehr offensichtlich schon jetzt einfach unfähig ist und seine Aufgaben in einigen Bereichen nicht mehr erfüllt.

Ich selbst habe mich, wie man verschiedenen Artikeln meines Blogs entnehmen kann, sehr für Landwirtschaft und Gartenbau interessiert, aber ich sehe keinen Sinn mehr darin, irgendetwas von dem was ich herausgefunden habe, praktisch umzusetzen, weil ich nicht sehe, dass und wie Felder, Gärten, Viehbestände und Nahrungsmittelvorräte im Ernstfall gegen Plünderung und Diebstahl gesichert werden könnten. Die Leute müssen wohl leider erst massenhaft verhungern und Opfer von brutalen Plünderungen werden, bevor sie entsprechende Maßnahmen für sinnvoll halten.

John M. Greer hat in seinem Buch Dark Age America, aus dem ich u.a. das erste Kapitel in In der Folge der industriellen Zivilisation übersetzt habe, folgende klassische Lösung beschrieben, auf die die Leute voraussichtlich irgendwann in der Zukunft kommen werden:

Man rechne diese Muster zusammen, folge ihnen über die üblichen ein bis drei Jahrhunderte der Abwärtsspirale und man hat das Standardbild einer Gesellschaft in einem dunklen Zeitalter: eine größtenteils verwüstete ländliche Gegend mit kleinen verstreuten Dörfern, wo selbst versorgende Bauern, die verarmt sind und nicht lesen und schreiben können, darum kämpfen, die Fruchtbarkeit zurück in den ausgelaugten Mutterboden zu bringen. Ihre Regierung besteht aus der persönlichen Machtausübung lokaler Kriegsherren, die im Tausch für den Schutz vor Plünderern ihren Teil der jährlichen Ernte fordern,  und die eine raue Rechtsprechung im Schatten jedes passenden Baumes anwenden.

Das Fazit aus alledem ist für mich, dass Bauern und Gärtner zwingend eine Symbiose mit Kriegern eingehen müssen oder sie müssen – wenn ihnen ihre Freiheit etwas wert ist – wohl oder übel selbst Krieger werden.

Der Staat ist – solange er funktioniert, wie man Jack Donovans Gewalt ist Gold wert entnehmen kann, die Verkörperung des Kriegers und Kriegsherrn. Solange er zumindest im Großen und Ganzen noch funktioniert und die Schäden durch Diebstahl, Plünderung und Vandalismus zumindest aus Sicht der Mehrheit der Bauern und Gärtner noch erträglich sind, funktioniert das System noch.

Doch was ist, wenn das System nicht mehr funktioniert? Außerdem ist es schon jetzt so, dass Investitionen in Landwirtschaft und Gartenbau für Leute, die etwas vorausdenken sinnlos sind, weil bzw. so lange kein überzeugendes Konzept zu einer wirksamen  lokalen Verteidigung von Nahrungsmittelvorräten, Gärten, Feldern und Viehbeständen vorhanden ist.

Ein anderer Aspekt ist, dass die Bauern und Gärtner, wenn sie die Verteidigung ihres Eigentums in Zukunft Kriegern überlassen, ihre Freiheit wieder verlieren werden. Sie und ihre Nachkommen werden wieder zu Leibeigenen und vielleicht sogar Sklaven der Krieger und Kriegsherren werden.

Die Bauern haben ihre Befreiung von der Leibeigenschaft in erster Linie der durch die Entdeckung und Nutzung der fossilen Brennstoffe möglich gewordenen Industrialisierung zu verdanken. Durch die Industrialisierung wurde es nützlich, die Bauern zu befreien, weil sie als freie, mobile und gebildete Bürger flexibler und besser in der Industrie einsetzbar waren. Das heißt, ohne die Industrialisierung hätten wir vermutlich noch immer Leibeigenschaft und auch Sklaverei. Wenn man eine Rückentwicklung zu Leibeigenschaft und Sklaverei ebenso wie einen Rückfall Europas in eine frühsteinzeitliche Gesellschaft der Jäger und Sammler verhindern möchte, wird man auch dafür sorgen müssen, dass die Bauern und Gärtner ebenso wie deren (potentielle) Arbeiter zugleich auch Krieger sind.

Selbstverständlich ist es aber auch so, dass die Krieger Bauern und Gärtner benötigen weil diese drastisch mehr Nahrungsmittel auf einer  gegebenen Fläche produzieren können, als durch eine Gesellschaft von Jägern und Sammlern geerntet werden kann. Bauern und Gärtner brauchen also die Krieger genauso, wie umgekehrt die Krieger Bauern und Gärtner brauchen. Allerdings ist die Gewalt, zu deren Anwendung die Krieger per Definition ja sogar da sind, ein Mittel mit dem die Krieger den Bauern die Preise und Vertragsbedingungen diktieren können, wenn die Bauern zu faul, zu geizig, zu feige oder zu bequem sind, selbst auch Krieger zu sein.

Angenommen, man wäre heute klug genug das einzusehen und wollte entsprechend handeln. Was könnte man tun?

Die Bauern und Gärtner und auch der Rest der Bevölkerung könnten und würden dann zuerst und vor allem auch  Mitglieder im Reservistenband und in diesen angeschlossenen schießsportlichen Arbeitskreisen. Ungediente können übrigens im Reservistenverband  als Fördermitglieder mitmachen.

Darüber hinaus könnten die Leute sich in Schießsportvereinen organisieren und deren Möglichkeiten nutzen.

Insgesamt bietet der deutsche Staat erstaunlich gute Möglichkeiten, die aber kaum genutzt werden.

Kelberg, den 8. April 2017

Christoph Becker




Die Torheit der Pflügenden und die Geschichte

1943, als die Mordmaschinerie der Nazis insbesondere auch aus Furcht vor Engpässen in der Lebensmittelversorgung so richtig in Fahrt kam, erschien in den USA ein kleines Buch mit dem  Titel “Plowman’s Folly” (dt: Die Torheit des Plügenden) von Edward H. Faulkner, das bis heute oft nicht beachtete Einsichten vermittelte, die  den wichtigsten Antrieb für die Massenmorde der Nazis hätte verhindern können. Plowman’s Folly als eines der revolutionärsten Landwirtschaftsbücher gilt. Wenn man dieses kleine Buch, so wie ich es kürzlich getan habe, fast 74 Jahre nach der Veröffentlichung, im Frühjahr 2017,  vor dem Hintergrund der  gepflügten Felder in Deutschland liet und dabei auch an Christian Gerlachs  Krieg, Ernährung, Völkermord. Forschungen zur deutschen Vernichtungspolitik im Zweiten Weltkrieg aus dem Jahre 1998, oder Krieg, Ernährung, Völkermord. Deutsche Vernichtungspolitik im Zweiten Weltkrieg  aus dem Jahr 2001 denkt,  dann bleibt kaum noch Grund zur Hoffunng auf die Lernfähigkeit der Menschen in Deutschland und Europa.

Jedenfalls ist es wohl so, dass die Nazis, wie Christian Gerlach zeigt, die Massenmorde nach 1940 in erster Linie als eine Art Raubmord betrieben haben, bei dem es unter anderem darum ging, unnötige Esser zu  vernichten, um die Ernährungslage im Deutschen Reich zu verbessern, bzw. um eine Hungersnot und eine daraus resultierende Revolution, wie im ersten Weltkrieg, zu verhindern. Siehe auch meinen Blogbeitrag Rationierung und Lebensmittelknappheit im 1. Weltkrieg. Gerlach verweist hier insbesondere auch auf den Staatssekretär Herbert Backe im Landwirtschaftsministerium und den Hungerplan der damaligen deutschen Regierung. Ich zitiere hier aus dem deutschen Wikipedia-Artikel  zum Hungerplan:

Am 14. Februar 1940 erklärte Herbert Backe, Staatssekretär im Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft, es drohe der „Zusammenbruch der Ernährungswirtschaft im Laufe des zweiten Kriegsjahres, wie im Jahre 1918“.

Backe, der die Geschäftsgruppe Ernährung im Vierjahresplan leitete, war der Meinung, dass das deutsche Ernährungsproblem mit dem bevorstehenden Angriff auf die Sowjetunion gelöst werden könne. Da aber Berechnungen der Landwirtschaftsführung zeigten, dass größere Überschüsse in der Sowjetunion nicht vorhanden waren, wurde eine Strategie für die Behandlung der sowjetischen Bevölkerung entworfen, um ein Höchstmaß an Nahrungsmitteln aus dem Land zu pressen und gleichzeitig den nationalsozialistischen Vernichtungskrieg im Osten voranzutreiben. Durch Abtrennen der Zuschussgebiete, insbesondere der großen Industriegebiete, von ihrer Ernährungsbasis sollten alleine an Getreide „Überschüsse“ in Höhe von 8,7 Millionen Tonnen für den deutschen Verbrauch erzielt werden. Nach Einschätzung des Historikers Christian Gerlach war die nationalsozialistische Wirtschaftsführung im Osten ein Instrument der Massenvernichtung.

…..

Sieben Wochen vor dem deutschen Überfall auf die UdSSR am 22. Juni 1941 hieß es in einer Aktennotiz über eine Besprechung von mehreren Staatssekretären und führenden Offizieren der Wehrmacht am 2. Mai 1941 zu den kriegswirtschaftlichen Konsequenzen des geplanten „Unternehmens Barbarossa“:

„1.) Der Krieg ist nur weiter zu führen, wenn die gesamte Wehrmacht im 3. Kriegsjahr aus Rußland ernährt wird.
2.) Hierbei werden zweifellos zig Millionen Menschen verhungern, wenn von uns das für uns Notwendige aus dem Lande herausgeholt wird.“

Vor diesem Hintergrund ist zu bedenken, dass Deutschland 1939 eine Bevölkerungsdichte von nur 139 Menschen pro Quadratkilometer hatte (Liste der Volkdzählungen) hatte, während es heute 230 Menschen pro Quadratkilometer sind, wobei zu bedenken ist, dass  inzwischen sehr viel Land durch Bebauung und industrielle Nutzung verbraucht wurde und für die land- und forstwirtschaftlicher Nutzung verloren ist.

1940 hatte man jedenfalls in Deutschland, vor dem historischen Hintergrund, trotz der im Vergleich zu heute geringen Bevölkerungsdichte, durchaus zu Recht die Sorge, dass Deutschland ausgehungert werden könnte, wenn nicht sehr krasse Gegenmaßnahmen ergriffen würden.

Was machen wir heute, wenn z.B. ein moderner Blitzkrieg die industrielle Landwirtschaft und die Möglichkeiten zur Einfuhr und Verteilung von Lebensmitteln zerstört, wie das z.B. Peter Pry im vor einem Untersuchungsausschuss im amerikanischen Kongress im Mai 2015 erklärt hat: EMP-Bedrohung – Anhörung im US-Kongress.

Mein Resümee aus der Lektüre von Faulkners Buch über die Torheit der Pflügenden ist, dass die von den Deutschen im Osten verübten Massenmorde weitgehend hätten vermieden werden können, wenn die deutsche Landwirtschaftspolitik und die Ausbildung der Bauern besser gewesen wäre.

Um so erschütternder finde ich, dass man heute, fast 74 Jahre später, mit drastisch höherer Bevölkerungsdichte in Deutschland noch immer ganz selbstverständlich im Frühjahr jede Menge gepflügte Felder sieht und damit zeigt, dass die Landwirtschaftspolitik in Deutschland und in der EU nach wie vor sehr zu wünschen übrig lässt.

Hier kurz etwas zu Faulkners Hintergrund und Versuchen.

Edward Faulkner (1886 – 1964) war auf einer Farm in den USA aufgewachsen. Sein Vater war ein sehr fortschrittlicher Landwirt. Faulkner hatte zunächst als staatlicher Landwirtschaftsberater gearbeitet. Später war er in der Wirtschaft tätig und hat dann um 1930 ein neues Haus mit ca. 185 qm Garten gekauft, wo er, weil er es so gewohnt war, Gemüse pflanzen wollte. Der Boden seines Gartens bestand aber, wie der zu spät bemerkt hat, aus Bauaushub in Form von Ton, und wäre, wie er schreibt, eher zur Ziegelproduktion als zum Gemüseanbau geeignet gewesen. Faulkner hat dann zunächst in seinem Garten,  auf den Erfahrungen auf der Farm seiner Eltern und seiner Tätigkeit als Landwirtschaftsberater aufbauend verschiedene Versuche zur Verbesserung der Bodenqualität unternommen. Nachdem er in seinem Garten den Boden gut verbessert und gute Ernten erzielt hat, hat er sich eine größere Fläche Land gepachtet um darauf in größerem Stil  seine im Kleinen erfolgreichen Experimente zu wiederholen und um damit die Richtigkeit seiner Thesen zu beweisen.

Das Ergebnis dieser Versuche, kombiniert mit einigem Literaturstudium, war dann das Buch Plowman’s Folly, auf Deutsch “Die Torheit des Pflügenden”. Mir waren verschiedene Hinweise auf dieses Buch und seine grundlegende Bedeutung begegnet.

Aus deutscher Sicht war die Lektüre auch deshalb interessant, weil Faulkner, als im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts in den USA geborner und aufgewachsener Landwirt, die anfangs phantastische Fruchtbarkeit der neu für die Landwirtschaft erschlossenen Böden und deren dann rasante Verschlechterung teilweise selber miterlebt hat und teilweise aus den noch frischen historischen Berichten seiner Zeitgenossen kannte.  Im Gegensatz dazu kannten z.B. die Bauern in der Eifel in dieser Zeit nur seit Jahrhunderten von Menschen mit den in Europa üblichen Methoden genutzte und dabei übernutzte, oft sehr schlechte Böden.

Faulker hatte jedenfalls einen anderen Hintergrund als z.B. die Bauern in Deutschland, und er hatte mit seinem anfangs “eher für eine Ziegelfabrik” taugenden, extrem schlechten Boden seines Gartens eine Herausforderung, die krasser war als die der üblichen Böden in Deutschland.

Die Faulkners Problem lösende Einsicht, war letztlich, dass man möglichst viel organische Material in den Boden bringen muss und dass es Sinn macht einzig zu diesem Zweck Pflanzen anzubauen und diese dann in den Boden ein zu arbeiten. Dabei war es wichtig, die Pflanzen eben nicht wie beim Pflügen zu vergraben und mit Erde zu bedecken, sondern sie nieder zu drücken und z.B. mit einer Scheibenegge oder einem ähnlichem Instrument in die Bodenoberfläche zu drücken. Für seinen Garten hatte er sich dazu ein Werkzeug gebaut.  Für seine Felder hatte er eine Scheibenegge modifiziert.

Faulkner geht auf verschiedene Aspekte dieses Vorgehens ein und erklärt wie und warum durch den Verzicht auf das Umpflügen bzw. Umgraben und durch die stattdessen Erfolgende Einarbeitung organischen Materials in die Oberfläche, die Fruchtbarkeit und auch die Wasserspeicherkapazität des Boden massiv gesteigert,  Bodenerosion vermieden, und Schädlings- und Unkrautprobleme vermindert werden können.

Besonders bemerkenswert finde ich,  dass der Fortschritt im Sinne von Edward Faulkners in den letzten mehr als 70 Jahren nun gar nicht so sehr der Einsatz von Maschinen sondern die intelligente Nutzung von Rinden und anderen Wiederkäuern ist.  Siehe dazu meinen Blogbeitrag Optimierung im Getreideanbau und Hochwasserschutz durch Integration der Mutterkuhhaltung.

Insbesondere Rinder machen mit ihren scharfen Klauen und ihrem hohen Bodendruck bei intelligentem Weidemanagement und hoher Dichte, im Grunde genau das, was die Scheibenegge bei Edward Faulkner macht: Bei hoher Weidedichte zertrampeln sie 50 bis 70 Prozent des Pflanzenmaterials und drücken dies in die Bodenoberfläche. Dazu düngen sie dann auch noch.

Bestimmte Prinzipien der Landbewirtschaftung wiederholen sich von Edward Faulkners Plowman’s Folly (hier auf eine kostenlose pdf-Version verlinkt), über Allan Savorys Weidewirtschaft (hier Link auf TED-Vortrag mit deutschen Untertiteln), Gabe Browns Komination aus Getreideanbau und Mutterkuhhaltung, und eben auch dem biointensiven Gartenbau nach John Jeavons den unglaublichen Ergebnissen der Singing Frogs Farm der Familie Kaiser:

  • Wurzeln als Futter für Bakterien und Kleinlebewesen im Boden verrotten lassen ist der beste Kompost.
  • Ein großer Teil des organischen Materials (Pflanzenreste!) wird NICHT abgeerntet sondern als Futter für Bakterien und Kleinlebewesen belassen.
  • Ein großer Teil des organischen Materials (Pflanzenreste!) wird bei Sonne als Schattenspender und bei Regen zum Abbremsen von Regentropfen verwendet. Damit wird der Boden vor dem Austrocknen geschützt und es wird die Verdichtung und Errosion des Bodens bei Regen vermieden.
  • Das Land wird faktisch optimal als Sonnenpaneel genutzt. D.h., Sonnenstrahlen werden möglichst optimal für die Photosynthese genutzt.

Man vergleiche das alles mit den oft wochen- und monatelang blank liegenden, umgepflügten Feldern. Dort kann der Boden austrocknen und wenn ein starker Regenschauer kommt wird der Boden weggewaschen, wie ich es in meinem Blogbeitrag Bodenerosion in Maisfeldern nach einem Unwetter im Burgenland mit Fotos dokumentiert habe. Dazu kommt, dass auf umgepflügten Feldern so gut wie keine Photosynthese möglich ist. Die Sonnenstrahlen werden also nicht genutzt oder schaden sogar, anstatt zur Produktion von Biomasse genutzt zu werden, die man zur Verbesserung der Böden braucht – und mit der man, wie Edward Faulkner gezeigt hat, selbst auf einem Boden der zunächst “eher als Ziegelfabrik taugt”,  nach einiger Zeit hohe Erträge erzielen kann.

Wenn man nun bedenkt, dass Hunger, wie der russisch-amerikanische Soziologe Pitirim A. Sorokin in Hunger As a Factor in Human Affairs erklärt, die Menschen alle Werte und Gesetze vergessen und die Menschen zu Bestien werden lässt, dann könnte man annehmen, dass gerade auch  vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte,  2017 in Deutschland unter anderem keine gepflügten Felder mehr zu sehen sind.  Ich habe aber 2017 in Deutschland jede Menge gepflügte Felder gesehen.

Kelberg, den 3. April 2017

Christoph Becker




EMP-Bedrohung – Anhörung im US-Kongress

Alice Friedemann hat am 10. März 2017 auf ihrem Internetblog www.energyskeptic.com mit einer Zusammenfassung auf den Bericht der gemeinsamen Anhörung verschiedener Ausschüsse des amerikanischen Kongresses, vom 13. Mai 2015  mit dem Thema Die EMP-Bedrohung: Der Stand der Vorbereitung für die Bedrohung durch ein elektromagnetisches Impulsereignis (EMP) aufmerksam gemacht.

Der Link auf die Zusammenfassung von Frau Friedemann:  The electromagnetic pulse EMP Threat. May 13, 2015 House of Representatives hearing  (Frau Friedemann ist ein Schreibfehler passiert. In ihrer Überschrift und Linkadresse steht 2005. Der Termin war aber am 13. Mai 2015).

Offener Brief an Präsident Obama wegen EMP-Risiko , in dem eine Reihe von Sicherheitsexperten auf das EMP-Risiko hingewiesen hatte und den ich für meine Webseite übersetzt hatte, datierte auf den 14. Mai 2015, also einen Tag nach der Anhörung vor den Ausschüssen des Kongresses.

Das insgesamt 94-seitige Original des offiziellen Berichtes zu der Anhörung gibt es als pdf-Datei zum Download:

https://oversight.house.gov/wp-content/uploads/2016/04/5-13-15-The-EMP-Threat.-The-State-of-Preparedness-Against-the-Threat-of-an-Electromagnetic-Pulse-EMP-Event.pdf

Ich habe mir das Dokument etwas angesehen.

Zu der gemeinsamen Anhörung der Ausschüsse als Zeugen geladen waren:

  • George Baker, Professor Emeritus, James Madison University, CEO of Baycor
  • Dr. Peter Vincent Pry, Executive Director, Task Force on National and Homeland Security
  • Mr. Mike Caruso, Director of Government and Specialty Business Development ETS-Lindgren

Wesentliche Information:

Mit einem EMP-Ereignis ist nach wie vor zu rechnen. Die USA sind weiterhin so gut wie nicht auf die Gefahr vorbereitet, obwohl

  • obwohl eine Vorbereitung möglich und bezahlbar wäre,
  • obwohl ein EMP-Ereignis das Ende der USA als zivilisierte Gesellschaft und Staat bedeuten könnte,
  • obwohl als Folge eines EMP-Ereignises, je nach Schätzung,  5 bis 9 von 10 Amerikanern binnen eines Jahres durch Hunger, Krankheit und sozialen Kollaps umkommen würden,
  • obwohl verschiedene potentielle Gegner der USA, wie Russland, China, Nord Korea und Iran EMP-Angriffe als Teil ihrer Militärdoktrin  betrachten, planen und vorbereiten.

Wie Alice Friedemann in ihrem am 9. März 2017 veröffentlichten Artikel  The Devil’s Scenario – near miss at Fukushima is a warning for U.S. (dt. Das Szenarium des Teufels – das in Fukushima knapp verfehlt wurde ist eine Warnung für die USA) schreibt, würde ein EMP-Ereignis, das durch einen starken Sonnensturm oder durch Atomwaffen verursacht wird, zumindest in den USA  voraussichtlich zur Kernschmelze in Kernkraftwerken und auch zu große Mengen Radioaktivität freisetzenden Bränden in Brennelementelagern führen. Die Japaner haben in Fukushima demnach noch Glück gehabt. Es hat nicht viel gefehlt und die Katastrophe wäre noch wesentlich schlimmer geworden.

Weitere Aspekte, die mir bei diesem Thema eingefallen sind, Umweltschäden, die nach einer für Monate, Jahre oder für immer nicht mehr reparierbaren Zerstörung der Stromversorgung oder auch durch einen anderweitig ausgelösten gesellschaftlichen Kollaps auftreten würden:

  • Gefahrguttransporte, auf den Strassen, Schienen und Wasserstrassen würden unkontrolliert liegen bleiben, teilweise verunglücken und könnten zumindest nicht mehr entladen werden. Dadurch würde es überall im Land zu Umweltschäden kommen. Teilweise würde es sofort oder kurzfristig zu Schäden kommen, teilweise würde es aber vielleicht Jahre, Jahrzehnte oder noch länger dauern, bis Tanks und Behälter undicht werden und die Gefahrgüter in die Umwelt gelangen.
  • Gefahrgüter in Industriebetrieben, Tankstellen und auch in Privathaushalten könnten nicht mehr weiter verarbeitet oder umweltverträglich entsorgt werden. Dazu kämen Millionen Kraftfahrzeuge und Maschinen, und die in diesen vorhandenen Öl und andere Chemikalien. Auch hier würde die Freisetzung in die Umwelt mal schnell und mal langsam, mal bald und mal später erfolgen.
  • Windkraftanlagen: Es gab in den letzter Zeit über umgestürzte Windräder. Beispiel von Spiegel-Online: Vier Fälle binnen vier WochenExperten suchen nach Ursachen für Windrad-Crashs.
    Ursache war offensichtlich ein fehlerhaft arbeitender Regler für die Verstellung der Rotorblätter. Die Rotorblätter werden normalerweise bei zu starkem Wind, bzw. bei Sturm so eingestellt, dass ihr Windwiderstand minimal ist. Wenn das, wie bei den umgestürzten Windturbinen nicht funktioniert wird die Konstruktion bei Sturm überlastet und das Windkraftwerk stürzt um. Man stelle sich nun vor, dass in Deutschland und seinen Nachbarländern die Stromversorgung  durch ein großes EMP-Ereignis getroffen wird während ein schwacher, aber für die Windkraftwerke ausreichender Wind aus der Hauptsturmrichtung weht. Die Rotoblätter würden dann die für eine Sturm ungünstigste Stellung haben und sie würden diese beibehalten. Nach einem Ausfall der  Stromversorgung wäre es nämlich nicht mehr möglich die Rotorblätter die für Stürme optimale Stellung zu bringen. Als Folge davon würden bei den nächsten kräftigen Stürmen jede Menge Windkraftanlagen wegen Überlastung der Konstruktion umstürzen. Windkraftanlagen die umstürzen, aber auch solche die nicht umstürzen, sondern die einfach nur wegen eines Zusammenbruchs der Gesellschaft nicht mehr gewartet und abgebaut werden können, würden die Umwelt verseuchen. Pro Windkraftanlage rechnet man mit bis zu 700 Liter Getriebeöl, 200 kg Hydrauliköl und bis zu 200 kg Schmierstoffe. Dazu kommen ca. 1000 Liter Transformatorenöl pro Transformator (Quelle: http://www.lfu.bayern.de/boden/bodenschutztage/doc/15.pdf
  • Ein großes EMP-Ereignis würde das Ruhrgebiet  aber möglicherweise auch andere ehemalige Bergbaugebiete z.B. im Saarland, weitgehend unbewohnbar machen (Die Zukunft des Ruhrgebietes). Außerdem würden Schleusen und Sieltore nicht mehr funktionieren, was z.B. an der Nordseeküste zu Überflutungen führen würde.
  • Reparaturen an Fluss- und Seedeichen wäre nicht mehr oder nur noch in sehr geringem Umfang möglich. Es würde daher zu zusätzlichen Überflutungen kommen.
  • In der Luft befindliche Flugzeuge würden voraussichtlich alle oder fast alle abstürzen, was Brände und zusätzliche Umweltschäden auslösen würde.

Alles in Allem würde die land- und forstwirtschaftlich  nutzbare Fläche durch ein großes EMP-Ereignis reduziert.

Ein großes EMP-Ereignis würde in Deutschland nicht nur die verheerendste Hungersnot der europäischen Geschichte und einen völligen Zusammenbruch der staatlichen Ordnung und der Zivilisation auslösen, sondern es würden teilweise sofort, teilweise im Laufe von Tagen, Monaten, Jahren und Jahrzehnten  Umweltschäden ausgelöst die mehr oder weniger große Teile Deutschlands unbewohnbar machen würden. Welche Gebiete wie sehr und wie lange unbewohnbar würden, würde dabei auch von Zufällen abhängen und wäre nur teilweise voraussehbar.

Unsachen von EMP-Ereignissen

Ein EMP-Ereignis kann als Naturkatastrophe in Form eines schweren Sonnensturms kommen. Solche schweren Sonnenstürme haben die Erde in den Jahren  1859 und 1921 getroffen. 2012 hat ein Sonnensturm wie der von 1859 die Umlaufbahn der Erde, aber nicht die Erde selbst getroffen. Man rechnet damit dass solche Sonnenstürme etwa alle 100 bis 150 Jahre die Erde treffen. Ein Sonnensturm wie der im Jahre 1921 würde nach einer Schätzung der amerikanischen Akademie der Wissenschaften heute einen  Schaden von 1 bis 2 Billionen Dollar verursachen und man würde  4 bis 10 Jahre für die Erholung von den folgen des Sturms benötigen. Der Sonnensturm im Jahre 1859 war wohl noch deutlich stärker als der von 1921.

EMP-Ereignisse können auch  mit verschiedenen konventionellen Systemen und mit Atomwaffen ausgelöst werden. Am gefährlichsten ist ein EMP-Ereignis das mit Atomwaffen ausgelöst wird. Dazu sind neben Russland und China auch Länder wie Nord Korea und Pakistan in der Lage. Das Auslösen von EMP-Ereignissen als Teil eines Modernen Blitzkrieges gehört heute zur Militärdoktrin verschiedener Länder.  Dazu ein Zitat aus dem mündlichen Vortrages von Dr. Peter Pry vor den vereinigten Untersuchungsausschüssen:

Zitat Peter Pry:

Zuerst, denke ich, müssen wir verstehen, dass die Bedrohung nicht nur rein theoretisch ist, es ist vielmehr eine reale Bedrohung.
In den Militärdoktrinen Russlands, Chinas, Nordkoreas und Irans plant man einen nuklearen EMP-Angriff gegen die vereinigten Staaten. Wir haben gesehen dass Nordkorea und Iran dies üben, einschließlich des Startens von  ballistischer Raketen von Frachtschiffen auf hoher See. Das gibt ihnen die Möglichkeit eines anonymen EMP-Angriffs. Während der Atomkrise, die wir mit Nordkorea im Jahre 2013 hatten – es war die schlimmste Atomkrise die wir je mit Kim Jong Un hatten –  drohte er während des Nachspiels des dritten illegalen Atomtests, einen Atomwaffenangriff mit Raketen gegen die USA durch zu führen.
In der Mitte der Krise brachte Nordkorea einen Satelliten in eine Umlaufbahn über den Südpol, der das Territorium der USA in einer für einen EMP-Angriff optimalen Höhe und Richtung überquerte, sodass er unsere nationale Raketenabwehr umgehen konnte, und auch so, dass er, wenn er ein Atomsprengkopf wäre, die 48 zusammenhängenden Bundesstaaten der USA mit einem EMP-Feld hätte bestreichen können, was katastrophale Konsequenzen gehabt hätte. Das war der KSM 3 Satellit; der überfliegt uns noch immer, er ist noch immer in seiner Umlaufbahn und überfliegt uns regelmäßig.
Eine andere Sache die verstanden werden muss ist, dass EMP ein Teil, ein größerer Teil, ihrer militärischen Doktrin ist die sie als Revolution in militärischen Dingen betrachten. Dabei handelt es sich im wesentlichen um eine kombinierte militärische Operation mit Cyber-Attacken, physischer Sabotage, konventionellen EMP Waffen und atomaren EMP Waffen als dem entscheidendsten Instrument. Alle würden zusammen und koordiniert in einer neuen Art von Blitzkrieg eingesetzt. Erwarten Sie einen Krieg der im Cyberspace geführt wird um eine Zivilisation auf die Knie zu zwingen. Damit könnte ein gescheiterter Staat wie der Iran  oder Nordkorea theoretisch eine hochentwickelte Gesellschaft wie die unsere zerstören und besiegen.

Dr. Pry erwähnt dann auch, dass die Terrorgruppe Al Qaida im Jemen die gesamte Stromversorgung lahm gelegt und damit den Jemen, also einen ganzen Staat, so destabilisiert habe, dass er damit für die USA als Verbündeter verloren ging. Auch hätten Terroristen in Pakistan 80 % des Stromnetzes abgeschaltet und der Iran habe so etwas mit der Türkei gemacht. Angriffe auf die Stromversorgung gehören jedenfalls zum Repertoire islamistischer Terroristen und Staaten und sie nutzen dieses Mittel als Waffe wenn sie die Gelegenheit dazu bekommen. In dem Bericht wird auch wieder erwähnt, dass eine EMP-Angriff auf die USA voraussichtlich zwischen 50 und 90 Prozent der Bevölkerung binnen eines Jahre das Leben kosten würde. Dem Bericht ist aber auch zu entnehmen, dass es durchaus möglich und bezahlbar wäre, die Gesellschaft und die technische Infrastruktur auf EMP-Ereignisse vor zu bereiten. Frau Friedemann erwähnt in ihrem Artikel, dass sie bei EMP-Treffen in Großbritannien gewesen sei. Die Briten würden tatsächlich ihr Stromnetz gegen EMP-Angriffe schützen.

In Deutschland würde ein EMP-Ereignis locker 6  bis 12 mal soviele Opfer kosten wie der Holocaust.  Vor diesem Hintergrund wäre es angesichts der anstehenden Wahlen interessant zu wissen, was die im Bundestag vertretenen Parteien und da insbesondere die Regierung Merkel bisher getan haben um eine solche Katastrophe zu verhindern, und was die zur Wahl antretenden Politiker und Parteien tun würden, wenn sie gewählt würden. Wenn es unseren “demokratischen” Politikern und Gutmenschen schon nicht mehr um die Interessen und die Zukunft des deutschen Volkes geht und manche Gutmenschen, wie diese “Bomber-Harris-Do-It-Again-Typen”  den Deutschland sowieso den Untergang wünschen, so wäre es doch zumindest aus Verantwortungsgefühl für die Millionen “Schutzsuchenden” und Ausländer, die man zur Zerstörung des deutschen Sozialstaates ins Land gelockt hat (Buchbesprechung auf philosophia-perennis.com: Sturmreif – Wie die Masseneinwanderung unseren Sozialstaat zerstört), notwendig sich um das EMP-Risiko zu kümmern.  Ein großes EMP-Ereignis würde jedenfalls auch die meisten von “Frau Merkels Gästen” vernichten und es wäre für die Ausländer in Deutschland im Allgemeinen sehr viel schlimmer als eine Bundestagswahl, bei der die NPD zusammen mit der AfD und den Republikanern eine satte 2/3 Mehrheit gewinnen würde. Ein solches Wahlergebnis ist extrem unwahrscheinlich – aber dass so ein EMP-Ereignis irgendwann in den nächsten Jahren Deutschland und Europa trifft ist ziemlich sicher. Zumindest sollte man angesichts der extremen Folgen besser so tun als sei es sicher.

Alice Friedemann hat auf ihrer Internetseite am 7. März 2017 einen Artikel mit dem Titel After a collapse will people grow their own food or plunder others? (dt.: Werden die Leute nach einem Kollaps ihre eignen Nahrungsmittel anbauen oder andere plündern?) veröffentlicht. Darin weißt sie auf einen Blogbeitrag eines anonymem, wahrscheinlich niederländischen Autors hin, der den Webblog thesenecaeffect.wordpress.com betreibt. Am 3. März 2016 wurde dort ein Artikel mit der Überschrift The Neopaleolithic: Hunter-Gatherers of the 21st century (dt.: Die Neuen Altsteinzeitlichen: Jäger und Sammler des 21. Jahrhunderts) veröffentlicht. Nach einer längeren Beschreibung der Gründe der Fragilität der Nahrungsmittelproduktion kommt der Autor zu dem Schluss, dass es ziemlich unwahrscheinlich ist, dass die Menschen nach einem Kollaps der Industriegesellschaft selber ihre Nahrungsmittel als Bauern und Gärtner anbauen. Wahrscheinlicher sei, dass plündernde Banden das Land durchstreifen und dass Lebensmittel durch Diebstahl und Raub den Besitzer wechseln, so dass es keinen Sinn mache Lebensmittel an zu bauen. Wenn durch Plünderung keine Nahrungsmittel mehr zu bekommen seien, würde die Überlebenden sich durch das Sammeln von essbaren Pflanzen und durch Jagd zu ernähren suchen – die Überlebenden der Industriegesellschaften würden damit auf das Niveau der frühen Steinzeit zurück fallen und wieder Jäger und Sammler werden. Meines Erachtens wird es dann mangels Wild und Haustieren aber auch zu Kannibalismus kommen. In One Second After: Die Welt ohne Strom lässt der Autor William R. Forstchen unter anderem  eine gut organisierte, schwer bewaffnete Bande von Kannibalen brandschatzend, mordend, vergewaltigend und folternd durchs Land ziehen und die kleine Stadt Blackmountain bedrohen. Die von einem alten Oberst geführte Bürgerwehr leistet erbitterten Widerstand und vernichtet dann schließlich diese Bande. In der deutschen Wirklichkeit nach einem EMP-Ereignis würde solchen Banden wohl eher nichts entgegen zu setzen sein – und deshalb macht es in Deutschland auch keine Sinn per Landwirtschaft und Gartenbau zu versuchen lokal nachhaltig Nahrungsmittel zu produzieren.

Wollen die Deutschen und ihre Politiker und Parteien, dass das so bleibt?

Angesichts der anstehenden Wahlen stellt sich die Frage, ob man die wirklich großen Probleme und Gefahren unserer Zeit einfach weiter verdrängen will, oder ob es nicht doch hier und da Politiker und vielleicht sogar Parteien gibt, die vernünftig sind und die rationale, erwachsene Diskussionen führen und Lösungen bieten können.

Hier noch die  Link auf den englischsprachigen  Trailer des Romans One Second After auf Youtube und auf den deutsch synchronisierten Fernsehfilm Die EMP-Bombe –  Impuls zum Blackout. In weitere Literatur zum Thema EMP finden sich weitere Links.

Kelberg, den 11. März 2017

Christoph Becker