Mal wieder Hochwasser

Auf der Internetseite des Trierischen Volksfreundes, im Artikel Naturereignis – Lieser tritt über die Ufer – Katastrophenalarm bei Herrstein – DWD warnt vor weiteren Unwettern vom 28. Mai 2018, wurde gemeldet, dass am Vorabend unter anderem die Lieser zwischen Kradenbach und Daun wieder einmal heftig über die Ufer getreten ist. Solche Hochwasser und damit auch deren Folgen sind vermeidbar. Sie sind ein Hinweis auf Mängel in der Agrarpolitik. Ziel dieses Artikels ist es, Ideen und Anregungen zur Überwindung dieser Mängel zu liefern und so u.a. das Hochwasserrisiko zu senken.

Unmittelbar vor dem Unwetter hatte ich einem Landwirt in einem Nachbardorf auf einer seiner Wiesen gezeigt, wie man mit einem Refraktometer die Nährstoffdichte von Gras messen kann und ich hatte ihm auch meine Vorrichtung zur Messung der Wasserinfiltrationsgeschwindigkeit gezeigt und  erklärt, wie man sowohl die Nährstoffdichte als auch die Wasserinfiltationsrate auf Feldern und Wiesen drastisch verbessern könnte.

Ein praktisches Problem, über das mir dieser Bauer berichtete, während die schwarzen Wolken des Unwetters immer näher kamen war, dass der Boden zu trocken sei. Meine Antwort war, dass diese Trockenheit reduziert oder vermieden werden könnte, wenn man die Wasseraufnahmekapazität der Böden verbessern würde, wie ich das in verschiedenen Artikeln auf www.freizahn.de gezeigt habe. Mich erinnert das auch daran, dass besonders im Frühjahr 2017 viele Bauern in der Eifel über die Dürre geklagt haben. Mit “vulkaneifel trockenheit 2017” fand ich dazu im Internet aus jener Zeit die Kreisnachrichten für den Landkreis Vulkaneifel in der 26. Kalenderwoche 2017. Ich zitiere daraus hier als Fußnote die Nachricht über den aus der damaligen Dürre resultierenden Erlass von Landwirtschaftsminister Wissing, auf S. 7 (Wissing erteilt Ausnahmegenehmigung zur Futternutzung von ökologischen Vorrangflächen) (( Zitat aus von Seite 7 der Kreisnachrichten für den Landkreis Vulkaneifel in der 26. Kalenderwoche 2017: Landwirtschaftsminister Wissing hat Landwirten genehmigt, brachliegende Ackerflächen zur Beweidung zu nutzen oder zu Futterzwecken zu mähen. Damit reagiert der Minister auf die starke Beeinträchtigung von Dauergrünlandflächen
durch die anhaltende Trockenheit im Frühjahr. Landwirte, die im Rahmen der Beantragung von Direktzahlungen zur Bereitstellung von ökologischen Vorrangflächen im Rahmen des Greening verpflichtet sind, dürfen ab 1. Juli in Rheinland-Pfalz brachliegende Ackerflächen nach Artikel 46 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 (Nutzcode062) und Feldränder im Sinne des Artikels 45 Absatz 4 Buchstabe e der delegierten Verordnung (EU) Nr. 639/2014 (Nutzcode 058) durch Beweidung mit Tieren oder durch Schnittnutzung zu Futterzwecken nutzen, teilte Herr Minister Dr. Wissing mit. Minister Dr. Wissing sah sich zu diesem Schritt veranlasst, da die anhaltende Trockenheit in den letzten Monaten zu extremer Futterknappheit in den Betrieben geführt hat. Minister Dr.Wissing hofft, dass mit dieser Maßnahme die aktuelle Notlage der tierhaltenden Betriebe etwas abgemildert werden kann.Ein Großteil der rd. 13.000 ha umfassenden Ackerbrachen sei aktiv begrünt und biete somit eine gute Möglichkeit, die bestehenden Futterengpässe zumindest teilweise auszugleichen. Das Land hat sich auch an die Landwirtschaftliche Rentenbank gewandt und diese gebeten, die Zugangsvoraussetzungen für das Rentenbank-Programm zur Liquiditätssicherung entsprechend zu ergänzen. Damit könnten dann Betriebe, die aufgrund der Trockenheit starke Umsatzeinbußen oder zusätzliche Kosten für Futter zu verkraften haben, das zinsgünstige Darlehensangebot der Rentenbank nutzen. Im Programm zur Liquiditätssicherung werden Ratendarlehen mit einer Laufzeit von 4, 6 oder 10 Jahren angeboten, so der Minister.
))  der mir wieder einmal zeigt, dass gerade auch die Agrarförderung mit ihren Auflagen zwar sehr gut gemeint ist, aber doch eine rationale, die Bodengesundheit und den Hochwasserschutz wirklich fördernde Landwirtschaft sehr behindert. ((Warum das immer wieder so ist, hat James C. Scott in Seeing Like a State: How Certain Schemes to Improve the Human Condition Have Failed gut beschrieben und erklärt. Der Link zeigt auf die kostenlos als pdf-Datei verfügbare Version dieses 461 Seiten umfassenden Buches. Es ist aber auch preiswert in gedruckter und elektronischer Form bei amazon.de verfügbar. ))

Im  Artikel im Trierischen Volksfreund und auch in der FAZ, die ebenfalls am 28. Mai 2018 mit  FOLGENSCHWERES UNWETTER: Als die Straße im Fischbach verschwand den Unwettern vom Vortag einen Artikel gewidmet hatte,  habe ich nun gelesen, dass der Raum Birkenfeld sogar von einem noch schlimmeren Unwetter, mit noch heftigeren Niederschlägen getroffen worden war.

Zitat aus dem Artikel im Trierischen Volksfreund:

Eine Messstation in der Region registrierte dem DWD zufolge fast 150 Liter Regen pro Quadratmeter in drei Stunden. Örtlich könnten es sogar in der Spitze um die 160 Liter gewesen sein, schätzte ein Meteorologe. «Das ist mehr als der übliche Monatsniederschlag.»

Zitat aus der  FAZ :

Eine Wettermessstation in der Region registrierte laut Deutschem Wetterdienst fast 150 Liter Regen pro Quadratmeter innerhalb von drei Stunden. Hunderte Keller wurden überflutet, durch den Ort Fischbach raste eine bis zu 1,60 Meter hohe Flutwelle, die mehr als 50 Autos mitriss. Katastrophenalarm wurde ausgerufen, die Stromversorgung brach teilweise zusammen. Verletzt wurde niemand, der Schaden geht allerdings in die Millionen. Einige Einwohner von Fischbach mussten wegen Einsturzgefahr ihre Häuser verlassen.

Vor diesem Hintergrund habe ich noch einmal in meinen Artikel Optimierung im Getreideanbau und Hochwasserschutz durch Integration der Mutterkuhhaltung vom September 2016 nachgelesen. Dort stehen nämlich Zahlen zur Entwicklung der Wasserinfiltrationsraten von Gab Browns Ranch. Ich zitiere:

Als Gabe Brown und seine Frau die Farm 1991 von seinen Schwiegereltern gekauft haben, hat man Bodenproben genommen und auch gemessen, wie schnell Wasser im Boden versickert. Damals betrug die Wasserinfiltrationsrate 1/2 Zoll, das sind 12,5 mm pro Stunde, oder 12,5 Liter Wasser pro qm und Stunde.

2015 betrug die Infiltratioinsgeschwindigkeit 15 Zoll pro Stunde ( 38,1 cm bzw. 381 Liter Wasser pro qm und Stunde).  Die Position  in dem anfangs eingebunden Vortag, DCED – 2016 Gabe Brown – What is Soil Health? von Gabe Brown ist  [1:01:23].  Die Wasserinfiltrationsrate hat sich also in ca. 25 Jahren  um das 30-Fache verbessert.  Einige Sekunden später in dem Vortrag zeigt er wie die Infiltration gemessen wird und wie rasant ein Zoll Wasser, also 25 Liter pro Quadratmeter, versickern. Bei seinem Boden dauert das heute nur noch 9 Sekunden. Zwei Zoll, also insgesamt 50 Liter Niederschlag pro Quadratmeter, versickert in nur 16 Sekunden. Demnach würde ein Sturzregen von 50 Litern in nur 25 Sekunden problemlos aufgenommen. Die bei den Browns auch auf den Getreidefeldern vorhandene Deckung des Bodens mit organischem Material würde den Aufschlag der Regentropfen zudem dämpfen. Die Fließgewässer in der Umgebung würden weder durch eine plötzlich abfließende Wassermenge noch durch damit weg gespülte Nährstoffe belastet.

Der Boden auf Gabe Browns Ranch würde also heute in nur einer Stunde mehr als das Doppelte jener Regenmenge wie ein Schwamm aufsaugen, die  nun in der Eifel und im Hunsrück über drei Stunden verteilt diese schwere Hochwasserschäden und einen Katastrophenalarm verursacht hat.

Übrigens hatte ich ausgerechnet den Gemeinden Kradenbach und Nerdlen im Herbst 2017 vorgeschlagen, in einem Tauschgeschäft für die Überlassung des Jagdrechtes, das bis dahin ca. 10 Tsd Euro Pacht pro Jahr eingebracht hatte,  zusammen mit den Landwirten und Bewohnern dieser Dörfer unter anderem eben auch jene Verbesserungen und Methoden zu implementieren und an die lokalen Verhältnisse anzupassen, die auf Gabe Browns Ranch so erfolgreich sind ( Jagd-Vorschlag-Nerdlen-Kradenbach ). Die Antwort war, dass man die Jagd offiziell ausgeschrieben und nun anderweitig regulär verpachtet hat.

Dafür gibt nun aber die zuständige Verbandsgemeinde Daun, zu der diese beiden, an der Lieser von Daun aus gesehen bachaufwärts liegenden Dörfer gehören, für einen Hochwasserplan Steuergelder aus: HOCHWASSERSCHUTZKONZEPT FÜR DIE
Verbandsgemeinde Daun.

Ein Thema, auf das ich bisher noch nicht eingegangen bin, aber mit dem ich mich in letzter Zeit öfters beschäftigt habe, ist der Sickstoffkreislauf in der Landwirtschaft. Insbesondere der Vortrag Nitrogen: The double-edged sword von Christine Jones auf Youtube, in Kombination mit den Gülleimporten in die Eifel, sowie Joel Salatins Bemerkung, dass die Tierhaltung bei guter Landwirtschaft NICHT stinkt, hat mich dazu gebracht mich mehr mit dem Thema Stickstoff in der Landwirtschaft zu beschäftigen. Einiges muss ich mir noch einmal durchlesen bzw. noch einmal anhören. Sicher ist für mich inzwischen aber schon, dass auch in diesem Bereich vieles in Deutschland sehr verbesserungsfähig ist und dass das Thema Stickstoff und Stickoxide über die Bodenqualität und die organische Masse im Mutterboden mit den Themen Hochwasserschutz  und Gewässerschutz eng verknüpft ist. Mit einer Verbesserung des Hochwasserschutzes könnte man daher auch das Stickstoffproblem zumindest sehr mildern. Wenig organische Masse und wenig Bodenleben bedeutet nämlich nicht nur, dass die Wasserinfiltrationsrate gering und damit das Hochwasser- und Erosionsrisiko hoch sind, sondern auch, dass die natürliche Stickstoffversorgung der Pflanzen und  deren Widerstandsfähigkeit gegen  Krankheiten und Dürre reduziert wird. Die Bauern und die Gesellschaft zahlen dadurch mehr in Form von Geld, Energieaufwand und Umweltschäden und bekommen zugleich weniger nährstoffärmere und ungesundere Lebensmittel und eine unnötige Reduzierung der Ernährungssicherheit.

Einige andere hier vielleicht interessante Artikel zum Themenkomplex Hochwasser, Landwirtschaft und Verbesserung der Bodenqualität auf Freizahn.de:

Kelberg, den 28. Mai 2018

Christoph Becker




Intensive Landwirtschaft?

Ist das, was man heute in Deutschland als moderne,  “intensive Landwirtschaft” bezeichnet, wirklich modern und intensiv? Am Beispiel eines Maisfeldes möchte ich hier erklären, warum dies nicht der Fall ist und ich möchte zugleich an einem anderen Maisfeld zeigen, was heute wirklich intensive, moderne Landwirtschaft ist.

Was heute als “intensive Landwirtschaft” gilt

Anlass zu diesem Artikel ist, dass ich heute Vormittag an einer vom NABU organisierten Wanderung teilgenommen habe. Als wir an einem großen Maisfeld vorbeikamen waren,  kam die Rede auf die intensive Landwirtschaft und deren für die Natur nachteilige  Folgen, wobei dieses Feld als Beispiel diente. Das Feld wird vom selben Landwirt auf dieselbe Weise bewirtschaftet, wie das Feld, das ich Pfingsten 2015 bereits für meinen Artikel Bodenerosion in Maisfeldern photographiert hatte. Einer der Teilnehmer der NABU-Wanderung berichtete, das Feld sei mit Gülle aus den Niederlanden gedüngt worden (( Siehe dazu z.B. SWR: Importe aus den Niederlanden in die Eifel – Das Geschäft mit der Gülle.)).  Ich verwende hier das Bild aus diesem älteren Artikel, weil der Stand der Vegetation ungefähr gleich ist.

Maisfeld. An Pfingsten 2015 im Landkreis Vulkaneifel.

So oder ähnlich sehen in Deutschland heute viele Felder im April und Mai aus. Für mich ist das keine “intensive Landwirtschaft”, sondern ein  Beispiel für das Versagen der Agrarpolitik und der Ausbildung der Landwirte.

Warum?

  1. Ein Starkregenereignis würde die Erosionsschäden verursachen, die ich  in Bodenerosion in Maisfeldern mit Bildern eines Beispieles aus dem Burgenland gezeigt habe,  oder wie sie die Bilder in Bodenerosion durch Starkregen in Weinbergen zeigen. Der Mutterboden würde weggewaschen.
  2. Ein Bauer ist zunächst  jemand, der per Photosynthese Sonnenenergie einsammelt und in Biomasse speichert. Darüber hinaus ist ein Bauer jemand, der in Biomasse gespeicherte Energie in andere Biomassen oder in andere Energieformen umwandelt.  Blanker Boden, also nicht von lebendem Blattgrün bedeckter Boden, wo immer man ihn auf Feldern oder Wiesen sieht, ist daher ein Zeichen dafür, dass der Bauer die betreffenden Flächen warum auch immer, nicht  zur Photosynthese nutzt. Beim obigen Feld und bei vielen, vielen anderen Feldern in Deutschland beträgt der für die Photosynthese nicht verfügbare Anteil der Nutzfläche für viele Wochen und Monate im Jahr mehr als 90 und oft sogar 100 % . Das senkt die Erträge und die Bodenqualität und es fördert die Bodenerosion. Siehe dazu auch meine Artikel Weltweite Verschlechterung der Bodenqualität und Die Torheit der Pflügenden und die Geschichte. Aus ersterem hier noch einmal die dort gezeigte Weltkarte. Man beachte, dass es in dieser Weltkarte keine Kategorie für Bodenverbesserung gibt und dass die Gebiete, in denen die Bodenqualität stabil ist, hauptsächlich jene sind, in denen wegen des Klimas kein oder kaum Landwirtschaft betrieben wird.

    Quelle: http://www.grida.no/graphicslib/detail/degraded-soils_c4c4

Zwei Beispiele wirklich intensiver Landwirtschaft

Ich möchte hier an zwei Beispielen zeigen, wie ich mir wirklich intensive, hochmoderne Landwirtschaft vorstelle. Beide Beispiele sind übrigens aus Betrieben die

  • keine staatliche Förderung erhalten
  • trotzdem gut oder sogar sehr gut Geld verdienen (während viele andere Bauern trotz staatlicher Förderung klagen, aus wirtschaftlichen Gründen aufgeben oder sogar Selbstmord begehen)
  • nur wenig oder fast keine Maschinen einsetzen
  • keinen Kunstdünger verwenden
  • keine Pestizide verwenden
  • keine oder nur noch sehr wenig Herbizide verwenden
  • nicht pflügen oder umgraben
Browns Farm

Gabe Browns Farm ist ein Großbetrieb mit über 2000 ha, von denen über 800 ha auch als Ackerland genutzt werden. Ich habe Gabe Brown und seine Farm bereits in Optimierung im Getreideanbau und Hochwasserschutz durch Integration der Mutterkuhhaltung und in verschiedenen anderen Artikeln erwähnt. Im Folgenden geht es um das Beispiel eines Maisfeldes von Gabe Brown:

Der Landwirt und Agrarwissenschaftler Dr. Allen Williams zeigte in seiner Präsentation Economic Benefits of Livestock Integration Into Croplands, bei der zweiten Southern Soil Health Conference (https://youtu.be/M19zkebz_Zk), unter anderem die folgenden Bilder von einem Feld von Gabe Brown. Man beachte den Baum hinten links im Bild:

Winterweide auf Gabe Browns Farm.
Quelle: Allen Williams | Day 2 | 2nd Annual SSHC ( Presentation’s Title: Economic Benefits of Livestock Integration Into Croplands ) https://youtu.be/M19zkebz_Zk

Winterweide auf Gabe Browns Farm.
Millet = Hirse: Anteil roher Proteine = 9 %, Anteil der gesamten verdaubaren Nährstoffe (TDN) = 50 %
Sorghum/Sudangras: Anteil roher Proteine = 12 %, Anteil der gesamten verdaubaren Nährstoffe (TDN) = 72 %
Quelle: Allen Williams | Day 2 | 2nd Annual SSHC ( Presentation’s Title: Economic Benefits of Livestock Integration Into Croplands ) https://youtu.be/M19zkebz_Zk

Winterweide auf Gabe Browns Farm.
Rauhaarige Wicke: Anteil roher Proteine = 18 %, Anteil der gesamten verdaubaren Nährstoffe (TDN) = 70 %
Quelle: Allen Williams | Day 2 | 2nd Annual SSHC ( Presentation’s Title: Economic Benefits of Livestock Integration Into Croplands ) https://youtu.be/M19zkebz_Zk

Winterweide auf Gabe Browns Farm.
Rettich: Anteil roher Proteine = 14 %, Anteil der gesamten verdaubaren Nährstoffe (TDN) = 70 %
Quelle: Allen Williams | Day 2 | 2nd Annual SSHC ( Presentation’s Title: Economic Benefits of Livestock Integration Into Croplands ) https://youtu.be/M19zkebz_Zk

Mais im Sommer nach der Winterbeweidung (Gabe Brown pflügt nicht, sondern sät per Direktsaat.)
Quelle: Allen Williams | Day 2 | 2nd Annual SSHC ( Presentation’s Title: Economic Benefits of Livestock Integration Into Croplands ) https://youtu.be/M19zkebz_Zk

Der Boden auf Gabe Browns Feld Lebendiger Mutterboden.

Gabe Browns Farm.
Vor Leben vibrierender Boden. Im August, bei 35 °C, wurden bei jedem Spatenstich bei allen Proben Regenwürmer gefunden.
Quelle: Allen Williams | Day 2 | 2nd Annual SSHC ( Presentation’s Title: Economic Benefits of Livestock Integration Into Croplands ) https://youtu.be/M19zkebz_Zk

Der Boden auf dem Feld von Gabe Browns konventionelle wirtschaftendem Nachbarn: Toter Mutterboden.

Auf dem Feld eines direkten Nachbarn von Gabe Browns Farm.
Toter Boden. Keine Würmer im Boden und kein sichtbare Leben auf dem Boden (Heuschrecken, Käfer usw.)
Quelle: Allen Williams | Day 2 | 2nd Annual SSHC ( Presentation’s Title: Economic Benefits of Livestock Integration Into Croplands ) https://youtu.be/M19zkebz_Zk

Vorteile von Gabe Browns Wirtschaftsweise:

  • Die auf die Felder treffende Sonnenenergie wird optimal genutzt. Man bedenke dabei, dass die Sonnenenergie in der Landwirtschaft nicht nur für das Wachstum der Wirtschaftspflanzen, sondern vor allem auch für die Ernährung von Mikroorganismen, Kleinlebewesen und Pilzen im Boden nötig ist. Diese werden nicht nur durch Rest abgestorbener Pflanzen versorgt, sondern vor allem auch durch Kohlenhydrate, die von den Wurzeln lebender Pflanzen abgegeben werden. Diese Mikroorganismen, Kleinlebewesen und Pilze wiederum arbeiten für die Bauern, indem sie für die Pflanzen nicht direkt zugängliche Nährstoffe aus dem Boden lösen, transportieren und für die Pflanzen verwertbar machen. Sie helfen auch die Widerstandsfähigkeit der Pflanzen und die Wasserspeicherkapazität des Bodens zu verbessern. Das alles  spart dem Bauern der sich auch um das Bodenleben kümmert, Kunstdünger und andere Agrarchemikalien. Auch Dürreschäden und andere Schäden durch Pflanzenkrankheiten und Schädlinge können so verringert werden.
  • Weil die Rinder bei Gabe Brown auf den mit vielfältigen Zwischenfruchtmischungen und Untersaaten eingesäten Feldern im Winter eine nahrhafte Weide haben, spart er Kosten für Heu und Silo, während gleichzeitig die Felder ganz ohne Maschineneinsatz, direkt von den Tieren gedüngt werden.
  • Durch die Integration von Weidetieren in den Anbau von Ackerfrüchten werden durch die Fleischproduktion, bzw. über den Verkauf der Tiere zusätzliche Einnahmen generiert.
  • Die Produktionskosten im Getreideanbau sind bei Gabe Brown wesentlich geringer als bei vielen anderen, konventionell wirtschaftenden Landwirten. Er erzielt daher noch Gewinne bei Marktpreisen, bei denen andere längst Verlust machen. Zu den Wirtschaftsdaten hat Gabe Brown vor allem auch in seiner Präsentation anlässlich des Feldtages auf Dave Brandts Farm, im Frühjahr 2017, einige Zahlen genannt: 2017 Dave Brandt Field Day – Gabe Brown

In Optimierung im Getreideanbau und Hochwasserschutz durch Integration der Mutterkuhhaltung hatte ich schon auf Gabe Browns Farm und seine Methoden hingewiesen. Dort finden sich auch verschiedene Daten zu Browns Betrieb. Die folgende Tabelle habe ich hier aus diesem Artikel übernommen:

Getreideerträge von Browns Farm im Vergleich
Ertrag auf Bowns Ranch [Bushel] Durschnittsertrag  im Landkreis (County) [Bushel] Browns Ranch über dem  Durchschnitt
Mais 127 98

30 %

Sommer Weizen 62 39 59 %
Hafer 112 62 81 %
Gerste 72 48 50 %

Obwohl Brown keinen Kunstdünger, keine Fungizide, keine Pestizide und nur noch sehr wenig bis selten Herbizide einsetzt, ist sein Maisertrag 30 % höher als beim Durchschnitt seines Landkreises. Man beachte hier, dass Browns Betrieb kontinentales Klima mit relativ wenig Niederschlägen und extrem kalten Wintern hat.

Zusätzlich zu den Kosteneinsparungen (Künstdünger, andere Agrarchemikalien, Diesel und Maschinenverschleiß für das Pflügen und Eggen) verdient Gabe Brown noch gutes Geld mit dem Verkauf von hochwertigem Rindfleisch. Wie er an einer Stelle in einem Vortrag gesagt hat, hat sich außerdem der Wildbestand auf seinem Betriebsgelände gefühlt mindestens verhundertfacht.

Die Bodenqualität auf Browns Farm ist heute sehr viel besser als bei den Betrieben seiner Nachbarn. Gegenüber dem konventionellen Biobauern in seiner Nachbarschaft ist der Unterschied erstaunlicher Weise besonders krass, wie der in Optimierung im Getreideanbau und Hochwasserschutz durch Integration der Mutterkuhhaltung gezeigte Betriebsvergleich zeigt. Aus diesem Artikel kopiere ich hier noch den Abschnitt über die Wasserinfiltrationsrate:

Entwicklung der Wasserinfiltrationsrate auf Browns Farm

Als Gabe Brown und seine Frau die Farm 1991 von seinen Schwiegereltern gekauft haben, hat man Bodenproben genommen und auch gemessen, wie schnell Wasser im Boden versickert. Damals betrug die Wasserinfiltrationsrate 1/2 Zoll, das sind 12,5 mm pro Stunde, oder 12,5 Liter Wasser pro qm und Stunde.

2015 betrug die Infiltratioinsgeschwindigkeit 15 Zoll pro Stunde ( 38,1 cm bzw. 381 Liter Wasser pro qm und Stunde).  Die Position  in dem anfangs eingebunden Vortag, DCED – 2016 Gabe Brown – What is Soil Health? von Gabe Brown ist  [1:01:23].  Die Wasserinfiltrationsrate hat sich also in ca. 25 Jahren  um das 30-Fache verbessert.  Einige Sekunden später in dem Vortrag zeigt er, wie die Infiltration gemessen wird und wie rasant ein Zoll Wasser, also 25 Liter pro Quadratmeter, versickern. Bei seinem Boden dauert das heute nur noch 9 Sekunden. Zwei Zoll, also insgesamt 50 Liter Niederschlag pro Quadratmeter, versickert in nur 16 Sekunden. Demnach würde ein Sturzregen von 50 Litern in nur 25 Sekunden problemlos aufgenommen. Die bei den Browns auch auf den Getreidefeldern vorhandene Deckung des Bodens mit organischem Material würde den Aufschlag der Regentropfen zudem dämpfen. Die Fließgewässer in der Umgebung würden weder durch eine plötzlich abfließende Wassermenge noch durch damit weg gespülte Nährstoffe belastet.

Für die Ranch der Browns ist dabei von besonderer Wichtigkeit, dass der durchschnittliche Niederschlag nur ca. 400 mm pro Jahr beträgt. Durch die gute Bodenqualität wird so gut wie immer der gesamte Niederschlag auf dem Boden der Ranch gehalten, was Verluste durch Dürreschäden reduziert.

Die Singing Frogs Farm

Die Singing Frogs Farm ist ein Kleinbetrieb einer deutschstämmigen Familie bei Sebastopol, nördlich von San Francisco. Die Familie Paul und Elizabeth Kaiser,  haben ca. 4,5 ha, von denen sie nur etwa 1,4 ha bewirtschaften. Damit beschäftigen sie 4 Vollzeitangestellte und erwirtschaften einen ziemlich extremen Umsatz. Ich habe diese Farm im November 2015 besichtigt und auch schon mehrfach etwas darüber geschrieben. Ein umfassender, ins Deutsche übersetzter  Artikel für diese kleine Hochleistungsfarm ist Der mit der Dürre tanzt. Zu den erstaunlichen Daten dieser kleinen Farm gehört auch, dass sie sich die Singvogelpopulation nach Meinung des dort Nistkästen aufhängenden Vogelwartes verdreifacht hat.

Ein englischer Sprache auf Youtube verfügbar und sehr empfehlenswert sind mindestens die beiden folgenden Präsentationen:

Eine Suche mit “Singing Frogs Farm Kaiser” listet außerdem einige Interviews und andere Beiträge.

Die Singing Frogs Farm ist, genauso wie Gabe Browns Farm, ein ohne Subventionen auskommender wirklich intensive, hochmoderne Landwirtschaft betreibender und dabei ökologisch UND ökonomisch arbeitender Betrieb.

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Kelberg, den 13. Mai 2018

Christoph Becker

 

 

 




Abschlussvortrag der Grassfed Exchange 2016

Die Grassfed Exchange (GFE)  ist eine gemeinnützige Organisation ehrenamtlicher Rancher und Unterstützer, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Wissen und Informationen über regenerative Weidetierhaltung zu vermitteln und auszutauschen.

Im Folgenden möchte ich den Abschlussvortrag der jährlichen Fortbildungsveranstaltung der GFE im Jahre 2016 von Dr. Allen Williams, in der Form einer überarbeiteten und mit den meisten beim Vortrag verwendeten Bildern und ins Deutsche übersetzten Folien versehenen Mitschrift wiedergeben.

Die jeweils passende Position der auf Youtube verfügbaren Version wird in [mm:ss] wiedergegeben.

Hauptsächlich zeigt der  Vortrag, was mit intelligenter Weidewirtschaft heute möglich ist. Das Hauptbeispiel ist dabei eine im Jahre 2010 erworbene Farm mit vorher durch Monokulturen völlig abgelandwirtschaftetem Boden. Dr. Williams hatte diese Farm zusammen mit einem Kollegen erworben, um einen vom 1. Tag an dokumentierten Versuch zur Landregeneration durchzuführen. Der Vortrag dokumentiert hauptsächlich den Verlauf und auch das beeindruckende Ergebnis des Versuches.  Durch geschicktes Weidemanagement, mit einer Mutterkuhherde als wichtigstem Werkzeug und mit sehr geringem Maschineneinsatz wurde eine verblüffende Verbesserung des Bodens, des Ertrages, der Pflanzenwelt, des Wildbestandes, des Wasserhaushaltes und des Starkregenschutzes, der Bienenfreundlichkeit erzielt UND eine Sequestrierung von über  250 Tonnen CO2  pro Hektar  in nur 5 Jahren erreicht.

Gegen Ende wird noch kurz ein anderes Beispiel mit der in nur einem Jahr möglichen Verbesserung gezeigt. Am Schluss wird dann ein Vergleich der Böden der Farm des im Hauptteil des Vortrages geschilderten Versuches mit zwei seit über 30 bzw. über 50 Jahren konventionell bewirtschafteten Betrieben gezeigt, wobei Bodenproben mit 90 cm Tiefe in 6 Schichten untersucht wurden. Damit wird dann auch die Tiefenwirkung der Weidemethode und das Potential von intelligent gemanagten Rinderherden als Werkzeug zur Kohlendioxidsequestrierung erkennbar.

Der Originalvortrag:  GFE 2016 – Dr. Allen Williams “Growing Soil the Southern Way”

Nach einer kurzen  Einleitung  ab [1:24]  erzählt Dr. Williams kurz die Geschichte der Westwärtswanderung der europäischen Siedler.  Nach dem amerikanischen Bürgerkrieg hatte die Regierung Gesetze erlassen, um die Besiedlung des Landes westlich des Mississippi rechtlich zu erleichtern. Ein Grund für die Massenmigration nach Westen war, dass man in den paar Jahrhunderten  seit dem Beginn der Besiedlung Nordamerikas, östlich des Mississippi die einst fruchtbaren Böden durch landwirtschaftliche Nutzung,  insbesondere auch mit Monokulturen  abgelandwirtschaftet hatte. In den Präriegebieten westlich des Mississippi fanden die Siedler ein sagenhaft dynamisches, fruchtbares Gebiet mit vielfältigen und komplexen Leben vor. Davon abgesehen, dass sie keine Düngemittel hatten, konnten sie in den ersten Jahren auch ohne Dünger, Kalk, Pestizide, Herbizide, Fungizide und allem, was man sonst heute als zur Landwirtschaft gehörend betrachtet, sehr gute Ernten erzielen. Aber nach nur wenigen Jahren der Bearbeitung des Mutterbodens mit dem Pflug, in einer Zeitspanne von nur 50-60 Jahren, hat man es geschafft, das vorher über Jahrtausende stabile Ökosystem und die Fruchtbarkeit seiner Böden zu ruinieren und die große amerikanische Staubschüssel (Dust Bowel) zu verursachen.
Die Ursache dieser Schäden war nicht irgendein Phänomen eines Klimawandels, sondern die landwirtschaftliche Nutzung.(( siehe auch „Plowman’s Folly“ (dt: Die Torheit des Plügenden) von Edward H. Faulkner, das ich in Die Torheit der Pflügenden und die Geschichte vorgestellt hatte.)) Wenige Jahrzehnte reichten also aus, um sehr fruchtbare Mutterböden zu zerstören. Dr. Williams gute Nachricht zum Abschluss der Konferenz: Man kann diesen Prozess umkehren und man kann das sehr viel schneller als man bisher gedacht hat.

[5:08]

Die Methode, die und deren Wirksamkeit er dann vorstellt, bezeichnet er als adaptives Beweiden mit vielen Koppeln und hoher bis sehr hoher Tierdichte. Bei richtiger Nutzung sei dies ein absolut erstaunliches Werkzeug. Dabei weist er darauf hin, dass das Wort “adaptiv” von zentraler Bedeutung ist. Wenn man irgendetwas nehme und daraus ein starres System mache, dann würde man genau in diesem Moment einen entscheidenden Fehler machen, für den man nicht nur Jahre, sondern Jahrzehnte bezahlen werde. Es dreht sich also alles um Anpassungsfähigkeit und darum, dass man in hohem Maße in der Lage ist, zu beobachten und zu verstehen, was in der Natur vor sich geht und darauf entsprechend zu reagieren. Dr. Williams hat zu diesem Aspekt im Januar 2016, in der Zeitschrift Graze den online verfügbaren Artikel Shake up your grazing! – The ‘principle of disruption can keep your pastures improving (dt. Mische deine Beweidung auf! – Das Prinzip der Diskontinuität kann dafür sorgen, dass sich Deine Weiden weiter verbessern) veröffentlicht.

[6:32]

Fallstudie Missisippi Farm

[6:38] Dr. Williams und sein Kollege, die beide schon seit vielen Jahren überall in Nordamerika als Berater tätig waren, hatten nach einer Möglichkeit gesucht, einen Fall vom ersten Tag an umfassend wissenschaftlich zu dokumentieren. Zu diesem Zweck haben sie im Herbst 2010 eine Farm im Nordosten des Bundesstaates Mississippi gekauft. Die Farm hat eine Größe von ziemlich genau 1000 Acres, das sind ca. 404 ha. [7:07,8]

Das Land in dieser Gegend wurde seit etwa 150 Jahren landwirtschaftlich genutzt, wobei insbesondere Baumwollmonokulturen üblich waren. Der Zustand des Bodens der Farm war sehr schlecht. Hier die Daten:

  • Organische Masse im Mutterboden – 1,3 % bis 1,6 %
  • Wasserinfiltrationsrate – <  12,7 mm / Stunde
  • Pflanzen Brixwert – 2 %
  • Hauptfutter Pflanzenarten – 3-4
  • Besatzdichte –  ca. 1 Großvieheinheit / 2,4 ha

Die Messung der organischen Masse im Mutterboden wurde an verschiedenen Stellen des Geländes durchgeführt und das Ergebnis schwankte zwischen 1,3 % und 1,6 %. [8:12,5] Die Wasserinfiltrationsrate betrug weniger als einen halben Zoll pro Stunde (= 12,7 mm pro Stunde = 12,7 Liter/qm/h). Bei Regenschauern lief also so gut wie alles Wasser ab und der Boden sah schlammig aus. Der Brixwert der Pflanzen((Man kann diesen mit einem Refraktometer ziemlich leicht und preiswert selbst messen. Beim Kauf achte man auf den Messbereich. Ein Instrument mit 0 bis 30 % ist für Gras, Gemüse und Obst passend)) betrug etwa 2 %, was zu wenig ist, um ohne massive Zufütterung irgend eine Gewichtszunahme oder Leistung bei Rindern zu erzielen. Sie ließen Mitarbeiter des NRCS des Bundesstaates Mississippi kommen. Diese zählten auf der Farm nur 3 bis 4 Hauptfutter-Pflanzenarten. Die Besatzdichte (Stocking Rate)  betrug etwa sechs Acres pro AU ((Animal Unit = amerikanischen Großvieheinheit = 1 Kuh von 453 kg plus Kalb)) , das sind etwa eine Großvieheinheit auf 2,4 ha. In Mississippi ist dies ein sehr schlechter Wert. [9:20]

Implementierte Strategie
  • Ballen-Weiden im 1. Winter
  • Hohe Besatzdichte je aktueller Koppel / Kurze Beweidungsdauer
  • Lange Ruheperioden
  • Strategische Einsatz von mikrobiellem Quorum Sensing

Da sie die Farmen im Herbst gekauft hatten, hatten sie kein Futter. Deshalb haben sie im ersten Winter Ballen-Weiden, also das Füttern mit Heuballen auf der Weide, angewendet. Siehe dazu auch meinen Blogbeitrag Der Rundballen-Abwickel-Anhänger. Sie haben das hauptsächlich getan, um organisches Material auf den Boden zu bekommen und um das Bodenleben etwas zu stimulieren (Alternativ hätten sie das Land einfach weiter brach liegen lassen können). In der ersten Weidesaison haben sie dann mit hoher Tierdichte, kurzer Beweidungs- und anschließenden langen Ruhezeiten beweidet. Außerdem haben sie mikrobielle Stimulation mithilfe von Quorum sensing (( Darüber,  wie Ouorum sensing in der Landwirtschaft praktisch durchgeführt wird, habe ich bisher (11.6.2017,) noch nichts gefunden )) strategisch eingesetzt.

Zustand in der 1. Weidesaison

[9:57] Dies ist das erste Frühjahr. Die Gruppe der Kühe, die damals eingesetzt wurden ist dieselbe, die heute noch da ist. Es wurden keine Kühe weggenommen. Seit der Aufnahme des Betriebes im Jahre 2010 wurden nur Rinder hinzugefügt. Die Kühe waren nicht gewohnt, das zu fressen, was sie auf diesen Bildern fressen. sie waren nicht darauf trainiert, es zu fressen. Sie waren sehr viel bessere Weiden gewöhnt. Außerdem waren sie tragend und auf dem Weg, in jenem Frühjahr zu kalben. Was man auf den Bildern sieht ist, dass die Kühe Felder voll mit Unkraut abweiden. Die Umwelt in Mississippi ist für das Wachstum von Unkräutern und Büschen sehr gut geeignet. [11:25]

Und so sahen die Koppeln aus, nachdem die Tiere sie verlassen hatten:Indem man eine wettbewerbsorientierte Umgebung für die Rinder geschaffen hatte, um ihr Weideverhalten damit zu verändern, wurden sie in der Tat sehr wettbewerbsorientiert und lernten sehr schnell, Unkräuter zu fressen – wenn sie überleben wollten. Auf dem Bild sieht man Halme und Stängel von zwei Unkrautarten, bei denen die Rinder alle Blätter abgefressen haben. Dr. Williams hatte viele Nachbarn, die ihm sagten, dass diese Rinder vor Hunger sterben würden, und was sie (er uns ein Kollege) wohl tun würden, wenn die Tiere kalben und die Kälber säugen würden.
Was sie aber feststellten war, dass die Tiere, obwohl sie die Kälber säugten, sogar an Gewicht zunahmen und dass die körperliche Kondition der Tiere besser wurde. Sie führten Pflanzengewebeuntersuchungen und viele Brixwert Messungen durch und stellten fest, dass die Pflanzen sehr nährstoffhaltig waren. Wie erklärte sich das? Die Unkräuter hatten sehr viel tiefere Wurzeln als die Monokulturen, die vorher dort angebaut wurden. Die Monokulturen hatten die oberste Bodenschicht ausgelaugt, aber darunter lag ein reicher Schatz an Mineralien, den die Monokulturen nicht erreichen konnten. Nach dem Verschwinden der als Monokultur angebauten Nutzpflanzen füllten die Unkräuter die Lücke und holten mit ihren tief in den Boden reichenden Wurzeln die Mineralien, die dort unten noch immer existierten, nach oben.

Zustand in der 2. Weidesaison

Dies ist der Zustand in der zweiten Weidesaison [13:26]:

Es sind noch immer viele Unkräuter vorhanden. Aber sehr viel mehr Futterpflanzen die ins Spiel kamen. Es gab keine mechanische Intervention, keine chemische Intervention und es wurden auch keine Futterpflanzen gepflanzt. Alles, was man hier sieht, wurde durch die Samenbank und die Stimulation erzielt, die man durch das attraktive Beweiden mit hoher Besatzdichte hatte. Das Ballen-Weiden im ersten Winter dürfte dabei auch eine Rolle gespielt haben.

Zustand in der 3. und 4. Weidesaison

Dies ist das 3. Jahr [14:10]:Und das ist das Land im 4. Jahr:

Man kann wieder sehen, dass mit sehr geringem Aufwand und dem Einsatz der Mutterkuhherde als dem hauptsächlichen Werkzeug in jedem weiteren Jahr neues, besseres und sehr viel produktiveres Wachstum erzielt werden konnte. [14:53]

Das Ergebnis am Ende des 4. Jahres

Hier ist das Ergebnis am Ende dieser Periode

Fortschritt

  • organisches Material im Mutterboden – 5,2 % bis 5,6 %
  • Futterpflanzenarten – 43, einschließlich der ursprünglichen.
  • Brixwert der Pflanzen – Durchschnitt 15 – 22 %
  • Wasserinfiltration – mehr als 25,4 cm/h (254 L/qm/h)
  • Besatzdichte – 1 Großvieheinheit / 0,61 ha = ca 1,64 GVE / ha
  • signifikante Zunahme bei Regenwürmern, im Boden lebenden Insekten, bestäubenden Insekten und Wildtieren

Der Gehalt an organischem Material im Boden stieg von 1,3-1,6 % am Anfang auf einen Mittelwert von 5,2-5,6 %. Für die Ermittlung der Futterpflanzenarten wurde wieder das Personal des NRCS um Hilfe gebeten. Hier war ein Anstieg von 3-4 auf nun 43 Arten zu verzeichnen, worunter viele einheimische Arten waren. Noch wichtiger war das der Brixwert der Pflanzen von einem Mittelwert von 2 % auf ein Mittelwert von 15-22 % angestiegen war. Das alleine erhöhte die Leistung der Tiere signifikant. Das Schöne an der Sache war, dass die Tiere durch den mit dem höheren Brixwert einhergehende höheren Nährstoffgehalt nicht nur individuell eine höhere Leistung zeigten, sondern insgesamt auch weniger Bisse an Trockenmasse beim Wiederkäuen verarbeiten mussten, um dieselbe Nährstoffmenge zu verarbeiten.
Die Wasserinfiltrationsrate stieg von weniger als 12,7 l/Quadratmeter und Stunde auf mehr als 254 l/Quadratmeter und Stunde. Damit konnte nun der allergrößte Teil des Regens auf dem Grundstück gehalten werden, während der Niederschlag anfangs Weg floss. Die Besatzdichte stieg um das Vierfache, von 6 Acres / AU auf 1,5 Acres / AU (ca. 2,4 ha / GVE auf 0,6 ha / GVE oder eben 0,4 GVE / ha auf 1,6 GVE /ha). Damit wäre dieser Versuch in Deutschland auf staatlich subventionierten Flächen NICHT bis zum Ende durchführbar gewesen, da hier derzeit nur maximal 1,2 GVE/ha erlaubt sind.
Zusätzlich wurde eine erhebliche Zunahme an Regenwürmern, im Boden lebenden Insekten, Blüten besteuernden Insekten und Wildtieren registriert. All das explodierte regelrecht als Folge der Verbesserung des Bodens und der Pflanzenvielfalt und Komplexität. [16:43.7]Dr. Williams bestätigt hier noch einmal, was Ray Archuletta und Dr. Fred Provenza in ihren Vorträgen bei der GFE 2016 gesagt haben, nämlich, dass er und sein Kollege auch festgestellt haben und bestätigen können, dass Pflanzenvielfalt und Komplexität der Schlüssel für die Leistung der Tiere, die Gesundheit der Tiere und alles andere sei.[17:26.4]

Wenn man Vielfalt und Komplexität über der Erdoberfläche hat, dann hat man sie auch unter der Erdoberfläche. Warum ist das wichtig?

Wo lebt und funktioniert die Mehrheit der Mikroorganismen im Mutterboden?

Sie leben und funktionieren in der Wurzelzone, also da wo die Wurzeln wachsen. Wo keine Wurzeln wachsen, da wachsen auch keine oder fast keine Bakterien.

Pflanzenvielfalt ist für eine gute Weide typisch

Hier ist die gewünschte Mischung, die ein Ziel des Managements ist.  Auf jeder Weide  wollen wir statt Monokulturen eine Mischung aus Leguminosen,  Kräutern und Gräsern [18:09]. So soll eine Weide aussehen:

Wenn man eine solche Mischung erreichen will heißt das, dass man keine Herbizide anwenden darf und einige Dinge nicht tun kann, die als typisches Management betrachtet werden.

Auf jeder Weide sollte man eine Vielzahl verschiedener Gräser, verschiedener Leguminosen und verschiedener Kräuter finden können. Das schafft eine gedeihliche Umgebung und dies sorgt nicht nur für die primären Nährstoffe, sondern auch für die kritischen sekundären Nährstoffbestandteile. Das gestattet es den Tieren, die Auswahl zu treffen, die sie benötigen, um sich selbst zu heilen und um Leistung zu erbringen.
[18:58]

Viehtränken

Etwas anderes, was sie auch machten war, dass sie die Rinder aus den Teichen und Seen heraushielten. Sie bauten dazu Rampen, sodass die Tiere Zugang zum Wasser hatten. Sie legten Geo-Textil-Matten aus und darüber legten sie Steine um einen festen Untergrund zu haben. Um die Tränken herum grenzten sie diese mit Zaunpfählen und Elektrozaun-Kunststofflitze, wie auf dem Bild zu sehen ist ab, sodass die Tiere zwar trinken, aber nicht weiter in die Teiche hineingehen und sie verschlammen konnten. Sie legten außerdem Leitungen von den Erhebungen hinunter, sodass nur durch die Schwerkraft Wasser zu Trögen fließen konnte. Dadurch konnten sie die Zahl der Tränken wesentlich steigern, und damit das Land zu Beweidung besser in Koppeln unterteilen.[19:37]

Vorratsweiden für die Winterfütterung

Sie lagerten (engl. stockpiled) sowohl wärmeliebende als auch kälteliebende mehrjährige Pflanzen ohne zu mähen. Sowohl die wärmeliebenden als auch die kälteliebenden, der gelagerten Pflanzen wurden während der Wintermonate abgeweidet. Das folgende Bild zeigt eine Mutterkuhherde im Januar 2016 auf dem Weg zu einer frischen Vorratsweide bei der es sich in diesem Fall um mehrjährige, wärmeliebende Pflanzen handelte [19:53.4]:

Zu dem Thema Vorratsweide gibt es insbesondere von Jim Gerrish das Buch Kick the Hay Habbit. Auch findet man zu diesem Thema auf Youtube einige Vorträge. Diese Verfahren dürfte auch in Deutschland funktionieren. Es erfordert habe einige Planung. Es ist eine Möglichkeit, insbesondere den Maschineneinsatz und die Treibstoffverbrauch massiv zu senken.

Technische Ausrüstung/Maschineneinsatz

Das folgende Bild zeigt die Zaunbauausrüstung. Dieser Polaris Ranger (ein UTV) ist (abgesehen von  Elektrozaungeräten und Zäunen) die einzige Maschine, die täglich genutzt wurde. Darüber hinaus wurde weder ein Traktor noch ein LKW oder eine andere große Maschine für diesen über 400 ha großen Betrieb täglich genutzt.[20:04]. Der Betrieb ist daher auch auf diese Weise  sehr effizient und kostengünstig:

Eine weitere Farm

[20:28] Das folgende Beispiel soll dazu dienen zu zeigen, welcher Fortschritt hier in nur einem einzigen Jahr gemacht wurde.

Pompey’s Rest Farm

  • Vom Mutterbodenzerstörer zum Mutterbodenaufbauer
  • Präsentation Dez. 2015, National Grazing Lands Coalition (früher Grazing Lands Conservation Initiative (GLCI))
  • zeigt was in nur einem Jahr erreicht werden konnte.

Don Jackson, ein Kunde von Dr. Williams, dessen Farm im Norden von South Carolina liegt, hatte bei der Konferenz der National Grazing Lands Coalition im Dezember 2015 in Texas, den folgenden Fall in seiner Präsentation Vom Mutterbodenzerstörer zum Mutterbodenaufbauer gezeigt [21:07]:

Er ist auf dieser Farm aufgewachsen, er ist in seinen Sechzigern, und er hat gesagt, so wie auf dem Bild oben habe es immer ausgesehen. Sie haben das Land immer kontinuierlich beweidet, das heißt, die Tiere waren das ganze Jahr über auf ein und derselben großen Fläche. Sie haben im Winter immer sehr viel Heu gefüttert. In vielen Jahren, wenn sie einen trockenen Sommer hatten, haben Sie schon im August oder September angefangen Heu zu füttern. Also so haben die Weiden ausgesehen. Man sah oxidierte Kuhfladen, die auf dem Boden gefallen sind und die dann eine großartige Umwelt für das Wachstum aller möglichen Unkräuter gebildet haben. Aber nach nur einer einzigen Saison mit adaptiver Beweidung, ohne dass die Größe der Herde vermindert wurde, hat man die auf dem folgenden Bild gezeigte Verbesserung gesehen. Alles, was man getan hat war, das Beweidungssystem zu verändern und alles, was man dazu benutzt hat, war einfacher Elektrozaun mit Kunststofflitze und schnell in den Boden eintretbaren Elektrozaunpfählen. Hier ist das Resultat:

Don Jackson erzählte Dr. Allen Williams, dass er in mehr als 50 Jahren die er auf dieser Farm gelebt habe nie so viel Gras gesehen habe, wie nach dieser einen Weidesaison mit adaptiver Beweidung. Und nun fängt er an, die Herde zu vergrößern.

Eine Weidemangementsoftware

Dies ist eines der Werkzeuge, das sie bei der Betreuung ihrer Kunden benutzen:

[22:39]

Spielen die  Weidestrategie und Methodologie eine Rolle?

Sie haben im Herbst 2014 drei benachbarte Farmen in Mississippi untersucht. Sie nahmen die eingangs beschriebene, im Herbst 2010 erworbene Farm, wo Adaptives Beweiden für nur 5 Jahre angewendet wurde.  Ich komme von Herbst 2010 bis Herbst 2014 nur auf 4 Jahre. Irgendwo liegt ein Versehen vor, was hier aber nicht wirklich relevant ist. Williams betont dann aber noch einmal, dass es “nur” 5 Jahre waren.

Die zweite Farm, deren Böden überprüft wurden, hatte langsames Rotieren angewendet. D.h., dort wurden die Tiere alle 2 bis 3 Wochen auf eine andere Weide getrieben. Dies wurde dort seit über 50 Jahren so gemacht.

Die dritte Farm, deren Böden überprüft wurden,  hatte seit 30 Jahren kontinuierliches Beweiden angewendet. Dort waren die Tiere also das ganze Jahr über auf einer einzigen großen Weide gehalten.

Alle drei Farmen hatten einen sehr ähnlichen Bodentyp und lagen in derselben Gegend.

Daten über den Kohlenstoffgehalt des Bodens

  • Herbst 2014
  • Farmbeschreibungen
    • (ABhB) Adaptives Beweiden mit hoher Besatzdichte seit 5 Jahren
    • Konventionelles Weidemanagment auf hohem Niveau, seit über 50 Jahren (alle 2 – 3 Wochen eine andere Koppel).
    • Konventionelles Weidemanagment auf niedrigem Niveau, seit über 30 Jahren (nur eine einzige Koppel das ganze Jahr über).
    • Gleicher Bodentyp und gleich Gegend für alle 3 Farmen.

Vorgehen bei der Prüfung:

  • Sie gruben auf jeder Farm an zufällig ausgewählten Stellen mit der selben Topographie Löcher.
  • Jedes Loch war 3 Fuß tief und 3 Fuß im Quadrat (= 91,4 cm)
  • Bodenproben alle 6 Zoll ( = 15,2 cm), was 6 Ebenen ergab
  • Wurzelwachstum und Struktur wurden notiert
  • Bodenleben, Textur und Aggregierung wurden notiert

Kohlenstoffgehalt im Boden, in Prozent

Tiefenzonen in cm Adaptives Beweiden mit hoher Besatzdichte Konventionele Beweidung m. Wechsel alle 2 bis 3 Wochen Konventionelle Beweidung, immer gleicher Weide
0-15 4,67 1,64 1,36
15-30 4,00 1,88 1,37
30-45 2,95 1,03 0,40
45-60 2,04 1,02 0,54
60-75 1,71 0,38 0,40
75-90 1,42 0,41 0,34

Man beachte, dass hier die relative Abweichung innerhalb einer Ebene im Bereich von 30 bis 60 cm Tiefe besonders hoch ist. In 30 bis 45 cm Tiefe bringt das Adaptive Beweiden hier gegenüber dem Wechsel alle 2 bis 3 Wochen eine Steigerung von über 280 %. Gegenüber der ganzjährigen, konventionellen Beweidung betrug die Steigerung in dieser Tiefe sogar über 700 %. Vergleiche diese mit dem in meinem Blogbeitrag Gleicher Boden, verschiedenes Management, wo ein Beispiel aus Australien gezeigt wurde. Allerdings beziehen sich die Zahlen auf der Tabelle oben nur auf den Kohlenstoffgehalt. Der Gehalt an organischem Material ist in der folgenden Tabelle wiedergegeben:

Organisches Material  im Boden, in Prozent

Tiefenzonen in cm Adaptives Beweiden mit hoher Besatzdichte Konventionele Beweidung m. Wechsel alle 2 bis 3 Wochen Konventionelle Beweidung, immer gleicher Weide
0-15 4,26 3,28 2,72
15-30 3,22 3,76 2,74
30-45 3,10 2,06 0,80
45-60 2,98 2,04 1,08
60-75 2,80 0,76 0,80
75-90 1,98 0,82 0,68

Schließlich die Fähigkeit Kohlenstoff im Boden einzulagern.

Fähigkeit Kohlenstoff im Boden zu speichern

 Farm Beschreibung  Kohlenstoff (Tonnen / qm) Kohlenstoff (Tonnen/ha)  Kohlenstoff (Tonnen C02 Äquivalent)
 Adaptives Beweiden m. hoher Besatzdichte, seit 5 Jahren  12,49  126,9  465,3
 Konventionell, Wechsel alle 2 – 3 Wochen, seit > 50 Jahren  7,09  70,09  257,0
 Konventionell, immer gleiche Weide, seit > 30 Jahren  5,47 54,7  200,6

Adaptives Beweiden mit hoher Besatzdichte brachte demnach einen Unterschied von ca 208  bzw. 264 Tonnen Kohlendioxid, die pro Hektar nach nur 5 Jahren mehr an CO2 im Boden eingelagert waren.  Dabei ist allerdings die Anfangssituation nicht gemessen worden. Diese war aber sehr schlecht. Wenn man davon ausgeht, dass die Anfangssituation dem Zustand auf der Vergleichsfarm mit kontinuierlicher Beweidung entsprochen hat, dann hätten 5 Jahre adaptives Beweiden mit hoher Tierdichte eine Kohlendioxidsequestrierung von 265 Tonnen pro Hektar gebracht, was ungefähr soviel ist, wie 25 Einwohner Deutschlands zusammen in einem Jahr an Kohlendioxid ausstoßen. Angesichts der ca. 400 ha Gesamtgröße der Farm, hat dieses Experiment mit sehr geringem technischen und energetischem Aufwand die Sequestrierung von mehr als einhunderttausend Tonnen CO2 realisiert. Die positive Wirkung auf die Umwelt war aber noch viel größer, weil die bei einer weiteren Nutzung als Monokultur anfallenden  Nitrate (Trinkwasser!) und Stickoxide (Treibhausgas!) vermieden wurden. Außerdem leistet die Farm durch die drastisch gesteigerte Versickerungsrate nun einen Beitrag zum Starkregenschutz und Hochwasserschutz:  Wenn zum Beispiel bei einem Starkregenereignis auf der Gesamtfläche von 400 ha die Versickerungsrate um 25 Liter pro qm überschritten würde, aber nun wegen der größeren Versickerungsrate aufgefangen werden, dann wären das z.B. 100 Tsd. Qubikmeter Wasser. Wasser, das nun keine Bodenerosion mehr verursachen und keine Feuerwehreinsätze auslösen würde, sondern das nun für Trockenperioden gespeichert und sinnvoll genutzt würde. Über größere Flächen kann so etwas das lokale Klima und die lokalen Niederschlagsmengen insgesamt positiv beeinflussen. Wasser, das nicht gleich wieder zurück in das Meer fließt, sondern das lokal im Land gespeichert bleibt, kann auch dort wieder verdunsten und so lokal zu Taubildung, Wolkenbildung und Niederschlägen beitragen. Bei gleicher Niederschlagsmenge muss dann weniger vom weiter entfernten Meer herantransportiert werden. Wenn vom Meer her gleichbleibend viel Niederschlag kommt, erhöht dieser lokale Effekt die Gesamtniederschlagsmenge. Vor diesen Hintergründen wird Allan Savorys Konzept, das er in seinem TED-Talk Die Wüste begrünen und den Klimawandel umkehren  vorgestellt hat  und von dem  ich hier die Seite mit dem deutschen Transkript verlinkt habe, verständlicher.

Andere Nebeneffekte der oben beschriebenen Möglichkeit der Regeneration der Böden und des Weidelandes durch intelligentes Weidemanagment sind  der höhere jagdliche Nutzwert und der höhere Nutzwert als Bienenweide.

Kelberg, den 11. Juni 2017

Christoph Becker




Bodenerosion durch Starkregen in Weinbergen

Als Ergänzung zu meinem Artikel Starkregen und Sturzfluten möchte ich auf Bilder und Nachrichten über ein Starkregenereignis hinweisen, das am Montag dem 30. Mai 2017 Teile der Eifel und der Obermosel heimgesucht hat. Dazu ein Beispiel aus einem anderen Weinbaugebiet.

Hier zunächst der Link auf den Artikel auf der Internetseite des Trierischen Volksfreund vom 30. Mai 2017: Heftiges Gewitter entlädt sich über Nordeifel und Obermosel. Da die Formulierung von Teilen (“aktuell”) der Linkadresse vermuten lässt, dass der Link nur begrenzte  Zeit aktiv ist, habe ich einige Bilder über die Erosionsschäden daraus kopiert und zeige diese am  Ende dieses Beitrags. Zunächst zitiere ich aus dem oben verlinkten Artikel:

Laut der Ortsgemeinde Nittel fielen innerhalb 20 Minuten mehr als 18 Liter Regen pro Quadratmeter. Das zeigt eine Messstation in den Weinbergen oberhalb des Ortes. Der trockene Boden konnte die Wassermassen nicht mehr auffangen. Der Regen floss schließlich nur oberirdisch ab. Tiefe Rinnsale zogen sich durch die Weinberge. Schlamm und Geröll setzten sich in Bewegung und bedeckten nach kurzer Zeit die landwirtschaftlichen Wege zwischen den Weinreben kniehoch. Mit mehreren Traktoren wurden die Wege frei gemacht.
Schließlich ergoss sich eine Schlamm-Wasser Lawine über die L 135 hinunter über die B 419 Richtung Mosel. Die Straßen wurden unpassierbar und mussten teilweise gesperrt werden. Die Einsatzkräfte hatten alle Hände voll zu tun. Mit Schaufeln und Besen wurden die Fahrbahnen wieder frei gemacht, die Bundesstraße wurde einseitig gesperrt. Die Landstraße musste komplett über mehrere Stunden voll gesperrt werden. Mit Traktoren wurden auch hier Schlamm und Geröll abtransportiert.

Nur 18 Liter/qm  in 20 Minuten, das entspricht 54 mm pro Stunde. Wie ich in  Starkregen und Sturzfluten  geschrieben hatte, konnte z.B. Gabe Brown durch sein Bodenmanagement auf seinem Ackerland die Versickerungsrate von nur 12,5 mm pro Stunde im Jahre 1991 auf 203 mm im Jahre 2010 verbessern. Das wären in 20 Minuten immer noch mehr als 67 mm, das ist mehr als Dreifache dessen, was jetzt an der Obermosel niedergegangen ist und die Schäden verursacht hat, die  den Anlass für den Artikel im Trierischen Volksfreund gegeben habe. (Nachtrag: In seiner Präsentation beim Soil Health Field Day 2017, auf der Farm von Dave Brandt, im April 2017, hat Gabe Brown erwähnt, dass bei der letzten Messung der Versickerungsrate, im Jahr 2010, für den ersten Zoll (25,4 Liter Regen pro Quadratmeter) nur 9 Sekunden benötigt wurden. Der Link auf Youtube führ zu der Stelle wo das mit den 9 Sekunden gezeigt und gesagt wird.)

Das Starkregenereignis an der Obermosel hätte auf Gabe Browns Ackerland noch nicht einmal eine Pfütze verursacht, sondern würde einfach so im Boden versickern. Damit würde aber auch die gesamte Niederschlagsmenge in seinem Boden gespeichert worden sein und würde dazu beitragen, das Wachstum der Pflanzen zu verbessern, wenn das Wetter wieder trocken ist. Es wäre sogar noch besser gekommen: Wenn oberhalb eines Weinberges mit wirklich gut gemanagtem Boden ein Stück Land mit weniger aufnahmefähigem Boden gewesen wäre, hätte man bei einer Bodenqualität wie sie Gabe Brown heute hat, sogar noch Wasser von diesem Nachbarn bekommen und speichern können.

Nachdem ich Starkregen und Sturzfluten  geschrieben hatte, habe ich mir einige Vorträge zur Singing Frogs Farm des Ehepaars Elizabeth und Paul Kaiser auf Youtube angesehen. Die Farm der Kaisers liegt mitten in einem bekannten Weinbaugebiet, dem Sonoma County.

In einem Vortrag im Jahre 2014 berichtete Paul Kaiser von folgendem Beispiel: Am 22. Oktober 2010 kam der erste Regen nach einer von Februar bis Oktober dauernden Trockenperiode und es war ein Hammer: 279 Liter pro Quadratmeter  in 36 Stunden. Ein zertifizierter Bio-Betrieb in der unmittelbaren Nähe der Singing Frogs Farm hatte als Folge dieses Starkregenereignisses 100 % Ernteverlust. Die weniger als 300 Meter entfernte Singing Frogs Farm, hatte mit demselben Boden und denselben Gemüsesorten keinerlei Ausfälle. (Quelle:  2014 Quivira Conference, Paul Kaiser, etwa ab Minute 42) Der Unterschied war das Bodenmanagement.

Bei  bei einem Ausflug an die Mosel am vorigen Wochenende, habe ich beim Blick auf die Weinberge noch über die Naivität vieler Winzer  gestaunt und mir überlegt, wie dort ein Starkregenereignis wüten würde, wobei das was dann wenig später passiert ist, meine Phantasie durchaus übertroffen hat. Wenn ich einen der Winzer getroffen und das Problem angesprochen und eigentlich wissenschaftlich gut fundierte Verbesserungsvorschläge gemacht hätte, hätte er/sie mich voraussichtlich ausgelacht und wäre vielleicht sogar ungehalten gewesen, weil ich ja keine Ahnung habe und weil er seine Weinberge schließlich so angelegt habe und bewirtschafte wie es sich gehört.  Im vorigen Jahr hatte ich einen Winzer, der sich bitterlich über Trockenschäden beklagt hatte,  unter andrem auf das Key-Line-System nach Yeomans hingewiesen, das ich in Das Hauptliniensystem vorgestellt hatte, und das meines Erachtens gerade auch an der Mosel einiges bringen würde, vor allem, wenn man zusätzlich die für den Weinbau an der Mosel brauchbaren Elemente des Bodenmanagements etwa der Betriebe von Paul Kaiser und Gabe Brown kombiniert. Die Reaktion dieses Winzers hat mir gereicht und ich wundere mich jetzt nicht mehr, wenn ich wieder einmal manche Weinberge sehe und und auch nicht über die Schäden, die dort durch Starkregen und Trockenheit entstehen werden.

Für Winzer und Landwirte, die Englisch können,  hat die  für die Mutterbodenerhaltung, Nachhaltigkeit und Bodengesundheit zuständige Stelle des amerikanischen Landwirtschaftsministerium übrigens jede Menge sehr interessante Informationen auf

https://www.nrcs.usda.gov/wps/portal/nrcs/site/soils/home/

Zur Einführung könnte man mit dem Soil Health 101 Farming in the 21st Century “a practical approach to improve Soil Health” beginnen.

Hier die aus dem oben verlinkten Artikel des Trierischen Volksfreund stammenden Bilder von der Mosel nach dem Starkregen am 29. Mai 2017:

Solche Schäden sind grundsätzlich vermeidbar und es sollte sie in einem Land wie Deutschland, mit all seinen Bildungs- und Informationsmöglichkeiten, eigentlich nicht geben.

Kelberg, den 30. Mai 2017

Christoph Becker




Starkregen und Sturzfluten

Der Artikel “Keine Lange Vorwarnzeit – Bundeswehrstudie fordert Schutz vor kommunalen Sturzfluten / Mehr Versickerungs- und Rückhaltebecken nötig” von Paul Leonhard, auf S. 21, in der Wochezeitung Junge Freiheit vom 26. Mai 2017 hatte mich neugierig gemacht.

Dem Artikel liegt hauptsächlich eine an der  Bundeswehrhochschule in München, unter der Führung einer Professorin für Journalistik, im Auftrag des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe angefertigte Studie zu Grunde. Außerdem wird am Ende des Artikels ein Hinweis auf die Webseite www.starkregen-ews.de gegeben. Dabei handelt es sich um eine Firma, die darauf spezialisiert ist, Simulations-Software und Beratung für die Planung und den Bau von Versickerungs- und Rückhaltebecken zu liefern.

Erst habe ich mir die Webseite dieser Firma angesehen und darüber gestaunt, dass die halt nur teure Technik und Beratungsleistungen verkaufen wollen, die meines Erachtens nur in größeren Städten und Industriegebieten mit sehr weitgehend zu betonierten, asphaltierten und bebauten Flächen Sinn machen, in denen die von mir hier weiter unten noch einmal angesprochenen Maßnahmen keinen Sinn machen.

Wenn die Software dieser Firma das hergibt und die Nutzung detaillierter Versickerngsraten erlaubt, dann könnte man damit allerdings auch den Nutzen von Maßnahmen der Bodenverbesserung im Bezug auf Starkregenereignisse und Sturzfluten im Detail simulieren und zeigen. Neben landwirtschaftlichen Nutzflächen könnte man schließlich auch Gärten und öffentliche Grünflächen optimieren, indem man die Bodenqualität und damit auch die Versickerungsrate steigert.

Die “Bundeswehrstudie”, deren vollständiger Titel “Die unterschätzten Risiken„Starkregen“ und „Sturzfluten“  Ein Handbuch für Bürger und Kommunen” lautet, und die von der verlinkten Seite als pdf-Datei kostenlos heruntergeladen werden kann, habe ich nach etwas Suchen gefunden und mir heruntergeladen. Das Handbuch ist aus dem Jahre 2015. Ich habe etwas darin gelesen (wer und was sind die Autoren? Inhaltsverzeichnis? Anhänge? und und dann mit Hilfe der erweiterten Suchfunktion von Acrobat-Reader etwas  untersucht, und dann gezielt weiter gelesen). Ich habe die Studie mit ihren 400 Seiten also nicht ganz gelesen.

Mit den Stichwörtern bzw. Wortteilen Humus, versicker und Liter bin ich schnell fündig geworden:

Auf S. 196, “Ganzjährige Nutzung von Agrarflächen”, findet man zunächst:

Jeder natürliche Boden funktioniert grundsätzlich wie ein Wasserspeicher, da in den Hohlräumen und Poren zwischen
den Bodenpartikeln das Wasser wie von einem Schwamm aufgesaugt wird. Je nach Humusgehalt, Art des Bodens und der
Dichte kann die Aufnahmefähigkeit variieren. Im günstigsten
Fall wird das Wasser einfach vom Boden aufgenommen oder
kann auf den weiten Außenflächen verdunsten. Bei Starkregen
ergibt sich das Problem, dass das Wasser nicht schnell
genug vom Boden aufgenommen werden kann und somit
oberirdisch abfließt, obwohl die Speicherkapazität nicht ausgeschöpft ist. Der Grund hierfür liegt in der landwirtschaftlichen
Nutzung vieler Böden, die dadurch stark komprimiert
und meist auf schnelles Wachstum (Monokulturen) ausgelegt
sind. Die Bodenschichten sind weniger heterogen und verdichten
sich schneller durch eher oberflächlichen Wurzelwuchs.
Um den Boden auch für Starkregen so aufnahmefähig
wie möglich zu gestalten, können gegen dieses Problem verschiedene Maßnahmen ergriffen werden: Zum einen durch
eine Umstrukturierung der Flächen, zum anderen durch eine
Umstrukturierung der Böden. Die Ziele sind die Steigerung
der Aufnahmekapazität sowie die Vergrößerung der Verdunstungsflächen.

Zahlen dazu?

Die Suche mit “Liter” führte zu Seite 198, Zitat:

Eine ganzjährige Bepflanzung (z. B. Dauergrünland) kann bewirken, dass der Boden sich wieder auflockert (Durchwurzelung), fruchtbarer wird und somit mehr Wasser aufnehmen kann. So können Grasflächen zwei, Wälder bis zu fünf Liter Regen pro Quadratmeter aufnehmen. In dichten Waldbeständen können so 60 bis 75 Liter/m² versickern, auf einer Weidefläche nur 20 Liter.

Was denn nun? Grasfläche zwei Liter aber  Weide  20 Liter und in welcher Zeit?  Wald fünf Liter oder 60 bis 75 Liter und in welcher Zeit? Von Leuten die vielleicht mal Generalstabsoffizier oder sogar General werden wollen und auch von einer Professorin für Journalismus, erst recht an einer Bundeswehrhochschule, habe ich mehr Präzision im Detail erwartet.

Die per Fußnote angegebene Quelle, auf die in dem gesamten Buch übrigens fünf mal verwiesen wird ist laut Literaturverzeichnis:

GRAW, MARTINA (2005): Hochwasser – Naturereignis oder Menschenwerk? Schriftenreihe der Vereinigung
Deutscher Gewässerschutz, Band 66, 3. Auflage, Bonn.

Das hat mir dann gereicht, weil ich ganz andere Daten in Erinnerung hatte.

Auf Youtbube findet man mit “Infiltration rate” einige Beispiele für Infiltationstests. Ich habe die Suche dann noch auf “Infiltration rate archeluta” erweitert und habe mir noch einmal Ray Archelutas “Soil Slake and Infiltration Test” (dt. Mutterboden-Zerfall und Infiltrationstest) angesehen.

Dann habe ich noch einmal Gabe Browns Vortrag Key to Building healthy Soil – Holisctic Regeneration of Our Lands: A Producer’s Perspectiv (dt.: Schlüssel zum Aufbau von gesundem Mutterboden – Ganzheitliche Regeneration unseres Landes: Aus der Perspektive eines Erzeugers) gescannt und nach der Stelle gesucht, wo er auf die Verbesserung der Versickerungsrate auf seinen Flächen und auf die Wirkung extremer Starkregenereignisse auf seinem Land und bei seinem Nachbarn eingeht.  Das ist etwa ab Position Minute 20.

Am 15 Juni 2009 wurde für das Gebiet von Browns Ranch Starkregen angesagt. Um 18:30 fing es an zu regnen um Mitternacht hat er 13,2 Zoll, dass sind 335 mm bzw. 335 Liter pro Quadratmeter in nur 5 1/2 Stunden, gemessen.

Das folgende Bild (Poor Infiltration, but Good for Ducks = Schlechte Infiltration, aber gut für Enten) des “Entengebietes” seines Nachbarn, womit er hier ironisch dessen Weide und Ackerland nach Starkregen meint, hat er 3 Wochen nach diesem Starkregen aufgenommen.

Das Bild folgende Bild (Adequate Infiltration: 13.6″ in 22 Hours , auf deutsch: Angemessene Infiltration: 345 Liter Regen in 22 Stunden) hat ein  Angestellter vom zuständigen Soil Conservation Service (amerikanische Bodenerhaltungsbehörde) aufgenommen. Es zeigt Gabe Browns Ackerland am nächsten Tag, nachdem am Abend und in der  Nacht davor insgesamt 345 Liter in 22 Stunden gefallen waren:

Er erwähnt dann, dass 1991, als er den Betrieb  übernommen habe, eine Wasserinfiltrationsrate von 1/2 Zoll pro Stunde, das sind 12,5 Liter pro Quadratmeter und Stunde, gemessen wurden. 2016 wurden 8 Zoll, dass entspricht 203 Liter pro Quadratmeter und Stunde, gemessen. Einen Starkregen mit 8 Zoll pro Stunde habe er noch nicht erlebt.

Landwirtschaftliche Nutzfläche kann also, mehr als 10 mal soviel Wasser bei Starkregen in einer Stunde aufnehmen, wie man an der Bundeswehrhochschule und beim Deutschen Gewässerschutz meint.

Gabe Brown erwähnt dann auch noch,  sein Land  sei auch nach dem oben erwähnten, extremen Starkregenereignis noch mit jeder seiner Maschinen befahrbar gewesen. Das Wasser, das sein Land bei dem Starkregen aufgesogen habe, hätte er natürlich zu anderen Zeiten für das Pflanzenwachstum.

Zu Gabe Brown und seinem Betrieb hatte ich auch schon in Optimierung im Getreideanbau und Hochwasserschutz durch Integration der Mutterkuhhaltung geschrieben. Damals war mir aber noch nicht bewusst, dass zwischen Hochwasser und Starkregen zu unterscheiden ist.

Mit “no till gardening” und “garden crimping” findet man auf Youtube interessante Informationen und Beispiele dafür, wie auf kleineren und auch auf großen Flächen vorgegangen werden kann, wenn man keine Herde mit Kühen oder anderen Wiederkäuern hat.

Das Crimpen der Zwischenfrüchte oder der Einsatz von Wiederkäuern mit hoher Tierdichte (Mob-Grazing) ist aber ein Teilaspekt.  Gabe Brown setzt z.B. durchweg sehr vielfältige Zwischenfrucht-Mischungen ein.

Die Methode von John Jeavons, mit seinem Biointensiven Gartenbau, der sehr wohl umgräbt und der den Boden dabei bis zu 60 cm tief mechanisch auflockert und auch die der Singing-Frogs-Farm, mit ihrem extrem intensiven und ohne Umgraben auskommendem Gartenbau und inzwischen über 90 cm tiefer Humusschicht, erreichen wohl alle auch sehr gute Wasserinfiltrationsraten und damit auch gute Beiträge zum Schutz vor Starkregen und Hochwasser.

Insgesamt kann man festhalten, dass im Bereich Landwirtschaft und Gartenbau Verbesserungen möglich sind, die gerade auch vor dem Hintergrund des Starkregenrisikos Verbesserungen erlauben, die heute in Deutschland in der Regel nicht für möglich gehalten werden.  Wie weit diese Möglichkeiten auch für Dörfer und Städte zum Schutz vor Schäden durch Starkregen und Sturzfluten geeignet sind wäre durch entsprechende Berechnungen und Simulationen zu prüfen. Der angenehme Nebeneffekt dieser Verbesserungsmöglichkeiten ist, dass damit zugleich auch die Qualität der produzierten Nahrungsmittel und damit die Gesundheit der Bevölkerung, die Ernährungssicherheit der Bevölkerung bei lange andauernden Katastrophen und auch die Ertragslage der Erzeuger verbessert werden kann, während die Bodenerosion vermindert werden kann. Die Ertragslage der Erzeuge würde dabei u.a. auch dadurch verbessert, dass sich Trockenperioden weniger auf die Erträge auswirken, dass die Niederschlagsmengen besser im Boden gehalten und genutzt werden.

Der Journalist der Jungen Freiheit hat seinen Job meines Erachtens schon gut gemacht. Aber von der Bundeswehrhochschule und einem an dieser angesiedelten Lehrstuhl für Journalistik, der sich dem Thema umfassend mit Staatsmitteln gewidmet hat – und auch ganz allgemein von einer Regierung eines “so großen und reichen Landes wie Deutschland” – sollte man sehr viel mehr erwarten können.

Was ist, wenn die Hochschulen, die Führung der Bundeswehr und die Regierung auch in anderen, für das Überleben und die Zukunft des Landes noch viel wichtigeren Fragen genauso oberflächlich recherchieren und zu ähnlich irreführenden Daten und Zahlen kommen und als Folge davon angemessene und brauchbare Problemlösungen nicht sehen?

Kelberg, den 26. Mai 2017

Christoph Becker




Optimierung im Getreideanbau und Hochwasserschutz durch Integration der Mutterkuhhaltung

Auch für die meisten Landwirte dürfte  es überraschend sein, dass und wie man durch einen intelligenten Einsatz von Rinderherden und Deck- bzw. Zwischenfrüchten und Untersaaten den Ertrag von Getreidefeldern massiv steigern, den Hochwasserschutz und den Schutz vor Dürreschäden erheblich verbessern,  Bodenerosion vermeiden und die Kosten senken kann. Dabei handelt es sich nicht (nur) um eine Theorie, sondern vor allem um praktische Erfahrungen und harte Zahlen und Fakten:

Hier einige Zahlen und Fakten von Brown’s Ranch, dem Betrieb den ich hier als Referenz anführe:

  • Ackerbau und Viehzucht gemischt.
  • Seit 1993 “no Till” Betrieb. Also nur noch Decksaat.
  • Früher ein konventioneller Betrieb. Nach vier aufeinander folgenden Jahren, mit 100 bis 80% Ernteausfall durch Hagel bzw. Dürre in den 90er Jahren, Beschäftigung  mit  Allan Savorys  Holistic Managment   (siehe mein Artikel  Ganzheitliches Weidemanagement).
  • Gesamtbetriebsfläche: 2023 ha
  • Ackerfläche: 809 ha
  • In Grünland umgewandeltes Ackerland: 404 ha
  • Ursprüngliches, nie umgepflügtes Grünland (Prärie): 809 ha
  • Mutterkuhherde mit 350 Muttertieren
  • 400 – 800 Kälber/Rinder die nur mit Grass bis zur Schlachtreife gefüttert werden.
  • Eine Schafherde, Legehühner, Hähnchen, Weideschweine.
  • Die Vorbesitzer hatten wegen des kalten Klimas früher ein halbes Jahr Heu gefüttert. Die Browns füttern heute nur an 60 Tagen im Jahr,  also nur ca. 2 Monate  pro Jahr, Heu.
  • Hoher Wilddruck, der die Weiden und Äcker zusätzlich belastet. Teilweise kommen Hirsche  (Deer)  im Winter über 70 km herbeigewandert und es können mitunter hunderte Hirsche (Deer) auf  dem Gelände sein.
  • Ziel bei der Weidehaltung: 1/3 für die Tiere über der Erde (also hauptsächlich die Kühe, aber auch Wildtiere).  2/3  für die Tiere unter der Erde (Mikroben, Würmer usw.).

Aus dem Vortrag   DCED – 2016 Gabe Brown – What is Soil Health?

hier zunächst eine die Übersetzung der  Tabelle von Position [34:26]. Die Erträge sind in Bushel (dt. Scheffel) angegeben. Ich habe sie nicht umgegerechnet, weil es sich beim Bushel um ein Raummaß  handelt ( 1 Bushel = 36,3687 Liter), während Getreidemengen in Deutschland üblicherweise in Doppelzentner oder Tonnen, also in Gewichtseinheiten angegeben werden. Auch macht ein Vergleich von Nord Dakota (kontinentales Klima mit kurzen Sommern, letzter Frost ca. Mitte Mai, erster Frost Anfang September, sehr kalte Winter) mit Deutschland meines Erachtens wenig Sinn. Was hier wichtig ist, ist der lokale Vergleich der Ranch der Browns (mit Googel Earth suche: 3752 106th St NE,
Bismarck, ND 58503 ) mit dem Durchschnitt ihres Landkreises:

Erträge
Ertrag auf Bowns Ranch [Bushel] Durchschnittsertrag  im Landkreis (County) [Bushel] Browns Ranch über dem  Durchschnitt
Mais 127 98

30 %

Sommer Weizen 62 39 59 %
Hafer 112 62 81 %
Gerste 72 48 50 %

Gabe Brown sagt, es gäbe Landwirte im Landkreis, die höhere Erträge hätten als er, aber bei ihm sei  der Aufwand sehr viel geringer (und damit der Ertrag in Dollar größer), weil er nicht nur durch das “No Till” bzw. Direktsaatverfahren,  Energie und Maschineneinsätze spart, sondern  vor allem auch , weil  sein  Betrieb keinen Kunstsdünger, keine Pestizide,  keine Fungizide und nur noch selten   (alle 3-4 Jahre), und dann auch nur teilweise, Herbizide verwendet.

Vergleich der Bodenproben von 4 benachbarten Betrieben

In Postion [55:19] erwähnt Gabe Brown, dass ein Team von Wissenschaftlern im letzten Herbst vier verschiedene Produktionssysteme verglichen habe. Eines davon war das von  Browns Betrieb. Für den Vergleich galten folgende Rahmenbedingungen:

  • Alle vier Betriebe in enger Nachbarschaft, im Umkreis von 1 Meile (1,6 km).
  • Gleiche Bodentypen.
  • Es wurden Fotos von Bodenproben gemacht und es wurden Bodentest nach/von  Dr. Rick Haney, ARS, Temple, Texas.

Die vier Produzenten waren:

  1.  Ein “ökologischer” Betrieb, (Organic Producer oder auf Deutsch wohl “Biobauer”) der eine sehr hohe Vielfalt hatte (Mais, Bohnen, Erbsen,Weizen, Gerste, Hafer, Alfalfa, Tritikale, Roggen, Klee), eben ein sehr diversifizierter Betrieb, aber  mit  viel Bodenbearbeitung (heavy tillage). Die Bodenprobe sah nicht so gut aus.  Nach Browns Aussage geringe Wasserinfiltration bei Regen,  sowie  Probleme bzw. hohe Widerstände  für die Wurzeln.
  2. “No Till”-Betrieb, also Decksaatbetrieb, mit sehr geringer Diversität, der nur Flachs und Sommerweizen anbaut. Dieses Frühjahr  hatten sie ein Regenereignis, bei dem 8,39 cm ( 3  1/2 Inch bzw. ca. 84 Liter pro qm) Regen in 45 Minuten fielen. Dabei wurde sein Sommerweizen weggewaschen und er musste Sonnenblumen pflanzen.  Das Bild zeigt auch kompaktierten Boden. Das Bild zeigt  keine  Unterschied  zu dem  Boden des Biobauern.  “Man denkt  es ist der selbe Boden”.  Man sieht zudem kein Leben.
  3.  Seit langen “No Till”,  also Decksaat.  Ziemlich  gute Diversität. Er pflanzt Mais,  Gerste,  Sonnenblumen, Sommerweizen, Soja. Aber immer sehr, sehr hoher Verbrauch an synthetischem Dünger, Fungiziden, Pestiziden.  Das Bild zeigt auch eine  schlechte Bodenqualität.  Browns Fazit: Die Bilder der Bodenproben der Produzenten 1 bis 3 sind ähnlich: “No Till” ansich ist vielleicht ein Schritt in die Richtige Richtung, bringt aber für sich genommen keinen Unterschied.
  4.   Browns Ranch: “No Till”,  hohe  Diversität, weil er zu den Geld bringenden Früchten (Cash Crops) immer  auch Zwischenfrucht (cover corps) anbaut. Außerdem integriert er die Viehhaltung in den Ackerbau (Beispiel siehe unten).   Keine synthetischen Dünger, Pestizide, Fungizide (und nur selten Herbizide).  Das Bild der Bodenprobe ist beeindruckend: Lockerer Mutterboden mit sehr guter Wasserinfiltration,  Bodendeckung, Regenwürmer, Bodenleben.

Hier nun die Tabelle mit den Messwerten.

Management Vergleich
Managementmethode N P K OC
“Ökologisch” wirtschaftender Betrieb,  hohe Diversität, intensive Bodenbearbeitung 2 156 95 233
No Till, geringe Diversität 27 244 136 239
No Till, mittlere Diversität, viel Chemie (sythetische Dünger usw.) 37 217 199 262
Browns Ranch: No Till, große Diversität, keine Chemie,  Integration  von Tierhaltung 281 1006 1749 1095

N = Stickstoff, P = Phosphor, K = Kalium, OC = Organic Carbon

Man beachte das schlechte Abschneiden des konventionell “ökologisch” wirtschaftenden Betriebes.

Zahlenangaben, zumindest für   N,K und P in Pfund pro acre. Wichtig ist hier der relative Vergleich.   Die Messungen wurden von Dr. Rick Haney, ARS, Temple, Texas durchgeführt. Es handelt daher um Angaben des nach ihm benannten Haney  Tests. Siehe  z.B. auch  Haney/Soil Health Test Information.    Mit Bodentests habe ich mich nie befasst. Wie der  im Folgenden eingebunde Vortrag von  Dr.  Rick Haney zeigt, ist Test offenbar nicht gleich Test.  Der Haney Test ist ein relativ kompliziertes Verfahren, um die aus Sicht der für die Pflanzen tatsächlich verfügbaren Nährstoffe möglichst realistisch zu erfassen. Ziel ist es, die Empfehlungen für die Landwirte zu optimieren und so unnötige Düngung zu vermeiden.

Gabe Browns Kombination aus Zwischenfrucht und Rindereinsatz  beim Getreideanbau

Hier ist zunächst anzumerken, dass Gabe Brown nicht wie  oft  üblich, nur ein bis zwei verschiedene Zwischenfrüchte aussät, sondern Mischungen mit oft 15 bis 20 und mehr Arten.  Insgesamt habe er im letzten Jahr (2015) über 70 verschieden Arten gesät. Das  Zusammenstellen der Mischungen richtet sich nach den lokalen Verhältnissen,  den Hauptfrüchten  und  der Jahreszeit  und ist, wie ich seinem Vorträgen entnehme,  eine Mischung aus Erfahrung, Kunst und Wissenschaft.

Ich habe hier “cover crops” mit Zwischenfrucht übersetzt. Aber in der Realität von Gabe Browns Betriebsweise passt diese Übersetzung zumindest nicht so, wie sich das deutsche Landwirte in der Regel vorstellen. Was Gabe Brown mit “Cover Crops” meint, sind Pflanzen, die nicht die Hauptfrucht darstellen und die vor, neben und nach einer Hauptfrucht gesät werden und auch wachsen können. Während ich hier in der Eifel in den Mais- und Getreidefeldern, die ich mir näher angesehen habe, neben dem Mais oder Getreide der Boden zwischen den Pflanzen der Hauptfrucht  fast immer blank ist und wenn dann nur vereinzelt und unregelmäßig vielleicht etwas Gras oder “Unkraut” wächst,    hat Gabe Brown systematisch und gezielt weitere Arten dazwischen gesät. Das “Zwischen” in Zwischensaat ist hier also nicht nur  zeitlich   sondern auch  räumlich zu verstehen.

Interessant ist an dieser Stelle, vielleicht auch, dass der reine Gründlandbetrieb der Salatins, die   Polyface Farm , ebenfalls eine “No Till”-Sämaschine angeschafft hat und damit experimentiert, die Leistung  der Viehweiden durch das Einsäen von einjährigen Ackerpflanzen wie Erbsen und bestimmten Getreidearten zu verbessern. Das habe ich jedenfalls dem als Interview mit Joel Salatins Sohn David, das sich auf der dem Salatin Semester beiliegenden CD befindet, entnommen. Die Steigerung der Weideleistung bei  diesen Versuchen war offenbar extrem  gut, sofern die Bodenfruchtbarkeit und das Wasserangebot gut waren.

Die  Brown Ranch  von Gabe Browns Familie und die   Polyface Farm der Salatins ähneln sich insgesamt, auch wenn die Lage, das Klima, und  die Betriebsgröße sich sehr unterscheiden.   Beide Betriebe  haben  ihre  Wirtschaftsweise offenbar unabhängig von einander entwickelt und sind zumindest aus westdeutscher Sicht Großbetriebe. Der größte  Unterschied  zwischen beiden Betrieben ist,  dass   die  Browns  in erster   Linie Getreideproduzenten waren und mit ihren 809 ha Ackerland ,  von denen jedes Jahr  90 %  für  den Getreideanbau genutzt werden, auch noch sind. Das für mich bisher fehlende Mosaiksteinchen, das  Gabe Brown liefert, ist die Einsicht, dass und wie auch der Getreideanbau nachhaltig und zugleich wirtschaftlich erfolgreich betrieben werden kann und dass der Einsatz von Mutterkuhherden dabei ein für den Erfolg und die Effizienz wertvolles Hilfsmittel sein kann.

Während Zwischenfrüchte oder Bodendecker, sofern sie überhaupt gesät wurden, hier in Deutschland (immer soweit ich das selbst gesehen habe)  vor der Aussaat der Hauptfrucht, untergepflügt oder sonst wie untergearbeitet werden, werden diese auf der Brown Ranch drei Tage vor der Aussaat der Hauptfrucht von Rindern    abgeweidet und  zertrampelt.   Dabei wird eine ziemlich extreme Flächendichte, von bis über 100 kg Lebendgewicht pro m2 angewendet. Das heißt, dass eine Kuh von 500 kg nur ca. 5  m2  Weide zugeteilt bekommt .  Die Tiere werden dabei  mehrmals  täglich  auf ein neues Stück Weide umgetrieben.   Gabe Browns Faustformel bei der Beweidung mit Mutterkühen lautet im Allgemeinen “1/3 des Futters für die Tiere über dem Boden und 2/3 für die Tiere unter der Erdoberfläche”. Bei der extremen Form des Mob-Weidens   auf mit Zwischenfrüchten bewachsenen Ackerflächen, 3 Tage vor der Aussaat der Hauptfrucht,  ist das Verhältnis vielleicht sogar noch besser zu Gunsten des Bodenlebens. Die Kühe sorgen bei diesem extremen Beweiden jedenfalls dafür, dass  der nicht von ihnen gefressene Teil der Zwischenfrucht zertreten und zum Teil, durch das Gewicht der Tiere und durch den lokal hohen Flächendruck und die Kanten der Hufe, in den Boden gedrückt wird.

Die Aussaat der Hauptfrucht – ggf. zusammen mit einer neuen Zwischenfruchtmischung – erfolgt dann drei Tage später mit einer “No Till”-Sämaschine.  Dabei schneidet eine Scheibe einen Schlitz in den Boden und das darüber  liegende  organische Deckmaterial.  Danach  kommt eine  Vorrichtung, die  den Schlitz etwas aufweitet und die Samen in den Schlitz legt und dann wird der Schlitz wieder zugedrückt.

Diese extreme Form des Beweidens der Zwischenfrucht  hat eine Reihe  von Vorteilen:

  • Der Boden wird vor Austrockung geschützt. Feuchtigkeit ist aber auch für das Bodenleben gut und natürlich auch für das eingebrachte Saatgut.
  • Die Mikroorganismen im Boden werden vor UV-Strahlen und Hitze geschützt. Gabe Brown zeigt, dass blanker Mutterboden leicht 20 Grad wärmer ist als die im Schatten gemessene Umgebungstemperatur.  Die Temperatur auf der Oberfläche von mit organischem Material abgedeckten Mutterboden entspricht dagegen ungefähr der Umgebungstemperatur. In praller Sommersonne blank liegender Mutterboden kann außerdem Temperaturen erreichen, die für Mikroorganismen tödlich sind.
  • Die von den Rindern hinterlassenen, zertrampelten Zwischenfuchtreste sowie der Mist und Urin der Tiere liefern Nahrung für Mikroorganismen, Würmer, Pilze, Insekten usw. .
  • Schäden bei Starkregen werden verhindert.  Regentropfen, die auf  das zertrampelte organische  Material  auftreffen  werden abgebremst und  treffen nur  langsam  und schonend auf den Boden auf.  Auch   hält die Schicht organischen Materials  auf dem Boden selbst  Wasser zurück.  Die Bodenerosion wird verhindert.
  • Die Zwischenfrucht dient teilweise als Nahrung für die Mutterkuhherde.

Eine andere  Nutzung der Zwischenfruchtmischungen  besteht darin, dass sie im Herbst oder Winter  abgeweidet wird. Im Spätherbst oder Winter kann dadurch Heu eingespart werden.

Die 5 Grundsätze von Gabe Browns Methode:
  1. Der Boden muss eine “Panzerung” (armour) oder Schutzschicht aus organischem Material haben.
  2. Diversität muss gegeben sein(viele Pflanzenarten, viele Tierarten, ein umfassendes Bodenleben)
  3. Es müssen möglichst immer viele lebende Wurzeln im Boden vorhanden sein.
  4. Die Bodenstruktur soll nicht gestört werden. Die Bodenstruktur ist sehr viel komplexer als man gemeinhin denkt und es gibt jede Menge für das Wachstum der Pflanzen hilfreiche Symbiosen, die man mit der Bodenbearbeitung stört oder auch zerstört.
  5. Integration von Großtieren, wie ich es schon in dem Artikel Ganzheitliches Weidesystem zu erklären versucht habe.

Vor diesem Hintergrund habe ich mir noch einmal das 4. Kapitel, The Living Soil (dt. Der  lebende Mutterboden)  in  dem  Buch  Building Soils vor  Better Crops –  Sustainable Soil Management, durchgelesen. Das Buch hatte ich schon in  meinem Artikel  Nachhaltige Bodenverbesserung schon im März 2015 vorgestellt. Gabe Browns Methode und auch der bei ihm übliche Einsatz der Rinder zur Optimierung des Getreideanbaus macht vor diesem Hintergrund sehr viel Sinn und  seine  guten Ergebnisse werden verständlich. Ein interessanter,  auch von Brown  besonders hervorgehobener Aspekt  ist dabei, dass nützliche Pilze (Fungi) eine Chance zur Ausbreitung haben.  Die übliche Bodenberarbeitung durch Pflügen, Grubbern usw. zerstört die oft sehr weitläufigen Netzwerke der Pilze. Manche Pilze dehnen ihre unterirdischen Netzwerke über viele Quadratkilometer aus.   Viele Pilze leben in  einer Symbiose mit  Pflanzen und  können  eine  Reihe von nützlichen  Funktionen haben.  Ein  bekanntes Beispiel  für den Nutzen von  Pilzen  ist , dass Pilze z.B. Penicillin produzieren können.  In dem Buch Mycelium Running: How Mushrooms Can Help Save the World  von Paul Stamets wird von einen Beispiel berichtet, wo der Autor sein Haus von Riesenarmeisen befreit hat, indem er diesen eine bestimmte Pilzart angeboten hat, die die Ameisen wie ein Trojanisches Pferd akzeptiert und gerne aufgenommen hat, um dann von diesen Pilzen getötet zu werden.

Die Anwesenheit von Pilzen kann  aber offenbar auch dabei helfen, Nährstoffe aus dem Boden zu lösen oder zu transportieren. Für die Gesundheit und Qualität des Mutterbodens ist jedenfalls auch das Vorhandensein von Pilzen wichtig. Intensive Bodenbearbeitung führt aber dazu, dass Bakterien bevorzugt und Pilze zurückgedrängt werden.

Wasserinfiltrationsrate

Als Gabe Brown und seine Frau die Farm 1991 von seinen Schwiegereltern gekauft haben, hat man Bodenproben genommen und auch gemessen, wie schnell Wasser im Boden versickert. Damals betrug die Wasserinfiltrationsrate 1/2 Zoll, das sind 12,5 mm pro Stunde, oder 12,5 Liter Wasser pro qm und Stunde.

2015 betrug die Infiltratioinsgeschwindigkeit 15 Zoll pro Stunde ( 38,1 cm bzw. 381 Liter Wasser pro qm und Stunde).  Die Position  in dem anfangs eingebunden Vortag, DCED – 2016 Gabe Brown – What is Soil Health? von Gabe Brown ist  [1:01:23].  Die Wasserinfiltrationsrate hat sich also in ca. 25 Jahren  um das 30-Fache verbessert.  Einige Sekunden später in dem Vortrag zeigt er wie die Infiltration gemessen wird und wie rasant ein Zoll Wasser, also 25 Liter pro Quadratmeter, versickern. Bei seinem Boden dauert das heute nur noch 9 Sekunden. Zwei Zoll, also insgesamt 50 Liter Niederschlag pro Quadratmeter, versickert in nur 16 Sekunden. Demnach würde ein Sturzregen von 50 Litern in nur 25 Sekunden problemlos aufgenommen. Die bei den Browns auch auf den Getreidefeldern vorhandene Deckung des Bodens mit organischem Material würde den Aufschlag der Regentropfen zudem dämpfen. Die Fließgewässer in der Umgebung würden weder durch eine plötzlich abfließende Wassermenge noch durch damit weg gespülte Nährstoffe belastet.

Für die Ranch der Browns ist dabei von besonderer Wichtigkeit, dass der durchschnittliche Niederschlag nur ca. 400 mm pro Jahr beträgt. Durch die gute Bodenqualität wird so gut wie immer der gesamte Niederschlag auf dem Boden der Ranch gehalten, was Verluste durch Dürreschäden reduziert.

An dieser Stelle möchte ich auch auf die Präsentation “Maintaining a Healthy Watercycle” (dt.  Einen gesunden Wasserkreislauf  erhalten” ) von Jim Gerrish hinweisen und diesen einbinden. Die Präsentation dauert nur gut 12 Minuten und ist wie ich meine sehr gut gemacht. Das Englisch ist leicht verständlich.:

Speicherkapazität durch Kohlenstoff

1 % organisches Material (Soil Organic Matter) in den obersten 15 cm des Bodens kann über 185 qbm Wasser im Boden halten. Als die Browns ihre Farm 1991 übernommen haben, hatten sie 1,7 bis 1,9 % organisches Material im Boden. Heute haben sie über 6 %.  Vor Beginn des Ackerbaus in jener Gegend, vor über 200 Jahren, waren es über 7 %. Damit haben die Browns zunächst eine  erhebliche Menge klimaschädliches Kohlendioxid aus der Atmosphäre entnommen, dabei haben sie den darin enthaltenen Kohlenstoff als die Bodenfruchtbarkeit und die Wasserretention verbesserndes organische Material im Boden gespeichert und den enthaltenen Sauerstoff haben sie in die Atmosphäre zurückgegeben.

Relevanz für Deutschland

Hochwasserschutz

Man stelle sich vor, wir würden in Deutschland unsere Böden ähnlich gut verbessern, wie Gabe Brown auf seiner Farm – und wie die Salatins auf ihrer Farm. Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Überschwemmungen und Hochwasser kommt, würde drastisch vermindert. Soweit  es  dennoch  Hochwasserereignisse  gäbe, würden diese sehr gemildert.   Dabei wäre das nur ein Nebenprodukt einer selbstständig wirtschaftlichen Bewirtschaftungsmethode.

Schutz gegen Dürreschäden

Schäden durch auch in Deutschland vorkommende Trockenperioden könnten verhindert oder zumindest vermindert werden.

Wirtschaftliche Vorteile für die Landwirte

Die Landwirte könnten mehr verdienen. Weder die Ranch der Browns noch die Polyface Farm der Salatins erhalten  öffentliche Zuschüsse und Förderungen und erwirtschaften trotzdem systematisch erhebliche Gewinne. Gabe Brown sagt, dass er heute jedes Jahr Gewinn macht.

Was ist mit dem ökologischen Landbau?

Erstaunlich fand ich das schlechte Abschneiden des ökologischen Landbaubetriebes in der Nachbarschaft von  Gabe Browns Ranch.  Was ich bisher an ökologischem Landbau in Deutschland gesehen habe, lässt mich vermuten,  dass die Betriebe in in Deutschland auch nicht besser abschneiden würden als der Betrieb in der Nachbarschaft von Gabe Brown Ranch.

Die Wirtschaftsweisen der Betriebe von Gabe Brown  und Joel Salatin könnten und sollten meines Erachtens als Referenz für ökologischen Landbau in Deutschland und Europa diskutiert werden.

Aus verschiedenen Gründen wäre es sicher sehr vorteilhaft, die EU-Agrarförderung und die Bezuschussung der landwirtschaftlichen Unternehmen möglichst bald vor diesem Hintergrund zu hinterfragen, zu diskutieren und ggf. neu ändern.

Warum sind diese Wirtschaftsweisen so wenig bekannt?

Warum ist das alles in Deutschland so wenig bekannt? Warum wird es nicht umgesetzt? Ich denke die Antwort ist sehr vielschichtig. Einige Stichworte die mir dazu einfallen sind:

  • Psychologie und Herdentrieb des Menschen:  Was denken die anderen? Angst vor Neuem. “Was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht” usw..
  • Bürokratie,  Gesetze und Agrarförderung.  Eine gute Lektüre dazu ist Seeing Like a State: How Certain Schemes to Improve the Human Condition Have Failed  (dt.: Mit den Augen des Staates: Wie bestimmte Schemas zur Verbesserung der Lage der Menschen versagt haben)von James C. Scott.
  • Der meines Erachtens sehr naive und einer nüchternen Analyse nicht standhaltende Glaube an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt, an den Fortbestand des Friedens und an die Unendlichkeit der Ressourcen, auf den man in Deutschland sehr häufig, um nicht zu sagen fast überall, trifft.
  • Interessen der Großindustrie und ihrer Lobby.
Andere deutsche Hinweise auf  Gabe Browns Betrieb

Zum Schluß sollte und möchte ich nicht verschweigen, dass z.B.  Gabe Brown  auch anderen Deutschen außer mir bekannt ist, und dass ich erst von anderen Deutschen von ihm erfahren habe. Zuletzt hatte mich der Kommentar von “Florian” zu meinen Artikel Ganzheitliches Weidemanagement motiviert,   mich doch  etwas mehr mit  Gabe Brown zu befassen und mir einige seiner Vorträge anzuhören. Das war der passende Baustein zur passenden Zeit, weil ich damit auch gelernt und gesehen habe, dass und wie Rinderherden und das Mob Grazing auch für den Getreideanbau in interessantes Werkzeug sind.

Schließlich war/ist da der Artikel Ich mache Boden gut – Vom Segen der Humusvermehrung  –  Das Beispiel von Gabe Brown aus Bismarck in North Dakota .

Außerdem wurde  Gabe Brown in dem deutschen  Forum  www.selbstversorg.org  mehrfach erwähnt .

Christoph Becker

Kelberg, den 14. September 2016

 

 

 




Ganzheitliches Weidemanagement

Holistic grazing managment (dt. Ganzheitliches Weidemanagement) Mob-Grazing   und Rational Grazing meinen im Wesentlichen dasselbe.  Es handelt sich dabei  um  eine in Deutschland weitgehend unbekannte, hocheffiziente und ökologisch vorteilhafte, die Böden verbessernde und dem Klimaschutz dienende Weideform für Wiederkäuer. Keine der in Deutschland bekannten und angewendeten Nutzungsformen für Weiden  entspricht der Beschreibung dieser  Form des Weidemanagements .

Weil die Überschrift für diesen Artikel ursprünglich Das Mob-Weidessystem lauteten  sollte, habe  ich im Folgenden meist den von nordamerikanischen Landwirten verwendeten Ausdruck Mob Grazing oder des deutsche Übersetzung Mob-Weidesystem, verwendet. Das  nebenstehende Bild,MobGrazingBeispiel von der Webseite www.americangrazinglands.com    , ((  Nachtrag 12. Aug. 2016: Den auf der Webseite von AmericanGrazinglands angebotenen USB-Stick von Jim Gerrish und alle dort angebotene Literatur, soweit sie nicht auf dem USB-Stick ist, habe ich mir bestellt.  Nach einigem hin- und her  haben die jetzt herausgefunden, wie man nach Deutschland verschicken kann. Bezahlung geht jetzt einfach per PayPal. Das gesamte Paket kostet mich ziemlich genau 600 Euro zzgl. Zoll. Von Jim Gerrish gibt es aber auch schon auf Youtube eine ganze Reihe sehr interessanter Vorträge.  Ich denke,  die Unterlagen von Jim Gerrish sind eine gute Ergänzung  zu  Joel Salatins  Büchern und  dem  Salatin  Semester     ))  , vermittelt einen Eindruck von der für das Mob-grazing typischen, hohen Anzahl von Tieren pro Flächeneinheit.

Auf der Suche nach einer vielleicht schon existierenden, korrekten Übersetzung  für  den amerikanischen Ausdruck  Mob Grazing  (( Mob meint hier NICHT mobil, sondern “Mob” im Sinne von Zusammenrottung, Herde oder Gruppe )) bin ich zunächst auf den deutschen Ausdruck Portionsweide gestoßen.    Die Beschreibung auf Wikipedia und auf verschiedenen deutschsprachigen, die Weidewirtschaft betreffenden Internetseiten zeigt aber, dass  man in Deutschland mit  Portionsweide nur  einen Teilaspekt des Mob Grazing   meint und dass man dessen ökologischen Wert nicht zu kennen scheint. Auf der Webseite www.oekolandbau.de findet man auf deren Unterseite für die Weidesysteme für die Mutterkuhhaltung   sogar indirekt-offensichtlich den Hinweis, dass das Portions-Weidesystem für die Mutterkuhhaltung im ökologischen Landbau ungeeignet ist, während Mob-Grazing  aber die für den ökologischen Landbau das mit weitem Abstand beste Beweidungssystem sein dürfte – sofern man es versteht und zu nutzen lernt.

Zwei Filmtrailer über ein praktisches Beispiel

Hier zunächst zwei Trailer zum Film Polyfaces, der über die das Ganzheitliche Weidesystem (und dazu jede Menge Verstand, Geschick, Weltoffenheit und  Kreativität)  seit langem anwendende Polyface Farm handelt. Der erste Trailer ist nur 2:20 Minuten lang und in Englisch,  mit flotter Musik und dem unbescheidenen, selbstbewussten Statement  Joel Salatins  “Wenn jeder Landwirt in den Vereinigten Staaten dieses System  anwenden würde, dann würden wir in weniger als 10 Jahren  den gesamten Kohlenstoff, der seit dem Beginn der industriellen Revolution emittiert (=in die Luft geblasen) wurde,  sequestrieren (= im Boden einlagern).

Der folgende, zweite Trailer ist  9:38 Minuten lang und mit deutschen Untertiteln versehen:

Polyfaces trailer (German subtitles) from RegrariansMedia on Vimeo.

“Weidereste” – Verschwendung oder   Segen?

Die Art, wie das Wort “Weiderest” in den Ausführungen über die Weideformen auf Gruenland-Online.de , gerade auch bei der  Beschreibung des Portionsweidesystems benutzt wird, und googeln mit dem dem Wort “Weiderest” zeigen, dass man das Mob-Weidesystem  – von  sehr seltenen  Ausnahmen ((   die Bücher von Allan Savory  und  Joel Salatin werden  jedenfalls auch in Deutschland verkauft und gelesen )) abgesehen –  in Deutschland nicht benutzt, weil man dessen entscheidenden Vorteil   bisher weder kennt noch  sieht.

Der “Weiderest”, der dazu auch noch wegen der hohen Tierdichte, zertrampelt wird, ist nämlich der für den Erfolg des Ganzheitlichen Weidesystems entscheidendenste Punkt.

Um das verstehen zu können, hat es mir sehr geholfen, dass ich von John Jeavons das Buch How to Grow More Vegetables (and Fruits, Nuts, Berries, Grains, and Other Crops)  durchgelesen und bei ihm im Herbst 2015 ein 3-tägiges Seminar besucht hatte.  Es gibt nämlich ein Parallele zwischen der Growbiointensive-Methode von John Jeavons und dem Ganzheitlichen Weidesystem:

Bei der Growbiointensiv-Gartenbaumethode von John Jeavons wird empfohlen und als für den Erfolg unerlässlich angesehen, grundsätzlich 70 % der gesamten Photosynteseleistung (also der von den Pflanzen verwerteten Sonnenenergie) für die  Produktion von  kompostierbarem Material  vorzusehen.  Wenn man  mit der Growbiointensive-Methode neu  anfängt und  genug Zeit hat ,  sät und pflanzt man   zuerst sogar  ganz bewusst nur um damit kompostierbares Material zu erzeugen.   Hauptziel bei der Growbiointensive-Methode  ist es,  zuerst und vor allem die Bodenqualität zu verbessern und dazu den Humusgehalt und damit den Kohlenstoffgehalt des Bodens zu steigern. Ein weit überdurchschnittlich hoher Ertrag ist dabei,  im Gegensatz  zu allem was  ich vorher,  als jemand der vom 6. bis zum 17. Lebensjahr auf dem Land aufgewachsen ist,  nicht das erklärte Ziel . Ein hoher Ertrag ist nur eine gerne in Kauf genommene  Nebenwirkung. Tatsächlich war und ist die treibenden Fragestellung, mit der sich  John Jeavons seit 1973 beschäftigt hat, die Frage wie man auf der kleinstmöglichen Fläche nachhaltig alles was eine Person braucht anbauen kann. Eine wichtig Information aus dem Seminar von John Jeavons, und auch von der Besichtigung der Singing Frogs Farm, war dann noch, dass die besten Kompostierung darin besteht, dass man die Wurzeln der Pflanzen im Boden belässt, wo sie dann den Mikroorganismen und Kleinstlebewesen als Nahrung dienen.

Das  Mob-Grazing  ähnelt so gesehen, also im  Bezug auf  das  kompostierbare Material, sehr der  Growbiointensiv -Gartenbaumethode.  Der  “Weiderest” ,  ist hier kein  Verlust, den man leider in Kauf nehmen muss, sondern  ein ganz entscheidender Grund für den Erfolg .    Für die  bei deutschen Beschreibungen des  Portionsweidesystems  als Nachteil beschriebenen Trittschäden gilt ähnliches.   Die “Trittschäden” sind eher eine Art natürlicher Mulchmähereffekt. Der “Weiderest” von  50 und  mehr Prozent  , der  von den Tieren wegen der hohen Tierdichte dann auch noch zertrampelt wird, liefert beim Mob-Grazing eben jene Bodenbedeckung mit “totem” organischem Material, die die Feuchtigkeit im Boden hält und die Würmern, anderen Kleinstlebewesen und Mikroorganismen als Schutz und Nahrung dient – was diese dann mit der Produktion von Humus und dem Lösen von Mineralien quittierten, was dem Landwirt, bei richtigem Management, im Vergleich zu anderen Methoden weit überdurchschnittliche Erträge beschert.

Wilde Weide ohne wilde Raubtiere?

In dem Wikipedia-Artikel über die Weide (Grünland), gibt es aber auch einen Abschnitt “Wilde Weide”. Dieser zeigt, dass man in Deutschland zwar das erreichen möchte, was das Mob-Weidesystem bzw. Allan Savorys Holistic Management tatsächlich erreichen, aber dass man in Deutschland die für den Erfolg entscheidenden Punkte nicht erkannt hat und  ausdrücklich das vermeidet, was für das Erreichen des Ziels wichtig ist.

Eine Suche nach “Wilde Weide” mit google führte zu einer Seite der Arbeitsgemeinschaft Biologischer Umweltschutz, auf der eine 222 Seiten   umfassenden Broschüre mit dem Titel “Wilde Weide -Praxisleitfaden für Ganzjahresbeweidung in Naturschutz und Landschaftsentwicklung”  als pdf-Datei zum Download angeboten wird (ca. 300 MB Dateigröße!).   Dieser Broschüre ist zu entnehmen, dass man in Deutschland zwar  mit den System “Wilde Weide” versucht, den Effekt der großen Pflanzenfresser in der Natur wieder zu erzielen, aber dass man dabei eindeutig auf dem falschen Weg ist, weil man etwas sehr Grundlegendes nicht verstanden hat:

Die großen wiederkäuenden Pflanzenfresser dieser Erde sind Herdentiere, deren Verhalten und damit auch deren Effekt auf die Weiden, durch  das Vorhandensein  von Raubtieren geprägt war und ist:  Herdenbildung  war und ist eine Überlebensstrategie in der Wildnis,   wie man sie  in der amerikanischen Prärie in der Zeit der  großen Bisonherden  hatte und wie man sie heute noch in Afrika in der Serengeti hat.  Die Herden  bleiben  aus Furcht vor den Raubtieren dicht zusammen.  Die Folge ist:

  • eine extrem hohe Flächenbelastung (Tiere/Hektar)
  • die Flächenbelastung ist in der Natur nur kurze Zeit  hoch. Sie ist dann  wieder für viele Wochen, Monate oder Jahre so gut wie null.
  •   die Tiere müssen schnell und hastig fressen und haben keine Zeit für eine besonders wählerische Futterwahl.
  • die Tiere zertrampeln mit ihren Hufen, wegen des hohen Flächendrucks (Körpergewicht/Auftrittfläche der Hufe) und der Form der Hufe einen großen  Teil des Grases. Faktisch dienen die von den Hufen der Tiere zertretenen und teilweise in den Boden gepressten Grasreste als den Boden bedeckende Schicht, die dann noch mit dem Dung und Urin der Tiere angereichert wird. Dadurch werden der Boden und die Würmer sowie die Kleinstlebewesen vor  Sonneneinstrahlung und Austrocknung  geschützt und  sie werden mit Nahrung versorgt. Es kann Humus entstehen, der  das Wachstum fördert. Außerdem  sorgt die  Bedeckung des Bodens mit dem zertrampelten Gras dafür, dass die Regentropfen den Boden nicht beschädigen und dass der Regen besser auf dem Land gehalten wird.  Alles zusammen sorgt dafür, dass mehr Gras schneller und kräftiger nachwachsen kann.

Überweidung

Überweidung ist eine Funktion, die neben der Anzahl der Tiere pro Flächeneinheit und der Bodenqualität, bzw.  des Futterangebotes auch von der Zeit abhängt, die die Tiere auf einem bestimmten Stück Land bleiben.  Überweidung kommt erst zustande, wenn man zu viele Tiere  zu lange auf einer Fläche lässt.

Warum die “Wilde Weide” unnatürlich ist

Die in Deutschland als  “Naturschutz” angesehene “Wilde Weide” ist eher unnatürlich, weil die Flächen in unserer dicht besiedelten Kulturlandschaft ((ca. 230 Menschen pro Quadratkilometer, Tendenz dank Zuwanderung sogar weiter steigend.    )) viel zu klein sind, weil die Herdengrößen zu klein sind und weil die großen Raubtiere fehlen, die die Herden zusammenhalten.  Die  Tiere  werden bei der “Wilden Weide”, anders als in der ursprünglichen Natur, nicht  dazu gezwungen dicht gedrängt, hastig grasend weiter zu ziehen. Sie können vielmehr selektiv  die ihnen am besten schmeckenden Gräser und Pflanzen übermäßig häufig abfressen und diese damit zurückdrängen, während der einen Teil des Grases kompostierende, den bodenverbessernde, den Boden vor Austrocknung schützenden Effekt des flächendeckenden Zertrampelns des “Weiderestes”, den  diese  Herdentiere in der ursprünglichen Natur so wertvoll gemacht  hat – und  dem wir die fruchtbaren  Böden in den großen  Graslandschaften  verdanken – nicht mehr gegeben ist.

Wachstumskurve und Energiewirtschaft des  Grases

Wichtig für die Beurteilung eines Weidesystems sind auch die Wachstumskurve von Gras und die  Art wie  Gras  Energie speichert und  auf das Abweiden oder Abmähen reagiert:

Die folgende Grafik zeigt die Wachstumskurve von Gras nach den Experimenten von P. Lineham. Die Grafik habe ich  aus  dem Buch Gass Productivity –  An Introduction  to Rational Grazing , von André Voisin (1959),  S. 23 entnommen.  Es wurde das Nachwachsen des Grases, nach einem Schnitt gemessen. Wie man sieht betrug die Masse des nachwachsenden Grases in den ersten 10 Tagen nach dem Schnitt nur 698 kg pro Hektar. Vom 20. bis zum 30. Tag, also in auch nur 10 Tagen, betrug  der Zuwachs 6980 –  2900  =  4080 kg  pro Hektar, also das  5,84-fache des Zuwachses in den ersten 10 Tage.  Man stelle sich dazu vor,   dass bei einer Dauerweide die Kuh “nur” alle 10 Tage das Gras abfrisst.   Dabei ist dann noch nicht berücksichtigt, dass  das Gras  für  das erste Wachstum, in den Wurzeln  gespeicherte Energie verwendet, die sich erschöpft, wenn wegen zu schnellem Wiederabfressens nicht genug neu Energie  gespeichert  werden kann.

grassgrowth-Linehan

  • Die Wachstumskurve von Gras entspricht einer logistischen Funktion. Das Gras wächst zunächst nur langsam. Joel Salatin nennt das Gras in seinem weiter unten eingebundenen TEDx-Talk daher Diaper-Grass (dt. Windel-Gras oder vielleicht auch Kleinkindgras). Nach dieser Phase wächst das Gras schnell, nutzt die Sonnenenergie besonders gut und legt dabei auch Energiereserven in Form von Wurzeln an. Dann wird die  Wachstumskurve wieder flacher, das  Gras wird alt und das Wachstum endet, Salatin nennt das Gras in dieser Phase “Nursinghome Grass” (dt. Altersheimgras).
  • Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Masse des über der Erde befindlichen, sichtbaren Grasmenge und der in Form von Wurzeln unter der Erde befindlichen Menge organischen Materials.
  • Wenn Gras abgemäht wird, oder wenn ein Tier es abbeißt, dann bilden sich die Wurzeln zurück und es wird zuvor in den Wurzeln gespeicherte Energie für neues Wachstum verwendet. Die Wurzeln bilden sich dabei zurück und hinterlassen organisches Material im Boden, das von Mikroorganismen und Kleintieren zersetzt und in Humus verwandelt wird. Das Gras wächst dank der aus den Wurzeln abgezogenen Energie wieder relativ schnell nach, auch wenn ihm die Grünfläche  für die Photosynthese fehlt, die für die Deckung des für das Nachwachsen in dieser Zeit nötigen Energiebedarfs erforderlich wäre. Dank dieser Energiereserven aus den Wurzeln vergrößert das Gras seine grüne, für die Photosynthese und damit für die Energiegewinnung verfügbare Fläche und es kann weiter wachsen und zugleich wieder neue Wurzeln bilden und neue Energie in diesen speichern. Beim Mob-Weidesystem lässt man  man das Gras, wenn irgend möglich in Ruhe, bis es auf der Wachstumskurve wieder den oberen Teil erreicht hat und nur noch langsam oder nicht mehr wächst.  Bei der “Wilden Weide”, bei Ganzjahresweiden und überhaupt bei allen Weidesystemen, bei denen die Tiere länger als ein bis zwei Tage auf einem Abschnitt weiden können, werden die Tieren gut schmeckende Gräser oft zu schnell erneut abbeissen und die Gräser verlieren damit die in ihren Wurzeln gespeicherte Energie. Sie bekommen nicht mehr die Zeit, um genug neue Energie zu speichern. Auch bleibt das Gras dann im durch langsames  Wachstum gekennzeichnten  “diaper grass” bzw. “Windelstadium”. Er kann die Phase des schnellsten Wachstums und der größten Energiegewinnung und Energiespeicherung nicht mehr durchlaufen. Anderseits können sich Unkräuter und Gräser, die die Tiere weniger oder nicht mögen dann besser ausbreiten und vermehren, weil die Tiere diese wegen der zu geringen Flächenbelastung meiden. Die Qualität der Weide verschlechtert sich damit.

 Mob-Weidesystem bildet die Natur nach

Beim Mob-Weidesystem ersetzt das Wissen und der Verstand des Landwirtes, kombiniert mit den Möglichkeiten  moderner, elektrischer Zaunsysteme , die Wirkung der Raubtiere.   Intelligente Planung und  teilweise auch der Einsatz von Tabellenkalkulationen ersetzen  oder kompensieren beim Mob-Weidesystem den Umstand, dass man in dichtbesiedelten Kulturlandschaften eben nicht mehr solche riesigen Flächen wie in der Serengeti oder in der Nordamerikanischen Prärie zur Zeit der großen Bisonherden hat, in denen die Tiere grasend in großen Herden, von Raubtieren zusammengehalten und von Hunger getrieben,  ständig weiterziehen können. Beim Mob-Weidesystem wird also mit sehr preiswerter moderner Weidezauntechnik  und dem Wissen, der Intelligenz, der Erfahrung und  dem Geschick des Landwirtes   eben der Effekt der großen Pflanzenfresser erfolgreich nachgeahmt, den man in Deutschland mit der “Wild Weide” gerne nachahmen würde. Folglich ist das Mob-Weidesystem gerade auch für Naturschutzgebiete und FFH-Gebiete  (Flora, Fauna, Habitat-Gebiete),  soweit diese in einer ursprünglichen Naturlandschaft zum Durchzugsgebiet großer Pflanzenfresser gehören würden, bzw. wo man heute das System der “Wilden Weide” anwendet.

Bei wirklich  ganzheitlichem Weidesystem auch andere Wiederkäuer, Schweine und Geflügel

Bei einem wirklich ganzheitlichem Weidesystem wird man auch, wie auf der Polyface-Farm,  Schafe oder  Ziegen,  Schweine und  Geflügel  einsetzen.

Die Salatins setzen auf der Polyface Farm z.B. Schweine, Hühner, Truthühner und Kaninchen ein. Die Hühner haben dabei den besonderen Vorteil, dass sie die Kuhfladen breit kratzen und darin vorhandene Fliegenlarven fressen.

In seinem Salatin Semester ( 12 DVDs mit ca. 18 Stunden Vortrag und ein Buch) beschreibt geht Joel Salatin auch auf diese Möglichkeiten und in dem Buch werden viele weitere Literaturquellen angegeben.

Mark Shepards Buch Restoration Agriculture: Real-World Permaculture for Farmers  und die zugehörige DVD mit dem Titel Restoration Agriculture in Practice – Video Tour & Instructions, die ich in meinem Artikel Restaurierende Landwirtschaft vorgestellt hatte, zeigen verschiedene weiter Gründe und Möglichkeiten. Z.B. verwendet Mark Shepard Schweine auch deshalb, weil sie sich an seinen Obstbäumen scheuern und damit den Ungezieferbefall vermindern. Kühe wiederum machen sich bei Shepard auch damit nützlich, dass sie tiefhängende Zweige von den Obstbäumen abfressen, was bei ihm ebenfalls Ungezieferbefall vermindert.

Mark Shepard wendet soweit ich mich erinnere, nicht ausdrücklich das Mob-Grazing an.  Sein Schwerpunkt ist eher eine enorme Vielfalt und das Zusammenspiel von Tieren, Büschen und Bäumen. Seine Farm heißt aus gutem Grund “New Forest Farm”, also “Neuer Waldbauernhof”,  und sein derzeitiges Geschäft scheint hauptsächlich der Verkauf von Bäumen und Sträuchern zu sein.

Insbesondere  Shepards DVD ist aber gerade auch mit Blick auf die Pflege und Nutzung von FFH-Gebieten in Deutschland sehr interessant, weil er zeigt, wie er durch die Nutzung von P.A. Yeomans Key-Line-System bzw. das Hauptliniensystem faktisch jede Menge Feuchtgebiete angelegt hat damit und durch das Pflanzen von Bäumen und Sträuchern nicht nur den Wasserhaushalt verbessert, sondern auch die Artenvielfalt der auf seiner Farm wild lebenden Tiere enorm gesteigert hat.

Bodenqualitätsverbesserung und Klimaschutz

Die Bodenqualität, die sich derzeit, gerade auch als Folge der landwirtschaftlichen Nutzung, weltweit verschlechtert, kann durch das  Mob-Weidesystem erheblich verbessert werden.  Zur Verschlechterung der Bodenqualität siehe dazu auch die Weltkarte in meinen Artikel Weltweite Verschlechterung der Bodenqualität.

Mit der Verbesserung der Bodenqualität wird auch wieder Kohlenstoff im Boden eingelagert und damit Kohlendioxid aus der Luft entfernt. Die Polyface Farm der Salatins hat in den letzten 50 Jahren angeblich pro Jahr ca. 5 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar im Boden eingelagert. In 50 Jahren wären das 250 Tonnen. Ein Kilogramm Kohlenstoff entspricht  3,66 kg  Kohlendioxid (( Atommasse von C = 12, Atommasse von Sauerstoff = 16, Kohlendioxid = CO2.   Molekülmasse  von  CO2  =  12 +  2×16  =  44.     Verhältnis zu Kohlenstoff = 44/12 = 3,66.)) Daraus folgt: Wenn man eine Tonne Kohlenstoff per Photosynthese im Boden einlagert, dann entzieht man der Luft  3,66 Tonnen Kohlendioxid. Wenn ein  Auto, das 100 g CO2 pro km erzeugt, dann haben die Salatins, in erster Linie auch durch die Anwendung des Mob-Weidesystems, pro Hektar und Jahr den CO2-Ausstoss von 183 Tausend Autokilometern wieder im Boden eingelagert, und das als Nebeneffekt der Produktion von gesunden Nahrungsmitteln.    Bei einem Auto mit einem CO2-Ausstoß von 150 g/km wären es immer noch 120.000 km PRO Jahr und Hektar.

Zum Thema Kohlenstoff im Boden erwähnte John Jeavons in seinem Vortrag zur MOSES-Conference 2015, dass der Kohlenstoffgehalt 1973, als er mit dem Gartenbau angefangen habe, im Durchschnitt bei 2 % gelegen habe. Jetzt, 2015, liege er bei nur noch 1,2% . Ich nehme an, dass er damit den mittleren Kohlenstoffgehalt der Landwirtschaftlichen Nutzflächen weltweit meinte. Das wäre ein Rückgang von 40 % in nur etwas mehr als drei Jahrzehnten.

Wirklich klar und sicher sind die Daten für den Kohlenstoffgehalt der Böden der Welt aber nicht:

  • Global soil carbon: new study highlights need for better understanding
  • www.carbon-biodiversity.net/ Diese offenbar vom deutschen Bundesministerium für Umwelt usw. geförderte Seite zeigt komischerweise bei den Detailkarten nur solche für einige Länder der 3. Welt, aber nichts für Deutschland und Europa. Deutschland und Europa kann man nur in der Weltkarte finden, die man dort herunterladen kann.
  • Die 203 Seiten lange Publikation des Umweltbundesamtes, aus dem Jahre 2008, mit dem Titel Humusversorgung von Böden in Deutschland, die als pdf-Datei frei verfügbar ist,  verspricht interessant zu sein.  Ich habe  das Dokument etwas quer gelesen. Im Detail ist wie immer alles ziemlich kompliziert. Leider fehlt mir momentan die Zeit, das  Dokument  ganz zu lesen. Jedenfalls besteht von staatlicher Seite schon ein grundsätzliches Interesse möglichst viel Kohlenstoff im Boden einzulagern und auch die Böden zu verbessern.    Man müsste in der Praxis konkret versuchen und nachmessen, was zum Beispiel mit dem Mob-Weidesystem und auch mit dem System von John Jeavons auf verschiedenen Flächen in Deutschland wirklich möglich ist.

Im selben Vortrag weist Jeavons auch darauf hin, dass die Verluste an Mutterboden weltweit so groß sind, dass von 2015 an gerechnet in nur 39 Jahren kein Mutterboden zur Nahrungsmittelproduktion mehr vorhanden wäre. Auch würde nicht nur die konventionelle Landwirtschaft, sondern auch ein großer Teil des Ökolandbaus – so begrüßenswert er auch sei – derzeit pro Kilogramm erzeugter Nahrungsmittel einige Kilogramm Mutterboden verbrauchen.   Sowohl der biointensive Gartenbau nach John Jeavons als auch das Mob-Grazing bzw. Holistic Management stoppen den Mutterbodenverlust und erzeugen sogar neuen Mutterboden. John Jeavons Methode  macht das relativ arbeitsaufwendig auf kleinen Gartenflächen, das Mob-Grazing bzw. Holistic Management  bzw. Rational Grazing, kann es mit Hilfe von Wiederkäuern wie Kühen und Schafen, mit geringem Energieaufwand im großen Stil auf großen Flächen.

Distickstoffoxid-Emmission

Dank der Verbesserung der Bodenqualität hat die Polyface Farm eine etwa 4 mal höhere Flächenleistung als konventionelle Betriebe in der Nachbarschaft, aber sie hat anderseits seit der Übernahme durch die Salatins im Jahre 1960 keinen Kunstdünger verbraucht und damit  keine oder  zumindest  eine sehr viel geringere Distickstoffoxid-Emmission ( Distickstoffoxid = N2O = Lachgas). Das Umweltbundesamt empfiehlt dringend, mit Blick auf den Klimawandel, die Lachgasemission in der Landwirtschaft zu reduzieren. Das Mob-Weidesystem, eventuell kombiniert mit anderen z.B. auf der Polyface-Farm erfolgreich erprobten Methoden und für den Gartenbau auch in Kombination mit der Methode von John Jeavons, bieten die Möglichkeit dazu.

Methanemission

Zur Methanemission durch die Rinderhaltung hat Joel Salatin in einer Antwort auf einen Artikel in der New York Times,    “The Myth of Sustainable Meat,”  (dt.: Der Mythos der nachhaltigen Fleischproduktion), geschrieben ( Joel Salatin responds to New York Times’ ‘Myth of Sustainable Meat’), dass Methan auch dann frei kommt, wenn man die Pflanzen einfach nur verrotten und nicht von Tieren fressen lassen würde. Wenn man die Methanemissionen vollständig eliminieren wolle, müsse man alle Feuchtgebiete und Moore dieser Welt trocken legen. 95% aller Methanemissionen der Welt  würden von Feuchtgebieten und Sümpfen verursacht . Tiere würden  nur einen vernachlässigbar kleinen  Anteil haben.   (( In dem Buch “When the Rivers Run Dry: Water–The Defining Crisis of the Twenty-first Century” von Fred Pearce (es gibt auch eine deutsche Ausgabe, mit dem Titel Wenn die Flüsse versiegen, die aber teurer ist), wird ein Wasserkraftwerk am Amanzonas erwähnt, durch dessen Bau nun soviel Methan abgeschieden wird, das dieses Wasserkraftwerk wesentlich klimaschädlicher ist als es ein mit fossilen Brennstoffen betriebenes Kraftwerk derselben Leistung wäre )) In der Tat müsste man die Methan-Emission global betrachten und sich überlegen, was denn wirklich passieren würde, wenn man die Gräser weltweit einfach verrotten lassen würde, anstatt sie abzuweiden. Immerhin wäre es dann nicht mehr möglich, die Tiere zur Verbesserung der Bodenqualität und damit zur Einlagerung von Kohlenstoff zu verwenden. Wir brauchen die Wiederkäuer, wie weiter oben dargelegt, um die Böden und den Wasserhaushalt mit ökologisch und ökonomisch vertretbarem Aufwand zu verbessern.  Siehe dazu auch die weiter unten eingebundenen TED-Vorträge.

Mob-Grazing auf deutschsprachigen Internetseiten

Mit der Beschränkung der  google-Suche nach  “mob grazing” auf die Sprache Deutsch und das Land Deutschland fand ich nur die folgenden zwei deutschsprachigen Artikel:

Bei Suchen zum Thema Rinderhaltung und Weidewirtschaft fand ich auch eine Masterarbeit die 2014 an der Universität Hohenheim eingereicht worden war: Mutterkuhhaltung in Deutschland – Status quo und Zukunftsperspektiven im europäischen Kontext.  Ich konnte in dieser Diplomarbeit keinen Hinweis darauf finden, dass in  Deutschland das Mob-Weidesystem oder etwas vergleichbares genutzt wird.

TED-Vorträge

Hier zunächst ein TED-Vortrag von Allan Savory, mit deutschen Untertiteln (ich hatte den schon in meinen Artikel Weltweite Verschlechterung der Bodenqualität eingebunden):

Von Veganern und “etablierten Wissenschaftlern” gab und gibt es zum Teil heftige Kritik an Savory, aber Kritik dieser Art gab es in der Vergangenheit auch für viele andere Entwicklungen, die sich schließlich durchsetzt haben. Ich denke, man sollte sich davon nicht beirren lassen, zumal man heute bei “etablierten Wissenschaftlern” immer damit rechen sollte, dass diese die Interessen irgendwelcher Konzerne oder Interessengruppen vertreten.   Und solche Interessen stehen hier in wirklich sehr großen Umfang auf dem Spiel. Auch ist es so, dass wissenschaftliche Forschungsergebnisse auch unbewusst dadurch beeinflusst werden, was die jeweiligen Wissenschaftler glauben. Nach meinen Recherchen gibt mehr als genug überzeugende, praktische Beispiele die zeigen, dass  das  die Methode von Allan Savory  funktioniert.

Außerdem ist  es zwar so,  dass Allan Savory sein System offenbar ziemlich unabhängig entwickelt hat, aber wie er in seiner Rede Holistic Managment sagt, hat der französische  Biochemiker, Landwirt und Autor  André Voisin

lange vor ihm in seinem Buch Productivité de l’herbe,   (amerikanische Ausgabe: Grass Productivity  , deutsche Ausgabe, 1958, Die Produktivität der Weide ) all das erklärt und beschrieben, was er auch herausgefunden hat. Während Allan Savory mehr aus Mitteleuropäischer Sicht mit den sehr trockenen Gebieten in Afrika vertraut ist und seine Methode dort entwickelt hat, war André Voisin  mehr mit den Verhältnissen in Frankreich, Deutschland, Österreich und der Schweiz vertraut.    Voisin, der offenbar  auch gut Deutsch  sprach, war übrigens sogar  mit den Verhältnissen auf dem Versuchsgut Rengen in der Eifel, das zur  Universität Bonn gehörte, gut vertraut.  Er  bezieht sich in seinem Buch über  die Produktivität der Weide (ich habe nur die amerikanische Ausgabe gelesen)  öfters auf die Arbeit von Prof.  Ernst Klapp. So gesehen haben dann auch teilweise in der Eifel, auf der Domäne Rengen durchgeführte Forschungsarbeiten zu Voisins Buch und dann zum Erfolg der Polyface Farm beigetragen. Diese Anmerkung für jene, die meinen ich würde immer zu sehr im Ausland und da vor allem im aussereuropäischen Ausland nach Ideen und Methoden Ausschau halten  und  die  Deutschen  nicht genug würdigen.

Der Vater von Joel Salatin, der die Polyfacefarm der Salatins  1960 begründet hat,  hat  Voisins Bücher gelesen und das scheint einer der Gründe für den Erfolg der Polyfacefarm gewesen zu sein.

Hier der TEDx-Vortrag Cows, Carbon and Climatebei dem Joel Salatin das Mob Grazing, wie ich meine recht gut, erklärt.

Ein kritischer Artikel zum Mob-Weidesystem

Ein kritischer, aber nicht ablehnender Beitrag zum Mob-Weidesystem ist  A Skeptical Look at Mob Grazing von Chris Helzer. Im Wesentlichen geht es darin darum, dass man auch beim Mob-Weidesystem übertreiben und damit auch den Boden zerstören kann.   Aus den Ausführungen von Allan Savory kann man zwar entnehmen, dass es sich um ein in Afrika schon nach kurzer Einweisung im Grunde auch von Analphabeten realisierbares System handelt. In den gemäßigten Klimazonen scheint es aber schwieriger zu sein, wie das teilweise ziemlich umfassenden  Ausbildungsmaterial  und die Literatur  zeigen. Immerhin wollen die Tiere an 365 Tagen im Jahr  genug zu fressen haben, während das Gras übers Jahr gesehen unterschiedlich schnell wächst, genug Erholungszeit benötigt und die Tiere die Grasnarbe auch nicht zerstören sollen. Auch ist das Wetter jedes Jahr etwas anders.

Treibhausgase und Landwirtschaft

Ein ganz hervorragender Vortrag zum Thema  Treibhausgase und Mob-Weidesystem, aber auch  zu  typisch menschlichen  Verhaltensweisen im Bezug auf Probleme und den Klimawandel, ist der TEDxDubbo-Vortrag Soil carbon — Putting carbon back where it belongs — In the Earth des Australiers Tony Lovell:

An dieser Stelle möchte ich auch auf den Artikel Could carbon farming help reverse climate change?  hinweisen.

Klimawandel und der Beitrag der Landwirtschaft

Eine gute Übersicht,  auch über  die  verschiedenen per Landwirtschaft möglichen Methoden zur Einlagerung von Kohlenstoff im Boden   gibt die Präsentation    Climate Change and the Contribution of Agriculture von Peter Bane,   zu einem Vortrag, den er   2015 gehalten hat. Wie man den von Bane gezeigten Daten entnehmen kann, könnte die Landwirtschaft durchaus die weltweite Treibhausgasemission sogar voll kompensieren, anstatt diese, wie das heute der Fall ist, sogar noch zu verstärken. Zu den im Vortrag von Peter Bane angeführten Möglichkeiten und Methoden zur Kohlenstoffeinlagerung in der Erde und damit zum Klimaschutz, gehören neben der Anwendung des Mob-Weidesystems auch das Key-Line-System, dem ich  den Artikel   Das Hauptlinien-System gewidmet hatte, und auch darauf aufbauenden Form der Landwirtschaft, die   Mark Shepard in seinem Buch und seiner DVD beschreibt, und die ich in meinem Artikel  Restaurierende Landwirtschaft vorgestellt hatte. Ein hier zu erwähnender Punkt ist der sogenannte Yeomanspflug.  Dabei handelt es sich faktisch um einen Tiefenkultivator, der den Boden sehr tief aufreißt. Ich habe kritische Stimmen gefunden, die meinen, dass dieses Gerät nichts bringt. Mark Shepard zeigt aber z.B. in seiner DVD so ein Gerät und wie er es eingesetzt hat, und er erklärt dabei, dass er früher den Zinken mit seinem 35 PS Traktor kaum ziehen konnte und bei jeder Furche den Zinken mit einer Schaufel von Lehm habe befreien müssen. In letzter Zeit, nach einigen Jahren, aber sei der Boden bis ca. 90 cm tief so locker, dass er so vom Zinken abfalle.   Der  ursprüngliche Grund  diesen Tiefenkultivator überhaupt ein zu setzen, war für Shepard, dass er damit die Wurzeln  von Bäumen und Sträuchern , die er  parallel zu den  nach dem Key-Line-System angelegten Gräben  gepflanzt hat, daran hindern wollte in  seine Felder zu wachsen.   Es macht Sinn,  sich das auf seiner DVD anzusehen.

Klimaschutz, Katastrophenschutz und Gesundheitsschutz

Das geniale an all diesen Maßnahmen zur Kohlenstoffeinlagerung im Boden und damit auch zum Klimaschutz ist, dass es sich gleichzeitig um Maßnahmen handelt, die die Ernährungssicherheit der Bevölkerung in Kriegs- und Krisenzeiten verbessern, die die Bodenqualität und damit  die Bodenfruchtbarkeit steigern und die die Landwirtschaft befähigen können, auch in einer Zeit in der fossile Brennstoffe und die damit hergestellten Düngemittel, Pestizide und Herbizide zu teuer oder nicht mehr erhältlich sind, weiter Nahrungsmittel zu produzieren. Außerdem haben alle diese  Methoden als willkommene Nebenwirkungen die lokale Produktion von gesunden Lebensmitteln, die Verbesserung des Wasserhaushaltes und die Verbesserung der biologischen Vielfalt.

Wichtig ist es,  möglichst frühzeitig mit der praktischen Umsetzung und der Anpassung an die lokalen Verhältnisse zu beginnen.   Gerade auch die intelligente die Nutzung der heute noch recht preiswerten fossilen Energieträger wäre wichtig.

Bei alledem sollte man bedenken, dass es leider massive Interessenkonflikte gibt.

Bei allem Verständnis für die Interessen der verschiedenen Lobbygruppen sollte man aber bedenken, dass eine krisenfeste, lokale und auch nachhaltige Nahrungsmittelversorgung eine Frage von Leben und Tod ist. Das Mob-Weidesystem beruht zwar auch auf dem Einsatz moderner Technik, etwa in Form von Weidezaungeräten und leichten geländegängigen Fahrzeugen, aber  bei diesem System kann die Technik für die Nahrungsmittelproduktion im  Notfall  problemlos durch dann mehr als genug verfügbare Hilfskräfte ersetzt werden, die heute ihren Lebensunterhalt als Sachbearbeiter mit irgendwelchen im Ernstfall verzichtbaren Bürojobs verdienen.  Es gibt beim Mob-Weidesystem, ebenso wie bei der Growbiointensive-Methode von John Jeavons nichts, was zwingend die fragile technische Infrastruktur   unserer Gesellschaft benötigt. Das ist in der konventionellen Landwirtschaft anders. In der konventionellen Landwirtschaft würden im Ernstfall viele Betriebe ohne Nachschub und  Strom vollständig unbrauchbar und nutzlos.

Der  ganz besondere Reiz des  Mob-Weidesystems besteht meines Erachtens darin, dass man damit mit sehr geringen Aufwand und zugleich gewinnbringend,  klimaschützend und den  Zielen des Naturschutzes dienend,  die Bodenqualität  so verbessern kann, dass man im Ernstfall Flächen hat, die ohne lange Vorbereitung in fruchtbare Gärten umgewandelt werden können, in denen mit der Methode von John Jeavons Gemüse und kalorienhaltige Lebensmittel produziert werden können. Außerdem kann man mit diesem Weidesystem Lebensmittelvorräte bilden, die nicht schlecht werden, sondern die sich erneuern und Überschüsse produzieren und die dazu auch noch gesund und wohlschmeckend sind.

Kelberg, den 7. August 2016

Christoph Becker




Bodenerosion in Maisfeldern

In dem erstmals 1929, also vor mehr als 85 Jahren erschienenen Buch Tree Crops: A Permanent Agriculture (dt. Baumfrüchte: Eine Nachhaltige Landwirtschaft) von J. Russell Smith, habe ich schon auf Seite 5 den im Folgenden von mir ins Deutsche übersetzten, beim Blick auf die vielen Maisfelder in deutschen Mittelgebirgen und in Österreich, im Frühjahr/Sommer 2015, sehr nachdenklich stimmenden Text gefunden:

Wald – Feld – Pflug – Wüste – das ist der der Zyklus des Hügellandes in dem größten Teil der in der Landwirtschaft den Pflug verwendenden Kulturen – ein Zyklus, der nicht auf China beschränkt ist.
China hat eine tödliche Ausdehnung davon, aber Syrien, Griechenland, Italien, Guatemala und die Vereinigten Staaten haben es ebenfalls. Obwohl wir Amerikaner
historisch gesehen unser Land erst seit relativ kurzer Zeit besiedeln, zerstören wir den Boden schneller durch Erosion als jedes andere Volk, das jemals in alten und neuen Zeiten gelebt hat, alle wilden, zivilisierten Völker und Barbaren inbegriffen.

Wir haben die Maschinen, die uns dabei helfen zu zerstören und zu schaffen.
Wir haben auch andere Faktoren der Zerstörung, die für die Weiße Rasse neu sind und die sehr wirksam sind. Wir haben Bodenbearbeitung erfordernde Bodenfrüchte – Mais, Baumwolle und
Tabak. Europa hatte diese Bodenfrüchte nicht. Die alten Getreidesorten der  Europäer,
Weizen, Gerste, Roggen, und Hafer, bedecken den gesamten Grund
und halten den Boden mit ihren Wurzeln. Wenn ein Mensch Mais,
Baumwolle oder Tabak anbaut und dazu pflügt, löst er die Erde, zerstört damit deren Halt, den sie mit den Pflanzenwurzeln vielleicht gewonnen hat. Pflügen für den Maisanbau ist die effizienteste Methode zur Zerstörung des nicht ebenen Ackerlandes.

Wir in Amerika haben einen anderen Faktor der Zerstörung, der für die weiße Rasse fast neu ist – den Gewittersturm. Das südliche Europa hat einen regenlosen Sommer. Nordeuropa hat einen leichten Niederschlag,
der in sanften Schauern kommt. Die Vereinigten Staaten haben den Platzregen des Gewittersturms.
Wenn sich der amerikanische Himmel öffnet und Ströme von 5 cm Niederschlag in einer Stunde in ein hügeliges Getreidefeld gießt, kann das  genauso viel Bodenerosion bewirken wie 500 cm sanfter auf Weizen oder Grasland fallender Regen in Großbritannien oder Deutschland.

Mit diesem Zitat vor Augen habe ich an Pfingsten 2015 eine kleine Tour in der Eifel unternommen, um Maisäcker zu photographieren. Im Laufe der Jahre hatte ich auch in der Eifel mehrfach sehr heftige Regenschauer erlebt, die zu Erosionen geführt haben.

Nur wenige Tage später, ausgerechnet anlässlich der Reise zu einem Seminar bei Sepp Holzer, über dessen Permakultur, Wasserwirtschaft und Erosionsschutzverfahren im Burgenland, hatte ich Gelegenheit, auch in Bayern und Österreich jede Menge Felder in Hanglagen mit Mais und teilweise auch mit Soja zu sehen, die offensichtlich erosionsgefährdet sind. Nach der Ankunft im Burgenland, am Vorabend des ersten Seminartages, hatte ich dann die Gelegenheit bei einer kleinen Wanderung Beispiele aktueller Bodenerosion nach einem Starkregen zu fotographieren, der in den Tagen davor niedergegangen war.

Im Folgenden einige der Bilder aus der Eifel (noch ohne aktuelle Erosionsschäden) und aus dem Burgenland ( mit Bodenerosionen nach einem Starkregen).

MaisEifel2015-05-24Nebenstehend ein Maisacker in der Vulkaneifel an Pfingsten 2015, stellvertretend für viele andere, die ich in Rheinland-Pfalz, Hessen, Bayern und Österreich gesehen habe. Starke Regenfälle, wie die welche die Erosionsschäden auf den weiter unten stehenden Bildern von Maisäckern bei Jennersdorf im Burgenland verursacht haben, gibt es auch in der Eifel.

Bilder von Erosionsschäden an Maisäckern in der Gegend von Jennersdorf im Burgenland, am Donnerstag nach Pfingsten 2015, nachdem es in den Tagen vorher unwetterartige Niederschläge gab:MaisJennersdorf2015-05-28g MaisJennersdorf2015-05-28f MaisJennersdorf2015-05-28e MaisJennersdorf2015-05-28d MaisJennersdorf2015-05-28cMaisJennersdorf2015-05-28a2  MaisJennersdorf2015-05-28 MaisJennerdorf2015-05-28b

Wie ist es möglich, dass man 2015 in Europa, auch in Hanglagen, seit einigen Jahren im großen Stil Mais anbaut und dass dies mit staatlichen Mitteln subventioniert wird, um damit unter anderem angeblich umweltfreundliche, “erneuerbare” Energie zu erzeugen,  während man seit 1929, also seit über 85 Jahren weiß, dass man damit die Leistungsfähigkeit der landwirtschaftlichen Nutzflächen unter anderem durch Erosion zerstört UND während man ganz sicher nicht nur anhand der von mir im Burgenland photographierten Beispiele den praktischen Nachweis hat, dass das mit der Bodenzerstörung durch Erosion tatsächlich wahr ist?


Auf der Webseite www.Pflanzenforschung.de wurde am 22.5.2015 eine Zusammenfassung einer aktuellen Studie über das Problem der Bodenerosion veröffentlicht,  die zu obiger Beobachtung passt. Anders als der Schluss des Artikels suggeriert, ist das Know How zur Vermeidung von Bodenerosionen aber durchaus längst vorhanden und man muss nicht erst noch viel Zeit und Geld in Forschung investieren, sondern müsste einfach nur mal lesen, was umsonst oder für ein paar Euro verfügbar ist. Neben dem eingangs erwähnten (kostenlos herunterladbaren) Buch Tree Crops: A Permanent Agriculture von J. Russel Smith, wären z.B. das von mir schon in meinen Artikel Restaurierende Landwirtschaft vorgestellt Buch und die DVD von Mark Shepard, sowie das in meinem Artikel Nachhaltige Bodenverbesserung  vorgestellte (kostenlos herunterladbare) Buch von Fred Magdoff und Harald van Es, sowie das Buch 4000 Jahre Landbau in China, Korea und Japan von F.H. King empfehlenswert. Einfach mal lesen und sich ansehen und anhören was Sepp Holzer und sein Sohn zu sagen haben kann auch helfen und ist ebenfalls recht preiswert und soweit auf Youtube verfügbar sogar kostenlos. Das kostenlos herunterladbare Buch The Keyline Plan von P.A. Yeomans, zu den Artikel Das Hauptliniensystem geschrieben habe,  ist ebenfalls hilfreich wenn man Bodenerosionen vermeiden möchte.

Kelberg, den 5. Juli 2015 Christoph Becker




Das Hauptliniensystem

Das Hauptliniensystem, oder auf Englisch Keyline-System, ist eine der Grundlagen der Restaurierenden Landwirtschaft nach Mark Shepard. Es ist eine Methode zur Verbesserung der Wassernutzung und zur schnellen und nachhaltigen Vergrößerung der Mutterbodenschichten. Man kann damit,  in nur 2 bis 3 Jahren die Dicke der Mutterbodenschicht um 30 bis 45 cm vergrößern. Wie mir die durch den Klimawandel zunehmenden Probleme wegen geringerer, oder unregelmäßigerer Niederschläge in der Eifel zeigen, könnte das Hauptliniensystem auch für die deutsche Landwirtschaft interessant sein bzw. werden.

Das Konzept des Wassermanagements beruht im Wesentlichen darauf, dass man Gräben und Aufschüttungen ( swales and berms)  mit nur 1 % Gefälle (( 1% ist der Wert den Mark Shepard in seinem Buch Restoration Agriculture angibt.  In dem von ihm als weiterführende Literatur empfohlenen Buch Water for every Farm von Yeomans, wird mit Gefällen von 1/250 bis 1/500, bei einem Mittel von 1/300, gearbeitet, was nur 1/3 des von Shepard angegeben Wertes ist. Shepard scheint, wie man einem Bild in seinem Buch entnehmen kann, die Gräben teilweise nur mit einem einfachen Wendepflug anzulegen, wobei dann die Aufschüttung durch die vom Pflug talwärts geworfen Erde bzw. Grasnarbe entsteht. Yeomans scheint, zumindest soweit ich das beim Überfliegen seines Buches erkennen konnte, tiefere und breitere Gräben mit Maschinen aus dem Strassen- und Wegbau anzulegen. Yeomans war allerdings Australier und kam erst später zur Landwirtschaft, nachdem er vorher u.a. als Geologe und Unternehmer für Erdarbeiten gearbeitet hatte. )), also fast parallel zu Linien gleicher Höhe herstellt. Außerdem werden kleine Bodensenken oder Becken zum Sammeln des Wassers angelegt, die dann auch Biotope für zur Schädlingsbekämpfung nützliche Amphibien sind.  Das heißt, Mark Shepard hat aus juristischen Gründen nur mehr oder weniger große, seitlich flach auslaufenden Gruben ausgehoben, in denen sich Tümpel bilden und die untereinander mit Gräben verbunden sind. Bei P.a. Yeomans und vorallem auch bei Sepp Holzer werden stattdessen zum Teil recht große Dämme gebaut und das Wasser aufgestaut. Sepp Holzer spricht dabei aus juristischen Gründen nicht von Teichen oder Seen, sondern von Wasserrückhaltebecken, Wasserretentionsbecken oder auch von Humusrückhaltebecken. Bei Sepp Holzer sind diese oft mit Rohren verbunden.  Das Ziel ist bei allen, das Wasser möglichst lange auf der eigenen Fläche zu halten. Es soll nur langsam abfließen, um möglichst viel Zeit zum Versickern haben.  Mit den Bodensenken, Becken,   Tümpeln, Wasseretentionsbecken oder wie immer man sie nennt,  versucht man Wasser zu speichern, so dass es Zeiten ohne Niederschlag an den Boden abgegeben werden kann. Der Unterschied zu zentralen Staudämmen und Stauseen ist, dabei in jedem Fall, dass das Niederschlagswasser bei starken Niederschlägen möglichst dezentral zurückgehalten und dann in trockneren Perioden langsam wieder abgegeben und verteilt wird. Durch das dezentrale zurückhalten spart man Infrastruktur und Energie für Bewässerungssysteme und man reduziert oder vermeidet Erosionen. Bei dem Hauptlinien auch von Mark Schepard genutzten  Keylinesystem von Yeomans  leitet man das Wasser zudem geschickt von den Seitentälern, an den Hängen entlang “Bergauf” zu den Geländevorsprüngen, wo man Wasserrentionsbecken bzw. Tümpel oder kleine Teiche anlegt.  “Bergauf” ist hier nicht ganz das richtige Wort, weil das Wasser von der Sohle der Seitentäler über Gräben mit 1 bis 0,2 % Gefälle seitlich in die Hänge fortgeleitet wird.

Wege, Zäune, Felder, Weiden, Baumreihen usw. werden nach Möglichkeit parallel zu den Gräben und Aufschüttungen angelegt.

Die Breite von Feldern, Weiden usw., bis zum nächsthöheren oder niedrigeren Graben/Aufschüttungspaar wird so gewählt, dass die mit Maschinen zu bearbeitenden  Nutzflächen zwei oder vier Arbeitsbreiten haben, so dass unnütze Fahrten vermieden werden. Die Breite der bearbeitbaren Nutzflächen hängt dabei aber auch von der Hangneigung ab. Auf den Hängen des Krameterhofes im Österreichischen Lungau und auf Sepp Holzers neuem Holzerhof im Burgenland sind die Terrassen bzw. Nutzflächen wegen der zum Teil sehr steilen Hängen ziemlich schmal.  Mark Schepards New Forest Farm liegt eher in einem Mittelgebirge oder Hügelland, so daß er sich wesentlich breitere Nutzflächen leisten kann.

Zum Hauptliniensystem bzw. Keylinesystem von P.A. Yeomans, wie es auch Mark Shepard anwendet, gehört auch eine Philosophie der Bodenbearbeitung: Die Felder, Weiden usw. werden einmal jährlich mit einer Art Meisselpflug oder Tiefengrubber gelockert wird. Das Original heißt Yeomans-Pflug. Der Pflug wird genau parallel zu den Gräben/Aufschüttungen eingesetzt.

Der Sinn des Einsatzes dieses Pfluges ist:

  • Boden tief auflockern. Wurzeln können dadurch besser in die Tiefe vordringen
  • Boden belüften, dadurch kommt u.a. Sauerstoff in die Tiefe, so dass dort Humus bildenden Abbauprozesse stattfinden können
  • Zusätzliche Minigräben zur besseren Verteilung des Wassers
  • Wurzeln von am Rande des Feldes oder der Wiese stehenden Bäumen und Sträuchern abschneiden, so daß diese dem Feld bzw. der Wiese keine Nährstoffe entziehen.

Hier eine Übersetzung eines Teils der Webseite www.keyline.com.au :

1. Mutterboden produzieren

Die Kultivierung, Bewässerungs- und Viehbewirtschaftungstechnik des Hauptliniensystems beschleunigt den Prozess der Bildung von lebendem, natürlichem Mutterboden. Die Umwandlungsrate von tiefer gelegenen Bodenschichten in Mutterboden beträgt unter natürlichen Umständen 10 bis 15 Tonnen pro Hektar und Jahr. In Betrieben, die mit dem Hauptliniensystem arbeiten können es während der zwei bis drei Jahre der initialen Umwandlung 1000 bis 1500 Tonnen pro Hektar und Jahr sein. Die Mutterbodenschicht nimmt dabei jährlich um 10 bis 15 cm  zu. Ein praktisches, kurzfristiges Ziel ist die Vertiefung des lebenden Mutterbodens auf eine Stärke von 30 bis 45 cm.

2. Hauptlinien-Muster-Kulitivierung zur Bekämpfung der Bodenerosion

Das Anlegen von Furchen, selbst von schmalen, beeinflusst die Richtung, in der das Oberflächenwasser abläuft. Nur Hauptlinien-Kultivierung verzögert die Konzentration in Talgebieten. Sie ermöglicht es, dass  das Oberflächenwasser auf den Höhenrücken, die unter der Höhenlinie des betreffenden Punktes der Talsohle des Seitentals liegen, zu leiten und dort zu halten. Das Muster der Hauptlinien-Kultivierung sieht aus wie ein vergrößertes Konturmuster. Das Muster der Furchen fällt von den Tälern zu den niedriger gelegenen Gebieten der angrenzenden Höhenrücken ab. Dabei wird die Feuchtigkeit in den Höhenrücken absorbiert und die Konzentration in den Tälern reduziert. Der Boden wird durch die Belüftung mit dem Tiefenkultivator verbessert.

Die beiden folgenden Bilder von Mark Shepards New Forest Farmhttps://newforestfarm.us zeigen ein Beispiel des Hauptlinien-Designs:

newforestfarm newforstfarm2Auf das Hauptliniensystem aufmerksam geworden bin ich durch Mark Shepards Buch Restoration Agriculture. In Kapitel 13, Getting Started, beschreibt er kurz das Hauptliniensystem und auch seine Erfahrung mit der tiefen Auflockerung des Bodens mit einer Art Yeomans-Pflug, der bei ihm nur einen Zinken hat. Er habe anfangs mit seinem 35 PS-Traktor oft selbst bei nur 30 cm Tiefe immer wieder Probleme gehabt, weil sein Traktor es kaum geschafft habe, auch sei der Zinken am Ende des Feldes immer voll mit rotem oder gelbem Ton oder Lehm gewesen, den er mit einem Spaten habe entfernen müssen. Nach 15 Jahren komme er nun sehr viel tiefer (in seiner DVD spricht er von 3 Fuß, also ca. 90 cm!) und er habe keinen Ton oder Lehm mehr an den Zinken, weil der Boden in Mutterboden verwandelt worden sei.


Diese Technik ist meines Erachtens auch interessant, weil damit sehr erhebliche Mengen von Kohlenstoff bzw. an  CO2  im Boden gebunden werden können. Dazu kommt bei der Restaurierenden Landwirtschaft wie sie Mark Shepard zeigt, der höhere Anteil an Bäumen, Sträuchern und Grünland oberhalb des Bodens, was ebenfalls für die CO2-Bilanz förderlich ist.

Mark Shepard bezieht sich auf das Buch Water for Every Farm – Yeomans Keyline Plan von P.A. Yeomans und und empfiehlt dies als weiterführende Lektüre.

Probleme bei dem Versuch dieses Hauptliniensystem in Deutschland und Europa zu nutzen sehe ich, wenn ich an die Bauernversammlung zur neuen EU-Agrarförderung zurückdenke, die ich im März 2015 besucht habe, zunächst in den EU-Agrarvorschriften und der Bürokratie. Ein weiteres praktisches Problem dürften in vielen Fällen die in der Regel rechteckigen, nicht an die Geländekontur angepassten  Grenzen sein. An das Hauptliniensystem hat man bei den Flurbereinigungen jedenfalls mit Sicherheit nicht gedacht.

Anderseits ist dieses Hauptliniensystem eine Möglichkeit in sehr kurzer Zeit sehr kostengünstig sehr große Mengen CO2 aus der Luft zu entnehmen und als Kohlenstoff für die Nahrungsversorgung und den Katastrophenschutz nutzbringend als Humus  im Boden zu  speichern.  Man kann damit jedenfalls in wenigen Jahren soviel Mutterboden bzw. Humus erzeugen, wie es die Natur es sonst nur in vielen Jahrhunderten schafft.  Die Treibhausgasbilanz der Landwirtschaft würde durch das Hauptliniensystem auch verbessert, weil es den Einsatz chemischer Düngemittel reduziert oder überflüssig macht.  Kombiniert mit den anderen Komponenten der Restaurativen Landwirtschaft, die den Schwerpunkt der Grundnahrungsmittelerzeugung auf mehrjährige Pflanzen, Bäume und Sträucher verlegt, kann außerdem der heute völlig ungenügende Katastrophenschutz und damit auch die Überlebensfähigkeit der Bevölkerung Fall eines Weltkrieges verbessert werden.

Die Realisierung und Unterhaltung des Hauptliniensystems, wie es Mark Shepard zeigt, könnte ggf. auch mit mehrspännigen Pferdegespannen und in Handarbeit erfolgen, etwa wenn Diesel und Ersatzteile für moderne Landmaschinen nicht mehr verfügbar wären. Grundsätzlich und wegen des Potentials schnell und kostengünstig  in sehr großen Mengen der CO2 im Boden zu speichern und gleichzeitig die Bodenfruchtbarkeit zu verbessern, wäre es sinnvoll, diese Methode so bald wie möglich zu nutzen. Dazu müssten aber die gesetzlichen und bürokratischen Hürden, die derzeit den Versuch einer Anwendung des Hauptliniensystems in Deutschland und Europa behindern und oft unmöglich machen würden, beseitigt werden.  Die EU-Agrarförderung müsste entsprechend angepasst werden und  man müsste Wege finden, um z.B. über gesetzlich verordnete Genossenschaften, ähnlich wie derzeit schon bei den Jagdgenossenschaften,  auch über die Grundstücksgrenzen hinweg Hauptliniensysteme zu realisieren.

Ein Hinweis darauf, dass das System in Deutschland teilweise schon länger bekannt ist,  sind der folgende Link aus dem Jahre 2008:

http://www.landtreff.de/sehr-schnelle-bodenverbesserung-bei-weiden-t27918.html

und die beiden folgenden Links:

http://issuu.com/burkhardkayser/docs/artikelsammlung_p.a._yeomans
http://issuu.com/burkhardkayser/docs/bilder_p.a.yeomans

Im Bezug auf die Philosophie der Bodenbearbeitung nach P.A. Yeomans, mit dessen tiefgehenden Yeomans-Pflug oder Tiefengrubber möchte ich hier darauf hinweisen, dass man sich diese sehr energieaufwendige, schwere Arbeit möglicherweise zumindest in manchen Fällen sparen kann.  Das Ehepaar Paul und Elizabeth Kaiser hat auf seiner Singing Frogs Farm eine extrem intensive Gartenbautechnik entwickelt, die praktisch völlig ohne pflügen und umgraben auskommt. Siehe hierzu das Interview  Paul & Elizabeth Kaiser: Sustainable Farming 2.0. Die Kaisers holen aus ihrem kleinen, ohne Kunstdünger, Pflanzenschutzmittel, Unkrautvernichtungsmittel, Gensaatgut und schwere Maschinen auskommenden, biologischen Gartenbaubetrieb mit nur ca. 1,2 Hektar pro Flächeneinheit, mit über 23 US-Dollar Umsatz pro Quadratmeter, drastisch mehr heraus als  konventionelle Betriebe; und sie benötigen auch wesentlich weniger Wasser für die Bewässerung.

Das Hauptliniensystem von P.A. Yeomans und auch das diesem zumindest sehr ähnliche Wasserbewirtschaftungssystem von Sepp Holzer werden durch die revolutionäre Weiterentwicklung des biologischen Gartenbaus durch die Kaisers, oder auch durch das ältere, nicht ganz so ertragreiche, aber doch schon beeindruckende biointensive Gärtnern nach John Jeavons nicht überflüssig, sondern können vielmehr die Voraussetzungen für solche extrem Leistungsfähigen und zudem nachhaltige, auch für den CO2-Haushalt vorteilhafte und weitgehend ohne fossile Brennstoffe auskommende Gartenbaumethoden verbessern.

Im Folgenden noch einige Filme zum Teil erstaunlich alte Filme zum Hauptlinienssystem nach P.A. Yeomans, die ich auf Youtube gefunden habe:

Sehr gute Erläuterung des Prinzips des Keyline-Systems an einem Beispiel aus Ton, dem englischen Akzent nach wohl irgendwo in Indien:

Beispiel wo in den USA ein Hauptliniensystem mit Gräben (Swales) und einem Teich (Pond) mit einer modernen Planierraupe angelegt wird. Hier geht es auch darum, das System so zu gestalten und anzupassen, dass später bei der landwirtschaftlichen Nutzung große Maschinen eingesetzt werden können:

Spanischer Film. Kann ich nicht verstehen, zeigt aber gute Bilder zur Veranschaulichung der landschaftlichen Gestaltung mittels Hauptlinien- bzw. Keyline-System:

 

Eine Doku aus dem Jahr 1981, über P.A. Yeomans und seine Anwendung des Keyline-Systems im Kiewa-Tal in Australien:

Eine Doku aus dem Jahr 1986, über P.A. Yeomans und seine Anwendung des Keyline-Systems:

 

P A Yeomans-Building a Keyline Dam (25 min) 1960: Landwirtschaftlicher Dammbau nach den Vorgaben von P.A. Yeomans in Australien um 1960:

In meiner Gegend, der Eifel, lautete am am 10. Juni 2015, eine Überschrift in einem der lokalen Anzeigenblätter, dem Wochenspiegel, Die Eifel spürt den Klimawandel – Trockenheit im Frühjahr wird zum Dauerphänomen – Erste Schäden in den Gärten und in der Landwirtschaft.

Anderseits gibt es im Winter öfters Hochwasser und im Sommer gibt es hin und wieder sehr heftige Regenfälle, die zu Erosionen führen. Die Anwendung des oben dargestellte Haupliniensystems würde in der Eifel daher insgesamt Sinn machen. Man würde das Wasser länger und besser auf den Nutzflächen halten und damit Schäden durch Trockenheit reduzieren und anderseits das Risiko von Bodenerosionen vermindern.  Durch die Tümpel und Teiche, die zu diesem System gehören würden auch Lebensräume für Amphibien und andere Tiere  geschaffen, was zum einen der Schädlingsbekämpfung und zum anderen den Zielen des  Naturschutzes dienen würde.

Anfang Juni 2015 war ich auf einem 3-tägigen Seminar bei Sepp Holzer und habe einige Tage später auch den inzwischen von seinem Sohn Andreas Joseph Holzer geführten Krameterhof besichtigt. Eine der Grundlagen von Sepp Holzers Permakultur und des Krameterhofes ist ein Wasserwirtschaftsystem, dass dem oben vorgestellten Hauptliniensystem ähnelt. Das System der Holzers wird insbesondere in Holzers Buch Wüste oder Paradies: Holzer’sche Permakultur jetzt! Von der Renaturierung bedrohter Landschaften über Aqua-Kultur und Biotop-Aufbau bis zum Urban Gardening, sowie in der DVD Holzer`sche Permakultur jetzt! – Wüste oder Paradies  dargestellt.

An der Mosel  bei Cochem habe ich bei einem Ausflug Ende Juni 2015 überrascht festgestellt, dass man dort in den Weinbergen nun auch das Problem erkannt zu haben scheint und angefangen hat Weinberge rechtwinklig zum Hang, bzw. parallel zu den Höhenlinien zu bepflanzen.

Einem Landwirt, mit dem ich mich über das Hauptliniensystem unterhalten habe, meinte, da kaum Wasser in dem Bach hinter seinem Haus wäre, wäre doch auch kaum Wasser da das man mit dem Hauptliniensystem für sein Land zurückhalten könne. Nun kenne ich gerade diesen Bach und andere Bäche in dieser Gegend von Jugend an sehr gut und weiß, dass diese zwar im Sommer in der Tat oft kaum Wasser führen, aber im Winter und nach starken Regenfällen haben sie oft Hochwasser und außerdem ist das Wasser dann oft von der mitgerissenen Erde stark braun gefärbt. Das Ziel des Hauptliniensystem nach P.A. Yeomans, zu dem neben der intelligenten Anlage eines Systems von Gräben, Tümpeln, und Wasserrückhalteteichen auch die Verbesserung des Bodenlebens und die Vergrößerung der Dicke der Mutterbodenschichten gehört, ist ebenso wie bei dem von Sepp Holzer angewendeten Wasserbewirtschaftungssystem, das Wasser der Niederschläge des ganzen Jahres möglichst auf dem Grundstück zu halten und zu nutzen und dabei gleichmäßig über das Jahr verteilt das überschüssige Wasser an die Fließgewässer ab zu geben.  Es geht also darum die bei Hochwasser abfließenden Wasserüberschüsse und auch das mit dem Hochwasser verbundene Wegschwemmen von Mutterboden zu begrenzen und das Wasser für trockene Zeiten zurück zu halten. Dabei ist noch zu beachten, dass lockerer Mutterboden mit viel organischem Leben und hohem Kohlenstoffgehalt offenbar sehr viel mehr Wasser aufnehmen kann als relativ toter, verfestigter und kohlenstoffarmer Boden. Es geht also darum Hochwasserschutz und Erosionsschutz zu betreiben, den Wasserfluss in den Bächen gleichmäßiger werden zu lassen und dabei gleichzeitig die Bodenfruchtbarkeit zu steigern. 

Letzte Nachbesserung 14. Dezember 2017 Christoph Becker