Bodenerosion in Maisfeldern

In dem erstmals 1929, also vor mehr als 85 Jahren erschienenen Buch Tree Crops: A Permanent Agriculture (dt. Baumfrüchte: Eine Nachhaltige Landwirtschaft) von J. Russell Smith, habe ich schon auf Seite 5 den im Folgenden von mir ins Deutsche übersetzten, beim Blick auf die vielen Maisfelder in deutschen Mittelgebirgen und in Österreich, im Frühjahr/Sommer 2015, sehr nachdenklich stimmenden Text gefunden:

Wald – Feld – Pflug – Wüste – das ist der der Zyklus des Hügellandes in dem größten Teil der in der Landwirtschaft den Pflug verwendenden Kulturen – ein Zyklus, der nicht auf China beschränkt ist.
China hat eine tödliche Ausdehnung davon, aber Syrien, Griechenland, Italien, Guatemala und die Vereinigten Staaten haben es ebenfalls. Obwohl wir Amerikaner
historisch gesehen unser Land erst seit relativ kurzer Zeit besiedeln, zerstören wir den Boden schneller durch Erosion als jedes andere Volk, das jemals in alten und neuen Zeiten gelebt hat, alle wilden, zivilisierten Völker und Barbaren inbegriffen.

Wir haben die Maschinen, die uns dabei helfen zu zerstören und zu schaffen.
Wir haben auch andere Faktoren der Zerstörung, die für die Weiße Rasse neu sind und die sehr wirksam sind. Wir haben Bodenbearbeitung erfordernde Bodenfrüchte – Mais, Baumwolle und
Tabak. Europa hatte diese Bodenfrüchte nicht. Die alten Getreidesorten der  Europäer,
Weizen, Gerste, Roggen, und Hafer, bedecken den gesamten Grund
und halten den Boden mit ihren Wurzeln. Wenn ein Mensch Mais,
Baumwolle oder Tabak anbaut und dazu pflügt, löst er die Erde, zerstört damit deren Halt, den sie mit den Pflanzenwurzeln vielleicht gewonnen hat. Pflügen für den Maisanbau ist die effizienteste Methode zur Zerstörung des nicht ebenen Ackerlandes.

Wir in Amerika haben einen anderen Faktor der Zerstörung, der für die weiße Rasse fast neu ist – den Gewittersturm. Das südliche Europa hat einen regenlosen Sommer. Nordeuropa hat einen leichten Niederschlag,
der in sanften Schauern kommt. Die Vereinigten Staaten haben den Platzregen des Gewittersturms.
Wenn sich der amerikanische Himmel öffnet und Ströme von 5 cm Niederschlag in einer Stunde in ein hügeliges Getreidefeld gießt, kann das  genauso viel Bodenerosion bewirken wie 500 cm sanfter auf Weizen oder Grasland fallender Regen in Großbritannien oder Deutschland.

Mit diesem Zitat vor Augen habe ich an Pfingsten 2015 eine kleine Tour in der Eifel unternommen, um Maisäcker zu photographieren. Im Laufe der Jahre hatte ich auch in der Eifel mehrfach sehr heftige Regenschauer erlebt, die zu Erosionen geführt haben.

Nur wenige Tage später, ausgerechnet anlässlich der Reise zu einem Seminar bei Sepp Holzer, über dessen Permakultur, Wasserwirtschaft und Erosionsschutzverfahren im Burgenland, hatte ich Gelegenheit, auch in Bayern und Österreich jede Menge Felder in Hanglagen mit Mais und teilweise auch mit Soja zu sehen, die offensichtlich erosionsgefährdet sind. Nach der Ankunft im Burgenland, am Vorabend des ersten Seminartages, hatte ich dann die Gelegenheit bei einer kleinen Wanderung Beispiele aktueller Bodenerosion nach einem Starkregen zu fotographieren, der in den Tagen davor niedergegangen war.

Im Folgenden einige der Bilder aus der Eifel (noch ohne aktuelle Erosionsschäden) und aus dem Burgenland ( mit Bodenerosionen nach einem Starkregen).

MaisEifel2015-05-24Nebenstehend ein Maisacker in der Vulkaneifel an Pfingsten 2015, stellvertretend für viele andere, die ich in Rheinland-Pfalz, Hessen, Bayern und Österreich gesehen habe. Starke Regenfälle, wie die welche die Erosionsschäden auf den weiter unten stehenden Bildern von Maisäckern bei Jennersdorf im Burgenland verursacht haben, gibt es auch in der Eifel.

Bilder von Erosionsschäden an Maisäckern in der Gegend von Jennersdorf im Burgenland, am Donnerstag nach Pfingsten 2015, nachdem es in den Tagen vorher unwetterartige Niederschläge gab:MaisJennersdorf2015-05-28g MaisJennersdorf2015-05-28f MaisJennersdorf2015-05-28e MaisJennersdorf2015-05-28d MaisJennersdorf2015-05-28cMaisJennersdorf2015-05-28a2  MaisJennersdorf2015-05-28 MaisJennerdorf2015-05-28b

Wie ist es möglich, dass man 2015 in Europa, auch in Hanglagen, seit einigen Jahren im großen Stil Mais anbaut und dass dies mit staatlichen Mitteln subventioniert wird, um damit unter anderem angeblich umweltfreundliche, “erneuerbare” Energie zu erzeugen,  während man seit 1929, also seit über 85 Jahren weiß, dass man damit die Leistungsfähigkeit der landwirtschaftlichen Nutzflächen unter anderem durch Erosion zerstört UND während man ganz sicher nicht nur anhand der von mir im Burgenland photographierten Beispiele den praktischen Nachweis hat, dass das mit der Bodenzerstörung durch Erosion tatsächlich wahr ist?


Auf der Webseite www.Pflanzenforschung.de wurde am 22.5.2015 eine Zusammenfassung einer aktuellen Studie über das Problem der Bodenerosion veröffentlicht,  die zu obiger Beobachtung passt. Anders als der Schluss des Artikels suggeriert, ist das Know How zur Vermeidung von Bodenerosionen aber durchaus längst vorhanden und man muss nicht erst noch viel Zeit und Geld in Forschung investieren, sondern müsste einfach nur mal lesen, was umsonst oder für ein paar Euro verfügbar ist. Neben dem eingangs erwähnten (kostenlos herunterladbaren) Buch Tree Crops: A Permanent Agriculture von J. Russel Smith, wären z.B. das von mir schon in meinen Artikel Restaurierende Landwirtschaft vorgestellt Buch und die DVD von Mark Shepard, sowie das in meinem Artikel Nachhaltige Bodenverbesserung  vorgestellte (kostenlos herunterladbare) Buch von Fred Magdoff und Harald van Es, sowie das Buch 4000 Jahre Landbau in China, Korea und Japan von F.H. King empfehlenswert. Einfach mal lesen und sich ansehen und anhören was Sepp Holzer und sein Sohn zu sagen haben kann auch helfen und ist ebenfalls recht preiswert und soweit auf Youtube verfügbar sogar kostenlos. Das kostenlos herunterladbare Buch The Keyline Plan von P.A. Yeomans, zu den Artikel Das Hauptliniensystem geschrieben habe,  ist ebenfalls hilfreich wenn man Bodenerosionen vermeiden möchte.

Kelberg, den 5. Juli 2015 Christoph Becker




Katastrophenschutzübung

Der Kreistag des Vulkaneifelkreises hatte in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) eine Risikoanalyse für einen kleinen Stromausfall durchgeführt, wie der “Daun-Gerolsteiner Wochenspiegel” vom 1. Juli 2015, in einem Artikel mit dem Titel Wenn Notstrom Mangelware wird,  und der SWR auf Seiner Landesschauseite vom 26.6.2015 unter dem Titel Horror-Szenario Stromausfall Vulkaneifelkreis sorgt vor berichteten.

Die gesetzten Randbedingungen waren recht einfach:

  • Temperaturen nur(!) um den Gefrierpunkt (Es kann in dieser Gegend im Winter auch -10° bis -15°  kalt werden, wobei dann jede Menge Heizungsanlagen und Wasserleitungen bei einem längeren Stromausfall durch Frostschäden beschädigt werden, wenn die Leitungen nach dem Stromausfall nicht  rechtzeitig entleert werden.)
  • Der hypothetische Stromausfall sei durch einen Blitz verursacht gewesen und betraf nur ein einziges Umspannwerk, so dass insgesamt nur etwa 8000 Einwohner in der kleinen Stadt Gerolstein und einigen angrenzenden Gemeinden keinen Strom hatten.
  • Der Stromausfall dauerte nur drei Tage.

Was man an Mängeln heraus fand, will ich hier nicht wiederholen. Es kann in den verlinkten Artikeln des Wochenspiegels und des SWR nachgelesen werden.

Den Verantwortlichen scheint klar zu sein, dass das simulierte Kataströphchen wirklich sehr winzig war und nur als erste kleine Übung betrachtet werden kann. Wie der Wochenspiegel schreibt, soll nun auch ein den ganzen Landkreis betreffender Stromausfall durchgespielt werden,  wobei als Vorbild der durch Eis und Schnee verursachte großflächige Stromausfall im Münsterland im Jahre 2005 zu dienen scheint.

Ich finde es gut, dass unser Kreistag und die Kreisverwaltung überhaupt etwas tun und sich mit den Risiken der Abhängigkeit der Bevölkerung von einer funktionierenden Stromversorgung befassen.

Dennoch möchte ich hier darauf hinweisen, dass wir in den nächsten Jahren und Jahrzehnten mit Stromausfällen rechnen sollten, die nicht nur ganze Landkreise, sondern auch ganz Deutschland und ganz Europa betreffen und die nicht nur Tage oder Wochen, sondern viele Monate oder Jahre dauern können.

Wie der von mir ins Deutsche übersetzte offene Brief amerikanischer Sicherheitsexperten an US-Präsident Obama aus dem Mai 2015 zeigt, rechnet die NASA inzwischen damit, dass die Wahrscheinlichkeit für einen unsere Stromversorgung bei derzeitigen Stand der Dinge voraussichtlich vollständig und auf absehbare Zeit irreparabel  ruinierenden Sonnensturm 12 % pro Jahrzehnt beträgt. Das heißt, dann wäre nicht nur ein Umspannwerk, sondern es würden unter anderem vielleicht fast alle großen Transformatoren der Umspannwerke in Europa und Nordamerika zerstört. Diese Transformatoren haben in normalen Friedenszeiten eine Lieferzeit von über einem Jahr.

Mit der Wahrscheinlichkeit von  12% pro 10 Jahre schlägt also alleine schon die Sonne zu. Aber die ist derzeit vermutlich das kleinere Risiko. Die größte Gefahr ist ein großer Krieg, bei dem die europaweite, flächendeckende Zerstörung der Stromversorgung und der Elektronik durch einen sogenannten EMP-Angriff oder in einer Vorstufe vielleicht auch durch Hackerangriffe heute zum Eröffungsfeuerwerk gehören dürfte. Eine eindrucksvolle, wissenschaftlich gut fundierte Simulation eines EMP-Angriffs liefert z.B. in deutscher Sprache der Roman One Second After – Die Welt ohne Strom von William R. Forstchen. Siehe dazu insbesondere auch meine Blogbeiträge Eine Sekunde danach und Weitere Literatur zum Thema EMP, wo u.a. auch eine Fernsehdokumentation verlinkt ist. In “One Second After” werden die USA mit nur drei in sehr großer Höhe explodierenden Atomwaffen  so getroffen, dass die Stromversorgung und die Elektronik nahezu vollständig in den gesamten USA ausfallen. Der Roman erzählt die Geschichte der etwa 8000 Einwohner großen Kleinstadt Black Mountain im US-Bundesstaat North Carolina von kurz vor bis ein Jahr nach diesem totalen Stromausfall.  In Black Mountain sterben in diesem einen Jahr “nur” 80 % der Bevölkerung. Für die USA insgesamt rechnet man damit, dass  90 % der Bevölkerung binnen eines Jahres durch die Folgen dieses Ausfalls der Stromversorgung und der Elektronik umkommen. In dem Roman dauert es genau ein Jahr, bis eine erste Einheit der amerikanischen Streitkräfte mit Nahrungsmitteln und Medikamenten eintrifft.

DAS ist das Kaliber eines Katastrophenszenariums, auf das man sich meines Erachtens vor allem (auch) vorbereiten sollte.

Die Wahrscheinlichkeit, dass uns ein derart schrecklicher, totaler Ausfall der Stromversorgung und Elektronik trifft, dürfte höher sein, als die Wahrscheinlichkeit, dass ein durch Eis und Schnee verursachter Stromausfall wie der von 2005 im Münsterland ausgerechnet den Kreis Vulkaneifel trifft.

Das erscheint widersinnig, aber es ist so. Denen, die es nicht glauben, sei zunächst gesagt, dass, wie Nassim Nicolas Taleb in seinem Buch Der Schwarze Schwan: Die Macht höchst unwahrscheinlicher Ereignisse, schreibt, der Mensch nachgewiesener Maßen dazu neigt die Wahrscheinlichkeit des Eintreffens kleiner, “normaler” Gefahren zu überschätzen und die Wahrscheinlichkeit des Eintreffens seltenerer, katastrophaler Ereignisse zu unterschätzen. Die Versicherungen machen sich dies zu Nutze, um den Leuten unnötige Versicherungen zu verkaufen. Weil die tatsächliche Wahrscheinlichkeit bei den kleinen Schäden geringer ist als deren gefühlte Wahrscheinlichkeit, sind die nüchtern  berechneten, der Versicherung Gewinn bringenden Versicherungsprämien so gering, dass der durchschnittliche Deutsche oft fälschlich glaubt, mit der Versicherung ein Schnäppchen zu machen und davon zu profitieren. Siehe dazu auch meinen Artikel Zahnzusatzversicherungen.

Die Gefahr eines richtig großen Krieges, bei dem auch Atomwaffen eingesetzt werden, und bei dem damit heute wohl vor allem die Stromversorgung und Elektronik flächendeckend zerstörende EMP-Angriffe ausgeführt werden, ist könnte aus verschiedenen Gründen größer sein als allgemein vermutet. Ein Grund davon ist leider der Umstand, dass zu viele einen solchen Krieg heute für unmöglich halten.

Aktuell fand ich dazu auf Focus Online vom 4. Juli 2015 einen Artikel mit der Überschrift Atomarer Erstschlag als Option?Experten warnen: Die US-Präventivstrategie führt zu einem dritten Weltkrieg. Die Kommentare unter dem Artikel zeigen mir aber, dass viele Focus-Leser nicht begriffen haben, dass und wie man Atomwaffen heute sehr wohl einsetzen kann, ohne dabei die ganze Erde zu zerstören. Ein EMP-Angriff ist z.B. eine ziemlich saubere Angelegenheit, weil es zumindest direkt durch die Atomwaffenexplosion keinerlei radioaktiven Niederschlag und auch sonst keine der bei der Zündung von Atomwaffen in geringen Höhen üblichen Schäden gibt. Ein Problem könnten höchstens Atomkraftwerke und Atommülllager werden, wenn diese nach der durch den EMP-Angriff erfolgten  Zerstörung der Stromversorgung und Elektronik außer Kontrolle geraten. Ansonsten empfehle ich Leuten, die Angst vor Atomwaffen haben, einmal mit dem Atomwaffensimulator  zu spielen, den ich auf meiner Webseite verlinkt habe. Ein nüchterner Mensch hat einmal vorgerechnet, dass alle Atomwaffen dieser Erde zusammen gerade einmal ausreichen, um Europa vollständig platt zu bomben, weil man dann schon etwa alle 20 bis 25 km eine Atomwaffe zünden müsste. Europa ist aber nur ein kleiner Teil der Welt, in der das Leben dann weiter ginge. Wenn man aber nur mit einem EMP-Angriff die Stromversorgung und Elektronik vernichten will, dann reichen für Europa voraussichtlich insgesamt höchstens 2 bis 3 Atomwaffen und für die USA braucht man dann auch nur 3 Sprengköpfe. Für Deutschland, die Benelux-Länder und GB zusammen würde ein einziger Atromsprengkopf ausreichen, den man z. B. von einem Frachtschiff oder U-Boot in der Nordsee oder im Golf von Biscaya abfeuern könnte.

Das kann man nicht? Das macht keiner?

Henry Kissinger hat in seinem Buch Großmacht Diplomatie. Von der Staatskunst Castlereaghs und Metternichs. gemeint, dass ein Grund für den 1. Weltkrieg auch darin bestanden habe, dass der von Fürst Metternich und Lord Castlereagh beim Wiener Kongress ausgehandelte europäische Frieden so stabil gewesen sei und im Großen und Ganzen fast 100 Jahre Frieden beschert habe,  so dass die Menschen in Europa das Gefühl für das Tragische verloren hätten.

Es gibt dazu aber noch eine ganz andere Erklärung, aus der man für die kommenden Jahre ein sehr hohes Risiko für einen 3. Weltkrieg ableiten kann: Die Generationsdynamik, wie sie William Strauss und Neil Howe mit ihrem Buch The Fourth Turning  und John Xenakis mit seinen Büchern Generational Dynamics: Forecasting America’s Destiny  und Generational Dynamics for Historians sowie mit seinem Webblog www.generationaldynamics.com beschreiben. Die Theorie der Generationsdynamik besagt, dass es einen Zyklus der Generationen gibt, der insbesondere auch durch extreme Katastrophen, Krisen oder existenzbedrohende Kriege geprägt ist. Die Generation, die einen solchen Krieg oder eine solche Katastrophe als Erwachsene erlebt hat, versucht danach alles, um eine Wiederholung zu vermeiden. Das allgemeine Verhalten dieser Kriegsgeneration und der von ihr schließlich gesicherte Frieden, resultiert dann in Generationen von  Kindern, Enkeln und Urenkeln, die jeweils typische Eigenschaften aufweisen. Mit dem Altern und Wegsterben der Kriegsgeneration verblasst schließlich die Furcht vor einer Wiederholung der alten Katastrophe und die Menschen werden sorgloser, leichtsinniger und überheblicher. Der Frieden und das Funktionieren der Gesellschaft erscheint zunehmend grundsätzlich gesichert und man verliert zunehmend das Gefühl für das Tragische, das die Geschichte bereit hält.

Heute kann man in China, aber auch in den USA und in Europa  beobachten, wie Politiker und Bevölkerung  immer leichtsinniger und aggressiver werden, weil sie extreme Katastrophen und Krieg für unwahrscheinlich oder sogar für unmöglich halten.  Ich denke hier insbesondere an die Spannungen im Südchinesischen Meer und an das Auftreten des Westens in der Ukraine und in den nun zur Nato gehörenden ehemaligen Warschauer Pakt Staaten.

Zu John Xenakis Einschätzung der Lage hatte ich schon einen Blogbeitrag “Neues aus dem Nahen und Fernen Osten” geschrieben.

Falls das alles nicht genug ist, wären da noch William Catton und Joseph Tainter mit ihren Analysen. Von beiden habe ich je ein Interview übersetzt: Ökologisches Überschwingen – Interview mit Prof. William Catton und Kollaps komplexer Gesellschaften – Interview mit Prof. Dr. Joseph Tainter.

Ferner ist noch zu bedenken, dass Seuchen wie Ebola oder auch Pocken in den ständig wachsenden Riesenstädten dieser Welt ausbrechen, außer Kontrolle geraten und dann den internationalen Handel lahm legen oder zumindest drastisch reduzieren können. Weitere katastrophale Entwicklungen sind denkbar.  Unser Problem bei alledem ist die Komplexität und die Abhängigkeit  unserer Gesellschaft von globalen Handelsströmen sowie von Spezialisten und von für gezielte Angriffe hoch empfindlichen, komplexen Infrastrukturen, bei gleichzeitig  zunehmender, weltweiter Verknappung von Ressourcen wie Öl, Gas und Kohle, Erze, Wasser, fruchtbarem Land und Fischgründen.

Eine sinnvolle Vorbereitung auf Katastrophen auf landkreisebene sollte jedenfalls auch davon ausgehen, dass von außerhalb des Landkreises keine Hilfe und auch kein Nachschub an Brennstoffen, Treibstoffen, Nahrungsmitteln, Medikamenten, Saatgut, Pestiziden, Herbiziden und Ersatzteilen mehr kommt. Das ist zwar sehr heftig, für viele vielleicht zu schrecklich, aber wenn man mit so einem Szenarium rechnet, statt den Kopf in den Sand zu stecken, dann werden, wenn dieser Fall eintritt eben nicht, wie es heute der Fall wäre, 90 oder mehr Prozent der Einwohner binnen eines Jahres sterben, sondern vielleicht nur 20 bis  50 Prozent, oder sogar noch weniger. Je früher und besser man sich vorbereitet und insbesondere die Nahrungsmittelversorgung im Krisenfall und auch die mittel- und langfristige Fähigkeit zur lokalen Nahrungsmittelproduktion bedenkt und verbessert, je weniger Menschen werden sterben müssen und je geringer ist das Risiko des totalen Zerfalls aller sozialen Bindungen, wie es der Ethnologe Collin Turnbull in seinem Buch Das Volk ohne Liebe. Der soziale Untergang der Ik beschrieben hat.  Der Wikipediaeintrag zu den Ik ist https://de.wikipedia.org/wiki/Ik_%28Ethnie%29.

Der Redakteur des Wochenspiegel, Herr Torsten Wirtz, hatte in seinem Kommentar zu der im Auftrag des Kreistages durchgespielten Minikatastrophe mit der Überschrift  “Wenn, dann bitte auch richtig” versehen. Ich meine, dass verschiedene Katastrophen verschiedene Antworten und Vorbereitungen brauchen, weshalb man verschiedene Szenarien durchspielen sollte. Meines Erachtens  sollte man dabei mindestens folgende Katastrophen erfassen:

  1. Den lokal auf eine kleine Stadt und einige Dörfer begrenzten, mehr als 3 Tage dauerenden Stromausfall im Winter, wie er nun bereits simuliert wurde, wobei ich allerdings eine Aussentemperatur von -15° annehmen würde.
  2. Den, den ganzen Landkreis betreffenden,  länger dauernden Stromausfall durch Eis- und Schnee, analog dem der 2005 im Münsterland passiert ist. Dieses Szenarium ist offenbar schon geplant.
  3. Einen Europa und Nordamerika treffenden, nahezu totalen Ausfall der Stromnetze und auch der Elektronik als Folge eines extremen Sonnensturmes wie der von Lord Carrington 1859 beobachtete oder als Folge eines in der Anfangsphase eines großen Krieges zu erwartenden EMP-Angriffs, mit einigen wenigen Atomwaffen, nachdem eine Reparatur der elektrischen und elektronischen Infrastruktur viele Monate oder Jahre dauert oder wegen eines Krieges vielleicht überhaupt nicht mehr möglich ist. Vorbild könnten die oben erwähnten Romane “One Second After: Die Welt ohne Strom”  und “SS18: The Satan Legacy” sein.
  4. Ein Vulkanausbruch wie mindestens der des Tambora im Jahre 1815, der in der Eifel die Hungersnot von 1816/17 ausgelöst hat.

Die Szenarien 3 und 4 erfordern meines Erachtens eine gezielte Zusammenarbeit,  insbesondere auch mit den Gemeinderäten der Wald besitzenden Gemeinden, den Forstämtern und den Landwirten. Man müsste zur Vorbereitung auf die schwereren Katastrophen auch in die Verbesserung des Wasserhaushaltes auf den land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen investieren, um bei Trockenheit mehr Wasser zu haben und um anderseits das Hochwasserrisiko zu mindern. Siehe hierzu insbesondere meinen Blogbeitrag über das Hauptliniensystem nach P.A. Yeomans, das für die Eifel vermutlich gut geeignet wäre. Dann könnte es sehr hilfreich sein, wenn man Aufforstungen in Zukunft hauptsächlich mit Walnussbäumen, Kastanien und Obstbäumen durchführen würde, um unabhängig vom Funktionieren der Landwirtschaft jährlich automatisch hochwertige Lebensmittel (Nüsse, Kastanien und Obst) ernten zu können. Das Anpflanzen von Haselnüssen wäre dazu ebenfalls äußerst wertvoll. Siehe dazu z.B. den Artikel Growing Hazelnuts for Biofuel Production. Während jetzt im Sommer in der Eifel die Energie der Sonne von der Landwirtschaft nur sehr mangelhaft für die Photosynthese genutzt wird (die Kornfelder sind gelb, die Wiesen kurz, die  Maisfelder mit ihrem blanken, erosionsgefährdeten Boden und eher noch kleinen, mit großem Abständen wachsenden Pflanzen sind ein Ärgernis) . Die Haselnusssträucher dagegen haben reichlich grüne Blätter und setzten damit Sonnenenergie per Photosynthese in Holz und hochwertige, energiehaltige Nahrungsmittel um, ebenso wie die Walnussbäume, die Kastanienbäume und auch die Obstbäume. Wenn ein Krieg oder eine andere Katastrophe die Landwirtschaft mit ihren Maschinen und ihrer Abhängigkeit von Importen und Industrieprodukten lahm legt, dann produzieren die Haselnusssträucher und die Nuss-, Kastanien- und Obstbäume, aber auch Beerensträucher die man zusätzlich pflanzen sollte, weiter Früchte und auch Brennmaterial, auch wenn sich eine Zeit lang niemand um sie kümmern kann.  Ich sehe keine bessere Vorsorge für extreme Katastrophen, wie das 21. Jahrhundert sie uns mit hoher Wahrscheinlichkeit noch bescheren wird, als fruchttragende Bäume und Sträucher, als Erdarbeiten zur intelligenten Verbesserung des Wasserhaushaltes und als Maßnahmen zur Verbesserung der Bodenqualität. Zumindest sind solche Maßnahmen ein unerlässlicher Baustein eines wirksamen Schutzes gegen die wirklich gefährlichen Katastrophen.

Der Katastrophenschutz würde damit übrigens teilweise auch zu einer schon heute förderungswürdigen Maßnahme zur Entwicklung von Umwelt, Landwirtschaft und Landschaft im Sinne des Landwirtschaftsministerium. Siehe dazu www.eler-paul.rlp.de

Nachdem ich den obigen Blogbeitrag am 4. Juli noch einmal gründlich überarbeitet hatte, habe ich abends auf ZDF-Info die Dokus über die Entscheidungsschlacht vor Moskau und die Schlacht bei EL Alamein gesehen. Der Film über die Schlacht vor Moskau deutet zumindest nebenbei  an, dass es sich da um einen mit allen Mitteln geführten Ressourcenkrieg handelte und dass die Deutschen wegen des langen Nachschubweges versuchten, aus dem Land zu leben und eben auch, dass die Deutschen vorhatten das Land mit seinen Rohrstoffen und seinem Ackerland komplett zu übernehmen und die Bevölkerung dabei als lästig und überflüssig betrachteten. Es wird auch beiläufig erwähnt, dass der Holocaust erst mit dem Angriff auf die UdSSR begonnen habe und dass letztlich Ressourcenmangel der Auslöser gewesen sein dürfte. Das entspricht alles dem in meinem auf www.freizahn.de  schon mehrfach erwähnten Buch Krieg, Ernährung, Völkermord. Forschungen zur deutschen Vernichtungspolitik im Zweiten Weltkrieg von Christan Gerlach. Auch bei der Doku über die Schlacht bei El Alamein wird deutlich, dass wohl eher Ressourcenmangel und nicht irgendeine abartige Ideologie der eigentliche Antrieb war. Diese Dokus passen schon gut zu einem Blogbeitrag über Kastastrophenschutzplanungen/Vorbereitungen am Anfang des 21. Jahrhunderts in Deutschland.  Der Soziologe und Ökologe William Catton hat in seinem Klassiker Overshoot: The Ecological Basis of Revolutionary Change aus dem Jahre 1982, der heute aktueller denn je ist,  über den 2. Weltkrieg und die Nazis anmerkt, dass wir gut dran getan hätten, oder wenigstens täten, wenn wir diese Katastrophe als das sehen würden was sie wirklich war, nämlich ein schreckliches Vorspiel auf das was uns im 21. Jahrhundert voraussichtlich erwartet. Andere Völker könnten, und würden nämlich voraussichtlich auch, angesichts der sich im 21. Jahrhundert zuspitzenden Lage, sich gezwungen sehen, ähnlich vorzugehen wie damals die Nazis.

Unsere Bundeswehr und die Nato werden in einem großen Krieg voraussichtlich versagen. Siehe Nur noch Schmusekatzen.

ABER, wir könnten lokal in den Landkreisen, durch einen intelligenten Katastrophenschutz und durch eine tatkräftige, kluge Reform unserer Land- und Forstwirtschaft zunächst überleben und dann könnten wir damit vielleicht bei den Eroberern und neuen Herren unseres Landes  genügend Staunen und Bewunderung bewirken, so dass diese uns,  ähnlich wie damals die Sieger des 2. Weltkrieges, wegen unserer Leistungsfähigkeit und unseren Ideen am Leben lassen,  weil sie unsere Fähigkeiten und unser Wissen gebrauchen können.

Beim Nachdenken über den Schutz vor den wirklich großen Katastrophen fällt mir dann auch noch immer wieder ein Gespräch mit einem Landwirt ein, das ich vor einiger Zeit hatte.  Dieser Landwirt hatte resigniert und meinte – wie ich auch – dass es keinen Sinn macht in der Landwirtschaft zu investieren und diese, und damit die Bevölkerung und die Gesellschaft, krisenfester zu machen. Die Menschen in Deutschland hätten heute zu wenig Achtung vor dem Eigentum anderer. Im Ernstfall würde man jedenfalls vom Staat, den Beamten und der Bevölkerung beklaut und geplündert. Deshalb sei es besser, das Leben zu genießen solange es noch geht, und nicht in die Zukunft der Land- und Forstwirtschaft zu investieren. Dieser Landwirt hat meines Erachtens recht, und ich meine daher, dass es eine Aufgabe der Dorfgemeinschaften, der Gemeinden, der Verbandsgemeinden und der Landkreise ist, z.B. von Landwirten Land langfristig zu pachten und dieses mit Blick auf globale und nationale Krisen umzugestalten und zu nutzen.  DAS sah man bei der eingangs erwähnten Mini-Katastrophenübung des Vulkaneifelkreises anders. Dort meinte man, die Landwirte müssten selber für Katastrophen vorsorgen. Für kleine, kurze, lokal begrenzten Katastrophen, nach und während denen von außen genug Nahrungsmittel geliefert werden können, ist das vernünftig. Aber bei den richtig großen, nationalen oder globalen Katastrophen, die für uns mit weitem Abstand die größte Gefahr darstellen, ist das anders.

Und dann ist da noch ein Aspekt für die lokale Wirtschaft und den Tourismus. Ich habe selbst im Mai/Juni dieses Jahres für mich und meine Frau über 1000 Euro für Gebühren und Unterkunft im Burgenland und im Lungau gelassen, weil ich ein Seminar bei Sepp Holzer und eine Besichtigung des nun von seinem Sohn geführten Krameterhofes gebucht hatte. Beide Veranstaltungen waren ausgebucht und im Übrigen auch jeden Cent wert. Wenn ein Landkreis oder eine Gemeinde in diese Richtung ernsthaft Katastrophenschutz betreiben würde, würde das, wenn man es gut macht, den Tourismus und auch die lokale Wirtschaft fördern. Neben Besichtigungen und Lehrgängen könnten z.B. auch die Entwicklung und Produktion  sowie der Handel mit spezifischen Werkzeugen für Einnahmen sorgen. Dass ganz nebenbei die Landschaft an Erholungswert gewinnen und das dies auch den Tourismus fördern würde, wäre ein weiterer Nebeneffekt dieser erweiterten Katastrophenschutzbemühungen.

Mit Katastrophenschutz und der Vorbereitung auf Katastrophen kann man jedenfalls etwas für die lokale Wirtschaft tun, was zudem sehr interessant  sein kann.

Und dann  ist da noch die schleichende Katastrophe, die auf den Vulkaneifelkreis und andere Mittelgebirgsregionen wartet: Was machen die eigentlich, wenn die Welt entgegen meinen Erwartungen friedlich bleibt, und  wenn dann die fossilen Energieträger und die daraus hergestellten Treibstoffe und andere Produkte in den nächsten Jahren und Jahrzehnten allmählich unbezahlbar und immer öfter gar nicht erhältlich sein werden? Glaubt wirklich jemand, man würde dann mit elektrisch betriebenen Traktoren und Mähdreschern aufs Feld fahren? Mit riesigen Starkstrom-Verlängerungskabeln oder mit gigantischen Batterien? Und woher sollen dann dir teilweise schon heute sehr knappen und immer schwerer gewinnbaren Materialien für die Herstellung der Kabel, der Batterien und der Elektromotoren kommen?  Ich bin mir ziemlich sicher, dass der Gott des technischen Fortschritts längst tot ist. Siehe dazu das Gespräch von  Chris Martenson und John Michael Greer: The God Of Technological Progress May Well Be Dead, vom 12. April 2015. Außerdem ist da noch das Joseph Tainter und Tad Patzek aufgezeigte Phänomen, dass die Forschung und Entwicklung immer aufwendiger und ineffizienter wird, und damit schließlich nichts mehr bringt. Ich hatte darauf in dem Artikel Dem Energiedilemma auf den Grund gegangen hingewiesen, Zitat aus dem Abschnitt Technologischer Optimismus:

Das heute weit verbreitet quasi-religiöse Vertrauen in „den Markt“ und in den Erfindungsreichtum der Ingenieure und Naturwissenschaftler,  ist nicht berechtigt.  Vor allem in Kapitel 3 zeigen Tainter und Patzek warum:
Auch in Wissenschaft und Technik werden die am tiefsten hängenden Früchte zuerst geerntet. Die am einfachsten, mit dem geringsten Aufwand möglichen, am meisten bringenden Erkenntnisse und Erfindungen werden zuerst gemacht. Weitere Innovationen erfordern einen immer höheren Aufwand an Personal und Energie und liefern einen immer geringeren Ertrag bzw. Fortschritt.  Die Produktivität der Tätigkeit der einzelnen Wissenschaftler und Erfinder wird mit der Zeit immer geringer.  Ferner wächst die Zahl der Menschen, die für eine neue Entdeckung oder Erfindung im Mittel benötigt werden.  Die Autoren belegen diese Behauptungen mit einer Reihe von historischen Beispielen und Grafiken.

Wir steuern damit insbesondere auch in  Mittelgebirgsregionen wie dem Vulkaneifelkreis auf eine schleichende Katastrophe zu,  zu der man sich auch besser rechtzeitig etwas einfallen lässt. Interessanterweise können dieselben Lösungsansätze, die für eine plötzliche nationale, europaweite oder globale Katastrophe hilfreich sind auch das Bewältigen dieser schleichenden, spätestens den nächsten Jahrzehnten absolut sicher kommende Katastrophe hilfreich sein.

Dass sich bei alledem durch gescheiten Katastrophenschutz im ländlichen Raum die Attraktivität des ländlichen Raumes relativ zu den Städten steigern lässt, ist ein weiterer Nebeneffekt. Alle, die sich ernsthaft mit nationalen und globalen  Megakatastrophen befasst haben, kommen zu dem Schluss, dass Städte dann die gefährlichsten und lebensfeindlichsten Orte sein werden, und dass man gut daran tut, rechtzeitig auf das Land umzuziehen oder schnellstmöglich dort hin zu flüchten.

Fazit:

Die Katastrophenschutzplanung, wie sie z.B. im Landkreis Vulkaneifel 2015 in der ersten Jahreshälfte durchgeführt wurde, ist zwar besser als nichts, aber sie lässt sehr zu wünschen übrig. Insbesondere werden nationale, europaweite und globale Megakatastrophen nicht erfasst. Dabei sind solche wirklich großen Katastrophen voraussichtlich sehr viel wahrscheinlicher als gemeinhin angenommen.

Insbesondere die Land- und Forstwirtschaft könnten und sollten einen wichtigen Beitrag zur Vorbereitung auf Megakatastrophen leisten. Die lokale Wirtschaft könnte davon profitieren. Die längerfristig mit dem Rückgang der Verfügbarkeit bezahlbarer fossiler Energieträger einhergehenden Folgen für die ländlichen Gebiete würden vor voraussichtlich gemildert, wenn man rechtzeitig auf nationale, europaweite und globale Megakatastrophen vorbereitet. Die Vorbereitung auf solche Katastrophen wird insbesondere auch im Bereich Land- und Forstwirtschaft, nur als lokale Gemeinschaftsaufgabe gelingen.  Es handelt sich hier also um Aufgaben, die auf den Ebenen von Bürgergruppen, Dorfgemeinschaften, Gemeinden, Verbandsgemeinden und Landkreisen in diskutieren und in Angriff  genommen werden sollten.

Nach Abschluss meines obigen Artikels habe ich auf der Internetseite des Kreistages den Kurztext und die 38-seitige Langfassung der Risikoanalyse gefunden und jeweils hier verlinkt.
Die Langfassung ist sehr lesenswert und man versteht bei der Lektüre, dass es durchaus Sinn macht, zunächst mit der Analyse einen Kataströphchens zu beginnen. Bei einem EMP-Angriff, wie er uns in einem großen Krieg gleich zu Anfang blühen könnte, würden allerdings auch fast alle Notstromaggregate unbrauchbar und die Mittel zur elektronischen Kommunikation, ebenso wie Meß- und Analysegeräte für technische Reparaturen und für medizinische Diagnosen und Behandlungen würden voraussichtlich auch größtenteils dauerhaft unbrauchbar.

Das alles heißt aber nicht, dass jede Vorbereitung sinnlos wäre. Im Gegenteil. Nichts kann soviel Leben retten und soviel Schreckliches verhindern wie eine Katastrophenschutzplanung, die auch solche Megakatastrophen vorsieht. Daneben kann man damit unter anderem auch Geld verdienen, etwas gegen die Landflucht tun und Spaß haben.

Kelberg, den 3 bis 5. Juli 2015 Christoph Becker




American Blackout – Ein Film

Nach der Lektüre eines Artikels über einen offenbar sehr erfolgreichen Hackerangriffes auf das Computersystems des deutschen Bundestages in der FAZ-Onlineausgabe vom 11.6.2015, habe ich mir gerade den deutsch synchronisierten Film American Blackout auf Youtube angesehen.

Der Film ist 1:28 lang und zeigt hauptsächlich aus der Perspektive von privaten  Handykameraaufnahmen und Camcorderaufnahmen, sowie mit Szenen aus Nachrichtensendungen einen 10-tägigen, die gesamten USA betreffenden Stromausfall, der durch einen Hackerangriff verursacht wurde.

Immerhin funktioniert in diesem Film die Elektronik. Internationale Hilfslieferungen sind noch möglich, weil nur die USA betroffen sind, und nach nur 10 Tage gelingt es zumindest in großen Teilen der USA die Stromversorgung wieder instand zu setzen. Außerdem geht der Film damit davon aus, dass die USA in Friedenszeiten getroffen werden, und dass der Stromausfall nicht ein Teil offizieller Kampfhandlungen ist. Ferner bleiben die US-Regierung und die Sicherheitskräfte im wesentlichen Funktionsfähig. Wie unter anderem der vor mir übersetzte offene Brief wegen des EMP-Risikos an US-Präsident Obama andeutet, könnte die Wirklichkeit drastisch schlimmer werden.Trotz all dieser Einschränkungen ist selbst damit schon fast harmlose Planspiel eines nur 10-tägigen nationalen Stromausfalls einigermaßen beunruhigend. Der wirtschaftliche Schaden  dürfte extrem sein und es wäre auch mit längerfristigen Probleme bei der Nahrungsmittelversorgung zu rechnen, etwa weil die in Massentierhaltung gehaltenen Tiere einen flächendeckenden Stromausfall dieser Dauer eher nicht überleben würden, während gleichzeitig fast alle in Kühlhäusern gelagerten Nahrungsmittel auch nach einem, wie in dem Film nur 10-tägigen Stromausfall, verdorben wären.

In der Realität könnte so ein Hackerangriff z.B. als Vergeltungsaktion oder als Warnung erfolgen, die das Risiko eines nuklearen Vergeltungsschlages noch vermeidet.  Hintergrund könnte z.B. sein, dass man Russland oder China, oder einem anderen Staat, zu sehr mit Sanktionen nervt oder bei Verhandlungen nicht genug entgegenkommt, etwa weil man die Verwundbarkeit der eigenen Gesellschaft und die eigenen Verteidigungsmöglichkeiten und auch die Möglichkeiten der Gegenseite falsch einschätzt. Dass Terroristen, die Möglichkeit zu einem solchen Hackerangriff nutzen werden, wenn immer er sich bietet, kann man als selbstverständlich ansehen.

Kelberg 11.6.2015 Christoph Becker

 

 




Offener Brief an Obama wegen EMP-Risiko

Am 14. Mai 2015 haben sich 31 renommierte Amerikaner, die meisten davon Sicherheitsexperten, mit einem offenen Brief an Präsident Obama gewendet, um ihrer Besorgnis wegen des EMP-Risikos Ausdruck zu verleihen. Der Brief enthält auch die Forderung sofort etwas zu unternehmen, um die Sicherheit der amerikanischen Atomreaktoren und Atombrennstofflager gegen EMP-Ereignisse zu schützen. Ich habe diesen Brief hier übersetzt, weil die Gefahrenlage in Deutschland ähnlich sein dürfte und weil er indirekt auch auf eine bisher vielleicht nicht bedachte Gefahr für Kernkraftwerke und Brennelementlager in Deutschland und dessen Nachbarländern aufmerksam macht.

[Link auf die Originalversion des Briefes]

14. Mai 2015

Präsident Barack Obama
Präsident der Vereinigten Staaten
Das Weiße Haus
1600 die Pennsylvania Ave. NW
Washington, D.C. 20500

Sehr geehrter Herr Präsident,
Wir brauchen Ihr persönliches Eingreifen, um für den Schutz der amerikanischen Bevölkerung gegen eine existenzielle Bedrohung zu sorgen, die durch einen natürlichen und künstlichen elektromagnetischen Puls (EMP) verursacht wird. Das daraus folgende Versagen von kritischen, lebenswichtigen Infrastrukturen ist eine eine zentrale Bedrohung unserer Sicherheit und wäre für unserer Bevölkerung und unsere Nation katastrophal.

Das Nationale Nachrichtendienstkonzil, das für alle US-amerikanischen Nachrichtendienste spricht,
schreibt in seinem 2012  veröffentlichten, nicht klassifizierten, Bericht Globale Tendenzen 2030  dass
ein EMP einer von nur acht Schwarzen Schwanereignissen ist, die den Verlauf der globalen Zivilisation bis oder vor 2030 ändern könnten.

Keine offizielle Studie bestreitet die Ansicht, dass ein EMP eine potenziell katastrophale gesellschaftliche Bedrohung ist, die dringend angegangen werden muss. Amerika ist nicht darauf vorbereitet, ohne Wasser, Elektrizität, Telefone, Computernetze, Klimaanlagen, Transportsysteme (Autos, U-Bahnen, Busse, Flugzeuge) und Bankwesen zu sein.
Alle Vorteile unserer fertigungssynchronen, just-in-time Wirtschaft würden zu einem tödlichen Halt kommen, einschließlich der Produktion von Erdölprodukten, Kleidung, Lebensmitteln und Medikamenten. Denken Sie an Städte ohne Elektrizität zum Pumpen von Wasser für die Einwohner.

Einige Unterzeichner dieses Briefes sind Leuten, die – wie eine steigende Zahl von Amerikanern – erst kürzlich von der EMP-Bedrohung erfahren haben und finden, dass es schwer zu glauben ist, dass unsere Regierung den Fortbestand dieser Bedrohung zugelassen hat.  Sie haben diesen Brief mit unterzeichnet, weil sie dieselben Amerikaner repräsentieren, die sich eine bereite Unterstützung für qualifizierte Experten wünschen,  die diese Verwundbarkeit so schnell wie möglich beendet sehen möchten.

Wir fordern Sie dazu auf, unverzüglich eine Präsidiale Richtlinie zu erlassen, die Ihren Nationalen Sicherheitsberater dazu veranlasst eine gezielte, behördenübergreifende Anstrengung zu unternehmen, die in Verbindung mit Ihrem derzeitigen Haushaltsplan und künftigen Haushaltsplänen ein spezifisches Programm entwickelt, dass diese natürliche und künstlich von Menschen gemachte Bedrohung thematisiert. Insbesondere sollte diese Präsidiale Verfügung anordnen, dass im Verteidigungsministerium wohl bekannte Technologien zur Härtung von allen anderen für die Instandhaltung des Stromnetzes verantwortlichen Institutionen genutzt werden.  Es ist dringend nötig, dass sofort Pläne implementiert werden, um zumindest Amerikas 100 Atomreaktoren und die ihnen zugeordneten Atombrennstofflager gegen einen EMP zu schützen.  Die Präsidiale Verfügung sollte auch parteübergreifende Kongressinitiativen wie den  Secure High-Voltage Infrastructure for Electricity from Lethal Damage Act (SHIELD)  (deutsch: Gesetz für Sichere Hochspannungs-Infrastruktur zum Schutz der Stromversorgung vor tötlicher Beschädigung) und den  Critical Infrastructure Protection Act (deutsch: Gesetz zum Schutz der kritischen Infrastruktur) beachten.

 Ein koronaler Massenauswurf der Sonne kann einen natürlichen EMP mit katastrophalen Folgen erzeugen.
Ein geomagnetischer Supersturm hat 1859 das Ereignis hervorgerufen das man Carrington-Ereignis nennt und das weltweit Schäden und Brände in Telegrafenstationen und an anderer primitiver Elektronik hervorgerufen hat, die damals für das gesellschaftliche Überleben nicht notwendig waren. Im Gegensatz dazu könnte ein geomagnetischer Supersturm  der Carrington-Klasse geomagnetic Supersturm – wie er jedes Jahrhundert oder so erwartet wird – elektrische Stromnetze zusammenbrechen lassen und kritische Infrastrukturen überall auf der Erde zerstören. Wir wissen, dass es geschehen wird; wir wissen lediglich nicht wann, aber wir wissen, dass die Menschheit es sich nicht leisten kann unvorbereitet zu sein. Im Juli 2012 haben wir eine Wiederholung um nur um ein paar Tage verpasst, als eine Hauptsonnenemission die Umlaufbahn der Erde kreuzte, kurz nachdem die Erde passiert hatte. Die NASA hat kürzlich gewarnt, dass die Wahrscheinlichkeit eines solchen geomagnetischen-Supersturms 12 Prozent pro Jahrzehnt beträgt. Daher ist es praktisch sicher, dass eine natürliche EMP Katastrophe  innerhalb unserer Lebenszeit oder der unserer Kinder vorkommen wird.

Wie wir seit über einem halben Jahrhundert durch reale Testdaten wissen, würden sogar noch zerstörerische EMP-Effekten durch jede Atomwaffe verursacht werden, die 160 km (100 Meilen) oder so über den Vereinigten Staaten zur Explosion gebracht wird. Wahrscheinlich würde dabei alles was zur Steuerung und Funktion Elektronik benötigt innerhalb des vom Explosionsort sichtbaren Bereiches unbrauchbar gemacht. Stromnetze könnten
Stromnetze konnten auf unbestimmte Zeit zusammenbrechen bis wichtige Reparaturen abgeschlossen sin, und das kann Monate oder sogar Jahre dauern. Durch Kettenreaktionen ausgelöste Fehlfunktionen können selbst bei einer in geringerer Höhe erfolgten Atomwaffenexplosion über den nordöstlichen USA das Stromnetz auf unbestimmte Zeit zusammenbrechen lassen, dass 3/4 der US-amerikanischen Stromproduktion liefert. Computer würden unbrauchbar, Lieferketten würden zusammenbrechen. Stellen Sie sich einen Hurrikan Sandy vor, der ein sehr viel größeres Gebiet trifft, ohne die unmittelbaren physikalischen Sachschäden, aber auch ohne jede Hoffnung auf Hilfslieferungen.

Russland und China haben bereits EMP Kernwaffen entwickelt, und viele glauben, dass andere ebenfalls
EMP Waffen besitzen, einschließlich Nordkoreas und bald auch  der Iran – und wahrscheinlich auch deren Terroristenstellvertreter. Zum Beispiel, könnten diese eine kernwaffnenbestückte Rakete kurzer oder mittlerer Reichweite in der Nähe unserer Küsten starten. Den tatsächlichen Sponsor des Angriffs könnte dabei unerkannt bleiben und so vor Vergeltung geschützt werden. Nord Korea und der Iran haben ihre Raketen in einer Weise getestet, auf die wirksame EMP-Angriffe von Schiffen und auch von Satelitten aus durchgeführt werden können, die sich den USA von Süden her nähern, wo unsere Systeme zur Warnung vor ballistischen Raketen minimal ist.

Die Technologie, um diese Effekten zu lindern, ist weithin bekannt und wird durch das Verteidigungsministerium seit Jahrzehnten dafür verwendet, um unsere strategischen Atomwaffensysteme zu härten, um sicher zu stellen, dass die Vereinigten Staaten zu einem Vergeltungsschlag fähig sind wenn wir angegriffen werden. Aber solche Technologien und Anstrengungen zu deren andauernder Instandhaltung wurden nicht angewendet um unsere kritische nationale Infrastruktur zu härten. Außerdem wurde unsere ballistische Raketenabwehr (BMD) noch nicht auf dieses Problem eingestellt.  Zum Beispiel könnten Sie Ihr jüngste  Enhanced Defense Cooperation Agreement (Verbessertes Verteidigungskooperationsabkommen) mit den Philippinen verbessern in dem sie gemeinsam ein Aegis-Land-System auf den Philippinen installieren lassen – so wie jene in Rumänien und Polen – um die Verteidigung der Philippinen zu unterstützen und um verbesserte Frühwarn- und Informationsmöglichkeiten zur Unterstützung unserer Heimatverteidigung zu erhalten.

Wir fordern, dass die oben erwähnten präsidiale Verfügung die Finanzierung sichert, um die kritischen Teile unseres Stromnetzes und insbesondere unsere nuklearen Einrichtungen (Atomkraftwerke, Zwischenlager usw.) zu härten um deren Wiederinstandsetzung nach einem natürlichen oder von Menschen herbeigeführten EMP-Ereignis sicherzustellen. Diese Anstrengungen können durch einen breiten wissenschaftlichen Konsens geleitet werden, der zuerst durch die EMP-Komission des Kongresses realisiert wurde, welche nukleare und natürliche EMP-Ereignisse untersucht hat und die ihren ersten klassifizierten Bericht 2004 und ihren abschließenden, nicht klassifizierten Bericht 2008 abgeliefert hat.

Die Nationale Akademie der Wissenschaften hat anschließend unabhängig die Warnungen der  EMP-Kommission nochmals geprüft, soweit diese einen geomagnetischen Supersturm betrafen und ist zu der selben Schlußfolgerung gelangt und hat die Empfehlungen der EMP-Kommsion gut geheißen.
Verschiedene andere unparteiische Überprüfungen haben ebenfalls stattgefunden. Die EMP-Kommission hat einen kostengünstigen Plan empfohlen, der später von allen weitern US-amerikanischen Regierungsstudien gutgeheißen wurde, um die kritischen Infrastrukturen der USA innerhalb weniger Jahren vor den schlimmsten Auswirkungen eines EMP zu schützen. Die Kommission hat die einmaligen Kosten für den EMP-Schutz des nationalen Stromnetzes auf 2 Milliarden Dollar geschätzt. Das ist ungefähr soviel wie die USA jedes Jahr als Auslandshilfe an Pakistan zahlen.

Außerdem fordern wir, dass Ihre präsidiale Verfügung kurzfristige Verbesserungen zu unserem ballistischen Raketenabwehrstytem (BMD) umfasst um sicherzustellen, dass diese uns so schnell wie möglich gegen von Menschen verursachte EMP-Angriffe verteidigen können – bevor das Stromnetz gehärtet werden kann. Unser bereits im Einsatz befindliches Aegis Raketenabwehrsystem (über 30 Schiffe auf See und an Land in Hawaii und in Installation befindlich in Rumänien und Polen) und Bodengestützte Abfangsysteme (auf dem Vandenberg Luftwaffenstützpunkt in Kalifornien) können genutzt werden um Bedrohungen aus südlicher Richtung zu begegnen, die von Schiffen vor unseren Küsten ausgehen ((Anmerk. d. Übers.: Google liefert mit “Aegeis zerstörer schwarzes meer” einige ernüchternde Artikel zum Thema amerikanische Raketenabwehr und deren Verwundbarkeit, wie z.B. diesen hier ))  . Dazu sind nur geringfügige Veränderungen und nötig und ein entsprechendes Training der Besatzungen. Es sind keine zusätzlichen Entwicklungskosten nötig und die Installationskosten würden weniger betragen als das was für unsere Installationen in Übersee genehmigt wurde, um unsere europäischen Verbündeten gegen  balistische Raketen des Iran zu schützen.

Herr Präsident, sowohl Republikaner als auch Demokraten wissen seit mindestens dreißig Jahren wie man mit dem Problem umgehen könnte, aber sie haben nichts getan um es zu lösen. Überparteiliche Anstrengungen des Kongresses sind trotz der Tatsache misslungen, dass weder Technologie noch Geld ein Problem sein sollten. Mit diesem Problem wirksam umzugehen ist eine Frage des Erreichens der nötigen politischen Führung und des Willens.

Das amerikanische Volk benötigt Sie um die Anstrengungen zu führen, die unserer Nation vor einer EMP-Katastrophe schützen können.
Wir schreiben, um Sie zu nötigen, entsprechend unserer Bitte zu verfahren.

Hochachtungsvoll,

Dr. George Baker – Former U.S. Defense Nuclear Agency EMP Program Director, Professor Emeritus on Critical Infrastructure Protection, James Madison University.
Rep. Roscoe Bartlett (R-MD) (Rtd.) – Vater der EMP Kommission des amerikansichen Kongresses
Jen Bawden – Task Force on National and Homeland Security and Member of the Steering Committee of the Secure the Grid Coalition
Senator Rudy Boschwitz (R-MN) (Rtd.) – Former U.S. Ambassador to the UN Human Rights Commission, President G.H.W. Bush’s Emissary to Ethiopia (1991)
Botschafter Henry F. Cooper – Former Director of the Strategic Defense Initiative, Chief U.S. Negotiator in the Geneva Defense and Space Talks, Deputy Assistant Secretary of the Air Force for Strategic and Space Systems
Thomas Donnelly – Co-Director of the Marilyn Ware Center for Security Studies at AEI.
Fritz Ermarth – Former Chairman National Intelligence Council, Director of National Security Programs, Nixon Center.
Frank J. Gaffney, Jr. – Former Assistant Secretary of Defense for International Security Policy
Jerry Goodwin – President of the Association of Former Intelligence Officers (AFIO) New York Metropolitan Chapter
Dr. William R. Graham – Former Chair of the EMP Commission, Science Advisor to President Reagan, Director of White House Science and Technology Policy, and NASA Administrator
Professor Sam Hayes (Rtd.) – Jacob H. Schiff Professor of Investment Banking, Emeritus ,Harvard Business School
David Hunt – Former CIA Senior Clandestine Service Officer and Former FBI Chief of Station, NYC
John Kappenman – Space Weather Consultant to Departments of Defense, Homeland Security, and EMP Commission; Designer ACE Satellite and EMP Blocking Devices; President, Storm Analysis Consultants.
Senator Jon Kyl (R-AZ) (Rtd.) – Co-chair of AEI’s American Internationalism Project
Robert Laidley – President, The Atlantic and Conservation Institute
Senator Joseph Lieberman (I-CT) (Rtd.) – Co-chair of AEI’s American Internationalism Project
Herb London – President of the London Center for Policy Research, New York
Vizeadmiral i.R. Robert Monroe – Former Director U.S. Defense Nuclear Agency.
Generalmajor i.R. Robert Newman (Rtd.) – Former Adjutant General of Virginia
Michael O’Hanlon – Senior Fellow, Brookings Institution, specializing in defense and foreign policy issues.
Dr. Robert L. Pfaltzgraff – President of the Institute for Foreign Policy Analysis Inc. and Shelby Cullom Devis Professor of International Security Studies, The Fletcher School, Tufts University
Danielle Pletka – Senior Vice President for foreign and defense policy studies at AEI.
Dr. Peter Vincent Pry – Former Congressional EMP Commission, Congressional Strategic Posture Commission, House Armed Services Committee, CIA, Executive Director Task Force on National and Homeland Security.
Dr. Gary J. Schmitt – Co-Director of the Marilyn Ware Center for Security Studies at AEI
Dr. George Schwab – President of the
National Committee on American Foreign Policy
Admiral James Stavridis (Rtd.) – Dean of the Fletcher School.
Former NATO Supreme Allied Commander (2009-2013)
Botschafter Kurt Volker – Former United States Ambassador to NATO
The Hon. David M. Walker – Former U.S. Comptroller General
Rep. Curtis Weldon (R-PA) (Rtd.) – Former Vice Chairman of the House Armed Services Committee and the House Homeland Security Committee; and Co-chair of the Duma-Congress Study Group, the official inter-parliamentary relationship between the United States and Russia; Sponsor of the 1998 EMP Commission Legislation
John Whitehead – Former Senior Partner and Co-Chairman Goldman Sachs, Chairman Emeritus Brookings Institution, Former Deputy Secretary of State, Former Chairman AEA Investors, Former
Chairman The International Rescue Committee, Former Chairman The Asia Society, Director of The Nature Conservancy, and Former Chairman of the Federal Reserve Bank of New York. Died February 7
th, 2015
Botschafter James Woolsey – Ehemaliger CIA-Direktor
Kopien an die folgenden Mitglieder der US-amerikanischen Regierung:
The Hon. Joseph Biden,
Vice President of the United States
The Hon. John Kerry,
Secretary of State
The Hon. Ashton Carter, Secretary of Defense
The Hon. Ernest Moniz,
Secretary of Energy
The Hon. Jeh Johnson,
Secretary of Homeland Security



Private Investoren für Afrika

Am 8. Juni 2015 sendete das ZDF einen 2:30 Minuten kurzen Beitrag mit dem Titel Private Investoren für Afrika. Mein Eindruck: Eine gefährliche, massenhaft todbringende  Mischung aus Dummheit, Unwissenheit und Lügen.  

Mir fiel zunächst auf, dass der Kleinbauer, der dort gezeigt wird mit einer Hacke in Afrika den fast blanken Boden um seine Maispflanzen herum aufhackt. Daraus entnehme ich, dass dieser Kleinbauer von Landwirtschaft, Gartenbau und Bodenleben keine Ahnung hat und dass man er dringend einer ordentlichen Anleitung bedarf. Der Amerikaner John Jeavons bietet mit seinem Buch How to Grow More Vegetables and Fruits, Nuts, Berries, Grains, and Other Crops) Than You Ever Thought Possible on Less Land Than You can imagine und mit seiner Organisation Ecology Action solche Anleitungen und Ausbildungen. Eine Weiterentwicklung des Systems von John Jeavons ist die Singing Frogs Farm von Paul Kaiser und seiner Frau Elizabeth. Auf der Internetseite www.peakprosperity.com wurde diese am 23.5.2015 in einem Interview mit dem Titel Paul & Elizabeth Kaiser: Sustainable Farming 2.0 vorgestellt. Das Ehepaar Kaiser besitzt  insgesamt etwas über 3 Hektar Land im nördlichen Kalifornien. Aktiv bewirtschaftet werden davon nur ca. 1,2 Hektar. Die Kaisers beschäftigen auf diesen ca. 12.000 qm offenbar 6 Angestellte, von denen einer sogar über ein Thema der biologischen Landwirtschaft promoviert hat. Die Kaisers erwirtschaften offenbar ca. 290.000 US-Dollar pro Jahr.  Statt der in ihrer Gegend üblichen 1 bis 2 Ernten pro Jahr haben die Kaisers 5 bis 6 Ernten. Sie benötigen wesentlich weniger Wasser für die Bewässerung als andere Betriebe, sie benötigen praktisch keine Landmaschinen zur Bodenbearbeitung und Ernte und damit auch fast keinen Treibstoff und keine Ersatzteile für diese.  Außerdem benötigen die Kaisers keinen Kunstdünger und weder Pflanzenschutzmittel noch Herbizide.  Der Ertrag pro Flächeneinheit übertrifft den konventioneller Farmer um ein vielfaches.  Der 1,2-Hektar Betrieb der Kaisers ist nach ihrer Aussage von der Leistungsfähigkeit eher mit einem intensiv bewirtschafteten konventionellen Gemüseanbaubetrieb mit über 8 Hektar vergleichbar.

Dem vom ZDF interviewten Vertreter des tansanischen Landwirtschaftsverbandes, Dr. Sinare Y. Sinare, der behauptet dass Kleinbauern mit nur einem Hektar es niemals aus der Armut schaffen und unmöglich die Nahrungsmittel für die schnell wachsenden Bevölkerung Afrikas produzieren könnten, kann man nur dringend empfehlen, sich z.B. auch einmal die Literatur von John Jeavons durchzulesen, einen Kurs bei ihm zu buchen und dabei auch einen Besichtigung der Singing Frogs Farm der Kaisers zu  buchen.

Diese Großinvestoren, wie der in der Doku beispielhaft angeführte, und von dem Schweden Per Carstedt vertretene , schwedische Investor Eco Engery,  werden dagegen, zusammen mit den Verantwortlichen der afrikanischen Regierungen und den anderen Unterstützern solcher Projekte, das in der Geschichte Afrikas größte Massensterben vorbereiten und dafür mitverantwortlich sein, weil sie die Ernährung der Bevölkerung von der Funktionsfähigkeit des Internationalen Handels und der Versorgung der Landwirtschaft mit Treibstoff, Ersatzteilen, Düngemitteln, Pflanzenschutzmitteln, Unkrautvernichtungsmitteln und Hybridsaatgut, abhängig machen.

Die Frage ist nämlich was passiert, wenn die USA und Europa z.B. in der ersten Phase eines Weltkrieges oder auch durch einen extremen Sonnensturm auf Grund eines EMP-Ereignisses, und damit auch der Welthandel, ausfallen. Immerhin haben gerade im Mai 2015 eine ganze Reihe hochrangiger amerikanischer Experten in einem offenen Brief an Präsident Obama ihre Besorgnis wegen der Gefahr, die von einem EMP-Ereignis ausgeht gewarnt. Chris Martenson hatte am 1.6.2015 in einem Artikel mit dem Titel  Sounding The Alarm On The Country’s Vulnerability To An EMP – Establishment insiders are worried we’re too vulnerable (deutsch: Den Alarm wegen der Verwundbarkeit des Landes durch einen EMP auslösen: Insider des Establischments sind besorgt, dass wir zu verwundbar sind) auf die auch auf meiner Webseite www.freizahn.de von Anfang an immer wieder betonte Gefahr hingewiesen. Beunruhigend an Chris Martensons Artikel ist vor allem auch sein Hinweis, dass Saudi Arabien offenbar die Entscheidung getroffen hat, sich mit pakistanischen Atomwaffen auszurüsten. Martenson weist auch darauf hin, dass die Nutzung des EMP-Effektes ein Mittel der modernen Kriegsführung sein wird, mit dem zu rechnen ist.

In dem oben erwähnten Offenen Brief an Präsident Obama wird  von den Unterzeichnern übrigens ausdrücklich gefordert, dass unverzüglich etwas unternommen wird, um die amerikanischen Atomkraftwerke und die Zwischenlager für Atombrennstoffe gegen EMP-Angriff zu sichern.

In diesem Gesamtrahmen müssen die Länder Afrikas jedenfalls damit rechnen, dass die Megafarmen der ausländischen Investoren in Zukunft ausfallen und dass es auch in Afrika zu verheerenden Hungersnöten kommen wird. In Afrika (aber auch in Europa und in den USA) könnte man dies vermeiden oder zumindest die Schwere der Hungersnöte vermindern, wenn man Kleinbauern fördert und etwa im Sinne der oben erwähnten Methoden ausbildet.

Die Aussage, dass Afrika private Investoren wie den in der Doku erwähnten schwedischen Investor Eco Energy braucht, ist meines Erachtens nur dann richtig, wenn man in Afrika Massenmorde durch Hunger plant.

Die von dem Sprecher von Eco Energy, Herrn Per Carstedt, geäußerte Meinung, dass die Vorstellung, dass Kleinbauerntum die Lösung für die Ernährungsprobleme Afrikas sei, sei “romantisch”, ist meines Erachtens dumm und ein Ausdruck der im Westen immer noch weit verbreiteten,  naiven Industrie- und Technikromantik, die die extreme Verwundbarkeit der Industriegesellschaften und auch ihre Abhängigkeit von zur Neige gehenden und damit teurer und umkämpfter werdenden, nicht erneuerbaren Ressourcen ignoriert.

Aus Sicht der solche landwirtschaftlichen Großprojekte, wie die 22.000 Hektar Zuckerrohrfarm von Eco Engery unterstützenden G7, zu der auch Deutschland gehört, mag es zynisch betrachtet sinnvoll sein, mit solchen Megafarmen Massenmorde durch Hunger auch in Afrika vorz bereiten, und dabei noch etwas Diesel für unsere treibstoffsüchtige Industrie und Landwirtschaft aus Afrika herauszupressen, aber mit den “Werten” für die der Westen zu stehen vorgibt, hat das alles nichts zu tun.

Eine sehr gute, wenn auch leider nur englischsprachige Doku zum Thema Großinvestoren in Afrika und anderswo ist der Anfang 2015 mehrfach von Russia Today ausgestrahlte, erschütternde kanadische Film No Land, No Food, No Life (deutsch: Kein Land, Keine Nahrung, Kein Leben).

Im deutschprachigen Raum haben wir zwar noch kein Äquivalent zur oben erwähnten Singfrogs Farm des Ehepaars Kaiser, aber mit den österreichischen Bio-Bergbauern Sepp Holzer und seinem Sohn Joseph Andreas Holzer hat auch der deutschsprachige Raum für Afrika sicherlich in vielen Fällen sehr interessante Möglichkeiten des Wassermanagements und vielleicht  auch zur Beratung von Kleinbauern zu oder doch zumindest von afrikanischen Landwirtschaftsverbänden zu bieten.

Mein Fazit:

Die ZDF-Doku war schlecht recherchiert. Die Kleinbauern in Afrika könnten und müssten besser ausgebildet und angeleitet werden. Wenn die Kleinbauern in Afrika besser ausgebildet und angeleitet werden, dann können sie die Ernährungsprobleme der schnell wachsenden Bevölkerung in Afrika zwar auch nicht unbegrenzt lösen, aber sie sind doch die mit sehr weitem Abstand beste Lösung für Afrika, die der größtmöglichen Zahl von Menschen ein menschenwürdiges Leben sichern kann. Private Großinvestoren sind in der Landwirtschaft keine Alternative, weder in Afrika noch sonst irgendwo auf der Welt. Private Großinvestoren und ihre Befürworter sind Opfer einer naiv-romantisch-verklärten Technologie- und Fortschrittsgläubigkeit, die die harten Fakten über die Verwundbarkeit großtechnischer Systeme und Infrastruktursysteme ebenso ignorieren, wie die Folgen des Endes der Verfügbarkeit billiger fossiler Energie und anderer Rohstoffe.

Kleinbauern sind  für den Klimaschutz besser als Großinvestoren mit ihrer industriellen Landwirtschaft

Was hier bisher noch nicht betrachtet wurde ist, dass die Klimaschutzziele der G7-Staaten sich durch die Anleitung der Kleinbauern in Afrika, mit den oben erwähnten biointensiven Anbaumethoden, sehr viel besser erreichen lassen als durch die eher klimaschädlichen Geschäfte von Großinvestoren wie EcoEngery. Der Grund ist, dass die Kleinbauern bei guter Anleitung durch die Verbesserung des Bodens und damit auch der Ertragsleistung, große Mengen Kohlenstoff im Boden binden und Erosionen verhindern würden. Der Großinvestor kann dass mit seiner konventionellen, industriellen Landwirtschaft nicht, sondern wird für im Bezug auf den Klimaschutz eher negative Auswirkungen haben. Siehe dazu auch meinen Artikel Weltweite Verschlechterung der Bodenqualität.

Kelberg, den 9.6.2015 Christoph Becker

 




Amerikas Achillesferse und mögliche Folgen

Ich habe gerade die Originalversion von Dimitri Orlovs, wie ich meine sehr lesenswerten Blogbeitrag America’s Achilles’ Heel vom 12.5.2015 gelesen und dann gesehen, dass es auf der Internetseite antikrieg.com schon eine vollständige deutsche Übersetzung mit dem Titel Amerikas Achillesferse gibt. Was passiert mit Deutschland wenn die USA und damit vermutlich auch der Welthandel und das Finanzsystem kollabieren?  Das deutsche Militär ist, wie vermutlich auch das der Franzosen und anderer Europäischer Länder nicht mehr kriegstauglich.  Man bedenke, dass im Libyenkonflikt zwei Teile eines winzigen 6-Millionen-Völkchens miteinander Krieg geführt haben und dass dabei die beiden alten Kolonial- und Ex-Großmächte Frankreich und Großbritannien für eine der beiden Seiten dieses Minivölkchens Partei ergriffen und zu dessen Unterstützung militärisch eingegriffen haben. Die Erschütternde Erfahrung dabei war, dass Frankreich und Großbritannien zusammen schon nach kurzer Zeit nicht mehr genug Munition hatte und die Aktion nur dank massiver Unterstützung der USA zu einen “guten” Ende führen konnten. D.h., Frankreich und Großbritannien sind zusammen schon derart degeneriert und schwach, dass sie mit der Hälfte eines wenig entwickelten 3-Millionenvölkchens militärisch überfordert sind, wenn die USA ihnen nicht helfen. Deutschland dürfte noch schwächer sein.  In  den Kommentaren zu verschiedenen Artikeln über die Pannen der Bundeswehr wird immer wieder gelästert, dass Deutschland nur noch darauf setzten kann, dass sich potentielle Angreifer über die Bundeswehr totlachen. Wenn die Angreifer sich aber nicht totlachen, sondern Ernst machen sollten, etwa weil ihnen nicht zum Lachen zu mute ist, und weil sie unser Land als Beute benötigen um selber überleben zu können, dann  kann man davon ausgehen, dass Europa heute nicht mehr verteidigt werden kann wenn die USA wegen interner Konflikte aus Bündnispartner ausfallen.

Immerhin haben haben Deutschland und andere europäische Länder genau das was viele andere, militärisch robustere Länder mit kriegstauglicherer Demographie und Religion, immer weniger haben, nämlich Wasser und fruchtbares Land.

Dafür haben wir in Deutschland aber jede Menge Gleichstellungsbeauftragte, wie diese Spassbremse an der Uni Passau, was zunehmend dazu führen kann, dass viele deutsche Männer im Krieg zum Gegner überlaufen, oder zumindest desertieren, weil sie ihre Interessen als Männer in Deutschland, von den deutschen Gesetzen nicht mehr angemessen vertreten sehen und weil sie nicht einsehen warum sie Leben und Gesundheit für “Ihr” Land, das so gar nicht mehr ihr Land ist, riskieren sollten.

Der Kollaps der USA und auch Deutschlands und Westeuropas wird jedenfalls gerade auch innerhalb der USA, Deutschlands und Westeuropas mit Sicherheit von vielen Männern und vielleicht auch von  vielen nicht-feministischen, normalen Frauen als Befreiung  empfunden werden. Jack Donovan hat das recht gut in verschiedenen Reden und Essays ausgedrückt. Siehe dazu auch sein Interview mit der Blauen Narzisse , mit dem Titel Sorgt für den Kollaps. Ich hatte von Jack Donovan die Rede Violence is Golden übersetzt, weil ich denke das er uns damit an die ultimativen Randbedingungen unserer Existenz und auch des zunehmend brüchiger werdenden Friedens in dem wir leben, erinnert.

Kelberg, den 19. Mai

 

 




10-Milliarden-Der Film

Am 7. Mai 2015 wurde in Hillesheim in der Eifel der Film 10 Milliarden – Wie werden wir alle satt? gezeigt. Anschließend gab es eine Diskussion  mit dem Rheinland-Pfälzischen Landtagsabgeordneten der Grünen, Dietmar Johnen.

Der Film ist auf den ersten Blick recht informativ und ich habe durch die Beschäftigung mit dem Film direkt und indirekt einige interessante neue Informationen gefunden.

Insgesamt finde ich aber, dass der Film sehr zu wünschen übrig lässt. Die anschließende Diskussion fand ich bedrückend naiv.

Warum?

Weder die Macher des Films, noch die vielen, zum Teil sehr hoch bezahlten, scheinbar hochqualifizierten, Interviewpartner sprechen das Problem an, dass der globale Handel und die westlichen Industriegesellschaften jederzeit kollabieren können und in Zukunft, lange vor 2050, mit hoher Wahrscheinlichkeit auch kollabieren werden.  Man sollte jedenfalls vernünftiger Weise  damit rechnen, dass Saatgutlieferanten wie Bayer Crops und Monsanto irgendwann in Zukunft von einem Tag auf den anderen, lokal oder auch weltweit wegen eines Krieges, einer Naturkatastrophe oder aus anderen Gründen nicht mehr liefern können.  Das gleiche trifft für die Lieferanten von industriell hergestellten Düngemitteln, Pflanzenschutzmitteln und Schädlingsbekämpfungsmitteln zu.  Der sicherlich krasseste Grund könnte ein unter anderem in der Anfangsphase des 3. Weltkrieges  zu erwartender EMP-Angriff, insbesondere auf Europa und Nordamerika sein. Ein extrem schwerer Sonnensturm, wie der von Lord Carrington im Jahre 1859 beobachtete könnte ebenfalls einen solchen Kollaps auslösen. Der von Joseph Tainter beschriebene, kaum zu vermeidende  Kollaps komplexer Gesellschaften könnte in unserer global vernetzten Welt ebenfalls indirekt zum Kollaps der Nahrungsmittelversorgung führen  – soweit und solange diese vom Funktionieren komplexer Systeme, wie z.B. dem globalen Handel, dem Funktionieren des Finanzsystems, der Stromversorgung, der elektronischen Infrastruktur  usw. abhängt.  Wer zu den verschiedenen Möglichkeiten und Ursachen eines Kollapses der  Industriegesellschaften mehr erfahren will kann in den älteren Artikeln meiner Webseite www.freizahn.de einiges an Literatur, Denkanstößen und Interviews finden.

Meines Erachtens ist es naiv bis verantwortungslos, sich mit der Frage ob und wie die Menschheit in Zukunft ernährt werden kann zu beschäftigen, ohne dabei das Risiko eines Systemkollapses zu bedenken oder dieses als zu unwahrscheinlich an zu sehen. Wenn Milliarden Menschenleben, und dabei auch das Überleben von 80 bis 90 Prozent der Bevölkerung des eigenen Landes, davon abhängen, ob und wie man mit einem Systemkollaps umgehen kann, dann ist das nichts was  verantwortungsbewusste, vernünftige Menschen einfach so – wie es heute der Fall ist – verdrängen oder ignorieren sollten, nur weil es unbequem und “gefühlt unwahrscheinlich” ist.  (( Ein Teil der Realität ist auch, dass das menschliche Gehirn die Wahrscheinlichkeit des Eintreffens seltener,  extremer Ereignisse weit unterschätzt, während es geringe, häufiger vorkommende Risiken überschätzt. Siehe dazu die Bücher Der Schwarze Schwan: Die Macht höchst unwahrscheinlicher Ereignisse von Nassim Nicholas Taleb  und Der plötzliche Kollaps von allem: Wie extreme Ereignisse unsere Zukunft zerstören können von John Casti
))

Das heißt, statt Zeit mit der Darstellung von allerhand technischen Spielereien wie Pflanzenfabriken in Japan, Laborexperimenten in Holland  zur fabrikmäßigen Herstellung von Fleisch oder der Warenbörse in Chicago zu verbringen, hätte der Film besser einfach nur 5 oder 10 Minuten gezeigt, dass und warum sämtliche industriellen und großtechnischen Lösungen in der Nahrungsmittelversorgung wegen der systembedingten Risiken verantwortungsloser Schwachsinn sind, die Großstädte und zum Teil ganze Länder in potentielle  Todeslager verwandeln – ähnlich makaber und irreführend wie die naiven Ankömmlingen viel versprechende, zynische Torüberschrift von Auschwitz (Arbeit macht Frei). Man hätte vielleicht einige Szenen aus dem Film Die EMP Bombe – Impuls zum Blackout  einbinden sollen oder ein Interview mit John Casti oder/und Roscoe Bartlett, statt Interviews mit Wissenschaftlern und Führungspersonen von Bayer Crops. Die im Film lang und breit dokumentierten und mit Interviews bedachten industriellen Lösungen hätte man kurz in wenigen Sätzen zusammenfassen und als das klassifizieren können was sie sind: Teilweise sicherlich sehr interessante technisch-wissenschaftliche Spielereien, die aber in der Praxis aus Sicht der Ernährungssicherung völlig verantwortungslos und im Grund dumm sind – zumindest wenn und solange das Ziel nicht weltweit milliardenfacher Massenmord und kollektiver Selbstmord der eigenen Bevölkerung durch Hunger ist .

Etwas zeigt der Film das dann schon, er übersieht jedoch komplett das Thema Systemkollaps mit all seinen möglichen Folgen.

Das Beispiel von dem nun verschiedene Gemüse anbauenden  Dorf in Afrika könnte auf die Initiative von John Jeavons Organisation Ecology Action – Grow Biointensive zurückgehen.  Ich hätte unmittelbar vor oder nach dieser Stelle im dem Film, gerne ein Interview mit Jeavons an seinem Institut in Kalifornien  gesehen.

Bemerkenswert fand ich dann noch, dass alle deutschen Biobauern in dem Film mit mehr oder weniger großen, Diesel betriebenen Landmaschinen gearbeitet haben. Das finde ich soweit in Ordnung, nur hätte ich hier auch eine Doku über die Amish mit ihren Pferdegespannen und ihren, wie mir kürzlich ein deutscher Landwirtschaftmeister gesagt hat, auch ökonomisch sehr gesunden Höfen eingefügt, denn das Vorbild der Amish dürfte letztlich, anders als die deutschen Biobauern mit ihren Diesel getrieben Traktoren, wirklich eine Zukunft haben .  Der amerikanische Autor J.H. Kunstler, der sich sehr gut mit den Problemen unserer Zeit auseinandergesetzt hat, hat nach seinem Sachbuch The Long Emergency: Surviving the Converging Catastrophes of the Twenty-first Century in seinen Romanen der World Made by Hand -Reihe die Zukunft im nachindustriellen, nachfossilen Zeitalter im Nordwesten der USA so geschildert, dass dort ganz selbstverständlich die Landwirte keine Traktoren und Mähdrescher mehr haben, sondern nur noch Pferde- und Maultiergespanne, und jede Menge ehemalige Computerspezialisten, Büroangestellte  usw. die nun als Tagelöhner bei den Landwirten und teilweise auch faktisch als leibeigene Landarbeiter bei Großgrundbesitzern ihren Lebensunterhalt verdienen.  Im letzten Roman der Reihe kann die Hauptperson sich nur mit brutaler Gewalt im letzten Moment einer Zukunft als Arbeitssklave entziehen. Kunstlers Sichtweise auf die Zukunft erscheint mir grundsätzlich ziemlich realistisch und vernünftig, auch wenn die Zukunft in Europa meines Erachtens aus geopolitischen Gründen wesentlich weniger idyllisch werden dürfte Kunstler sie in seinen  Romanen für den Nordwesten der USA beschreibt.

Die Macher des Films 10 Milliarden – Wie werden wir alle satt? haben nach Lösungsmöglichkeiten gesucht und ich habe dabei auch einige interessante Ansätze gesehen, die aber für mich kaum neu waren.  Meines Erachtens hätte der Film  insbesondere auch Interviews mit John Jeavons, Mark Shepard und Allan Savory bringen und dazu deren praktische Beispiele dokumentieren sollen. Siehe dazu insbesondere auch meine Beiträge Weltweite Verschlechterung der BodenqualitätUnsichtbare Nutzflächen, Restaurierende Landwirtschaft, Das Keyline-Konzept, Überleben in der Eifel  usw..

Die Diskussion nach dem Film fand ich vor diesem Hintergrund gespenstisch. Als ich versucht habe darauf hinzuweisen, dass vor allem auch die hochindustrialisierten westlichen Industriestaaten möglicherweise schon relativ kurzfristig durch ihre totale Abhängigkeit vom Funktionieren ihrer technischen und wirtschaftlichen Infrastruktur an extremem Nahrungsmittelmangel zugrunde gehen könnten,  ist das eher auf Unverständnis gestoßen. Eine ältere Frau meinte sogar “das gehöre doch nicht zum Thema”.

Der Grünen-Landtagsabgeordnete hat dann noch referiert, dass die industrielle Landwirtschaft durchaus gesetzeskonform und völlig rechtens und so gesehen in Ordnung sei. Und dann hat er noch gemeint, kein Bauer wolle zurück zur Bewirtschaftung seiner Felder und Wiesen mit Pferden – was ich so verstanden habe, dass er ernsthaft glaubt, dass Traktoren und alles was man für deren Betrieb benötigt bis in alle Zukunft verfügbar bleiben würden.

Insgesamt war mein Eindruck von der dem Film folgenden Diskussion, dass sich die Leute, inklusive Landtagsabgeordneter, extrem sicher sind, dass der Frieden in Europa auf Dauer sicher ist und dass sie die Gefahr eines Kollapses unserer extrem von Technik und Importen abhängigen Gesellschaft nicht sehen. Dazu fällt mir ein Fazit von Henry Kissinger aus dessen Buch Großmacht Diplomatie. Von der Staatskunst Castlereaghs und Metternichs. ein. Kissinger schreibt dort, dass der von Castlereagh und Metternich auf dem Wiener Kongress 1815 herbeigeführte Friede im wesentlichen, bis auf einige kleine Zwischenfälle, bis 1914, also rund 100 Jahre gehalten habe. Diese Stabilität des Friedens sei mit ein Grund für die Katastrophe des 1. Weltkrieges geworden, denn sie habe die Europäer zu sicher werden lassen und sie das Gefühl für die Tragik des Krieges verlieren lassen. Für Hungersnöte und allgemeines Systemversagen scheint ähnliches zu gelten.  Die Diskussion nach dem Film lässt mich damit auch an die Generationstheorie von Strauss und Howe denken, die auch John Xenakis in seinem Buch und seinem Blog über die Generationsdynamik aufgreift.  Xenakis sieht die Lage ziemlich finster, wie ich in Neues vom Nahen und Fernen Osten kurz auszugsweise dargestellt habe. Das ist wäre meines Erachtens der wichtigste und dringendste Hintergrund, um auf eine zukunftsfähige, weitgehend katastrophensichere,  kleinbäuerliche Landwirtschaft  umzuschalten, um die Gemeindewälder und Parks in vielfältige, plegeleichte Obst- und Nussbaumplantagen mit zudem vielen essbare Früchte tragenden Sträuchern und Gemüsen um zu wandeln, in denen außerdem Schweine, Rinder und andere Nutztiere oder/und  viel Wild gedeihen.  Der Film zeigt einige Beispiele in diese Richtung. Meine Webseite zeigt aber noch viel mehr, und sie zeigt einiges an Literatur und Links zur professionellen Vorbereitung. Insbesondere Mark Shepard mit seiner Restaurierenden Landwirtschaft und seiner New Forest Farm, sowie John Jeavons mit seinem Biointensiven, nachhaltigen Gartenbau, zusammen mit dem Buch über die Nachhaltige Bodenverbesserung von  Fred Magdoff und Harald van Es scheinen mir derzeit die besten Informationsquellen zu sein. Sepp Holzer gehört hier dazu, zumindest als zusätzliche, ergänzende Informationsquelle.

Anlässlich meiner Recherchen für den obigen Artikel habe ich noch die beiden folgenden Entdeckungen gemacht:

  1.  Es gibt nun eine 22-seitige Broschüre, das Farmers Handbook, über die Growbiointensive-Methode in deutscher Sprache, unter dem Titel Ein Gartenhandbuch: Die NachaltigeGROW BIOINTENSIVE Gartenbaumethode als pdf-Dokument zum kostenlosen Herunterladen.
  2. Im Sommer 2015 findet in Mailand eine Weltausstellung statt, deren Thema “Feeding the Planet  – Energy for Live“, also “Den Planeten Ernähren – Energie für das Leben“. Siehe die Internetseite der EXPO-2015Es wird die erste Weltausstellung sein, die ich mir  ansehe.

Kelberg, den 8. Mai 2015 Christoph Becker

 

 

 

 




Das Hauptliniensystem

Das Hauptliniensystem, oder auf Englisch Keyline-System, ist eine der Grundlagen der Restaurierenden Landwirtschaft nach Mark Shepard. Es ist eine Methode zur Verbesserung der Wassernutzung und zur schnellen und nachhaltigen Vergrößerung der Mutterbodenschichten. Man kann damit,  in nur 2 bis 3 Jahren die Dicke der Mutterbodenschicht um 30 bis 45 cm vergrößern. Wie mir die durch den Klimawandel zunehmenden Probleme wegen geringerer, oder unregelmäßigerer Niederschläge in der Eifel zeigen, könnte das Hauptliniensystem auch für die deutsche Landwirtschaft interessant sein bzw. werden.

Das Konzept des Wassermanagements beruht im Wesentlichen darauf, dass man Gräben und Aufschüttungen ( swales and berms)  mit nur 1 % Gefälle (( 1% ist der Wert den Mark Shepard in seinem Buch Restoration Agriculture angibt.  In dem von ihm als weiterführende Literatur empfohlenen Buch Water for every Farm von Yeomans, wird mit Gefällen von 1/250 bis 1/500, bei einem Mittel von 1/300, gearbeitet, was nur 1/3 des von Shepard angegeben Wertes ist. Shepard scheint, wie man einem Bild in seinem Buch entnehmen kann, die Gräben teilweise nur mit einem einfachen Wendepflug anzulegen, wobei dann die Aufschüttung durch die vom Pflug talwärts geworfen Erde bzw. Grasnarbe entsteht. Yeomans scheint, zumindest soweit ich das beim Überfliegen seines Buches erkennen konnte, tiefere und breitere Gräben mit Maschinen aus dem Strassen- und Wegbau anzulegen. Yeomans war allerdings Australier und kam erst später zur Landwirtschaft, nachdem er vorher u.a. als Geologe und Unternehmer für Erdarbeiten gearbeitet hatte. )), also fast parallel zu Linien gleicher Höhe herstellt. Außerdem werden kleine Bodensenken oder Becken zum Sammeln des Wassers angelegt, die dann auch Biotope für zur Schädlingsbekämpfung nützliche Amphibien sind.  Das heißt, Mark Shepard hat aus juristischen Gründen nur mehr oder weniger große, seitlich flach auslaufenden Gruben ausgehoben, in denen sich Tümpel bilden und die untereinander mit Gräben verbunden sind. Bei P.a. Yeomans und vorallem auch bei Sepp Holzer werden stattdessen zum Teil recht große Dämme gebaut und das Wasser aufgestaut. Sepp Holzer spricht dabei aus juristischen Gründen nicht von Teichen oder Seen, sondern von Wasserrückhaltebecken, Wasserretentionsbecken oder auch von Humusrückhaltebecken. Bei Sepp Holzer sind diese oft mit Rohren verbunden.  Das Ziel ist bei allen, das Wasser möglichst lange auf der eigenen Fläche zu halten. Es soll nur langsam abfließen, um möglichst viel Zeit zum Versickern haben.  Mit den Bodensenken, Becken,   Tümpeln, Wasseretentionsbecken oder wie immer man sie nennt,  versucht man Wasser zu speichern, so dass es Zeiten ohne Niederschlag an den Boden abgegeben werden kann. Der Unterschied zu zentralen Staudämmen und Stauseen ist, dabei in jedem Fall, dass das Niederschlagswasser bei starken Niederschlägen möglichst dezentral zurückgehalten und dann in trockneren Perioden langsam wieder abgegeben und verteilt wird. Durch das dezentrale zurückhalten spart man Infrastruktur und Energie für Bewässerungssysteme und man reduziert oder vermeidet Erosionen. Bei dem Hauptlinien auch von Mark Schepard genutzten  Keylinesystem von Yeomans  leitet man das Wasser zudem geschickt von den Seitentälern, an den Hängen entlang “Bergauf” zu den Geländevorsprüngen, wo man Wasserrentionsbecken bzw. Tümpel oder kleine Teiche anlegt.  “Bergauf” ist hier nicht ganz das richtige Wort, weil das Wasser von der Sohle der Seitentäler über Gräben mit 1 bis 0,2 % Gefälle seitlich in die Hänge fortgeleitet wird.

Wege, Zäune, Felder, Weiden, Baumreihen usw. werden nach Möglichkeit parallel zu den Gräben und Aufschüttungen angelegt.

Die Breite von Feldern, Weiden usw., bis zum nächsthöheren oder niedrigeren Graben/Aufschüttungspaar wird so gewählt, dass die mit Maschinen zu bearbeitenden  Nutzflächen zwei oder vier Arbeitsbreiten haben, so dass unnütze Fahrten vermieden werden. Die Breite der bearbeitbaren Nutzflächen hängt dabei aber auch von der Hangneigung ab. Auf den Hängen des Krameterhofes im Österreichischen Lungau und auf Sepp Holzers neuem Holzerhof im Burgenland sind die Terrassen bzw. Nutzflächen wegen der zum Teil sehr steilen Hängen ziemlich schmal.  Mark Schepards New Forest Farm liegt eher in einem Mittelgebirge oder Hügelland, so daß er sich wesentlich breitere Nutzflächen leisten kann.

Zum Hauptliniensystem bzw. Keylinesystem von P.A. Yeomans, wie es auch Mark Shepard anwendet, gehört auch eine Philosophie der Bodenbearbeitung: Die Felder, Weiden usw. werden einmal jährlich mit einer Art Meisselpflug oder Tiefengrubber gelockert wird. Das Original heißt Yeomans-Pflug. Der Pflug wird genau parallel zu den Gräben/Aufschüttungen eingesetzt.

Der Sinn des Einsatzes dieses Pfluges ist:

  • Boden tief auflockern. Wurzeln können dadurch besser in die Tiefe vordringen
  • Boden belüften, dadurch kommt u.a. Sauerstoff in die Tiefe, so dass dort Humus bildenden Abbauprozesse stattfinden können
  • Zusätzliche Minigräben zur besseren Verteilung des Wassers
  • Wurzeln von am Rande des Feldes oder der Wiese stehenden Bäumen und Sträuchern abschneiden, so daß diese dem Feld bzw. der Wiese keine Nährstoffe entziehen.

Hier eine Übersetzung eines Teils der Webseite www.keyline.com.au :

1. Mutterboden produzieren

Die Kultivierung, Bewässerungs- und Viehbewirtschaftungstechnik des Hauptliniensystems beschleunigt den Prozess der Bildung von lebendem, natürlichem Mutterboden. Die Umwandlungsrate von tiefer gelegenen Bodenschichten in Mutterboden beträgt unter natürlichen Umständen 10 bis 15 Tonnen pro Hektar und Jahr. In Betrieben, die mit dem Hauptliniensystem arbeiten können es während der zwei bis drei Jahre der initialen Umwandlung 1000 bis 1500 Tonnen pro Hektar und Jahr sein. Die Mutterbodenschicht nimmt dabei jährlich um 10 bis 15 cm  zu. Ein praktisches, kurzfristiges Ziel ist die Vertiefung des lebenden Mutterbodens auf eine Stärke von 30 bis 45 cm.

2. Hauptlinien-Muster-Kulitivierung zur Bekämpfung der Bodenerosion

Das Anlegen von Furchen, selbst von schmalen, beeinflusst die Richtung, in der das Oberflächenwasser abläuft. Nur Hauptlinien-Kultivierung verzögert die Konzentration in Talgebieten. Sie ermöglicht es, dass  das Oberflächenwasser auf den Höhenrücken, die unter der Höhenlinie des betreffenden Punktes der Talsohle des Seitentals liegen, zu leiten und dort zu halten. Das Muster der Hauptlinien-Kultivierung sieht aus wie ein vergrößertes Konturmuster. Das Muster der Furchen fällt von den Tälern zu den niedriger gelegenen Gebieten der angrenzenden Höhenrücken ab. Dabei wird die Feuchtigkeit in den Höhenrücken absorbiert und die Konzentration in den Tälern reduziert. Der Boden wird durch die Belüftung mit dem Tiefenkultivator verbessert.

Die beiden folgenden Bilder von Mark Shepards New Forest Farmhttps://newforestfarm.us zeigen ein Beispiel des Hauptlinien-Designs:

newforestfarm newforstfarm2Auf das Hauptliniensystem aufmerksam geworden bin ich durch Mark Shepards Buch Restoration Agriculture. In Kapitel 13, Getting Started, beschreibt er kurz das Hauptliniensystem und auch seine Erfahrung mit der tiefen Auflockerung des Bodens mit einer Art Yeomans-Pflug, der bei ihm nur einen Zinken hat. Er habe anfangs mit seinem 35 PS-Traktor oft selbst bei nur 30 cm Tiefe immer wieder Probleme gehabt, weil sein Traktor es kaum geschafft habe, auch sei der Zinken am Ende des Feldes immer voll mit rotem oder gelbem Ton oder Lehm gewesen, den er mit einem Spaten habe entfernen müssen. Nach 15 Jahren komme er nun sehr viel tiefer (in seiner DVD spricht er von 3 Fuß, also ca. 90 cm!) und er habe keinen Ton oder Lehm mehr an den Zinken, weil der Boden in Mutterboden verwandelt worden sei.


Diese Technik ist meines Erachtens auch interessant, weil damit sehr erhebliche Mengen von Kohlenstoff bzw. an  CO2  im Boden gebunden werden können. Dazu kommt bei der Restaurierenden Landwirtschaft wie sie Mark Shepard zeigt, der höhere Anteil an Bäumen, Sträuchern und Grünland oberhalb des Bodens, was ebenfalls für die CO2-Bilanz förderlich ist.

Mark Shepard bezieht sich auf das Buch Water for Every Farm – Yeomans Keyline Plan von P.A. Yeomans und und empfiehlt dies als weiterführende Lektüre.

Probleme bei dem Versuch dieses Hauptliniensystem in Deutschland und Europa zu nutzen sehe ich, wenn ich an die Bauernversammlung zur neuen EU-Agrarförderung zurückdenke, die ich im März 2015 besucht habe, zunächst in den EU-Agrarvorschriften und der Bürokratie. Ein weiteres praktisches Problem dürften in vielen Fällen die in der Regel rechteckigen, nicht an die Geländekontur angepassten  Grenzen sein. An das Hauptliniensystem hat man bei den Flurbereinigungen jedenfalls mit Sicherheit nicht gedacht.

Anderseits ist dieses Hauptliniensystem eine Möglichkeit in sehr kurzer Zeit sehr kostengünstig sehr große Mengen CO2 aus der Luft zu entnehmen und als Kohlenstoff für die Nahrungsversorgung und den Katastrophenschutz nutzbringend als Humus  im Boden zu  speichern.  Man kann damit jedenfalls in wenigen Jahren soviel Mutterboden bzw. Humus erzeugen, wie es die Natur es sonst nur in vielen Jahrhunderten schafft.  Die Treibhausgasbilanz der Landwirtschaft würde durch das Hauptliniensystem auch verbessert, weil es den Einsatz chemischer Düngemittel reduziert oder überflüssig macht.  Kombiniert mit den anderen Komponenten der Restaurativen Landwirtschaft, die den Schwerpunkt der Grundnahrungsmittelerzeugung auf mehrjährige Pflanzen, Bäume und Sträucher verlegt, kann außerdem der heute völlig ungenügende Katastrophenschutz und damit auch die Überlebensfähigkeit der Bevölkerung Fall eines Weltkrieges verbessert werden.

Die Realisierung und Unterhaltung des Hauptliniensystems, wie es Mark Shepard zeigt, könnte ggf. auch mit mehrspännigen Pferdegespannen und in Handarbeit erfolgen, etwa wenn Diesel und Ersatzteile für moderne Landmaschinen nicht mehr verfügbar wären. Grundsätzlich und wegen des Potentials schnell und kostengünstig  in sehr großen Mengen der CO2 im Boden zu speichern und gleichzeitig die Bodenfruchtbarkeit zu verbessern, wäre es sinnvoll, diese Methode so bald wie möglich zu nutzen. Dazu müssten aber die gesetzlichen und bürokratischen Hürden, die derzeit den Versuch einer Anwendung des Hauptliniensystems in Deutschland und Europa behindern und oft unmöglich machen würden, beseitigt werden.  Die EU-Agrarförderung müsste entsprechend angepasst werden und  man müsste Wege finden, um z.B. über gesetzlich verordnete Genossenschaften, ähnlich wie derzeit schon bei den Jagdgenossenschaften,  auch über die Grundstücksgrenzen hinweg Hauptliniensysteme zu realisieren.

Ein Hinweis darauf, dass das System in Deutschland teilweise schon länger bekannt ist,  sind der folgende Link aus dem Jahre 2008:

http://www.landtreff.de/sehr-schnelle-bodenverbesserung-bei-weiden-t27918.html

und die beiden folgenden Links:

http://issuu.com/burkhardkayser/docs/artikelsammlung_p.a._yeomans
http://issuu.com/burkhardkayser/docs/bilder_p.a.yeomans

Im Bezug auf die Philosophie der Bodenbearbeitung nach P.A. Yeomans, mit dessen tiefgehenden Yeomans-Pflug oder Tiefengrubber möchte ich hier darauf hinweisen, dass man sich diese sehr energieaufwendige, schwere Arbeit möglicherweise zumindest in manchen Fällen sparen kann.  Das Ehepaar Paul und Elizabeth Kaiser hat auf seiner Singing Frogs Farm eine extrem intensive Gartenbautechnik entwickelt, die praktisch völlig ohne pflügen und umgraben auskommt. Siehe hierzu das Interview  Paul & Elizabeth Kaiser: Sustainable Farming 2.0. Die Kaisers holen aus ihrem kleinen, ohne Kunstdünger, Pflanzenschutzmittel, Unkrautvernichtungsmittel, Gensaatgut und schwere Maschinen auskommenden, biologischen Gartenbaubetrieb mit nur ca. 1,2 Hektar pro Flächeneinheit, mit über 23 US-Dollar Umsatz pro Quadratmeter, drastisch mehr heraus als  konventionelle Betriebe; und sie benötigen auch wesentlich weniger Wasser für die Bewässerung.

Das Hauptliniensystem von P.A. Yeomans und auch das diesem zumindest sehr ähnliche Wasserbewirtschaftungssystem von Sepp Holzer werden durch die revolutionäre Weiterentwicklung des biologischen Gartenbaus durch die Kaisers, oder auch durch das ältere, nicht ganz so ertragreiche, aber doch schon beeindruckende biointensive Gärtnern nach John Jeavons nicht überflüssig, sondern können vielmehr die Voraussetzungen für solche extrem Leistungsfähigen und zudem nachhaltige, auch für den CO2-Haushalt vorteilhafte und weitgehend ohne fossile Brennstoffe auskommende Gartenbaumethoden verbessern.

Im Folgenden noch einige Filme zum Teil erstaunlich alte Filme zum Hauptlinienssystem nach P.A. Yeomans, die ich auf Youtube gefunden habe:

Sehr gute Erläuterung des Prinzips des Keyline-Systems an einem Beispiel aus Ton, dem englischen Akzent nach wohl irgendwo in Indien:

Beispiel wo in den USA ein Hauptliniensystem mit Gräben (Swales) und einem Teich (Pond) mit einer modernen Planierraupe angelegt wird. Hier geht es auch darum, das System so zu gestalten und anzupassen, dass später bei der landwirtschaftlichen Nutzung große Maschinen eingesetzt werden können:

Spanischer Film. Kann ich nicht verstehen, zeigt aber gute Bilder zur Veranschaulichung der landschaftlichen Gestaltung mittels Hauptlinien- bzw. Keyline-System:

 

Eine Doku aus dem Jahr 1981, über P.A. Yeomans und seine Anwendung des Keyline-Systems im Kiewa-Tal in Australien:

Eine Doku aus dem Jahr 1986, über P.A. Yeomans und seine Anwendung des Keyline-Systems:

 

P A Yeomans-Building a Keyline Dam (25 min) 1960: Landwirtschaftlicher Dammbau nach den Vorgaben von P.A. Yeomans in Australien um 1960:

In meiner Gegend, der Eifel, lautete am am 10. Juni 2015, eine Überschrift in einem der lokalen Anzeigenblätter, dem Wochenspiegel, Die Eifel spürt den Klimawandel – Trockenheit im Frühjahr wird zum Dauerphänomen – Erste Schäden in den Gärten und in der Landwirtschaft.

Anderseits gibt es im Winter öfters Hochwasser und im Sommer gibt es hin und wieder sehr heftige Regenfälle, die zu Erosionen führen. Die Anwendung des oben dargestellte Haupliniensystems würde in der Eifel daher insgesamt Sinn machen. Man würde das Wasser länger und besser auf den Nutzflächen halten und damit Schäden durch Trockenheit reduzieren und anderseits das Risiko von Bodenerosionen vermindern.  Durch die Tümpel und Teiche, die zu diesem System gehören würden auch Lebensräume für Amphibien und andere Tiere  geschaffen, was zum einen der Schädlingsbekämpfung und zum anderen den Zielen des  Naturschutzes dienen würde.

Anfang Juni 2015 war ich auf einem 3-tägigen Seminar bei Sepp Holzer und habe einige Tage später auch den inzwischen von seinem Sohn Andreas Joseph Holzer geführten Krameterhof besichtigt. Eine der Grundlagen von Sepp Holzers Permakultur und des Krameterhofes ist ein Wasserwirtschaftsystem, dass dem oben vorgestellten Hauptliniensystem ähnelt. Das System der Holzers wird insbesondere in Holzers Buch Wüste oder Paradies: Holzer’sche Permakultur jetzt! Von der Renaturierung bedrohter Landschaften über Aqua-Kultur und Biotop-Aufbau bis zum Urban Gardening, sowie in der DVD Holzer`sche Permakultur jetzt! – Wüste oder Paradies  dargestellt.

An der Mosel  bei Cochem habe ich bei einem Ausflug Ende Juni 2015 überrascht festgestellt, dass man dort in den Weinbergen nun auch das Problem erkannt zu haben scheint und angefangen hat Weinberge rechtwinklig zum Hang, bzw. parallel zu den Höhenlinien zu bepflanzen.

Einem Landwirt, mit dem ich mich über das Hauptliniensystem unterhalten habe, meinte, da kaum Wasser in dem Bach hinter seinem Haus wäre, wäre doch auch kaum Wasser da das man mit dem Hauptliniensystem für sein Land zurückhalten könne. Nun kenne ich gerade diesen Bach und andere Bäche in dieser Gegend von Jugend an sehr gut und weiß, dass diese zwar im Sommer in der Tat oft kaum Wasser führen, aber im Winter und nach starken Regenfällen haben sie oft Hochwasser und außerdem ist das Wasser dann oft von der mitgerissenen Erde stark braun gefärbt. Das Ziel des Hauptliniensystem nach P.A. Yeomans, zu dem neben der intelligenten Anlage eines Systems von Gräben, Tümpeln, und Wasserrückhalteteichen auch die Verbesserung des Bodenlebens und die Vergrößerung der Dicke der Mutterbodenschichten gehört, ist ebenso wie bei dem von Sepp Holzer angewendeten Wasserbewirtschaftungssystem, das Wasser der Niederschläge des ganzen Jahres möglichst auf dem Grundstück zu halten und zu nutzen und dabei gleichmäßig über das Jahr verteilt das überschüssige Wasser an die Fließgewässer ab zu geben.  Es geht also darum die bei Hochwasser abfließenden Wasserüberschüsse und auch das mit dem Hochwasser verbundene Wegschwemmen von Mutterboden zu begrenzen und das Wasser für trockene Zeiten zurück zu halten. Dabei ist noch zu beachten, dass lockerer Mutterboden mit viel organischem Leben und hohem Kohlenstoffgehalt offenbar sehr viel mehr Wasser aufnehmen kann als relativ toter, verfestigter und kohlenstoffarmer Boden. Es geht also darum Hochwasserschutz und Erosionsschutz zu betreiben, den Wasserfluss in den Bächen gleichmäßiger werden zu lassen und dabei gleichzeitig die Bodenfruchtbarkeit zu steigern. 

Letzte Nachbesserung 14. Dezember 2017 Christoph Becker




Bürokratischer Wahnsinn, frei ab 18

Vorhin hat meine Frau eine DVD über die ökologische Renaturierungsarbeit von Sepp Holzer für mich in Empfang genommen, bei der der Fahrer des Paketdienstes süffisant grinsend das Alter des Empfängers dahingehend prüfen musste, dass dieser über 18 ist. Meine Frau meinte “was hast Du denn da bestellt ?” Der Titel dieser nach dem Gesetz nicht jugendfreien DVD lautet
 Holzer’sche Permakultur: Wüste oder Paradies? Über die ökologische Renaturierungsarbeit von Sepp Holzer in aller Welt.. Amazon.de macht darauf aufmerksam, dass die DVD per   “Spezialversand für Artikel ohne Jugendfreigabe.” erfolgt.

Die Beschreibung der DVD bei Amazon:

Über die ökologische Renaturierungsarbeit von Sepp Holzer in aller Welt. Sepp Holzer, “Agrar-Rebell” und ökologischer Visionär aus den österreichischen Alpen, lernte schon als Kind von der Natur. Als er mit 19 Jahren den elterlichen Krameterhof übernahm, machte er aus dem kargen Bergbauernhof ein ertragreiches Naturparadies mit vielfältigen Wildniskulturen. Seit Jahren berät er Landbesitzer, Bauern, Professoren und Siedlungsprojekte in Russland, USA, Südeuropa und anderen Regionen bei der Renaturierung von Grundstücken mit “Holzer´scher Permakultur” und beim Aufbau essbarer Landschaften. Der Film zeigt vor allem die Arbeit mit Wasser und den Aufbau von Wasserlandschaften, Seen und Teichen. “Wenn der Wasserhaushalt in Ordnung gebracht ist, ist 70 % der Arbeit getan, denn die Erdoberfläche und auch der Mensch besteht zu 70% aus Wasser”, sagt Sepp Holzer.

Warum muss man beim Empfang dieser DVD nachweisen, dass man über 18 Jahre alt ist? Vermutlich weil Sepp Holzer die DVD selbst vertreibt und sich die Kosten für das Verfahren der Jugendfreigabe gespart hat.

Obwohl, nachdem ich mir die DVD angesehen habe, kann ich mir – spöttisch-ironisch betrachtet –  schon vorstellen, dass manch einer  diese DVD als “nicht hilfreich” einstufen könnte, etwa weil Kinder, Jugendliche und noch nicht perfekt angepasste Erwachsene “dumme” Fragen stellen könnten, wenn sie die DVD sehen.

Die DVD zeigt jedenfalls etliche Unerhörtheiten. Holzer läßt teilweise mit schweren Baumaschinen die Landschaft gezielt umgestalten.  Was er macht, oder machen lässt, ist  oft zunächst kreative Zerstörung des Bestehenden. Er lässt unter anderem gezielt Tümpel, Teiche, kleine Seen und Terrassen anlegen wo vorher keine waren. Er lässt tatsächlich, selbst in Afrika und Russland,  blühende und fruchtbare Landschaften und Artenvielfalt  entstehen, wo vorher keine waren.  Weil er dafür ganz selbstverständlich auch schwere Maschinen einsetzt, ist Sepp Holzer  auch einer, der fossile Energieträger nutzt um die Fruchtbarkeit des Bodens zu verbessern.

Wenn ich an die Bauernversammlung meines Landkreises denke, die ich im März 2015 besucht habe, dann dürfte das Prinzip und die Vielfalt der von Sepp Holzer empfohlenen Anpflanzungen der maximale Horror aller mit der Verwaltung und Verteilung landwirtschaftlicher Fördergelder befassten Bürokraten und Kontrolleure sein. Das fängt mit der Vermessung der unegalen, kurvenreichen Strukturen an und endet mit der notorischen Nichteinhaltung der Vorgabe, dass jeweils mindestens 300 qm mit der gleichen Pflanze bepflanzt werden müssen.  Auch kann ich mir vorstellen, dass manche “Naturschützer” in Deutschland  zunächst vor Wut schäumen, wenn jemand sich erdreistet, derart die Landschaft und Lebensräume zu “zerstören” – zumindest, wenn und solange sie Holzers Resultate nicht gesehen haben.

Als ich mich neulich mit einem Kleinbauern aus meiner Gegend über Sepp Holzers Empfehlung Teiche und Tümpel an zu legen unterhalten habe, war die Antwort, das könne man sich in unserer Gegend abschminken.  Neue Teiche und Tümpel würden nicht genehmigt. Einfach illegal welche anlegen ginge wegen der lückenlosen Luftaufklärung auch nicht. Damit die Angaben zum Erhalt von EU-Fördermitteln überprüft werden können, hat der Staat nämlich Karten im Maßstab 1:2500 die mit Luftbildern abgeglichen werden. Auf diesen Karten fällt selbst ein  kleiner Tümpel auf.

Anderseits erfüllt Holzers Art der Landwirtschaft und Landschaftsgestaltung die grundlegenden Zielvorgaben, der  Naturschutzgesetze und auch der Agrarförderung. Der tiefere Sinn der neuen EU-Agrarförderung kam auf der oben erwähnten Bauernversammlung vor lauter bürokratischem und formalistischem Gestrüpp zwar nicht zur Sprache, aber je mehr ich darüber nachdenke und je mehr ich die Art der Landwirtschaft und Landschaftsgestaltung von Sepp Holzer verstehe, um so mehr meine ich, dass Holzers  Methode das, was die EU-Beamten und auch die Naturschützer eigentlich wollen – oder zu wollen vorgeben – maximal verwirklicht. Und doch kann man ziemlich sicher sein, dass die mit dem Naturschutz, der Landwirtschaft  und dem Wasserrecht befassten Behörden und Verbände  in der Praxis von den meisten Landwirten, die vielleicht Holzers Methoden umsetzen wollen, als  unüberwindliche Hindernisse wahrgenommen werden. Eigentlich meinen es alle gut und wollen nur das Beste. Aber es funktioniert nicht. Oft wird in der das Gegenteil von dem bewirkt, was  bezweckt wurde.

Wenn Kinder und Jugendliche diese DVD sehen und dann ihre Eltern und Lehrer fragen und wahre  Antworten bekommen, könnten sie  daher zu der Meinung kommen, dass unser Staat und unsere Demokratie versagen und, dass die Politiker und Beamten der EU und auch der Bundesrepublik keinen Respekt verdienen, weil sie in für das Überleben und die Zukunftsfähigkeit des Landes essentiellen Dingen versagen und das Falsche tun. Tatsächlich sagt Holzer gegen Ende seiner DVD, dass vom Staat und von den Politikern vorerst keine Hilfe zu erwarten sei.  In seinem Buch “Der Agrar-Rebell” kann man nachlesen, wie und warum er zu dieser Meinung gekommen ist. Insofern ist es vielleicht schon korrekt, dass diese DVD über Sepp Holzers Permakultur nur an Personen über 18 Jahre verkauft werden darf.  Anderseits kann diese DVD zum Nachdenken anregen und vielleicht zu dem einen oder anderen sinnvollen Projekt führen.

Nachtrag:

Im Internet kursiert auch heftige Kritik an Sepp Holzer. Siehe dazu den Wikipediaeintrag über Sepp Holzer und das Buch Bittere Ernte von Frau Gertrud Barrada sowie deren Internetseite jena-hof.at.  Das Buch habe ich noch nicht gelesen, wohl aber habe ich mir die Internetseite von Frau Barrada gut angesehen. Mein Fazit: Da hat mal wieder eine “erfolgreiche” [Geschäfts]Frau” “Madame” gespielt und ist dabei grandios gescheitert, weil sie keine Ahnung von den technischen Details und der handwerklichen Praxis hatte. Mir fallen dazu auch andere Beispiele aus anderen Bereichen ein. Insofern kann man auch zu dem Schluss kommen, dass die Bücher und DVDs von Sepp Holzer tatsächlich nur etwas für Erwachsene sind. Ich selber lese die Bücher von Sepp Holzer – soweit ich sie nicht schon gelesen habe -, aber ich lese  auch eine ganze Reihe andere Bücher bzw. habe diese gelesen, wie z.B. auch How to Grow More Vegetables von John Jeavons, Building Soils for Better Crops von Fred Magdoff und Harold von Es, Restoration Agriculture von Mark Shepard,  Water for Every Farm – Yeomans Keyline Plan von P.A. Yeomans, 4000 Jahre Landbau in China, Korea und Japan von F.H. King, und  Tree Crops: A Permanent Agriculture (Conservation Classics) von von J. Russell Smith. Dazu sehe ich mir verschiedene reale Projekte, wie auch den Holzerschen Krameterhof an, und dann, mit dem theoretischen Hintergrund und den praktischen Vorbildern im Kopf, denke ich selbst nach, mache selbst gezielte Versuche  und setze dann selbst ein Projekt mit einem konkreten Ziel um (( Bei mir ist das Ziel:  Herausfinden und zeigen, wie man auch in einer früher, und wenn man nichts tut auch in Zukunft wieder, sehr armen, relativ unfruchtbaren Gegend wie der Eifel nach dem Ende des Ölzeitalters und selbst bei einem langfristigen Totalausfall der Stromversorgung und Elektronik, wie er bei einem EMP-Angriff oder einem schweren Sonnensturm zu erwarten ist,  genug Lebensmittel produzieren und eine gute Bodenqualität erreichen und erhalten und dabei nebenher auch auch die Menge des im Boden und in Pflanzen gespeicherten Kohlenstoffes steigern kann. ))  Sepp Holzers Bücher, Erfahrungen und DVDs sind dabei also nur eine Quelle von vielen. Vor einem breiteren Hintergrund ist Sepp Holzers Werks sicherlich ein sehr wertvoller Beitrag.

Wenn ich mir die massiven Erdarbeiten ansehe, die Sepp Holzer auf der DVD im Rahmen seiner Projekte zeigt  und die Geschichte von  Frau Barrada lese, dann frage ich mich allerdings auch nach der Rolle der Ingenieure. Wer mit Baggern an Hängen große Erdarbeiten durchführt oder Dämme für Teiche und Seen baut, sollte schon mit den lokalen geologischen Verhältnissen, Witterungseinflüssen und der Bodenmechanik sehr gut vertraut sein, oder/und einen oder bei potentiell sehr gefährlichen Projekten auch mehrere entsprechend spezialisierte Ingenieure zu Rate ziehen. Auch sollte es im Voraus von solchen Ingenieuren abgesegnete Pläne der durchzuführenden Erdarbeiten geben,  an die sich der Bauunternehmer bzw. die Baumaschinenführer strikt zu halten haben, und deren Einhaltung überwacht wird. Wenn die Pläne warum auch immer nicht eingehalten wurden, müssen entsprechende Untersuchungen und Berechnungen durchführt und ggf. nachgebessert werden.  Wenn man, wie Frau Berada, von Tiefbau keine Ahnung hat, dann muss man eben ein Ingenieurbüro beauftragen, das über die nötige Qualifikation und auch über eine entsprechende Haftpflichtversicherung verfügt, um die geplanten Erdarbeiten prüfen und ggf. optimieren zu lassen.

Ich finde, dass die schlechte Erfahrung dieser Frau Barada mit Herrn Holzer keinesfalls den grundsätzlichen Wert seiner Erfahrung, seiner Bücher und DVDs schmälert, sondern nur einmal mehr zu dem ermahnt was Holzer selber predigt, und was eben nicht nur für Pflanzen und Tierhaltung in der  Landwirtschaft, sondern auch für das Denken und Informieren gilt: Monokultur vermeiden und die Vorteile der Vielfalt nutzen (( Vielfalt,  Diversität und Buntheit sind heute leider auch Begriffe, die oft gedankenlos von Leuten benutzt und missbraucht werden, die selber eine extreme intellektuelle Monokultur pflegen, in der nur noch gedacht und gesagt werden und wahr sein darf, was gerade als und politisch korrekt gilt.  ))

Kelberg, den 29. 4. 2015 Christoph Becker

 




Eine sicherheitspolitische Übersicht

Der Reservistenverband von Rheinland-Pfalz hatte am 25.4.2015 im Zentrum für Innere Führung der Bundeswehr ein sehr denkwürdiges, hervorragendes ganztägiges Seminar veranstaltet.Die insgesamt vier Vorträge und ein kurzes Gespräch, das ich am Rande der Veranstaltung mit einem der Referenten  hatte, ergänzten sich zu einem sicherheitspolitischen Gesamtkunstwerk, das ich zunächst ziemlich bedrückend fand. Ich möchte versuchen, es hier aus der noch frischen Erinnerung kurz wiederzugeben und mit meinen Einwänden und Lösungsvorschlägen verbinden.

Der erste Referent war Generalmajor Reinhard Golks, Abteilungsleiter Planung des Kommandos SKB (Streitkräftebasis) der Bundeswehr.  General Golks erläuterte die verschiedenen Projekte wie das VJTF, NRF usw., für die die Verteidigungsministerin deutsche Beteiligungen zugesagt hatte, und die den Planern der Bundeswehr nun erheblich Stress zu bereiten scheinen. Er ging auch auf die Schwierigkeiten bei der Auflösung der deutschen Truppenpräsenz in Afghanistan ein.  Nach Deutschland zurückgeholt werden konnte offenbar nur ein Teil der Ausrüstung, und das was zurückgeholt wurde, muss sehr aufwendig überholt und an die künftige Verwendung angepasst werden, bevor es wiederverwendbar ist.

Weil General Golks aus der Panzertruppe kommt, erwähnte er auch kurz die Schwierigkeiten und Planungsprobleme beim Verlegen von Panzerverbänden. Das Verlegen von Panzertruppen per Eisenbahn ist demnach heute wegen der neuen Verhältnisse bei der Bundesbahn und wegen der Überbreite der Kampfpanzer sehr viel aufwendiger und langwieriger als früher.  Eine Verlegung von Panzern in ein anderes Land, etwa nach Polen, würde über 45 Tage dauern. Aber auch innerhalb Deutschlands ist unter einer Woche nichts zu machen.

Die neuen Eingreiftruppen, die die Russen beeindrucken sollen sind vor den dem Hintergrund der Zahlen, die man aus den Weltkriegen kennt, lächerlich klein, erfordern einen phantastischen Planungs- und  Verwaltungsaufwand und sind alles andere als schnell verfügbar.  Auch Beschaffungsmaßnahmen bei der Bundeswehr sind offenbar extrem kompliziert und langwierig.  Anderseits aber fehlen Geld und andere Mittel.


Am Endes des Vortrages von General Golks war ich  erschüttert. Mein Eindruck war, dass die Bundeswehr bei einem überraschenden, nicht vorgesehen Angriff so gut wie wertlos ist.  Ein nicht vorgesehener Gegner, wie z. B. die Europa überraschend angreifenden, vereinten arabischen Streitkräfte  in dem Roman von Albert Clark, würde die Bundeswehr und die Nato völlig überfordern. Das, was die Bundeswehr dann an funktionierenden Waffensystemen und kampfbereiten Soldaten an die Front bringen könnte, wäre zu wenig und es käme zu spät. Vielleicht könnte man bei der Bundeswehr die drei folgenden Artikel meiner Webseite interessant finden:

  1. Kollaps komplexer Gesellschaften – Interview mit Prof. Dr. Joseoph Tainter
  2. Von der Wehrmacht lernen
  3. Dem Energiedilemma auf den Grund gegangen

Jedenfalls hat die Kombination aus Komplexität einerseits und Begrenztheit der verfügbaren finanziellen, technischen und personellen Mittel anderseits, bei der Bundeswehr offenbar einen Punkt erreicht, der die Bundeswehr selbst in Friedenszeiten an den Rand eines Kollaps bringt. In einem Krieg mit unerwarteten Gegnern, die an unerwarteter Stelle, mit unerwarteten Mitteln und dann womöglich auch noch mit unerwarteter Kampfkraft angreifen scheint mir die Bundeswehr derzeit chancenlos zu sein. Meine abschließenden Notizen zu dem Vortrag von General Golks war “Kollaps durch Komplexität” und “schnelles Element in 45 Tagen”. Letzteres heißt, dass eine Truppe “schnell” einsatzfähig und “schnell” am Einsatzort  ist, wenn sie 45-Tage Zeit zur Vorbereitung und Anreise hat.

Der nächste Referent war Alessandro Scheffler Corvaja vom MarshallCenter in Garmisch-Partenkirchen. Der Titel seines Vortrages lautete “Zukünftige Sicherheitspolitik der NATO und EU”.

Herr Scheffler ging kurz auf das Strategiekonzept der Nato 2010 ein und erläuterte auch noch die verschiedenen schon von General Golks erwähnten neuen sicherheitspolitischen Vorhaben, wie das VJTF, NRF usw..  Die Abkürzungen waren mir auch alle fremd und sind nicht so wesentlich.

Wesentlich an dem Vortrag von Herrn Scheffler fand ich folgende Einsichten:

  1. Die Russen erhöhen durch ihr Vorgehen in der Ukraine und auf der Krim die Leistungsfähigkeit der Nato. Das heißt, Putin motiviert letztlich die Europäer, mehr für ihre Verteidigung zu tun. Bei Herrn Scheffler klang das so, als wäre das eine Dummheit der Russen. Meines Erachtens könnte es aber, etwa vor dem Hintergrund meines Artikels Neues aus den Nahen und Fernen Osten, auch ein kluger Schachzug weit vorausplanender Russen sein,  die die Europäer ganz bewusst provozieren, um diese fitter für  den nächsten großen Krieg zu machen, in dem Europäer und Russen sich gemeinsam mit den Amerikanern einer chinesisch-islamisch-sunnitischen Koalition gegenüber sehen könnten. Es könnte den Russen dann sehr helfen, wenn die Europäer mehr eigene Kampfkraft haben als sie in den vergangen Jahren hatten.
  2. Herr Scheffler zeigte eine Grafik, der zur Folge die Gesamtkosten für das Militär in Europa von 2001 bis 2013 erheblich gesunken sind. Gleichzeitig sind aber die Ausgaben pro Soldat deutlich gestiegen. Das heißt im Klartext, die Zahl der Soldaten ist massiv gesenkt worden.
  3. Herr Scheffler wies vorsichtig darauf hin, dass die Amerikaner zunehmend ihren Schwerpunkt im pazifischen Raum setzen und, dass man gut daran tun würde, sich darauf  einzustellen, dass die USA in Zukunft vielleicht weder bereit noch fähig sein könnten Europa zu verteidigen. Anderseits wies er darauf hin, dass Europa derzeit schlicht die Mittel und die Fähigkeiten fehlen, sich ohne Hilfe der Amerikaner zu verteidigen.
  4. Das Thema nukleare Abschreckung und Atomwaffen wird in Deutschland weitestgehend ausgeklammert. Die Russen würden aber bei Gesprächen, die er mit den Russen über Sicherheitspolitik führe immer wieder auf das Thema Atomwaffen zurückkommen. Erschreckend fand ich zu diesem Punkt den Einwand eines Zuhörers, der meinte eine Atombombe auf Koblenz oder Frankfurt und alles sei kaputt. Solche Leute sollten einmal mit dem Atomwaffensimulator auf meiner Webseite spielen. Meines Erachtens wird die Wirkung von konventionellen Atomwaffeneinsätzen in Deutschland von den meisten Menschen extrem überschätzt.  Das derzeit wirklich extrem gefährlich EMP-Risiko wird dagegen völlig ignoriert oder einfach ausgeklammert, doch dazu weiter unten mehr.

Der nächste Referent war Dr. Kinan Jaeger, mit dem Thema Die Kriege in Syrien und Irak – Neue Herausforderungen für den Westen.  Der Inhalt des Vortrages ging weit über das hinaus, was ich angesichts des Titels erwartet hatte. Dr. Jaeger ist selbst in Damaskus geboren und kennt sich persönlich im Nahen Osten gut aus. Sein Vortrag war eine ganz hervorragende Übersicht über die Probleme und Schwierigkeiten und auch über die historischen Hintergründe der Kriege im Nahen Osten und in der islamischen Welt insgesamt.

Einige Punkte aus seinem Vortrag, an die ich mich besonders erinnere:

In Syrien gab es vor dem Krieg ein friedliches Nebeneinander einer Vielzahl von Kulturen und Religionen.  Es war aber wohl auch so, dass Assad den Frieden mit brutaler Gewalt erzwungen hat.

Im Nahen Osten gibt es keinen gesetzlich geregelten Minderheitenschutz, wie wir ihn in Europa kennen. Wer zu einer Minderheit gehört, riskiert ermordet zu werden und wird sich daher dazu gezwungen sehen, sich zu bewaffnen und Bündnispartner zu suchen. (( Die Frage die ich mir dazu stelle ist: Was passiert dann in Europa wenn die Zivilisation und mit ihr das Rechtssystem und der Minderheitenschutz  kollabieren? Waren der Nationalsozialismus und Auschwitz nicht auch eine Art Kollaps des Minderheitenschutzes in Europa? Und, wo sind eigentlich die vielen Minderheiten geblieben, die es in Europa in seiner 3000-jährigen Geschichte gegeben hat, und die es im 19. Jahrhundert nicht mehr gab? ))

Bündnisse im Nahen Osten können sich schnell verändern. Oft beschließen Stammesälteste nach Höhe der angebotenen Bestechungsgelder, mit wem sie gerade verbündet sind.

Zu den Methoden des IS  gehört auch, dass er die Bevölkerung durch solche Bestechungsgelder und durch Sozialleistungen an sich bindet. Man sollte nicht den Fehler machen, die Führer des IS als fanatische, dumme Islamisten zu betrachten. Es scheint so, dass die Führer des IS oft durchaus kaltblütig planende weltliche Leute sind, die den Islam nur als Deckmantel benutzen. Der IS zieht nicht nur schlichte, schlecht ausgebildete jungen Männer an, sondern (wie schon bei den Attentätern des 11.9.2001) auch viele sehr gut ausgebildete Leute. Der IS akzeptiert die von den Europäern Anfang des 20. Jahrhunderts im Orient gezogenen Grenzen nicht. Trotzdem kann man damit rechnen, dass der IS durchaus vernünftig ist, und sich Grenzen setzt.

Der Nahe Osten ist für uns gefährlich, weil zu ihm drei für uns sehr wichtige Meeresengen ( Straße von Hormus, Sueskanal, Bab al Mandab ) gehören und weil im Nahen Osten etwa 60% des gesamten auf der Erde noch verfügbaren Erdöls lagern.

Saudi Arabien ist besonders ein gefährlicher Fall (( siehe auch meinen Artikel Pulverfass Saudi-Arabien )). Der Westen unterstützt die saudische Herrscherfamilie. Die Bevölkerung ist aber eher gegen die Herrscherfamilie und den Westen. Die Araber haben insgesamt ein psychisches Problem mit dem Westen. Einerseits schätzen und brauchen sie viele der aus dem Westen kommenden Technologien und Möglichkeiten. Anderseits haben sie Minderwertigkeitsgefühle gegenüber dem Westen.  Wenn in Saudi Arabien die Herrscherfamilie zu Fall kommt und Saudi Arabien antiwestlichen werden sollte, hätten wir ein extremes Problem.

Die Türkei ist ein unklarer Fall. Die Türken haben mehr Selbstbewußtsein, weil sie industriell und militärisch dem Westen weniger unterlegen waren, anderseits war aber auch die Türkei lange das eigentliche Zentrum des Kalifats.  Die Türken scheinen besondere Beziehungen zum IS zu haben.  Eine Gefahr durch die Türken in Deutschland sieht Dr. Jaeger nicht.  Die Islamisten in Frankreich und Belgien hätten einen anderen Hintergrund. Die Deutschen hätten zudem im Orient aus historischen Gründen einen relativ guten Ruf, weil sie dort keine Kolonialmächte waren.

Es gibt im Nahen Osten eine Vielzahl von Stämmen, Clans und Religionsrichtungen. Die zwei großen, sich bekriegenden Religionsrichtungen sind Schiiten und Suniten. Es gilt, der Feind meines Feindes ist mein Freund. Aber schon morgen könnte er auch mein Feind sein.

Je länger ich über den Vortrag von Dr. Jaeger nachdenke, desto mehr fällt mir dazu ein.   Man hatte den Eindruck und Herr Dr. Jaeger hat es auch gesagt, dass er locker ein paar Tage über den Nahen Osten und den Islam referieren könnte. Aber es waren nur 45 Minuten Zeit.  Auf seiner Internetseite www.kinan.de findet sich einige Literatur von ihm.

Den letzten Vortrag hat Prof. em. Dr. Gunther Schmid aus München gehalten. Der Vortrag hatte den Titel Die Ukrainekrise als strategische Zeitwende in der internationalen und europäischen Sicherheitspolitik. Prof. Schmid zeichnete zu nächst das Bild einer zunehmend instabilen, multipolaren Welt. Ich habe dazu von ihm hier ein Dokument im Internet gefunden, das einige Punkte seines Vortags enthält. Einige Punkte aus seinem Vortrag:

  • Ein Drittel aller Staaten sind zerfallene oder zerfallende Staaten (failed oder failing States).
  • Globale Instabilität. Beschleunigter Machtzerfall von Staaten und Regionalen Ordnungen
  • China denkt nicht als globale Hegemonialmacht, sondern regional.
  • Globalisierung in den Städten, aber Fragmentierung und Zerfall auf dem Land
  • 90% des Wachstums finden ausserhalb von Europa statt
  • 9 Länder, von denen keines in Europa liegt, vereinen auf sich  75% des weltweiten Wachstums.
  • 2030 werden 5 Milliarden zum Mittelstand gehören. Davon werden 60% Asiaten sein.
  • “Putinisierung” der Regime. In Asien und Arabien werden die Regime autoritärer. Das gilt auch für die Türkei.

Die Ukrainekrise markiert eine Zeitwende, weil hier erstmals seit dem 2. Weltkrieg in Europa eine Grenze gewaltsam verändert wurde. Obwohl, so ganz zustimmen kann ich hier nicht.  Die Grenzen in Jugoslawien, in der Tschechoslowakei und in Deutschland (mit dem Anschluss der DDR an die BRD)  haben sich auch nach 1945 verändert.

Putin und der gesamte Rest der russischen Führung geht davon aus, dass die USA dabei sind, ihren Status als Weltmacht zu verlieren. Dazu fällt mir allerdings ein, dass das auch viele Amerikaner so sehen. Ich denke da an John Michael Greers mit seinem Webblog The Archdruid Report, an Chris Martenson mit seiner Seite www.Peakprospertiy.com, an James Howard Kunstler mit seinen Büchern und seiner Webseite www. kunstler.com, an Dimitri Orlov mit seinen Büchern und seiner Webseite Cluborlov, an Drew Miller mit seinem Buch Rohan Nation: Reinventing America After the 2020 Collapse oder an Chris Hedges mit seinen Vorträgen, Artikeln und Büchern. Zu Chris Hedges siehe auch meinen Artikel Reich der Illusionenüber sein Buch Empire of Illusion: The End of Literacy and the Triumph of Spectacle. So wie es aussieht ist die russische Führung also sehr realistisch.

Nach Aussage von Prof Schmid ist Putins Ziel, offenbar Russland als eigenständigen Pol in einer multipolaren Welt zu erhalten. Putin sähe Europa als dekadent und “schwul” an und Putin sähe sich zu mehr Zusammenarbeit mit China gezwungen. Putin scheine aber langfristig durchaus damit zu rechnen, dass China zu mächtig werden könnte, und dass dann eine Zusammenarbeit von Europa und dem von Russland dominierten Wirtschaftsraum wichtiger werden könnte.  Meine Meinung zu Putins Außen- und Sicherheitspolitik ist, dass er möglicherweise einige Schritte weiter denkt als die meisten europäischen Politiker und Analysten. Das Ziel von Putins Außen- und Sicherheitspolitik in Europa könnte nämlich meines Erachtens darin bestehen, die Verteidigungsausgaben und die Kampfkraft Europas so gut wie möglich zu steigern, weil er Europa, ebenso wie die USA und den Iran als natürlichen Verbündeten Russlands in einem möglichen Weltkrieg gegen  ein chinesisch-sunnitisch-arabisches Bündnis sieht. Zumindest wäre das der Grund warum ich an Putins Stelle so handeln würde wie er handelt.

Nach Meinung von Prof. Schmid ist Russland mit “Russia Today” eine geniale, sehr erfolgreiche Vermischung von Lüge und Wahrheit gelungen.  Meine Notiz dazu war allerdings, dass die westlichen Medien leider genauso Lügen und Wahrheit vermischen. Der wichtigste Grund für den Erfolg von  “Russia Today” dürfte der Umstand sein, dass die westlichen Medien in den letzten Jahrzehnten massiv an Qualität und Glaubwürdigkeit verloren haben.

Alles in allem fand die ich vier Vorträge sehr gut und informativ. Allerdings habe ich Hintergrundinformationen über die den  zunehmenden Sicherheitsrisiken zu Grunde liegenden Ursachen aus den Bereichen Ökologie, Energie, Ressourcen, und Demographie vermisst. Solche Hintergrundinformation und dazu weiterführende Links und Literatur kann man aber u.a. über meine Webseite finden.  Das sicherheitspolitische Seminar des Reservistenverbandes war angesichts des engen Zeitrahmens von nur einem Tag dennoch bestmöglich mit Informationen vollgepackt. Die Mitgliedschaft im Reservistenverband ist auch diesem Hintergrund empfehlenswert.

Zunächst war das Seminar aber auch deprimierend:

Während die Welt zunehmend instabiler wird, Europa an Bedeutung verliert und es an den Rändern Europas im Orient gefährlich brodelt, haben wir eine Bundeswehr, die durch eine Kombination aus Komplexität und fehlenden materiellen, finanziellen und personellen Mitteln behindert wird und durch politische Vorgaben schon in Friedenszeiten bis an ihre Grenzen belastet ist. Es ist zu befürchten, dass unsere Bundeswehr im Ernstfall zu unflexibel und zu langsam reagiert und dann auch noch ganz grundsätzlich zu schwach ist.

Mit Herrn Scheffler, der den zweiten Vortrag gehalten hatte,  konnte mich kurz in einer der Pausen unterhalten. Ich habe ihm meine Sorgen wegen eines möglichem EMP-Angriffes und wegen der grundsätzlichen Verwundbarkeit der Infrastrukturen unserer Gesellschaft geschildert, die ich auf meiner Webseite in einer Reihe von Artikeln in der Kategorie EMP ( www.freizahn.de/category/emp/ ) erläutert habe. Herr Scheffler wusste von dem Problem, meinte aber das fiele unter Katastrophenschutz, sei kein Problem der Bundeswehr und sei zu absurd und schrecklich, um es sicherheitspolitisch ein zu planen. (( Herr Scheffler hat mir dazu in einer Mail geschrieben:

Ich moechte aber in einem Punkt Ihre Darstellung korrigieren: Ich habe nicht gesagt, die Bundeswehr haette hier keine Rolle, sondern dass ich das beschriebene Szenario als Katastrophe fassen wuerde und die Bundeswehr in so einem Falle die ihr im Rahmen des Katastrophenschutzes zukommende Rolle ausueben wuerde, fuer die sie auch plant.

Wenn ich mir Ihre Darstellung dazu ansehe, sehen Sie ja hier selbst keine besondere Rolle der Bundeswehr. Die von Ihnen befuerwortete Umstellung der Agrarwirtschaft ist sicher nicht durch die Bundeswehr zu bewerkstelligen.

Im grossen Ganzen schneiden Sie hier in der Tat ein sehr wichtiges Thema an, dass zeigt wie ganzheitlich das Thema “Sicherheit” gedacht werden muss und dass gerade die Staerkung staatlicher udn gesellschaftlicher “Resilienz” sicher nicht nur Aufgabe der BMVgs ist.

Meine Meinung dazu ist, dass die Aufgabe der Bundeswehr und des Verteidigungsministeriums bei der Umstellung der Agrarwirtschaft darin bestehen könnte und sollte, Politik und Gesellschaft auf die sicherheitspolitischen Risiken und die Probleme für den Katastrophenschutz hin zu weisen, die z.B. mit der heute üblichen, industriellen Landwirtschaft verbunden sind.  Die Bundeswehr ist meines Erachtens unser Kompetenzzentrum für die Themen Sicherheit, Katastrophenschutz und vielleicht auch für die Militärgeschichte und die sicherheitspolitische Beurteilung geopolitischen Gesamtlage.  Es wäre ganz gut, wenn der eine oder andere General oder Oberst im Generalstab hin und wieder auf diese Gefahren hinweist, die uns drastisch mehr bedrohen als die Treffgenauigkeit des G36 bei für Sturmgewehre im realen Krieg eher untypischem, extremem Dauerfeuer, zumal auch die BW für Sonderzwecke leicht einige moderne Waffen wie das HK416 und das HK417 hat oder kurzfristig beschaffen können sollte. ))

Das sehe ich anders. Zunächst hat es in Kriegen oft Angriffe gegeben, die die Verteidiger für “unmöglich” gehalten haben. Man denke nur an den deutschen Angriff auf Frankreich im Mai 1940 und an den deutschen Angriff auf die UdSSR im Sommer 1941. Ein EMP-Angriff auf Europa und auch auf die USA ist machbar und man sollte damit rechnen, dass er in der ersten Phase eines großen Krieges erfolgt. Die Russen haben in den 90er Jahren konkret darauf hingewiesen, dass ein EMP-Angriff die Art von Atomwaffeneinsatz sein könnte,  den sie zunächst ausführen würden. Siehe dazu meinen Artikel Der Abgeordnete der vom Netz ging.  Neben Russland könnten Pakistan, Indien und China solche Angriffe durchführen oder sie könnten Terroristen die Mittel für einen solchen Angriff liefern. Man sollte ferner auch damit rechnen, dass ein Angreifer die Schäden an der Infrastruktur und die Schwächung der Bevölkerung durch das zu erwartende Chaos und die zu erwartenden Hungersnot nutzt, und man sollte damit rechnen, dass es für andere Mächte in Zukunft sehr vernünftig und erstrebenswert sein kann, Europa zu erobern und die europäische Bevölkerung zu vernichten, wenn die Verteidigung Europas aus Sicht des Angreifers überwindbar erscheint. Unsere eigenen Vorfahren haben noch im 20. Jahrhundert wegen vermeintlichem Ressourcenmangel  und einer drohenden Hungersnot Krieg geführt und versucht Völkermorde zu begehen, siehe dazu das Buch Krieg, Ernährung, Völkermord. Forschungen zur deutschen Vernichtungspolitik im Zweiten Weltkrieg von Christan Gerlach.  Der amerikanische Soziologe und Ökologe William Catton weist in seinem Buch Overshoot: The Ecological Basis of Revolutionary Change, darauf hin, dass in Zukunft ähnliches zu erwarten ist.  In dem Kapitel “Zusammenstoß mit der Zukunft”, meint er jedenfalls, dass man gut daran getan hätte (bzw. tun würde) die Kriege und Massenmorde der Nazis als Vorspiel auf das zu betrachten, was das 21. Jahrhundert notwendiger weise bringen wird.

Ich möchte hier noch einmal kurz aufzeigen, was man gegen einen EMP-Angriff und ähnliche Mega-Katastrophen tun kann und was dabei die unverzichtbare Rolle der Bundeswehr wäre.

Der Schlüssel zu Überleben einer solchen Katastrophe ist zunächst eine möglichst baldige Umstellung der Land- und Forstwirtschaft etwa im Sinne von Sepp Holzers Permakultur oder im Sinne von Mark Shepards Restoration Agriculture. Damit würde zum einen die Ernährung der Bevölkerung gesichert oder drastisch verbessert. Etwas Konservierung von Lebensmitteln wäre natürlich auch nötig.

Die Umstellung auf Permakultur bzw. auf Agroforstwirtschaft würde aber auch den Einsatz von großen Panzerverbänden, (die wir uns ohnehin nicht mehr leisten können) in Deutschland erschweren und die Deckung für die Infanterie oder auch für einen Partisanenkampf optimieren. Deutschland könnte damit zu einer Hecken-, Busch- und Waldlandschaft werden, in der überall essbare Früchte, Gemüse und Nutzvieh für die Ernährung und zugleich Deckung für Infanterie zu finden sind.

Parallel dazu könnte und sollte die Bundeswehr die Ausbildung und Organisation der Bevölkerung für den bewaffneten Kampf durchführen und sicherstellen. Die Strukturen hat man im Grunde schon mit den Reservistenverbänden und eben auch mit der Bundeswehr. Wenn man die gesamte Weltlage betrachtet, wie sie auf der oben geschilderten Fortbildung des Reservistenverbandes dargestellt wurde, und wie sie in verschiedenen Artikeln meiner Webseite erörtert wird, dann wird es dazu keine vernünftige Alternative geben.

Ein EMP-Angriff kann auch in einem hochvernetzten und von Strom, Elektronik und Importen abhängigen Land wie Deutschland überlebt werden, wenn man die Landwirtschaft rechtzeitig umstellt und wenn die Bevölkerung ausreichend bewaffnet und organisiert ist.  Man kann etlichen Millionen Deutschen einen Tod durch Hunger und Gewalt ersparen. Ein EMP-Angriff, auf den wir nicht vorbereitet sind, kann alleine in Deutschland mehr Tote kosten als der zweite Weltkrieg, einschließlich aller Massenmorde der Nazis weltweit. Anderseits kann einen EMP-Angriff und einen eventuell folgenden konventionellen militärischen Angriff eventuell sogar verhindern, wenn potentielle Angreifer sehen, dass die Bevölkerung gut vorbereitet ist.

Die oben und in meinem Artikel Weltweite Verschlechterung der Bodenqualität erwähnten Methoden zur Verbesserung der Nachhaltigkeit der Lebensmittelproduktion, könnten außerdem in Afrika, dem Orient und Asien die Lage stabilisieren und z. B.  den möglichen Wunsch, Deutschland und Europa zu erobern oder auch den Druck, nach Deutschland und Europa zu fliehen, reduzieren.

Kelberg, den 26.4.2015   Christoph Becker

 




Warum Religion?

In manchen Foren finden sich zu Artikeln über Religionen immer wieder üble Kommentare naiv-militanter-Atheisten, die der Theologe, Journalist und Autor Chris Hedges zusammenfassend in einer bemerkenswerten Rede über den neuen Atheismus, die Gottesdebatte, Wissenschaft, Religion und Selbsttäuschung  im Jahr 2008, als gefährliche,  “kulturelle, geschichtliche und linguistische Analphabeten und weltliche Spiegelbilder naiver religiöser Fundamentalisten” bezeichnet und in dieselbe Schublade wie die massenmörderischen Jakobiner der französischen Revolution und die großen massenmörderischen Bewegungen des 20. Jahrhunderts gepackt hat.  Ich möchte hier  nicht nur auf diese Rede hinweisen, sondern vor allem auch  Gründe für die evolutionäre Ursache und für den praktischen Nutzen von Religion anführen und dann am Beispiel von Max Planck und dem 2. Hauptsatz der Wärmelehre zeigen, das Religion und Naturwissenschaft sich nicht ausschließen, sondern lediglich ergänzen.

 Religion bildet Sozialkapital und spart Kosten

Der amerikanische Moralpsychologe Jonathan Haidt erklärt den psychologischen Hintergrund der Religiosität recht gut in seinem Buch  The Righteous Mind: Why Good People are Divided by Politics and Religion  (dt. etwa Der selbstgerechte Geist: Warum gute Menschen über Politik und Religion zerstritten sind)

Als schönes Beispiel für den praktischen Nutzen von Religion führt Haidt  in diesem Buch u.a. die Dominanz der Orthodoxen Juden im Diamanthandel an.   Die Dominanz der orthodoxen Juden im Diamanthandel erklärt er damit, dass diese sich untereinander aufgrund ihrer Religion und Gruppenzugehörigkeit vertrauen können. Das habe die Notwendigkeit teurer Sicherheitsmaßnahmen im Vergleich zu möglichen multikulturellen oder weniger offensichtlich streng religiösen Konkurrenten reduziert, so dass diese orthodoxen Juden gegenüber anderen einen immensen Wettbewerbsvorteil aufgrund ihrer Mischung aus Religion und Ethnie hatten.

Religiösität als evolutionärer Vorteil der Gruppenselektion

Haidt erklärt in seinem Buch, dass der Mensch wie er sagt nur zu 90 % Schimpanse, also Individualist und 10  % Schwarmtier (wie Armeisen oder Bienen) ist. Religion erklärt er, sei ein Teamsport und habe sich in der Evolution als vorteilhaft für die Überlebenschancen von Gruppen erwiesen.  Die Menschen können dadurch, grundsätzlich und damit eben auch  in bestimmten, für das Überleben der Gruppe entscheidenden Momenten über sich hinauswachsen und ihre egoistischen Eigeninteressen dem Gruppeninteresse unterordnen. Vor diesem Hintergrund ist es kein Wunder, dass naive Gutmenschen einen engen Zusammenhang zwischen Religion und Krieg erkennen. Wir sind halt alle auch das Ergebnis einer Evolution, in deren Verlauf die  Gruppen, Stämme und Völker, deren Mitglieder für Religion empfänglicher waren, eher zu den Siegern und Überlebenden  von Katastrophen und Kriegen gehört haben.

Haidt erklärt seine Sichtweise über den evolutionären Vorteil der Religion auch in dem folgenden, mit deutschen Untertiteln versehenen TED-Talk:

 

 

Religion und die für die Gesellschaft negativen Folgen beruflicher Spezialisierung

Der amerikanische Soziologe William Catton weist in seinem Buch Bottleneck : Humanity’s Impending Impasse daraufhin, dass die berufliche Spezialisierung in den modernen Industriegesellschaften zwar einerseits zu extremen Leistungssteigerung geführt habe, ohne die die modernen Industriegesellschaften nicht denkbar wären, dass sie anderseits aber auch zu neuen Betrugsmöglichkeiten und zu einer inzwischen alle Gesellschaftsschichten und Berufe erfassenden allgemeinen, dehumanisierenden  “Taschendiebmentalität” geführt habe, was dazu beitrage, die Zukunftschancen und die Überlebensfähigkeit der Gesellschaften zu reduzieren. Es ist diese Taschendiebmentalität, bzw. eben auch das Fehlen einer allgemein akzeptierten Religion und Gläubigkeit, die zu immer mehr Misstrauen, Gesetzen und damit zu immer mehr Komplexität führt, die ihrerseits Kosten verursacht und die Gesellschaft unweigerlich zum Kollaps oder zu einem sehr schmerzhaften Sachrumpfprozess führt. Siehe dazu das von mir übersetzte Interview mit Joseph Tainter und meinen Artikel Dem Engergiedilemma auf den Grund gegangen, über das Buch Drilling Down: The Gulf Oil Debacle and Our Energy Dilemma von Joseph Tainter und Tadeusz (Tad) Patzek.  Catton zeigt ausserdem, dass die berufliche Spezialisierung zu einer Dehumanisierung des Menschen führe und bewirke, dass Mitmenschen immer mehr eben nicht mehr als Menschen, sondern nur noch als austauschbare  Objekte wahrgenommen werden. Eine weitere logische Folge und Steigerung ist dann, dass Menschen auch sich selbst oder andere als überflüssig wahrnehmen können und dass dies dann zu einer Ursache für Terrorismus und zu Massenmorden, wie denen im 20. Jahrhundert führen kann.

Chris Hedges sieht in seiner eingangs erwähnten Rede  eine klare Entwicklung von Teilen der Aufklärung im späten Mittelalter über die atheistischen Jakobiner und die ebenfalls durchweg atheistischen Massenmörder des 20. Jahrhunderts (Stalin, Mao, Pol Pot. ) ((  Hitler, bzw. die Nazis erwähnt Hedges nicht ausdrücklich. Sie sind aber auch  kein so ganz klarer Fall von Atheismus.  Vielleicht auch, weil die evangelischen Kirche auch damals ihr Fähnchen in den Wind der Politischen Korrektheit des Zeitgeistes gehängt hat. Anderseits sind die Nazis ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie man diesen 10 % Schwarmtieranteil im Menschen mit einer politischen Pseudoreligion nutzen kann.  Religionen wie das Christentum haben anderseits, gerade auch in diesem Zusammenhang,  teilweise dämpfend und lindernd gewirkt. ))  zu den modernen neuen Atheisten.

Eine einheitliche Religion kann bei alledem, zumindest innerhalb einer Gruppe, mit gleicher Religion als Sicherung gegen Betrug und Verbrechen wirken, wie das oben angeführte Beispiel von den Orthodoxen Juden zeigt.  Man muss dabei bedenken, dass Spezialisten, wie z.B. Ärzte und Zahnärzte, Diamanthändler und viele andere nicht, kaum oder wenn dann überhaupt, nur mit immensem Aufwand wirklich sinnvoll kontrollierbar sind. Oft sind Kontrollen nur eine Illusion, vor allem dann, wenn der Durchschnitt einer Berufsgruppe sich entschließen sollte, seine durch die Spezialisierung gegebenen Möglichkeiten zum Vorteil seiner Mitglieder und zu Lasten der Bevölkerung zu nutzen. Religion kann in allen diesen Fällen eine kostengünstige Kontrolle ausüben, deren Reichweite sehr viel größer ist als jede Kontrolle durch Menschen und Gesetze. Schließlich gibt es das Problem des im Menschen lauernden Bösen, das der Schweizer Eugen Sorg in seinem Buch  Die Lust am Bösen: Warum Gewalt nicht heilbar ist beschreibt. Religion kann grundsätzlich, weil sie nicht an das Funktionieren staatlicher Institutionen gebunden ist, den Anteil derjenigen, die sich an Gewalttaten bei einem Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung beteiligen reduzieren und vielleicht auch hier  Einzelpersonen und Gruppen zum Widerstand gegen Gewalt und Terror motivieren.

 Religion eher nicht Kriegsursache aber sie hilft Kriege zu gewinnen

Wie oben schon erwähnt, haben Religiosität und Religion in Kriegen einen die Kampfkraft steigernden Effekt.  Gute Beispiele sind die Erfolge und der  Glauben der Wikinger und die erstaunlichen, ohne die Religion undenkbaren resultierenden Erfolge der Islamisten etwa in Afghanistan.   Bei auch nur annähernd gleicher Bewaffnung wären die Soldaten der Nato in Afghanistan den Taliban hoffnungslos unterlegen gewesen, weil die Nato-Soldaten viel mehr an ihrem Leben hängen. Selbst mit all ihrer extremen materiellen Übermacht und trotz der langen Dauer des Krieges konnte die Nato keinen wirklichen Sieg erringen. Die Alternativen zu einen unendlichen Abnutzungskrieg waren nur vollständige Vernichtung der Bevölkerung Afghanistans oder Rückzug – oder Bekehrung der Afghanen zu Atheismus und westlichem Hedonismus.

Bei der Suche nach möglichst allgemeinen Ursachen für Kriege sollte man, wenn man an der Wahrheit und echten Problemlösungen interessiert ist, eher Ressourcenmangel und  Überbevölkerung, bzw. einen Überschuss an jungen Männern betrachten. Siehe dazu z.B. das Buch Söhne und Weltmacht: Terror im Aufstieg und Fall der Nationen von Gunnar Heinsohn.  Die folgenden Artikel  auf dieser Webseite könnten ebenfalls das Verständnis vor allem für künftige Kriegsursachen verbessern:

  1. Weltweite  Verschlechterung der Bodenqualität
  2.  Unsichtbare Nutzflächen
  3. Die Grenzen und das Ende des Wachstums
  4. Ökologischen Überschwingen – Interview mit Prof. William Catton
Physik als Grund zur Religiösität?

Es häufen sich Bücher und Artikel von “Wissenschaftlern”,  die behaupten oder glauben machen wollen, dass Religion mit den Naturwissenschaften unvereinbar sei.

Hierzu möchte ich zunächst auf den hier verlinkten, von Max Planck im Mai 1937 im Baltikum gehaltenen Vortrag  Religion und Naturwissenschaft hinweisen. Max Planck dürfte jedem der heutigen religionsfeindlichen “Wissenschaftler” um einiges überlegen gewesen sein. Trotzdem war er ein tief religiöser Mensch und sah in der Wissenschaft eher einen Weg, um den Glauben an Gott zu bestätigen und zu bestärken. Dasselbe scheint für solche Größen wie Isaac Newton und Gottfried Wilhelm Leibniz gegolten zu haben.

Für mich selbst ist der 2. Hauptsatz der Wärmelehre ein hinreichender Beweis dafür, dass das Weltall in letzter Konsequenz eine übernatürliche, göttliche Ursache hat und dass Atheisten einem naiven Aberglauben anhängen.  Das Problem mit dem Weltall und dem Ursprung des Universums ist nämlich, dass es ganz real, für uns jeden Tag sichtbar und fühlbar diesen Ursprung gegeben haben muss, obwohl das, nach allen was wir wissen, insbesondere wegen des 2. Hauptsatzes der Wärmelehre überhaupt hätte passieren können. Die Entstehung des Universums ist der einzige, sicher nachgewiesene Verstoß gegen den 2. Hauptsatz der Wärmelehre. Egal, mit welchen Gedankenknäuel ein Stephen Hawkins und andere es zu verbergen und zu leugnen versuchen, zu irgendeinem Zeitpunkt muss all diese gewaltige Energie, die am Anfang im Keim des Universum gesteckt hat “aus dem Nichts” entstanden sein. Das ist ein unvorstellbar krasser Verstoß gegen den zweiten Hauptsatz der Wärmelehre und setzt zwingend einen übernatürlichen und damit göttlichen Ursprung des Universums voraus. Wenn das nicht so wäre, könnte man Maschinen bauen, die aus dem Nichts hochwertige Energie erzeugen können. Es hat viele Versuche in dieser Richtung gegeben, aber alle sind misslungen. Siehe dazu den Wikipedia-Artikel über das Perpetum-Mobile.

Die Kraft, die aus dem Nichts das Universum geschaffen hat, war jedenfalls übernatürlicher Natur. Es war Gott.  Ob und wieweit dieser Gott sich für diesen vor dem Hintergrund des Weltalls extrem winzigen Planeten Erde interessiert, ist ein anderes Thema.

Noch ein anderes Thema ist, wieweit und in welchen Fällen religiöse Effekte, Erlebnisse und Vorstellungen auf Funktionen des  menschlichen Gehirns beruhen.

In jedem Fall aber sind Religion und Religiosität  Phänomene, die sich in der Evolution bewährt haben und die für den Fortbestand einer Gesellschaft vorteilhaft sind und die man pflegen und sicher nicht verachten sollte.   Dabei ist zu bedenken, dass wir die Nachfahren von Menschen sind, die jede Menge Hungersnöte und Kriege überlebt haben. Religion und Religiosität  waren und sind wertvolle Überlebenshilfen in schweren und gefährlichen Zeiten und sie sind selbst in satten Friedenszeiten auf Dauer, zumindest für Gruppen gemeinsamen Glaubens, aber oft auch für die diese umgebende, anders oder nicht gläubige Gesellschaft, ein Wettbewerbsvorteil oder zumindest wünschenswert, wie das Beispiel mit den jüdischen Diamanthändlern und auch Cattons Beobachtungen über die  heute allgemein verbreitete “Taschdiebmentalität” zeigt. Die Übel, die Atheisten der Religion zuschreiben, haben oft völlig andere Ursachen.

10. April 2015 Christoph Becker




Weltweite Verschlechterung der Bodenqualität

Bei der Suche nach Antworten auf die Frage, welche Rolle Energie aus Biomasse in Zukunft spielen kann und wie groß die unsichtbare Nutzfläche Deutschlands ist, habe ich unter anderem eine Karte über die weltweite Qualitätsverschlechterung der landwirtschaftlich genutzten Böden gefunden.  Der Artikel zeigt aber auch verschiedene praxiserprobte Gegenmaßnahmen.

In der sehr lesenswerten, kritischen Stellungnahme  zu den Möglichkeiten und Grenzen der Nutzung von Bioenergie der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina  fand ich auf Seite  36, der überarbeiteten deutschsprachigen Version aus dem Jahre 2013,  die folgende Abbildung mit dem in kursiv daneben und darunter stehenden, erläuternden Text:
In der Grafik bedeutet
rot:  stark erodiert, Bodenbildungsrate ist viel kleiner als die Bodenverluste.
ocker: erodiert, Bodenbildungsrate ist kleiner als die Bodenverluste.
hellgelb: stabil, Bodenbildungsrate gleich oder größer als die Bodenverluste.
grau: vegetationslos

Quelle: http://www.grida.no/graphicslib/detail/degraded-soils_c4c4
Quelle: http://www.grida.no/graphicslib/detail/degraded-soils_c4c4

Stabile Böden (Stable Soil) sind solche, bei denen die Bodenbildungsrate gleich oder
höher ist als die der Bodenverluste. Diese Verluste können auf vielfältige Weise auftreten: z.B. aufgrund von Bodenabtragung
durch Regen, Staubstürme bei Trockenheit, Verschlechterung durch Umweltverschmutzung, durch Salze
aus verdunstetem Bewässerungswasser, durch Verdichtung, durch schwere Maschinen, durch Bodenkohlenstoff, der
zu CO2 oxidiert wird, oder durch Böden, die buchstäblich versiegelt werden, indem Städte gebaut und darin Straßen
und Häuser entstehen. Die Bildung von Boden findet statt, wenn Felsen und Steine abbrechen und sich mithilfe von
Bodenorganismen auflösen, wodurch Partikel entstehen, die sich mit der zerfallenden Biomasse und lebendigen
Mikroben zu größeren Aggregaten verbinden. Diese Aggregate aus mineralischen und organischen Nährstoffen
werden von Mikroben so prozessiert, dass die Mineralien von Pflanzen genutzt werden können. Die Poren innerhalb
und zwischen den Bodenaggregaten behalten genügend Feuchtigkeit für das biologische Wachstum, erleichtern das
Abfließen von Wasser und ermöglichen die Sauerstoffzufuhr in die Pflanzenwurzeln (Quelle: Banwart, S. Save our soils. Nature 474, 151-152 (2011)).
Wie man der Grafik entnehmen kann, sind die Böden in weiten Teilen Asiens und da vor allem auch auf Gebieten der Atommächte China und Indien, sowie im Orient, im Bereich der der Türkei (( wahrscheinlich die stärkste Militärmacht in Europa nach Russland. Von George Friedman, der Leiter von Stratfor, gibt es auf Youtube ein Video mit dem Titel Die Türkei besiegt Deutschland an einem Nachmittag und Frankreich in einer Stunde )),  sowie in Amerika und Afrika  stark erodiert (( siehe zu dieser Karte auch meine Artikel Die Grenzen und das Ende des Wachstums sowie Neues vom Nahen und Fernen Osten )). In Europa sind ebenfalls weite Teile stark erodiert, insbesondere in der Ukraine, in Spanien und auf dem Balkan. Der Rest der “zivilisierten” Welt hat es fast überall geschafft, seine Böden zumindest etwas zu ruinieren. Stabile Böden sind, wie die Karte zeigt, weltweit zu einer Rarität geworden. Es leeren sich also nicht nur die Lagerstätten für Erdöl, Erdgas und viele andere Rohstoffe, sondern es schrumpft auch weltweit die Qualität der landwirtschaftlichen Nutzflächen – während die Weltbevölkerung teilweise fröhlich weiter explodiert (( FAZ vom 18.9.2014: Die Bevölkerungsexplosion wird schwärzer: Bis 12,3 Milliarden Menschen  
  Das neu übersetzte, ab Anfang Mai 2015 vom Verlag Antaois wieder lieferbare Buch Das Heerlager der Heiligen von Jean Raspail lässt grüßen und gibt einen plastischen Vorgeschmack auf die Zukunft   ))

 

Sowohl die kritische Stellungnahme  zu den Möglichkeiten und Grenzen der Nutzung von Bioenergie der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina  als auch das ebenfalls sehr lesenswerte, vom Umweltbundesamt herausgegebene Positionspapier Globale Landflächen  und Biomasse nachhaltig und ressourcenschonend nutzen,  erwähnen weder Sepp Holzer mit seiner auf seinem Krameterhof entwickelten und lange erprobten bergbäuerlichen Permakultur, noch Mark Shepard mit  seiner auf seiner Newforest-Farm praktisch entwickelten und erprobten Restoration Agriculture ( Kindle-eBook-Ausgabe,  offensichtlich nur direkt in den USA über amazon.com oder beim Verlag AcreUSA erhältlich ist eine DVD mit 135 Minuten), noch John Jeavons mit seiner Grow Biointensive genannten, ebenfalls die Böden verbessernden und zugleich die Erträge steigernden, vielfach erprobten  Gartenbaumethode. Das schon in der 8. Auflage auf Englisch, aber immer noch nicht auf Deutsch verfügbare Buch von Jeavons, How to Grow More Vegetables (and Fruits, Nuts, Berries, Grains, and Other Crops) Than You Ever Thought Possible on Less Land Than You can imagine, hat Amazon Deutschland allerdings, ebenso wie das von Shepard auf Lager, was auf eine gewisse Nachfrage auch in Deutschland hindeutet  Auf alle drei hatte ich bereits in meinen Vorschlag zur Behebung des Ärztemangels auf dem Land hingewiesen. Was mir damals noch nicht so klar war, wie nun nach der Lektüre der oben erwähnten Stellungnahme von Leopldina und dem Positionspapier des Umweltbundesamtes, ist, dass die drei gerade erwähnten Agrar- bzw. Gartenbaurevolutionäre, (oder besser Evolutionäre?)  nicht nur vor dem Hintergrund des erweiterten Katastrophenschutzes, zur Verbesserung Ernährungssicherung bei extremen Katastrophen, wichtige Vorbilder und Konzepte liefern, sondern dass sie alle drei auch effiziente Methoden zur Kohlenstoffbindung im Boden und zur Treibhausgasbegrenzung entwickelt haben und dass sie vor dem Hintergrund der oben gezeigten Weltkarte wichtige Forschungs- und Entwicklungsarbeiten bzw. praktische Beispiele und Vorbilder zur Begrenzung und zur Reparatur der weltweiten, für den Frieden und das Überleben weltweit zunehmend bedrohlicheren Bodenerosion geleistet haben. Dazu kommt dann noch das sehr verständliche, aber leider auch nur auf Englisch verfügbare Lehrbuch, das ich in meinem Artikel Nachhaltige Bodenverbesserung vorgestellt hatte.  

Mein Hintergrund bei der obigen Aufzählung von Holzer, Jeavons und Shepard ist die Situation und Landschaft Mitteleuropas, die mich natürlich zuerst interessiert. Beim Blick auf die weltweite Situation, vor allem auch mit Blick auf Afrika und Asien,  sollte aber auch Allan Savory mit seinem revolutionären Konzept der Weidewirtschaft, insbesondere in eher trocken Weidegebieten, erwähnt werden. Allan Savorys System könnte aus deutscher Sicht, insbesondere im Bezug  auf die Flüchtlingsproblematik, aber auch mit Blick auf die globale Treibhausgasbelastung, indirekt Bedeutung gewinnen. Hier sein bemerkenswerter TED-Talk:

 

Fazit:

Die Bodenqualität nimmt trotz und wegen der weiter steigenden Weltbevölkerung weltweit ab, was auch Anlass zu Konflikten und Wanderungsbewegungen führen kann und wird, und was die Treibhausgasbelastung der Atmosphäre weiter verstärkt (( ein Merkmal guter Böden ist, dass in ihnen viel Kohlenstoff gespeichert ist, der bei einer Erosion zu CO2 oxidiert wird )). Es wurden insgesamt vier offenbar sehr erfolgreiche praktische Beispiele und Vorbilder genannt, von denen drei auch für die Situation in Deutschland geeignet sind und für die daher eine baldige, umfassende Förderung und Verbreitung wünschenswert erscheint. Für die Beispiele, für die zur Zeit Literatur, Videos und Lehrmöglichkeiten in Englischer Sprache existieren, wäre eine möglichst baldige Übersetzung bzw. Synchronisation und die Schaffung deutscher Referenzen und Ausbildungsmöglichkeiten wünschenswert.

10. April 2015 Christoph Becker

 

 

 




Unsichtbare Nutzflächen

Unsichtbare Nutzflächen  sind ein interessantes Konzept zum Verständnis verschiedener Phänomene und Risiken moderner Industriegesellschaften.

Aufmerksam geworden auf das Problem der Unsichtbaren Nutzflächen bin ich durch das Unterkapitel Unsichtbare Nutzflächen  (Invisible Acreage) im Kapitel Abhängigkeit von Phantomtragkraft (Dependence on Phantom Carrying Capacity) in Willam Cattons Buch  Overshoot: The Ecological Basis of Revolutionary Change.

Die Unsichtbaren Nutzflächen eines Landes, wie Catton sie sieht, sind:

  1.  Die land- und fortswirtschaftlichen Flächen, die benötigt werden um die Nettoimporte aller land- und forstwirtschaftlichen Produkte eines Landes zu erzeugen.  Nettoimport ist das, was mehr ein- als ausgeführt wird. Das Umweltbundesamt nennt in seinem sehr lesenswerten, 110seitigen, kostenlos herunterladbaren Positionspapier, Globale Landflächen  und Biomasse nachhaltig und ressourcenschonend nutzeneine schier unglaubliche Zahl: Auf S. 25 steht dort “Der Flächenbedarf ….. für die Produktion und Nutzung von Biomasse als Nahrungsmittel, als Futtermittel, als Rohstoff für die chemische Industrie und die werkstoffliche Nutzung sowie als Energieträger …..  Deutschland und UK (Großbritannien) importieren jeweils 80 Mio. ha pro Jahr. Davon kommen jeweils 10 Mio. ha aus anderen EU-Staaten, während der größte Anteil, die verbleibenden 70 Mio. ha, von außerhalb Europas kommen.”  Wenn diese Zahlen stimmen sollten, würde  auf jeden Einwohner Deutschlands  eine unsichtbare, weil irgendwo im Ausland liegende land- und forstwirtschaftliche Fläche von ungefähr einem  Hektar kommen.  Deutschland selbst hat gerade mal eine Fläche von 35,7 Millionen Hektar, einschließlich Straßen, Gebäude, Gewässer, Ödland, Industriegebiete, Friedhöfe, Sportplätze  usw.. Das heißt, pro Einwohner hat Deutschland lediglich eine Fläche von nur 0,446 Hektar.  Die gesamte landwirtschaftliche Nutzfläche in Deutschland beträgt laut Umweltbundesamt ca. 17 Millionen Hektar, das sind nur 0,212   Hektar pro Einwohner. Die Waldfläche beträgt ca. 10,7 Millionen Hektar, bzw. 0,134 Hektar pro Einwohner.  Deutschland bräuchte also ca.  1,58 Hektar land- und forstwirtschaftliche Fläche pro Kopf, während es nur ca. 0,58 Hektar pro Kopf hat. Vorausgesetzt, die Zahlen aus dem Positionspapier des Umweltbundesamtes stimmen und vorausgesetzt, man “vergisst” die anderen, nicht sichtbaren Flächen, die  weiter unten erwähnt werden,  zu berücksichtigen. Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina nennt in der überarbeiteten,   kritischen Stellungnahme  zu den Möglichkeiten und Grenzen der Nutzung von Bioenergie auf S. 32, in  Kapitel 1.9, Importe von [nachwachsender] Biomasse, der überarbeiteten deutschen Ausgabe von 2013, andere Zahlen. Demnach importiert Deutschland nur ungefähr 37 % seines Verbrauchs an nachwachsender Biomasse, “um seinen
    gegenwärtigen Verbrauch an [nachwachsender] Biomasse
    (100 %) zu decken.” . Wie die Tabelle 1.2 der selben Publikation deutlich zeigt, sind damit aber ausdrücklich nicht die in fossilen Brennstoffen enthaltenen Biomassen, sondern nur kürzlich erzeugten Biomassen enthalten. Deshalb habe ich oben das Wort “nachwachsende” in eckigen Klammer eingefügt.  Zu den nicht nachwachsend Biomassen aus prähistorischen Zeiten weiter unten, unter 3. mehr.
  2. Die Wasserflächen für Fischereiprodukte. Diese liegen teilweise auf den Weltmeeren und dabei oft in den 200-Meilenzonen von Ländern die angesichts sinkender Fischbestände und oft steigender Bevölkerungen mehr für sich selber brauchen. Auch sind da noch die Chinesen und andere aufstrebende Mächte, die auch mehr Fisch essen wollen, obwohl die Weltmeere immer mehr leer gefischt und die Gewässer in China und anderswo oft schlechter werden.
  3. Die größten unsichtbaren Nutzflächen  vieler Staaten, und auch Deutschlands, liegen heute unter der Erde und dabei dann zum größten Teil auch wieder in anderen Ländern. Das sind nämlich die Flächen, auf denen  die Natur vor vielen Millionen Jahren aus Pflanzen unter Mitwirkung von Mikroorganismen die fossilen Energieträger Kohle, Erdöl und Erdgas geschaffen hat. Auf diesen unterirdischen Flächen wird nichts  mehr neu angebaut und es wächst nichts mehr nach. Es wird dort seit Beginn des Industriezeitalters vor über 200 Jahren nur abgeerntet.  Um den Mangel an Nachhaltigkeit und die Zukunftsperspektiven bewusst zu machen, macht es  Sinn, diese Flächen so zu berechnen, als gäbe es irgendwo entsprechende Flächen, auf denen man erneuerbare Energien ernten könnte. Das oben erwähnte Positionspapier des Umweltbundesamtes enthält bereits einige Berechnungen und Zahlen in diesem Sinne: Der Grafk auf Seite 58, Abbildung 9, kann man z.B. entnehmen, dass man für Biokraftstoff für die PKW in Deutschland im Jahr 2010 immerhin 16 Millionen Hektar Land gebraucht hätte. Für den Güterverkehr wären es noch einmal   8, für den Seeverkehr 5 und für den Flugverkehr 4 Millionen Hektar gewesen. Zusammen also ca. 33 Millionen Hektar. Das wäre etwa das doppelte der gesamten, tatsächlich vorhandenen Nutzfläche. Diese reicht aber noch nicht einmal für die eigene Nahrungsversorgung aus. Der WWF schreibt in seiner Broschüre “Fleisch frisst Land“,  auf S. 55 “Über alle Fleischarten hinweg importiert Deutschland virtuell Fläche in einer Größenordnung von 210.000 ha (vgl. Abbildung 5.5). Das entspricht fast der
    Flächengröße des Saarlandes und in etwa der Gesamtfläche der drei Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg.” .  An Holz für Heizung der Häuser und an die  Industrie ist dabei noch gar nicht gedacht. Außerdem ist unklar, ob das Umweltbundesamt daran gedacht hat, dass für die Erzeugung von Kraftstoff aus landwirtschaftlichen Produkten wiederum große Mengen Kraftstoff nötig sind, während die das Verhältnis von aufzuwendender Energie zu geernteter Energie (EROI) gerade bei der Herstellung von Kraftstoff aus Biomasse sehr schlecht ist.  Allerdings ist es so, dass das Umweltbundesamt in seinem oben erwähnten Positionspapier, ebenso wie die Nationalakademie Leopoldina in ihrer  kritischen Stellungnahme zur Energieerzeugung aus Biomasse zu dem Schluss kommt, dass Biomasse, nach Abwägung aller Vor- und Nachteile besser nicht  im großen Maßstab als erneuerbare Energie genutzt werden sollte, und dass sie oft sogar mehr dem Klima und der Umwelt schadet als nutzt.  Die  kritischen Stellungnahme  zu den Möglichkeiten und Grenzen der Nutzung von Bioenergie  der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina zeigt auf S. 18 der deutschen Ausgabe von 2013, in Tabelle 1.2, Tabelle 1.2: Nettoprimärproduktion (NPP) und Primärenergieverbrauch in Deutschland im Jahr 2010,  das extreme Ausmaß der Abhängigkeit unserer Gesellschaft von der heute unterirdischen, vor vielen Millionen Jahren entstandenen Biomasse. Von den 14 Exa-Joule der insgesamt in Deutschland verbrauchten Primärenergie  stammte nur ein einziges Exa-Joule aus nachwachsender Biomasse (hauptsächlich Holz, Biogas, Biokraftstoff und Verwertung von Abfällen) .  Die durch Photosynthese produzierte und durch Abgrasen der Weiden, durch Ernte der Felder und durch Holzeinschlag nutzbare, nachwachsende Gesamtenergie betrug nach dieser Tabelle 3,3 Exa-Joule. Davon waren für Tierfutter 2 Exa-Joule nötig.  D.h., auch wenn wir Veganer würden und statt dessen alles Tierfutter in Brennstoff umwandeln würden, würde die eingesparte Energie gerade einmal lächerliche 2 von 14 Exa-Joule unseres Gesamtbedarfs decken.   Die in der Tabelle angeführten 0,7 Exa-Joule für Stroh habe ich weggelassen, weil die unbedingt mindestens für die Erhaltung der Böden auf den Feldern belassen bzw. dorthin zurückgebracht werden müssen. Das sieht man auch so bei Leopoldina.
Fazit und weitergehende Betrachtungen

Die genauen Zahlen sind nicht sicher. Sicher ist aber, dass Deutschland ein Vielfaches seiner derzeitigen Fläche benötigen würde, wenn es die heutige Bevölkerung und den heutigen Lebensstandard nachhaltig, das heißt dauerhaft aufrecht erhalten wollte.

Das passt zu der Entwicklung der Bevölkerungsdichte in Deutschland seit Beginn des Industriezeitalters. Der Liste der Volkszählungen seit 1834 kann man entnehmen, dass Deutschland im Jahre 1834 eine Bevölkerungsdichte von 56 Einwohnern pro qkm hatte. Bezogen auf die heutige Fläche wären das knapp 20 Millionen Einwohner. Die Bevölkerung müsste also um 62 Millionen Einwohner schrumpfen, wenn man zu einer nachhaltigen Bevölkerungsdichte unter den Gegebenheiten von 1834 zurück wollte. Tatsächlich ist aber heute ein sehr viel größerer Flächenanteil als damals versiegelt, verseucht oder erodiert.  Anderseits haben wir in den letzten 200 Jahren  Wissen hinzugewonnen, mit dem wir die Bodenqualität und die Erträge nachhaltig auch dann verbessern und in sehr gutem Zustand halten könnten, wenn uns keine fossilen Energieträger und andere für die heutige Landwirtschaft unverzichtbaren Importgüter mehr zur Verfügung stünden. Siehe dazu meinen Artikel Weltweite Verschlechterung der Bodenqualität. Die Zahl von 62 Millionen entspricht übrigens ungefähr der weltweiten Gesamtzahl der Toten aus beiden Weltkriegen, oder dem 10-fachen der Opferzahl des Holocausts.  Die Zahl ist entspricht außerdem in etwa der Opferzahl, die ein EMP-Angriff in einem mittelmäßig günstigen Fall voraussichtlich Fall binnen eines Jahres in Deutschland fordern würde. Siehe dazu insbesondere meine Artikel Eine Sekunde danach und  Weitere Literatur zum Thema EMP. In Letzterem ist auch ein Link auf eine deutsch synchronisierte Fernsehdokumentation angegeben. Die bemerkenswerteste Entdeckung für mich, bei der Beschäftigung mit all diesen Themen ist, dass die Suche nach Möglichkeiten zur Vorbeugung und Problemlösung immer wieder zu der Einsicht führt, dass man Landwirtschaft und Gartenbau im Sinne der Methoden reformieren und fördern müsste, auf die ich in meinen Artikeln Ärztemangel auf dem Land und   Weltweite Verschlechterung der Bodenqualität hingewiesen habe. Das nicht zu tun, oder zu lange damit zu warten und die Chancen, die wir noch haben nicht zu nutzen, dürfte der tödlichste, der mit weitem Abstand die meisten Menschenleben kostende Fehler sein, den die Deutschen jemals in ihrer Geschichte gemacht haben.

9. April 2015, letzte Änderung 11. April 2015  Christoph Becker