Unkonventionelle Kommentare zur Wahl Donald Trumps – James H. Kunstler

James Howard Kunstler,  der  Autor   der Sachbücher  The Long Emergency: Surviving the End of Oil, Climate Change, and Other Converging Catastrophes of the Twenty-First Century und Too Much Magic: Wishful Thinking, Technology, and the Fate of the Nation, sowie der insgesamt vier Romane der World Made by Hand Reihe,hat in seinem wöchentlich  Montags   unter Clusterfuck Nation  erscheinendem Blogbeigtrag, am 14. November 2016 die Wahl Donald Trumps kommentiert: kunstler.com/clusterfuck-nation/what-now/

Zum Hintergrund: Kunstler ist selbst seit langem als Mitglieder der Demokraten registriert, verachtet aber deren Politik und Vertreter. Kunstler schildert in seinen futuristischen Romanen, die wohl irgendwann in den 20er oder 30er Jahren des 21. Jahrhunderts spielen, dass  die USA einen Krieg im Nahen Osten verloren haben,  dass  die  Industriegesellschaft in der nahen Vergangenheit kollabiert ist und dass die USA, deren Bevölkerung  um  mehr als die Hälfte geschrumpft ist,  in sich teilweise erbittert bekriegende Staaten zerfallen sind.  Kunstler ist einer von denen die die Tendenzen und Fakten der Vergangenheit und Gegenwart kaltblütig analysieren und unerschrocken über deren absehbare Konsequenzen für die Zukunft nachdenken und schreiben.

Sein Rat an seine Partei:  “werft die dämliche Identitätspolitik über Bord und kommt zur Realität zurück. Leider ist das  wohl zu  viel verlangt.” 

Für Kunstler war Frau Clinton die “Chefin der Betrüger” (racketeer-in-chief ).

Zu Trump schreibt er:

Herr Trump dürfte es noch nicht wissen, aber seine  Hauptaufgabe wird darin bestehen die Schrumpfung  zu  managen.  Das dürfte problematisch erscheinen, weil sein Hauptversprechen – “Amerika wieder groß und großartig zu machen”  –  darauf  gegründet ist, die  epische  Expansion des 19. und 20. Jahrhunderts   neu zu starten. Nun, die Dinge haben sich verändert. Dies ist nicht länger ein jungfräulicher Kontinent gefüllt mit mächtigen Erzardern, noch  nicht angezapften Öl-Bonanzas und fabelhaften Mutterböden die darum betteln ausgebeutet zu werden. Faktisch sind sind wir kurz davor ausgespielt zu haben, was diese Ressourcen angeht. Und die techno-industrielle Wirtschaft die aus diesen Vermögenswerten geschaffen wurde wackelt schlimm.

Es gibt da den großen Wunsch diese System möge gerade noch Rechtzeitig mit einer derzeit  noch nicht realisierten Grün-Alternativen-Wirtschaft mit mit Solarstrom  geladenen, führerlosen Elektroautos ersetzt werden  — aber, natürlich, sollte ihnen die nicht in Frage gestellte pathetische Idiotie der angenommenen Autoabhängigkeit, die im Zentrum dieser Phantasie steht sagen, wie exakt irreal sie ist.   Die Schrumpfung  die uns  erwartet  hat ihre  eigenen   Vollmachten  und Rechte,  und diese  beinhalten in keinster Weise  die  Fortsetzung des  glücklichen   Autofahrens.  Ich bin ziemlich sicher, dass das Lager von Trump sich das noch nicht einmal vorgestellt haben.

Das war auch mein Eindruck, nachdem ich mir die  Rede Donald Trumps zur Annahme der Wahl angehört habe. Frau Clinton und die Politiker praktisch aller Parteien in Deutschland und Europa sind, soweit ich das beurteilen kann, aber genauso ahnungslos und naiv. Zu den meines Erachtens absurden Vorstellungen und Phantasien über die Zukunft in Deutschland siehe meinen  Artikel 100 Prozent erneuerbare Energie bis 2030?.  Es sieht nicht danach aus, dass deutsche irgendwelche deutschen Parteien bzw. Politiker sich realisieren wir verzweifelt die Lage wirklich ist – was die Lage und die Folgen sehr verschlimmert, weil kostbare Zeit und Ressourcen verloren werden.

Kunster weiter:

Ich schlage  vor drei  Meta-Bereiche zu bedenken, um Wege zu finden wie Amerika die Unordnung der Zeit des  Langen Notfalls überleben kann:  Die Finanzierung der Wirtschaft, die Lasten des Empires und das Fiasko unseres  Vorstadt-Lebens-Arrangement.  (suburban living arrangement)

Finanzierung der Wirtschaft:

Man wird sehr, sehr viele Ansprüche  wie z.B. Renten, Pensionsansprüche, Geldvermögen, Leistungsansprüche an den Sozialstaat, Zahlungsansprüche   und vieles mehr abschreiben müssen. Nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland und im Rest Europas. Innere Unruhen, Bürgerkrieg und auch  Krieg sind zu erwartende Folgen.  Meines Erachtens wir es in solchen Situationen auch wieder zur Verfolgung von Minderheiten und  zu “Hexenverfolgungen”, sowie zum  Zusammenbruch der heute in Deutschland extrem fragilen Nahrungsmittelversorgung und  Nahrungsmittelproduktion kommen.

Lasten des Empires

Die USA werden ihre Empire und damit auch ihren Beitrag zur Nato und zur Sicherung der Seewege nach Europa aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr aufrecht erhalten können. Sie werden sich zurückziehen müssen. Dem steht aber Trumps Vorstellung und Traum von der neuen Größe Amerikas im Weg. Anderseits ist Trump ein sehr erfolgreicher Unternehmer der selbstständig denken kann und dem offenbar wirklich an Amerikas Zukunft gelegen ist.

An diese Stelle möchte ich aber auch das im Sommer 2016 erschienene, englischsprachige Buch des israelischen Militärhistorikers  Martin van Creveld hinweisen: Pussycats: Why the Rest Keeps Beating the West. Wie van Creveld darin unterhaltsam und gut recherchiert belegt, sind die westlichen Industriegesellschaften, also die USA, aber ganz sicher auch Deutschland und die anderen alten EU-Staaten heute physisch und vor allem psychisch nicht mehr in der Lage gegen wirklich entschlossene, ernst zu nehmende Gegner Krieg zu führen.

Das Fiasko des  Vorstadt-Lebens-Arrangements  (suburban living arrangement)

Kunstler bezieht sich dabei auf die riesigen amerikanischen Vorstädte. Meines Erachtens betrifft das aber auch die ländlichen Räume in Deutschland, wie z.B. die Eifel und den Hunsrück. Auch hier fahren die Menschen oft zig Kilometer zur Arbeit oder zum Einkaufen und sie werden auch hier ohne Autos den bisherigen Lebensstil nicht mehr fortsetzen können. In Deutschland kommt dazu die insgesamt sehr hohe Bevölkerungsdichte.

Kunstler  für die USA vor, dass Trump, statt  die  in Zukunft mangels Treibstoff für die Autos ohnehin nicht  mehr  nutzbaren  Autobahnen und Straßen zu  Reparieren und weiter  auszubauen,   versuchen könnte das Eisenbahnnetz zu verbessern. Das wäre vielleicht auch für die Eifel und viele andere ländliche Gegenden in Deutschland ein interessanter Vorschlag, an den ich schon oft gedacht habe.  Man könnte und sollte die alten Eisenbahntrassen, die es hier früher gab, vielleicht doch wieder  nutzbar machen und teilweise auch neue Trassen bauen solange man noch relativ preiswert die nötige Energie dazu bekommen kann. Bei den Brücken sollte man statt schnell alternder Spannbetonbrücken besser wieder wie früher Viadukte mit sehr hoher Lebenserwartung mauern.

Ein andere Infrastrukturproblem, das mir hierzu mit Blick auf die Zukunft einfällt, ist die Wasserversorgung für Menschen und Tiere und auch die Produktion und Verteilung der Lebensmittel.  Es ist nicht nur das von Kunstler angesprochene “Happy Motoring”, sondern  es ist auch die Befriedigung so grundlegende Bedürfnisse wie essen und trinken, die heute auch für zig Millionen Deutsche von der Funktion sehr fragiler, nicht nachhaltigen Systemen abhängig gemacht worden sind. Selbst die angeblich zukunftsträchtigen  Bestrebungen etwa des Landkreise Cochem-Zell, sind letztlich nur naiver Aktionismus, weil sie eine mit fossilen Energieträgern  betriebene technische Infrastruktur und Industriegesellschaft benötigen um  erhalten und auf Dauer betrieben zu werden. Die deutsche Energiewende ist daher wohl genauso wenig zukunftsfähig wie  das von Kunstler angeprangerte, automobil gestützte Vorstadtleben-Arrangement in den USA und auch in weiten Teilen Deutschlands.

Eine beispielhafte praktische Frage zu der mich Kunstlers Blogbeitrag zu Donald Trumps Sieg in Verbindung mit Richard Heinbergs schon über 10 Jahre alten Interview zu dem Film What a Way To Go bringt ist die nach den Schuhen: Was machen die Leute in Deutschland wenn der Nachschub an billigen Schuhen aus China ausfällt? Einige Monate später haben immer mehr Leute nur noch kaputte Schuhe. Wer kann dann noch Schuhe herstellen und reparieren? Wer kann noch Leder, Nähgarn, Schnürsenkel und Nägel für die Schuhe herstellen? Das Wissen von Gerbern und Schustern ist fast verloren.  Man weiß auch kaum noch wie die Vormaterialien herzustellen sind und es fehlt dann die Ausrüstung.  Der Fluch der Globalisierung und der Industrialisierung wird irgendwann in nicht all zu ferner Zukunft  nicht nur Essen und Trinken, sondern auch Bekleidung und Schuhwerk betreffen. Das als praktisches Beispiel für die Inhalte der in Zukunft wieder lokaler werdenden Wirtschaft.

Kunstler schreibt:

Drittens kommt die Frage wie die Amerikaner ihr Land bewohnen: Das Vorstadtfiasko und all seine Zusätze und Einrichtungen. Man kann einfach eine Gabel hineinstecken. Das große Projekt das dieses Land erwartet ist, wie wir unsere Leute neu verteilen teilen können, in neu  skalierte, d.h., kleinere, zu Fuß begehbare Gemeinden, mit re-lokalisierten Wirtschaften, einschließlich einer neu skalierten, d.h., wieder mit kleineren Betriebsgrößen arbeitenden Landwirtschaft. Es wird geschehen, unabhängig davon, ob es uns passt oder nicht.  Die Frage ist nur wie geordnet dieser Prozess sein wird.

Kelberg, den 17.  November 2016
Christoph Becker




Das Schrumpfen der Ölreserven und der Gewinne bei Exxon

Die Gewinne und die Ölreserven von Exxon, einer der größten und einst ertragsstärksten Ölfirmen der Welt, sind dramatisch gesunken. Exxon mußte kürzlich fast 1/3 seiner Ölreserven abschreiben, während sich die längerfristigen Schulden in nur 3 Jahre verdreifacht haben.

Am 3. November erschien auf der Websteite SRSroccoreport.com von Steve St. Angelo,  ein Artikel über Geschäftsentwicklung der Firma Exxon:  END OF THE U.S. MAJOR OIL INDUSTRY ERA: Big Trouble At ExxonMobil (dt. Das Ende des Zeitalters der großen amerikanischen Ölindustrie: Großer Ärger bei ExxonMobil).

Das Wesentliche:

  • Die Gewinne von Exxon sind dramatisch gefallen, wie man auch den Grafiken indem Artikel entnehmen kann.
  • Der Cash-Flow (Kapitlfluß) ist von $ 22,4 Milliarden im Jahre 2011 auf nur noch $ 1 Milliarde in den ersten 9 Monaten des Jahre 2016 gefallen. 2015 betrug er noch $ 3,9 Milliarden.
  • 1997, gab Exxon  $11.8 Milliarden aus um 2.5 Millionen Barrel Öl pro Tag  zu produzieren.  Der Kapitalaufwand verdreifachte sich fast auf $ 34 Milliarden im Jahre 2012, während die Förderung aller flüssigen fossilen Energieträger auf 2,2 Millionen Barrel pro Tag schrumpfte. Faktisch hat  Exxon 2012 dreimal soviel Geld ausgegeben wie 1997 , aber trotzdem  300,000 Barrel pro Tag weniger produziert. Dabei dürfte noch nicht berücksichtigt sein, daß der um das dreifache gestiegene Kapitalbedarf für die Ölförderung in der Praxis auch einen gestiegenen Verbrauch an Energie und da eben auch an Öl für die Ölförderung bedeutet.  Da nun aber trotz dreifachem Kapitaleinsatz die Ölförderung gesunken ist, kann man als sicher annehmen, daß die Netto-Ölförderung noch sehr viel stärker gesunken ist.
  • Die wirtschaftlich förderbaren Ölreserven von Exxon mußten wegen des niedrigen Ölpreises um  4,6 Milliarden Barrel reduziert werden, was fast ein Drittel der 14,7 Milliarden Barrel Öl waren, die bis dahin vorhanden waren. Die Firma könnte beim derzeitigen Ölpreis nur noch 12 Jahre Ölfördern. Wenn der Ölpreis weiter fallen sollte, weil die Wirtschaft nicht mehr bezahlen kann (Siehe meinen Artikel über die Studie der Hill’s Group: ERSCHÖPFUNG – DAS SCHICKSAL DES ÖLZEITALTERSdann kann kann die Firma noch weniger fördern.

Dieses Entwicklung sollte man vor dem Hintergrund sehen, daß der künftige Präsident der USA, Donald Trump, in seiner Rede zur Annahme der Wahl unter anderem ein gigantisches, und damit auch sehr viel Energie kostendes Programm zur Instandsetzung der maroden Infrastruktur angekündigt hat.

Nicht nur vor diesem Hintergrund ist es etwas bedrückend, sich Chris Martensons Analyse und Lagebeschreibung Wahl von Donald Trump durch zu lesen:  Get Ready… Change Is Upon Us – The ‘economic peace’ we’ve enjoyed for decades is over ( dt.: Macht euch fertig … Der Wandel kommt über uns – Der wirtschaftliche Frieden den wir Jahrzehnte lang genossen haben ist vorbei).

Wie Martenson mit Hilfe einer Grafik über die  gesamten Verbindlichkeiten der USA, in Relation zu deren Bruttosozialprodukt zeigt,  sind die Verbindlichkeiten von 2001 bis heute von 700 % des Bruttosozialproduktes auf jetzt über 1100 % gestiegen. Die Verbindlichkeiten umfassen die Staatsschulden, die Pensions- und Rentenversprechen, die privaten Schulden, Schulden wegen der Sozialversicherung, und mehr. Die Wahrscheinlichkeit, daß die USA ihre Verbindlichkeiten jemals ausgleichen können sinkt also von Jahr zu Jahr. Wenn das einer Firma oder Privatperson, und nicht wie hier einer ganzen Gesellschaft, passiert ist sie bankrott.

Die Situation ist in Japan und Europa ähnlich. Vor diesem Hintergrund explodieren nun die Förderkosten für das Öl, während die Wirtschaft höhere Ölpreise nicht mehr zuläßt und während die Reichen immer Reicher und die Armen und vor allem der Mittelstand immer ärmer wird.

Daß sich Deutschland mit der “Energiewende” und seinem “Klimaschutzplan” weitere Wohlstandsverluste aufbürdet und die Fähigkeit künftige Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen weiter schrumpft kommt noch dazu. Siehe dazu auch meinen Artikel:  100 PROZENT ERNEUERBARE ENERGIE BIS 2030?

Die deutsche Einwanderungs- und “Asyl-” oder Flüchtlingspolitik”  wirkt  vor diesem Hintergrund bei nüchterner Betrachtung besonders abgehoben und irre. Von “wir schaffen das” kann keine Rede sein.  Auch ist Deutschland kein reiches Land sondern es ist faktisch überschuldet. Es lebt weit über seine Verhältnisse. Dazu leistet es sich Politiker und eine Kanzlerin, die mindestens so abgehoben und realitätsfremd sind wie die amerikanischen Liberalen für die Hillary Clinton angetreten ist und verloren hat.

Zu allen relativ zum Bruttoinlandsprodukt erfolgenden Berechnungen ist zu bedenken, daß dieses linear vom Energieverbrauch abhängt. world-gdp-compared-to-energy-consumption Die folgende Grafik zeigt den Zusammenhang von  Bruttosozialprodukt der Welt und Energieverbrauch von 1969 bis 2013. Die Grafik habe ich dem Artikel  Why energy prices are ultimately headed lower; what the IMF missed (dt.: Warum die Energiepreise ultimativ fallen werden; was der IMF übersehen hat) von Gail Tverberg entnommen.

Wenn nun immer mehr Kapital und auch Energie für die Förderung von Energie verwendet wird, dann steht immer weniger für den Rest der Wirtschaft zur Verfügung. Wenn die Energieförderung und die wirtschaftlich nutzbaren Reserven trotz steigendem Aufwand sinken, wie die Zahlen von Exxon zeigen, dann ist zu erwarten, daß schließlich auch das Bruttosozialprodukt sinkt, weil die zu  dessen Generierung erforderliche Energie geringer wird. Wenn aber das Bruttosozialprodukt in absoluten Zahlen sinkt, dann steigt die relativ zum Bruttosozialprodukt ausgedrückte Verschuldung der Staaten und der Gesellschaften.

Chris Martenson hat für seinen oben erwähnten Artikel  vom 11.11.2016:  Get Ready… Change Is Upon Us – The ‘economic peace’ we’ve enjoyed for decades is over ( dt.: Macht euch fertig … Der Wandel kommt über uns – Der wirtschaftliche Frieden den wir Jahrzehnte lang genossen haben ist vorbei) einen Stahlhelm als Symbol gewählt. Ich denke das ist passend.  ABER, man sollte dazu auch sehen, was er zur Diskussionskultur und zur Gesellschaft überhaupt schreibt.

Ich habe allerdings nicht den Eindruck, daß in Deutschland derzeit eine sachliche und normale Diskussion überhaupt möglich ist. Auch die deutschen Gutmenschen und Politiker sind ähnlich wie die amerikanischen Liberalen, denen der britische Komiker Jonathan Pie in dem folgenden Video, das auch Martenson eingebunden hat, satirisch-realistisch erklärt wie und warum Donald Trump die Wahl gewonnen hat:

Kelberg, den 12. November 2016

Christoph Becker




Kriegsängste, Energiepreise, Nationalismus und mehr im Oktober 2016

Nachdem ausgerechnet Jakob Augstein schon am 20.10.2016 im Spiegel hoffte, dass Donald Trump in den USA Präsident wird, weil die Wahl von Frau Clinton Krieg bedeuten könnte, hat nun am 28.10.2016 Chris Martenson auf peakprosperity.com bekannt gegeben, dass er begonnen hat, sich auf einen Krieg vorzubereiten, weil er nach gründlicher Analyse führende Kreise in den USA für gefährlich kriegslüstern hält. Hier die Links:

Jakob Augsteins Kommentar auf  Spiegel-Online am 20.10.2016: Sicherheitsrisiko Clinton: Was für Trump spricht.

Chris Martenson am 28.10.2016 auf Peak Prosperity: We Risk Being Collateral Damage In The Neocon Lust For War – So much so that I’ve upped my personal preparations

(dt. Wir riskieren Kollateralschaden der Kriegslüsternheit der Neocons zu werden – So sehr, dass ich mich entschieden habe, meine persönlichen Vorbereitungen zu treffen).

Mein persönlicher Eindruck, nachdem ich mir vor einiger Zeit eine Rede von Donald Trump angehört habe, war allerdings, dass Trump, wenn er Präsident wird, zwar das Interesse der USA über alles stellt – und damit sicher einen Krieg mit Russland unbedingt vermeiden wird. ABER, als ich mir damals seine Rede angehört habe, habe ich gedacht, dass das, was er da ankündigt, auf einen Krieg mit China hinauslaufen könnte.

Auch John Xenakis Blog www.generationaldynamics.com 

habe ich heute, am 31.10.2016 wieder einmal nachgesehen und dabei folgende zwei, besonders interessante Artikel gefunden:

Clinton e-mail media storm shows sudden change in public mood.  Es geht dabei um den neuen E-Mail-Skandal von Frau Clinton, der einen unerwartet heftigen Sturm ausgelöst zu haben scheint. Zitat dazu

Aus der Sicht der Generationsdynamik ist hier nicht interessant, ob Clinton schuldig ist oder nicht, sondern warum es einen so plötzlichen Umschwung der öffentlichen Stimmung gibt, der bedeuten könnte, dass ihre kriminellen Aktivitäten dieses Mal wirklich Konsequenzen haben könnten. Es könnte tatsächlich möglich sein, dass nach Jahren der Sorglosigkeit in Sachen Korruption und krimineller Aktivitäten in Washington, die Öffentlichkeit sich plötzlich doch darum kümmert. Wenn das wahr ist, wäre es eine extrem bedeutsame Veränderung.

China’s president Xi Jinping given dictatorial powersDort geht es darum, dass Chinas Präsident Xi Jinping, nachdem er sich durch rücksichtslose Bekämpfung der Korruption ausgezeichnet hat, kürzlich, als erster chinesischer Führer nach Mao, faktisch die Befugnisse eines Diktators bekommen hat. Hierzu das Fazit von John Xenakis:

Wie langjährige Leser wissen, prognostiziert  Generational Dynamics (dt. Generationsdynamik), dass China sich auf dem Weg in zwei Kriege befindet – einem internen Bürgerkrieg, dem ersten großen Bürgerkrieg seit der kommunistischen Revolution und einem externen Krieg mit den USA, der zum ersten Weltkrieg nach dem 2. Weltkrieg wird. Diese zwei Kriege sind miteinander nicht unvereinbarer als die kommunistische Revolution und der 2. Weltkrieg es waren.   Von Xi kann gleichermaßen erwartet werden, dass er beide Krieg führt – einen internen Bürgerkrieg und einen externen Weltkrieg mit den USA.

Siehe dazu auch meinen Blogbeitrag vom 15. März 2015:  NEUES VOM NAHEN UND FERNEN OSTEN

Auch vor diesem Hintergrund ist es natürlich besonders hirnrissig, dass die Amerikaner um Frau Clinton und ihre deutschen und europäischen Vasallen um Frau Merkel, nichts Besseres zu tun haben, als sich ausgerechnet mit Russland anzulegen.

Wie auch immer, es sollte klar sein, dass ein Krieg mit Russland, aber auch mit China, in Deutschland auch dann, wenn Deutschland nicht direkt von Kernwaffen verwüstet wird, zu einem völligen Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung, zu  Hungersnöten und  zu extremen Gewalttaten führen wird, wie Deutschland und Europa sie noch nicht erlebt haben. Die beiden ersten Weltkriege und auch der 30-jährige Krieg und die Verbrechen  der Nazis dürften gegen das, was dann passiert ausgesprochen harmlos gewesen sein.   Ein EMP-Angriff wäre, wie Chris Martenson sich ausdrückt, noch ein relativ glücklicher Fall.  Er würde aber wohl auch schon 9 von 10 Menschen in Deutschland binnen eines Jahres das Leben kosten, wie amerikanische Simulationen gezeigt haben (siehe Weitere Literatur zum Thema EMP und Offener Brief an Präsident Obama wegen EMP-Risiko. Trotzdem gibt es aber offenbar Leute die das nötige Talent und die nötige Naivität zu besitzen scheinen, um die Lage mit Russland eskalieren zu lassen.

Zynisch betrachtet könnte man einem solchen Krieg auch sehr Positives abgewinnen, nämlich dass damit der CO2-Ausstoß und der Ressourcenverbrauch Deutschlands und Europas extrem vermindert würde. Zumindest für jenen großen Teil der deutschen Bevölkerung, der offenbar die Fremdenliebe (im krassen Gegensatz zum Christentum und der Bibel) weit über die Nächstenliebe stellt, könnten so ein Krieg, bzw. die damit verbundenen Katastrophen und Massensterben eigentlich nur sehr positiv sein, denn die dank der völlig mangelhaften Vorbereitung Deutschlands und Europas einzig überlebenden Fremden und Gegner würden sich sicher sehr freuen und die Früchte des Zusammenbruchs und des Massensterbens in Deutschland und Europa genießen.  Die so freundlich aufgenommenen “Schutzsuchenden” werden ihre großzügigen deutschen Gastgeber und alle, die sie zu einer “Flucht” nach Deutschland angehalten haben allerdings – wenn sie dann noch Zeit dazu finden – sehr gründlich verfluchen. Es wäre wie mir eine deutsche Gutmenschin mir vor einiger Zeit trotzig antwortete, als ich die Weitsicht und Klugheit ihrer Sichtweise vorsichtig angezweifelt habe: “Dann verhungern wir eben alle”.  Als letzte Freude wird zumindest einigen die Schadenfreude bleiben – wie das Colin Turnbull in seinem erschütternden Bericht über die Hungersnot und den damit verursachten totalen sozialen Zerfall  der IK beschrieben hat ( Das Volk ohne Liebe. Der soziale Untergang der Ik ).

Deutschland würde übrigens auch dann schon sehr übel gerupft und ruiniert, wenn z.B. durch einen Krieg mit China der Seehandel zusammenbricht, die US-Marine ruiniert wird, oder auch wenn durch einen Krieg mit dem Iran der Seeweg zum Persischen Golf blockiert wird. Eine der zentralen Schwächen insbesondere auch Deutschlands ist die Fragilität der Nahrungsmittelversorgung und die Industrialisierung und Globalisierung der  Nahrungsmittelproduktion.

Beispiel für die  nationalistische, antiglobalistische Bewegung in den USA

Martenson hat in seinem Artikel auch noch einige andere interessante Artikel verlinkt. Z.B. Liberal Chris Matthews, “Hillary Won’t Change If She Wins, She’ll Sell the Lincoln Bedroom.

An diesem Artikel besonders interessant fand ich die  Wahlkampfsprüche an dessen Ende:

Ich übersetze diese hier, weil sie ein Bild von Stimmung geben, die es in den USA offenbar auch gibt und die man in ähnlicher Weise sicher auch zunehmend in Europa und Deutschland erleben wird (Man sagt ja, dass die USA Europa bei vielen Entwicklungen immer etwas  voraus sind):

Amerika, wir sind an einer Wegscheide.

Werden wir die massive Korruption der globalen Politik der Regierung weiterführen, die den Mittelstand dezimiert hat und die unser Land zerstört, oder werden wir den Amerika-Zuerst-Pfad beschreiten, wo wir den Sumpf in der Bundeshauptstadt austrocknen und die die Bedürfnisse der Amerikaner über alle ausländischen Interessen stellen?

Die Antwort ist so einfach ….

In diesen letzten Tagen rufe ich euch auf, noch härter für euer Land zu kämpfen..

Inspiriert die Menschen, indem ihr die Amerika-Zuerst Agenda mit ihnen teilt.

Erklärt, dass wir nicht Demokraten gegen Republikaner sind.

Nein.

Wir sind Amerikaner gegen Globalisten.

Die Globalisten arbeiten für die Milliardenschwere  Spender und für fremde Länder.

Trump wird für dich und mich arbeiten.

Dies ist eine Bewegung  – wir sind die politischen AUSSENSEITER die gegen das versagende GLOBALE ESTABLISHMENT kämpfen.

Mache mit beim Widerstand und hilf uns zu kämpfen, um Amerika Zuerst zu  stellen.

Diese harten Wahlkampfsprüche in den USA sehe ich insbesondere auch vor dem Hintergrund von John Ralstons Sauls  Buch  The Collapse of Globalism: And the Reinvention of the World. Die erste Ausgabe aus dem Jahre 2005 hatte bezeichnender Weise noch den Titel The Collapse of Globalism: And the Rebirth of Nationalism. Also der Kollaps der Globalsierung und  die Wiedergeburt des Nationalismus.   Die Wiedergeburt des  Nationalismus ist dabei ein Phänomen, dem Saul auch in der neuen Auflage einen größeren Teil widmet. Dabei unterscheidet Saul  zwischen gutem, wünschenswerten und schlechtem, nicht wünschenswertem  Nationalismus.

Saul erklärt in diesem Buch auch, dass die vermeintlichen Erfolge der Globalisierung etwa in China und Indien durchweg in Wahrheit die Erfolge einer nationalistischen Politik der chinesischen bzw. der indischen Regierung waren. Die Ideologie der Globallisten hält Saul für eine ziemlich verrückte Modeerscheinung, die faktisch wie eine fundamentalistische Religion gewirkt und die Hirne der Politiker  und vieler Wirtschaftsführer und Professoren vernebelt hat, und die große Schäden angerichtet hat, die aber wie jede wirtschaftspolitische  Ideologie  nach einigen Jahrzehnten wieder  verschwindet.

Interessant zum Thema Globalisierung fand ich auch den Blogbeitrag der Versicherungsmathematikerin und Blogerin Gail Tverberg: Twelve Reasons Why Globalization is a Huge Problem (dt. Zwölf Gründe, warum die Globalisierung ein großes Problem ist).

Erklärung niedriger Ölpreise und das Scheitern der Energiewende

Zur Kriegsgefahr kann aus verschiedenen Gründen auch der sinkende energetische Wirkungsgrad der Ölförderung, aber auch der Förderung von Kohle und Gas werden. Dieser dürfte, neben der Unfähigkeit und Korruptheit der Eliten,  einer grundlegendsten  Hintergründe für die Stimmungsveränderungen in den USA und in anderen Teilen der Welt sein. Ich hatte dazu schon den Artikel Erschöpfung – Das Schicksal des Ölzeitalters, über die Studie der Hills Gruppe geschrieben. Inzwischen habe ich in dieser Richtung auch den Artikel Why energy prices are ultimately headed lower; what the IMF missed   (dt etwa.: Warum die Energiepreise am Ende sinken: Was der IMF übersehen hat) von Gail Tverberg gefunden. Sehr lesens- bzw. hörenswert ist auch  ihr Interview, das sie mit Chris Martenson   zu diesem Artikel und über die Aussichtslosigkeit  einer Rettung  der Zukunftsträume der Industriegesellschaften durch  Windkraft und Sonnenenergie , am 17. Oktober 2016 geführt hat: Gail Tverberg: Why There’s No Economically Sustainable Price For Oil Anymore – Producers need higher prices that the public can’t afford (dt. Warum es keinen wirtschaftlich nachhaltigen Ölpreis mehr gibt – Produzenten benötigen höhere Preise, als die Öffentlichkeit bezahlen kann.  Eine Zusammenfassung gibt es auch bei dem Blog LimitsToGrowth.de:  Postcast mit Gail Tverberg zu Ölpreisen).  In diesem Interview wird übrigens auch der Traum von einer den materiellen Lebensstandard im Westen auch nur ansatzweise erhaltenden “Energiewende” hin zu erneuerbaren Energien zerstört. Wind- und Sonnenergie sind nur in dem von Merkels “Energiewende” träumenden Mitmenschen Ausmaß nutzbar, wenn und solange man eine mit bezahlbaren fossilen Energieträgern betriebene, sehr komplexe Infrastruktur und Industrie hat – oder wenn man eine letztlich extrem unwahrscheinliche und unpraktikable, globale, über 50 Billionen Dollar kostende Lösung wählt, von der höchst unklar ist, ob sie jemals funktionieren würde.  Voraussichtlich wird die Enttäuschung extrem heftig, wenn all die Merkel-Fans, SUV-Besitzer und Gutmenschen merken, dass die Grundlagen der Westlichen Werte ebenso verschwinden wie die Unsichtbaren Nutzflächen.

Es wird ganz bestimmt so sein, dass man in Zukunft auch in Deutschland und Europa nur noch erneuerbare Energiequellen nutzt. Das hat man schließlich auch früher, in der Zeit vor der industriellen Revolution getan.  Der materielle Lebensstandart, die Bevölkerungsdichte und auch die Freiheit und Gleichheit waren allerdings drastisch geringer als heute. Irgendwer hatte neulich noch darauf hingewiesen, dass die Sklaverei in den USA wohl nicht ganz zufällig mit der Umstellung von erneuerbaren Energien (damals hauptsächlich Muskelkraft und Wasserkraft) auf fossile Brennstoffe zeitlich ungefähr zusammenfiel.

Dass die Lage sehr gefährlich ist und dass der Westen JETZT und nicht irgendwann in einigen Jahrzehnten  ein Problem mit der Energieversorgung hat, kam in dem Interview von Chris Martenson mit Gail Tverberg insbesondere auch durch folgende Zahlen zum Ausdruck: Die Ölindustrie habe seit 2014 schätzungsweise eine Billion Dollar an Investitionen in die Suche und Erschließung von Ölvorkommen eingespart, weil der Ölpreis nicht mehr kostendeckend sei.   Es seien nur noch ca.   10 Prozent  der Menge neu entdeckt worden, die weltweit verbraucht worden sei.

In dem Bericht Eindrücke vom VDW & ASPO Workshop am 24.10 in Berlin   auf der deutschsprachigen Internetseite www.peak-oil.com findet sich dazu passend  das folgendes Zitat:

Der zweite Vortrag war von Dr. Werner Zittel zum Thema ‘Verlängerung des fossilen Zeitalters? – Perspektiven der unkonventionellen Öl- und Gasförderung‘.

Das Fazit aus diesem interessanten Vortrag, der die Fördersituation bei Fracking, Shale-Oil & Co sowie die finanzielle Situation der großen Ölkonzerne beleuchtete, war dass:

  • der (aktuelle) Ölpreis nicht kostendeckend für die meisten Ölfirmen ist
  • Investitionen in langfristige Projekte gestoppt werden
  • Renditen massiv zurückgegangen sind
  • die Dividendenzahlungen aber steigen bzw. fast konstant bleiben
  • und deswegen die Verschuldungen massivst ausgedehnt werden
    • z.B. bei Shell von 60 auf 90 Milliarden $ in 2015
    • Pemex, Shell, BP und Exxon haben zusammen fast 400 Milliarden $ Schulden – eine Verdopplung seit 2010

Zittels Resümee war denn auch: Die Öl- und Gasbranche ist auf Crashkurs!

Wie sowohl die Studie der Hills Gruppe als auch der  oben erwähnte Artikel   Why energy prices are ultimately headed lower; what the IMF missed   von Gail Tverberg und ihr Interview mit Chris Martenson erklären, wird der Markt aber keine nachhaltig hohen Ölpreise, wie die Ölindustrie und auch die Förderländer für die Sicherstellung oder gar Ausweitung der Förderung benötigen, mehr zulassen.  Die Preise werden , wegen  der inzwischen zu schlechten  und sich weiter verschlechternden Energiebilanz der Ölproduktion  aller Voraussicht nach  wenn dann immer nur für kurze Zeit steigen, dann eine Rezession auslösen und wieder auf ein viel zu niedriges Niveau fallen.   Die Folge ist, dass sehr große Mengen der vor kurzem noch freudig gefeierten Ölvorkommen nicht mehr erschlossen und gefördert werden können. Das klingt irgendwie etwas widersprüchlich.

Extremwertbetrachtung zum Nutzen und Preis der  Ölförderung

Wenn ich etwas nicht gut verstehe mache ich eine Extremwertbetrachtung um das Problem so vielleicht besser zu verstehen. Hier ein Versuch. Was wäre wenn ein Fass Öl eigentlich 1000 Euro kosten müsste, und wenn von dessen 159 Litern 158,5 Liter für die Ölindustrie erforderlich wären, und nur noch ein halber Liter für die restlichen, keine Energie prodzierenden, sondern nur Energie verbrauchenden Wirtschaftsbereiche verfügbar blieben? Die Ölindustrie wäre eine gigantische Maschine die nur noch eine minimalen Nutzen erzielt. Die Leute der Ölindustrie würden aber auch etwas essen wollen, sie würden auch Ärzte, Straßen, Polizei und vieles andere aus dem keine Energie produzierenden Wirtschaftsbereichen haben wollen, wobei diese anderen Wirtschaftsbereich sich alle zusammen den kleinen Rest Öl teilen müssten, der bei der Förderung noch übrig bleibt. Was würde passieren? Die keine Energie produzierenden Wirtschaftsbereiche würden auf Handarbeit umstellen oder ihren Betrieb einfach einstellen.  Die  Arbeitsleistung der Gesamtbevölkerung pro Mannstunde würde sinken, weil zum einen absolut gesehen weniger Mannstunden geleistet würden (weil Firmen und Wirtschaftsbereiche mangels Energie die Arbeit einstellen würden) und es würde pro noch geleisteter Mannstunde weniger produziert, weil Handarbeit weniger produktive wäre. Man stelle sich dazu vor, dass eine Baugrube nicht mehr mit einem Bagger ausgehoben würde, sondern wieder wie vor 200 Jahren von Hand, mit Hacke, Schaufel, Schubkarre und Pferdefuhrwerk. Die Erdbewegung pro Mann und Stunde wäre drastisch geringer.   Dazu käme, dass Frauen für viele Arbeiten, bei denen sie heute, dank mit billiger   Energie betriebener Maschinen gut mit Männern konkurrieren können, nicht mehr eingesetzt werden könnten (siehe die Zahlen in Mit Frauen ins Manöver) oder  vorschnell  ihre Gesundheit ruinieren würden oder zumindest drastisch schlechter bezahlt werden müssten. Die Wirtschaft und der Lebensstandart würde ganz erheblich fallen.

Es käme außerdem zu sozialen Unruhen, zur Suche nach Schuldigen und möglicherweise auch zu Bürgerkriegen und Revolutionen, weil die Menschen nicht einfach verschwinden, sondern Ansprüche stellen,  Hunger haben,  frieren und auf vermeintlichen Rechten bestehen würden. Den Sozialstaat und die Renten würden man nicht mehr finanzieren können, weil die Arbeitsproduktivität wegen der fehlenden billigen Energie dafür zu gering würde.   Ohne grundlegenden, rechtzeitige Reformen der Landwirtschaft könnte nicht einmal die Ernährung der Bevölkerung gesichert werden.  Man bedenke, dass heute alleine für jede Kalorie der in den in der westlichen Welt verbrauchten Nahrungsmitteln, 10 bis 20 Kalorien aus fossilen Energieträgern aufgewendet werden müssen. Vor hundert Jahren hat die Landwirtschaft noch deutlich mehr Energie produziert als sie verbraucht hat.

Man könnte nun einen Teil der für die Ölförderung nötigen Energie durch Kohle und Gas bereitstellen und damit die Ergebnisse der Ölförderung für einige Zeit etwas  verbessern.  Aber  dadurch würden  mehr  Kohle und Gas verbraucht und sie würden schneller  schwieriger zu fördern sein. Sofern komplizierte Umwandlungsverfahren nötig wären, würde durch diese die Umwelt stärker belastet und der Gesamtenergie- und Umweltverbrauch würde bei im Vergleich zu heute oder früher gleichbleibendem  Nutzen für die  keine  Energie produzierenden Wirtschaftszweige  steigen.   Wenn  unbegrenzt  Ressourcen verfügbar wären, könnte man einfach die Ölförderung steigern und damit die Verschlechterung des Wirkungsgrades ausgleichen. Es sieht aber so aus, dass die Ölförderung ziemlich konstant bleibt oder sogar abnimmt, obwohl immer mehr Öl für die Ölförderung selbst verbraucht wird.

 Komplexitätskosten

Die Energieverschwendung und die maßlose Steigerung der Fragilität der westlichen Industriestaaten durch die Globalisierung,  sowie die zunehmende  Verarmung großer Teile  der  Bevölkerungen  in den Industriegesellschaften wegen der  steigenden  Kosten der Energie- und Rohstoffgewinnung, verschlechtern natürlich auch das politische Klima und sie  fördern das Entstehen der einen oder anderen Form des Nationalismus. Zumindest monoethnische, monokulturelle Nationalstaaten kann man dabei  auch  als Gebilde mit relativ geringen Komplexitätskosten sehen, die den Vorteil haben, dass sie, insbesondere dann, wenn sie auch noch mit einer einheitlichen Religion verbunden werden, auch in Zeiten knapper Energie einen relativ hohen Wohlstand und Zivilisationsgrad ermöglichen und damit erstrebenswert sind.  Siehe auch Warum Religion? und Kollaps komplexer Gesellschaften – Interview mit Prof. Dr. Joseph Tainter, sowie Leopold Kohr – Leben nach menschlichem Maß.

Komplexe, multiethnische und multikulturelle Gesellschaften und große Staatenbünde, wie die EU und das “neue ” Deutschland kann man dagegen, ebenso wie internationale Konzerne als Gebilde sehen, die, wenn überhaupt, nur dann Vorteile bieten und lebensfähig sind, wenn und solange es genug billige Energie gibt.  Sie erfordern nämlich  komplexe Regelungen , Sicherheitsmaßnahmen usw. die insbesondere auch Energie kosten, die dann für  die Befriedigung der Grundbedürfnisse, aber auch für kulturelle  Bedürfnisse der Hauptbevölkerung und die  für die  Sicherheit  des  Ganzen nicht  mehr zur Verfügung stehen.  Weil solche Gesellschaften, Staaten,  Staatenbünde und Konzerne auch Vorteile haben, machen sie sicher Sinn wenn und solange genug billige Energie zur Begleichung der Komplexitätskosten vorhanden ist.

Dass es mindestens grenzenlos dumm  ist, solche komplexen Gebilde aufzubauen und um jeden Preis erhalten zu wollen, wenn absehbar ist, dass die für den Erhalt und Betrieb nötige billige Energie bald nicht mehr vorhanden sein wird, versteht sich von selbst. Kluge Regierungen würden solche komplexen Konstruktionen rechtzeitig und vorsichtig abbauen und die Komplexitätskosten gezielt senken anstatt sie, wie z.B. die deutsche Bundesregierung massiv in die Höhe zu treiben.

Vor diesem Hintergrund ist auch anzunehmen, dass nicht nur die EU, sondern insbesondere auch die USA in den nächsten Jahrzehnten zerfallen werden,  um so ihre Komplexitätskosten mehr oder weniger unfreiwillig oder im Falle der Wahl kluger, verantwortungsbewusster Regierungen auch freiwillig, zu minimieren und an die Gegebenheiten des postfossilen Zeitalters anzupassen. Das postfossile Zeitalter ist dadurch gekennzeichnet, dass man zwar weiß, dass noch riesige Vorräte an Öl, Kohle und Gas in der Erde liegen, aber dass der Energieaufwand und teilweise auch die Umweltbelastung die mit deren Förderung verbunden wäre so hoch ist, dass sich die Förderung nicht mehr lohnt.

Voraussetzung für das Erleben dieses Zeitalters ist natürlich, dass nicht, wie  jetzt  u.a. von  Chris Martenson befürchtet, irgendwelche Knallköpfe im Westen versehentlich oder vorsätzlich einen Krieg mit Russland oder China   anfangen. Ein Krieg mit Russland ist unbedingt vermeidbar. Ein Krieg mit China ist voraussichtlich unvermeidbar, aber wenn er rechtzeitig gut vorbereitet wird, könnte man vielleicht seinen Verlauf und seine Folgen noch abmildern.

Das Leben im postfossilen Zeitalter

Das Leben im postfossilen Zeitalter kann durchaus  angenehm werden wenn man es richtig vorbereitet und genügend Wissen aus unserer Zeit hinüberrettet. Die die heutigen großen Windkraftwerke und Photovoltaikanlagen werden  dann aber  aller  Voraussicht nach   nur noch als Ruinen und in Geschichten existieren,  weil   die Herstellung , der Betrieb und der Ersatz dieser Anlagen  und der  dafür  nötigen  Infrastruktur  fossile Brennstoffe  und da  ganz  besonders auch  Erdölprodukte erfordert . Man  denke nur an das  Transportwesen , den Straßenbau und die  schweren Maschinen für die  Erdbewegung.   Ein denkwürdiges Buch dazu ist das   im  Januar 2016 by Springer Engery-Briefings erschienene When Trucks Stop Running: Energy and the Future of Transportation  von Alice Friedemann. Es gibt zwei Interviews mit Frau Friedemann.  Eines mit James  Howard Kunstler,  vom  1. Juli 2016:    KunstlerCast 278 — Alice Friedemann — When the Trucks Stop Running  und eines mit Chris Martenson vom August 2016: Alice Friedemann: When The Trucks Stop Running – The modern trucking fleet is living on borrowed time.

Eine gute Vorstellung vom Leben im postindustriellen, postfossilen Zeitalter im Nordosten der USA liefern James Howard Kunstlers inzwischen vier Romane  der World Made by Hand Reihe:

  1. World Made by Hand: A Novel (2009)
  2. The Whitch of Hebron: A World  Made by Hand Novel ( 2011)
  3. A History of the Future: A World Made By Hand Novel (2014)
  4. The Harrows of Spring: A World Made by Hand Novel (2016) Mit Harrows sind hier nicht Eggen sondern Plagen gemeint.

Ich fand alle vier Bände sehr lesenswert und inspirierend. Ich fürchte aber, dass in einer solchen Zeit, trotz aller Schwierigkeiten, Aufstände, Rassenunruhen und Kriege, die Kunstler für ein solche Zeit  für das Gebiet der heutigen USA prognostiziert, zumindest Deutschland, Frankreich, England, die Beneluxländer und das südlichere Europa,  als  Folge der  Entwicklungen in den letzten  30 Jahren, vergleichsweise sehr viel ungemütlicher, lebensfeindlicher und trauriger werden.  Für diese Gebiete hat der Franzose Jean Raspail mit seinem sehr hellsichtigen,  1972 erschienen Roman, 2015 neu ins deutsche übersetzen, Roman Das Heerlager der Heiligen,  und in Sieben Reiter verließen die Stadt viele Aspekte der Zukunft sicher besser beschrieben.

John M. Greer hat hat auf seinem Blog The Archdruid Report von August 2015  bis September 2016 insgesamt 25 Kapitel mit der Überschift Retrotopia: … geschrieben, indem er die künftige Entwicklung in den heutigen USA in erzählender Form untersucht. Ich habe diese noch nicht gelesen, aber Greer ist eigentlich immer ganz interessant. Ich hatte von ihm seinen Roman Twilight’s Last Gleaming gelesen, indem die USA 2026 einen Krieg gegen China führen, verlieren und sich dann schließlich selbst auflösen. In Kollaps als Chance hatte ich den Inhalt von Twilight’s Last Gleaming kurz nacherzählt.

Kelberg, den 31.10.2016

Christoph Becker




Die Eurozone wird zur Armut produzierenden Maschine

Am 24. Oktober 2016 erschien auf der Internetseite der Zeitung The Telegraph  ein  Artikel mit dem Titel The eurozone is turning into a poverty machine  ( dt. Die Eurozone verwandelt sich in eine Armut produzierende Maschine)von Matthew Lynn. Hier eine Mischung aus  Zusammenfassung und Übersetzung:

Die Eurozone ist eine finanzielles und wirtschaftliches  Desaster. Die Politik der EZB zeigt keine positive Wirkung. Was dabei aber oft übersehen wird ist das die Eurozone  zu einer Armut produzierenden Maschine wird.

Während die Wirtschaft der Eurozone stagniert, versinken Millionen Menschen  die echtem Elend. Ob es auf einer relativen oder absoluten Basis gemessen wird, die  Anteile der Armut haben überall in  Europa zugenommen, wobei  die Ergebnisse in der Eurozone am schlechtesten sind. Es kann  keine schockierendere Anklage des Misserfolges der Währung geben und  keine eine besser Erinnerung daran, dass der Lebensstandard sich nur  verbessern wird, wenn der Euro entweder radikal reformiert oder zerlegt wird.

Eurostat, die statistische Agentur der Europäischen Union, hat ihre letzten Ergebnisse über die Anzahl der durch Armut und oder sozialen Ausschluss gefährdeten Menschen veröffentlicht und vergleicht  2008 und 2015. Über die 28 Mitglieder gesehen , haben fünf Länder wirklich bedeutende Anstiege im Vergleich zum Jahr der Finanzkrise vorzuweisen. In Griechenland, fallen jetzt 35,7 % der Bevölkerung in diese Kategorie, im Vergleich zu 28,1 % im Jahre 2008. Ein Anstieg um 7,6 Prozentpunkte. Zypern stieg der Anteil der Armen um 5,6 % auf jetzt  28,7 %.  In Spanien stieg er um 4,8 % und in Italien um 3,2 %  und sogar in Luxemburg, dessen Bevölkerung kaum als armutsgefährdet bekannt ist, stieg der Anteil der Armen um 3,2 % auf jetzt 18,5 %.

Es war überall nicht so düster. In Polen ist die Armutsrate von 30,5 % auf etwas über 23 % gesunken. In Rumänien, Bulgarien und Lettland, gab es gegenüber 2008 große Rückgänge der Armut. In Rumänien ist der Anteil der Armen z.B. um 7 %-Punkte, auf 37 % gesunken.

Was war der Unterschied zwischen den Ländern, in denen die Armut drastisch stieg und denjenigen, in denen sie geringer wurde?  Der Unterschied war die Zugehörigkeit zum Euro-Raum. Die größten Zunahmen der Armut gab es in den Ländern der Eurozone, während die Rückgänge der Armut alle außerhalb der Eurozone zu verzeichnen waren.

Es wird  noch schlimmer. “Armutsgefährdet” gilt wer über weniger als 60 %  des mittleren nationalen Einkommens verfügt. Aber dieses mittlere Einkommen selbst ist im Laufe der letzten sieben Jahre gefallen, weil sich die meisten Länder innerhalb der Eurozone noch immer von der Finanzkrise erholen müssen. In Griechenland ist das mittlere Einkommen von 10.800 Euro pro Jahr auf nun 7.500 Euro gefallen. In Spanien ist es nicht ganz so dramatisch gewesen, aber das  mittlere Einkommen ist von 13.996 Euro pro Jahr jetzt 13.352 gesunken. In Wirklichkeit werden Leute sowohl relativ als auch absolut ärmer.

Es gibt andere Maßnahmen, die das ebenfalls verdeutlichen. Im Durchschnitt der EU werden 8 % der Bevölkerung “ernsthaft materiell arm”, definiert, es ihnen an dem fehlt, was die meisten zivilisierte Gesellschaften als grundlegende Notwendigkeiten betrachten – wenn Sie vier aus neun Kästen ankreuzen, zu denen gehört, dass sie es sich nicht mehr leisten können ihre Wohnung zu heizen, mindestens jeden zweiten Tag Fisch oder Fleisch zu essen oder sich eine Telefon leisten zu können, dann gehören sie zu dieser Kategorie.

Auffallend ist, dass mehrere Eurozonenländer angefangen haben nun bei solchen Umfragewerten die Nase vorne zu haben. Griechenland steigt unvermeidbar schnell auf. Dort fallen nun 22 % der Bevölkerung in diese Kategorie – im Vergleich zu nur 11 % im Jahre 2008. In Italien, einem Land, das so vor zwei Jahrzehnten ein reiches Land war, sind nun schockierende 11 % der Bevölkerung “ernsthaft arm”, verglichen mit 7,5 % vor 7 Jahren. In Spanien hat sich der Prozentsatz verdoppelt, und in Zypern ist er auf mehr als 50 % gestiegen.

Und doch,  wenn man die Länder außerhalb der Eurozone betrachtet, ist der Anteil der  “ernsthaft materiell Armen”, weit gehend stabil,  wie zum Beispiel im Vereinigten Königreich, oder er ist sogar respektabel gefallen, wie – im schnell wachsenden Polen, wo sich der Anteil in den letzten 7 Jahren halbiert hat und nun mit 7,5 % viel geringer ist als in Italien.

Das ist von Bedeutung. Die EU hat sich selbst das Ziel gesetzt, die Schlüsselwerte der Armut bis 2020 in bedeutendem Maße zu reduzieren. Sie scheitert elend. Schlimmer noch, es wird klar, dass eine ihrer wichtigsten Politikansätze, die Schaffung des Euro, und die verpfuschten, halbherzigen Rettungspakete, die den Euro gerade noch so zusammengehalten haben, größtenteils für die Zunahme der Armut verantwortlich sind.
Es ist schwer eine andere plausible Erklärung für den starken Unterschied zwischen den Armutsquoten für die Länder innerhalb und außerhalb der Eurozone zu finden. Warum sollten Griechenland und Spanien so viel schlechter dastehen als irgend ein Land in Osteuropa? Oder warum geht es Italien so viel schlechter als Großbritannien, obwohl beide  Länder in den 90er Jahren ein weit gehend ähnliches Wohlstandsniveau hatten? (Tatsächlich hatten die Italiener die Briten sogar eine Zeit lang im Bezug auf der Prokopfeinkommen sogar überholt.) Sogar eine traditionell sehr erfolgreiche Wirtschaft wie die der  Niederlande, die in keiner Art von der Finanzkrise ergriffen worden ist, hat eine große Steigerung sowohl der relativen als auch absoluten Armut erlebt.

Tatsächlich ist es nicht sehr schwierig herauszufinden was geschehen ist. Erstens hat ein dysfunctionales Währungssystem das Wirtschaftswachstum abgewürgt und die  Arbeitslosigkeit auf nicht für möglich gehaltene Niveaus gesteigert. Nachdem Länder Bankrott gemacht haben und ausgelöst werdenmußten, hat die EU, zusammen mit der EZB und dem IWF, den Sparpaketen durchgesetzt und  Sozialfürsorgesysteme und Renten zusammengestrichen. Es überraschen, dass die Armut unter diesen Bedingungen zunimmt.

Auf den Finanzmärkten konzentriert man sich endlos auf den Zustand des Banksystems innerhalb der Eurozone, auf steigende Haushaltsdefizite, und auf die Gefahr der Deflation und die Verwüstungen, die sie für die Preise der Anlagen am Finanzmarkt bringen könnte. Aber am Ende ist die Finanzkrise nicht so wichtig. Sie kann mit Freikäufen  und mit dem Drucken Geld gelöst werden. Selbst wenn das nicht möglich ist, bedeutet das nur, das einige Banken und Investmentfonds  schlechter  daran sind.

Aber die Tatsache, dass sich Armutniveaus in vormals wohlhabenden Ländern so schnell steigen, ist schockierend. Es gibt kein Zeichen dieser Anstieg nachlässt –  in Ländern wie Griechenland und Italien beschleunigt er sich sogar. Was einstmals dreckig-arme Länder waren, wie Bulgarien, oder Länder mit mittleren Einkommen,  wie Polen, überholt schnell was das entwickelte Europa zu sein pflegte.

Nicht in der Lage zu sein sich ein Telefon zu leisten, oder dreimal pro Woche Fleisch zu essen, ist kein Spaß. Aber dank des Euro, ist das jetzt das Schicksal von Millionen von Europäern – und wird sich nicht ändern, bis die Währung zerlegt wird.

Soweit der Artikel in The Telegraph.

Dass der Euro sich negativ auf viele Länder der EU auswirkt, war mir schon klar.   In Wie Deutschland doch noch den Krieg gewann hatte ich  über das Problem   nach der Lektüre des dort vorgestellten Buches “Decline and Fall” von John M. Greer schon beschrieben, das   der obige Artikel im The Telegraph mit den aktuellen Daten der europäischen Statistikbehörde belegt.

Die Zahlen in dem Artikel und die  relativen Unterschiede zwischen Euroländern und  Nicht-Euro-Ländern der EU   waren für mich aber dennoch neu und beeindruckend.

Anders als der Artikel in The Telegraph  sehe ich im Euro aber nur einen Teil des Problems.

Das alles überlagernde Grundproblem ist die sinkende Nettoenergie, die die europäischen Staaten noch zur Verfügung haben.  Mit Nettoenergie meine ich hier die Energie, die die Energie liefernden Teile der Wirtschaft, nach Abzug der für die Energieproduktion und Verteilung notwendigen Energie noch für jene Teile der Wirtschaft liefern kann, die selber keine Energie produzieren.

Seit 2012 bleibt  von jedem Fass Erdöl, das gefördert wird,  im  Mittel weniger als  ein  halbes Fass  Erdöl für den Bedarf jener Wirtschaftszweige übrig, die  selber keine Energie produzieren (Krankhäuser, Schulen,  Sozialwesen, Militär, Polizei, Straßenbau, moderne Landwirtschaft, Verkehrswesen usw.).  Irgendwann zwischen 2025 und 2030 bleibt selbst nach optimistischen Berechnungen  für diese Bereiche bei der Ölförderung keine  Energie mehr mehr übrig. Das Fördern von Erdöl wird dann zwar weiter möglich sein und es wird weiter riesige Lagerstädten geben, aber es wird dann Energie kosten, die dann z.B. durch Kohle oder Erdgas  gewonnen wird. Die für dann für die Ölförderung nötige, aus Kohle und Erdgas kommende Energie wird die Erdgas und Kohlevorräte schneller erschöpfen, wird den Energieaufwand für die Erdgas und Kohleförderung weiter und schneller steigern und wird dafür sorgen, das auch der Anteil der in  der  im Erdgas und in der Kohle enthaltenen Energie geringer wird, der für die keine Energie produzierenden Teile der Wirtschaft noch übrig bleibt.

Dazu kommen die ebenfalls steigenden Komplexitätskosten, die auch um so größer sind , je  größer  ein Wirtschaftsraum  und sein Regelwerk ist. Es ist klar, dass kleinere, unabhängigere Staaten in solchen Situationen im Vorteil sind und vielleicht sogar noch ihren Wohlstand mehren.

Die Komplexitätskosten steigen aber auch, weil die Förderung von Öl, Kohle, Gas und von anderen Rohstoffen immer schwieriger wird und die Umwelt und teilweise auch die Infrastruktur immer mehr belastet.

Einige andere Artikel meiner Webseite zu diesen grundlegenden Problemen:

Deutschlands “Energiewende” wird den Absturz Europas übrigens beschleunigen, wie man  dem Artikel  Intermittent Renewables Can’t Favorably Transform Grid Electricity

( dt. Ungleichmäßig liefernde, erneuerbare Energien können das Stromnetz nicht vorteilhaft umwandeln )  von Gail Tverberg entnehmen kann. Ich zitiere:

Tatsächlich bin ich zu dem ziemlich erstaunlichen Beschluss gekommen, dass, selbst wenn Windturbinen und Solarpanele kostenlos gebaut werden könnten, es keinen Sinn haben würde sie weiterhin dem Stromnetz hinzuzufügen, solange man keine keine bessere und billigere Methode hat um Elektrizität zu speichern. Es gibt zu viele Kosten außerhalb des Produktion der Geräte selbst. Es sind diese sekundären Kosten, die problematisch sind.

und

Sie [die Solar- und Windenergie, oder auf deutsche Verhältnisse angepasst die “Energiewende”] könnte sogar einen negativen Wert haben, wenn man die Kosten aller Anpassungen berücksichtigt, die nötig sind um sie sinnvoll nutzen zu können.

Damit steuert Deutschland auch wegen seiner  “Energiewende”, einmal mehr und einmal mehr mit unnötig hoher Geschwindigkeit, mit Volldampf  einen immer größer werdenden Teil seiner Bevölkerung in die Armut.

Kelberg, den 26. Oktober 2016

Christoph Becker




Truthahn, schwarzer Schwan, Drachenkönig und Phönix

Es geht hier um grundsätzliche Konzepte der Wahrnehmung, Einschätzung und Reaktion im Bezug auf künftige Ereignisse. Der Truthahn, der schwarze Schwan und der Drachenkönig symbolisieren dabei typische Konzepte. Schließlich geht es um Nassim Talebs Konzept der Antifragilität, bzw. darum dass und wie Einzelpersonen und Gruppen von Menschen auch von schwarzen Schwänen und Drachenkönigen profitieren und wie Phönix aus der Asche  aufsteigen können. 

Der Optimismus und die Erfahrung des Truthahns

Mit “Truthahn Geschichte” fand ich per google als erstes die auch sonst  interessante Webseite Der Mensch – das faszinierende Wesen. Von dort zitiere ich der Einfachheit halber aus dem Artikel Was uns eine Geschichte vom Truthahn über unser Denken und das Wiegen in Sicherheit lehrt …:

Wir wollen uns einen Truthahn vorstellen, der jeden Tag gefüttert wird. Jede einzelne Fütterung wird die Überzeugung des Vogels stärken, dass es die Grundregel des Lebens ist, jeden Tag von freundlichen Mitgliedern der menschlichen Rasse gefüttert zu werden, die dabei nur sein Wohl im Auge haben, wie ein Politiker sagen würde. Am Nachmittag des Mittwochs vor dem Erntedankfest wird dem Truthahn dann etwas Unerwartetes widerfahren, und er wird seine Überzeugung revidieren müssen …   [Die Zuversicht des Truthahns] wuchs mit der Zahl der freundlichen Fütterungen; er fühlte sich immer sicherer, obwohl seine Schlachtung immer näher rückte. Sein Gefühl, in Sicherheit zu sein, erreichte also gerade dann seinen Höhepunkt, als das Risiko am grössten war. Das Truthahnproblem lässt sich auf alle Situationen verallgemeinern, wo die Hand, die uns füttert, auch die sein kann, die uns den Hals umdreht.

Der Schwarze Schwan

Es geht mir hier um die von Nassim NicholasTaleb in seinem Buch Der Schwarze Schwan: Die Macht höchst unwahrscheinlicher Ereignisse erläuterte Modell. Siehe auch den Wikipediaeintrag Der Schwarze Schwan (Nassim Nicholas Taleb).

Ein Schwarzer Schwan ist in diesem Sinne zunächst ein Ereignis, das man aus Erfahrung für nicht möglich oder zumindest für extrem unwahrscheinlich hält. Im Sinne von Nassim NicholasTaleb ist ein Schwarz Schwan darüber hinaus ein Ereignis, dass dann wenn es  eintritt eine große Wirkung entfaltet. Für den Truthahn in der oben zitierten Geschichte ist sein Tod am anlässlich von Thanksgiving ein Schwarzer Schwan: Er hält es für ausgeschlossen oder extrem unwahrscheinlich, dass der nahende ihn erfahrungsgemäß fütternde Mensch, in dieses Mal umbringen wird. Das was dann tatsächlich passiert ist für den Truthahn ein Ereignis mit großer, katastrophaler Wirkung.

Der Drachenkönig

Das Drachenkönig-Konzept (engl. Dragon King Theory) wurde von dem  französischen Physiker Didier Sornette an der ETH Zürich entwickelt.

Der Drachenkönig unterscheidet sich vom Schwarzen Schwan dadurch, dass er keinesfalls unbekannt ist. Den Schwarzen Schwan kann man erst im Nachhinein erkennen. Er ist unbekannt und kommt völlig überraschend. Ein Drachenkönig ist dagegen eine Katastrophe die eigentlich nicht überraschend kommt. Es gibt Vorzeichen und Anhaltspunkte, die auf die sich anbahnende Katastrophe hinweisen. Man kann dem Drachenkönig ausweichen oder seine Wirkung dämpfen indem man die Vorzeichen, die sein Kommen ankündigen erkennt, auswertet und intelligent reagiert.  Gegen schwarze Schwäne kann man sich dagegen nur vorsehen, indem man ganz allgemein seine Resilienz, Flexibilität verbessert. Wie Nassim Taleb weiter unten in der in der verlinkten Google-Rede und in seinem deutsch synchronisierten Interview mit dem Schweizer Rundfunk erklärt, kann man aber nicht nur die Auswirkungen von Schwarzen Schwänen und auch von Drachenkönigen dämpfen. Man kann vielmehr sogar von ihnen profitieren und wie Phönix aus der Asche daraus aufsteigen, indem man  Antifragilität aufbaut.

Einige Links zu Prof. Didier Sornette und seinem Drachenkönig-Konzept:

DIE ZEIT, am 9.8.2013: Didier Sornette: Der Physiker und das Monster

DER SPIEGEL, 8.1.2010:  Krisentheorie:  Physik des Drachenkönigs

Ein TED-Talk  Didier Sornette: Wie wir die nächste Finanzkrise vorhersehen können ( mit deutschen Untertiteln)

Fragilität und Antifragilität

Auf Youtube findet man mit “Nasim Taleb” einige interessante Reden. Hier eine Rede die er bei Google über sein im Deutschen unter dem Titel  Antifragilität: Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen  gehalten hat: Nassim Nicholas Taleb | Talks at Google

Das Buch habe ich mir daraufhin bestellt, aber ich habe es noch nicht gelesen. Aus dem Vortrag wurde aber schon mal deutlich, dass Taleb mit “Antifragilität” nicht einfach z.B. “unzerbrechlich” meint, sondern das man unter den Umständen, die ein fragiles System zerbrechen lassen sogar stärker wird und sogar gewinnt.

Das erinnert an das Ende 2017 erschienene Buch  Prosper!: How to Prepare for the Future and Create a World Worth Inheriting von Chris Martenson und Adam Taggert. Es erinnert mich auch an bestimmte l Konzepte im Bereich Landwirtschaft und Gartenbau und natürlich auch an Sun Tzu, The Art of War.

Ein deutsches Interview des Schweizer Autors Rolf Dobelli mit Nassim Taleb, auf DIE ZEIT,  veröffentlicht am  25.4.2013:  GesprächWir brauchen mehr Chaos!

Eine Rezension von Talebs Buch Antifragilität in der Süddeutschen  Zeitung: 15. März 2013, Buch “Antifragilität” von Nassim Taleb Triumphierend und ein bisschen übergeschnappt

Ein deutsch synchronisiertes Interview im Schweizer Rundfunk: Nassim Taleb: Bringt euch in Schwierigkeiten! (Sternstunde Philosophie, 17.5.2015). In diesem fast einstündigen Interview erzählt und erklärt Taleb auch die Geschichte vom Truthahn, erweitert um die Sicht des Metzgers. Er erklärt ebenfalls das Prinzip des schwarzen Schwans sowie die Konzepte der Fragilität, der Antifragilität und der Möglichkeiten Antifragilität auf zu bauen.  Ferner erfährt man  von einem weiteren Vogel, dem Phönix,  jenem mythischen Vogel,  dem wir die Redewendung „Wie ein Phönix aus der Asche“ verdanken.  Schließlich hat Taleb auch über die Größe von Staaten und zur EU eine interessante Ansicht, die der von Leopold Kohr ähnelt.

Zu dem Titel, bzw. zur Empfehlung Nassim Talebs “Bringt euch in Schwierigkeiten” passt ganz gut John Castis, leider nur auf Englisch verfügbarer, TEDx-Vortrag How the World Works: John L. Casti at TEDxVienna, der am 6.2.2013 veröffentlicht wurde. Castis Meinung ist, dass die westlichen Gesellschaften sich längst im freien Fall befinden und dass es nur noch nicht klar ist, ob sie einen genialen Fallschirm dabei haben, und ob sich der noch rechtzeitig öffnen wird –  ähnlich wie bei Felix Baumgartner, oder ob sie ungebremst aufschlagen. John Casti hat sich sehr mit Themen wie Komplexität, Fragilität und Kollaps von Systemen befasst und der hat dazu das Buch Der plötzliche Kollaps von allem: Wie extreme Ereignisse unsere Zukunft zerstören können geschrieben.

Kelberg, den 19. Oktober 2016

Christoph Becker

 




Erschöpfung – Das Schicksal des Ölzeitalters

Erschöpfung :  Eine  Bestimmung der  Weltrohölreserven  –  Eine das ETP-Modell anwendende Exergieanalyse lautet die deutsche Übersetzung des Titels einer bemerkenswerten und zugleich beunruhigenden Studie  der Hill’s Group , einer Vereinigung von beratenden Ingenieuren und professionellen  Projektmanagern, deren Vorgehensweise und Ergebnis hier erläutert werden soll.

(stark überarbeitet am 17.10.2016)

Zunächst zur Vorgeschichte, wie ich auf die Studie aufmerksam wurde und was ich dazu sonst noch im Internet gefunden habe:

Ich hatte mir neulich  den Kunstlercast  281 angehört, in dem James H. Kunstler ein Interview mit Steve St. Angelo  geführt hat.  Steve St. Angelo  ist der Betreiber von  SRSroccoREPORT. Google findet ihn auch als Autor von Artikeln der deutschsprachigen Internetseite www.goldseiten.de.

Dieser Steve St. Angelo erwähnte im Gespräch mit James H. Kunstler, dass er kürzlich auf einen Artikel von Louis Arnoux aufmerksam geworden sei, der sich auf eine “absolut felsensoldide”   Studie einer Gruppe beziehe, die sich The Hill’s Group nenne und aus Ingenieuren und professionellen Projektmanagern bestehe. Diese Gruppe habe eine thermodynamische Analyse des Ölmarktes durchgeführt und sei dabei zu dem erstaunlichen Ergebnis gekommen, dass der Ölmarkt in nur 10 Jahren, nämlich um 2026, zusammenbrechen würde.

Zunächst habe ich mir dann aber den dreiteiligen Artikel von Louis Arnoux durchgelesen, der im Sommer 2016 erschienen ist. Hier zwei Links zu diesem Artikel:

cassandralegacy.blogspot.de/2016/07/some-reflections-on-twilight-of-oil-age.html

www.resilience.org/stories/2016-08-02/some-reflections-on-the-twilight-of-the-oil-age-part-1

Auf Goldseiten.de wurde von dem oben erwähnten Steve St. Angelo am 9.8.2016 der Artikel  Der bevorstehende Einbruch der Silberproduktion & ein rasanter Wertanstieg  veröffentlicht, in dem er auf den Artikel von Louis Arnoux und die Studie der Hill’s Group sowie deren Auswirkung auf seine Sichtweise auf die Zukunft Silbermarktes hinweist.

Auf der Suche nach deutschen Seiten, die  etwas zur Studie der Hill’s Group geschrieben haben, fand ich dann auch

Ich nehme an, dass es sich bei beiden deutschen Zusammenfassungen um den selben Autor  handelt und dass die erste, auf www.peak-oil.com erschienene deutschsprachige Zusammenfassung   eine Art semiinterner Vorläufer und Versuchsballon war. Das wäre verständlich, denn die Studie der Hill’s Group hat es wirklich in sich.  Die Autoren dieser Studie waren sich wegen der Ungeheuerlichkeit der Ergebnisse ihrer Berechnungen und Ergebnisse selber unsicher. Sie hätten die Studie zunächst  verschiedenen renommierten, unabhängigen Fachleuten zur Kommentierung und Kritik vorgelegt und als von da keine Gegenargumente kamen hätten sie sie noch ca. 2 Jahre  (von 2013 bis 2015) mit der Veröffentlichung gewartet.

Jedenfalls habe ich mir die komplette,  insgesamt 65  Seiten umfassende  Studie, die ich von hier an HillsStudie nenne,  gekauft und inzwischen insgesamt knapp 2 mal gelesen, obwohl ich mir das eigentlich zeitlich gar nicht leisten konnte/sollte.  Ich finde die Studie wirklich spannend und die Lektüre lesenswert.

Das für mich  zunächst interessanteste   Ergebniss der HillsStudie ist, dass der theoretisch niedrigste EROEI (Energy Return on Energy Invested = Erntefaktor bzw. der Verhältnis von investierter zu geernteter Energie) für Erdöl eben NICHT bei 1 liegt, wie ich das bisher angenommen hatte, sondern bei 6,89 . Tatsächlich würden  Erdölfelder in der Praxis  in der Regel dann aufgegeben, wenn der Wassergehalt so  groß geworden sei, dass  der Erntefaktor  nur noch  knapp  über 7 betrage. Der Hintergrund für dieses Phänomen ist, dass es sich bei der  dem Bohrloch entströmenden Energie um  mit mehr oder weniger viel Wasser versetztes Erdöl   handelt. Es handelt sich hier um chemische Energie.  Für das Finden, Erschließen und Betreiben einer Ölquelle benötigt man aber letztlich vor allem auch mechanische Energie. Selbst wenn aus dem Bohrloch erstklassiger, reiner Diesel statt ein schmutziges Wasser-Öl-Gemisch käme, würde bei dessen Umsetzung in mechanische Energie 60 % und mehr verloren gehen.

Die Fördermenge und auch der Energieinhalt des Erdöls, die  in die Statistiken eingehen,  werden an der Stelle gemessen, wo das Erdöl die Ölquelle verlässt.  An dieser Stelle ist das Öl mit Wasser und anderen Verunreinigungen verschmutzt. Laut HillsStudie wird eine Ölquelle bei einem Wasser/Öl-Verhältnis von 40:1 aufgegeben.  Das heißt, aus einem sich erschöpfenden Ölfeld wird zum Schluss eher kein Öl mehr gefördert, sondern nur noch mit Öl verschmutztes Wasser. Es muss zunächst Energie aufgewendet werden, um das Öl zu reinigen und das Wasser zu entfernen. Das Gemisch, das man dann hat, ist eine sehr vielfältige Mischung aus Kohlenwasserstoffen und noch lange kein brauchbarer Kraftstoff.  Um z.B. Diesel,  Schweröl und Schmierstoffe für die Maschinen zu erhalten, muss das Erdöl transportiert und dann weiter in Raffinerien aufbereitet werden. Das kostet alles Energie. Und oft kostet  es Energie in Form von mechanischer Arbeit.

Wenn man mit Diesel oder anderen Kraftstoffen einen Verbrennungsmotor oder mit Kerosin eine Turbine betreiben will, um mechanische Energie zu erzeugen, entstehen erhebliche Energieverluste.   Für Beispiele siehe die Tabelle in de.wikipedia.org/wiki/Wirkungsgrad. Ein Wirkungsgrad von 30 % bedeutet, dass 7 von 10 Teilen der Maschine zugeführten Energie nutzlos an die Umwelt abgeben werden und dass nur 3 von  10 Teilen  der im Treibstoff vorhandenen Energie  zur Verrichtung von mechanischer Arbeit verwendet werden können.  Der hohe Wirkungsgrad von Elektromotoren sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass dazu Leitungsverluste, Energieaufwand für das Verlegen der Leitung kommen und das die Erzeugung von Strom in der Regel mechanische Energie erfordert.  Dazu kommt, dass der Wirkungsgrad einer Anlage das Produkt der Einzelwirkungsgrade ist.  Das  bedeutet, dass alle Wirkungsgrade aller Prozesse   von der Aufbereitung des aus dem Bohrloch strömenden Wasser-Öl-Gemisches über die Raffinerie bis zurück zum Arbeiten der Bohreinrichtung und der Pumpen am Brunnen den Gesamtwirkungsgrad verschlechtern.

Um aus diesem schmutzigen Wasser-Öl-Gemisch, das aus dem Bohrloch kommt Mineralölsprodukte zu fabrizieren, die  für die Ölförderung oder für die Kunden außerhalb der Mineralölindustrie brauchbar sind, ist jedenfalls ein sehr erheblicher Energieaufwand nötig.

Andere wichtige Ergebnisse der HillsStudie

  • Im Durchschnitt wird die Förderung von Erdöl, vom ersten Fass an bis heute, energieaufwendiger.  Dieser Trend  setzt sich  weiter fort. Hierzu siehe auch das in meinem Artikel Dem Energiedilemma auf den Grund gegangen vorgestellte Buch von Tainter und Patzek.
  • Seit 2012 wird für die Förderung im Durchschnitt die Hälfte der im Öl enthaltenen Energie für die Aufrechterhaltung der Ölförderung selbst verwendet.  Wie im oben erwähnten Interview von James H. Kunstler und Steve St. Angelo zum Ausdruck kommt, war die in den Medien in den letzten Jahren so gefeierte Schieferöl- und Fracking-Party in den USA ein Verlustgeschäft und  es  ist dort  wegen der schnell nachlassenden Förderkapazität  auch in Zukunft nicht mit Gewinnen zu rechnen. D.h.,  wenn man Geld als Maß für Energie betrachtet, dann verbrauchen  diese  durch Fracking genutzten Ölfelder insgesamt schon jetzt mehr Energie als durch die Förderung dort insgesamt geerntet werden kann (siehe auch meinen  Artikel  Energie und Geld).
  • Ab 2030, oder vielleicht auch schon ab ca. 2026,  wird die Förderung von Erdöl im Durchschnitt soviel Energieaufwand erfordern, wie in dem geförderten Öl enthalten  ist. Das heißt, im Durchschnitt aller Ölfelder wird sich die Ölföderung nicht mehr rentieren, wenn und soweit das Ziel der Förderung die Gewinnung von Energie ist. Die Hälfte aller Ölfelder würde dann mehr Energie für die Förderung benötigen als sie liefern kann. Ölförderung kann selbstverständlich trotzdem erfolgen und sie kann auch durchaus sinnvoll sein, weil man anderweitig, z.B. aus Erdgas oder Kohle Energie gewinnen kann, mit der zumindest ein Teil des Energiebedarfs zur Ölförderung gedeckt werden kann. Öl fördern wird man dann aber vernünftigerweise nur noch soweit  man Öl für spezielle Zwecke, etwas als Treibstoff für das Militär, für die Chemische Industrie  und für das Transportwesens benötigt.  Interessant wird dann das Thema Landwirtschaft.  Die Landwirtschaft und damit die Nahrungsmittelproduktion und Versorgung ist heute extrem abhängig von fossilen Energieträgern und da ganz besonders auch von Mineralölprodukten . Man sagt, dass die Landwirtschaft,  die früher pro investierte Kalorie einige Kalorien geliefert hat, heute eine Energiesenke ist, die für jede produzierte Kalorie sage und schreibe 10 Kalorien benötigt.
  • Weil der keine Energie produzierende Teil der Wirtschaft, wegen des steigenden Energiebedarfs und des sinkenden Wirkungsgrades der Ölindustrie, relativ immer weniger Energie bekommt und weil Energie die Grundlage jedes Wirtschaftswachstums ist,  können sich die Verbraucher immer weniger leisten.  Die Ölpreise werden  damit  voraussichtlich (nur zunächst?) niedrig bleiben. Weil die niedrigen Ölpreise aber nicht kostendeckend sind, wird die Industrie bei der Erkundung und Erschließung von Ölfeldern sparen.  Gerade die von dem Medien in den letzten Jahren so gepriesenen unkonventionellen Ölvorkommen werden eher nicht mehr ausgebeutet werden, weil dazu die Energie fehlen wird.  Was die Vorhersage dauerhaft sinkender  Ölpreise angeht, ist die HillsStudie für mich derzeit nicht ganz überzeugend, weil sie auch zeigt, dass in der Vergangenheit zeitweise zu niedrige Ölpreise durch dann wieder  überschießende Ölpreise kompensiert wurden. Allerdings war das in einer Zeit, als die Ölförderung pro Fass noch einen hohen Nettoenergieüberschuss und damit auch die Fähigkeit zur entsprechenden, echtes Wirtschaftswachstum   bewirkenden Aktivitäten lieferte.  Der “Reichtum” Deutschlands, der z.B. die deutsche Bundeskanzlerin und einen Großteil der  Bevölkerung in der Flüchtlingsfrage so übermütig und vermeintlich großherzig werden ließ, war das Resultat davon, dass Deutschland diese Energieüberschüsse besonders gut zu nutzen verstand.  Wenn diese Überschüsse  verschwinden und  die  Ölförderung zu einer kostspieligen Energie- und Geldsenke  wird,  dürfte sich auch der   “Reichtum ” der  Deutschen und ihres Sozialstaates verflüchtigen.  Voraussichtlich gehen dann aber auch die Grundlagen der Gesellschaft schlechthin verloren. Siehe meine Artikel Die Gundlagen der westlichen Werte und Unsichtbare Nutzflächen.

Die Methode der HillsStudie

Die bisherigen Versuche, die Ölvorkommen und deren Nutzbarkeit zu bestimmen bestanden darin, bekannte Vorkommen und deren geschätzte Kapazität zu addieren und dem erwarteten Verbrauch gegenüberzustellen. Dazu kam bzw. kommt dann noch der übliche Fortschrittsglaube, dass “die” schon Wege finden, diese Vorkommen zu nutzen, und dass “selbstverständlich” weitere große Vorkommen gefunden werden.

Die Herangehensweise und Methodik der HillsStudie ist anders. Ich versuche hier sie kurz zu beschreiben:

  1. Man unterstellt, dass Erdöl in der Regel gefördert wird, weil es als Energiequelle interessant ist.  Man bedenke, ca. 1/3 des deutschen Primärenergiebedarfs und fast das gesamte Transportwesen werden heute mit Mineralölprodukten betrieben .
  2. Man weiß, dass die Förderung und die Verarbeitung von Erdöl, sowie der Transport der Mineralölprodukte zu den den Kunden  Energie kostet und dass dieser  Energieaufwand weiter steigt. Wenn die Förderung, die Aufbereitung und der Transport der Mineralölprodukte zu den Kunden insgesamt soviel Energie kosten, wie in dem geförderten Öl enthalten ist, macht die Ölförderung energetisch gesehen keinen Sinn mehr (was nicht heißt, dass es dann keine Ölförderung mehr geben wird).
  3. Man weiß, dass eine bestimmte Ölmenge einer bestimmten Ölqualität einen immer gleichen Brennwert hat.
  4. Es gibt einen Zusammenhang zwischen Geld, Wirtschaftsleistung  und Energie.   Der Energieinhalt von einem Fass Öl einer üblichen, hochwertigen Sorte kann dabei ähnlich wie ein Goldstandard als Vergleichswert genutzt werden. Die Ölpreise schwanken zwar,  aber in der Regel  haben sich  die Marktschwankungen in der Vergangenheit über  längere Zeiträume  ausgeglichen. Eine Ausnahme war  eine politisch bedingte Hochpreisphase in der Zeit von 1980 bis 1985, als Saudi Arabien  seine  Förderung gedrosselt hat, um die Preise künstlich zu steigern.  Diese Phase  lässt man weg.
  5. Man hat durch die Daten der Weltbank eine Tabelle der jährlichen Bruttoszialprodukte und man hat durch die Daten der EIA (Energy Information Agency = amerikanische Behörde für Energieinformationen)  die Ölpreise in US-$ für die verschiedenen Jahre. Mit diesen Daten kann man ausrechnen, was eine bestimmte Anzahl Energieeinheiten  in jedem Jahr gekostet hat.
  6. Man hat auch Daten über übliche Wasseranteile bei der Förderung, über die üblichen Tiefen der Bohrlöcher und deren Entwicklung, sowie über die Bodentemperaturen in den verschiedenen Tiefen. Damit kann man bei bekannter Fördermenge ausrechnen, wie viel Erdwärme zusätzlich zur im Öl enthaltenen Energie aus der Ölquelle kommt.
  7. Man unterstellt, dass die Ölindustrie in der Regel sehr effizient arbeitet und dass die Konkurrenz groß ist, so dass die Margen sich in Grenzen halten.
  8. Wenn man nun weiß, wie viel Öl gefördert wird UND  wie viel Energie in der aus den Ölquellen kommenden Wasser-Öl-Mengen im Mittel enthalten ist UND was ein Fass Öl gekostet hat  UND man weiß, was eine Energieeinheit gekostet hat, DANN kann man ausrechnen, wie viel Energie die Ölindustrie insgesamt für die Förderung aufwenden musste. Die Ergebnisse solcher  Berechnungen kann man  in Tabellen und Grafiken eintragen, auswerten und extrapolieren. Das Ergebnis kann man mit Erfahrungswerten auf Plausibilität prüfen.

Die HillsStudie betrachtet jedenfalls eine einzelne Mengeneinheit Rohöl und  berechnet dazu unter anderem mit den Daten der Weltbank und der EIA verschiedene Tendenzen und Entwicklungen.

Das  Bestechende an dieser Methode ist, dass man  damit nicht mehr wissen muss, was wirklich wo  in der Erde liegt  und vielleicht,  oder auch nicht, noch entdeckt und erschlossen wird.

Man betrachtet einfach, wie sich über die Jahrzehnte der Energieaufwand für die Förderung pro Mengeneinheit verändert hat, sieht sich an, wie viel Energie mit jeder Mengeneinheit verbunden ist und analysiert  die damit erstellbaren Grafiken.

Das Ganze wird gut mit Mathematik verpackt und mit Formeln beschrieben  und ist in Wirklichkeit schon etwas kompliziert, aber am Ende steht die Einsicht, dass die Förderung von Erdöl ziemlich sicher irgendwann zwischen 2025 und 2030 im Durchschnitt  keine Energie  mehr liefert – womit dann die für die Industriestaaten lange Zeit wichtigste und bei weitem wertvollste Energiequelle zu einer Energiesenke wird.  Es gibt dann sicher noch Kohle und  Gas  und  es werden dann ganz sicher insgesamt noch extrem große Mengen Erdöl, Schieferöl, Teersande usw. in der Erde lagern.   Das Problem ist nur, dass  deren Förderung oder Abbau dann  mehr  Energie kostet als  gewonnen wird,  so dass ein Abbau bzw. eine Förderung  wenn überhaupt, dann nur noch  für  spezielle  Zwecke  Sinn macht.

 Zitate aus dem Fazit der Studie:

Nur ein Teil der in der Erde lagernden Ölreserven besitzen die Kapazität, eine vorteilhafte Komponente zu liefern.

….

Der 2012 erreichte Energie-Halbwegpunkt hat eine wichtige Veränderung in der Rohölproduktion eingeleitet. Es begann ein Prozess, in dem der Endverbraucher nicht länger in der Lage war, alles Erdöl zu erwerben, das die Ölindustrie produzierte. Von der mit der Ölförderung produzierten Ölmenge wurde mehr für die Produktion von Öl abgezweigt als an die Verbraucher geliefert wurde. Dies schlug sich in dem Preisverfall von 2014 nieder, bei dem die Preise um 50 % fielen. Die Energiemenge, die an die Verbraucher geliefert wird, wird weiter fallen und das, was die Verbraucher sich maximal leisten können, wird damit weiter fallen. Es wird für die Industrie notwendig werden, die Produktion zu senken. Die am meisten kostenden Felder werden kontinuierlich geschlossen werden, während die Preise und ihr Betriebsminimum fallen.

So ganz verstanden habe ich das mit der Wende von 2012 noch nicht. Auf der Webseite der HillsGroup finden sich   The Energy Factor, Part IV, The Price of Oil  die betreffenden Grafiken und einige Erklärungen. Das heißt, ich verstehe das und verstehe es dann doch nicht, weil es nicht zu der von mir erlebten Realität passt. Man muss allerdings bedenken, dass die HillsStudie Durchschnittswerte betrachtet und berechnet.

Nate Hagens Vortrag und die Sache mit den Melkmaschinen

An dieser Stelle sollte ich  vielleicht auf   Nate Hagens neuen Vortrag, vom Frühjahr  2016,   hinweisen. Hagens erklärt dort sehr gut, das und warum Energie und Geld zusammenhängen. Nach Hagens enthält z.B. ein Barrel Öl (159 Liter) soviel Energie wie ein  Mensch in 10 Jahren   Arbeit erbringen kann. Erst die billige fossile Energie, die weltweit 90 % aller Arbeit erledigt, mache hohe Löhne und die hohe Produktivität und den Lebensstandart in den Industrieländern möglich.  Hagens bringt auch ein Beispiel aus Wisconsin, bei dem man drei Methoden zum Melken von Kühen energetisch und wirtschaftliche verglichen hat:

  1. Melken von Hand. Stundenlohn 5 Dollar.
  2. Melken mit einem normalen Melkmaschinenstand.  180 x mehr Energieaufwand als beim Melken von Hand.  Dafür aber auch eine höhere Poduktivität des Melkers, der nun 20 Dollar pro Stunde verdienen kann.
  3. Vollautomatischer Melkstand. Gegenüber dem Melken von Hand ein 400 x höherer Energieaufwand. Aber dafür 25 Dollar Stundenlohn für den Melker

Man hat man diese drei Fälle mit verschiedenen Strompreisen betrachtet. Dabei zeigt sich, dass  sich Strompreissteigerungen beim Melken von Hand nicht auswirken. Der Vollautomat wird aber, wenn der Strompreis steigt ,  ziemlich bald unrentabel und es kommt dann zu  Betriebsverlusten. Der normale Melkstand wird von Strompreissteigerungen auch  betroffen, aber weniger stark. Wenn der Energiepreis in diesem Szenario steigt kommt also für den bisher am besten verdienenden Melker, der den Vollautomaten bedient, der Punkt wo er überhaupt nichts mehr verdient oder sich einen schlechter bezahlten Job suchen muss. Wenn immer mehr Energie für die Energiegewinnung selbst erforderlich ist und weniger z.B. für den Bau und Betrieb von Vollautomatischen Melkmaschinen vorhanden ist, dann verdienen Melker weniger und sie können auch ihr Auto nicht mehr so mal eben voll tanken und den Tank aus Spaß am Fahren leer fahren. Auch ist es so, dass wenn der vollautomatische Melkstand erst einmal stillgelegt ist oder wenn neue Systeme dieser Art wegen befürchteter Energiepreissteigerungen nicht installiert werden, die Energienachfrage sinkt.  Bei bei Investitionsentscheidungen für Kraftwerke könnte außerdem vermutet worden sein, dass der Energieverbrauch durch zusätzliche Umstellungen auf automatische Melkmaschinen steigt, während das nun doch nicht der Fall ist. So in etwa kann man sich  die Folge einer Energieverknappung vielleicht wohl vorstellen.

Hier die letzten beiden Absätze der HillsStudie:

Die nachlassende Verfügbarkeit von Mineralölprodukten, die ihre Ursache darin hat, dass der Wert pro Einheit  reduziert wird und das die Energielieferfähigkeit pro Einheit sinkt, wird eine allumfassende Auswirkung auf alle Aspekte der gegenwärtigen Gesellschaft haben. Sie wird jeden umfassen, vom Mann auf der Straße bis zu den größten Organisationen. Die Vereinigten Staaten – deren Bundesregierung, deren Regierung von Bundesstaaten und lokale Verwaltungen,  zusammen mit einigen privaten Organisationen, geben jährlich 2,1 Billionen Dollar aus um das Fließen des Erdöls und der Mineralölprodukte zu schützen, zu managen und zu regulieren.   ………

(Dazu gehören Militär, Straßenverwaltung und vieles mehr, was hier aufgezählt wird)

……..

Wenn das Erdöl seine  Relevanz  verliert, wird   die geordnete, nicht  chaotische  Auflösung dieses kolossalen Labyrinths  von Unternehmen eine der  Hauptaufgaben der nächsten 20 Jahre werden.

Die Erschöpfung der nutzbaren Erdölvorräte ist weiter fortgeschritten als allgemein angenommen wird und die Förderung wird schneller abnehmen als allgemein angenommen wird.

Konventionelle Methoden der Schätzungen von Lagerstätten sind auf dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik aufgebaut, vernachlässigen aber die Effekte des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik. Obwohl sie für die Analyse individueller Ölfelder extrem passend sind, liefern sie inkonsistente, fehlerhafte Werte, wenn sie auf den Status der globalen Ölreserven angewendet werden.  Die Konsequenz  ist,  dass die Erschließung und Nutzung der letzten 25 % der globalen Energiereserven um Größenordnungen teurer und aufwendiger sein wird als die der ersten 25 %.

Die fortschreitende Erschöpfung der Welt-Ölreserven kann Veränderungen in einer Größenordnung mit sich bringen, die man in 1000 Jahren nicht erlebt hat! Um durch diese strittige und schwierige Gebiet zu   steuern ist es essentiell die Vorgänge die stattfinden zu verstehen. Es ist unsere Hoffnung zu diesem Unternehmen beigetragen zu haben.

Soweit die Schlussbemerkungen der HillsStudie.

Englischsprachiges Diskussionsforum zur Studie der Hills-Group

Im Forum der englischsprachigen Internetseite peakoil.com gibt es im Bereich   Peak oil-studies, reports & models unter dem Titel The Etp Model, Q & A seit 16. November 2014 eine lebhafte Diskussion, an der unter dem Pseudonym ‘shortonoil’ auch BW Hill, der Namensgeber und Hauptautor der Hills-Studie mitdiskutiert und Fragen beantwortet. Aus organisatorischen oder programmtechnischen Gründen wird dabei alle 499 Kommentare ein neuer Thread eröffnet. Am 16. Oktober waren gab es die  folgenden  Threads,  beginnend mit dem  Ältesten:

  1. The Etp Model, Q & A Pt. 1
  2. The Etp Model, Q & A Pt. 2
  3. The Etp Model, Q & A Pt. 3
  4. The Etp Model, Q & A

Es waren am 16. Oktober 2016 insgesamt schon über 1560 Kommentare.  Der Kommentarzähler für ‘shortonoil’, für alle Threads im Forum von www.peakoil.com  zeigte 3607 Kommentare.

Etp steht steht für ‘Energy total production‘ und beschreibt die insgesamt für die Ölförderung erforderliche Energie. Das Etp-Modell ist das Modell der HillsStudie. Ein in der aktuellen Diskussion wesentlicher Aspekt der Studie ist, dass sie nach dem oben erwähnten Punkt im Jahre 2012, sinkende Ölpreise voraussagt, weil die Konsumenten sich höhere Preise nicht mehr leisten können. Man kann diese auch in der Grafik http://www.thehillsgroup.org/depletion2_022.htm sehen.

Studie der Hills-Group und die deutsche Energiewende

Das Prinzip des von der HillsGroup angewendeten Verfahrens könnte man meines  Erachtens auch auf die Energiewende und die “erneuerbaren Energiequellen” anwenden. Ich bin ziemlich sicher, dass dabei dabei herauskommen würde, dass die deutsche “Energiewende”  eine gigantische Geld- und Zeitverschwendung ist, die die Zukunftsaussichten  verschlechtert.  Alleine schon die Höhe der Subventionen zeigt, dass die Hoffnung auf die Energiewende ein Mega-Flopp ist und dass deren tatsächlicher Energieerntefaktor völlig mangelhaft ist. Die “erneuerbaren” Energieträger sind außerdem auf fossile Brennstoffe   und da ganz besonders auch auf Erdöl angewiesen. Ein interessantes Buch dazu ist When Trucks Stop Running: Energy and the Future of Transportation  von Alice Friedemann.

In dem Eingangs erwähnten Interview von James H. Kunstler mit Steve St. Angelo, dem Kunstlercast  281,  wird erwähnt, dass eine komplexe Gesellschaft wie die unsere, Energiequellen mit einem Energieerntefaktor von mindestens 20 benötigt. Alle “erneuerbaren” Energien können dass nicht annähernd liefern.  Wenn sie es könnten, bräuchten sie keine Subventionen um gegen die heute schon erheblich erschöpften fossilen Energieträger mit ihren stark gestiegenen Produktionskosten bestehen zu können.

Meine Prognose bis 2030

Es wird voraussichtlich noch vor 2026 heftige Kriege geben, die insbesondere auch in Deutschland und Europa   Hungersnöte auslösen werden.

Nach 2030 wird die Komplexität der Gesellschaft – und damit auch deren Energieverbrauch – gegenüber heute drastisch geringer sein.  Die Bevölkerung wird , durch Hungersnöte und Krieg  viel kleiner  sein als heute  und das Leben wird einfacher und lokaler organisiert sein.   Es wäre am Besten,   das als unvermeidlich zu akzeptieren  und zu versuchen das Schlimmste zu verhindern.    Nichts kann heute voraussichtlich mehr Verbrechen, Tod und Elend verhindern als das. Die wirksamsten Maßnahmen und Vorbereitungen wären dabei jene, die Menschen auf der Ebene von Dörfern, Straßenzügen  und Nachbarschaften treffen.

Siehe auch den Film die dazu geführten Interviews, die ich in dem  Artikel  Der Film What a Way To Go verlinkt habe.

Kelberg, den 14. bis 17. Oktober 2016

Christoph Becker

 




Das Ende der Globalisierung

Im September 2005 erschien das Buch The Collapse of Globalism: And the Rebirth of Nationalism     (dt. Der Kollaps der Globalisierung: Und die Wiedergeburt des Nationalismus) von John Ralston Saul. Am 5. Oktober 2016, also satte 11 Jahre später, demonstriert der FOCUS, stellvertretend für die deutschen und der internationalen westlichen “Eliten” und die inzwischen auch “Lügenpresse” genannten deutschen “Qualitätsmedien”, deren “Qualität” und Realitätsverlust mit dem Artikel Rechtspopulisten weltweit auf dem Vormarsch Ende der Globalisierung? IWF warnt vor „zerstörerischen“ Handelskriegen.

Ich möchte hier zunächst den Focus zitieren:

Starke Kräfte tendieren dazu, die Globalisierung zurückzudrehen, in den westlichen Industrieländern droht ein neuer Wirtschaftsnationalismus. Der Internationale Währungsfonds warnt vor einem Irrweg: Der Protektionismus hätte verheerende Wirkung – vor allem für die Ärmsten.

Es ist der Alptraum der internationalen Wirtschaftswelt: In den großen Industrieländern des Westens macht sich eine Tendenz breit, die genau entgegen bisheriger Leitlinien der Globalisierung verläuft.

In der Jungenfreiheit vom 5.10.2016 lese ich nun in dem Kommentar von Michael Paulwitz, unter dem Titel Olle Kamellen aus der grünlinken Mottenkiste dass Daniel Cohn-Bendit beim „Festakt zur Deutschen Einheit“ in der Frankfurter Paulskirche  am 3. Oktober 2016 eine Rede gehalten habe, zu der Herr Paulwitz u.a. schreibt

Über Deutschland spricht Cohn-Bendit, Tag der Deutschen Einheit hin oder her, dafür um so weniger. „Europa“, oder vielmehr: EU heißt sein Himmelreich auf Erden, das er sich als noch monströseren Umverteilungs- und Ökodiktatur-Moloch erträumt.

Dafür greift der wohlversorgte Grünen-Veteran ganz nach hinten in die grünlinke Mottenkiste: „Die Überwindung der Nationalstaaten ist die Voraussetzung für unsere Zivilisation“, lautet seine Zentralbotschaft.

Vor diesem Hintergrund habe ich mir noch einmal mein Exemplar von John Ralston Sauls Buch The Collapse of Globalism, von dem ich die Ausgabe von 2008 habe, aus dem Regal genommen, bei der es sich um die neuere, 2009, also nach der Krise von 2008, erschienen Ausgabe handelt.  Außerdem habe ich mir noch einmal das im folgende eingebundene, im August 2012 auf Youtube veröffentlichte Interview mit J.R. Saul angehört:

Mir fehlt derzeit die Zeit für die Erstellung eines deutsche Transkripts, aber es sollte genug Deutsche geben, deren Englisch ausreicht, um dem Interview folgen zu können. Auf Youtube finden zudem noch einige sehr interessante Vorträge von John Ralston Saul, die eine Auswahl schwer machen.

Ich übersetze hier aber die Kurzbeschreibung von Sauls Buch über den Kollaps der Globalisierung, die auf der hinteren Umschlagseite des Buches steht:

Die Globalisierung ist, wie viele große Ideologien vor ihr, ist tot. Trotz der nahezu religiösen Gewissheit mit der es begriffen wurde, sind die Nationalstaaten nicht ausgestorben, hat der internationale Handel keinen realen Wohlstand erzeugt, der sich über die Gesellschaft verteilt hat und viele Diktaturen wurden nicht in Demokratien verwandelt.

In diesem grundlegenden Buch, überprüft der hervorragende Philosoph John Ralston Saul wohin wir von hieraus gehen. Während die Hoffnung auf globalen Wohlstand dahinschwindet und die Probleme der Einwanderung, des Terrorismus und der Zusammenbrechende Wirtschaften die Nationen der Welt dazu bringen ihre Beziehungen zu überdenken, ist Saul’s erheiternde Untersuchung des Zusammenbruchs der Ideologie der Globalisierung  essentiell – und zeitgerecht.

 

In dem Buch erklärt Saul, gut verständlich und auch mit historischen Beispielen, dass Freihandel nur unter bestimmten Bedingungen und dann auch nur für bestimmte Handelspartner vorteilhaft war und ist. Protektionismus, Zölle und Handelshemnisse waren und sind für schwache und/oder im Aufbau befindliche Wirtschaftszweige und Industrien vorteilhaft und sinnvoll. Sowohl die USA, als auch Großbritannien, Frankreich und Deutschland haben in der Vergangenheit davon von mehr oder weniger protektionistischen Praktiken profitiert. Saul führt dazu verschiedene historische Beispiele an.

Irgendwo, mir fällt die Quelle gerade nicht ein, hat auch jemand erläutert, dass die Stärke der deutschen Wirtschaft der Mittelstand und die kleineren Unternehmen sind, für deren Entstehung  vielleicht gerade auch die bis zur Reichsgründung 1871 herrschende Zersplitterung Deutschlands in kleine Königreiche und Fürstentümer ursächlich sei. Dadurch hätten nämlich die lokalen Fürsten ihren lokalen Unternehmen Vorteile und Entwicklungsmöglichkeiten und Schutz vor Konkurrenz in der Aufbauphase verschafft, die diese in großen, zentralistischen Staaten und Märkten, wie Frankreich nicht hatten.

Wie ich in meinen Artikel meinen Artikel Wie Deutschland doch noch den Krieg gewann  geschrieben habe, erklärt John Michael Greer in seinem Buch  Decline and Fall: The End of Empire and the Future of Democracy in 21st Century America (dt. Niedergang und Fall: Das Ende des Reiches und die Zukunft der Demokratie im Amerika des 21. Jahrhunderts) erklärt es ähnlich.

Vor diesem Hintergrund kann man davon ausgehen, dass der Brexit der teilweise schwachen britischen Wirtschaft sehr helfen wird und das ein Euro- und EU-Austritt auch für Frankreich, Italien, Spanien und Griechenland unbedingt vernünftig und rational wäre, wenn diese Länder ihrer lokalen Wirtschaft eine Chance geben und ihre Situation verbessern wollen.

Ebenso ist vor diesem Hintergrund und angesichts der Schwäche vieler Bereiche der US-amerikanischen Industrie, die von Donald Trump vertretene wirtschaftspolitische Linie des “America first” vernünftig.

Die Ideologie der Globalisierung  und des Freihandels und an das Ende der Nationalstaaten, an die/das in Deutschland offenbar noch immer viele inbrünstig glauben, ist nicht nur nach Sauls Darstellung ausgesprochen verrückt.

An dieser Stellte möchte ich auf das Essay Witchcraft des ersten amerikanischen Soziologieprofessors, William Graham Sumner aufmerksam machen, zu dem man auf meiner Webseite unter Sumner – War and Other Essays Downloadmöglichkeiten findet. Der von meiner Webseite mögliche, sehr kompakte Download als pdf-Datei reicht dabei zum Lesen auf einem Smartphone gut aus.

Sumner hatte das Phänomen der Hexenverfolgung analysiert und war zu dem Schluss gekommen, dass das Phänomen der Hexenverfolgung keinesfalls tot und für immer überwunden ist.  Überbevölkerung und ungünstige Wirtschaftliche Verhältnisse könnten dazu führen können, dass der Dämon der Hexenverfolgung sich wiederholt. Er schrieb das 1909, und meinte damals auch, dass das Phänomen der Hexenverfolgung (als soziologisches Prinziep) im 20. Jahrhundert insbesondere in der Politik  wieder erwartet werden könne. Insbesondere der Sozialismus sei mit seinem Geist und seinem Programm prädestiniert neue Formen der Hexenverfolgung hervorzubringen. Der auf Telepolis zu findende Artikel Grünes Bombergate  vom 03.10.2016 bestätigt das im Grunde.

Indien und China und die Globalisierung

 

Der wirtschaftliche Aufschwung in Indien und China wirden oft als Beispiel für das Gelingen und die Vorteile der Globalisierung angesehen. John Ralston Saul zeigt, dass Indien und China letztlich deshalb erfolgreich waren, weil sie, soweit sie erfolgreich waren,  sich nicht an die Regeln der Globalisierungspriester gehalten sondern konsequent nationalistische Interessenpolitik betrieben haben.

Eine konsequent nationalistische Interessenpolitik und Missachtung der Regeln der reinen Lehre der Ideologie der Globalisierung war und ist typisch für Länder die in der Zeit der Globalisierung wirtschaftlich wirklich erfolgreich waren, bzw. die sich von den negativen Folgen der Globalisierung erholt haben, wenn sie anfangs deren Regeln eingehalten haben.

Saul weist übrigens vielfach auf die den Globalisierungsjüngern offenbar unbekannte Selbstverständlichkeit hin, es auch vor der Globalisierung,  internationale Beziehungen, Welthandel usw. gegeben hat. Internationale Beziehungen, Verträge und Welthandel gibt es seit Jahrtausenden. Die Globalisierung eher für ziemlich irre Fehlleistungen und völlig einseitige Sichtweisen gesorgt.

Ein ganz entscheidender Kritikpunkt an der Globalisierung ist, dass sie das öffentliche Gut und Interesse, sowie die Individuen als Bürger und Mitglieder einer lokalen Gesellschaft  vernachlässigt und alles einer ziemlich irren, einseitigen wirtschaftlichen Sichtweise unterordnet.

Für diejenigen die bei dem Begriff Nationalismus gleich an die Decke gehen, möchte ich darauf hinweisen, dass John Ralston Saul zwischen positivem und negativem Nationalismus unterscheidet. Wenn man die durch die Ideologie des Gloablismus verursachten Problem zu lange ignoriert und zu lange jede Form von Nationalismus bekämpft läuft, dann man Gefahr, dass sich am Ende ein radiakaler, negativer Nationalismus durchsetzt.

Letzten Endes kommte es wohl darauf an, das richtige Maß zu finden, Extreme zu vermeiden und von Fall zu Fall abzuwägen, nichts zu verteufeln und eine intelligente, sich ständig neu an die Realität anpassende Mischung aus Protektionismus, Freihandel, Nationalism und Internationalismus zu nutzen.

Kelberg, den 6. Oktober 2016

Christoph Becker

 




Ausserhalb des Spiegelsaals

Der amerikanische Blogger und Autor John Michael Greer hat einen Beitrag  zum Brexit-Referendum und zur amerikanischen Präsidentenwahl 2016 veröffentlicht, der  auch für das Verständnis der bisherigen und der künftigen politischen Entwicklung in Deutschland, gerade auch mit Blick auf  die Verluste der SPD und die Erfolge der  AfD von erheblicher Bedeutung sein dürfte.Die Internetadresse des Originals lautet: http://thearchdruidreport.blogspot.com/2016/06/outside-hall-of-mirrors.html

Der Titel des Originals lautet Outside the Hall of Mirrors  und bezieht sich auf den Spiegelsaal im Schloss von Versailles, wie er im Text auch erklärt.

Ab hier die Übersetzung:

Mittwoch, der 29. Juni 2016

Außerhalb des Spiegelsaals

Das Ergebnis der Abstimmung in der letzten Woche bezüglich Großbritanniens Mitgliedschaft in der Europäischen Union, hat zu kummervolle Schreien und oberflächlichen oder unlogischen Aussagen im Internet und den Massenmedien geführt. Die unerwartete Niederlage des Pro-EU-Lagers hat jedoch wichtige Lehren zu bieten, um das nicht nur für diejenigen meiner Leser, die in Großbritannien leben. Die zentralen Probleme, die dem Brexit-Referendum zugrunde liegen, sind gerade auch jetzt in vielen anderen Ländern massive Realitäten und sie werden sehr wahrscheinlich eine sehr große, ziemlich wahrscheinlich sogar eine entscheidende, Rolle bei der dieses Jahr stattfindenden Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten spielen.

Natürlich muss ein Teil des Ergebnisses der wirklich sehr eindrucksvollen Unfähigkeit des Pro-Eu-Lagers zugeschrieben werden. Die erste Regel für politische Wahlkämpfe lautet, dass es, wenn etwas nicht funktioniert Zeit ist,  etwas anderes zu probieren. Aber anscheinend ist das niemandem auf der Pro-EU-Seite in den Sinn gekommen. Vom Anfang des Wahlkampfes bis zu seinem Ende, waren fast die einzigen kohärenten Argumente, die man von den  Verfechtern des  Verbleibs in der EU  zu hören bekam, Drohungen mit schrecklichen Dingen die passieren würden, wenn Großbritannien die EU verlassen würde. Ein Ergebnis davon war, dass Wochen vor der Wahl bereits unwirkliche Schlagzeilen wie “Experten warnen, der Brexit wird sie an Krebs erkranken lassen” und ähnliches zu einem verbreiteten Thema des Internethumors geworden waren.

Es war schlimm genug – wenn das Hauptthema deiner Kampagne eine Pointe wird, machst du etwas falsch – aber es gab einen anderen Punkt, den jeder im Pro-EU-Lager übersehen zu haben scheint. Der bald nur noch ehemalige Premierminister, David Cameron, widmete einen großen Teil des Wahlkampfes seiner Behauptung, dass, wenn Großbritannien die EU verlassen würde, es harte Budgetkürzungen im staatlichen Gesundheitsdienst NHS und in anderen für die gewöhnlichen Briten vorteilhaften Bereichen geben würde. Die Schwierigkeit bestand hier natürlich darin, dass die Regierung von Cameron bereits harte Budgetkürzungen im staatlichen Gesundheitsdienst und den anderen für die gewöhnlichen Briten vorteilhaften Programmen durchgeführt hatte, und dass alles dafür sprach, dass sie das noch mehr tun würde – und “Der Brexit wird das tun was wir so oder so machen” hatte nicht die durchschlagende Wirkung, die Cameron sich offensichtlich davon erwartet hatte.

Allgemeiner ausgedrückt, schafften es die Unterstützer nie positive Gründe für Großbritanniens EU-Mitgliedschaft anzubieten, die diejenigen überzeugen würden, die nicht bereits auf ihrer Seite waren. Stattdessen haben sie einfach nur darauf bestanden, dass “jede denkende Person” für den Verbleib in der EU stimmen würde, und jeder, der damit nicht einverstanden war, musste ein fremdenfeindlicher, nationalsozialistischer Idiot sein. Ihr Verhalten nach der Niederlage war im Großen und Ganzen dasselbe. Man wechselte zwischen wütenden Behauptungen, dass die 52 % der Briten, die dafür stimmten die EU zu verlassen, alle sabbernde, faschistische, engstirnige Fanatiker wären und dem klagenden Beharren, dass die Leute vielleicht gar nicht das wählen wollten, was sie gewählt haben, und können wir bitte die Abstimmung noch einmal wiederholen?

Im gesamten Repertoire der EU-Befürworter fehlte sowohl vor als auch nach der Abstimmung, jede Vorstellung davon, dass die Frage des Fortbestandes der EU-Mitgliedschaft Großbritanniens grundlegende Probleme beinhaltete, über die es vernünftig begründete Meinungsverschiedenheiten geben kann. Es sollte offensichtlich gewesen sein, dass es das Wahlverhalten der Leute nicht ändert, wenn man ihnen erzählt, dass ihre Bedenken und Sorgen keine Rolle spielen und wenn man sie mit Schulhofbeleidigungen beschimpft, wenn sie Einwände äußern. Dass dies für das Pro-EU-Lager nicht offensichtlich war, und das es wenige Hinweise dafür gibt, dass es selbst im Gefolge der Wahlniederlage offensichtlicher wird, deutet darauf hin, dass die fraglichen Probleme Dinge sind, die zu diskutieren das Pro-EU-Lager ablehnt.

Ich nehme an, dass dies genau das ist, was passiert. Ein flüchtiger Blick zurück auf das letzte Jahrhundert der politischen Geschichte Britanniens kann helfen, die stillschweigenden Realitäten hinter dem Geschrei aufzuzeigen.

Vor hundert Jahren haben zwei Parteien die britische politische Landschaft beherrscht: die Konservativen (auch bekannt als Torys) und die Liberalen. Beide Parteien wurden durch und für die Wohlhabenden geführt. Während eine Reihe von Wahlrechtsreformen im Verlauf des neunzehnten Jahrhunderts immer mehr britischen Männern das Wahlrecht gebracht hat – haben britische Frauen das Wahlrecht in zwei Stufen erhalten. Wohlhabende Frauen über 30 erhielten das Wahlrecht 1918 und alle erwachsenen Frauen erhielten es 1929. Beide Parteien haben sogleich den Trick gelernt, die Armen mit bedeutungslosen Vergünstigungen zu ködern, um sie zu veranlassen im Interesse ihrer angeblichen Vorteile zu stimmen.

Der Aufstieg der Unabhängigen Arbeiterbewegung (= Indipendent Labour Movement = ILM), dem Vorläufer der Labour Party, war ein meisterhafter Abwehrschlag gegen diese Art der politischen Spieltaktik. Anstatt sich zu Gunsten der wohlhabenden Minderheit an der Nase herumführen zu lassen, haben die ILM und dann die Labour Party die Interessen der Arbeiter und den Armen an die erste Stelle ihrer Programme gesetzt und haben sich geweigert, sich mit den Abfällen von den Tischen der Reichen kaufen zu lassen. Ein direktes Ergebnis davon war, dass die Partei der Liberalen um 1945 zur Bedeutungslosigkeit reduziert war und dass die Labour Party eine der zwei Hauptparteien in der britischen Politik geworden war.

In Großbritannien, ebenso sowie in Amerika, begann das Pendel im letzten Viertel es Jahrhunderts in die andere Richtung zu schwingen. Der Triumph von Margaret Thatcher in den allgemeinen Wahlen von 1978 hatte dort dieselbe Rolle, wie der Sieg von Ronald Reagan 1980 es hier getan hat: Ein neuer, aggressiverer Konservatismus hat die linke Rhetorik des Klassenkriegs aufgenommen und rächend umgekehrt, in ein Zeitalter hineinführend, in dem die Reichen gegen die Armen rebelliert haben. Die Labour Party unter Tony Blair hat auf diese Verschiebung genauso reagiert wie die Demokraten unter Bill Clinton es getan haben: Beide Parteien haben leise ihre vorherigen Engagements zur Arbeiterklasse und den Armen fallen gelassen, und haben sich stattdessen auf Probleme konzentriert, die wohlhabende Liberale angesprochen haben. Sie haben darauf gewettet, dass die Arbeiterklasse und die Armen sie aus Gewohnheit und falsch verstandener Loyalität weiter wählen würden – und kurzfristig hat sich dieses Glücksspiel ausgezahlt.

Das Ergebnis war in beiden Ländern ein politisches Klima, in dem die einzigen politischen Inhalte, die diskutiert wurden diejenigen waren, die die Interessen der Wohlhabenden auf Kosten der Arbeiterklasse und der Armen bevorzugten. Dieser Punkt ist so häufig und auf so viele höchst fantasievolle Weisen getrübt worden, dass es wahrscheinlich notwendig ist, darüber hier ausführlich zu berichten. Steigende Immobilienpreise nützen zum Beispiel denjenigen, die Immobilien besitzen, da ihre Eigentum mehr wird, aber sie bestrafen diejenigen, die ihre Häuser mieten müssen, da sie mehr von ihrem Einkommen für die Miete ausgeben müssen. Ebenso wirkt die Kürzung von Sozialleistungen für Behinderte. Das nützt denen, die Steuern bezahlen, auf Kosten derjenigen, die diese Sozialleistungen zum Überleben benötigen.

Ebenso wirkt die Förderung unbeschränkter Einwanderung in ein Land, das bereits Millionen von dauerhaft Arbeitslosen hat und die Verlagerung von Industriearbeitsplätzen ins Ausland, so dass die Arbeitslosen um eine abnehmende Zahl von Arbeitsplätzen konkurrieren. Das nützt den Wohlhabenden und schadet allen anderen. Das Gesetz von Angebot und Nachfrage gilt für die Arbeit, wie für alles andere: Vergrößere das Angebot an Arbeitskräften und verringere die Nachfrage nach ihren Diensten, und die Löhne werden fallen. Die Wohlhabenden profitieren davon, weil sie weniger für die Dienstleistungen zahlen, die sie wollen. Aber den arbeitenden Armen und den Arbeitslosen wird dadurch geschadet, da sie weniger Einkommen erhalten, wenn sie überhaupt eine Arbeit finden können. Es ist üblich, dass diese einfache Logik durch Behauptungen verschleiert wird, dass Einwanderung der Wirtschaft als Ganzes Vorteile bringt – aber wer erhält die Masse der Vorteile und wer trägt die meisten Kosten? Es ist nichts, was irgendwer im öffentlichen Leben in den USA oder in Großbritannien in den letzten 30 Jahren zu diskutieren bereit gewesen ist.

Das Problem mit dieser Art der Regierung der Wohlhabenden, durch die Wohlhabenden, und für die Wohlhabenden wurde vor vielen Jahren von Arnold Toynbee kompromisslos im Detail in dessen monumentalem Werk “Der Gang der Weltgeschichte: Aufstieg und Verfall der Kulturen” skizziert. Er zeigte, dass Gesellschaften im Niedergang sich in zwei ungleiche Teile spalten: Eine dominierende Minderheit, die das politische System und seine Belohnungen monopolisiert und ein inneres Proletariat, das die meisten Kosten des vorhandenen Systems trägt und dem der Zugriff auf die meisten seiner Vorteile verweigert wird. Während sich diese Spaltung weiter entwickelt, verliert die dominierende Minderheit den Bezug zu den wesentlichen Gesetzen der Politik – die Massen bleiben gegenüber ihren Führern nur loyal, solange die Führer ihnen gegenüber loyal bleiben – und das innere Proletariat reagiert, indem es nicht nur die Führung der dominierenden Minderheit zurückweist, sondern ebenso auch deren Werte und Ideale.

Das fortdauernde Symbol der resultierenden Entfremdung ist der berühmte Spiegelsaal in Versailles, wo sich die letzten drei französischen Könige vor der Revolution von einer zunehmend beunruhigten und verarmten Nation abgeschirmt haben und bewundernd auf ihre eigenen glänzenden Spiegelbilder gestarrt haben. Während Marie Antoinette den berühmten Satz – “Lasst sie Kuchen essen” – anscheinend nie gesagt hat, – so ist doch die Unwissenheit über die Realitäten des Lebens außerhalb des Spiegelsaals, die diese Äußerung andeutet, sicherlich da gewesen, während Frankreich zu seinem Ruin hin gestolpert ist. Eine steigende Zahl von normalen Franzosen und Französinnen drehte ihren angenommenen Führern den Rücken zu und ging  nach neuen Möglichkeiten zu suchen.

Das ist es, was in Großbritannien in letzten Jahrzehnten geschehen ist und die letzten paar Wahlen zeigen es. In den allgemeinen Wahlen von 2010 haben die Wähler die Meinungsforscher und dergleichen Experten unvorbereitet getroffen, indem sie zur Liberal Demokratischen Partei strömten, die bis dahin eine Splitterpartei war. Das war eine offensichtliche Forderung nach Veränderung, und wenn die Liberaldemokraten bei ihren Waffen geblieben wären, könnte das zum Verschwinden der Labour Party innerhalb weniger Jahre geführt haben. Aber die Liberaldemokraten haben stattdessen beschlossen, ihre Ideale zu Geld zu machen und eine Koalition mit den Torys zu bilden. Ein direktes Resultat war, dass die Liberaldemokraten bei den allgemeinen Wahlen von 2015, wieder zur Splitterpartei wurden.

2015 hatte dennoch ein noch wesentlich wichtigeres Ergebnis. In einem Versuch, die britische Unabhängigkeitspartei (UKIP), eine andere Splitterpartei, die beunruhigende Gewinne erzielte, zu verhindern, hat Tory-Premierminister David Cameron versprochen, dass, wenn seine Partei gewinnen würde, das Vereinigte Königreich ein Referendum über die EU-Mitgliedschaft abhalten würde. Wahlumfragen zeigten, dass das Parlament wieder auf drei Weisen gespalten wäre, zwischen Konservativen, Liberal-Demokraten und Labour. Die Meinungsforscher und die Experten wurden wieder unvorbereitet getroffen. Anscheinend hat eine größere Anzahl Leute, die angegeben hatten für Labour oder die Liberaldemokraten zu stimmen, heimlich in der Wahlkabine stattdessen für ihren lokalen Tory gestimmt. Warum? Die Abstimmung am Donnerstag legt nahe, dass sie es genaugenommen getan haben, weil sie die Chance bekommen wollten, Nein zur EU zu sagen.

Sprechen wir jetzt über den Brexit-Wahlkampf. In der höflichen Gesellschaft des heutigen Großbritanniens wird jeder Versuch, auf die massiven Probleme mit dem Erlauben uneingeschränkter Einwanderung auf eine bereits überfüllte Insel hinzuweisen, die keine entsprechende Arbeitsplätze bieten kann oder Sozialleistungen für die Leute, die schon da sind, als Rassismus abgewiesen. So ist es nicht überraschend, dass ziemlich viele Briten, von denen viele nominelle Wähler der Labour Party sind, die in der Öffentlichkeit genehmigten Meinungsfetzen gemurmelt haben und im Privaten für den Brexit gestimmt haben – und wieder waren die Meinungsforscher und Experten darauf nicht vorbereitet. Es ist einer der Nachteile der Spaltung zwischen dominierender Minderheit und dem internen Proletariat, dass wenn die Minderheit die Loyalität der Massen verloren hat, weil es ihr nicht gelingt auf die Bedürfnisse derjenigen außerhalb der wohlhabenden und privilegieren Kreis einzugehen, dass dann finstere äußere Konformität und heimliche Revolte das gegenseitige Vertrauen ersetzen, das für das Funktionieren einer Gesellschaft erforderlich ist.

Die EU wiederum, hat ein perfektes Ziel für entfremdete Wähler der Arbeiterklasse und die Armen abgegeben, weil sie ausschließlich eine Schöpfung desselben Konsenses der Wohlhabenden ist, wie die Labour Party nach Tony Blair und die Demokratischen Partei nach Bill Clinton. Ihre Wirtschaftspolitik wird von oben bis unten durch die neoliberale Wirtschaftslehre durchdrungen, die mit Thatcher und Reagan an die Macht gekommen ist. Ihre standhafte Unterstützung der uneingeschränkten Einwanderung und des Kapitalverkehrs wird berechnet, um die Löhne zu senken und um Arbeitsplätze aus Ländern wie Großbritannien zu entfernen. Ihre Subventionen landen unweigerlich in den Taschen der großen Konzerne und der Wohlhabenden, während die Lasten ihrer Verordnungen und Gesetze am stärksten die Kleinunternehmen und die lokalen Ökonomien belasten.

Das ist nicht besonders schwer herauszufinden – faktisch kostet es einige Anstrengung,  zu vermeiden dies zu bemerken. Höre Leuten zu, die die Folgen des Brexit in den letzten Berichten der britischen Medien betrauern, und du wirst eine lange Liste von Privilegien hören, die hauptsächlich für die Wohlhabenden relevant sind und wegen denen die Sprecher besorgt sind, dass sie ihnen nun genommen werden. Abgesehen von einigen Randfiguren sprechen die, die dafür gestimmt haben im allgemeinen nicht darüber, weil sie durch bittere Erfahrung gelernt haben, dass sie einfach mit den üblichen, abgegriffenen Beschuldigungen des Rassismus usw. niedergeschrien werden. Wenn sie dennoch bereit sind, zu sprechen nehme ich an, dass man dann eine lange Listen von Lasten hört, die hauptsächlich auf den einfachen, arbeitenden Menschen gelandet sind, die so viele der Wohlhabenden so offensichtlich verachten.

Es ist wahrscheinlich notwendig, zur Kenntnis zu nehmen, dass es natürlich Rassisten und Fremdenfeinde gibt, die für den Brexit gestimmt haben. Ebenso gibt es Leute, die mit toten Schweinen kopuliert haben und die dafür gestimmt haben, in der EU zu bleiben – ich bin überzeugt, dass meine britischen Leser mindestens einen nennen können – aber das bedeutet nicht, dass jeder, der dafür gestimmt hat, in der EU zu bleiben, mit einem toten Schwein kopuliert hat (( Anmerkung des Übersetzers: wenn man mit “Cameron totes Schwein” bei Google sucht, findet man sogar einige deutschsprachige Artikel zu diesem Thema )). Noch, entscheidend, beweist das, dass Nekrophile Sehnsüchte der einzige mögliche Grund sind, für den Verbleib in der EU zu stimmen. Eine allgemeine Weise um Hassrede zu definieren, ist “der Gebrauch einer erniedrigenden und abschätzigen Stereotypie, um jedes Mitglied einer Gruppe zu beschreiben.” Durch diese Definition sind die Leute, die darauf bestehen, dass jeder, der für den Brexit gestimmt hat, ein fanatischer Idiot ist, mit Hassrede beschäftigt – und es ist eine Quelle düstere Belustigung, Leute zu beobachten, die normalerweise schnell dabei sind, andere wegen Hassrede zu verurteilen, wenn sie diese selber betreiben, wenn sie in dem betreffenden Fall dem Wunsch ihres Herzens nachhängen.

Lasst uns das noch vertiefen. Es  gibt tatsächlich eine bedeutende Anzahl Armen und zur Arbeiterklasse gehörenden Briten, die tiefen Vorurteilen gegenüber ausländischen Einwanderern anhängen. Warum? Ein großer Teil des Grundes ist die Tatsache, dass die Wohlhabenden, schon seit Jahrzehnten, Rassentoleranz mit genau jener Politik der uneingeschränkten Einwanderung gleichgesetzt haben, die Millionen der britischen Arbeiterklasse in die Mittellosigkeit und das Elend gestürzt haben. Auf die gleiche Weise konnten sich sehr viele arme und der Arbeiterklasse angehörige Briten weniger um die Umwelt sorgen. Ein großer Teil des Grundes ist, dass die Bedingungen der Debatte über Umweltprobleme so definiert wurden, dass die Lebensstile der Wohlhabenden nie zur Diskussion standen, während die Kosten des Umweltschutzes die soziale Stufenleiter hinunterflossen, während die Vorteile nach oben flossen. Wie Toynbee feststellte, wenn Gesellschaften sich in einen dominante Minderheit und ein internes Proletariat spalten, dann weisen die Massen nicht nur die Führerschaft zurück, sondern auch die Ideale und Werte der selbsterklärten Besseren. Es geschieht einigermaßen häufig, dass einige jener Ideale und Werte wirklich wichtig sind, aber wenn sie immer und immer wieder verwendet worden sind, um die Politik der Privilegierten zu rechtfertigen, können sich die Massen es sich nicht mehr leisten darauf Rücksicht zu nehmen.

Jene Briten, die darauf bestehen, dass die Mehrheit nicht zählt, und dass ihr Land in der EU bleiben muss, egal was die Stimmberechtigten denken, haben offensichtlich die Implikationen der Wahl des letzten Donnerstags nicht zu Ende gedacht. Die Parteiloyalitäten sind nun sehr flüssig geworden, und dieselben 52 % der britischen Stimmberechtigten, die bei dem Referendum für den Brexit gestimmt haben, können ziemlich bereitwillig mit der gleichen Verachtung für die zarten Empfindlichkeiten der privilegierten Minderheit, eine UKIP Mehrheit ins Unterhaus bringen und Nigel Farage geradewegs nach 10 Downing Street senden. Wenn das britische Establishment es schafft, die Arbeiterklasse und die Armen davon zu überzeugen, dass eine Stimmabgabe für die UKIP die einzige Möglichkeit ist, ihrer Stimmen Gehör zu verschaffen, dann ist es das, was geschehen wird. Es ist ein sehr unkluger Zug, Leute gegen sich aufzubringen, die nichts zu verlieren haben.

Inzwischen ist eine sehr ähnliche Revolte in den Vereinigten Staaten mit Donald Trump als Begünstigten in Vorbereitung. Wie ich in einem früheren Post hier angemerkt habe, wurde der kometenhafte Anstieg von Trump von einer weit her geholten Randfigur zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner, vollständig von seiner Bereitschaft getrieben, sich selbst in Gegensatz zum Konsens der zuvor beschriebenen Wohlhabenden zu bringen. Während alle akzeptablen Kandidaten mit der neoliberalen Volkswirtschaft und der neokonservativen Politik der letzten dreißig Jahre an Bord waren – großzügige Zuteilungen für die Reichen, strafende Einschränkungen für die Armen, schädliche Vernachlässigung unserer Infrastruktur zuhause und eine monowahnsinnige Verfolgung militärischer Konfrontationen in Übersee – da hat er damit Schluss gemacht, und je schriller die Experten und Politiker ihn verurteilt haben, desto sich mehr Bundesstaaten hat er gewonnen und desto schneller sind seine Umfragewerte gestiegen.

Momentan macht er das Vernünftigste. Er wartet seine Zeit ab, sich auf die allgemeinen Wahlen vorbereitend und den gelegentlichen Testballon loslassend, um herauszufinden wie verschiedene Argumente gegen Hillary Clinton aufgenommen werden. Ich erwarte, dass die Art des totalen Krieges, die seine republikanischen Rivalen platt gemacht hat um den 1. September herum beginnt. Auch ist ist Hillary Clinton nicht besonders gut aufgestellt, um solch einem Angriff entgegenzusehen. Es ist nicht nur, dass sie durch peinlich ausführliche Korruptionsanschuldigungen in einem Ausmaß verfolgt wird, dass selbst in einer Kleptokratie der Dritten Welt als ungewöhnlich blühend betrachtet würde, noch ist es der Umstand, dass ihre Karriere als Außenministerin hauptsächlich wegen einer Kaskade von außenpolitischer Katastrophen bemerkenswert war, aus denen sie nichts gelernt zu haben scheint. Es ist nicht einmal, dass Hillary Clinton in den meisten wirtschaftlichen, politischen und militärischen Dingen deutlich rechts von Donald Trump ist und dass sie Positionen vertritt, die ununterscheidbar von denen von George W. Bush sind – von dem Typ, von dem die Demokraten vor nicht all zu vielen Jahren behauptet haben, dass sie ihn hassen.

Nein, was einen Sieg von Trump im November wahrscheinlicher als eine Niederlage macht,  ist, dass Clinton sich selbst zur Kandidatin des Status quo gemacht hat. Alle Positionen, die sie einnimmt laufen darauf hinaus, die Politik fortzusetzen, die in den Vereinigten Staaten ebenso wie in Großbritannien, den Wohlhabenden auf Kosten aller anderen genützt hat. Das war damals eine sichere Wahl, als ihr Ehemann Präsident war und als  beide Parteien größtenteils darum konkurrierten, welche von ihnen es den Wohlhabenden bequemer machen und die Gequälten besser quälen könnte. Das ist jetzt keine sichere Wahl mehr, weil Trump das heimliche Regelbuch der modernen amerikanischen Politik weggeworfen hat und den Leuten, die 30 Jahre lang den Kürzeren gezogen haben, ein Bündel politischer Veränderungen anbietet, die ihr Leben tatsächlich verbessern könnten.

Nun ist das natürlich nichts, worüber zu sprechen die Politiker, die Experten und die offiziell beachtenswerten Denker des heutigen Konsenses der Wohlhabenden bereit sind. Dieselbe triste Redekunst, die gegenüber der Pro-Brexit-Mehrheit in Großbritannien angewandt wurde, wird daher auch gegenüber den Wählern von Trump hier in den Vereinigten Staaten angewandt. „Rassist“, „Faschist“, „Idiot“ – alle die abgegriffenen, höhnischen Tropen, die die Privilegierten benutzen, um die Sorgen des Rests der Bevölkerung des heutigen Amerikas abzuweisen, sind präsent und werden eingesetzt.

Der Eifer, mit dem diese Wörter gerade jetzt herumgeschleudert werden, sollte nicht unterschätzt werden. Ein alter Freund hat mich mitten im Satz unterbrochen, weil ich einen Mangel an der Begeisterung für Clinton ausgedrückt habe; wir haben seitdem nicht mehr miteinander gesprochen und ich weiß nicht, ob wir es jemals wieder tun werden. Andere Leute, die ich kenne, haben vergleichbare Erfahrungen gehabt, als sie versucht haben, die bevorstehende Wahl in nuancierteren Begriffen zu diskutieren als die aktuelle, herkömmliche Weisheit zu erlauben bereit ist. Eine der stärksten und unaussprechlichsten Kräfte im öffentlichen Leben Amerikas – Klassenvorurteile – durchdringen die resultierenden Schreiwettbewerbe. Für Clinton Partei zu ergreifen, bedeutet sich selbst mit den privilegierten, den “guten Leuten”, den wohlhabenden Kreisen, zu identifizieren, die im Spiegelsaal bewundernd auf sich selbst starren. Von Trump in irgendwelchen anderen Begriffen, außer billigen Schuljungenbeleidigungen zu sprechen oder sogar anzudeuten, dass die Unterstützer von Trump durch andere Gründe als Rassismus und der schieren Beschränktheit motiviert sein könnten, bedeutet ohne Umschweife vor die Tore geschleudert zu werden, wo der Pöbel beginnt sich zu versammeln.

Es ist denjenigen, die im Spiegelsaal auf und ab stolzieren offenbar nicht in den Sinn gekommen, dass es noch viel mehr Leute außerhalb jener Tore gibt als, es innerhalb der Tore gibt. Es hat offensichtlich nicht einmal in ihre finstersten Träume Einzug gehalten, dass das Niederschreien einer unbequemen Sichtweise und das Schleudern von Beleidigungen gegenüber jedem, der es wagt darüber nachzudenken, keine wirkungsvolle Methode ist  jemanden zu überzeugen, der nicht schon auf ihrer Seite ist. Vielleicht reicht das Ergebnis der Abstimmung über den Brexit, um Amerikas Bildungsbürgertum aus seiner Erstarrung zu reißen und es zu zwingen, zu bemerken, dass die Leute, die durch die von ihnen bevorzugte Politik  verletzt worden sind, schließlich die Geduld mit dem endlos monoton leiernden Beharren verloren, dass keine andere Politik möglich ist. Vielleicht – aber ich bezweifle es.

Außerhalb des Spiegelsaals ist der Himmel  schwarz von Vögeln, die zum Schlafplatz nach Hause kommen. Einige von ihnen haben sich bereits auf den Dächern Londons niedergelassen. Mehr von ihnen schweben über einer Reihe europäischer Hauptstädten herum, und noch viele mehr sind über den Marmorkuppeln und Giebelfeldern von Washingtons DC. Wenn sie landen werden, wird ihr Einfluss die Welt schütteln.
Gepostet von John Michael Greer auf seinem Internetblog The Archdruidreport
Originaladresse des Artikels: http://thearchdruidreport.blogspot.de/2016/06/outside-hall-of-mirrors.html
Übersetzt von Christoph Becker, www.freizahn.de, Kelberg den 2. Juli 2016, Link zur  deutschen Übersetzung: http://www.freizahn.de/2016/07/ausserhalb-des-spiegelsaals/




Meine Autos

Mein neues Auto  – als Zahnarzt!  –   ist ein Dacia Sandero Essential für nur  7390 € einschließlich Überführungskosten. Warum ich  dieses  minimalistische Auto für  die ökologisch und politisch beste Wahl halte und was ich bisher für Autos hatte.

Beim Thema Auto und Zahnarzt denken die meisten an Porsche, BMW, Jaguar oder ähnliches. Mein erstes eigenes  Auto überhaupt, habe ich erst im Alter von 31 Jahren, nach meinem Zahnmedizinstudium gekauft. Als Student hatte ich, soweit ich überhaupt ein Motorfahrzeug hatte, zuerst ein Motorrad vom Typ MZ TS 250 und dann später einen Roller vom Typ Vespa P200E.

Mein erstes Auto war ein gebrauchter Nissan Cherry, von meinem Bruder, der  ihn von Hand laubfroschgrün gestrichen hatte.  Danach kamen noch drei andere Gebrauchtwagen. 1991, als damals schon seit zwei Jahren niedergelassener Zahnarzt, habe ich mir dann mein damaliges Traumauto, einen  Toyota Starlet  als Neuwagen geleistet. Der Starlet war mein Traumauto, weil er nach der ADAC-Pannentistik damals das seit Jahren  zuverlässigste aller  Autos war und weil er preiswert war. Ich hatte ihn von 1991 bis 2003 und bin ungefähr 220 Tsd. Kilometer mit ihm gefahren. Unzufrieden war ich mit dem Starlet nur zum Schluss, wegen einer extrem unverschämten Reparaturrechnung der Toyota-Werkstatt.  D.h.,  der Rechnungsbetrag war wesentlich höher als der Zeitwert des Fahrzeuges, ohne dass die Werkstatt es für nötig gehalten hätte, mich im Vorfeld darauf hinzuweisen.

Der nächste Neuwagen konnte damit kein Toyota mehr werden. Es wurde ein Opel Corsa C Eco mit Easytronic, mit nur 58 PS. Ich habe ihn  von 2003 bis 2016 gefahren. Die Wahl fiel damals auf den Corsa C Eco, weil er zum einen einen sehr geringen Verbrauch hatte (nur ca. 4,0 Liter Benzin, ausserorts), weil meine Frau ein Auto mit Automatik wollte. Der Corsa Eco hatte mit dieser Easytronic aus Sicht des Fahrers eine Automatik, aber die Kraftübertragung erfolgt tatsächlich kraftstoffsparend über ein Schaltgetriebe.   Auf eine Klimaanlage  habe ich verzichtet, weil ich mir  überlegt hatte,  dass  eine Klimaanlage zusätzliches Gewicht,  zusätzliche  Anschaffungs- und Wartungskosten und auch einen zusätzlichen Kraftstoffverbrauch bedeutet. Auf einen stärkeren Motor habe ich verzichtet, nachdem ich mir überlegt habe, dass ein solcher Motor die Anschaffungs- und Unterhaltungskosten steigert und mir nur gelegentlich einen kleinen Zeitvorteil in Form von mit dem schwächeren Motor nicht möglichen Überholvorgängen ermöglicht. Der gelegentliche Zeitvorteil durch zusätzlich mögliche Überholvorgänge wiegt die Nachteile eines stärkeren Motors meines Erachtens nicht auf.  Die mögliche Reisegeschwindigkeit auf der Autobahn ist auch bei Fahrzeugen mit relativ schwachen Motoren eher durch das Verkehrsaufkommen und durch von der Strassenverwaltung oder dem Staat verordnete Geschwindigkeitsbegrenzungen als durch die technischen Möglichkeiten des Autos begrenzt.  Der Corsa konnte jedenfalls auch mit über 150 km/h fahren und das dann immer noch mit erstaunlich geringem Verbrauch. Auf Luxus wie Zentralverriegelung habe ich damals wie heute verzichtet, weil jede Technik, die man zusätzlich nutzt, auch zusätzliche Anschaffungskosten, Reparaturkosten und auch Ausfallrisiken mit sich bringt.

Ein Defekt an den Stellmotoren und der Steuerung der Easystronic-Schaltung war mit rund 1000 Euro die  teuerste Reparatur, die ich am Corsa C Eco  hatte . Im  Januar 2016 ist dann einer der 3 Zylinder ausgefallen und ich habe einen Motor vom Schrottplatz einbauen lassen, was insgesamt aber nur ca. 800 Euro gekostet hat.  Dieser Motorschaden im Januar war der Anlass, an die Anschaffung eines Neuwagens zu denken, was nun zum Kauf des Dacia Sandero Essential geführt hat.

Für die Wahl des Dacia Sandero Essential  war die Überlegung ausschlaggebend, dass ich ein Auto wirklich nur zum Fahren  und nicht zum Angeben benötige.  Mein Vater hatte auch nur einen VW 1600 Variant mit damals nur 54 PS, ohne Radio und ohne jede heute oft übliche technische Spielerei  und er ist damit  auch gefahren. Ich wollte jedenfalls nur ein minimalistisches Auto, das so zuverlässig wie nur irgend möglich ist und mit dem ich so wenig wie möglich zur Finanzierung unseres Staates und seiner Politik, mit der ich nicht einverstanden bin, beitrage.  Das heißt eben auch, dass man erstens möglichst kein deutsches Auto und zum anderen nur ein möglichst wenig kostendes  und damit dem Staat nur wenig  Mehrwertsteuer einbringendes Auto kaufen sollte, an dem zum Anderen auch Reparaturen möglichst selten vorkommen,  und wenig kosten, und das auch wenig KFZ-Steuer und Versicherung kostet. Dazu kommt dann noch, dass auch bei all meinen anderen Neuwagen schon übliche Argument, dass das Auto möglichst  umweltverträglich und ökologische verantwortungsbewusst sein sollte. Der Dacia Sandero Essential ist  meines Erachtens sehr viel besser ökologisch verantwortbar und sehr viel umweltfreunlicher als jedes mir bekannte deutsche  Auto und auch mehr als  alle Hybrid und Elektroautos. D.h. mein  ökologischer Fußabdruck  ist mit dem Dacia Sandero Essential meines Erachtens wesentlich geringer als er es mit jedem in Deutschland gebauten Auto wäre. Dabei ist auch zu bedenken, dass ein teureres, in Deutschland gebautes Auto auch die Regierung und die Bevölkerung zu umweltbelastenden politischen Entscheidungen und Ausgaben motiviert .

Ein  Grund warum ich das so sehe, findet sich in meinem Artikel Energie und Geld:   Wenn Geld Energie ist und wenn 90 % aller weltweit verrichteten   Arbeit auch heute noch letztlich auf der Nutzung fossiler Energieträger beruht, dann kann und sollte man den Kaufpreis eines Autos und auch dessen Unterhaltskosten zu 90% letztlich auch als Verbrauch von fossiler Energie betrachten und zwar auch dann, wenn es sich um ein Elektroauto oder um ein  Auto mit Hybridantrieb handelt. Staatliche   Subventionen sind   in diesem Fall auch als Teil des Kaufpreises zu sehen, weil sie einen Verbrauch von materiellen Gütern und Arbeit generieren, für die letztlich zu 90 % fossile Energieträger – also vor x Millionen Jahren stattgefundene Photosyntheseleistungen – genutzt werden. Auch ist zu bedenken, dass die großindustrielle Erzeugung von Strom aus Sonnenenergie und Windkraft eine hochkomplexe, ohne die Nutzung fossiler Energieträger nicht existenzfähige globale  Infrastruktur erfordert.

Der Dacia Sandero Essential  ist so günstig weil bei seinem Bau auf unnötige Spielereien – und damit auch auf unnötigen Ressourcen und Umweltverbrauch verzichtet wird und weil er aus bewährten, möglichst einfachen Komponenten aufgebaut ist. Für seinen Bau wurde keine immer aufwendigere und systembedingt immer ineffzienter werdende und damit auch immer mehr die Umwelt zerstörende und immer mehr Ressourcen verschlingende Forschung und Entwicklung betrieben. Siehe hierzu meinen Artikel Dem Energiedilemma auf den Grund gegangen. Weil der Dacia Sandero Essential auf technische Spielereien und Extras verzichtet, wo immer dies möglich ist, hat er außerdem im Sinne der Zuverlässigkeitstechnik eine höhere Zuverlässigkeit und damit voraussichtlich weniger Reparatur- und Unterhaltskosten als teurere Fahrzeuge. Siehe auch meinen Artikel Zuverlässigkeitstechnik. Für die 7390 Euro, die er einschließlich Überführung gekostet hat, bekommt man als Kunde zudem auch eine Garantie über 3 Jahre oder 100.000 km. D.h., man hat zumindest für 3 Jahre ausser den üblichen Inspektionen keine Werkstattkosten. Außerdem ist es so, dass die Versicherungskosten eher gering sind, weil leichtsinnige Fahrer eher nicht dieses mit nur 73 PS eher schwach motorisierte Auto kaufen.

Wenn mehr Autokäufer sich so wie ich entscheiden würden, würde man bald noch günstigere und noch einfachere Autos bauen können, denn der Dacia Sandere Essential hat z.B. immer noch 5 Türen und er ist auch etwas größer und schwerer als nötig,   weil er Teil eines Baukastensystems ist, mit dem der Hersteller  hauptsächlich teurere und schwerer motorisierte Fahrzeuge produziert. Es sollte möglich sein ein noch sparsameres, noch robusteres und noch einfacheres Auto auch für unter 5000 Euro Endpreis zu bauen.

Transportkapazität?

Viele kaufen sich ein größeres Auto, weil sie hin und wieder etwas mehr transportieren müssen. Meine Autos hatten dazu bisher alle eine Anhängerkupplung und auch der Sandero hat eine bekommen. Ein Anhänger ist in der Anschaffung und im Unterhalt ziemlich preiswert und man kann damit bei Bedarf ziemlich viel transportieren.

Allrad?

Wenn man für die Jagd oder um im Wald  Holz  zu holen oder  aus  anderen Gründen  gerne ein Allradfahrzeuge kaufen würde, empfiehlt die Überlegung, ob es nicht auch ein Handwagen oder ein Fahrrad tut, den/das man bei Bedarf auch mit dem Autoanhänger transportieren kann.   Zumindest ein  Reh oder kleines bis mittleres Wildschwein kann man auch mit einem Handwagen oder Fahrradanhänger wie dem  Roland Big Boy , aus dem Wald holen. Wenn man auch im Wald Holz oder große Wildschweine oder Hirsche holen will oder  wenn man eine kleine Landwirtschaft betrieben möchte, dann kann man sich überlegen, ob man  einen kleinen Traktor wie den Kobota B6000 kauft. Dieser kleine Allradtraktor kostet neu nur 3250 Euro inkl. MwSt und er kann mit seinen nur 385 kg  mit einem PKW-Anhänger dorthin transportiert werden wo man wirklich Allrad und Geländegängigkeit benötigt. Man kann mit diesen kleinen Traktoren auch den PKW-Anhänger, mit dem man den Traktor zum Waldrand oder zum Feld gebracht hat ziehen. Ab ca. 8000 Euro gibt es solche kleinen Allrad-Traktoren  auch mit Straßenzulassung  (googeln mit  “Kleintraktor Strassenzulassung)

Ein Dacia Sandero Essential und ein solcher Kleintraktor und ein Anhänger kosten zusammen immer noch drastisch weniger als der durchschnittliche Neuwagenpreis in Deutschland, der 2015 bei immerhin 28590 Euro lag.   Dabei ist  man dann  mit der Kombination von PKW und Kleintraktor geländegängiger und auch zum Schneeräumen und für  Feldarbereit und zum Holzholen besser ausgerüstet als mit einem  teuren SUV oder einen richtigen Geländewagen.  Um Kinder zur Schule zur bringen oder zum Einkaufen, ist so ein einfacher Dacia Sandero Essential genauso gut, oder wegen seiner höheren Zuverlässigkeit und einer die Familienkasse und damit auch den häuslichen Frieden weniger belastenden Kaufpreis, sogar wesentlich besser, als diese unnötige großen und teuren  SUVs, Mercedese,  BMWs, VWs usw., die alle eigentlich  nur davon zeugen, dass ihre Besitzer entweder die Welt und die Zukunft ihrer Kinder mutwillig zerstören wollen oder eben, dass sie Bücher wie ich sie in meinem Blogartikel Die Grenzen und das Ende des Wachstums oder auch  mit meiner Übersetzung des Interviews mit William Catton,  vorgestellt habe,  entweder nicht gelesen oder nicht  verstanden haben.

Nachtrag:

Als Geländefahrzeug würde ich,  wenn ich eins brauche,  inzwischen ein UTV kaufen. Hier ein Link auf  einen  Vergleich von Quad und   UTV, bei dem  gut gezeigt wird was so ein UTV kann und wie es aussieht.  Nachteil  ist die  relativ  geringe  ungebremste Anhängerlast.  Dafür sind diese  Fahrzeuge  ziemlich schnell  im  Vergleich zu einem kleinen Traktor,  leicht (Bodendruck auf nassen Wiesen!)  und   relativ  sicher.

Kelberg, den 1. Juli 2016

Christoph Becker

 

 

 

 




Leopold Kohr – Leben nach menschlichem Maß

Die  üblichen, negativen Kommentar zum Brexit zeigen, dass das Werk des österreichischen Nationalökonomen Leopold Kohr  weitestgehend unbekannt ist.  Es könnte hilfreich sein, sich näher mit der Philosophie Leopold Kohrs zu befassen.

Ich möchte zunächst einiges, was ich auf Youtube  über Leopold  Kohr und  seine Philosophie  gefunden,  habe einbinden:

Hier zunächst eine gut 44 Minuten dauernde Dokumentation über Leopold Kohr, die ich auch schon in meinen Beitrag zum 3. Oktober 2015 eingebunden hatte:

Philosophische Erinnerung: 18 Jahre nach dem Tod von Leopold Kohr:

Vortrag vom 18.4.2013, von Botschafter a.D. Dr. Michael Breisky im Club of Vienna : “Das Menschliche Maß –  zur  Aktualität der Ideen von Leopold Kohr” :

Michael Breisky ist der Autor der Bücher

 Bücher von Leopold Kohr

Bücher von Leopold Kohr gibt es vor allem auf Englisch.  Kohrs Klassiker ist das Buch The Beakdown of Nations.

An deutschsprachigen Büchern von und mit Leopold Kohr konnte ich auch einiges finden, was der Diskussion über den Brexit und auch über das weitere Schicksal der EU in der Politik überhaupt, eine bessere Qualität geben könnte.

Kelberg, den 27. Juni 2016

Christoph Becker

 




Warum kleiner oft besser ist

Nachdem ich,  am Tag nach dem Brexitreferendum,  verwundert die Kommentare viele deutscher und europäischer Politiker und Medien zum Brexit gelesen und gehört habe, habe ich abends das Buch Small is Beautifull – Economics as if People Mattered von Ernst Friedrich Schumacher zur Hand genommen und darin das Kapitel A Question of Size gelesen.

Danach habe ich dann entdeckt, dass es von diesem Buch auch verschiedene deutschsprachige Versionen gibt. Die gedruckten deutschen Ausgaben sind aber vergriffen und im Antiquariat oft ziemlich teuer.  Es gibt aber noch eine e-book-Version einer deutschen Ausgabe von ‘Small is Beautiful’ im pdf-Format bei Buecher.de, die  15,99 Euro kostet.

Das Kapitel A Question of Size  hat in der deutschen Ausgabe den Titel Groß oder Klein?

Es handelt sich dabei um einen Vortrag, den Schumacher im August 1968 in London gehalten hat und der zuerst in  Resurgence, Journal of the Fourth World, Vol. II, No. 3, September/October 1968, veröffentlicht wurde.

Ich habe  dieses Kapitel, bzw. diesen Vortrag in niedriger Auflösung (150 dpi) mit FineReader abgespeichert und als nur 94 kb große pdf-Datei auf meine Webseite hochgeladen:

Kapitel Groß oder Klein?,  aus  Small ist Beautiful  – Die Rückkehr zum Menschlichen Maß von Ernst Friedrich Schumacher.

Mein Fazit aus Groß oder Klein? ist, dass man die EU nie hätte schaffen dürfen, und dass man die EU unbedingt im Interesse aller kleineren und/oder wirtschaftlich schwächeren Staaten so bald wie möglich, also sogar im Interesse Frankreichs, Spaniens und Großbritanniens auflösen sollte, bzw., dass alle diese schwächeren oder kleineren Staaten gut daran täten, die EU zu verlassen.

Die Politiker, Journalisten und auch Wirtschaftsführer, die die Briten wegen ihrer Entscheidung gegen den Verbleib in der EU kritisiert haben und kritisieren, haben entweder von Wirtschaft keine Ahnung oder sie handeln und argumentieren aus egoistischen Motiven, die nicht den Interessen der meisten Briten entsprechen.

Das Buch   Small ist Beautiful  – Die Rückkehr zum Menschlichen Maß von E.F. Schumacher ist  auch sonst sehr lesenswert und aktuell, auch wenn es schon vor 43 Jahren geschrieben wurde.

Dem können sich sogar manche Linken und AntiFa-Leute anschließen, wie der folgende Link zeigt:

www.kritisches-netzwerk.de/forum/small-beautiful-die-rueckkehr-zum-menschlichen-mass-ernst-friedrich-schumacher

Zwei andere Bücher, die ich gerade auch im Zusammenhang mit dem  Thema EU,  Brexit und den Kommentaren unserer Politiker und Journalisten sehr empfehlenswert finde sind:

The Collapse of Globalism: And the Rebirth of Nationalism von John Ralston Saul

und

Seeing Like a State: How Certain Schemes to Improve the Human Condition Have Failed, von James Scott

Leider gibt es von diesen beiden zuletzt genannten Büchern bisher keine deutschen Übersetzungen.

Kelberg, den 25. Juni 2016

Christoph Becker

 

 




Eine russische Warnung – Hillary Clinton und negative Zinsen

Auf Peakprosperty.com ist ein Interview von Chris Martenson mit Dmitry Orlov mit dem Titel The US Is Sleepwalking Towards A Nuclear Confrontation – Russia is ready for one. But are we? (dt. Die USA schlafwandeln in Richtung auf einen Atomkrieg – Russland ist auf einen solchen vorbereitet. Aber sind wir es?) erschienen, das vor dem Hintergrund  verschiedener aktueller Nachrichten und Artikel  ((  Heise.de,  Telepolis:  Von der Fulda-Lücke des Kalten Kriegs zur Suwalki-Lücke der Nato von Florian Rötzer ))       ,   ((  FAZ.de am  23.6.16:  Russlandpolitik der Nato Erler warnt vor Eskalationsspirale „bis hin zum Krieg“  )) ,  ((  Zeit.de: Sicherheitspolitik: Steinmeier kritisiert Nato-Militärübung )) zum Thema NATO und Russland   als Hintergrundinformation sehr interessant ist.   Das Interview fand am 15. Juni statt.

Einer der Hintergründe für das Interview ist ein auf  der Internetseite von Dmitry Orlov  ( http://cluborlov.blogspot.de ) veröffentlichter Artikel mit dem Titel A Russian Warning.   Von dieser russischen Warnung   gibt es inzwischen auch auf verschiedenen Webseiten eine deutsche Übersetzung. Hier nur zwei Links, die ich per google mit “Eine russische Warnung” gefunden habe:

vineyardsaker.de/usa/eine-russischewarnung/ und www.politaia.org/wichtiges/eine-russischewarnung/

Chris Marteson hat  auch  noch einmal am 17.6.2016, einen Artikel mit der Überschrift Tensions Between US/NATO & Russia Are Flaring Dangerously – A cornered bear will ultimately use its claws ( dt. Spannungen zwischen USA/NATO   & Russland lodern gefährlich auf – Ein in die Ecke getriebener Bär wird schlussendlich seine Pranken benutzen ) , veröffentlicht.

Die Internetadresse für das Interview von Chris Martenson mit Dmitry Orlov, vom  19.6.2016,  ist hier:

http://www.peakprosperity.com/podcast/99011/dmitry-orlov-us-sleepwalking-towards-nuclear-confrontation

Das Interview kann dort als mp3-Datei heruntergeladen werden und es gibt dort ein englischsprachiges Transkript.

Zunächst geht es in dem Interview darum, dass die USA und die NATO dabei sind, eine hochexplosive Situation zu schaffen, die zu einen großen Krieg zu führen droht, den die USA und auch Westeuropa wohl kaum überleben werden. Chris Martenson hatte bereits in früheren Artikeln und Interviews auf diese Entwicklung hingewiesen.    (( Siehe z.B. auch sein Interview mit John M. Greer,   Der Gott des technischen Fortschritts könnte sehr wohl tot sein –
Aber die Gesellschaft will dies nicht in Erwägung ziehen  aus April 2015, das ich vollständig übersetzt hatte. ))

Die in den USA aussen- und sicherheitspolitisch tonangebenden Kreise sind nach Meinung von Chris Martenson und Dmitry Orlov  die Neocons.       Hier dazu ein Zitat aus dem Interview, das einen Aspekt zeigt, der für mich neu ist, nämlich dass die Neocons offenbar seit der Präsidentschaft Bill Clintons und damit auch in der Zeit Präsident Obamas den Ton und die Richtung der US-Aussenpolitik bestimmen:

Dmitry Orlov:    Nun, ja, Bill Clinton ist der – unter George, Sr. – Unter George Busch Sr, gab es im Weißen Haus einige Neocons, aber er nannte sie die Verrückten im Keller. Und er ließ sie nicht wirklich viel machen.  Es war ein  Fehler, sie  überhaupt da zu  halten. Aber unter Bill Clinton; nun was wusste der schon über Außenpolitik? Er hat sie im Grunde einfach in das Oval Office eingeladen und seitdem sind sie die ganze Zeit dort gewesen. Das ist  wirklich das, was die amerikanischen Außenpolitik zusammenhält. Weil diese Leute verrückt sind, verursacht das eine  andauernde Serie von außenpolitischen Fiaskos, was die  USA  im Grunde aus  jeder  konstruktiven internationalen Teilhabe  ausschließt .

Wie der deutsche Wikipediaartikel über die Neocons zeigt, handelt es sich bei diesen NICHT um wirkliche Konservative im europäischen Sinn, sondern eher um  um moderne Linke, die mit der Idee des westlichen Globalismus durchwoben sind, wie man ihn in John Ralston Sauls Buch The  Colapse of Globalism (( es gibt verschiedene Versionen dieses Buches, die neuste Version, aus dem Jahre 2009, hat auch ein Nachwort zur Finanzkrise, ist aber derzeit relativ teuer und schlecht zu bekommen)) gut beschrieben findet.

Die Frage ist, inwieweit in Deutschland und in anderen europäischen Ländern Gesinnungsgenossen der Neocons bestimmen. Wenn man das Buch von John R. Saul über den Kollaps des Globalismus liest, das immerhin erstmals 2005 veröffentlicht wurde, und dann bedenkt was deutsche Politiker und “Qualitätsmedien” auch 2016 von sich geben, dann kann man schon zu dem Schluss kommen, dass in Europa und auch in Deutschland diese Neocons und Gloablisten derzeit bestimmend sind.

Chris Martenson und Dmitry Orlov halten die Neocons faktisch für verrückt. Martenson vergleicht sie u.a. mit kleinen Jungs, die drei Schwächlinge auf dem Schulhof erfolgreich verprügelt haben ( Lybien, Irak, Afghanistan)  und die als Folge davon  meinen, sie könnten  es mit jedem aufnehmen.

Den Zustand der amerikanischen Demokratie empfinden beide als sehr unbefriedigend.

Hier eine Übersetzung eines Teils der Konversation:

Dmitri Orlov :  ….. Schau, in welch wundervoller Form sich die US-amerikanische Demokratie befindet. Sie ist auf dem offenen Markt gekauft und verkauft und wir machen das mit jedem Land in der Welt.

Also, da ist nichts, was sie stoppt [Die Neocons, die seit Bill Clinton die US-Aussenpolitik beherrschen]. Sie sind wie Zombies. Bis ihnen jemand in den Kopf schießt, machen sie einfach weiter.

Chris Martenson: Du hast in dieser “Russischen Warnung” ein sehr gutes Argument gebracht, bei dem es, wie ich denke um die Vorstellung geht, dass Russland sich weigert sich Washington zu beugen und die USA als einzige Führungsmacht der Welt anzuerkennen und zu akzeptieren, dass alles nach Washingtons Vorstellungen  passieren muss. Deine  Linie  dort, über die ich  gerne mit Dir reden würde, ist  die Abfolge politischer Fehler. Die Linie war,  dass dieser graduelle,  aber  offensichtliche, Verlust an Macht und Einfluss  die  amerikanische Führung dazu gebracht hat, hysterisch zu werden  und  dass es nur  ein kleiner Schritt von  hysterisch  bis  selbstmörderisch ist. Amerikas politische Führer sollten wie Selbstmordgefährdete überwacht werden. Es scheint, dass Du wirklich den Glauben verloren hast, dass hier [in den USA] irgend mit Vernunft an der Macht ist.

Dmitry Orlov:    Ich sehe  wirklich keinen Vernünftigen an der Macht.  Der Umstand, dass  wirklich nachdenkliche Leute  Trump tatsächlich für die bessere Wahl halten, weil  er zumindest ein Gehirn hat,  das nicht  von einer Art  Gehirnparasit befallen ist,   zeigt einem wie  kaputt  das  System wirklich ist.  Trump kann zumindest noch selber denken.

Chris Martenson: Ja, in der Tat, ich bin einer von denen, die sich an den Leistungen von Menschen orientieren. Und ich kann Dir sagen, Hillary Clintons Leistungsgeschichte entsetzt mich als Mensch. Was sie in Libyen getan hat, ist unentschuldbar. Honduras, unentschuldbar. Den ganzen Weg zurück, zu ihrer Zeit als junge Anwältin, wo sie ein 12-jähriges Mädchen, das einer Vergewaltigung zum Opfer gefallen war, als Provokateur dargestellt hat. Dieses Niveau der Soziophatie hat diese Frau ihr ganzes Leben beibehalten. Es ist ihr Muster. Ich vertraue nicht darauf, dass sie eine Barriere wäre, die die Neocons aufhalten würde. Ich denke, Du hast hast das zuvor gut charakterisiert, dass unser demokratisches System  so  eingeschränkt wurde, dass uns irgendwie nur Trump und Hillary als Wahlmöglichkeiten geblieben sind. Das ist ein ziemlich heftig beschädigtes System, wie ich es sehe.

Dmitry Orlov: Ich sehe das auch so. Solche Leute wie Hillary, weißt Du, würden in einer gesunden Demokratie nirgendwo in der Nähe der Führungsspitze sein. Sie würden nur irgendwo einer destruktiven Funktion zugeordnet. Du hast im Bezug auf die Geschichte ihrer Leistungen recht. Menschen wie Hillary sollte einfach nicht die Führung anderer Menschen anvertraut werden, geschweige denn die Führung von Staaten.

Chris Martenson: Nehmen wir einmal für einen Moment an, dass sie an der Macht ist. Die neuesten Umfrageergebnisse legen nahe, dass das keine undenkbare Möglichkeit ist, außer wenn sie wegen krimineller Handlungen    ((  siehe dazu auch den Blogbeitrag “Burnt Toast” von James Kunstler vom 20. Juni 2016: http://kunstler.com/clusterfuck-nation/burnt-toast/      )) angeklagt wird und damit aus dem Rennen geworfen wird. Annehmend, dass sie an der Macht ist, was denkst Du wäre dann ihr Umgang mit Russland im Allgemeinen und mit Putin im Besonderen.

Dimitry Orlov: Ich denke nicht, dass sie tatsächlich fähig ist, rationale Ängste zu haben, weil sie sich im Wesentlichen mit Speichelleckern umgibt, die ihr sagen, was sie hören möchte, und es es ist für sie alles eine Frage der Art der Strategie. Es gibt da nicht die Art reflektierenden Denkens, die nötig ist, um die Situation wirklich zu verstehen. Also, sie kann tatsächlich einfach ziemlich sorglos einen Zwischenfalls provozieren, der sie dann in eine Situation bringt, mit der sie nichts anzufangen weiß. Dieser Moment kann plötzlich eintreten. Also, sie geht dann einfach durch die Briefing-Dokumente und sagt sich, hey, das ist eine gute Idee, lasst uns diesen Plan wie auch immer ausführen, und sie versuchen den Plan durchzuführen und, Upps, plötzlich befinden sie sich ein einem Szenarium, das sie nicht geplant haben und sie wissen nicht, was sie tun sollen. Und das wäre das Gefährlichste von allem.

Diese Ausführungen und Befürchtungen gut informierter, gebildeter und selbstständig  denkender Amerikaner zum Thema Hillary Clinton und Donald Trump stehen in einem bemerkenswerten Gegensatz zur Meinung unserer “demokratischen” Politiker und unserer “Qualitätsmedien”, die bezeichnender Weise eben jene Hillary Clinton als US-Präsidentin wünschen, der ein Chris Martenson nicht einmal die Leitung eines Kleinbetriebes zutrauen würde und die  er und Dmitry Orlov offenbar für eine ernste Gefahr für den Weltfrieden halten.

Inzwischen hat mich jemand auf eine Webseite mit dem bezeichnenden Namen Hillary is a Neocon  ( http://hillaryisaneocon.com/ ) hingewiesen, die ich hier verlinkt habe.

Russlands Situation und Rolle in der Welt ist besser als gedacht

In dem Interview kommt auch zum Ausdruck, dass die Darstellung Russlands und Putins in den westlichen Medien eher amerikanisch-europäischem Wunschdenken als der Wirklichkeit entspricht.  Russland  spielt offenbar international eine  eine wesentliche aktivere und  erfolgreichere Rolle als  unsere Medien berichten. Auch   ist seine  gesellschaftliche und  wirtschaftliche Entwicklung und  Perspektive  besser  offenbar  wesentlich besser als man  das hier im Westen  von Seiten unserer  “Qualitätsmedien” und Politiker  zu suggerieren sucht.

Russland  ist kriegsbereit

Russland hat, wie Chris Martenson anmerkt, 2014 und 2015 alle Waffensysteme einschließlich aller Atomwaffensystem getestet und es hat Alarmpläne und funktionierende Gefechtsbereitschaftsdrills, von denen wir hier im Westen nur träumen können. Wie Dmitry Orlov anmerkt fällt auch auf, dass sich in Russland die Bevölkerung auf einen großen Krieg vorbereitet.

Faktisch hat der Westen wegen der  Abhängigkeit seiner Systeme und auch seiner Lebensmittelproduktion und Versorgung von leicht stör- und zerstörbarer moderner Elektronik, von seinen Stromversorgungssystemen und vom Welthandel  keine Chance.  Die Russen können die USA und auch Westeuropa   mit  einer Vielzahl von Systemen  und Methoden innerhalb von Minuten bis Stunden ruinieren.

Ein EMP-Angriff wäre nur eine von vielen Möglichkeiten. Der Leiter einer russischen Delegation hatte schon in den 90er Jahren gegenüber dem damaligen US-amerikanischen Kongressabgeordenten Dr. Roscoe Bartlett geäußert, dass Russland, wenn es wolle, die USA mit einer einzigen Rakete für ein halbes Jahr auf  die Knie zwingen und den USA die Technik zerstören könne, ohne dass die USA sich dagegen wehren könnten. Siehe dazu auch Der Abgeordente der vom Netz ging und Weitere Literatur zum Thema EMP.  Ich binde hier die auch schon dort verlinkte TV-Doku Die EMP-Bombe: Impulse zum Blackout

ein:

Die EMP Bombe – Impuls zum Blackout from Mongos-Weisheiten on Vimeo.

Mit “russia emp weapon” findet man auf google 426.000 Suchergebnisse.

Wie Chris Martenson und Dmitry Orlov erklären, ist Russland auch im Bereich der konventionellen Kriegsführung in einer Art und Weise für einen richtigen  Krieg gerüstet, die für Europa und die USA ähnlich verheerend werden könnte wie die Rüstung Chinas in John M. Greers Roman Twilight’s last Gleaming, den ich in Kollaps als Chance kurz nacherzählt habe. Einer der Grundgedanken dazu ist, dass die Russen oder auch die Chinesen amerikanische Flugzeugträgerverbände mit Schwärmen modener Cruise-Missiles erfolgreich angreifen und vernichten könnten, und dass dies das Ende der amerikanischen Seeherrschaft wäre.

Die Russen haben jedenfalls ein breit gefächertes Arsenal, um die technischen Spielzeuge von Polizei und Militär, und auch um die Lebensmittelversorgung, die Trinkwasserversorgung,  das Gesundheitswesen und  die Funktionsfähigkeit  der  staatlichen Verwaltungen im Bereich der Nato nachhaltig zu stören oder  auch  zu zerstören.

Man bedenke: Deutschland hatte, wie die Liste der Volkszählungen zeigt,  1916, nur eine  Bevölkerungsdichte von 115  Bewohnern pro qkm. Das war  ziemlich genau  halb soviel wie heute. Der Anteil der durch Versiegelung, Bodenerosion und Verseuchung  für die Nahrungsmittelproduktion unbrauchbaren Fläche pro qkm Staatsgebiet war 1916 dagegen wesentlich geringer als heute. Trotzdem kam es im ersten Weltkrieg in Deutschland zu einer Hungersnot, weil der Seehandel ausgefallen war. Das Wissen und auch die Fähigkeit Nahrungsmittel ohne Industrieprodukte und ohne funktionierende Handelslinien und Infrastruktur selbst herzustellen, ist in Deutschland und Europa heute sehe viel weniger vorhanden als vor 100 Jahren. Heute würde ein Krieg in Deutschland eine Hungersnot auslösen, deren Opferzahl und Grauen alles übertrifft, was es bisher in Deutschland und Europa gegeben hat. Die Russen könnten eine solche Hungersnot mit nur einer einzigen Atomwaffe oder mit relativ wenigen konventionellen Waffen bewirken.   Dazu käme dann noch die Auswirkung der Massenzuwanderung und der massenhaften Aufnahme von Flüchtlingen in den letzten Jahren und Jahrzehnten, die sicherstellen dürfte, dass es im Ernstfall, z.B. deutschland- und europaweit, getrieben durch Hunger und den kriegsbedingten Ausfall oder die Überforderung der Staatsgewalt zu Szenen wie im Jugoslawienkrieg, beim Völkermord in Ruanda oder beim Krieg im Kongo kommt.

Zu bedenken ist hier auch, dass verschiedene ausländische Mächte ein Interesse daran haben könnten, große Mengen Pistolen und Gewehre nebst Munition nach Deutschland und Europa zu schmuggeln und diese in Krisenzeiten bevorzugt  an “Flüchtlinge” und “Menschen mit Migrationshintergrund” verteilen oder von diesen “finden” zu lassen. Man stelle sich vor, dass auf einmal ein oder zwei Millionen illegale Kalaschnikows nebst Munition alleine in Deutschland vorhanden sind und an die “richtigen” Leute verteilt werden, während die Lebensmittelversorgung und die Kommunikationsmittel von  BW und Polizei ausfallen.

Was dann abgeht,  hat der Schweizer Rot-Kreuz-Mitarbeiter Eugen Sorg hat in seinem Buch Die Lust am Bösen: Warum Gewalt nicht heilbar ist gut beschrieben.  Was ihn zu diesem Buch veranlasst hatte, war die Erfahrung  wie sich im Jugoslawienkrieg auf einmal Menschen, die vorher die zusammen zur Schule gegangen sind, die Nachbarn waren und die auch zusammen gefeiert haben, sich nach dem Zusammenbruch des Staates, im Bürgerkrieg auf einmal gegenseitig umgebracht und auch grausam gefoltert haben, weil sie unterschiedlichen Ethnien angehörten – und weil es so etwas wie “Lust an der Gewalt” tatsächlich gibt, sobald diese nicht mehr glaubwürdig durch die Androhung von  Gegengewalt  unterdrückt wird.  (( Siehe dazu auch meine Übersetzung von  Jack Donovans   Artikel  Gewalt ist  Gold  wert,  aber auch Gewalt und Krieg )).   Ähnliches kennen wir aus Deutschland und dem Rest Europas, durch die verschiedenen Judenverfolgungen und auch durch die Berichte von der Hexenverfolgung.   Die Hexenverfolgungen zeigen dabei, ähnlich wie einige Berichte aus Ruanda, wonach einige Hutus in weitestgehend Tutsi-freien Gebieten   andere Hutus ermordet haben, um sich an deren Besitz zu bereichern. Einige wenige gezielte Schüsse oder Anschläge der russischen Streitkräfte können jedenfalls Deutschland in ein Schlachtfeld verwandeln, in dem sich die verschiedenen ethnischen und sozialen Gruppen gegenseitig massakrieren,  während Nahrungsmangel, Trinkwassermangel und Krankheiten   auf allen Seiten  furchtbare Opfer  fordern.  Die NATO wäre dann jedenfalls sehr gut mit sich selbst und den Folgen der Fehler ihrer Führer beschäftigt.

Was tun?

Als Chris Martenson Dmitry Olov fragt, was er denn persönlich für Konsequenzen aus der zunehmenden Gefahr eines Krieges und auch eines Zusammenbruchs der USA ziehe, antwortet Orlov, dass er wieder nach Russland zurückkehren werde.

Negative Zinsen und Geld

Sehr lesenswert sind auch die Ausführungen von Chris Martenson und Dmitry Orlov über das Phänomen der negativen Zinsen und über das Geld. Das Fazit davon ist, dass das Geld dabei ist, seine Eigenschaft als Tauschmittel und Wertspeicher zu verlieren und dass man sich daher dann wohl oder übel über  Tauschgeschäfte anderer Art nachdenken sollte.

Hier noch die Übersetzung eines Teils des die negativen Zinsen und das Geld betreffenden Abschnitts des Interviews:

Dmitry Orlov:    Nun, sie versuchen die  Daten zu ignorieren, weil – was für Wahlmöglichkeinten haben sie?  Es  sieht aus, als ob  es nichts  anderes gibt, was sie  tun können. Das große Problem  mit negativen Zinsen ist,  dass wenn man sie  hat,  Geld nicht mehr das ist, was  man  damit  eigentlich meint. Es ist etwas, richtig?  Aber es  ist  kein Geld mehr im  normalen Sinn, in dem die Leute gewohnt sind über Geld zu denken.  Das alte Sprichwort ist, dass man Geld hat, um Geld zu machen.  Jetzt   muss man Geld haben, um Geld zu verlieren. Nun, wie du weißt kann man Geld auf alle möglichen Weisen verlieren. Um Geld zu verlieren, braucht man keine besondere Fähigkeit.  Das  bedeutet nicht, dass es nicht wichtig  ist, wie man  Geld verlieren kann. Jeder kann Geld verlieren. Und daher ist die Frage, was man mit dem Zeug machen soll, was nicht genau Geld ist. Die Antwort ist, herauszufinden was eher  so ähnlich wie Geld ist….

Also da sind all diese Dinge, die passieren, bei denen es sich grundsätzlich um Erosionen der Idee des Geldes handelt. Das ist so, weil Geld nicht mehr Geld ist,  wenn man negative Zinsen hat.

Chris Martenson:    Das ist in Wirklichkeit weil wir derzeit nicht mehr im Reich der Finanzen sind, sondern im Reich von Voodoo. Geld ist ein Idee. Wir geben vor, dass es real ist, aber es ist nur eine Idee. Etwas, von dem wir uns vorstellen, dass es wertvoll ist und daher ist es das und wir konstruieren Strukturen um es herum, um vorzugeben, dass es wertvoll ist, und Dinge wie Steuern und Ähnliches, das ist alles gut und in Ordnung. Aber das, worüber du sprichst ist die  grundlegende  funktionelle Idee des Geldes, auf der wir all unsere  Systeme und  unser Denken im Bezug auf das Geld  gebaut haben, als die  neueste Entwicklung angegriffen wird.  Und  all das im Dienste  des Versuchs, ein  nicht nachhaltiges System ein klein Wenig länger zu erhalten  und  in Gang zu halten.  Hey, unsere Schulden wachsen doppelt so schnell wie das zugrunde liegende Einkommen.  Schlechte Idee? Laßt und nicht darüber sprechen. Lasst uns einfach ein Weilchen weiter machen.  Vielleicht  lass uns unsere  Finger kreuzen, damit die Götter des Wachstums uns freundlich zulächeln.  Sie sind  vor  mehr als zehn Jahren im Kampf gefallen  und wir  bestehen dennoch darauf, dass  sie  weiterleben. Also meiner Meinung nach  bestehen wir weiter darauf, bis etwas einfach zerbricht und die Leute sollten darauf vorbereitet sein. Teilst du diese Ansicht – letzte Frage –   und wie wenn ja, wie sollten sich die Leute darauf vorbereiten?

Dmitry Orlov:    Ja, grundsätzlich, wenn man Geld als das grundlegende Konzept des perfekten, abstrakten universellen Medium zum Tauschen und zum Aufbewahren von Werten sieht, das gerade zerfällt, dann sind wir im Grunde zurück auf dem Weg zu  Tauschgeschäften. Also werde auf diesem Gebiet gut.  Verstehe, dass  Tauschhandel wirklich die  Basis  ist.  Verstehe, dass  man, wenn man etwas mit Geld kauft,  man Geld gegen etwas tauscht. Und wenn Geld so schwach ist, wie es  werden wird und  sein Konzept derart unterminiert wird, dann könnte man darüber nachdenken, mit etwas anderem zu tauschen.

Zu diese Diskussion siehe auch meinen Beitrag Energie und Geld

NHagens-Kostenentwicklungund dort insbesondere auch die aus Nate Hagens Vortrag entnommen Grafiken  über die grundsätzlich ab einem bestimmten Punkt steigenden Kosten für fossile Energieträger und NHagens-MoneyEnergyandere nicht erneuerbare Rohstoffe und für die damit zusammenhängende gegenläufige Entwicklung  von Geldmenge und  realem Wohlstand, der grundsätzlich eine Funktion der Menge und des Preises der verfügbaren Energie ist. Wenn das reale Kapital schrumpft während die Geldmenge steigt, sinkt der Wert des Geldes. Negative Zinsen sind ein Versuch, die Geldmenge wieder zu reduzieren und an die schrumpfende Menge des realen Kapitals anzupassen. Das Ganze zeigt, dass die technologischen Entwicklungen und der Fortschritt, an den so viele noch glauben, uns eben nicht retten. Siehe dazu auch  den Abschnitt Technologischer Optimismus in Dem Energiedilemma auf dem Grund gegangen .

 

Was die Fähigkeit der Nato, tatsächlich Krieg zu führen und z.B. die Russen wirklich abzuschrecken angeht, so möchte ich hier zum Schluss noch einmal darauf hinweisen, dass die Verwundbarkeit der Lebensmittelproduktion- und Versorgung und auch ganz allgemein  der technischen Infrastruktur, derzeit unweigerlich zu einer vernichtenden Niederlage Deutschlands und der anderen Nato-Staaten führen werden. Der Gegner muss dabei noch nicht einmal eine hochgerüstete Supermacht wie Russland sein.  Siehe auch meinem Blogbeitrag Hybrider Krieg als neue Bedrohung .

Roscoe Bartlett, über den der erste Artikel auf meinem Webblog, nämlich  Der Abgeordnete der vom Netz ging   handelte, hat mehrfach darauf hingewiesen, dass die Russen  durch ihre Gärten  Katastrophen und Kriege  sehr viel besser überleben  können als   westliche Staaten wie die USA, die  ein solches System nicht  oder nicht in diesem Umfang haben.  Von Industrieprodukten, Importen und Maschinen unabhängig, nachhaltig produzierende Gärten, gute Böden, gutes an die lokalen Gegebenheiten angepasstes, robustes Saatgut  und eine Landwirtschaft, die auch ohne Kunstdünger, ohne Pestizide, ohne Herbizide, ohne Hybridsaatgut und im Notfall auch ohne Elektronik, ohne Diesel und ohne Ersatzteile genug Lebensmittel liefern kann, sind  sicherheitspolitische Notwendigkeiten. Staaten, die das, wie Deutschland und  alle mir  einfallenden Nato-Staaten  nicht haben, und die keinen Selbstmord  begehen wollen, können besser gleich an der Grenze große Schilder mit der Aufschrift: “Wir kapitulieren und erfüllen alle Bedingungen aller auch nur halbwegs modern ausgerüsteten und entschlossenen  Invasoren. Bei Interesse an einer Kapitulation , an Tributzahlungen oder oder auch Eroberung oder sogar an einem Austausch unserer Bevölkerung, rufen sie bitte bei unserer Regierung  unter der Nr. xxx an und vereinbaren einen Termin für ihr Friedensdiktat.

Zumindest der  Bevölkerung in Deutschland kann man das Friedensdiktat, wie  immer es  auch ausfallen wird, dann  voraussichtlich  sehr erfolgreich als weitere “kulturelle” Bereicherung, als Verbesserung der Vielfalt und als Maßnahme zur Friedenserhaltung verkaufen – vielleicht sogar mit dem Slogan “wir schaffen auch das”.

Kelberg, den 23. Juni 2016

Christoph Becker




Sumner – “Earth Hunger and other Essays”

This is to make available William Graham Sumner’s, book Earth-Hunger and other  Essays      as  compact pdf-files. The target was to simplify  printing off the essays and other parts of the book or to read them  on a smart phone.

Description of my technical processing:

I took the  pdf-version  from  https://archive.org/details/earthhungerother00sumniala

and  processed it with    the OCR-programm FineReader 12 Professional .  The parts of the book ware saved als pdf-files with a resolution of 150 dpi and without the original picture.

I made only minor corrections. For example the Umlaut  ü in  “menschenwürdiges” or “menschwürdig” in  An Examination of a Noble Sentiment was not correctly recognized by FineReader, since the document language to be used was English.    The French word sensibilité too was incorrectly recognized in the same essay.

If you find any more errors, please let me know by the  comment function.

 Construction of the filenames

Example:
Sumner-EH-131-L-IsLibertyALostBlessing.pdf

  • Author: Sumner
  • Abbreviation of  the title of the book: EH ( for Earth Hunger and other Essays)
  • Abbreviation of the part of the book – as in table of contents: L  ( for Liberty)
  • Page number where the essay starts according to the original table of contents (see below): 131
  • Name of the essay oder part in camel case notation

Now   here is the table of contents of  Earth-Hunger and other Essays, where the Titles are contain the links to the pdf-files:

Contents

Preface

Autobiography[1903]…………………………………………….. 3
The Teachers Uncontious Success……………………………   9
The Scientific Attitude of Mind………………………………. 17
Earth Hunger…………………………………………………………. 31
Purposes and Consequences…………………………………. 67
Rights……………………………………………………………………. 79
Equality…………………………………………………………………. 87
First Steps Toward a Millennium [1888]………………….. 93

LIBERTY [1887-1889]

What Is Civil Liberty?…………………………………………….109
Is Liberty a Lost Blessing?……………………………………… 131

Alle vier Essays der “Who Is Free”-Reihe, von S. 136 – 155 stehen in einer Datei.
Who Is Free? Is It the Savage?……………………………….. 136
Who Is Free? Is It the Civilized Man?……………………… 140
Who Is Free? Is It the Millionaire?…………………………..145
Who Is Free? Is It the Tramp?………………………………….150

Alle Essays der Gruppe Liberty von S. 156 – 203 stehen in einer gemeinsamen pdf-Datei:

Liberty and Responsibility…………. ………………………….156
Liberty and Law………………………………………………………161
Liberty and Discipline……………………………………………. 166
Liberty and Property……………………………………………… 171
Liberty and Opportunity……………………………………….. 176
Liberty and Labor……………………………………………………181
Does Labor Brutalize?…………………………………………….187
Liberty and Machinery…………………………………………… 193
The Disappointment of Liberty………………………………..198

FANTASIES AND FACTS

Some Points in the New Social Creed……………………..207
An Examination of a Noble Sentiment…………………….212
The Banquet of Life………………………………………………..217
Some Natural Rights…………. ………………………………….222
The Abolition of Poverty………………………………………..228
The Boon of Nature……………………………………………… 233
Land Monopoly…………………………………………………….239
A Group of Natural Monopolies ……………………………245
Another Chapter on Monopoly……………………………. 249
The Family Monopoly………………………………………….. 254
The Family and Property………………………………………. 259
The State and Monopoly………………………………………..270

DEMOCRACY

Democracy and Plutocracy…………………………………….283
Definitions of Democracy and Plutocracy……………… 290
Conflict of Plutocracy and Democracy……………………296
Democracy and Modern Problems…………………………301
Separation of State and Market …………………………….306
Social War in Democracy………………………………………..312
Economics and Politics…………………………………………..318
The Power and Beneficence of Capital [1899]…………337
Sociological Fallacies [1884]…………………………………. 357
What Our Boys are Reading [1880]………………………. 367