Erschöpfung : Eine Bestimmung der Weltrohölreserven – Eine das ETP-Modell anwendende Exergieanalyse lautet die deutsche Übersetzung des Titels einer bemerkenswerten und zugleich beunruhigenden Studie der Hill’s Group , einer Vereinigung von beratenden Ingenieuren und professionellen Projektmanagern, deren Vorgehensweise und Ergebnis hier erläutert werden soll.
(stark überarbeitet am 17.10.2016)
Zunächst zur Vorgeschichte, wie ich auf die Studie aufmerksam wurde und was ich dazu sonst noch im Internet gefunden habe:
Ich hatte mir neulich den Kunstlercast 281 angehört, in dem James H. Kunstler ein Interview mit Steve St. Angelo geführt hat. Steve St. Angelo ist der Betreiber von SRSroccoREPORT. Google findet ihn auch als Autor von Artikeln der deutschsprachigen Internetseite www.goldseiten.de.
Dieser Steve St. Angelo erwähnte im Gespräch mit James H. Kunstler, dass er kürzlich auf einen Artikel von Louis Arnoux aufmerksam geworden sei, der sich auf eine “absolut felsensoldide” Studie einer Gruppe beziehe, die sich The Hill’s Group nenne und aus Ingenieuren und professionellen Projektmanagern bestehe. Diese Gruppe habe eine thermodynamische Analyse des Ölmarktes durchgeführt und sei dabei zu dem erstaunlichen Ergebnis gekommen, dass der Ölmarkt in nur 10 Jahren, nämlich um 2026, zusammenbrechen würde.
Zunächst habe ich mir dann aber den dreiteiligen Artikel von Louis Arnoux durchgelesen, der im Sommer 2016 erschienen ist. Hier zwei Links zu diesem Artikel:
cassandralegacy.blogspot.de/2016/07/some-reflections-on-twilight-of-oil-age.html
www.resilience.org/stories/2016-08-02/some-reflections-on-the-twilight-of-the-oil-age-part-1
Auf Goldseiten.de wurde von dem oben erwähnten Steve St. Angelo am 9.8.2016 der Artikel Der bevorstehende Einbruch der Silberproduktion & ein rasanter Wertanstieg veröffentlicht, in dem er auf den Artikel von Louis Arnoux und die Studie der Hill’s Group sowie deren Auswirkung auf seine Sichtweise auf die Zukunft Silbermarktes hinweist.
Auf der Suche nach deutschen Seiten, die etwas zur Studie der Hill’s Group geschrieben haben, fand ich dann auch
- Das ETP-Modell der HillsGroup: EROI des Ölfördersystems auf der deutschsprachigen Internetseite www.peak-oil.com. Zu dem verlinkten Artikel gibt es dort 236 Kommentare, die ich mir fast alle durchgelesen habe und die ich sehr interessant fand. Der Artikel selbst enthält dort eine 20-seitige deutschesprachige Zusammenfassung der Studie. Der Autor ist ein deutscher Physiker mit Namen Berndt. Dieser Artikel ist vom 16.11.2015.
- Eine thermodynamische Analyse der Ölförderung auf der Internetseite von ASPO Deutschland. Dort finden sich Links auf den englischsprachigen Artikel von Louis Arnoux sowie ein Link auf eine deutschsprachige Zusammenfassung mit dem Titel Thermodynamische Betrachtungen zur Ölförderung. Diese Zusammenfassung ist vom 16. September 2016 und der Autor ist Dr.-Ing. Dipl-Physiker Berndt Warm.
Ich nehme an, dass es sich bei beiden deutschen Zusammenfassungen um den selben Autor handelt und dass die erste, auf www.peak-oil.com erschienene deutschsprachige Zusammenfassung eine Art semiinterner Vorläufer und Versuchsballon war. Das wäre verständlich, denn die Studie der Hill’s Group hat es wirklich in sich. Die Autoren dieser Studie waren sich wegen der Ungeheuerlichkeit der Ergebnisse ihrer Berechnungen und Ergebnisse selber unsicher. Sie hätten die Studie zunächst verschiedenen renommierten, unabhängigen Fachleuten zur Kommentierung und Kritik vorgelegt und als von da keine Gegenargumente kamen hätten sie sie noch ca. 2 Jahre (von 2013 bis 2015) mit der Veröffentlichung gewartet.
Jedenfalls habe ich mir die komplette, insgesamt 65 Seiten umfassende Studie, die ich von hier an HillsStudie nenne, gekauft und inzwischen insgesamt knapp 2 mal gelesen, obwohl ich mir das eigentlich zeitlich gar nicht leisten konnte/sollte. Ich finde die Studie wirklich spannend und die Lektüre lesenswert.
Das für mich zunächst interessanteste Ergebniss der HillsStudie ist, dass der theoretisch niedrigste EROEI (Energy Return on Energy Invested = Erntefaktor bzw. der Verhältnis von investierter zu geernteter Energie) für Erdöl eben NICHT bei 1 liegt, wie ich das bisher angenommen hatte, sondern bei 6,89 . Tatsächlich würden Erdölfelder in der Praxis in der Regel dann aufgegeben, wenn der Wassergehalt so groß geworden sei, dass der Erntefaktor nur noch knapp über 7 betrage. Der Hintergrund für dieses Phänomen ist, dass es sich bei der dem Bohrloch entströmenden Energie um mit mehr oder weniger viel Wasser versetztes Erdöl handelt. Es handelt sich hier um chemische Energie. Für das Finden, Erschließen und Betreiben einer Ölquelle benötigt man aber letztlich vor allem auch mechanische Energie. Selbst wenn aus dem Bohrloch erstklassiger, reiner Diesel statt ein schmutziges Wasser-Öl-Gemisch käme, würde bei dessen Umsetzung in mechanische Energie 60 % und mehr verloren gehen.
Die Fördermenge und auch der Energieinhalt des Erdöls, die in die Statistiken eingehen, werden an der Stelle gemessen, wo das Erdöl die Ölquelle verlässt. An dieser Stelle ist das Öl mit Wasser und anderen Verunreinigungen verschmutzt. Laut HillsStudie wird eine Ölquelle bei einem Wasser/Öl-Verhältnis von 40:1 aufgegeben. Das heißt, aus einem sich erschöpfenden Ölfeld wird zum Schluss eher kein Öl mehr gefördert, sondern nur noch mit Öl verschmutztes Wasser. Es muss zunächst Energie aufgewendet werden, um das Öl zu reinigen und das Wasser zu entfernen. Das Gemisch, das man dann hat, ist eine sehr vielfältige Mischung aus Kohlenwasserstoffen und noch lange kein brauchbarer Kraftstoff. Um z.B. Diesel, Schweröl und Schmierstoffe für die Maschinen zu erhalten, muss das Erdöl transportiert und dann weiter in Raffinerien aufbereitet werden. Das kostet alles Energie. Und oft kostet es Energie in Form von mechanischer Arbeit.
Wenn man mit Diesel oder anderen Kraftstoffen einen Verbrennungsmotor oder mit Kerosin eine Turbine betreiben will, um mechanische Energie zu erzeugen, entstehen erhebliche Energieverluste. Für Beispiele siehe die Tabelle in de.wikipedia.org/wiki/Wirkungsgrad. Ein Wirkungsgrad von 30 % bedeutet, dass 7 von 10 Teilen der Maschine zugeführten Energie nutzlos an die Umwelt abgeben werden und dass nur 3 von 10 Teilen der im Treibstoff vorhandenen Energie zur Verrichtung von mechanischer Arbeit verwendet werden können. Der hohe Wirkungsgrad von Elektromotoren sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass dazu Leitungsverluste, Energieaufwand für das Verlegen der Leitung kommen und das die Erzeugung von Strom in der Regel mechanische Energie erfordert. Dazu kommt, dass der Wirkungsgrad einer Anlage das Produkt der Einzelwirkungsgrade ist. Das bedeutet, dass alle Wirkungsgrade aller Prozesse von der Aufbereitung des aus dem Bohrloch strömenden Wasser-Öl-Gemisches über die Raffinerie bis zurück zum Arbeiten der Bohreinrichtung und der Pumpen am Brunnen den Gesamtwirkungsgrad verschlechtern.
Um aus diesem schmutzigen Wasser-Öl-Gemisch, das aus dem Bohrloch kommt Mineralölsprodukte zu fabrizieren, die für die Ölförderung oder für die Kunden außerhalb der Mineralölindustrie brauchbar sind, ist jedenfalls ein sehr erheblicher Energieaufwand nötig.
Andere wichtige Ergebnisse der HillsStudie
- Im Durchschnitt wird die Förderung von Erdöl, vom ersten Fass an bis heute, energieaufwendiger. Dieser Trend setzt sich weiter fort. Hierzu siehe auch das in meinem Artikel Dem Energiedilemma auf den Grund gegangen vorgestellte Buch von Tainter und Patzek.
- Seit 2012 wird für die Förderung im Durchschnitt die Hälfte der im Öl enthaltenen Energie für die Aufrechterhaltung der Ölförderung selbst verwendet. Wie im oben erwähnten Interview von James H. Kunstler und Steve St. Angelo zum Ausdruck kommt, war die in den Medien in den letzten Jahren so gefeierte Schieferöl- und Fracking-Party in den USA ein Verlustgeschäft und es ist dort wegen der schnell nachlassenden Förderkapazität auch in Zukunft nicht mit Gewinnen zu rechnen. D.h., wenn man Geld als Maß für Energie betrachtet, dann verbrauchen diese durch Fracking genutzten Ölfelder insgesamt schon jetzt mehr Energie als durch die Förderung dort insgesamt geerntet werden kann (siehe auch meinen Artikel Energie und Geld).
- Ab 2030, oder vielleicht auch schon ab ca. 2026, wird die Förderung von Erdöl im Durchschnitt soviel Energieaufwand erfordern, wie in dem geförderten Öl enthalten ist. Das heißt, im Durchschnitt aller Ölfelder wird sich die Ölföderung nicht mehr rentieren, wenn und soweit das Ziel der Förderung die Gewinnung von Energie ist. Die Hälfte aller Ölfelder würde dann mehr Energie für die Förderung benötigen als sie liefern kann. Ölförderung kann selbstverständlich trotzdem erfolgen und sie kann auch durchaus sinnvoll sein, weil man anderweitig, z.B. aus Erdgas oder Kohle Energie gewinnen kann, mit der zumindest ein Teil des Energiebedarfs zur Ölförderung gedeckt werden kann. Öl fördern wird man dann aber vernünftigerweise nur noch soweit man Öl für spezielle Zwecke, etwas als Treibstoff für das Militär, für die Chemische Industrie und für das Transportwesens benötigt. Interessant wird dann das Thema Landwirtschaft. Die Landwirtschaft und damit die Nahrungsmittelproduktion und Versorgung ist heute extrem abhängig von fossilen Energieträgern und da ganz besonders auch von Mineralölprodukten . Man sagt, dass die Landwirtschaft, die früher pro investierte Kalorie einige Kalorien geliefert hat, heute eine Energiesenke ist, die für jede produzierte Kalorie sage und schreibe 10 Kalorien benötigt.
- Weil der keine Energie produzierende Teil der Wirtschaft, wegen des steigenden Energiebedarfs und des sinkenden Wirkungsgrades der Ölindustrie, relativ immer weniger Energie bekommt und weil Energie die Grundlage jedes Wirtschaftswachstums ist, können sich die Verbraucher immer weniger leisten. Die Ölpreise werden damit voraussichtlich (nur zunächst?) niedrig bleiben. Weil die niedrigen Ölpreise aber nicht kostendeckend sind, wird die Industrie bei der Erkundung und Erschließung von Ölfeldern sparen. Gerade die von dem Medien in den letzten Jahren so gepriesenen unkonventionellen Ölvorkommen werden eher nicht mehr ausgebeutet werden, weil dazu die Energie fehlen wird. Was die Vorhersage dauerhaft sinkender Ölpreise angeht, ist die HillsStudie für mich derzeit nicht ganz überzeugend, weil sie auch zeigt, dass in der Vergangenheit zeitweise zu niedrige Ölpreise durch dann wieder überschießende Ölpreise kompensiert wurden. Allerdings war das in einer Zeit, als die Ölförderung pro Fass noch einen hohen Nettoenergieüberschuss und damit auch die Fähigkeit zur entsprechenden, echtes Wirtschaftswachstum bewirkenden Aktivitäten lieferte. Der “Reichtum” Deutschlands, der z.B. die deutsche Bundeskanzlerin und einen Großteil der Bevölkerung in der Flüchtlingsfrage so übermütig und vermeintlich großherzig werden ließ, war das Resultat davon, dass Deutschland diese Energieüberschüsse besonders gut zu nutzen verstand. Wenn diese Überschüsse verschwinden und die Ölförderung zu einer kostspieligen Energie- und Geldsenke wird, dürfte sich auch der “Reichtum ” der Deutschen und ihres Sozialstaates verflüchtigen. Voraussichtlich gehen dann aber auch die Grundlagen der Gesellschaft schlechthin verloren. Siehe meine Artikel Die Gundlagen der westlichen Werte und Unsichtbare Nutzflächen.
Die Methode der HillsStudie
Die bisherigen Versuche, die Ölvorkommen und deren Nutzbarkeit zu bestimmen bestanden darin, bekannte Vorkommen und deren geschätzte Kapazität zu addieren und dem erwarteten Verbrauch gegenüberzustellen. Dazu kam bzw. kommt dann noch der übliche Fortschrittsglaube, dass “die” schon Wege finden, diese Vorkommen zu nutzen, und dass “selbstverständlich” weitere große Vorkommen gefunden werden.
Die Herangehensweise und Methodik der HillsStudie ist anders. Ich versuche hier sie kurz zu beschreiben:
- Man unterstellt, dass Erdöl in der Regel gefördert wird, weil es als Energiequelle interessant ist. Man bedenke, ca. 1/3 des deutschen Primärenergiebedarfs und fast das gesamte Transportwesen werden heute mit Mineralölprodukten betrieben .
- Man weiß, dass die Förderung und die Verarbeitung von Erdöl, sowie der Transport der Mineralölprodukte zu den den Kunden Energie kostet und dass dieser Energieaufwand weiter steigt. Wenn die Förderung, die Aufbereitung und der Transport der Mineralölprodukte zu den Kunden insgesamt soviel Energie kosten, wie in dem geförderten Öl enthalten ist, macht die Ölförderung energetisch gesehen keinen Sinn mehr (was nicht heißt, dass es dann keine Ölförderung mehr geben wird).
- Man weiß, dass eine bestimmte Ölmenge einer bestimmten Ölqualität einen immer gleichen Brennwert hat.
- Es gibt einen Zusammenhang zwischen Geld, Wirtschaftsleistung und Energie. Der Energieinhalt von einem Fass Öl einer üblichen, hochwertigen Sorte kann dabei ähnlich wie ein Goldstandard als Vergleichswert genutzt werden. Die Ölpreise schwanken zwar, aber in der Regel haben sich die Marktschwankungen in der Vergangenheit über längere Zeiträume ausgeglichen. Eine Ausnahme war eine politisch bedingte Hochpreisphase in der Zeit von 1980 bis 1985, als Saudi Arabien seine Förderung gedrosselt hat, um die Preise künstlich zu steigern. Diese Phase lässt man weg.
- Man hat durch die Daten der Weltbank eine Tabelle der jährlichen Bruttoszialprodukte und man hat durch die Daten der EIA (Energy Information Agency = amerikanische Behörde für Energieinformationen) die Ölpreise in US-$ für die verschiedenen Jahre. Mit diesen Daten kann man ausrechnen, was eine bestimmte Anzahl Energieeinheiten in jedem Jahr gekostet hat.
- Man hat auch Daten über übliche Wasseranteile bei der Förderung, über die üblichen Tiefen der Bohrlöcher und deren Entwicklung, sowie über die Bodentemperaturen in den verschiedenen Tiefen. Damit kann man bei bekannter Fördermenge ausrechnen, wie viel Erdwärme zusätzlich zur im Öl enthaltenen Energie aus der Ölquelle kommt.
- Man unterstellt, dass die Ölindustrie in der Regel sehr effizient arbeitet und dass die Konkurrenz groß ist, so dass die Margen sich in Grenzen halten.
- Wenn man nun weiß, wie viel Öl gefördert wird UND wie viel Energie in der aus den Ölquellen kommenden Wasser-Öl-Mengen im Mittel enthalten ist UND was ein Fass Öl gekostet hat UND man weiß, was eine Energieeinheit gekostet hat, DANN kann man ausrechnen, wie viel Energie die Ölindustrie insgesamt für die Förderung aufwenden musste. Die Ergebnisse solcher Berechnungen kann man in Tabellen und Grafiken eintragen, auswerten und extrapolieren. Das Ergebnis kann man mit Erfahrungswerten auf Plausibilität prüfen.
Die HillsStudie betrachtet jedenfalls eine einzelne Mengeneinheit Rohöl und berechnet dazu unter anderem mit den Daten der Weltbank und der EIA verschiedene Tendenzen und Entwicklungen.
Das Bestechende an dieser Methode ist, dass man damit nicht mehr wissen muss, was wirklich wo in der Erde liegt und vielleicht, oder auch nicht, noch entdeckt und erschlossen wird.
Man betrachtet einfach, wie sich über die Jahrzehnte der Energieaufwand für die Förderung pro Mengeneinheit verändert hat, sieht sich an, wie viel Energie mit jeder Mengeneinheit verbunden ist und analysiert die damit erstellbaren Grafiken.
Das Ganze wird gut mit Mathematik verpackt und mit Formeln beschrieben und ist in Wirklichkeit schon etwas kompliziert, aber am Ende steht die Einsicht, dass die Förderung von Erdöl ziemlich sicher irgendwann zwischen 2025 und 2030 im Durchschnitt keine Energie mehr liefert – womit dann die für die Industriestaaten lange Zeit wichtigste und bei weitem wertvollste Energiequelle zu einer Energiesenke wird. Es gibt dann sicher noch Kohle und Gas und es werden dann ganz sicher insgesamt noch extrem große Mengen Erdöl, Schieferöl, Teersande usw. in der Erde lagern. Das Problem ist nur, dass deren Förderung oder Abbau dann mehr Energie kostet als gewonnen wird, so dass ein Abbau bzw. eine Förderung wenn überhaupt, dann nur noch für spezielle Zwecke Sinn macht.
Zitate aus dem Fazit der Studie:
Nur ein Teil der in der Erde lagernden Ölreserven besitzen die Kapazität, eine vorteilhafte Komponente zu liefern.
….
Der 2012 erreichte Energie-Halbwegpunkt hat eine wichtige Veränderung in der Rohölproduktion eingeleitet. Es begann ein Prozess, in dem der Endverbraucher nicht länger in der Lage war, alles Erdöl zu erwerben, das die Ölindustrie produzierte. Von der mit der Ölförderung produzierten Ölmenge wurde mehr für die Produktion von Öl abgezweigt als an die Verbraucher geliefert wurde. Dies schlug sich in dem Preisverfall von 2014 nieder, bei dem die Preise um 50 % fielen. Die Energiemenge, die an die Verbraucher geliefert wird, wird weiter fallen und das, was die Verbraucher sich maximal leisten können, wird damit weiter fallen. Es wird für die Industrie notwendig werden, die Produktion zu senken. Die am meisten kostenden Felder werden kontinuierlich geschlossen werden, während die Preise und ihr Betriebsminimum fallen.
So ganz verstanden habe ich das mit der Wende von 2012 noch nicht. Auf der Webseite der HillsGroup finden sich The Energy Factor, Part IV, The Price of Oil die betreffenden Grafiken und einige Erklärungen. Das heißt, ich verstehe das und verstehe es dann doch nicht, weil es nicht zu der von mir erlebten Realität passt. Man muss allerdings bedenken, dass die HillsStudie Durchschnittswerte betrachtet und berechnet.
Nate Hagens Vortrag und die Sache mit den Melkmaschinen
An dieser Stelle sollte ich vielleicht auf Nate Hagens neuen Vortrag, vom Frühjahr 2016, hinweisen. Hagens erklärt dort sehr gut, das und warum Energie und Geld zusammenhängen. Nach Hagens enthält z.B. ein Barrel Öl (159 Liter) soviel Energie wie ein Mensch in 10 Jahren Arbeit erbringen kann. Erst die billige fossile Energie, die weltweit 90 % aller Arbeit erledigt, mache hohe Löhne und die hohe Produktivität und den Lebensstandart in den Industrieländern möglich. Hagens bringt auch ein Beispiel aus Wisconsin, bei dem man drei Methoden zum Melken von Kühen energetisch und wirtschaftliche verglichen hat:
- Melken von Hand. Stundenlohn 5 Dollar.
- Melken mit einem normalen Melkmaschinenstand. 180 x mehr Energieaufwand als beim Melken von Hand. Dafür aber auch eine höhere Poduktivität des Melkers, der nun 20 Dollar pro Stunde verdienen kann.
- Vollautomatischer Melkstand. Gegenüber dem Melken von Hand ein 400 x höherer Energieaufwand. Aber dafür 25 Dollar Stundenlohn für den Melker
Man hat man diese drei Fälle mit verschiedenen Strompreisen betrachtet. Dabei zeigt sich, dass sich Strompreissteigerungen beim Melken von Hand nicht auswirken. Der Vollautomat wird aber, wenn der Strompreis steigt , ziemlich bald unrentabel und es kommt dann zu Betriebsverlusten. Der normale Melkstand wird von Strompreissteigerungen auch betroffen, aber weniger stark. Wenn der Energiepreis in diesem Szenario steigt kommt also für den bisher am besten verdienenden Melker, der den Vollautomaten bedient, der Punkt wo er überhaupt nichts mehr verdient oder sich einen schlechter bezahlten Job suchen muss. Wenn immer mehr Energie für die Energiegewinnung selbst erforderlich ist und weniger z.B. für den Bau und Betrieb von Vollautomatischen Melkmaschinen vorhanden ist, dann verdienen Melker weniger und sie können auch ihr Auto nicht mehr so mal eben voll tanken und den Tank aus Spaß am Fahren leer fahren. Auch ist es so, dass wenn der vollautomatische Melkstand erst einmal stillgelegt ist oder wenn neue Systeme dieser Art wegen befürchteter Energiepreissteigerungen nicht installiert werden, die Energienachfrage sinkt. Bei bei Investitionsentscheidungen für Kraftwerke könnte außerdem vermutet worden sein, dass der Energieverbrauch durch zusätzliche Umstellungen auf automatische Melkmaschinen steigt, während das nun doch nicht der Fall ist. So in etwa kann man sich die Folge einer Energieverknappung vielleicht wohl vorstellen.
Hier die letzten beiden Absätze der HillsStudie:
Die nachlassende Verfügbarkeit von Mineralölprodukten, die ihre Ursache darin hat, dass der Wert pro Einheit reduziert wird und das die Energielieferfähigkeit pro Einheit sinkt, wird eine allumfassende Auswirkung auf alle Aspekte der gegenwärtigen Gesellschaft haben. Sie wird jeden umfassen, vom Mann auf der Straße bis zu den größten Organisationen. Die Vereinigten Staaten – deren Bundesregierung, deren Regierung von Bundesstaaten und lokale Verwaltungen, zusammen mit einigen privaten Organisationen, geben jährlich 2,1 Billionen Dollar aus um das Fließen des Erdöls und der Mineralölprodukte zu schützen, zu managen und zu regulieren. ………
(Dazu gehören Militär, Straßenverwaltung und vieles mehr, was hier aufgezählt wird)
……..
Wenn das Erdöl seine Relevanz verliert, wird die geordnete, nicht chaotische Auflösung dieses kolossalen Labyrinths von Unternehmen eine der Hauptaufgaben der nächsten 20 Jahre werden.
Die Erschöpfung der nutzbaren Erdölvorräte ist weiter fortgeschritten als allgemein angenommen wird und die Förderung wird schneller abnehmen als allgemein angenommen wird.
Konventionelle Methoden der Schätzungen von Lagerstätten sind auf dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik aufgebaut, vernachlässigen aber die Effekte des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik. Obwohl sie für die Analyse individueller Ölfelder extrem passend sind, liefern sie inkonsistente, fehlerhafte Werte, wenn sie auf den Status der globalen Ölreserven angewendet werden. Die Konsequenz ist, dass die Erschließung und Nutzung der letzten 25 % der globalen Energiereserven um Größenordnungen teurer und aufwendiger sein wird als die der ersten 25 %.
Die fortschreitende Erschöpfung der Welt-Ölreserven kann Veränderungen in einer Größenordnung mit sich bringen, die man in 1000 Jahren nicht erlebt hat! Um durch diese strittige und schwierige Gebiet zu steuern ist es essentiell die Vorgänge die stattfinden zu verstehen. Es ist unsere Hoffnung zu diesem Unternehmen beigetragen zu haben.
Soweit die Schlussbemerkungen der HillsStudie.
Englischsprachiges Diskussionsforum zur Studie der Hills-Group
Im Forum der englischsprachigen Internetseite peakoil.com gibt es im Bereich Peak oil-studies, reports & models unter dem Titel The Etp Model, Q & A seit 16. November 2014 eine lebhafte Diskussion, an der unter dem Pseudonym ‘shortonoil’ auch BW Hill, der Namensgeber und Hauptautor der Hills-Studie mitdiskutiert und Fragen beantwortet. Aus organisatorischen oder programmtechnischen Gründen wird dabei alle 499 Kommentare ein neuer Thread eröffnet. Am 16. Oktober waren gab es die folgenden Threads, beginnend mit dem Ältesten:
- The Etp Model, Q & A Pt. 1
- The Etp Model, Q & A Pt. 2
- The Etp Model, Q & A Pt. 3
- The Etp Model, Q & A
Es waren am 16. Oktober 2016 insgesamt schon über 1560 Kommentare. Der Kommentarzähler für ‘shortonoil’, für alle Threads im Forum von www.peakoil.com zeigte 3607 Kommentare.
Etp steht steht für ‘Energy total production‘ und beschreibt die insgesamt für die Ölförderung erforderliche Energie. Das Etp-Modell ist das Modell der HillsStudie. Ein in der aktuellen Diskussion wesentlicher Aspekt der Studie ist, dass sie nach dem oben erwähnten Punkt im Jahre 2012, sinkende Ölpreise voraussagt, weil die Konsumenten sich höhere Preise nicht mehr leisten können. Man kann diese auch in der Grafik http://www.thehillsgroup.org/depletion2_022.htm sehen.
Studie der Hills-Group und die deutsche Energiewende
Das Prinzip des von der HillsGroup angewendeten Verfahrens könnte man meines Erachtens auch auf die Energiewende und die “erneuerbaren Energiequellen” anwenden. Ich bin ziemlich sicher, dass dabei dabei herauskommen würde, dass die deutsche “Energiewende” eine gigantische Geld- und Zeitverschwendung ist, die die Zukunftsaussichten verschlechtert. Alleine schon die Höhe der Subventionen zeigt, dass die Hoffnung auf die Energiewende ein Mega-Flopp ist und dass deren tatsächlicher Energieerntefaktor völlig mangelhaft ist. Die “erneuerbaren” Energieträger sind außerdem auf fossile Brennstoffe und da ganz besonders auch auf Erdöl angewiesen. Ein interessantes Buch dazu ist When Trucks Stop Running: Energy and the Future of Transportation von Alice Friedemann.
In dem Eingangs erwähnten Interview von James H. Kunstler mit Steve St. Angelo, dem Kunstlercast 281, wird erwähnt, dass eine komplexe Gesellschaft wie die unsere, Energiequellen mit einem Energieerntefaktor von mindestens 20 benötigt. Alle “erneuerbaren” Energien können dass nicht annähernd liefern. Wenn sie es könnten, bräuchten sie keine Subventionen um gegen die heute schon erheblich erschöpften fossilen Energieträger mit ihren stark gestiegenen Produktionskosten bestehen zu können.
Meine Prognose bis 2030
Es wird voraussichtlich noch vor 2026 heftige Kriege geben, die insbesondere auch in Deutschland und Europa Hungersnöte auslösen werden.
Nach 2030 wird die Komplexität der Gesellschaft – und damit auch deren Energieverbrauch – gegenüber heute drastisch geringer sein. Die Bevölkerung wird , durch Hungersnöte und Krieg viel kleiner sein als heute und das Leben wird einfacher und lokaler organisiert sein. Es wäre am Besten, das als unvermeidlich zu akzeptieren und zu versuchen das Schlimmste zu verhindern. Nichts kann heute voraussichtlich mehr Verbrechen, Tod und Elend verhindern als das. Die wirksamsten Maßnahmen und Vorbereitungen wären dabei jene, die Menschen auf der Ebene von Dörfern, Straßenzügen und Nachbarschaften treffen.
Siehe auch den Film die dazu geführten Interviews, die ich in dem Artikel Der Film What a Way To Go verlinkt habe.
Kelberg, den 14. bis 17. Oktober 2016
Christoph Becker
[…] Erschöpfung : Eine Bestimmung der Weltrohölreserven […]
Und heute steigt die Generation der übelsten Verbraucher den Mund-Nasenschutz zurechtzupfend in den nagelneuen SUV ein – man ist ja mittlerweile im Rentenalter und so ein SUV bietet dank seiner Höhe einen bequemen Einstieg – um damit in den Sonnenuntergang zu fahren.
Timing ist alles.