Starkregen und Sturzfluten

Der Artikel “Keine Lange Vorwarnzeit – Bundeswehrstudie fordert Schutz vor kommunalen Sturzfluten / Mehr Versickerungs- und Rückhaltebecken nötig” von Paul Leonhard, auf S. 21, in der Wochezeitung Junge Freiheit vom 26. Mai 2017 hatte mich neugierig gemacht.

Dem Artikel liegt hauptsächlich eine an der  Bundeswehrhochschule in München, unter der Führung einer Professorin für Journalistik, im Auftrag des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe angefertigte Studie zu Grunde. Außerdem wird am Ende des Artikels ein Hinweis auf die Webseite www.starkregen-ews.de gegeben. Dabei handelt es sich um eine Firma, die darauf spezialisiert ist, Simulations-Software und Beratung für die Planung und den Bau von Versickerungs- und Rückhaltebecken zu liefern.

Erst habe ich mir die Webseite dieser Firma angesehen und darüber gestaunt, dass die halt nur teure Technik und Beratungsleistungen verkaufen wollen, die meines Erachtens nur in größeren Städten und Industriegebieten mit sehr weitgehend zu betonierten, asphaltierten und bebauten Flächen Sinn machen, in denen die von mir hier weiter unten noch einmal angesprochenen Maßnahmen keinen Sinn machen.

Wenn die Software dieser Firma das hergibt und die Nutzung detaillierter Versickerngsraten erlaubt, dann könnte man damit allerdings auch den Nutzen von Maßnahmen der Bodenverbesserung im Bezug auf Starkregenereignisse und Sturzfluten im Detail simulieren und zeigen. Neben landwirtschaftlichen Nutzflächen könnte man schließlich auch Gärten und öffentliche Grünflächen optimieren, indem man die Bodenqualität und damit auch die Versickerungsrate steigert.

Die “Bundeswehrstudie”, deren vollständiger Titel “Die unterschätzten Risiken„Starkregen“ und „Sturzfluten“  Ein Handbuch für Bürger und Kommunen” lautet, und die von der verlinkten Seite als pdf-Datei kostenlos heruntergeladen werden kann, habe ich nach etwas Suchen gefunden und mir heruntergeladen. Das Handbuch ist aus dem Jahre 2015. Ich habe etwas darin gelesen (wer und was sind die Autoren? Inhaltsverzeichnis? Anhänge? und und dann mit Hilfe der erweiterten Suchfunktion von Acrobat-Reader etwas  untersucht, und dann gezielt weiter gelesen). Ich habe die Studie mit ihren 400 Seiten also nicht ganz gelesen.

Mit den Stichwörtern bzw. Wortteilen Humus, versicker und Liter bin ich schnell fündig geworden:

Auf S. 196, “Ganzjährige Nutzung von Agrarflächen”, findet man zunächst:

Jeder natürliche Boden funktioniert grundsätzlich wie ein Wasserspeicher, da in den Hohlräumen und Poren zwischen
den Bodenpartikeln das Wasser wie von einem Schwamm aufgesaugt wird. Je nach Humusgehalt, Art des Bodens und der
Dichte kann die Aufnahmefähigkeit variieren. Im günstigsten
Fall wird das Wasser einfach vom Boden aufgenommen oder
kann auf den weiten Außenflächen verdunsten. Bei Starkregen
ergibt sich das Problem, dass das Wasser nicht schnell
genug vom Boden aufgenommen werden kann und somit
oberirdisch abfließt, obwohl die Speicherkapazität nicht ausgeschöpft ist. Der Grund hierfür liegt in der landwirtschaftlichen
Nutzung vieler Böden, die dadurch stark komprimiert
und meist auf schnelles Wachstum (Monokulturen) ausgelegt
sind. Die Bodenschichten sind weniger heterogen und verdichten
sich schneller durch eher oberflächlichen Wurzelwuchs.
Um den Boden auch für Starkregen so aufnahmefähig
wie möglich zu gestalten, können gegen dieses Problem verschiedene Maßnahmen ergriffen werden: Zum einen durch
eine Umstrukturierung der Flächen, zum anderen durch eine
Umstrukturierung der Böden. Die Ziele sind die Steigerung
der Aufnahmekapazität sowie die Vergrößerung der Verdunstungsflächen.

Zahlen dazu?

Die Suche mit “Liter” führte zu Seite 198, Zitat:

Eine ganzjährige Bepflanzung (z. B. Dauergrünland) kann bewirken, dass der Boden sich wieder auflockert (Durchwurzelung), fruchtbarer wird und somit mehr Wasser aufnehmen kann. So können Grasflächen zwei, Wälder bis zu fünf Liter Regen pro Quadratmeter aufnehmen. In dichten Waldbeständen können so 60 bis 75 Liter/m² versickern, auf einer Weidefläche nur 20 Liter.

Was denn nun? Grasfläche zwei Liter aber  Weide  20 Liter und in welcher Zeit?  Wald fünf Liter oder 60 bis 75 Liter und in welcher Zeit? Von Leuten die vielleicht mal Generalstabsoffizier oder sogar General werden wollen und auch von einer Professorin für Journalismus, erst recht an einer Bundeswehrhochschule, habe ich mehr Präzision im Detail erwartet.

Die per Fußnote angegebene Quelle, auf die in dem gesamten Buch übrigens fünf mal verwiesen wird ist laut Literaturverzeichnis:

GRAW, MARTINA (2005): Hochwasser – Naturereignis oder Menschenwerk? Schriftenreihe der Vereinigung
Deutscher Gewässerschutz, Band 66, 3. Auflage, Bonn.

Das hat mir dann gereicht, weil ich ganz andere Daten in Erinnerung hatte.

Auf Youtbube findet man mit “Infiltration rate” einige Beispiele für Infiltationstests. Ich habe die Suche dann noch auf “Infiltration rate archeluta” erweitert und habe mir noch einmal Ray Archelutas “Soil Slake and Infiltration Test” (dt. Mutterboden-Zerfall und Infiltrationstest) angesehen.

Dann habe ich noch einmal Gabe Browns Vortrag Key to Building healthy Soil – Holisctic Regeneration of Our Lands: A Producer’s Perspectiv (dt.: Schlüssel zum Aufbau von gesundem Mutterboden – Ganzheitliche Regeneration unseres Landes: Aus der Perspektive eines Erzeugers) gescannt und nach der Stelle gesucht, wo er auf die Verbesserung der Versickerungsrate auf seinen Flächen und auf die Wirkung extremer Starkregenereignisse auf seinem Land und bei seinem Nachbarn eingeht.  Das ist etwa ab Position Minute 20.

Am 15 Juni 2009 wurde für das Gebiet von Browns Ranch Starkregen angesagt. Um 18:30 fing es an zu regnen um Mitternacht hat er 13,2 Zoll, dass sind 335 mm bzw. 335 Liter pro Quadratmeter in nur 5 1/2 Stunden, gemessen.

Das folgende Bild (Poor Infiltration, but Good for Ducks = Schlechte Infiltration, aber gut für Enten) des “Entengebietes” seines Nachbarn, womit er hier ironisch dessen Weide und Ackerland nach Starkregen meint, hat er 3 Wochen nach diesem Starkregen aufgenommen.

Das Bild folgende Bild (Adequate Infiltration: 13.6″ in 22 Hours , auf deutsch: Angemessene Infiltration: 345 Liter Regen in 22 Stunden) hat ein  Angestellter vom zuständigen Soil Conservation Service (amerikanische Bodenerhaltungsbehörde) aufgenommen. Es zeigt Gabe Browns Ackerland am nächsten Tag, nachdem am Abend und in der  Nacht davor insgesamt 345 Liter in 22 Stunden gefallen waren:

Er erwähnt dann, dass 1991, als er den Betrieb  übernommen habe, eine Wasserinfiltrationsrate von 1/2 Zoll pro Stunde, das sind 12,5 Liter pro Quadratmeter und Stunde, gemessen wurden. 2016 wurden 8 Zoll, dass entspricht 203 Liter pro Quadratmeter und Stunde, gemessen. Einen Starkregen mit 8 Zoll pro Stunde habe er noch nicht erlebt.

Landwirtschaftliche Nutzfläche kann also, mehr als 10 mal soviel Wasser bei Starkregen in einer Stunde aufnehmen, wie man an der Bundeswehrhochschule und beim Deutschen Gewässerschutz meint.

Gabe Brown erwähnt dann auch noch,  sein Land  sei auch nach dem oben erwähnten, extremen Starkregenereignis noch mit jeder seiner Maschinen befahrbar gewesen. Das Wasser, das sein Land bei dem Starkregen aufgesogen habe, hätte er natürlich zu anderen Zeiten für das Pflanzenwachstum.

Zu Gabe Brown und seinem Betrieb hatte ich auch schon in Optimierung im Getreideanbau und Hochwasserschutz durch Integration der Mutterkuhhaltung geschrieben. Damals war mir aber noch nicht bewusst, dass zwischen Hochwasser und Starkregen zu unterscheiden ist.

Mit “no till gardening” und “garden crimping” findet man auf Youtube interessante Informationen und Beispiele dafür, wie auf kleineren und auch auf großen Flächen vorgegangen werden kann, wenn man keine Herde mit Kühen oder anderen Wiederkäuern hat.

Das Crimpen der Zwischenfrüchte oder der Einsatz von Wiederkäuern mit hoher Tierdichte (Mob-Grazing) ist aber ein Teilaspekt.  Gabe Brown setzt z.B. durchweg sehr vielfältige Zwischenfrucht-Mischungen ein.

Die Methode von John Jeavons, mit seinem Biointensiven Gartenbau, der sehr wohl umgräbt und der den Boden dabei bis zu 60 cm tief mechanisch auflockert und auch die der Singing-Frogs-Farm, mit ihrem extrem intensiven und ohne Umgraben auskommendem Gartenbau und inzwischen über 90 cm tiefer Humusschicht, erreichen wohl alle auch sehr gute Wasserinfiltrationsraten und damit auch gute Beiträge zum Schutz vor Starkregen und Hochwasser.

Insgesamt kann man festhalten, dass im Bereich Landwirtschaft und Gartenbau Verbesserungen möglich sind, die gerade auch vor dem Hintergrund des Starkregenrisikos Verbesserungen erlauben, die heute in Deutschland in der Regel nicht für möglich gehalten werden.  Wie weit diese Möglichkeiten auch für Dörfer und Städte zum Schutz vor Schäden durch Starkregen und Sturzfluten geeignet sind wäre durch entsprechende Berechnungen und Simulationen zu prüfen. Der angenehme Nebeneffekt dieser Verbesserungsmöglichkeiten ist, dass damit zugleich auch die Qualität der produzierten Nahrungsmittel und damit die Gesundheit der Bevölkerung, die Ernährungssicherheit der Bevölkerung bei lange andauernden Katastrophen und auch die Ertragslage der Erzeuger verbessert werden kann, während die Bodenerosion vermindert werden kann. Die Ertragslage der Erzeuge würde dabei u.a. auch dadurch verbessert, dass sich Trockenperioden weniger auf die Erträge auswirken, dass die Niederschlagsmengen besser im Boden gehalten und genutzt werden.

Der Journalist der Jungen Freiheit hat seinen Job meines Erachtens schon gut gemacht. Aber von der Bundeswehrhochschule und einem an dieser angesiedelten Lehrstuhl für Journalistik, der sich dem Thema umfassend mit Staatsmitteln gewidmet hat – und auch ganz allgemein von einer Regierung eines “so großen und reichen Landes wie Deutschland” – sollte man sehr viel mehr erwarten können.

Was ist, wenn die Hochschulen, die Führung der Bundeswehr und die Regierung auch in anderen, für das Überleben und die Zukunft des Landes noch viel wichtigeren Fragen genauso oberflächlich recherchieren und zu ähnlich irreführenden Daten und Zahlen kommen und als Folge davon angemessene und brauchbare Problemlösungen nicht sehen?

Kelberg, den 26. Mai 2017

Christoph Becker




Weidemanagement und Rohmilch als Dünger und Bodenverbesserer

Wenn man auf Youtube mit “National Small Farm Trade Show and Conference 2012” sucht, bekommt man einige landwirtschaftliche Präsentationen gelistet, von denen ich hier auf drei besonders hinweisen möchte:

Ralph Voss ist der Inhaber der  Voss Land & Cattle Company.

Erstaunlich und neu an seinem Vortrag war für mich insbesondere, dass die Anwendung von relativ kleinen Mengen Rohmilch (ca. 2 bis 3 US-Gallon pro Acre bzw. knapp 20 bis 30 Liter pro Hektar)  zu einer deutlichen Verbesserung des Ertrages, der Weidequalität und auch zur Bodenlockerung führt.

Mit “Rohmilch Dünger” oder auch mit “Rohmilch Weide” findet google derzeit (10. April 2017) nichts. Mit “Raw milk spray pasture” findet sich aber einiges.

Die Studienergebnisse und auch die Meinungen zu diesem Thema sind unterschiedlich.  Ich fand z.B. den Bericht über eine Untersuchung der Universität Vermont aus dem Jahre 2014 und den Artikel Field trials show applying milk to pasture is increasing Brix values, reducing compaction and increasing tonnage  (dt.: Feldversuche zeigen, dass die Ausbringung von Milch auf Weiden die Brixwerte steigert, die Bodenverdichtung reduziert und zu einer Steigerung der Trockenmasse führt.)

Zum Thema Brix-Werte

Weil es bei Landwirten in Deutschland nicht unbedingt bekannt ist, möchte ich darauf hinweisen, dass der Brixwert oder Brix, der in den USA offenbar häufig zur Messung der Qualität oder Qualitätsverbesserung von Weiden verwendet wird, einen Hinweis auf den Nährstoffgehalt der Pflanzen liefert. Gemessen wird er in der Regel mit einem Refraktometer, das dazu einen Messbereich von 0 bis ca. 25 oder besser 30 Prozent hat.  Um Gras und Kräuter für solche Messungen auspressen zu können, habe mir zwei kleine Platten aus einer Legierung für die Herstellung von Modellgußprothesen gegossen und galvanisch poliert,  man könnte aber genauso gut  zwei dicke Edelstahlblechstücke nehmen. Wenn man die Pflanzenteile, von denen man den Brixwert messen möchte zwischen diese Platten legt und diese z.B. mit einem Knippex-Zangenschlüssel (weil sich bei diesem die Backen parallel bewegen), oder auch mit einer einfachen Wasserpumpenzange zusammendrückt, kann man damit leicht die nötige Menge Saft für die Messung erzeugen, und man kann die Platten anschließend leicht für die nächste Messung reinigen.

Ralph Voss erwähnt in seinem Vortrag auch noch andere Möglichkeiten wie Melasse, Fischlösungen, Komposttee und Seesalz. Rohmilch scheint aber besonders gut zu wirken, wenn ……

Warum könnte Rohmilch als Dünger wirken?

Warum könnte es tatsächlich sein, dass Rohmilch den Ertrag und die Bodenqualität verbessert und wie kann man sich erklären, dass die Ergebnisse  bei unterschiedlichen Studien und Landwirten sehr unterschiedlich sind?

Ralph Voss ist ein Nachbar und Schulkamerad  von Dr. Robert Kinkhead, einem pensionierten Tierarzt und Hobby-Farmer, der bei der National Small Farm Trade Show and Conference 2012 ebenfalls einen Vortrag gehalten hat und zwar über Mob-Grazing oder rationales Beweiden, wie André Voisin es in  seinem 1958 auch ins Deutsche übersetzten, aber leider vergriffenen Klassiker Die Produktivität der Weide genannt hat. Ich beziehe mich dabei auf die mir nur vorliegende amerikanische Ausgabe Grass Productivity: An Introduction to Rational Grazing. Allan Savory, der auf darauf aufgebaut hat nennt es, oder besser seine Erweiterung,  Holistic Management: Holistic Management: A New Framework for Decision-making. Man könnte auch ganzheitliches Weidemanagement sagen. Dr. Kinkhead empfiehlt übrigens jedem, der dieses Weidesystem wirklich verstehen und anwenden will,  zunächst die vollständige Lektüre der beiden genannten Bücher von Voisin und Savory, auch wenn diese nicht immer ganz einfach und teilweise langweilig sei.

Wie der oben verlinkte Vortrag von Robert Kinkhead gut erklärt, sind die Resultate dieses Beweidungssystems:

  • Steigerung des Kohlenstoffgehaltes im Boden, was u.a. wegen der extremen Oberfläche des Kohlenstoffs zu einer drastischen Steigerung der Wasseraufnahme und damit auch dem Hochwasserschutz dient und das Regenwasser für Trockenperioden auf der Wiese des Bauern hält.
  • Ein reges Leben von Mikroorganismen und Kleinlebewesen im Boden. Dadurch können insbesondere auch Mineralien aus dem Boden gelöst werden, was u.a. den Düngerverbrauch reduziert. Das heißt, ein wesentliches Merkmal und Ziel dieses  Beweidungssystems ist, ein für die Mikroorganismen und Kleinlebewesen im und auf dem Boden förderliches Mikroklima zu schaffen und diese gut zu füttern. Ein Ergebnis davon ist, dass insbesondere auch Mineralien und Spurenelemente aus dem Boden gelöst und für die Pflanzen verfügbar gemacht werden, die für die Pflanzen sonst nicht verfügbar wären bzw., die sonst der Bauer oder Gärtner als Industrieprodukte kaufen und aufbringen müsste.
  • Der Netto-Ertrag entsprechend bewirtschafteter Flächen kann wesentlich besser sein als bei konventionell-industrieller Landwirtschaft. Dr. Kinkhead hat z.B. mit einer betriebswirtschaftlichen Analyse seines Betriebes festgestellt, dass er ca. 250 kg schwere Kälber für ungefähr die Hälfte der in den USA üblichen, durchschnittlichen Kosten produziert hat.

Das Vorhandensein von reichlich Mikroorganismen und Kleinlebewesen im Boden dürfte der entscheidende Faktor für die Wirksamkeit von Rohmilch und auch von Komposttees usw. sein. Ich könnte mir z.B. vorstellen, dass die Milch biologische Bausteine und Katalysatoren (Enzyme), enthält, die für manche Bakterien und Kleinlebewesen sehr förderlich sind und die ohne Rohmilch  nicht oder nur in wesentlich geringerer Menge vorhanden sind. Auf solche Katalysatoren weisen auch die Versuchsergebnis mit unterschiedlichen Milchmengen hin. Es bringt nichts, die Menge auf mehr als 20 bis 30 Liter pro Hektar zu steigern. Das sind zwei bis drei ml  pro Quadratmeter. Ein Teelöffel sind ca. 5 ml und ein Esslöffel sind ca. 10 bis 15 ml (Wikipedia-Küchenmaße).  Es geht hier also um nur einen einzigen Teelöffel Rohmilch für rund 2 Quadratmeter.

In einem Boden,  wie ihn die industrielle Landwirtschaft z.B. durch Umpflügen, Pestizide, Herbizide, Monokulturen, hohen Bodendruck mit sehr schweren Maschinen usw. produziert, also in einem Boden, in dem die Mikroorganismen und Kleinlebewesen tot sind oder hungern und verdursten, wird Rohmilch  voraussichtlich keinen oder nur einen vergleichsweise sehr geringen Effekt haben, weil eben keine oder nicht genug Mikroorganismen und Kleinlebewesen vorhanden sind, die von der Milch und dergleichen profitieren können.

Der oben verlinkte Vortrag von Mark Bader, einem Biochemiker, der offenbar auch selbst Rinder hält und sich mit der Firma Free Choice Enterprises, einem seit über 60 Jahren bestehenden Familienbetrieb, auf Nahrungsergänzungsstoffe für Rinder spezialisiert hat, passt zu diesem Themenkomplex. Baders Vortrag habe ich mir nicht jetzt, sondern schon im letzten Herbst angehört und fand ihn damals sehr informativ. Baders Vortrag passt hier, weil er auch das Thema Mikroorganismen im Boden anspricht.

Jeder der drei, verlinkten und inzwischen schon ca. 5 Jahre alten Vorträge wäre im Grunde einen eigenen Artikel wert. Alleine schon Dr. Kinkheads Bemerkung, dass eine Kuh, die ein Jahr  auf knappen halben  Hektar weidet, 1000 Pflanzen töten kann, aber dass 1000 Kühe, die einen Tag auf einem knappen halben Hektar grasen keine einzige Pflanze töten,  wäre einen Artikel wert. Allerdings habe ich dazu im Prinzip schon in Was würde der alte deutsche Weidepapst sagen? etwas geschrieben. Das Bittere dabei ist, dass dieses Wissen hier in der Eifel, auf dem Versuchsgut Rengen, das dessen damaligem Leiter, Prof. Ernst Klapp, der auch André Voisin gut kannte, sehr wohl bekannt war.

Das ganze erinnert etwas an Sag mir wo die Blumen sind:

Verstehen wird man in Deutschland wohl immer erst viel zu spät oder zumindest unnötig spät.

Kelberg, den 10. April 2017

Christoph Becker

 

 




Der Rundballen-Abwickler-Anhänger

Ich möchte hier ein genial einfaches Gerät zum Abwickeln und weideschonenden, eine intelligente Nährstoffverteilung fördernden  Verfüttern von Rundballen vorstellen.

Wenn man im Herbst und Winter durch die Lande fährt sieht man immer wieder, dass Rinder auf den Weiden mit Rundballen gefüttert werden, die dazu in Raufen  geladen werden. Um die Rundballen in die Raufen zu bekommen benötigt man einen schweren Traktor mit Allrad-Antrieb und Frontlader, der bei nassen Wiesen oft erhebliche Schäden verursacht.

Um die Raufen herum ist der Boden von den Tieren in der Regel ziemlich übel zertrampelt. Weil die Tiere da wo sie vorzugsweise Fressen auch den meisten Dung und Urin abgeben ist der Boden um die Raufen herum zudem stark überdüngt. Die in dem Futter enthaltenen Nährstoffe werden bei der Fütterung über Raufen also ungleichmäßig verteilt, während die Grasnarbe um die Raufen herum zerstört wird.

Wünschenswert wäre, es die Bodenschäden durch den Transport und durch das Verfüttern der Rundballen zu minimieren und die beim Fressen von den Tieren in Form von Dung und Urin wieder abgegebenen Nährstoffe gezielt auf der Weide zu verteilen.

In den beiden Büchern

von Greg Judy von der Green Pasture Farm, habe ich dazu eine genial einfache und effiziente Lösung gefunden: Den Rundballenabwickelanhänger, von dem auf den folgenden Bildern bzw. in den im Folgenden verlinkten Youtube-Beiträgen verschiedene Versionen gezeigt werden:

Eine weiterentwickelte Version, Position zum Aufladen oder Abrollen des Rundballens

Rundballen geladen. In Transportstellung

Die ursprüngliche Version. Unbeladen. Das Bild stammt aus dem Buch “Comeback Farms” von Greg Judy. Er hat das Wägelchen aus alten Anhängerteilen für wenig Geld zusammenschweißen lassen.

Version “Quick-Roll Unroler Dolly” in Aktion:

Version “Round Bale Unroller/ Feeder V1.  von Roy Beale”, mit Tandemreifen für geringeren Bodendruck:

Eine andere, etwas umständlichere Version:

Eine Version mit elektrischer Winde:

Farm Pro Round Bale Carrier Feeder:

Wesentliche Vorteile dieser Rundballenabwickleranhänger sind

  • Es können normale Geländefahrzeugen, sowie mit ATVs und  UTVs mit relativ geringem Bodendruck verwendet werden, was den Schaden an den Weiden im Vergleich zur Verwendung schwerer Traktoren mit Frontlader erheblich senken dürfte.
  • Die Ort für die Fütterung kann variieren und die Verteilung der Nährstoffe kann an die Bedürfnisse der Weide angepasst werden.
  • Die Schäden durch Zertrampeln der Weide, die man um die üblichen Futterraufen herum beobachten kann, werden vermieden.

Ich habe vor einiger Zeit der Firma Anhängerbau Herrmann-Josef Wagner, Zur Schmiede 1, 53539 Kelberg-Köttelbach, e-mail info@anhaenger-wagner.com  vor einiger Zeit einen Teil der oben stehenden Bilder und Links geschickt und den Vorteil des Rundballen-Abroller-Anhängers erläutert. Wenn man einen solchen Anhänger haben, aber nicht selber bauen möchte, kann man vielleicht dort einen gebaut bekommen.

Zum Einsatz des Anhängers ist noch zu erwähnen, dass Greg Judy in seinem Buch den Tipp gibt, dass man die Verteilung des Heus verbessern kann, in dem man die Ballen entgegen der Wickelrichtung auflädt und dann mit relativ hoher Geschwindigkeit abwickelt.

Wenn man nur wenige Kühe hat wäre es meines Erachtens zudem vorteilhaft, wenn man immer nur einen Teil des Rundballens abrollt und dann den Anhänger mit einem Elektrozaun abzäunt und bei schlechtem Wetter vielleicht auch mit einer Plane abdeckt.

Greg Judy erwähnt in seinem Buch auch, dass er im Sommer die Rundballen vom Lohnunternehmer möglichst dort auf den Weiden abladen lässt, wo er sie im Winter dann auch verfüttern will.

Anfangs habe er die Ballen übrigens auf an den schlechtesten Stellen der Weiden mit Hilfe dieses Anhängers verfüttert. Inzwischen verfüttere er sie aber entgegen der Intuition an den besseren Stellen, weil dort der Nährstoffbedarf wegen des erhöhten Wachstums größer sei.

Kelberg, den 1. Januar 2017

Christoph Becker




Die Grassfed Exchange

Die Grassfed Exchange  ist eine  gemeinnützige Organisation von ehrenamtlich mitarbeitenden Ranchern und Unterstützern der Weidewirtschaft. Ihrem Missionstatement zur Folge  ist sie  faktisch ein Verein zur Verbreitung und Verbesserung der Prinzipien und Methoden der regenerativen Landwirtschaft.   In jedem Fall aber ist sie eine Quelle erstklassiger, hochaktueller Vorträge und Informationen zu Themen wie Bodengesundheit, Gründlandbewirtschaftung,  Zwischenfrucht- bzw. Deckfruchtanbau,  Kohlenstoffsquestrierung, Ernährung und vielem mehr.

Hier das Missionstatement:

Wir glauben, dass regenerative Landwirtschaft eine sonnenlicht-betriebene Zukunft mit gesunden, prosperierenden Familien, blühenden Gemeinschaften, tiefem Mutterboden, sauberem und reichlich vorhandenem Wasser und einer kräftig gedeihenden Biodiversität schaffen kann.  Unsere Mission ist es Rancher, Farmer, Gemeinschaften und Regierungen in die Lage zu versetzen diese Zukunft mit Absicht, Eleganz und Geschwindigkeit über Wasserscheiden und Kontinente hinweg zu schaffen, durch:

  • Katalysieren  des  Austauschs von Wissen, Ideen, Strategien ,  Tiergenetik, Produkten und  Dienstleistungen  die  den  transformierenden Einfluss der  Weideindustrie  ausweiten
  • Verbinden der viehhaltenden Generationen damit sie zusammen lernen und die Nachfolge regeln können.
  • Fördern von weitverbreitetem Monitoring um Rückmeldungen für Landmanager, Gemeinschaften und die Welt insgesamt zu erhalten.

Unter https://grassfedexchange.com/videos  findet man derzeit (22. September 2016)  insgesamt technisch gut gemacht 15 Videos, die man auch auf Youtube findet wenn man dort mit “GFE 2016” sucht.  Diese  Videos wurden offenbar  erst im August  2016 hochgeladen wurden. Kurbeschreibungen  der Vortragenden: https://grassfedexchange.com/speakers

Dazu gehören Vorträge wie

Insgesamt eine exzellente, sehr aktuelle Informationsquelle.

Vorträge älterer Veranstaltungen der Grassfed Exchange findet man auf Youtube wenn man mit “Gassfed Exchange” sucht.

Kelberg, den 22. September 2016

Christoph Becker

 




Unökologischer ökologischer Landbau

Das schlechte Abschneiden des Ökobauern bezüglich der Bodenqualität, beim Vergleich  mit Bodenqualität von konventionellen  “No Till”-Betrieben und  Gabe Browns Ranch, in Optimierung im Getreideanbau und Hochwasserschutz durch Integration der Mutterkuhhaltung , ist offenbar kein Einzelfall sondern Indiz für ein sehr grundsätzliches Problem, wie der Experte für Bodengesundheit, Ray Archuleta, vom NRCS erklärt, der auch sehr viele Ökobetriebe besucht hat.

Mit “Ray Archuleta organic farming” findet google z.B.

The Drought Fighter von Todd Oppenheimer in Craftmanship, vom 15. Januar 2015. Es handelt sich zwar hauptsächlich um einen Artikel über Paul Kaiser und seine Singing Frogs Farm.  Der  Betrieb der Kaisers, den ich 2015 im November auch selber besichtigt habe,  ist ein  ein extrem  leistungsfähiger, sehr bemerkenswerter  Öko-Gartenbaubetrieb der ohne Bodenberarbeitung auskommt und der zeigt das Ökolandbau zumindest im Gartenbaumaßstab auch ohne Bodenbearbeitung auskommt. Der Artikel ist  insgesamt sehr empfehlenswert, weil die Singing Frogs Farm in Sachen Gartenbau derzeit zum Besten und Fortschrittlichsten in Sachen Ökologischer Gartenbau gehören dürfte was es gibt. Eben wie Paul Kaiser mir zum Schluss sagte:  Was sie hier gesehen haben ist auch das Resultat des Studiums von einigen tausend Artikeln und Büchern.

Hier geht es aber um das was Ray Archuleta ,  sozusagen als Sachverständiger in  Sachen Bodengesundheit,   vor dem Hintergrund seiner auf der Besichtigung  vieler Ökoloandbaubetriebe sagt:

“Auf einigen der großen Ökologischen Landbaubetriebe ist der Mutterboden schrecklich zerstört,”   sagte mir kürzlich Ray Archuleta, ein Agrawissenschaftler des  US-amerikanischen Landwirtschaftsministeriums. Der Grund den Archuleta angab ist fast kontraintuitiv: Während sie  die Chemikalien vermeiden,  greifen die  meisten Ökobauern  noch  auf  etwas zurück was  im Wesentlichen  künstliche  Kultivierungsmethoden  sind, die  größtenteils darauf beruhen   den Boden mit Scheiben und Spaten  (wohl auch  Pflügen,  Hacken, Fräsen usw.) aufzureißen, und dann bis zur nächsten Saison  liegen zu lassen,  wie es die  konventionellen Landwirte tun.

Eine andere Fundstelle ist  Dr. Mercolas   Interview mit  Ray  Archuleta und  sein Artikel dazu, vom  30.  August 2015 :

Zitat:

“Ich habe viele Biobauern (Organic producers) mit denen ich zusammenarbeite und ich liebe sie sehr.  Ich denke wir  müssen  müssen, wenn wir  ökologische  Landwirtschaft betreiben wollen  über  das hinausgehen was  wir heute unter Biobauern (oder  Ökologischem Landbau bzw.  organic Farm) verstehen  –  Ich bin überall im Land gewesen, wie auch in Kalifornien – einige von ihnen haben die am meisten kaputten Böden.  Es es ist nicht einfach Ökolandbau, es geht darüber hinaus ( er meint, wenn man wirklich ökologisch wirtschaften will reicht das was man bisher unter ökologischer Wirtschaftsweise, bzw. auf  English  “organic farming” versteht nicht aus).

Wir [vom NRCS] lehren die Leute wie man mehr so wie die Natur wirtschaftet und wie man die Bodenbearbeitung reduziert. Bodenberarbeitung kann genauso zerstörerisch sein wie chemischen Dünger und Pestizide. So weit, meine Brüder und Schwestern des Ökolandbaus. Ich denke der Schlüssel ist ihnen zu helfen und sie zu lehren wie sie die Bodenbearbeitung reduzieren können, mehr  Mulchbearbeitung ,  und mehr   Zwischen- und Deckfrüchte  (cover  crops) zu verwenden… Bio bedeutet, dass sie keine Chemikalien benutzen, und das ist gut so. Aber gesunder Boden erfordert mehr als das”

Soweit ich das beurteilen kann, ist die Lage in Deutschland ähnlich.  Intensive Bodenbearbeitung ist auch bei deutschen Ökobauern sehr weit verbreitet.

Kelberg den 22. September 2016

Christoph Becker

 




Ray Archuletas Vimeo Kanal

Ray Archuleta ist ein in Sachen Bodengesundheit und “No Till” sehr engagierter Mitarbeiter des NRCS (Natural Resource Conservation Service), einer amerikanischen Naturschutzbehörde, die sich insbesondere auch mit Fragen der Bodengesundheit befasst. Nachdem ich mir einige Präsentationen von ihm angesehen habe, habe ich seinen Videokanal auf Vimeo gefunden.

https://vimeo.com/channels/raythesoilguy/page:1

Neben einigen kurzen Videoanleitungen  zu  für jeden leicht durchführbaren Bodentests bietet er einige  Präsentationen und zum Schluss Interviews und Beispiele verschiedenen Farmern die mit dem NRCS zusammenbarbeiten um ihre Bodenqualität zu verbessern und um den bodenberarbeitungslosen Anbau, und den Zwischenfruchtanbau (Cover Crops) zu optimieren. Zu diesen dort vorgestellten Farmern gehören auch Gabe Brown und sein Sohn Paul, sowie Jerry Doan von der Black Leg Ranch. Doan  hat  den auf Youtube verfügbaren Vortrag    NRCS Soil Health Workshop: Jerry Doan  beim NRCS Bodengesundheitsworkshop 2016 in Utah gehalten.

Bei den auf Ray Archuletas Vimeo-Kanal verfügbaren Filmen ist zu beachten ist, dass diese  teilweise schon etwas älter sind und nicht mehr in jedem Punkt dem neusten Stand der Forschung und Entwicklung entsprechen. Ich weise darauf hin, weil das in verschiedenen Filmen gezeigte Niederwalzen der Zwischenfrucht meines Erachtens eher eine historische Vorstufe  des von Gabe Brown angewendeten Verfahrens, die Zwischenfrüchte mit einer extremen eng zusammengehalten Rinderherde zu vielleicht 30% abgrasen und zu dann 70% niedertrampeln zu lassen darstellt. Bei dem von Gabe Brown angewendete Verfahren werden z.B. 100 und mehr Tiere auf ein nur 500 qm großes, mit Elektrozaun eingezäuntes Feldstück getrieben und dann natürlich mehrmals am Tag auf  eine  neue Fläche umgetrieben.  Siehe auch  meinen Artikel  Optimierung im Getreideanbau und Hochwasserschutz durch Integration der Mutterkuhhaltung.  Jay Fuhrer, einer der  für North Dakota  (dem Bundesstaat von Gabe Brown) zuständigen  NRCS-Mitarbeiter  für die Bodengesundheit, erwähnte in seinem 2016 beim einem Bodengesundheitsworkshop in  Utah gehaltenen  Vortrag  (NRCS Soil Health Workshop: Jay Fuhrer),  dass er  verschiedene Versuche  unternommen hat, um  mechanische Verfahren , wie  wohl auch das Niederwalzen, mit dem Effekt der Integration von Rinderherden (ähnlich wie bei Gabe Brown) zu vergleichen. Die resultierende Bodenqualität sei bei der Integration von Rinderherden durchweg besser gewesen.

Von diesem Detail abgesehen finden ich Ray Archuletas Vimeo-Kanal aber   z.B. wegen der kleinen Versuche die er zeigt,  nicht nur für Landwirte  und Leute die es werden wollen, sondern auch  für  Lehrer von  Allgemeinbildenden Schulen und von Landwirtschaftlichen Berufsschulen  interessant.

Kelberg, den 19.9.2016

Christoph Becker

 




Was würde der alte deutsche Weidepapst sagen?

Als ich das erste Mal vor einigen Wochen im   Lehrbuch Wiesen und Weiden,  von  Prof. Ernst Klapp, zum Thema Weidesysteme nachgelesen habe, habe ich  den von ihm genannten, per Weidesystem möglichen Steigerungsfaktor  der Weideleistung für einen Druckfehler gehalten.   Jetzt habe ich noch einmal in Ruhe nachgelesen und mir auch die Tabelle mit den Zahlen des Versuchsgutes Rengen aus den Jahren 1935 – 1940 angesehen,  die man in der 1971 erschienenen 4. Auflage,    seines Buches Wiesen und Weiden , auf S. 454, findet.    Sein Fazit passt tatsächlich zur Tabelle, so unglaublich es auch klingt:

Mit Verkürzung der Freßzeit und Erhöhung des Besatzes wächst die Weideleistung je ha auf das 12 bis 14-fache an. Es wurde gelegentlich sogar die “Zuteilung nur je einer Tagesration” erreicht. Aber Zaunkosten und Arbeitslast wurden dabei zu groß. Eine noch stärkere Herabsetzung der Freßzeiten mit steigendem Besatz – früher mit Tüdern oder versetzbaren Zäunen (Pferche) erreicht – wird erst mit der Einbürgerung elektrischer Weidezäune möglich.

Eine noch stärkere Herabsetzung der Fresszeiten und eine weitere Erhöhung des Besatzes, wie sie heute mit modernen Elektrozaunausrüstungen möglich ist und teilweise auch praktiziert wird lässt demnach eine weitere Steigerung erwarten.

Hier die  Tabelle, zu deren Erläuterung  Klapp schreibt, dass es sich um Wirtschafts- und nicht um Versuchsergebnisse handele, weshalb sich in der Tabelle Unstetigkeiten befänden. Auch habe der Gewichtszuwachs der Tiere nicht lückenlos ermittelt werden können, weshalb nur die erzielten Weidetageinheiten genannt wurden:

Freßtage im Mittel Besatz je Nutzung

[Tiere/ha]

Besatz je Nutzung

[dz LG/ha]

Weideleistung
in Weidetageinheiten je Tag und ha relativ
62,7 1,8 7,8 11,3
20,8 3,5 15,2 18,8
14,2 14,1 61,5 32,8
 7,7 30,8  135,0 81,5
 5,0 32,2 140 101,7
4,0 32,2 140 99,7
 3,0 35,6 157 113,7
2,0 39,6 172 159,7

Joel  Salatin nennt  für  die Polyface Farm 400 Kuhtage pro Acre.  Das entspricht  989 Kuhtage pro  ha. Dabei ist zu bedenken, dass die Salatins ihre Kühe  dank moderner Elektrozäune täglich auf eine neue Fläche treiben. Damit läge die Weideleistung des Versuchsgutes Rengen sogar noch über der der Polyface Farm. Joel Salatin übertreibt also keinesfalls. Den Durchschnitt von Salatins Landkreis gibt er mit 80 Kuhtagen pro Acre, was 198 Kuhtagen pro ha entspricht.  Nach obiger Tabelle entspräche das einem 14-tägigen Wechsel der Weide. Auch das ist eine realistischer Zahlenwert. Einige, wie die Salatins haben sehr viel bessere Werte, aber andere werden ihre Tiere auch 20 und mehr Tage auf der selben Weidefläche lassen.

Das  Versuchsgut Rengen, auf dem diese  Daten der obigen Tabelle in den Jahren 1935 – 1940 ermittelt wurden, hatte damals 32 Koppeln für 98 bis 121 Stück Jungvieh (Rinder und  Kälber) zur Verfügung. Es wurden nebeneinander Standweiden sowie Umtriebsweiden mit langsamem und schnellen Umtrieb benutzt. Die Tabelle zeigt die Mittelwerte über 6 Jahre.

Prof. Klapp wurde 1936  Direktor des Instituts für Boden- und Pflanzenbaulehre der Universität Bonn,  zu dem das Versuchsgut Rengen gehörte. Die  obige Tabelle und den dazu gehörigen Bericht über den Versuch hat er offenbar  erstmals 1943 im Landwirtschaftlichen Jahrbuch veröffentlicht.

Auf S. 454, (wie gesagt, 4. Auflage, 1971 ) etwas weiter oben, schreibt Klapp auch:

Wir sind in den früheren Auflagen des Buches näher auf die Frage der geeignetsten Koppelgröße eingegangen, halten dies aber nicht mehr für notwendig. Mehrtägige Beweidung der Koppeln findet sich praktisch nur noch bei extensiven Weideformen (Jungvieh, Mastweiden). Das Verständnis für die Grundsätze ist fast Allgemeingut geworden.

Klapp hat, wie man dem sehr umfassenden Quellenverzeichnis seines Buches entnehmen kann, auch die Arbeiten und Bücher  des französischen  Biochemikers und Landwirtes André Voisin gekannt. Voisin selbst hat in seinem in der deutschen Übersetzung leider vergriffenen Buch Die Produktivität der Weide dem Versuchsgut Rengen ein Kapitel gewidmet. Dieses Buch von Vosin ist aber das, von dem Allan Savory sagt, dass darin im Wesentlichen eigentlich schon alles stand, was er selbst herausgefunden hat.

Was würde also Prof. Ernst Klapp, zu meinen Artikeln Ganzheitliches Weidemanagement und Optimierung im Getreideanbau und Hochwasserschutz durch Integration der Mutterkuhhaltung sagen?

Vielleicht mit Trauer, vielleicht mit freundlichem oder bitterem Spott, vielleicht mit Zorn, oder mit einer Mischung aus alledem, würde er zunächst das Landwirtschaftliche Jahrbuch von 1943 und sein Buch Wiesen und Weiden zur Hand nehmen  und darauf hinweisen, dass er und andere, in Deutschland und  in Frankreich, die Grundlagen des von Joel Salatin, Jim Gerrish und anderen propagierten Weidesystems eigentlich schon vor und im 2. Weltkrieg herausgefunden und publiziert hatten.   Die Amerikaner haben lediglich weiter darauf aufgebaut.  Einerseits haben sie  ausprobiert  was mit Hilfe  moderner Elektrozaungeräte heute möglich (( Durch moderne Elektronik ist es heute möglich, sehr kurze Impulse auch hoher Spannungen mit sehr hoher Leistung zu erzeugen.  Damit sind selbst bei relativ starkem Bewuchs noch relativ starke aber ungefährliche Stromschläge möglich.   )) ist und  anderseits haben sie  auch im Bereich  der  biologischen Hintergründe  und des Bodenlebens interessante  Beiträge  geleistet.

Gabe Browns Experimente im Getreideanbau dürften auch Prof. Klapp fasziniert und zu eigenen weiteren Versuchen angeregt haben.   Wie die beiden auf Youtube verfügbaren Vorträge von Jay Fuhrer und Jerry Doan zum NRCS Soil Health Workshop in Utah  2016.     NRCS steht für  Natural Resources Conservation Service .  Es  handelt sich  um eine  Naturschutzbehörde,  deren Aufgabe es ist die  natürlichen  Ressourcen des Landes zu erhalten, zu denen  auch  der Mutterboden gehört. Die beiden Vorträge zum NRCS Soil Health Workshop in Utah  2016 sind beide sehr empfehlenswert. Jay Fuhrer ist Angestellter und Soil Health Specialist (dt.: Mutterbodengesundheitsspezialist) beim NRCS in Bismarck, North Dakota. Jerry Doan ist der Besitzer der ca. 6800 ha großen Black Leg Ranch.     Wie Fuhrer erläutert beschränkt sich der NRCS in North Dakota nicht nur auf Beratung, Ausbildung und dergleichen, sondern betreibt auch Forschung.   Ab [18:50] stellt  er  das  Soil Health Team , also das Mutterbodengesundheitsteam  vor,   zu dem  er gehört  und  bei [20:00]  stellt er das Wissenschaftlerteam vor, das sie zu  Beantwortung  verschiedener Fragestellungen   zusammengestellt  hatten.  Offensichtlich  gehört das alles auch zum Hintergrund  von Gabe Browns eigenen Versuchen und  Methoden. Der von Brown erwähnte südamerikanisch Spezialist für Cover Crops, Dr. Ademir Caligari, gehört z.B. auch zu dem von Jay Fuhrer vorgestellten Wissenschaftlerteam des NRCS von North Dakota.   Jerry Doan, weist nebenbei  einige Male  auf seine Zusammenarbeit mit Jay Fuhrer und damit mit dem NRCS und auf gemeinsame Versuche hin.    Die “5 Methoden” von Gabe Brown  empfiehlt, faktisch identisch, auch Jerry Doan vor [8:20}:

  • Keep Litter on the soil  (dt.: halte Pflanzenreste auf dem  Boden)
  • Increase Plant diversity (dt: Erhöhe die Pflanzenvielfalt)
  • Keep a Living Root as Long as possible (dt:  Erhalte eine lebende Wurzel so lange wie möglich)
  • No or Little Soil Disturbance (dt: keine oder geringe Bodenbearbeitung/Störung)
  • Integrate Livestock (dt: Integriere Vieh)

Jay Fuhrer erwähnt bei seiner Präsentation, dass das beste Buch in Sachen Mutterboden das Buch The Nature and Properties of Soils von Ray R. Weil ist.

Ich denke Prof. Klapp hätte auch an diesen Vorträgen seine Freude.

Auf meinen Hinweis, dass die Uni Bonn die Domäne verkauft habe,  würde er  vermutlich  mit Trauer, Spott und Zorn auf seine Nachfolger antworten und sein Bedauern bekunden,  und mit  einer gewissen Verbitterung  aufzählen, was man  alles hätte  erforschen   und  weiterentwickeln können und sollte. Mit Wissenschaftlern und Professoren wie ihm hätte ich es sicher nie für nötig befunden mich auch noch mit Landwirtschaft zu befassen. Im Grunde treibt mich nur  die  Sorge , dass auch auf unsere deutschen Landwirtschaftsexperten heute kein Verlass mehr ist.

Was ich an der ganzen Sache bedrückend und ernüchternd finde ist, dass man hier sehen kann, dass und wie bereits vorhandenes Wissen unserer Zivilisation zumindest lokal verloren gehen kann.  Nachdem  ich das mit dem Mob grazing gelesen bzw. im Internet gehört und gesehen habe, habe ich Touren durch die Eifel  unternommen um Ausschau zu halten, wie die Bauern ihre Kühe, Rinder und auch Pferde weiden.   Was ich gesehen habe, hat mir immer wieder gezeigt, dass “das Verständnis für die Grundsätze”, das Prof. Klapp 1971 schon fast als Allgemeingut betrachtet hat, offenbar weitgehend verloren oder vielleicht  selbst nach  45 und mehr Jahren  nie angekommen ist.     Was ich in Sachen Weidewirtschaft und auch in Sachen Ackerbau hier in der Eifel gesehen habe und sehe ist  deprimierend. Dabei habe ich mir auch Flächen von Ökobetrieben angesehen.    Auch die fand ich enttäuschend. Man muss diesem Land und seiner Bevölkerung schon den Untergang wünschen, um wirklich gut zu finden was man auf den Wiesen, Weiden und Äckern sieht.

Links zum Ökolandbau und zum Bodenleben in Deutschland

An dieser Stelle habe ich, wegen Kritik an meinem Artikel Optimierung im Getreideanbau und Hochwasserschutz durch Integration der Mutterkuhhaltung  mit  “ökologischer landbau bodenbearbeitung” per google gesucht. Dabei fand ich die Seite www.oekolandbau.de -> reduzierte-bodenbearbeitung und www.oekolandbau.de ->landtechnik-im-getreideanbau. Ich sehe überall viele Maschinen und Bodenbearbeitung.  Vieherden als Werkzeug zur Optimierung des Ökolandbaus kommen dagegen nicht vor, während z.B. der oben erwähnte Jay Fuhrer vom NRCS  klar  sagt,  dass nach  ihren  Messungen  und Versuchen  der Einsatz von Vieherden den Maschinen im Ergebnis,  in  Sachen Bodenqualität klar überlegen ist. Dabei  habe ich bei  www.oekolandbau.de  auch einen Link wie www.bodenwelten.de   gefunden,   woraus ich schließe, dass die Probleme  auch in Deutschland bekannt sind.

Vielleicht würde der Spruch des  Kanadiers  Don Campbell weiterhelfen, den Gabe Brown als für ihn, in der Krise seines Betriebes letztlich als sehr hilfreich, erwähnt hat:

“If you want to make small changes, change how you do things. If you want to make major changes, change how you SEE things!”

auf Deutsch:

Wenn Du kleine Änderungen durchführen  willst ,   verbessere die Art  und Weise  wie  Du  die  Dinge tust. Wenn Du große Veränderungen  durchführen  willst, verändere  wie Du die  Dinge SIEHST.

Ein Problem für manche Deutsche, zu meinen Erstaunen gerade auch für Linke und Grüne, scheint zu sein, wenn Ideen aus dem Ausland und dabei insbesondere auch den USA kommen. Vielleicht hilft es, dass ich zeigen konnte, dass gerade auch in der Weidewirtschaft die Amerikaner,   Dank sei Prof. Klapp und  dem Versuchsgut Rengen, letztlich auf ursprünglich deutschen Forschungsarbeiten und Einsichten aufgebaut haben.

Was Prof. Klapp heute sicher sehr faszinieren würde wäre, dass die Landwirtschaft sich offenbar in einem Umbruch befindet, hin zu einer  Art  Ingenieurwissenschaft  des Bodenqualitätsmanagments , bei  der das Bodenleben  und   auch die  Viehwirtschaft intelligent  und ganz bewusst in  einer Weise genutzt werden, die  sich an die Vorgänge in der Natur anlehnen, wie sie z.B. in der Zeit der großen Bisonherden von ganz alleine abliefen und die nachhaltige Existenz und das Wachstum dieser großen  Herden, bei gleichzeitigem Wachstum der  Mutterbodenschichten  ermöglichten.

Erinnerung an Prof. Klapp

Als ich vor einiger Zeit gegenüber einem alten Bauern, der auf der Domäne in Rengen als Landarbeiter gearbeitet hat,    Prof. Klapp erwähnt habe, hat er gemeint, den habe er noch persönlich gekannt, Klapp sei  wirklich sehr in Ordnung gewesen.

Kelberg, den 17. September 2016

Christoph Becker

 

 

 

 




Optimierung im Getreideanbau und Hochwasserschutz durch Integration der Mutterkuhhaltung

Auch für die meisten Landwirte dürfte  es überraschend sein, dass und wie man durch einen intelligenten Einsatz von Rinderherden und Deck- bzw. Zwischenfrüchten und Untersaaten den Ertrag von Getreidefeldern massiv steigern, den Hochwasserschutz und den Schutz vor Dürreschäden erheblich verbessern,  Bodenerosion vermeiden und die Kosten senken kann. Dabei handelt es sich nicht (nur) um eine Theorie, sondern vor allem um praktische Erfahrungen und harte Zahlen und Fakten:

Hier einige Zahlen und Fakten von Brown’s Ranch, dem Betrieb den ich hier als Referenz anführe:

  • Ackerbau und Viehzucht gemischt.
  • Seit 1993 “no Till” Betrieb. Also nur noch Decksaat.
  • Früher ein konventioneller Betrieb. Nach vier aufeinander folgenden Jahren, mit 100 bis 80% Ernteausfall durch Hagel bzw. Dürre in den 90er Jahren, Beschäftigung  mit  Allan Savorys  Holistic Managment   (siehe mein Artikel  Ganzheitliches Weidemanagement).
  • Gesamtbetriebsfläche: 2023 ha
  • Ackerfläche: 809 ha
  • In Grünland umgewandeltes Ackerland: 404 ha
  • Ursprüngliches, nie umgepflügtes Grünland (Prärie): 809 ha
  • Mutterkuhherde mit 350 Muttertieren
  • 400 – 800 Kälber/Rinder die nur mit Grass bis zur Schlachtreife gefüttert werden.
  • Eine Schafherde, Legehühner, Hähnchen, Weideschweine.
  • Die Vorbesitzer hatten wegen des kalten Klimas früher ein halbes Jahr Heu gefüttert. Die Browns füttern heute nur an 60 Tagen im Jahr,  also nur ca. 2 Monate  pro Jahr, Heu.
  • Hoher Wilddruck, der die Weiden und Äcker zusätzlich belastet. Teilweise kommen Hirsche  (Deer)  im Winter über 70 km herbeigewandert und es können mitunter hunderte Hirsche (Deer) auf  dem Gelände sein.
  • Ziel bei der Weidehaltung: 1/3 für die Tiere über der Erde (also hauptsächlich die Kühe, aber auch Wildtiere).  2/3  für die Tiere unter der Erde (Mikroben, Würmer usw.).

Aus dem Vortrag   DCED – 2016 Gabe Brown – What is Soil Health?

hier zunächst eine die Übersetzung der  Tabelle von Position [34:26]. Die Erträge sind in Bushel (dt. Scheffel) angegeben. Ich habe sie nicht umgegerechnet, weil es sich beim Bushel um ein Raummaß  handelt ( 1 Bushel = 36,3687 Liter), während Getreidemengen in Deutschland üblicherweise in Doppelzentner oder Tonnen, also in Gewichtseinheiten angegeben werden. Auch macht ein Vergleich von Nord Dakota (kontinentales Klima mit kurzen Sommern, letzter Frost ca. Mitte Mai, erster Frost Anfang September, sehr kalte Winter) mit Deutschland meines Erachtens wenig Sinn. Was hier wichtig ist, ist der lokale Vergleich der Ranch der Browns (mit Googel Earth suche: 3752 106th St NE,
Bismarck, ND 58503 ) mit dem Durchschnitt ihres Landkreises:

Erträge
Ertrag auf Bowns Ranch [Bushel] Durchschnittsertrag  im Landkreis (County) [Bushel] Browns Ranch über dem  Durchschnitt
Mais 127 98

30 %

Sommer Weizen 62 39 59 %
Hafer 112 62 81 %
Gerste 72 48 50 %

Gabe Brown sagt, es gäbe Landwirte im Landkreis, die höhere Erträge hätten als er, aber bei ihm sei  der Aufwand sehr viel geringer (und damit der Ertrag in Dollar größer), weil er nicht nur durch das “No Till” bzw. Direktsaatverfahren,  Energie und Maschineneinsätze spart, sondern  vor allem auch , weil  sein  Betrieb keinen Kunstsdünger, keine Pestizide,  keine Fungizide und nur noch selten   (alle 3-4 Jahre), und dann auch nur teilweise, Herbizide verwendet.

Vergleich der Bodenproben von 4 benachbarten Betrieben

In Postion [55:19] erwähnt Gabe Brown, dass ein Team von Wissenschaftlern im letzten Herbst vier verschiedene Produktionssysteme verglichen habe. Eines davon war das von  Browns Betrieb. Für den Vergleich galten folgende Rahmenbedingungen:

  • Alle vier Betriebe in enger Nachbarschaft, im Umkreis von 1 Meile (1,6 km).
  • Gleiche Bodentypen.
  • Es wurden Fotos von Bodenproben gemacht und es wurden Bodentest nach/von  Dr. Rick Haney, ARS, Temple, Texas.

Die vier Produzenten waren:

  1.  Ein “ökologischer” Betrieb, (Organic Producer oder auf Deutsch wohl “Biobauer”) der eine sehr hohe Vielfalt hatte (Mais, Bohnen, Erbsen,Weizen, Gerste, Hafer, Alfalfa, Tritikale, Roggen, Klee), eben ein sehr diversifizierter Betrieb, aber  mit  viel Bodenbearbeitung (heavy tillage). Die Bodenprobe sah nicht so gut aus.  Nach Browns Aussage geringe Wasserinfiltration bei Regen,  sowie  Probleme bzw. hohe Widerstände  für die Wurzeln.
  2. “No Till”-Betrieb, also Decksaatbetrieb, mit sehr geringer Diversität, der nur Flachs und Sommerweizen anbaut. Dieses Frühjahr  hatten sie ein Regenereignis, bei dem 8,39 cm ( 3  1/2 Inch bzw. ca. 84 Liter pro qm) Regen in 45 Minuten fielen. Dabei wurde sein Sommerweizen weggewaschen und er musste Sonnenblumen pflanzen.  Das Bild zeigt auch kompaktierten Boden. Das Bild zeigt  keine  Unterschied  zu dem  Boden des Biobauern.  “Man denkt  es ist der selbe Boden”.  Man sieht zudem kein Leben.
  3.  Seit langen “No Till”,  also Decksaat.  Ziemlich  gute Diversität. Er pflanzt Mais,  Gerste,  Sonnenblumen, Sommerweizen, Soja. Aber immer sehr, sehr hoher Verbrauch an synthetischem Dünger, Fungiziden, Pestiziden.  Das Bild zeigt auch eine  schlechte Bodenqualität.  Browns Fazit: Die Bilder der Bodenproben der Produzenten 1 bis 3 sind ähnlich: “No Till” ansich ist vielleicht ein Schritt in die Richtige Richtung, bringt aber für sich genommen keinen Unterschied.
  4.   Browns Ranch: “No Till”,  hohe  Diversität, weil er zu den Geld bringenden Früchten (Cash Crops) immer  auch Zwischenfrucht (cover corps) anbaut. Außerdem integriert er die Viehhaltung in den Ackerbau (Beispiel siehe unten).   Keine synthetischen Dünger, Pestizide, Fungizide (und nur selten Herbizide).  Das Bild der Bodenprobe ist beeindruckend: Lockerer Mutterboden mit sehr guter Wasserinfiltration,  Bodendeckung, Regenwürmer, Bodenleben.

Hier nun die Tabelle mit den Messwerten.

Management Vergleich
Managementmethode N P K OC
“Ökologisch” wirtschaftender Betrieb,  hohe Diversität, intensive Bodenbearbeitung 2 156 95 233
No Till, geringe Diversität 27 244 136 239
No Till, mittlere Diversität, viel Chemie (sythetische Dünger usw.) 37 217 199 262
Browns Ranch: No Till, große Diversität, keine Chemie,  Integration  von Tierhaltung 281 1006 1749 1095

N = Stickstoff, P = Phosphor, K = Kalium, OC = Organic Carbon

Man beachte das schlechte Abschneiden des konventionell “ökologisch” wirtschaftenden Betriebes.

Zahlenangaben, zumindest für   N,K und P in Pfund pro acre. Wichtig ist hier der relative Vergleich.   Die Messungen wurden von Dr. Rick Haney, ARS, Temple, Texas durchgeführt. Es handelt daher um Angaben des nach ihm benannten Haney  Tests. Siehe  z.B. auch  Haney/Soil Health Test Information.    Mit Bodentests habe ich mich nie befasst. Wie der  im Folgenden eingebunde Vortrag von  Dr.  Rick Haney zeigt, ist Test offenbar nicht gleich Test.  Der Haney Test ist ein relativ kompliziertes Verfahren, um die aus Sicht der für die Pflanzen tatsächlich verfügbaren Nährstoffe möglichst realistisch zu erfassen. Ziel ist es, die Empfehlungen für die Landwirte zu optimieren und so unnötige Düngung zu vermeiden.

Gabe Browns Kombination aus Zwischenfrucht und Rindereinsatz  beim Getreideanbau

Hier ist zunächst anzumerken, dass Gabe Brown nicht wie  oft  üblich, nur ein bis zwei verschiedene Zwischenfrüchte aussät, sondern Mischungen mit oft 15 bis 20 und mehr Arten.  Insgesamt habe er im letzten Jahr (2015) über 70 verschieden Arten gesät. Das  Zusammenstellen der Mischungen richtet sich nach den lokalen Verhältnissen,  den Hauptfrüchten  und  der Jahreszeit  und ist, wie ich seinem Vorträgen entnehme,  eine Mischung aus Erfahrung, Kunst und Wissenschaft.

Ich habe hier “cover crops” mit Zwischenfrucht übersetzt. Aber in der Realität von Gabe Browns Betriebsweise passt diese Übersetzung zumindest nicht so, wie sich das deutsche Landwirte in der Regel vorstellen. Was Gabe Brown mit “Cover Crops” meint, sind Pflanzen, die nicht die Hauptfrucht darstellen und die vor, neben und nach einer Hauptfrucht gesät werden und auch wachsen können. Während ich hier in der Eifel in den Mais- und Getreidefeldern, die ich mir näher angesehen habe, neben dem Mais oder Getreide der Boden zwischen den Pflanzen der Hauptfrucht  fast immer blank ist und wenn dann nur vereinzelt und unregelmäßig vielleicht etwas Gras oder “Unkraut” wächst,    hat Gabe Brown systematisch und gezielt weitere Arten dazwischen gesät. Das “Zwischen” in Zwischensaat ist hier also nicht nur  zeitlich   sondern auch  räumlich zu verstehen.

Interessant ist an dieser Stelle, vielleicht auch, dass der reine Gründlandbetrieb der Salatins, die   Polyface Farm , ebenfalls eine “No Till”-Sämaschine angeschafft hat und damit experimentiert, die Leistung  der Viehweiden durch das Einsäen von einjährigen Ackerpflanzen wie Erbsen und bestimmten Getreidearten zu verbessern. Das habe ich jedenfalls dem als Interview mit Joel Salatins Sohn David, das sich auf der dem Salatin Semester beiliegenden CD befindet, entnommen. Die Steigerung der Weideleistung bei  diesen Versuchen war offenbar extrem  gut, sofern die Bodenfruchtbarkeit und das Wasserangebot gut waren.

Die  Brown Ranch  von Gabe Browns Familie und die   Polyface Farm der Salatins ähneln sich insgesamt, auch wenn die Lage, das Klima, und  die Betriebsgröße sich sehr unterscheiden.   Beide Betriebe  haben  ihre  Wirtschaftsweise offenbar unabhängig von einander entwickelt und sind zumindest aus westdeutscher Sicht Großbetriebe. Der größte  Unterschied  zwischen beiden Betrieben ist,  dass   die  Browns  in erster   Linie Getreideproduzenten waren und mit ihren 809 ha Ackerland ,  von denen jedes Jahr  90 %  für  den Getreideanbau genutzt werden, auch noch sind. Das für mich bisher fehlende Mosaiksteinchen, das  Gabe Brown liefert, ist die Einsicht, dass und wie auch der Getreideanbau nachhaltig und zugleich wirtschaftlich erfolgreich betrieben werden kann und dass der Einsatz von Mutterkuhherden dabei ein für den Erfolg und die Effizienz wertvolles Hilfsmittel sein kann.

Während Zwischenfrüchte oder Bodendecker, sofern sie überhaupt gesät wurden, hier in Deutschland (immer soweit ich das selbst gesehen habe)  vor der Aussaat der Hauptfrucht, untergepflügt oder sonst wie untergearbeitet werden, werden diese auf der Brown Ranch drei Tage vor der Aussaat der Hauptfrucht von Rindern    abgeweidet und  zertrampelt.   Dabei wird eine ziemlich extreme Flächendichte, von bis über 100 kg Lebendgewicht pro m2 angewendet. Das heißt, dass eine Kuh von 500 kg nur ca. 5  m2  Weide zugeteilt bekommt .  Die Tiere werden dabei  mehrmals  täglich  auf ein neues Stück Weide umgetrieben.   Gabe Browns Faustformel bei der Beweidung mit Mutterkühen lautet im Allgemeinen “1/3 des Futters für die Tiere über dem Boden und 2/3 für die Tiere unter der Erdoberfläche”. Bei der extremen Form des Mob-Weidens   auf mit Zwischenfrüchten bewachsenen Ackerflächen, 3 Tage vor der Aussaat der Hauptfrucht,  ist das Verhältnis vielleicht sogar noch besser zu Gunsten des Bodenlebens. Die Kühe sorgen bei diesem extremen Beweiden jedenfalls dafür, dass  der nicht von ihnen gefressene Teil der Zwischenfrucht zertreten und zum Teil, durch das Gewicht der Tiere und durch den lokal hohen Flächendruck und die Kanten der Hufe, in den Boden gedrückt wird.

Die Aussaat der Hauptfrucht – ggf. zusammen mit einer neuen Zwischenfruchtmischung – erfolgt dann drei Tage später mit einer “No Till”-Sämaschine.  Dabei schneidet eine Scheibe einen Schlitz in den Boden und das darüber  liegende  organische Deckmaterial.  Danach  kommt eine  Vorrichtung, die  den Schlitz etwas aufweitet und die Samen in den Schlitz legt und dann wird der Schlitz wieder zugedrückt.

Diese extreme Form des Beweidens der Zwischenfrucht  hat eine Reihe  von Vorteilen:

  • Der Boden wird vor Austrockung geschützt. Feuchtigkeit ist aber auch für das Bodenleben gut und natürlich auch für das eingebrachte Saatgut.
  • Die Mikroorganismen im Boden werden vor UV-Strahlen und Hitze geschützt. Gabe Brown zeigt, dass blanker Mutterboden leicht 20 Grad wärmer ist als die im Schatten gemessene Umgebungstemperatur.  Die Temperatur auf der Oberfläche von mit organischem Material abgedeckten Mutterboden entspricht dagegen ungefähr der Umgebungstemperatur. In praller Sommersonne blank liegender Mutterboden kann außerdem Temperaturen erreichen, die für Mikroorganismen tödlich sind.
  • Die von den Rindern hinterlassenen, zertrampelten Zwischenfuchtreste sowie der Mist und Urin der Tiere liefern Nahrung für Mikroorganismen, Würmer, Pilze, Insekten usw. .
  • Schäden bei Starkregen werden verhindert.  Regentropfen, die auf  das zertrampelte organische  Material  auftreffen  werden abgebremst und  treffen nur  langsam  und schonend auf den Boden auf.  Auch   hält die Schicht organischen Materials  auf dem Boden selbst  Wasser zurück.  Die Bodenerosion wird verhindert.
  • Die Zwischenfrucht dient teilweise als Nahrung für die Mutterkuhherde.

Eine andere  Nutzung der Zwischenfruchtmischungen  besteht darin, dass sie im Herbst oder Winter  abgeweidet wird. Im Spätherbst oder Winter kann dadurch Heu eingespart werden.

Die 5 Grundsätze von Gabe Browns Methode:
  1. Der Boden muss eine “Panzerung” (armour) oder Schutzschicht aus organischem Material haben.
  2. Diversität muss gegeben sein(viele Pflanzenarten, viele Tierarten, ein umfassendes Bodenleben)
  3. Es müssen möglichst immer viele lebende Wurzeln im Boden vorhanden sein.
  4. Die Bodenstruktur soll nicht gestört werden. Die Bodenstruktur ist sehr viel komplexer als man gemeinhin denkt und es gibt jede Menge für das Wachstum der Pflanzen hilfreiche Symbiosen, die man mit der Bodenbearbeitung stört oder auch zerstört.
  5. Integration von Großtieren, wie ich es schon in dem Artikel Ganzheitliches Weidesystem zu erklären versucht habe.

Vor diesem Hintergrund habe ich mir noch einmal das 4. Kapitel, The Living Soil (dt. Der  lebende Mutterboden)  in  dem  Buch  Building Soils vor  Better Crops –  Sustainable Soil Management, durchgelesen. Das Buch hatte ich schon in  meinem Artikel  Nachhaltige Bodenverbesserung schon im März 2015 vorgestellt. Gabe Browns Methode und auch der bei ihm übliche Einsatz der Rinder zur Optimierung des Getreideanbaus macht vor diesem Hintergrund sehr viel Sinn und  seine  guten Ergebnisse werden verständlich. Ein interessanter,  auch von Brown  besonders hervorgehobener Aspekt  ist dabei, dass nützliche Pilze (Fungi) eine Chance zur Ausbreitung haben.  Die übliche Bodenberarbeitung durch Pflügen, Grubbern usw. zerstört die oft sehr weitläufigen Netzwerke der Pilze. Manche Pilze dehnen ihre unterirdischen Netzwerke über viele Quadratkilometer aus.   Viele Pilze leben in  einer Symbiose mit  Pflanzen und  können  eine  Reihe von nützlichen  Funktionen haben.  Ein  bekanntes Beispiel  für den Nutzen von  Pilzen  ist , dass Pilze z.B. Penicillin produzieren können.  In dem Buch Mycelium Running: How Mushrooms Can Help Save the World  von Paul Stamets wird von einen Beispiel berichtet, wo der Autor sein Haus von Riesenarmeisen befreit hat, indem er diesen eine bestimmte Pilzart angeboten hat, die die Ameisen wie ein Trojanisches Pferd akzeptiert und gerne aufgenommen hat, um dann von diesen Pilzen getötet zu werden.

Die Anwesenheit von Pilzen kann  aber offenbar auch dabei helfen, Nährstoffe aus dem Boden zu lösen oder zu transportieren. Für die Gesundheit und Qualität des Mutterbodens ist jedenfalls auch das Vorhandensein von Pilzen wichtig. Intensive Bodenbearbeitung führt aber dazu, dass Bakterien bevorzugt und Pilze zurückgedrängt werden.

Wasserinfiltrationsrate

Als Gabe Brown und seine Frau die Farm 1991 von seinen Schwiegereltern gekauft haben, hat man Bodenproben genommen und auch gemessen, wie schnell Wasser im Boden versickert. Damals betrug die Wasserinfiltrationsrate 1/2 Zoll, das sind 12,5 mm pro Stunde, oder 12,5 Liter Wasser pro qm und Stunde.

2015 betrug die Infiltratioinsgeschwindigkeit 15 Zoll pro Stunde ( 38,1 cm bzw. 381 Liter Wasser pro qm und Stunde).  Die Position  in dem anfangs eingebunden Vortag, DCED – 2016 Gabe Brown – What is Soil Health? von Gabe Brown ist  [1:01:23].  Die Wasserinfiltrationsrate hat sich also in ca. 25 Jahren  um das 30-Fache verbessert.  Einige Sekunden später in dem Vortrag zeigt er wie die Infiltration gemessen wird und wie rasant ein Zoll Wasser, also 25 Liter pro Quadratmeter, versickern. Bei seinem Boden dauert das heute nur noch 9 Sekunden. Zwei Zoll, also insgesamt 50 Liter Niederschlag pro Quadratmeter, versickert in nur 16 Sekunden. Demnach würde ein Sturzregen von 50 Litern in nur 25 Sekunden problemlos aufgenommen. Die bei den Browns auch auf den Getreidefeldern vorhandene Deckung des Bodens mit organischem Material würde den Aufschlag der Regentropfen zudem dämpfen. Die Fließgewässer in der Umgebung würden weder durch eine plötzlich abfließende Wassermenge noch durch damit weg gespülte Nährstoffe belastet.

Für die Ranch der Browns ist dabei von besonderer Wichtigkeit, dass der durchschnittliche Niederschlag nur ca. 400 mm pro Jahr beträgt. Durch die gute Bodenqualität wird so gut wie immer der gesamte Niederschlag auf dem Boden der Ranch gehalten, was Verluste durch Dürreschäden reduziert.

An dieser Stelle möchte ich auch auf die Präsentation “Maintaining a Healthy Watercycle” (dt.  Einen gesunden Wasserkreislauf  erhalten” ) von Jim Gerrish hinweisen und diesen einbinden. Die Präsentation dauert nur gut 12 Minuten und ist wie ich meine sehr gut gemacht. Das Englisch ist leicht verständlich.:

Speicherkapazität durch Kohlenstoff

1 % organisches Material (Soil Organic Matter) in den obersten 15 cm des Bodens kann über 185 qbm Wasser im Boden halten. Als die Browns ihre Farm 1991 übernommen haben, hatten sie 1,7 bis 1,9 % organisches Material im Boden. Heute haben sie über 6 %.  Vor Beginn des Ackerbaus in jener Gegend, vor über 200 Jahren, waren es über 7 %. Damit haben die Browns zunächst eine  erhebliche Menge klimaschädliches Kohlendioxid aus der Atmosphäre entnommen, dabei haben sie den darin enthaltenen Kohlenstoff als die Bodenfruchtbarkeit und die Wasserretention verbesserndes organische Material im Boden gespeichert und den enthaltenen Sauerstoff haben sie in die Atmosphäre zurückgegeben.

Relevanz für Deutschland

Hochwasserschutz

Man stelle sich vor, wir würden in Deutschland unsere Böden ähnlich gut verbessern, wie Gabe Brown auf seiner Farm – und wie die Salatins auf ihrer Farm. Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Überschwemmungen und Hochwasser kommt, würde drastisch vermindert. Soweit  es  dennoch  Hochwasserereignisse  gäbe, würden diese sehr gemildert.   Dabei wäre das nur ein Nebenprodukt einer selbstständig wirtschaftlichen Bewirtschaftungsmethode.

Schutz gegen Dürreschäden

Schäden durch auch in Deutschland vorkommende Trockenperioden könnten verhindert oder zumindest vermindert werden.

Wirtschaftliche Vorteile für die Landwirte

Die Landwirte könnten mehr verdienen. Weder die Ranch der Browns noch die Polyface Farm der Salatins erhalten  öffentliche Zuschüsse und Förderungen und erwirtschaften trotzdem systematisch erhebliche Gewinne. Gabe Brown sagt, dass er heute jedes Jahr Gewinn macht.

Was ist mit dem ökologischen Landbau?

Erstaunlich fand ich das schlechte Abschneiden des ökologischen Landbaubetriebes in der Nachbarschaft von  Gabe Browns Ranch.  Was ich bisher an ökologischem Landbau in Deutschland gesehen habe, lässt mich vermuten,  dass die Betriebe in in Deutschland auch nicht besser abschneiden würden als der Betrieb in der Nachbarschaft von Gabe Brown Ranch.

Die Wirtschaftsweisen der Betriebe von Gabe Brown  und Joel Salatin könnten und sollten meines Erachtens als Referenz für ökologischen Landbau in Deutschland und Europa diskutiert werden.

Aus verschiedenen Gründen wäre es sicher sehr vorteilhaft, die EU-Agrarförderung und die Bezuschussung der landwirtschaftlichen Unternehmen möglichst bald vor diesem Hintergrund zu hinterfragen, zu diskutieren und ggf. neu ändern.

Warum sind diese Wirtschaftsweisen so wenig bekannt?

Warum ist das alles in Deutschland so wenig bekannt? Warum wird es nicht umgesetzt? Ich denke die Antwort ist sehr vielschichtig. Einige Stichworte die mir dazu einfallen sind:

  • Psychologie und Herdentrieb des Menschen:  Was denken die anderen? Angst vor Neuem. “Was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht” usw..
  • Bürokratie,  Gesetze und Agrarförderung.  Eine gute Lektüre dazu ist Seeing Like a State: How Certain Schemes to Improve the Human Condition Have Failed  (dt.: Mit den Augen des Staates: Wie bestimmte Schemas zur Verbesserung der Lage der Menschen versagt haben)von James C. Scott.
  • Der meines Erachtens sehr naive und einer nüchternen Analyse nicht standhaltende Glaube an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt, an den Fortbestand des Friedens und an die Unendlichkeit der Ressourcen, auf den man in Deutschland sehr häufig, um nicht zu sagen fast überall, trifft.
  • Interessen der Großindustrie und ihrer Lobby.
Andere deutsche Hinweise auf  Gabe Browns Betrieb

Zum Schluß sollte und möchte ich nicht verschweigen, dass z.B.  Gabe Brown  auch anderen Deutschen außer mir bekannt ist, und dass ich erst von anderen Deutschen von ihm erfahren habe. Zuletzt hatte mich der Kommentar von “Florian” zu meinen Artikel Ganzheitliches Weidemanagement motiviert,   mich doch  etwas mehr mit  Gabe Brown zu befassen und mir einige seiner Vorträge anzuhören. Das war der passende Baustein zur passenden Zeit, weil ich damit auch gelernt und gesehen habe, dass und wie Rinderherden und das Mob Grazing auch für den Getreideanbau in interessantes Werkzeug sind.

Schließlich war/ist da der Artikel Ich mache Boden gut – Vom Segen der Humusvermehrung  –  Das Beispiel von Gabe Brown aus Bismarck in North Dakota .

Außerdem wurde  Gabe Brown in dem deutschen  Forum  www.selbstversorg.org  mehrfach erwähnt .

Christoph Becker

Kelberg, den 14. September 2016

 

 

 




Ganzheitliches Weidemanagement

Holistic grazing managment (dt. Ganzheitliches Weidemanagement) Mob-Grazing   und Rational Grazing meinen im Wesentlichen dasselbe.  Es handelt sich dabei  um  eine in Deutschland weitgehend unbekannte, hocheffiziente und ökologisch vorteilhafte, die Böden verbessernde und dem Klimaschutz dienende Weideform für Wiederkäuer. Keine der in Deutschland bekannten und angewendeten Nutzungsformen für Weiden  entspricht der Beschreibung dieser  Form des Weidemanagements .

Weil die Überschrift für diesen Artikel ursprünglich Das Mob-Weidessystem lauteten  sollte, habe  ich im Folgenden meist den von nordamerikanischen Landwirten verwendeten Ausdruck Mob Grazing oder des deutsche Übersetzung Mob-Weidesystem, verwendet. Das  nebenstehende Bild,MobGrazingBeispiel von der Webseite www.americangrazinglands.com    , ((  Nachtrag 12. Aug. 2016: Den auf der Webseite von AmericanGrazinglands angebotenen USB-Stick von Jim Gerrish und alle dort angebotene Literatur, soweit sie nicht auf dem USB-Stick ist, habe ich mir bestellt.  Nach einigem hin- und her  haben die jetzt herausgefunden, wie man nach Deutschland verschicken kann. Bezahlung geht jetzt einfach per PayPal. Das gesamte Paket kostet mich ziemlich genau 600 Euro zzgl. Zoll. Von Jim Gerrish gibt es aber auch schon auf Youtube eine ganze Reihe sehr interessanter Vorträge.  Ich denke,  die Unterlagen von Jim Gerrish sind eine gute Ergänzung  zu  Joel Salatins  Büchern und  dem  Salatin  Semester     ))  , vermittelt einen Eindruck von der für das Mob-grazing typischen, hohen Anzahl von Tieren pro Flächeneinheit.

Auf der Suche nach einer vielleicht schon existierenden, korrekten Übersetzung  für  den amerikanischen Ausdruck  Mob Grazing  (( Mob meint hier NICHT mobil, sondern “Mob” im Sinne von Zusammenrottung, Herde oder Gruppe )) bin ich zunächst auf den deutschen Ausdruck Portionsweide gestoßen.    Die Beschreibung auf Wikipedia und auf verschiedenen deutschsprachigen, die Weidewirtschaft betreffenden Internetseiten zeigt aber, dass  man in Deutschland mit  Portionsweide nur  einen Teilaspekt des Mob Grazing   meint und dass man dessen ökologischen Wert nicht zu kennen scheint. Auf der Webseite www.oekolandbau.de findet man auf deren Unterseite für die Weidesysteme für die Mutterkuhhaltung   sogar indirekt-offensichtlich den Hinweis, dass das Portions-Weidesystem für die Mutterkuhhaltung im ökologischen Landbau ungeeignet ist, während Mob-Grazing  aber die für den ökologischen Landbau das mit weitem Abstand beste Beweidungssystem sein dürfte – sofern man es versteht und zu nutzen lernt.

Zwei Filmtrailer über ein praktisches Beispiel

Hier zunächst zwei Trailer zum Film Polyfaces, der über die das Ganzheitliche Weidesystem (und dazu jede Menge Verstand, Geschick, Weltoffenheit und  Kreativität)  seit langem anwendende Polyface Farm handelt. Der erste Trailer ist nur 2:20 Minuten lang und in Englisch,  mit flotter Musik und dem unbescheidenen, selbstbewussten Statement  Joel Salatins  “Wenn jeder Landwirt in den Vereinigten Staaten dieses System  anwenden würde, dann würden wir in weniger als 10 Jahren  den gesamten Kohlenstoff, der seit dem Beginn der industriellen Revolution emittiert (=in die Luft geblasen) wurde,  sequestrieren (= im Boden einlagern).

Der folgende, zweite Trailer ist  9:38 Minuten lang und mit deutschen Untertiteln versehen:

Polyfaces trailer (German subtitles) from RegrariansMedia on Vimeo.

“Weidereste” – Verschwendung oder   Segen?

Die Art, wie das Wort “Weiderest” in den Ausführungen über die Weideformen auf Gruenland-Online.de , gerade auch bei der  Beschreibung des Portionsweidesystems benutzt wird, und googeln mit dem dem Wort “Weiderest” zeigen, dass man das Mob-Weidesystem  – von  sehr seltenen  Ausnahmen ((   die Bücher von Allan Savory  und  Joel Salatin werden  jedenfalls auch in Deutschland verkauft und gelesen )) abgesehen –  in Deutschland nicht benutzt, weil man dessen entscheidenden Vorteil   bisher weder kennt noch  sieht.

Der “Weiderest”, der dazu auch noch wegen der hohen Tierdichte, zertrampelt wird, ist nämlich der für den Erfolg des Ganzheitlichen Weidesystems entscheidendenste Punkt.

Um das verstehen zu können, hat es mir sehr geholfen, dass ich von John Jeavons das Buch How to Grow More Vegetables (and Fruits, Nuts, Berries, Grains, and Other Crops)  durchgelesen und bei ihm im Herbst 2015 ein 3-tägiges Seminar besucht hatte.  Es gibt nämlich ein Parallele zwischen der Growbiointensive-Methode von John Jeavons und dem Ganzheitlichen Weidesystem:

Bei der Growbiointensiv-Gartenbaumethode von John Jeavons wird empfohlen und als für den Erfolg unerlässlich angesehen, grundsätzlich 70 % der gesamten Photosynteseleistung (also der von den Pflanzen verwerteten Sonnenenergie) für die  Produktion von  kompostierbarem Material  vorzusehen.  Wenn man  mit der Growbiointensive-Methode neu  anfängt und  genug Zeit hat ,  sät und pflanzt man   zuerst sogar  ganz bewusst nur um damit kompostierbares Material zu erzeugen.   Hauptziel bei der Growbiointensive-Methode  ist es,  zuerst und vor allem die Bodenqualität zu verbessern und dazu den Humusgehalt und damit den Kohlenstoffgehalt des Bodens zu steigern. Ein weit überdurchschnittlich hoher Ertrag ist dabei,  im Gegensatz  zu allem was  ich vorher,  als jemand der vom 6. bis zum 17. Lebensjahr auf dem Land aufgewachsen ist,  nicht das erklärte Ziel . Ein hoher Ertrag ist nur eine gerne in Kauf genommene  Nebenwirkung. Tatsächlich war und ist die treibenden Fragestellung, mit der sich  John Jeavons seit 1973 beschäftigt hat, die Frage wie man auf der kleinstmöglichen Fläche nachhaltig alles was eine Person braucht anbauen kann. Eine wichtig Information aus dem Seminar von John Jeavons, und auch von der Besichtigung der Singing Frogs Farm, war dann noch, dass die besten Kompostierung darin besteht, dass man die Wurzeln der Pflanzen im Boden belässt, wo sie dann den Mikroorganismen und Kleinstlebewesen als Nahrung dienen.

Das  Mob-Grazing  ähnelt so gesehen, also im  Bezug auf  das  kompostierbare Material, sehr der  Growbiointensiv -Gartenbaumethode.  Der  “Weiderest” ,  ist hier kein  Verlust, den man leider in Kauf nehmen muss, sondern  ein ganz entscheidender Grund für den Erfolg .    Für die  bei deutschen Beschreibungen des  Portionsweidesystems  als Nachteil beschriebenen Trittschäden gilt ähnliches.   Die “Trittschäden” sind eher eine Art natürlicher Mulchmähereffekt. Der “Weiderest” von  50 und  mehr Prozent  , der  von den Tieren wegen der hohen Tierdichte dann auch noch zertrampelt wird, liefert beim Mob-Grazing eben jene Bodenbedeckung mit “totem” organischem Material, die die Feuchtigkeit im Boden hält und die Würmern, anderen Kleinstlebewesen und Mikroorganismen als Schutz und Nahrung dient – was diese dann mit der Produktion von Humus und dem Lösen von Mineralien quittierten, was dem Landwirt, bei richtigem Management, im Vergleich zu anderen Methoden weit überdurchschnittliche Erträge beschert.

Wilde Weide ohne wilde Raubtiere?

In dem Wikipedia-Artikel über die Weide (Grünland), gibt es aber auch einen Abschnitt “Wilde Weide”. Dieser zeigt, dass man in Deutschland zwar das erreichen möchte, was das Mob-Weidesystem bzw. Allan Savorys Holistic Management tatsächlich erreichen, aber dass man in Deutschland die für den Erfolg entscheidenden Punkte nicht erkannt hat und  ausdrücklich das vermeidet, was für das Erreichen des Ziels wichtig ist.

Eine Suche nach “Wilde Weide” mit google führte zu einer Seite der Arbeitsgemeinschaft Biologischer Umweltschutz, auf der eine 222 Seiten   umfassenden Broschüre mit dem Titel “Wilde Weide -Praxisleitfaden für Ganzjahresbeweidung in Naturschutz und Landschaftsentwicklung”  als pdf-Datei zum Download angeboten wird (ca. 300 MB Dateigröße!).   Dieser Broschüre ist zu entnehmen, dass man in Deutschland zwar  mit den System “Wilde Weide” versucht, den Effekt der großen Pflanzenfresser in der Natur wieder zu erzielen, aber dass man dabei eindeutig auf dem falschen Weg ist, weil man etwas sehr Grundlegendes nicht verstanden hat:

Die großen wiederkäuenden Pflanzenfresser dieser Erde sind Herdentiere, deren Verhalten und damit auch deren Effekt auf die Weiden, durch  das Vorhandensein  von Raubtieren geprägt war und ist:  Herdenbildung  war und ist eine Überlebensstrategie in der Wildnis,   wie man sie  in der amerikanischen Prärie in der Zeit der  großen Bisonherden  hatte und wie man sie heute noch in Afrika in der Serengeti hat.  Die Herden  bleiben  aus Furcht vor den Raubtieren dicht zusammen.  Die Folge ist:

  • eine extrem hohe Flächenbelastung (Tiere/Hektar)
  • die Flächenbelastung ist in der Natur nur kurze Zeit  hoch. Sie ist dann  wieder für viele Wochen, Monate oder Jahre so gut wie null.
  •   die Tiere müssen schnell und hastig fressen und haben keine Zeit für eine besonders wählerische Futterwahl.
  • die Tiere zertrampeln mit ihren Hufen, wegen des hohen Flächendrucks (Körpergewicht/Auftrittfläche der Hufe) und der Form der Hufe einen großen  Teil des Grases. Faktisch dienen die von den Hufen der Tiere zertretenen und teilweise in den Boden gepressten Grasreste als den Boden bedeckende Schicht, die dann noch mit dem Dung und Urin der Tiere angereichert wird. Dadurch werden der Boden und die Würmer sowie die Kleinstlebewesen vor  Sonneneinstrahlung und Austrocknung  geschützt und  sie werden mit Nahrung versorgt. Es kann Humus entstehen, der  das Wachstum fördert. Außerdem  sorgt die  Bedeckung des Bodens mit dem zertrampelten Gras dafür, dass die Regentropfen den Boden nicht beschädigen und dass der Regen besser auf dem Land gehalten wird.  Alles zusammen sorgt dafür, dass mehr Gras schneller und kräftiger nachwachsen kann.

Überweidung

Überweidung ist eine Funktion, die neben der Anzahl der Tiere pro Flächeneinheit und der Bodenqualität, bzw.  des Futterangebotes auch von der Zeit abhängt, die die Tiere auf einem bestimmten Stück Land bleiben.  Überweidung kommt erst zustande, wenn man zu viele Tiere  zu lange auf einer Fläche lässt.

Warum die “Wilde Weide” unnatürlich ist

Die in Deutschland als  “Naturschutz” angesehene “Wilde Weide” ist eher unnatürlich, weil die Flächen in unserer dicht besiedelten Kulturlandschaft ((ca. 230 Menschen pro Quadratkilometer, Tendenz dank Zuwanderung sogar weiter steigend.    )) viel zu klein sind, weil die Herdengrößen zu klein sind und weil die großen Raubtiere fehlen, die die Herden zusammenhalten.  Die  Tiere  werden bei der “Wilden Weide”, anders als in der ursprünglichen Natur, nicht  dazu gezwungen dicht gedrängt, hastig grasend weiter zu ziehen. Sie können vielmehr selektiv  die ihnen am besten schmeckenden Gräser und Pflanzen übermäßig häufig abfressen und diese damit zurückdrängen, während der einen Teil des Grases kompostierende, den bodenverbessernde, den Boden vor Austrocknung schützenden Effekt des flächendeckenden Zertrampelns des “Weiderestes”, den  diese  Herdentiere in der ursprünglichen Natur so wertvoll gemacht  hat – und  dem wir die fruchtbaren  Böden in den großen  Graslandschaften  verdanken – nicht mehr gegeben ist.

Wachstumskurve und Energiewirtschaft des  Grases

Wichtig für die Beurteilung eines Weidesystems sind auch die Wachstumskurve von Gras und die  Art wie  Gras  Energie speichert und  auf das Abweiden oder Abmähen reagiert:

Die folgende Grafik zeigt die Wachstumskurve von Gras nach den Experimenten von P. Lineham. Die Grafik habe ich  aus  dem Buch Gass Productivity –  An Introduction  to Rational Grazing , von André Voisin (1959),  S. 23 entnommen.  Es wurde das Nachwachsen des Grases, nach einem Schnitt gemessen. Wie man sieht betrug die Masse des nachwachsenden Grases in den ersten 10 Tagen nach dem Schnitt nur 698 kg pro Hektar. Vom 20. bis zum 30. Tag, also in auch nur 10 Tagen, betrug  der Zuwachs 6980 –  2900  =  4080 kg  pro Hektar, also das  5,84-fache des Zuwachses in den ersten 10 Tage.  Man stelle sich dazu vor,   dass bei einer Dauerweide die Kuh “nur” alle 10 Tage das Gras abfrisst.   Dabei ist dann noch nicht berücksichtigt, dass  das Gras  für  das erste Wachstum, in den Wurzeln  gespeicherte Energie verwendet, die sich erschöpft, wenn wegen zu schnellem Wiederabfressens nicht genug neu Energie  gespeichert  werden kann.

grassgrowth-Linehan

  • Die Wachstumskurve von Gras entspricht einer logistischen Funktion. Das Gras wächst zunächst nur langsam. Joel Salatin nennt das Gras in seinem weiter unten eingebundenen TEDx-Talk daher Diaper-Grass (dt. Windel-Gras oder vielleicht auch Kleinkindgras). Nach dieser Phase wächst das Gras schnell, nutzt die Sonnenenergie besonders gut und legt dabei auch Energiereserven in Form von Wurzeln an. Dann wird die  Wachstumskurve wieder flacher, das  Gras wird alt und das Wachstum endet, Salatin nennt das Gras in dieser Phase “Nursinghome Grass” (dt. Altersheimgras).
  • Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Masse des über der Erde befindlichen, sichtbaren Grasmenge und der in Form von Wurzeln unter der Erde befindlichen Menge organischen Materials.
  • Wenn Gras abgemäht wird, oder wenn ein Tier es abbeißt, dann bilden sich die Wurzeln zurück und es wird zuvor in den Wurzeln gespeicherte Energie für neues Wachstum verwendet. Die Wurzeln bilden sich dabei zurück und hinterlassen organisches Material im Boden, das von Mikroorganismen und Kleintieren zersetzt und in Humus verwandelt wird. Das Gras wächst dank der aus den Wurzeln abgezogenen Energie wieder relativ schnell nach, auch wenn ihm die Grünfläche  für die Photosynthese fehlt, die für die Deckung des für das Nachwachsen in dieser Zeit nötigen Energiebedarfs erforderlich wäre. Dank dieser Energiereserven aus den Wurzeln vergrößert das Gras seine grüne, für die Photosynthese und damit für die Energiegewinnung verfügbare Fläche und es kann weiter wachsen und zugleich wieder neue Wurzeln bilden und neue Energie in diesen speichern. Beim Mob-Weidesystem lässt man  man das Gras, wenn irgend möglich in Ruhe, bis es auf der Wachstumskurve wieder den oberen Teil erreicht hat und nur noch langsam oder nicht mehr wächst.  Bei der “Wilden Weide”, bei Ganzjahresweiden und überhaupt bei allen Weidesystemen, bei denen die Tiere länger als ein bis zwei Tage auf einem Abschnitt weiden können, werden die Tieren gut schmeckende Gräser oft zu schnell erneut abbeissen und die Gräser verlieren damit die in ihren Wurzeln gespeicherte Energie. Sie bekommen nicht mehr die Zeit, um genug neue Energie zu speichern. Auch bleibt das Gras dann im durch langsames  Wachstum gekennzeichnten  “diaper grass” bzw. “Windelstadium”. Er kann die Phase des schnellsten Wachstums und der größten Energiegewinnung und Energiespeicherung nicht mehr durchlaufen. Anderseits können sich Unkräuter und Gräser, die die Tiere weniger oder nicht mögen dann besser ausbreiten und vermehren, weil die Tiere diese wegen der zu geringen Flächenbelastung meiden. Die Qualität der Weide verschlechtert sich damit.

 Mob-Weidesystem bildet die Natur nach

Beim Mob-Weidesystem ersetzt das Wissen und der Verstand des Landwirtes, kombiniert mit den Möglichkeiten  moderner, elektrischer Zaunsysteme , die Wirkung der Raubtiere.   Intelligente Planung und  teilweise auch der Einsatz von Tabellenkalkulationen ersetzen  oder kompensieren beim Mob-Weidesystem den Umstand, dass man in dichtbesiedelten Kulturlandschaften eben nicht mehr solche riesigen Flächen wie in der Serengeti oder in der Nordamerikanischen Prärie zur Zeit der großen Bisonherden hat, in denen die Tiere grasend in großen Herden, von Raubtieren zusammengehalten und von Hunger getrieben,  ständig weiterziehen können. Beim Mob-Weidesystem wird also mit sehr preiswerter moderner Weidezauntechnik  und dem Wissen, der Intelligenz, der Erfahrung und  dem Geschick des Landwirtes   eben der Effekt der großen Pflanzenfresser erfolgreich nachgeahmt, den man in Deutschland mit der “Wild Weide” gerne nachahmen würde. Folglich ist das Mob-Weidesystem gerade auch für Naturschutzgebiete und FFH-Gebiete  (Flora, Fauna, Habitat-Gebiete),  soweit diese in einer ursprünglichen Naturlandschaft zum Durchzugsgebiet großer Pflanzenfresser gehören würden, bzw. wo man heute das System der “Wilden Weide” anwendet.

Bei wirklich  ganzheitlichem Weidesystem auch andere Wiederkäuer, Schweine und Geflügel

Bei einem wirklich ganzheitlichem Weidesystem wird man auch, wie auf der Polyface-Farm,  Schafe oder  Ziegen,  Schweine und  Geflügel  einsetzen.

Die Salatins setzen auf der Polyface Farm z.B. Schweine, Hühner, Truthühner und Kaninchen ein. Die Hühner haben dabei den besonderen Vorteil, dass sie die Kuhfladen breit kratzen und darin vorhandene Fliegenlarven fressen.

In seinem Salatin Semester ( 12 DVDs mit ca. 18 Stunden Vortrag und ein Buch) beschreibt geht Joel Salatin auch auf diese Möglichkeiten und in dem Buch werden viele weitere Literaturquellen angegeben.

Mark Shepards Buch Restoration Agriculture: Real-World Permaculture for Farmers  und die zugehörige DVD mit dem Titel Restoration Agriculture in Practice – Video Tour & Instructions, die ich in meinem Artikel Restaurierende Landwirtschaft vorgestellt hatte, zeigen verschiedene weiter Gründe und Möglichkeiten. Z.B. verwendet Mark Shepard Schweine auch deshalb, weil sie sich an seinen Obstbäumen scheuern und damit den Ungezieferbefall vermindern. Kühe wiederum machen sich bei Shepard auch damit nützlich, dass sie tiefhängende Zweige von den Obstbäumen abfressen, was bei ihm ebenfalls Ungezieferbefall vermindert.

Mark Shepard wendet soweit ich mich erinnere, nicht ausdrücklich das Mob-Grazing an.  Sein Schwerpunkt ist eher eine enorme Vielfalt und das Zusammenspiel von Tieren, Büschen und Bäumen. Seine Farm heißt aus gutem Grund “New Forest Farm”, also “Neuer Waldbauernhof”,  und sein derzeitiges Geschäft scheint hauptsächlich der Verkauf von Bäumen und Sträuchern zu sein.

Insbesondere  Shepards DVD ist aber gerade auch mit Blick auf die Pflege und Nutzung von FFH-Gebieten in Deutschland sehr interessant, weil er zeigt, wie er durch die Nutzung von P.A. Yeomans Key-Line-System bzw. das Hauptliniensystem faktisch jede Menge Feuchtgebiete angelegt hat damit und durch das Pflanzen von Bäumen und Sträuchern nicht nur den Wasserhaushalt verbessert, sondern auch die Artenvielfalt der auf seiner Farm wild lebenden Tiere enorm gesteigert hat.

Bodenqualitätsverbesserung und Klimaschutz

Die Bodenqualität, die sich derzeit, gerade auch als Folge der landwirtschaftlichen Nutzung, weltweit verschlechtert, kann durch das  Mob-Weidesystem erheblich verbessert werden.  Zur Verschlechterung der Bodenqualität siehe dazu auch die Weltkarte in meinen Artikel Weltweite Verschlechterung der Bodenqualität.

Mit der Verbesserung der Bodenqualität wird auch wieder Kohlenstoff im Boden eingelagert und damit Kohlendioxid aus der Luft entfernt. Die Polyface Farm der Salatins hat in den letzten 50 Jahren angeblich pro Jahr ca. 5 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar im Boden eingelagert. In 50 Jahren wären das 250 Tonnen. Ein Kilogramm Kohlenstoff entspricht  3,66 kg  Kohlendioxid (( Atommasse von C = 12, Atommasse von Sauerstoff = 16, Kohlendioxid = CO2.   Molekülmasse  von  CO2  =  12 +  2×16  =  44.     Verhältnis zu Kohlenstoff = 44/12 = 3,66.)) Daraus folgt: Wenn man eine Tonne Kohlenstoff per Photosynthese im Boden einlagert, dann entzieht man der Luft  3,66 Tonnen Kohlendioxid. Wenn ein  Auto, das 100 g CO2 pro km erzeugt, dann haben die Salatins, in erster Linie auch durch die Anwendung des Mob-Weidesystems, pro Hektar und Jahr den CO2-Ausstoss von 183 Tausend Autokilometern wieder im Boden eingelagert, und das als Nebeneffekt der Produktion von gesunden Nahrungsmitteln.    Bei einem Auto mit einem CO2-Ausstoß von 150 g/km wären es immer noch 120.000 km PRO Jahr und Hektar.

Zum Thema Kohlenstoff im Boden erwähnte John Jeavons in seinem Vortrag zur MOSES-Conference 2015, dass der Kohlenstoffgehalt 1973, als er mit dem Gartenbau angefangen habe, im Durchschnitt bei 2 % gelegen habe. Jetzt, 2015, liege er bei nur noch 1,2% . Ich nehme an, dass er damit den mittleren Kohlenstoffgehalt der Landwirtschaftlichen Nutzflächen weltweit meinte. Das wäre ein Rückgang von 40 % in nur etwas mehr als drei Jahrzehnten.

Wirklich klar und sicher sind die Daten für den Kohlenstoffgehalt der Böden der Welt aber nicht:

  • Global soil carbon: new study highlights need for better understanding
  • www.carbon-biodiversity.net/ Diese offenbar vom deutschen Bundesministerium für Umwelt usw. geförderte Seite zeigt komischerweise bei den Detailkarten nur solche für einige Länder der 3. Welt, aber nichts für Deutschland und Europa. Deutschland und Europa kann man nur in der Weltkarte finden, die man dort herunterladen kann.
  • Die 203 Seiten lange Publikation des Umweltbundesamtes, aus dem Jahre 2008, mit dem Titel Humusversorgung von Böden in Deutschland, die als pdf-Datei frei verfügbar ist,  verspricht interessant zu sein.  Ich habe  das Dokument etwas quer gelesen. Im Detail ist wie immer alles ziemlich kompliziert. Leider fehlt mir momentan die Zeit, das  Dokument  ganz zu lesen. Jedenfalls besteht von staatlicher Seite schon ein grundsätzliches Interesse möglichst viel Kohlenstoff im Boden einzulagern und auch die Böden zu verbessern.    Man müsste in der Praxis konkret versuchen und nachmessen, was zum Beispiel mit dem Mob-Weidesystem und auch mit dem System von John Jeavons auf verschiedenen Flächen in Deutschland wirklich möglich ist.

Im selben Vortrag weist Jeavons auch darauf hin, dass die Verluste an Mutterboden weltweit so groß sind, dass von 2015 an gerechnet in nur 39 Jahren kein Mutterboden zur Nahrungsmittelproduktion mehr vorhanden wäre. Auch würde nicht nur die konventionelle Landwirtschaft, sondern auch ein großer Teil des Ökolandbaus – so begrüßenswert er auch sei – derzeit pro Kilogramm erzeugter Nahrungsmittel einige Kilogramm Mutterboden verbrauchen.   Sowohl der biointensive Gartenbau nach John Jeavons als auch das Mob-Grazing bzw. Holistic Management stoppen den Mutterbodenverlust und erzeugen sogar neuen Mutterboden. John Jeavons Methode  macht das relativ arbeitsaufwendig auf kleinen Gartenflächen, das Mob-Grazing bzw. Holistic Management  bzw. Rational Grazing, kann es mit Hilfe von Wiederkäuern wie Kühen und Schafen, mit geringem Energieaufwand im großen Stil auf großen Flächen.

Distickstoffoxid-Emmission

Dank der Verbesserung der Bodenqualität hat die Polyface Farm eine etwa 4 mal höhere Flächenleistung als konventionelle Betriebe in der Nachbarschaft, aber sie hat anderseits seit der Übernahme durch die Salatins im Jahre 1960 keinen Kunstdünger verbraucht und damit  keine oder  zumindest  eine sehr viel geringere Distickstoffoxid-Emmission ( Distickstoffoxid = N2O = Lachgas). Das Umweltbundesamt empfiehlt dringend, mit Blick auf den Klimawandel, die Lachgasemission in der Landwirtschaft zu reduzieren. Das Mob-Weidesystem, eventuell kombiniert mit anderen z.B. auf der Polyface-Farm erfolgreich erprobten Methoden und für den Gartenbau auch in Kombination mit der Methode von John Jeavons, bieten die Möglichkeit dazu.

Methanemission

Zur Methanemission durch die Rinderhaltung hat Joel Salatin in einer Antwort auf einen Artikel in der New York Times,    “The Myth of Sustainable Meat,”  (dt.: Der Mythos der nachhaltigen Fleischproduktion), geschrieben ( Joel Salatin responds to New York Times’ ‘Myth of Sustainable Meat’), dass Methan auch dann frei kommt, wenn man die Pflanzen einfach nur verrotten und nicht von Tieren fressen lassen würde. Wenn man die Methanemissionen vollständig eliminieren wolle, müsse man alle Feuchtgebiete und Moore dieser Welt trocken legen. 95% aller Methanemissionen der Welt  würden von Feuchtgebieten und Sümpfen verursacht . Tiere würden  nur einen vernachlässigbar kleinen  Anteil haben.   (( In dem Buch “When the Rivers Run Dry: Water–The Defining Crisis of the Twenty-first Century” von Fred Pearce (es gibt auch eine deutsche Ausgabe, mit dem Titel Wenn die Flüsse versiegen, die aber teurer ist), wird ein Wasserkraftwerk am Amanzonas erwähnt, durch dessen Bau nun soviel Methan abgeschieden wird, das dieses Wasserkraftwerk wesentlich klimaschädlicher ist als es ein mit fossilen Brennstoffen betriebenes Kraftwerk derselben Leistung wäre )) In der Tat müsste man die Methan-Emission global betrachten und sich überlegen, was denn wirklich passieren würde, wenn man die Gräser weltweit einfach verrotten lassen würde, anstatt sie abzuweiden. Immerhin wäre es dann nicht mehr möglich, die Tiere zur Verbesserung der Bodenqualität und damit zur Einlagerung von Kohlenstoff zu verwenden. Wir brauchen die Wiederkäuer, wie weiter oben dargelegt, um die Böden und den Wasserhaushalt mit ökologisch und ökonomisch vertretbarem Aufwand zu verbessern.  Siehe dazu auch die weiter unten eingebundenen TED-Vorträge.

Mob-Grazing auf deutschsprachigen Internetseiten

Mit der Beschränkung der  google-Suche nach  “mob grazing” auf die Sprache Deutsch und das Land Deutschland fand ich nur die folgenden zwei deutschsprachigen Artikel:

Bei Suchen zum Thema Rinderhaltung und Weidewirtschaft fand ich auch eine Masterarbeit die 2014 an der Universität Hohenheim eingereicht worden war: Mutterkuhhaltung in Deutschland – Status quo und Zukunftsperspektiven im europäischen Kontext.  Ich konnte in dieser Diplomarbeit keinen Hinweis darauf finden, dass in  Deutschland das Mob-Weidesystem oder etwas vergleichbares genutzt wird.

TED-Vorträge

Hier zunächst ein TED-Vortrag von Allan Savory, mit deutschen Untertiteln (ich hatte den schon in meinen Artikel Weltweite Verschlechterung der Bodenqualität eingebunden):

Von Veganern und “etablierten Wissenschaftlern” gab und gibt es zum Teil heftige Kritik an Savory, aber Kritik dieser Art gab es in der Vergangenheit auch für viele andere Entwicklungen, die sich schließlich durchsetzt haben. Ich denke, man sollte sich davon nicht beirren lassen, zumal man heute bei “etablierten Wissenschaftlern” immer damit rechen sollte, dass diese die Interessen irgendwelcher Konzerne oder Interessengruppen vertreten.   Und solche Interessen stehen hier in wirklich sehr großen Umfang auf dem Spiel. Auch ist es so, dass wissenschaftliche Forschungsergebnisse auch unbewusst dadurch beeinflusst werden, was die jeweiligen Wissenschaftler glauben. Nach meinen Recherchen gibt mehr als genug überzeugende, praktische Beispiele die zeigen, dass  das  die Methode von Allan Savory  funktioniert.

Außerdem ist  es zwar so,  dass Allan Savory sein System offenbar ziemlich unabhängig entwickelt hat, aber wie er in seiner Rede Holistic Managment sagt, hat der französische  Biochemiker, Landwirt und Autor  André Voisin

lange vor ihm in seinem Buch Productivité de l’herbe,   (amerikanische Ausgabe: Grass Productivity  , deutsche Ausgabe, 1958, Die Produktivität der Weide ) all das erklärt und beschrieben, was er auch herausgefunden hat. Während Allan Savory mehr aus Mitteleuropäischer Sicht mit den sehr trockenen Gebieten in Afrika vertraut ist und seine Methode dort entwickelt hat, war André Voisin  mehr mit den Verhältnissen in Frankreich, Deutschland, Österreich und der Schweiz vertraut.    Voisin, der offenbar  auch gut Deutsch  sprach, war übrigens sogar  mit den Verhältnissen auf dem Versuchsgut Rengen in der Eifel, das zur  Universität Bonn gehörte, gut vertraut.  Er  bezieht sich in seinem Buch über  die Produktivität der Weide (ich habe nur die amerikanische Ausgabe gelesen)  öfters auf die Arbeit von Prof.  Ernst Klapp. So gesehen haben dann auch teilweise in der Eifel, auf der Domäne Rengen durchgeführte Forschungsarbeiten zu Voisins Buch und dann zum Erfolg der Polyface Farm beigetragen. Diese Anmerkung für jene, die meinen ich würde immer zu sehr im Ausland und da vor allem im aussereuropäischen Ausland nach Ideen und Methoden Ausschau halten  und  die  Deutschen  nicht genug würdigen.

Der Vater von Joel Salatin, der die Polyfacefarm der Salatins  1960 begründet hat,  hat  Voisins Bücher gelesen und das scheint einer der Gründe für den Erfolg der Polyfacefarm gewesen zu sein.

Hier der TEDx-Vortrag Cows, Carbon and Climatebei dem Joel Salatin das Mob Grazing, wie ich meine recht gut, erklärt.

Ein kritischer Artikel zum Mob-Weidesystem

Ein kritischer, aber nicht ablehnender Beitrag zum Mob-Weidesystem ist  A Skeptical Look at Mob Grazing von Chris Helzer. Im Wesentlichen geht es darin darum, dass man auch beim Mob-Weidesystem übertreiben und damit auch den Boden zerstören kann.   Aus den Ausführungen von Allan Savory kann man zwar entnehmen, dass es sich um ein in Afrika schon nach kurzer Einweisung im Grunde auch von Analphabeten realisierbares System handelt. In den gemäßigten Klimazonen scheint es aber schwieriger zu sein, wie das teilweise ziemlich umfassenden  Ausbildungsmaterial  und die Literatur  zeigen. Immerhin wollen die Tiere an 365 Tagen im Jahr  genug zu fressen haben, während das Gras übers Jahr gesehen unterschiedlich schnell wächst, genug Erholungszeit benötigt und die Tiere die Grasnarbe auch nicht zerstören sollen. Auch ist das Wetter jedes Jahr etwas anders.

Treibhausgase und Landwirtschaft

Ein ganz hervorragender Vortrag zum Thema  Treibhausgase und Mob-Weidesystem, aber auch  zu  typisch menschlichen  Verhaltensweisen im Bezug auf Probleme und den Klimawandel, ist der TEDxDubbo-Vortrag Soil carbon — Putting carbon back where it belongs — In the Earth des Australiers Tony Lovell:

An dieser Stelle möchte ich auch auf den Artikel Could carbon farming help reverse climate change?  hinweisen.

Klimawandel und der Beitrag der Landwirtschaft

Eine gute Übersicht,  auch über  die  verschiedenen per Landwirtschaft möglichen Methoden zur Einlagerung von Kohlenstoff im Boden   gibt die Präsentation    Climate Change and the Contribution of Agriculture von Peter Bane,   zu einem Vortrag, den er   2015 gehalten hat. Wie man den von Bane gezeigten Daten entnehmen kann, könnte die Landwirtschaft durchaus die weltweite Treibhausgasemission sogar voll kompensieren, anstatt diese, wie das heute der Fall ist, sogar noch zu verstärken. Zu den im Vortrag von Peter Bane angeführten Möglichkeiten und Methoden zur Kohlenstoffeinlagerung in der Erde und damit zum Klimaschutz, gehören neben der Anwendung des Mob-Weidesystems auch das Key-Line-System, dem ich  den Artikel   Das Hauptlinien-System gewidmet hatte, und auch darauf aufbauenden Form der Landwirtschaft, die   Mark Shepard in seinem Buch und seiner DVD beschreibt, und die ich in meinem Artikel  Restaurierende Landwirtschaft vorgestellt hatte. Ein hier zu erwähnender Punkt ist der sogenannte Yeomanspflug.  Dabei handelt es sich faktisch um einen Tiefenkultivator, der den Boden sehr tief aufreißt. Ich habe kritische Stimmen gefunden, die meinen, dass dieses Gerät nichts bringt. Mark Shepard zeigt aber z.B. in seiner DVD so ein Gerät und wie er es eingesetzt hat, und er erklärt dabei, dass er früher den Zinken mit seinem 35 PS Traktor kaum ziehen konnte und bei jeder Furche den Zinken mit einer Schaufel von Lehm habe befreien müssen. In letzter Zeit, nach einigen Jahren, aber sei der Boden bis ca. 90 cm tief so locker, dass er so vom Zinken abfalle.   Der  ursprüngliche Grund  diesen Tiefenkultivator überhaupt ein zu setzen, war für Shepard, dass er damit die Wurzeln  von Bäumen und Sträuchern , die er  parallel zu den  nach dem Key-Line-System angelegten Gräben  gepflanzt hat, daran hindern wollte in  seine Felder zu wachsen.   Es macht Sinn,  sich das auf seiner DVD anzusehen.

Klimaschutz, Katastrophenschutz und Gesundheitsschutz

Das geniale an all diesen Maßnahmen zur Kohlenstoffeinlagerung im Boden und damit auch zum Klimaschutz ist, dass es sich gleichzeitig um Maßnahmen handelt, die die Ernährungssicherheit der Bevölkerung in Kriegs- und Krisenzeiten verbessern, die die Bodenqualität und damit  die Bodenfruchtbarkeit steigern und die die Landwirtschaft befähigen können, auch in einer Zeit in der fossile Brennstoffe und die damit hergestellten Düngemittel, Pestizide und Herbizide zu teuer oder nicht mehr erhältlich sind, weiter Nahrungsmittel zu produzieren. Außerdem haben alle diese  Methoden als willkommene Nebenwirkungen die lokale Produktion von gesunden Lebensmitteln, die Verbesserung des Wasserhaushaltes und die Verbesserung der biologischen Vielfalt.

Wichtig ist es,  möglichst frühzeitig mit der praktischen Umsetzung und der Anpassung an die lokalen Verhältnisse zu beginnen.   Gerade auch die intelligente die Nutzung der heute noch recht preiswerten fossilen Energieträger wäre wichtig.

Bei alledem sollte man bedenken, dass es leider massive Interessenkonflikte gibt.

Bei allem Verständnis für die Interessen der verschiedenen Lobbygruppen sollte man aber bedenken, dass eine krisenfeste, lokale und auch nachhaltige Nahrungsmittelversorgung eine Frage von Leben und Tod ist. Das Mob-Weidesystem beruht zwar auch auf dem Einsatz moderner Technik, etwa in Form von Weidezaungeräten und leichten geländegängigen Fahrzeugen, aber  bei diesem System kann die Technik für die Nahrungsmittelproduktion im  Notfall  problemlos durch dann mehr als genug verfügbare Hilfskräfte ersetzt werden, die heute ihren Lebensunterhalt als Sachbearbeiter mit irgendwelchen im Ernstfall verzichtbaren Bürojobs verdienen.  Es gibt beim Mob-Weidesystem, ebenso wie bei der Growbiointensive-Methode von John Jeavons nichts, was zwingend die fragile technische Infrastruktur   unserer Gesellschaft benötigt. Das ist in der konventionellen Landwirtschaft anders. In der konventionellen Landwirtschaft würden im Ernstfall viele Betriebe ohne Nachschub und  Strom vollständig unbrauchbar und nutzlos.

Der  ganz besondere Reiz des  Mob-Weidesystems besteht meines Erachtens darin, dass man damit mit sehr geringen Aufwand und zugleich gewinnbringend,  klimaschützend und den  Zielen des Naturschutzes dienend,  die Bodenqualität  so verbessern kann, dass man im Ernstfall Flächen hat, die ohne lange Vorbereitung in fruchtbare Gärten umgewandelt werden können, in denen mit der Methode von John Jeavons Gemüse und kalorienhaltige Lebensmittel produziert werden können. Außerdem kann man mit diesem Weidesystem Lebensmittelvorräte bilden, die nicht schlecht werden, sondern die sich erneuern und Überschüsse produzieren und die dazu auch noch gesund und wohlschmeckend sind.

Kelberg, den 7. August 2016

Christoph Becker




Amerikas innovativster Ökobauer

50 Jahre ohne Kunstdünger und sonstige Agrarchemie, 20.000 Dollar Umsatz pro Hektar und Jahr. Massive Bodenverbesserung und CO2-Einlagerung im Boden, 1000 Rinder, fast  1000 Schweine und über 27.000 Stück Geflügel auf einen funktionierenden Ökobauernhof  der   ohne Regierungssubventionen  und Agraförderungsprogramme  auskommt und profitabel arbeitet . Joe Salatin und ein seinen Betrieb dokumentierendes australisches Filmteam  zeigen  dass es  geht und wie es geht.

Joel Salatin ist ein bemerkenswerter amerikanischer Farmer.  Ein Leser meines Blogs hatte in einem Kommentar zu meinem Beitrag Kollaps als Chance, zwar bereits beiläufig  Joel Salatin erwähnt, aber erst durch das Interview von Chris Martenson mit Joel Salatin, vom 13. März 2016, habe ich mich etwas genauer informiert. Zunächst hatte ich mir den in dem Interview erwähnten Film Polyfaces gekauft und angesehen. Hier der gut 9-Minütige Trailer mit deutschen Untertiteln:

Polyfaces trailer (German subtitles) from RegrariansMedia on Vimeo.

Hier die Übersetzung  des Textes unter  dem Trailer auf der About-Seite des Films:

“Während die Probleme der Welt mehr und mehr komplex werden, werden die Lösungen klar und einfach” 

Eine australische Familie gab ihre Ersparnisse aus und reiste mehrfach in die USA um im Verlauf von vier Jahren die Art der Landwirtschaft zu dokumentieren, die helfen wird das Schicksal der Menschheit zu ändern!

Mitten im beeindruckenden Shenandoah Tal im nördlichen Virgina liegt die ‘Polyface Farm’ (wörtlich übersetzt der Vielgesichterbauernhof) die vom “innovativsten Bauern der Welt” (Zitat TIME-Magazin) geführt wird und die die keine Chemikalien verwendet und über 6000 Familien und viele Restaurants und Lebensmittelhändler im Umkreis von 3 Autostunden versorgt.

‘Polyfaces’ ist ein froher Film über die Verbindung von Land und Gemeinschaft. Er wurde  in über 4  Jahren produziert und folgt den Salatins, einer 4 Generationen umfassenden Bauernfamilie die ‘alles anders machen als alle anderen’ , während sie Lebensmittel auf eine  Weise produzieren  die mit der Natur  und nicht gegen sie arbeitet. Dabei  nutzen sie die symbiotischen Beziehungen von Tieren und ihren natürlichen Funktionen und hochwertige, nahrhafte Produkte  herzustellen.

Wir zeigen wie sie ihre Landschaft, die lokale Wirtschaft, die Gesundheit ihrer Kunden und – am wichtigsten – ihre Böden regenerieren. Wir  treffen verschiedene Charaktere und  folgen ihren kraftvollen, persönlichen Reisen, während sie physisch und emotional von der  Art der Landwirtschaft der Salatins profitieren. Dieses Modell wird überall im  globalen Dorf nachgeahmt und zeigt das wir Qualität produzieren können ohne unseren Planeten auszulaugen.

Landwirtschaft ist die am meisten zerstörenden Industrie, aber sie muss das nicht sein. Dieses regenerierende  Modell der Nahrungsmittelproduktion könnte genau das Ding sein was uns rettet!

Wir sind eine Familie die beschlossen hat die Zukunft der Menschheit an die erste Stelle zu setzen und auf zu passen und sich zu wundern. Wir haben zusammen unsere Talente eingesetzt und geschult um einen ausgewachsenen Film von hervorragender Qualität und Kraft zu schaffen – ein passender Beitrag zu der Zukunft von der wir wissen dass sie möglich ist.

Unsere Geschichte

Polyfaces. Ein Film  zum  Inspirieren und  zum Schaffen von Veränderungen

“Wenn jeder Landwirt in den Vereinigten Staaten dieses System anwenden würde,  dann würden wir in weniger als 10 Jahren ,  DEN GESAMTEN KOHLENSTOFF im Boden binden,  der seit  dem Beginn des Industriezeitalters  als CO2 in die Atmosphäre abgegeben wurde.…”

Joel Salatin, (2015), Polyfaces, the film.

Während die Probleme der Welt mehr und mehr kompliziert werden, werden die Lösungen klar und einfach. Eine australische Familie hat ihre gesamten Ersparnisse aufgewendet um in die USA zu reisen und einen Film über eine Art der Landwirtschaft zu machen, von der sie denken, dass sie helfen wird die Menschheit zu retten!

Lisa Heenan and Darren Doherty  und ihre  3 Kinder haben die letzten 4 Jahre damit verbracht und all ihre   für eine Aufbau einer nachhaltigen und regenerativen Farm gedachten Ersparnisse  (über USD 150 Tsd.) ausgegeben um diesen visionären und inspirierenden Film zu machen.

Darren Doherty ist einer der  führenden Spezialisten für regenerative Landwirtschaft und  er hat  in über 40 Ländern  mit tausenden von  landwirtschaftlichen Betrieben und  Landwirten  als Berater  gearbeitet  …  alles mit dem einen Ziel …

Hoffen die große  Veränderung in unserem globalen Dorf inspirieren.

Momentan  in einer Berghütte in Afton, Virgina, sitzend, arbeiten Darren and Lisa hart um ernste Veränderungen in  unserem Landwirtschaftssystem  und in unserem lokalen Nahrungsmittelsystem herbei zu führen…

Wenn sie nach Australien zurückkehren, werden  Lisa  und Darren und ihre  Familie illegal in Wohnwagen in dem Land leben, dass sie ihre Heimat nennen. Ihre Vermieter haben sie  kürzlich darüber informiert,  während sie in Übersee ‘Polyfaces’ bewerben und ihr 14-jähriger Sohn und ihre 22-jährige Tochter ihr zuhause zusammenpacken, während sie daran arbeiten das Landwirtschaftssystem der Welt zu verändern und eine bessere Zukunft für ihre Kinder und uns auf zu bauen …

Bitte nehmen Sie sich ein paar Minuten Ihres sehr geschäftigen Tages um den Trailer von Polyfaces an zu sehen. Er zeigt ein positive, funktionierende Beispiele einer Regenerativen Wirtschaft in AKTION die überall in unserem Globalen Dorf kopiert werden und werden können! Das zeigt wie wir ernsthafte Veränderungen durchführen können. Das ist es wie wir unsere Ökosphäre retten können.

Die Regierungen der Welt drehen nur Daumen während unsere Ökosysteme kollabieren …. Es ist an uns ernsthafte Veränderungen durch zu führen und den Katastrophen entgegen zu wirken die sich schnell nähern.  Darren, Lisa und ihre Familie haben alles was sie haben aufgewendet um positive Veränderungen herbeizuführen und die Katastrophe abzuwenden, auf die wir uns zubewegen…

Wenn Sie dachten das die Lebensmittel AG  was wichtig war ist dies der nächste Schritt.

Der Film-Trailer wurde in 15 Sprachen übersetzt,  um dabei zu helfen Graswurzel-Veränderungen in unserem Globalen Ökosystem zu inspirieren. Mit den inspirieren  der Graswurzeln von Leuten (oder Völkern)  die helfen können  Veränderungen herbeizuführen, hofft  Polyfaces “den Kurs des Schiffes ändern zu können”… Es gibt noch stets viel Hoffnung.

Ich habe keine Zweifel dass ihr Film junge Menschen mit Optimismus erfüllt  und ihr  Verlangen  in  Landwirtschaft zu betreiben  entzündet. Ich  kann mir nicht vorstellen ihn  im Alter von 20 Jahren gesehen haben  könnte  und mich dann nicht entschlossen haben würde das dies das ist was tun möchte.!’

Michael Pollan

“…POLYFACES. Es  ist ein ehrgeiziges  Projekt und wirklich inspirierend. Die Botschaft ist klarregenerieren des Bodens ist das was die Welt retten wird. Lisa und Darren haben mit dem Film eine wunderbare Arbeit geleistet…”

Harvey Weinstein. The Weinstein Company

Durch den Gewinn des Festival Spirit Awards bei dem  Weyauwega Internation Film Festival und durch den Erhalt des Preises des Landwirtschaftsministers beim Life Sciences Film Festival, hat Polyfaces gerade erst begonnen ein ernsthaften Schwung  auf zubauen um Veränderungen herbei zu führen..

……

Bitte helfen sie bei dieser Mission von äußerster Wichtigkeit.  Jedes kleine Wenig hilft. Teilen sie in ihren Netzwerken. Wohnen sie einer Vorführung bei. Erzählen Sie den Leuten die sie kennen wie wichtig dies ist.  Helfen Sie uns das Wort zu verbreiten, dass es Hoffnung gibt.    Es gibt eine bessere Zukunft die auf unsere Kinder wartet und auf die Generationen die nach uns kommen…. Es ist an uns die Veränderung zu machen.…

Danke und alles Beste,

Ihre  & Wachsende,

Lisa Heenan Producer/Co-Director ‘Polyfaces’

Director Regrarians Ltd.

Also solche Einwanderer oder “Flüchtlinge”, wie die Macher dieses Films und ihre Familie,   würde ich auch willkommen heißen und tatsächlich als “wirkliche kulturelle Bereicherung ” betrachten. DAS sind die Leute und Einwanderer die wir wirklich bräuchten.

Der Film Polyfaces ist wirklich die 16,23 Euro wert, die ich für den Onlinezugang bezahlt habe.  Das finde ich auch Angesichts der kostenlos auf Youtube verfügbaren Videos.

Nachdem ich mir den Film Polyfaces angesehen habe, habe ich noch etwas nach Joel Salatin gegoogelt. Auf Youtube gibt es ebenfalls einiges von/mit ihm.

Von Joel Salatin habe ich mir außerdem gleich das Salatin Semester für US$ 284, inkl. Versandkosten, aber ohne MwSt, bestellt. Es enthält  18 Stunden Videos ,  6 Stunden Audio  und  ein Buch.

Ein Beispiel der auf  in dem Salatin-Semesterpaket enthaltenden Videos ist offenbar  Joel Salatins Vortrag auf Youtube, der zeigt wie er auf ca. 8 ha schlechtem, gepachtetem Land 60 Tsd. Dollar netto im Jahr erwirtschaftet hat in dem das Land in 40 Abschnitte unterteilt und   auf dem Land systematisch Schweine geweidet hat.

Das Weidesystem, dass die Salatins auf  der Polyface-Farm anwenden  ermöglicht angeblich  400  Kuhtage pro Acre gegenüber ca. 80 Kuhtagen pro Acre in konventionellen Betrieben mit vergleichbarer Lage (bezogen auf Hektar sind das  160  Kuhtage pro ha bzw. 32 Kuhtage pro ha). Salatin sagt, dass er mit seiner Art der Weidewirtschaft ca. 5 mal soviel Ertrag hat wie konventionelle Landwirte, und das obwohl er weder Kunstdünger noch Pestizide oder Herbizide benötigt. In über 50 Jahren die seine Familie diese 202 ha große Farm hat habe man keinen Sack Kunstdünger benötigt.

Zwar habe ich so gut wie kein Land, aber ich denke Joel Salatin hat recht, wenn er, genauso wie der Vater meiner  Mutter,  meint, dass das wichtigste Vermögen immer noch das ist was man zwischen den Ohren hat und überallhin mitnehmen kann.

Wenn unser System kollabiert und mir als Zahnarzt mangels Nachschub an High-Tech-Industrieprodukten und Strom nicht  mehr  viel  anderes mehr bleibt als mit  Hilfe von  Hypnose Zähne zu ziehen und Leuten bei zu bringen wie man Karies und Parodontitis mit einfachen Mitteln vermeiden kann, dann  kann es hilfreich sein rechtzeitig auch von einem Landwirt wie diesem Joel Salatin möglichst viel gelernt zu haben. Soweit ich das bisher beurteilen kann, nutzt der zwar auch gerne schwere Maschinen für die Landschaftsgestaltung und auch High-Tech-Elektrozäune, e-Mail, Internet, Traktor usw.. Aber ähnlich wie Sepp und Andreas  Holzer,  wie die Kaisers von der Singing-Frogs Farm , wie  John Jeavons mit seinem  Biointensiven Gartenbau und wie  Mark Sheppard mit seiner New Forest Farm ,   könnten die  Salatins auch nach einem Totalausfall unserer technischen Infrastruktur noch Nahrungsmittel produzieren und liefern. Und dazu liefern sie auch noch Qualitativ gute Nahrungsmittel.  Außerdem  arbeitet die Farm der Salatins auch jetzt schon wirtschaftlich.

Nicht zuletzt haben die Salatins  offenbar ein Konzept  mit dem  man auch in Gegenden wie der Eifel  in einer Zeit in der Kunstdünger und  andere Industrieprodukte nicht mehr erhältlich  sind ,  auch auf  großen Flächen  die Bodenfruchtbarkeit verbessern und erhalten und dauerhaft wirklich gute Erträge  erzielen kann.

   Wie der Film zeigt  ist es allerdings sehr sinnvoll rechtzeitig, solange Diesel noch billig und schwere Baumaschinen noch verfügbar sind, gewisse Erdarbeiten zur  Verbesserung des Wasserhaushaltes durch zu führen.   Hier  stimmen  Sepp Holzer und  Joel Salatin, soweit ich das bisher abschätzen kann, voll überein.

Hier noch ein  Interview mit Joel Salatin

Bei Minute 5:00 wird er von der Interviewerin gefragt ob seine Farm profitabel ist und wie viele Familien davon leben können. Seine Antwort:

“Mein Gott, als wir 1961 auf die Farm gekommen sind konnte sie kaum das Einkommen einer Person erwirtschaften. Heute erwirtschaftet sie ein halbes Dutzend Einkommen mit 100 Acres (ca. 40 Hektar) offenem Land. Die durchschnittliche Farm in unser Gemeinde erwirtschaftet eine jährlichen  Umsatz von ca. 625 Dollar pro Hektar, wir generieren 20.000 Dollar Umsatz pro Hektar und Jahr.”

Er erklärt dann auch wie sein Betrieb das schafft.  Das Vorgehen ähnelt dem  was  auch Sepp Holzer vorschlägt,  aber jeder Betrieb ist eben anders.

Vielleicht habe ich das mit der Größe der  Polyface-Farm der Salatins oben falsch verstanden, oder er meint mit “open land” nur das Weideland. An anderer Stelle hat er von 500 Acres ( 202 Hektar)  gesprochen. Diese Größe findet sich auch im englischen Wikipediaeintrag zur Polyface-Farm. Die in dem Interview von Salatin später erwähnten Stückzahlen von alleine 1000 Rindern und fast 1000 Schweinen und mehr als 27 Tsd. Stück Geflügel passen auch bei einer sehr hohen  Produktivität eher nicht zu einem Betrieb mit nur 40 Hektar sondern wohl eher zu einem 200 Hektar-Betrieb. Aber selbst dann  dürften diese Zahlen beträchtlich sein, wenn man dazu auch noch bedenkt, dass die Salatins schon seit 50 Jahren keinen Kunstdünger und keine andere Agrar-Chemie  verwenden und auch kein Saatgut zukaufen.

Bei Minute 7:10 wird er gefragt ob sein System hochskaliert, also auf größere Betriebe angewendet werden kann, oder ob die industrielle Landwirtschaft die einzige Möglichkeit ist mit der man  7 Milliarden Menschen ernähren kann.   Salatins Antwort:

“Unser System kann nicht nur hochskaliert werden. Es ist fazinierend, dass Sie diese Frage stellen, weil, wissen Sie, vor 20 Jahren haben die Leute gesagt, ‘Oh, dass ist sehr niedlich, aber wie kann man das hochskalieren?’ Heute, wo wir 1000 Stück Rindvieh haben, und fast 1000 Schweine und 25.000 Hühner, Hähnchen, …Fleischvögel, und 4000 Legehennen und tausende Truthühner, jetzt fragen die Leute wie man das herunterskalieren kann (also wie man dieses System auf kleinere Betriebe übertragen kann).  Weil viele Leute die  an dieser   viele Tierarten   umfassenden, lokal zentrierten, direktvermarktenden Landwirtschaft interessiert sind, eher von einer kleinen als von einer großen Betriebsgröße her kommen. Also wir sind keine kleine Farm. Ich meine wenn man das Land das wir gepachtet haben dazunimmt, sind wir ein Betrieb der 20 Leute Vollzeit beschäftigt. Also das ist kein kleines Unternehmen.”

Abschließend habe ich noch mit “Polyface farm funding” gegoogled, weil ich herausfinden wollte ob und wie die amerikanische Regierung die Polyface-Farm fördert oder bezuschußt. Auch was ich dabei fand ist bemerkenswert.

Ich übersetze dazu aus der Seite www.polyfacefarms.com/farm-tours/:

“Polyface ist ein funktionierender landwirtschaftlicher Betrieb, der keine  Zuschüsse oder  Fördermittel  der Regierung  erhält.”

Mit anderen Worten, wir könnten uns die EU-Agrarsubventionen und all die mit deren Verteilung beschäftigten Beamten,  Angestellten und Lobbisten  sparen, gleichzeitig die Ernährungssicherheit in Katastrophenfällen von derzeit nahezu nicht vorhanden auf sehr gut verbessern und dazu auch noch effizient etwas für den Klimaschutz tun, weil die sich verbessernde Bodenqualität in Deutschland und Europa mit einer massiven Steigerung der Kohlenstoffeinlagerung in den Böden führen würde.  Die Qualität der Lebensmittel und der sonstige Umweltschutz würde durch den damit verbundene Verzicht auch Agrarchemikalien ebenfalls verbessert.

Kelberg, den 21. März 2016

Christoph Becker




Landwirtschaft im Wandel

Mit dem Artikel Ernte okay, aber Preise im Keller – Die Bauern schlagen Alarm: Bis zu 25 [von 250] Betriebe in der Vulkaneifel stehen von dem Ruin hat der Daun-Gerolsteiner Wochenspiegel, vom 19. August auf einen Teil eines Problems der Landwirte aufmerksam gemacht, zu dem ich hier einige Beobachtungen, Gedanken und Lösungsvorschläge beisteuern möchte.

Warum werde ich bis auf weiteres weiter beim Discounter die Lebensmittel kaufen und dabei auf niedrige Preise achten? Nachdem ich mich den letzten Jahren und insbesondere in den letzten 12 Monaten auch mit dem Thema Landwirtschaft befasst habe, erfüllt es mich mit einer Mischung aus Trauer und Zorn, wenn ich mir die  Felder, Wiesen und Wälder hier in der Eifel ansehe. Die Landwirtschaft wie sie derzeit in der Eifel und andernorts in Deutschland und Europa meist betrieben wird ist meines Erachtens weder nachhaltig noch zukunftsfähig und es wird kostbare Zeit vertan, indem wie bisher weiter gemacht wird.

Meine zwei größten Fragen im Bezug auf die Landwirtschaft sind:

  1.  Was machen die Bauern und was nützen die noch, wenn die technische Infrastruktur in Deutschland und Europa schlagartig, also von einer Sekunde auf die andere, für Wochen, Monate, Jahre oder auch für immer, z.B. als Folge eines großen EMP-Ereignisses, eines Weltkriegs oder einer gigantischen Naturkatastrophe für immer zusammenbricht? (( zum Thema EMP habe ich auf meiner Webseite www.freizahn.de eine Menge Artikel und Informationen unter der Kategorie EMP ))
  2. Wie kann und soll die Landwirtschaft in der Eifel und anderswo in Deutschland weiter betrieben werden, wie können und sollen wie viele Menschen weiter ernährt werden, wenn unsere moderne Industriegesellschaft langsam, über Wochen, Monate und Jahre kollabiert? Meine Gegend hier in der Eifel war früher sehr arm. Die  Erträge der Landwirtschaft waren nur gering und reichten trotz der im Vergleich zu heute um ein Vielfaches kleineren Bevölkerung immer wieder nicht zu deren Ernährung aus, so dass es öfters zu Hungersnöten gekommen ist. Siehe z.B. den Bericht von Hans-Dieter Arntz Naturkatastrophen und Notstände in der Eifel aus dem Eifeljahrbuch 1986, den Herr Arnts  freundlicher Weise auf seiner Internetseite verfügbar gemacht hat, sowie das Buch  Notzeiten in der Eifel: Von der Hexenverfolgung bis zum Kriegsende an der Westfront von Hans P. Schiffer.  Mit der Technik und den Methoden des frühen 19. Jahrhunderts kann die heute viel größere Bevölkerung in der Eifel und anderswo in Deutschland nicht ernährt werden. Die heute üblichen Techniken und Methoden werden aber nach einem wie auch immer verursachten Kollaps des Welthandels und unserer Gesellschaft auch nicht mehr funktionieren. Wie ich in meinem Artikel Rationierung und Lebensmittelknappheit im 1. Weltkrieg gezeigt habe, hat bei der im Vergleich zu heute eher kleinen Bevölkerungsdichte und der noch vergleichsweise sehr geringen Abhängigkeit von moderner Technik insbesondere auch die Blockade der Seewege zur Lebensmittelknappheit in Europa und zu einer Hungernot geführt.

Das erste, der schlagartige Kollaps der technischen Infrastruktur ist ziemlich  wahrscheinlich.  Siehe dazu verschiedene Artikel unter http://www.freizahn.de/category/emp/ .  Der zweite Fall, nämlich ein allmählicher Kollaps unserer modernen Industriegesellschaft ist so gut wie sicher.  Das einzige, was ihn verhindern könnte wäre ein schlagartiger Kollaps, nach dem nichts mehr bleibt was langsam kollabieren könnte, oder ziemlich extreme und schmerzhafte Reformen, die faktisch eine kontrollierte, bewusste Rückkehr ins Mittelalter bedeuten würden und politisch wohl kaum durchsetzbar wären. Allerdings geht der amerikanische Autor James Howard Kunstler  unter anderem in seinem Buch A History of the Future: A World Made By Hand Novel davon aus, dass die Deutschen vernünftig und diszipliniert genug sein werden, diesen Weg zu beschreiten.

Wer meint,  dass neue technische und wissenschaftliche Entwicklungen uns retten werden möge z.B. das von mir übersetzte Interview mit Prof. Joseph Tainter über den Kollaps komplexer Gesellschaften lesen, oder meinen Artikel Dem Energiedilemma auf den den Grund gegangen.  Beide zeigen übrigens anhand der Reformen im Byzantinischen Reich, im 7. Jahrhundert, dass eine Gesellschaft nicht zwingend kollabieren muss, sondern dass zumindest in diesem einen Fall eine kontrollierte, massive Vereinfachung und Reduzierung der Komplexität und ihrer Kosten gelungen ist und dass die betreffende Gesellschaft damit einige Jahrhunderte weiter bestehen und zeitweise sogar expandieren konnte. Sehr nachdenklich stimmend ist auch die Diskussion von Chris Martenson mit John Michael Greer, vom 12.4.2015, die deren deutsch Übersetzung in Der Gott des technischen Fortschritts könnte tot sein zu finden ist. Eine Folge davon war für mich die Lektüre von Geers Buch After Progress, wozu ich dann Nach dem Fortschritt geschrieben habe. Der naive Aberglaube, dass Technik und Wissenschaft uns schon retten werden, ist auch in Deutschland verbreitet.

Auch das von mir ins Deutsche übersetzte Interview mit dem Soziologen und Ökologen William Catton, mit dem Titel Ökologisches Überschwingen  könnte hilfreich sein, ebenso wie der Artikel Die Grenzen und das Ende des Wachstums . Ferner zeigen meine Artikel Unsichtbare Nutzflächen und Weltweite Verschlechterung der Bodenqualität, dass unsere Landwirtschaft nicht mehr unbegrenzt wie bisher weitermachen kann und wird.

Wir steuern jedenfalls als Gesellschaft auf sehr massive Probleme zu und wir haben sehr beträchtliche Sicherheitsrisiken,  bei deren Milderung oder Meisterung die Landwirtschaft eine ganz entscheidende, unverzichtbare Rolle spielen könnte.  Wenn die Bauern wie bisher weitermachen oder einfach aufgeben und ihr Land brach liegen lassen, oder/und das Land für industrielle Landwirtschaft genutzt wird, hat die Bevölkerung – einschließlich der Bauern und ihrer Familien! – so gut wie keine mittel- und langfristige Überlebenschance.

Die aktuellen wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Bauern können eine Chance sein, und ich werde alleine schon deshalb bis auf weiteres weiter meine Lebensmittel beim Discounter kaufen und dabei auf die Preise achten, weil ich will, dass die Bauern vernünftig werden und die Landwirtschaft so umstellen, dass sie wirklich zukunftsfähig, katastrophensicher und nachhaltig wird. Das würden sie aber nicht, wenn sie mit ihren jetzigen Methoden genug verdienen würden. Ich möchte aber, dass die Bauern zuerst und vor  allem wirkliche Nahrungsmittelsicherheit entwickeln und produzieren.  Nahrungsmittelsicherheit sehe ich hier als eine Mischung aus materiellen Produkten, aus Landentwicklung, Bodenverbesserung und Dienstleistungen.  Ich denke, dass sowohl die Regierungen als auch die Bevölkerung bereit sind, die Landwirte anständig zu bezahlen, wenn diese nachvollziehbar Nahrungsmittelsicherheit produzieren. Vieles könnte und würde schon nach geltendem Recht subventioniert, wenn es nur richtig benannt und auch gemacht würde. Darüber hinaus könnte man weitere Wege der Finanzierung diskutieren und finden.

Meine Vorschläge

Zunächst schlage ich vor, dass interessierte Bauern, vielleicht gemeinsam mit Vertretern der Behörden und auch mit interessierten Bürgern des Landkreises regelmäßig treffen und Ideen austauschen und diskutieren. Der Bauernverband könnte dies organisieren.

Hier ist was ich selber tun würde, wenn ich Landwirt wäre und Land hätte:

Ich würde lesen und mich schlau machen – das heißt, ich selber habe mich schon schlau gemacht, wie man an meiner Webseite sieht, aber ich habe kein Land und mir fehlt auch das Geld und die Möglichkeit welches zu kaufen.  Meine Webseite, www.freizahn.de liefert bereits jede Menge Anregungen und Literaturquellen. Ich würde z.B. mein Land im Sinne von P.A. Yeomans Hauptlinien-System analysieren und dieses System umsetzen, um das Niederschlagswasser besser auf meinem Land zu halten und besser zu verteilen.

Bevor ich mit der Umsetzung anfangen würde, würde ich aber auch die Bücher

lesen und vielleicht auch so ein dreitägiges Seminar bei Sepp Holzer im Burgenland besuchen und den jetzt von seinem Sohn Andreas geführten Krameterhof besichtigen. D.h., ich würde das nicht tun, ich habe das längst, zusammen mit meiner Frau in Frühsommer dieses Jahres getan und habe dafür extra eine zusätzliche Woche meinem Personal Urlaub gegeben und meine Praxis für diese Zeit geschlossen, weil es mir das wert war. Ich  bereue nicht, es getan zu haben. Der alte Holzer ist schon ein Phänomen. Man bedenke, dass der 1962, mit 19 Jahren, den sehr ungünstig gelegenen Bergbauernhof seiner Eltern übernommen hat und dass ich ihn nun als 73-Jährigen erlebt habe, wie er meinte, für ihn hätte das Jahr an 365 Tagen im Jahr Sonntag, weil er macht, was ihm Freude macht. Das einzige, was ihm nicht gefalle seien die hohen Steuern. Er habe ausgerechnet, dass er jetzt insgesamt 82 % Steuern zahlt, wovon 50 % Einkommensteuer wären. Dabei bleibt ihm noch genug, um z.B auch einen neuen Land Rover Freelander zu fahren.  Welch krasser Gegensatz zu den Bauern in der Eifel, die trotz sehr viel besserem Land klagen und vor dem wirtschaftlichen Ruin stehen. Bei dem alten Sepp Holzer kann man allerdings auch manches falsch verstehen, wenn man nicht aufpasst und die Zwischentöne überhört. Naive Leute, die zu faul oder nicht in der Lage  sind selber zu denken können Holzer missverstehen und bitter enttäuscht werden. Das Seminar bei Sepp Holzer lohnt sich aber meines Erachtens auf jeden Fall. Ich würde es mir auch ein zweites Mal anhören . Ein Teil ist übrigens, dass am dritten und letzten Tag die Teilnehmer ihre Projekte vorstellen können und dass Sepp Holzer dann dann dazu Tipps und Anregungen gibt.

Die Besichtigung des nun von Sepp Holzers Sohn geführten Krameterhofes war auch jeden Cent und jede Minute wert. Der junge Holzer hat zunächst einen guten Vortrag unter anderem über die Geschichte des Hofes gehalten, und auch darüber was man von der Besichtigung erwarten und mitnehmen kann und was nicht. Mitnehmen kann man Ideen und Anregungen. Fertige Rezepte sollte man nicht erwarten. Dass da auf einem Bergbauernhof über 30 Teiche mit insgesamt relativ wenig Wasser angelegt wurden und betrieben werden und dass man dort u.a. auch Krebse, Enzian und kleine robuste Rinder züchtet, gehörte auch dazu.  Ich habe z.B. gelernt wie man einen Vorratskeller so baut und belüftet, dass er trocken bleibt.

Aber es gibt nicht nur Yeomans und die Holzers.

Ich würde auch, d.h. hier ich habe auch, die folgenden Bücher gelesen und kann diese empfehlen:

  • Restoration Agriculture von Mark Shepard. Shepard hat u.a. Maschinenbau studiert und betreibt seit über 19 Jahren die New Forest Farm im US-Bundesstaat Wisconsin.  Es gibt auch eine DVD mit dem selben Titel wie das Buch. Ich kann das Buch und die DVD sehr empfehlen. Nach dem ich DVD gesehen hatte, habe ich für meine Webseite den Artikel Restaurierende Landwirtschaft verfasst. Von Shepard gibt es auch auf Youtube einige Beiträge.
  • Für mich sehr lehrreich war das Buch Building Soils for Better Crops – Sustainable Soil Mangament (Deutsch: Mutterboden aufbauen für bessere Ernten – Nachhaltiges Mutterboden Management). Zu diesem Buch hatte ich den Artikel Nachhaltige Bodenverbesserung verfasst. Das Buch ist als pdf-Datei kostenlos herunterladbar.  Zumindest wenn man mehrere Exemplare kauft, ist auch die empfehlenswerte, weil leichter lesbare Printausgabe relativ günstig (ich habe noch ein paar Exemplare, falls es jemanden interessiert).
  • Der Klassiker der Agroforstwirtschaft auf den sich auch Mark Shepard bezieht ist wohl das erstmals 1928 erschienen Buch Tree Crops: A Permanent Agriculture  (deutsch etwa: Nahrungsmittel produzierende Bäume: Eine dauerhafte Landwirtschaft) von J. Russel Smith. Eine pdf-Datei mit einer Kopie der ersten Ausgabe ist im Internet kostenlos verfügbar.
  • How to Grow More Vegetables (and Fruits, Nuts, Berries, Grains, and Other Crops) Than You Ever Thought Possible on Less Land Than You can imagine (deutsch: Wie man mehr Gemüse wachsen läßt (und Früchte, Nüsse, Beeren, Getreide und andere Nahrungsmittel)  als sie je für möglich hielten, auf weniger Land als Sie sich je vorstellen konnten) von John Jeavons. Ein Vortrag von John Jeavons auf Youtube und dann die Lektüre seines Buches war ein Auslöser meiner Erkundungsreise in Sachen Landwirtschaft und für die Entdeckung der oben erwähnten Bücher, und für viele andere die ich hier nicht erwähnt habe, teilweise auch weil ich sie mangels Zeit noch nicht gelesen habe. Soweit man aus Afrika, wie in dem Film “Zehn Milliarden”, sieht, dass man Leuten dort beigebracht hat wie sie vielfältige, produktive Gärten anlegen und sich gut damit ernähren können, könnte das auch auf die Arbeit von John Jeavons zurück gehen.

Bei John Jeavons habe ich das Seminar im November gebucht. Ob ich da einen Bauern oder Gärtner aus der Eifel treffe? (Nachtrag 12.4.2018: Ich war sogar der einzige Deutsche und auch der einzige Europäer bei diesem Seminar mit John Jeavons. Am Tag nach  diesem Seminar habe ich eine Betriebsführung auf der Singing Frogs Farm von Paul und Elizabeth Kaiser in Sebastopol gebucht. Da war ich sowieso der Einzige.)

Auf dem Weg vom Flughafen von San Francisco nach  Willits in Kalifornien, wo das Seminar mit John Jeavons stattfindet, liegt die Singing Frogs Farm von Paul und Elizabeth Kaiser.

Das Ehepaar Kaiser von der Singing Frogs Farm hat mit einfachen Methoden eine Mutterbodenstärke von ungefähr 1,2 m und dazu extreme Erträge erzielt. Ich habe dazu die ersten beiden Absätze aus dem Artikel The Drought Fighter – Could a controversial farmer in California have found the most effective way to grow food in a warming world?  [Deutsch:  Die Dürrebekämpfer – Kann ein umstrittener Bauer in Kalifornien die effektivste Methode gefunden haben um Nahrungsmittel in einer wärmer werdenden Welt anzubauen?]  von Todd Oppenheimer, aus dem Craftsmanship-Magazin vom 15. Januar 2015 übersetzt (( Nachtrag: Seit Mai 2017 gibt es eine vollständige deutsche Übersetzung dieses Artikels auf netzfrauen.org:  Der mit der Dürre tanzt.)):

Eines Nachmittags im letzten März, auf einer kleinen Gemüsefarm, die Paul Kaiser in einem besonders kühlen Tal in Sebastopol, Kalifornien betreibt, hat eine Gruppe von Landwirtschaftsspezialisten um eine ca. 1,20 m lange Stahlstange herumgestanden. Die Experten waren gekommen, um die Tiefe und Qualität der Krume von Kaiser zu prüfen, und einer von ihnen, eine alter Farmer namens Tom Willey, aus dem Kalifornischen Haupttal (Central Valley), hat sich über die Stahlstange gebeugt, um sie soweit er konnte in den Dreck zu stoßen. Auf einer typischen Farm kommt die Stang nach ca. 30 cm zu einem Halt, weil sie dann gegen den unfruchtbaren Unterboden stößt. Aber im Feld von Kaiser konnte die Stange mit der ganzen Länge in den Boden gleiten, und Willey ist fast gefallen. “Wow, es ist unglaublich”, hat er gesagt, und sich gefragt, ob er in ein Backenhörnchenloch gestoßen habe. Die ganze Gruppe ist in Lachen ausgebrochen. “Tue es wieder! Tue es wieder!” hat Jeff Mitchell, ein langjähriger Professor der Landwirtschaft an der Universität Kaliforniens in Davis, gesagt.

Die Gruppe hat die Übung, wieder und wieder wiederholt  – für die Fotos, und um sicherzustellen, dass Kaiser wirklich die verschiedenen Leistungen vollbracht hatte, über die er in diesen Tagen fast unaufhörlich spricht. Es ist nicht die leichteste Überzeugungsarbeit. Kaiser, ein überschwänglicher ehemaliger Holzbearbieter, der nur 40 Jahre alt ist, hat nur 3,2 Hektar, und erntet nur auf weniger als 1,2 Hektar. Dennoch sind seine Methoden an der vordersten Front einer Landwirtschaftsbewegung, die zumindest in den Vereinigten Staaten so neu ist, und die so für eine klimageänderte Welt mit sich verringernde Niederschlägen geschaffen ist, dass sie riesige Möglichkeiten öffnet. Man könnte diese Methodiken Nachhaltigkeit auf Steroiden nennen, weil sie erhebliche Gewinne erwirtschaften kann. Im letzten Jahr hat die Farm von Kaiser in Sonoma County mehr als 247.000  Dollar pro Hektar brutto verdient, was das 10-fache des durchschnittlichen Einkommens pro Hektar von vergleichbaren Farmen in Kalifornien ist. Das schließt die legendären Weingärten von Sonoma ein, die seit Jahrzehnten den Ertrag von Ackerland übertroffen haben, hauptsächlich weil Weintrauben heute viel einträglicher sind als Nahrungsmittel, zumindest bei der Bewirtschaftungsweise wie sie die meisten Bauern nutzen.

Das Interessanteste dabei ist, dass die Kaisers mit Methoden arbeiten, die ohne schwere Maschinen, ohne Kunstdünger, ohne Pestizide und ohne Hybridsaatgut auskommen.  Das ist also eine Methode mit der Landwirtschaft und Gartenbau auch in 20, 50 oder 200 Jahren in z.B. auch in der Eifel betrieben werden könnte, wenn Diesel, moderne Landmaschinen andere heute unverzichtbar und selbstverständlich erscheinende Produkte unserer Industriegesellschaft längst nur noch in wehmütigen Geschichten aus längst vergangenen Tagen vorkommen.  Dass man damit auch schon heute, in normalen Zeiten, mit Landwirtschaft und Gartenbau gewinnbringend arbeiten kann, ist ein angenehmer Nebeneffekt. Ein anderer Nebeneffekt ist, dass man offenbar sehr hochwertigen Mutterboden produzieren kann.

Auch wenn die Eifel nicht Kalifornien ist, sollte man diese Dinge kennen und sehen was man davon lernen und davon für die eigene Umgebung wie anpassen und nutzen kann.

Es gibt meines Erachtens jedenfalls sehr gute Möglichkeiten und Wege die Landwirtschaft auch in der Eifel profitabler, katastrophensicherer, umweltfreundlicher, zukunftssicherer und nachhaltiger zu machen.

Fazit

Die Frage wie man in der Eifel auch nach einen völligen Zusammenbruch der Industriegesellschaft und der Versorgung mit Treibstoff, Strom, Kunstdüngern, Pestiziden, Hybridsaatgut, Medikamenten und Ersatzteilen dauerhaft sehr viel mehr Menschen mit der Landwirtschaft ernähren kann als vor der industriellen Revolution, ist für mich jedenfalls grundsätzlich geklärt.  Ich bin mir auch sicher, dass Regierung und Bevölkerung bereit sind, die Landwirte wirtschaftlich in der erforderlichen Weise zu unterstützen, wenn diese nachvollziehbar ihre Betriebe und ihre Bewirtschaftungsmethoden entsprechend optimieren und umgestalten.  Das Bewusstsein, dass ganz sicher Tage und auch Wochen, Monate und Jahre kommen werden, in denen die Discounter und auch staatliche Hilfsdienste nicht mehr funktionieren und keine Lebensmittel mehr liefern können fehlt sicherlich noch bei den meisten. Aber das kann und wird sich ändern. Es wäre grauenhaft, wenn sich dieses Bewusstsein erst ändert wenn die Leute tatsächlich nichts mehr zu essen haben.  Es wäre gut und sinnvoll, wenn die Bauern möglichst bald lernen, dass ein solcher Bewusstseinswandel  den Wert der lokalen Land- und Forstwirtschaft sehr steigert, wenn diese dann liefern kann.  Wenn die Bauern das rechtzeitig lernen und entsprechend handeln, dann haben sie mit etwas Glück noch genug Zeit, das Nötige zu tun und zu lernen – und sie können damit auch genug verdienen.

Die aktuelle Krisensituation der Bauern kann jedenfalls sowohl für die Bauern als auch für die Bevölkerung ein Segen sein und neue Chancen eröffnen.

Ich meine und hoffe, dass der obige Artikel dazu brauchbare Anregungen und Informationen liefert.

Kelberg den 20. August 2015

Am 12.4.2018 habe ich den obigen Artikel noch einmal gelesen und etwas nachgebessert:

Christoph Becker




Bodenerosion in Maisfeldern

In dem erstmals 1929, also vor mehr als 85 Jahren erschienenen Buch Tree Crops: A Permanent Agriculture (dt. Baumfrüchte: Eine Nachhaltige Landwirtschaft) von J. Russell Smith, habe ich schon auf Seite 5 den im Folgenden von mir ins Deutsche übersetzten, beim Blick auf die vielen Maisfelder in deutschen Mittelgebirgen und in Österreich, im Frühjahr/Sommer 2015, sehr nachdenklich stimmenden Text gefunden:

Wald – Feld – Pflug – Wüste – das ist der der Zyklus des Hügellandes in dem größten Teil der in der Landwirtschaft den Pflug verwendenden Kulturen – ein Zyklus, der nicht auf China beschränkt ist.
China hat eine tödliche Ausdehnung davon, aber Syrien, Griechenland, Italien, Guatemala und die Vereinigten Staaten haben es ebenfalls. Obwohl wir Amerikaner
historisch gesehen unser Land erst seit relativ kurzer Zeit besiedeln, zerstören wir den Boden schneller durch Erosion als jedes andere Volk, das jemals in alten und neuen Zeiten gelebt hat, alle wilden, zivilisierten Völker und Barbaren inbegriffen.

Wir haben die Maschinen, die uns dabei helfen zu zerstören und zu schaffen.
Wir haben auch andere Faktoren der Zerstörung, die für die Weiße Rasse neu sind und die sehr wirksam sind. Wir haben Bodenbearbeitung erfordernde Bodenfrüchte – Mais, Baumwolle und
Tabak. Europa hatte diese Bodenfrüchte nicht. Die alten Getreidesorten der  Europäer,
Weizen, Gerste, Roggen, und Hafer, bedecken den gesamten Grund
und halten den Boden mit ihren Wurzeln. Wenn ein Mensch Mais,
Baumwolle oder Tabak anbaut und dazu pflügt, löst er die Erde, zerstört damit deren Halt, den sie mit den Pflanzenwurzeln vielleicht gewonnen hat. Pflügen für den Maisanbau ist die effizienteste Methode zur Zerstörung des nicht ebenen Ackerlandes.

Wir in Amerika haben einen anderen Faktor der Zerstörung, der für die weiße Rasse fast neu ist – den Gewittersturm. Das südliche Europa hat einen regenlosen Sommer. Nordeuropa hat einen leichten Niederschlag,
der in sanften Schauern kommt. Die Vereinigten Staaten haben den Platzregen des Gewittersturms.
Wenn sich der amerikanische Himmel öffnet und Ströme von 5 cm Niederschlag in einer Stunde in ein hügeliges Getreidefeld gießt, kann das  genauso viel Bodenerosion bewirken wie 500 cm sanfter auf Weizen oder Grasland fallender Regen in Großbritannien oder Deutschland.

Mit diesem Zitat vor Augen habe ich an Pfingsten 2015 eine kleine Tour in der Eifel unternommen, um Maisäcker zu photographieren. Im Laufe der Jahre hatte ich auch in der Eifel mehrfach sehr heftige Regenschauer erlebt, die zu Erosionen geführt haben.

Nur wenige Tage später, ausgerechnet anlässlich der Reise zu einem Seminar bei Sepp Holzer, über dessen Permakultur, Wasserwirtschaft und Erosionsschutzverfahren im Burgenland, hatte ich Gelegenheit, auch in Bayern und Österreich jede Menge Felder in Hanglagen mit Mais und teilweise auch mit Soja zu sehen, die offensichtlich erosionsgefährdet sind. Nach der Ankunft im Burgenland, am Vorabend des ersten Seminartages, hatte ich dann die Gelegenheit bei einer kleinen Wanderung Beispiele aktueller Bodenerosion nach einem Starkregen zu fotographieren, der in den Tagen davor niedergegangen war.

Im Folgenden einige der Bilder aus der Eifel (noch ohne aktuelle Erosionsschäden) und aus dem Burgenland ( mit Bodenerosionen nach einem Starkregen).

MaisEifel2015-05-24Nebenstehend ein Maisacker in der Vulkaneifel an Pfingsten 2015, stellvertretend für viele andere, die ich in Rheinland-Pfalz, Hessen, Bayern und Österreich gesehen habe. Starke Regenfälle, wie die welche die Erosionsschäden auf den weiter unten stehenden Bildern von Maisäckern bei Jennersdorf im Burgenland verursacht haben, gibt es auch in der Eifel.

Bilder von Erosionsschäden an Maisäckern in der Gegend von Jennersdorf im Burgenland, am Donnerstag nach Pfingsten 2015, nachdem es in den Tagen vorher unwetterartige Niederschläge gab:MaisJennersdorf2015-05-28g MaisJennersdorf2015-05-28f MaisJennersdorf2015-05-28e MaisJennersdorf2015-05-28d MaisJennersdorf2015-05-28cMaisJennersdorf2015-05-28a2  MaisJennersdorf2015-05-28 MaisJennerdorf2015-05-28b

Wie ist es möglich, dass man 2015 in Europa, auch in Hanglagen, seit einigen Jahren im großen Stil Mais anbaut und dass dies mit staatlichen Mitteln subventioniert wird, um damit unter anderem angeblich umweltfreundliche, “erneuerbare” Energie zu erzeugen,  während man seit 1929, also seit über 85 Jahren weiß, dass man damit die Leistungsfähigkeit der landwirtschaftlichen Nutzflächen unter anderem durch Erosion zerstört UND während man ganz sicher nicht nur anhand der von mir im Burgenland photographierten Beispiele den praktischen Nachweis hat, dass das mit der Bodenzerstörung durch Erosion tatsächlich wahr ist?


Auf der Webseite www.Pflanzenforschung.de wurde am 22.5.2015 eine Zusammenfassung einer aktuellen Studie über das Problem der Bodenerosion veröffentlicht,  die zu obiger Beobachtung passt. Anders als der Schluss des Artikels suggeriert, ist das Know How zur Vermeidung von Bodenerosionen aber durchaus längst vorhanden und man muss nicht erst noch viel Zeit und Geld in Forschung investieren, sondern müsste einfach nur mal lesen, was umsonst oder für ein paar Euro verfügbar ist. Neben dem eingangs erwähnten (kostenlos herunterladbaren) Buch Tree Crops: A Permanent Agriculture von J. Russel Smith, wären z.B. das von mir schon in meinen Artikel Restaurierende Landwirtschaft vorgestellt Buch und die DVD von Mark Shepard, sowie das in meinem Artikel Nachhaltige Bodenverbesserung  vorgestellte (kostenlos herunterladbare) Buch von Fred Magdoff und Harald van Es, sowie das Buch 4000 Jahre Landbau in China, Korea und Japan von F.H. King empfehlenswert. Einfach mal lesen und sich ansehen und anhören was Sepp Holzer und sein Sohn zu sagen haben kann auch helfen und ist ebenfalls recht preiswert und soweit auf Youtube verfügbar sogar kostenlos. Das kostenlos herunterladbare Buch The Keyline Plan von P.A. Yeomans, zu den Artikel Das Hauptliniensystem geschrieben habe,  ist ebenfalls hilfreich wenn man Bodenerosionen vermeiden möchte.

Kelberg, den 5. Juli 2015 Christoph Becker




Das Hauptliniensystem

Das Hauptliniensystem, oder auf Englisch Keyline-System, ist eine der Grundlagen der Restaurierenden Landwirtschaft nach Mark Shepard. Es ist eine Methode zur Verbesserung der Wassernutzung und zur schnellen und nachhaltigen Vergrößerung der Mutterbodenschichten. Man kann damit,  in nur 2 bis 3 Jahren die Dicke der Mutterbodenschicht um 30 bis 45 cm vergrößern. Wie mir die durch den Klimawandel zunehmenden Probleme wegen geringerer, oder unregelmäßigerer Niederschläge in der Eifel zeigen, könnte das Hauptliniensystem auch für die deutsche Landwirtschaft interessant sein bzw. werden.

Das Konzept des Wassermanagements beruht im Wesentlichen darauf, dass man Gräben und Aufschüttungen ( swales and berms)  mit nur 1 % Gefälle (( 1% ist der Wert den Mark Shepard in seinem Buch Restoration Agriculture angibt.  In dem von ihm als weiterführende Literatur empfohlenen Buch Water for every Farm von Yeomans, wird mit Gefällen von 1/250 bis 1/500, bei einem Mittel von 1/300, gearbeitet, was nur 1/3 des von Shepard angegeben Wertes ist. Shepard scheint, wie man einem Bild in seinem Buch entnehmen kann, die Gräben teilweise nur mit einem einfachen Wendepflug anzulegen, wobei dann die Aufschüttung durch die vom Pflug talwärts geworfen Erde bzw. Grasnarbe entsteht. Yeomans scheint, zumindest soweit ich das beim Überfliegen seines Buches erkennen konnte, tiefere und breitere Gräben mit Maschinen aus dem Strassen- und Wegbau anzulegen. Yeomans war allerdings Australier und kam erst später zur Landwirtschaft, nachdem er vorher u.a. als Geologe und Unternehmer für Erdarbeiten gearbeitet hatte. )), also fast parallel zu Linien gleicher Höhe herstellt. Außerdem werden kleine Bodensenken oder Becken zum Sammeln des Wassers angelegt, die dann auch Biotope für zur Schädlingsbekämpfung nützliche Amphibien sind.  Das heißt, Mark Shepard hat aus juristischen Gründen nur mehr oder weniger große, seitlich flach auslaufenden Gruben ausgehoben, in denen sich Tümpel bilden und die untereinander mit Gräben verbunden sind. Bei P.a. Yeomans und vorallem auch bei Sepp Holzer werden stattdessen zum Teil recht große Dämme gebaut und das Wasser aufgestaut. Sepp Holzer spricht dabei aus juristischen Gründen nicht von Teichen oder Seen, sondern von Wasserrückhaltebecken, Wasserretentionsbecken oder auch von Humusrückhaltebecken. Bei Sepp Holzer sind diese oft mit Rohren verbunden.  Das Ziel ist bei allen, das Wasser möglichst lange auf der eigenen Fläche zu halten. Es soll nur langsam abfließen, um möglichst viel Zeit zum Versickern haben.  Mit den Bodensenken, Becken,   Tümpeln, Wasseretentionsbecken oder wie immer man sie nennt,  versucht man Wasser zu speichern, so dass es Zeiten ohne Niederschlag an den Boden abgegeben werden kann. Der Unterschied zu zentralen Staudämmen und Stauseen ist, dabei in jedem Fall, dass das Niederschlagswasser bei starken Niederschlägen möglichst dezentral zurückgehalten und dann in trockneren Perioden langsam wieder abgegeben und verteilt wird. Durch das dezentrale zurückhalten spart man Infrastruktur und Energie für Bewässerungssysteme und man reduziert oder vermeidet Erosionen. Bei dem Hauptlinien auch von Mark Schepard genutzten  Keylinesystem von Yeomans  leitet man das Wasser zudem geschickt von den Seitentälern, an den Hängen entlang “Bergauf” zu den Geländevorsprüngen, wo man Wasserrentionsbecken bzw. Tümpel oder kleine Teiche anlegt.  “Bergauf” ist hier nicht ganz das richtige Wort, weil das Wasser von der Sohle der Seitentäler über Gräben mit 1 bis 0,2 % Gefälle seitlich in die Hänge fortgeleitet wird.

Wege, Zäune, Felder, Weiden, Baumreihen usw. werden nach Möglichkeit parallel zu den Gräben und Aufschüttungen angelegt.

Die Breite von Feldern, Weiden usw., bis zum nächsthöheren oder niedrigeren Graben/Aufschüttungspaar wird so gewählt, dass die mit Maschinen zu bearbeitenden  Nutzflächen zwei oder vier Arbeitsbreiten haben, so dass unnütze Fahrten vermieden werden. Die Breite der bearbeitbaren Nutzflächen hängt dabei aber auch von der Hangneigung ab. Auf den Hängen des Krameterhofes im Österreichischen Lungau und auf Sepp Holzers neuem Holzerhof im Burgenland sind die Terrassen bzw. Nutzflächen wegen der zum Teil sehr steilen Hängen ziemlich schmal.  Mark Schepards New Forest Farm liegt eher in einem Mittelgebirge oder Hügelland, so daß er sich wesentlich breitere Nutzflächen leisten kann.

Zum Hauptliniensystem bzw. Keylinesystem von P.A. Yeomans, wie es auch Mark Shepard anwendet, gehört auch eine Philosophie der Bodenbearbeitung: Die Felder, Weiden usw. werden einmal jährlich mit einer Art Meisselpflug oder Tiefengrubber gelockert wird. Das Original heißt Yeomans-Pflug. Der Pflug wird genau parallel zu den Gräben/Aufschüttungen eingesetzt.

Der Sinn des Einsatzes dieses Pfluges ist:

  • Boden tief auflockern. Wurzeln können dadurch besser in die Tiefe vordringen
  • Boden belüften, dadurch kommt u.a. Sauerstoff in die Tiefe, so dass dort Humus bildenden Abbauprozesse stattfinden können
  • Zusätzliche Minigräben zur besseren Verteilung des Wassers
  • Wurzeln von am Rande des Feldes oder der Wiese stehenden Bäumen und Sträuchern abschneiden, so daß diese dem Feld bzw. der Wiese keine Nährstoffe entziehen.

Hier eine Übersetzung eines Teils der Webseite www.keyline.com.au :

1. Mutterboden produzieren

Die Kultivierung, Bewässerungs- und Viehbewirtschaftungstechnik des Hauptliniensystems beschleunigt den Prozess der Bildung von lebendem, natürlichem Mutterboden. Die Umwandlungsrate von tiefer gelegenen Bodenschichten in Mutterboden beträgt unter natürlichen Umständen 10 bis 15 Tonnen pro Hektar und Jahr. In Betrieben, die mit dem Hauptliniensystem arbeiten können es während der zwei bis drei Jahre der initialen Umwandlung 1000 bis 1500 Tonnen pro Hektar und Jahr sein. Die Mutterbodenschicht nimmt dabei jährlich um 10 bis 15 cm  zu. Ein praktisches, kurzfristiges Ziel ist die Vertiefung des lebenden Mutterbodens auf eine Stärke von 30 bis 45 cm.

2. Hauptlinien-Muster-Kulitivierung zur Bekämpfung der Bodenerosion

Das Anlegen von Furchen, selbst von schmalen, beeinflusst die Richtung, in der das Oberflächenwasser abläuft. Nur Hauptlinien-Kultivierung verzögert die Konzentration in Talgebieten. Sie ermöglicht es, dass  das Oberflächenwasser auf den Höhenrücken, die unter der Höhenlinie des betreffenden Punktes der Talsohle des Seitentals liegen, zu leiten und dort zu halten. Das Muster der Hauptlinien-Kultivierung sieht aus wie ein vergrößertes Konturmuster. Das Muster der Furchen fällt von den Tälern zu den niedriger gelegenen Gebieten der angrenzenden Höhenrücken ab. Dabei wird die Feuchtigkeit in den Höhenrücken absorbiert und die Konzentration in den Tälern reduziert. Der Boden wird durch die Belüftung mit dem Tiefenkultivator verbessert.

Die beiden folgenden Bilder von Mark Shepards New Forest Farmhttps://newforestfarm.us zeigen ein Beispiel des Hauptlinien-Designs:

newforestfarm newforstfarm2Auf das Hauptliniensystem aufmerksam geworden bin ich durch Mark Shepards Buch Restoration Agriculture. In Kapitel 13, Getting Started, beschreibt er kurz das Hauptliniensystem und auch seine Erfahrung mit der tiefen Auflockerung des Bodens mit einer Art Yeomans-Pflug, der bei ihm nur einen Zinken hat. Er habe anfangs mit seinem 35 PS-Traktor oft selbst bei nur 30 cm Tiefe immer wieder Probleme gehabt, weil sein Traktor es kaum geschafft habe, auch sei der Zinken am Ende des Feldes immer voll mit rotem oder gelbem Ton oder Lehm gewesen, den er mit einem Spaten habe entfernen müssen. Nach 15 Jahren komme er nun sehr viel tiefer (in seiner DVD spricht er von 3 Fuß, also ca. 90 cm!) und er habe keinen Ton oder Lehm mehr an den Zinken, weil der Boden in Mutterboden verwandelt worden sei.


Diese Technik ist meines Erachtens auch interessant, weil damit sehr erhebliche Mengen von Kohlenstoff bzw. an  CO2  im Boden gebunden werden können. Dazu kommt bei der Restaurierenden Landwirtschaft wie sie Mark Shepard zeigt, der höhere Anteil an Bäumen, Sträuchern und Grünland oberhalb des Bodens, was ebenfalls für die CO2-Bilanz förderlich ist.

Mark Shepard bezieht sich auf das Buch Water for Every Farm – Yeomans Keyline Plan von P.A. Yeomans und und empfiehlt dies als weiterführende Lektüre.

Probleme bei dem Versuch dieses Hauptliniensystem in Deutschland und Europa zu nutzen sehe ich, wenn ich an die Bauernversammlung zur neuen EU-Agrarförderung zurückdenke, die ich im März 2015 besucht habe, zunächst in den EU-Agrarvorschriften und der Bürokratie. Ein weiteres praktisches Problem dürften in vielen Fällen die in der Regel rechteckigen, nicht an die Geländekontur angepassten  Grenzen sein. An das Hauptliniensystem hat man bei den Flurbereinigungen jedenfalls mit Sicherheit nicht gedacht.

Anderseits ist dieses Hauptliniensystem eine Möglichkeit in sehr kurzer Zeit sehr kostengünstig sehr große Mengen CO2 aus der Luft zu entnehmen und als Kohlenstoff für die Nahrungsversorgung und den Katastrophenschutz nutzbringend als Humus  im Boden zu  speichern.  Man kann damit jedenfalls in wenigen Jahren soviel Mutterboden bzw. Humus erzeugen, wie es die Natur es sonst nur in vielen Jahrhunderten schafft.  Die Treibhausgasbilanz der Landwirtschaft würde durch das Hauptliniensystem auch verbessert, weil es den Einsatz chemischer Düngemittel reduziert oder überflüssig macht.  Kombiniert mit den anderen Komponenten der Restaurativen Landwirtschaft, die den Schwerpunkt der Grundnahrungsmittelerzeugung auf mehrjährige Pflanzen, Bäume und Sträucher verlegt, kann außerdem der heute völlig ungenügende Katastrophenschutz und damit auch die Überlebensfähigkeit der Bevölkerung Fall eines Weltkrieges verbessert werden.

Die Realisierung und Unterhaltung des Hauptliniensystems, wie es Mark Shepard zeigt, könnte ggf. auch mit mehrspännigen Pferdegespannen und in Handarbeit erfolgen, etwa wenn Diesel und Ersatzteile für moderne Landmaschinen nicht mehr verfügbar wären. Grundsätzlich und wegen des Potentials schnell und kostengünstig  in sehr großen Mengen der CO2 im Boden zu speichern und gleichzeitig die Bodenfruchtbarkeit zu verbessern, wäre es sinnvoll, diese Methode so bald wie möglich zu nutzen. Dazu müssten aber die gesetzlichen und bürokratischen Hürden, die derzeit den Versuch einer Anwendung des Hauptliniensystems in Deutschland und Europa behindern und oft unmöglich machen würden, beseitigt werden.  Die EU-Agrarförderung müsste entsprechend angepasst werden und  man müsste Wege finden, um z.B. über gesetzlich verordnete Genossenschaften, ähnlich wie derzeit schon bei den Jagdgenossenschaften,  auch über die Grundstücksgrenzen hinweg Hauptliniensysteme zu realisieren.

Ein Hinweis darauf, dass das System in Deutschland teilweise schon länger bekannt ist,  sind der folgende Link aus dem Jahre 2008:

http://www.landtreff.de/sehr-schnelle-bodenverbesserung-bei-weiden-t27918.html

und die beiden folgenden Links:

http://issuu.com/burkhardkayser/docs/artikelsammlung_p.a._yeomans
http://issuu.com/burkhardkayser/docs/bilder_p.a.yeomans

Im Bezug auf die Philosophie der Bodenbearbeitung nach P.A. Yeomans, mit dessen tiefgehenden Yeomans-Pflug oder Tiefengrubber möchte ich hier darauf hinweisen, dass man sich diese sehr energieaufwendige, schwere Arbeit möglicherweise zumindest in manchen Fällen sparen kann.  Das Ehepaar Paul und Elizabeth Kaiser hat auf seiner Singing Frogs Farm eine extrem intensive Gartenbautechnik entwickelt, die praktisch völlig ohne pflügen und umgraben auskommt. Siehe hierzu das Interview  Paul & Elizabeth Kaiser: Sustainable Farming 2.0. Die Kaisers holen aus ihrem kleinen, ohne Kunstdünger, Pflanzenschutzmittel, Unkrautvernichtungsmittel, Gensaatgut und schwere Maschinen auskommenden, biologischen Gartenbaubetrieb mit nur ca. 1,2 Hektar pro Flächeneinheit, mit über 23 US-Dollar Umsatz pro Quadratmeter, drastisch mehr heraus als  konventionelle Betriebe; und sie benötigen auch wesentlich weniger Wasser für die Bewässerung.

Das Hauptliniensystem von P.A. Yeomans und auch das diesem zumindest sehr ähnliche Wasserbewirtschaftungssystem von Sepp Holzer werden durch die revolutionäre Weiterentwicklung des biologischen Gartenbaus durch die Kaisers, oder auch durch das ältere, nicht ganz so ertragreiche, aber doch schon beeindruckende biointensive Gärtnern nach John Jeavons nicht überflüssig, sondern können vielmehr die Voraussetzungen für solche extrem Leistungsfähigen und zudem nachhaltige, auch für den CO2-Haushalt vorteilhafte und weitgehend ohne fossile Brennstoffe auskommende Gartenbaumethoden verbessern.

Im Folgenden noch einige Filme zum Teil erstaunlich alte Filme zum Hauptlinienssystem nach P.A. Yeomans, die ich auf Youtube gefunden habe:

Sehr gute Erläuterung des Prinzips des Keyline-Systems an einem Beispiel aus Ton, dem englischen Akzent nach wohl irgendwo in Indien:

Beispiel wo in den USA ein Hauptliniensystem mit Gräben (Swales) und einem Teich (Pond) mit einer modernen Planierraupe angelegt wird. Hier geht es auch darum, das System so zu gestalten und anzupassen, dass später bei der landwirtschaftlichen Nutzung große Maschinen eingesetzt werden können:

Spanischer Film. Kann ich nicht verstehen, zeigt aber gute Bilder zur Veranschaulichung der landschaftlichen Gestaltung mittels Hauptlinien- bzw. Keyline-System:

 

Eine Doku aus dem Jahr 1981, über P.A. Yeomans und seine Anwendung des Keyline-Systems im Kiewa-Tal in Australien:

Eine Doku aus dem Jahr 1986, über P.A. Yeomans und seine Anwendung des Keyline-Systems:

 

P A Yeomans-Building a Keyline Dam (25 min) 1960: Landwirtschaftlicher Dammbau nach den Vorgaben von P.A. Yeomans in Australien um 1960:

In meiner Gegend, der Eifel, lautete am am 10. Juni 2015, eine Überschrift in einem der lokalen Anzeigenblätter, dem Wochenspiegel, Die Eifel spürt den Klimawandel – Trockenheit im Frühjahr wird zum Dauerphänomen – Erste Schäden in den Gärten und in der Landwirtschaft.

Anderseits gibt es im Winter öfters Hochwasser und im Sommer gibt es hin und wieder sehr heftige Regenfälle, die zu Erosionen führen. Die Anwendung des oben dargestellte Haupliniensystems würde in der Eifel daher insgesamt Sinn machen. Man würde das Wasser länger und besser auf den Nutzflächen halten und damit Schäden durch Trockenheit reduzieren und anderseits das Risiko von Bodenerosionen vermindern.  Durch die Tümpel und Teiche, die zu diesem System gehören würden auch Lebensräume für Amphibien und andere Tiere  geschaffen, was zum einen der Schädlingsbekämpfung und zum anderen den Zielen des  Naturschutzes dienen würde.

Anfang Juni 2015 war ich auf einem 3-tägigen Seminar bei Sepp Holzer und habe einige Tage später auch den inzwischen von seinem Sohn Andreas Joseph Holzer geführten Krameterhof besichtigt. Eine der Grundlagen von Sepp Holzers Permakultur und des Krameterhofes ist ein Wasserwirtschaftsystem, dass dem oben vorgestellten Hauptliniensystem ähnelt. Das System der Holzers wird insbesondere in Holzers Buch Wüste oder Paradies: Holzer’sche Permakultur jetzt! Von der Renaturierung bedrohter Landschaften über Aqua-Kultur und Biotop-Aufbau bis zum Urban Gardening, sowie in der DVD Holzer`sche Permakultur jetzt! – Wüste oder Paradies  dargestellt.

An der Mosel  bei Cochem habe ich bei einem Ausflug Ende Juni 2015 überrascht festgestellt, dass man dort in den Weinbergen nun auch das Problem erkannt zu haben scheint und angefangen hat Weinberge rechtwinklig zum Hang, bzw. parallel zu den Höhenlinien zu bepflanzen.

Einem Landwirt, mit dem ich mich über das Hauptliniensystem unterhalten habe, meinte, da kaum Wasser in dem Bach hinter seinem Haus wäre, wäre doch auch kaum Wasser da das man mit dem Hauptliniensystem für sein Land zurückhalten könne. Nun kenne ich gerade diesen Bach und andere Bäche in dieser Gegend von Jugend an sehr gut und weiß, dass diese zwar im Sommer in der Tat oft kaum Wasser führen, aber im Winter und nach starken Regenfällen haben sie oft Hochwasser und außerdem ist das Wasser dann oft von der mitgerissenen Erde stark braun gefärbt. Das Ziel des Hauptliniensystem nach P.A. Yeomans, zu dem neben der intelligenten Anlage eines Systems von Gräben, Tümpeln, und Wasserrückhalteteichen auch die Verbesserung des Bodenlebens und die Vergrößerung der Dicke der Mutterbodenschichten gehört, ist ebenso wie bei dem von Sepp Holzer angewendeten Wasserbewirtschaftungssystem, das Wasser der Niederschläge des ganzen Jahres möglichst auf dem Grundstück zu halten und zu nutzen und dabei gleichmäßig über das Jahr verteilt das überschüssige Wasser an die Fließgewässer ab zu geben.  Es geht also darum die bei Hochwasser abfließenden Wasserüberschüsse und auch das mit dem Hochwasser verbundene Wegschwemmen von Mutterboden zu begrenzen und das Wasser für trockene Zeiten zurück zu halten. Dabei ist noch zu beachten, dass lockerer Mutterboden mit viel organischem Leben und hohem Kohlenstoffgehalt offenbar sehr viel mehr Wasser aufnehmen kann als relativ toter, verfestigter und kohlenstoffarmer Boden. Es geht also darum Hochwasserschutz und Erosionsschutz zu betreiben, den Wasserfluss in den Bächen gleichmäßiger werden zu lassen und dabei gleichzeitig die Bodenfruchtbarkeit zu steigern. 

Letzte Nachbesserung 14. Dezember 2017 Christoph Becker