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Energietrend in Deutschland seit 1990

Lesedauer 5 Minuten
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Wie hat sich der Primärenergieverbrauch in Deutschland seit 1990 entwickelt und welche weitere Entwicklung ist zu erwarten?

Primäerenergieverbrauch von 1990 bis 2016

Eine Suche mit “primärenergieverbrauch deutschland” führte zu den beiden folgenden Grafiken,  die die Entwicklung von 1990 bis 2016 zeigen.  Durch anklicken wird die jeweilige Grafik in voller Auflösung angezeigt.

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und

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Den Grafiken entnehme ich  für die letzten 26 Jahre, also für einen Zeitspanne von gut  einem viertel Jahrhundert, die folgende Entwicklung:

  1. Der Anteil des Mineralöls ist von 35,1 % auf 34,0 % gesunken, also nur um 1,1 Prozent.
  2. Der Anteil der fossilen Energieträger insgesamt ist von 87,6 % auf 80,2 % gesunken. Trotz all der vielen in den letzten 26 Jahren installierten Solarpanele, Windkraftanlagen und Biogasanlagen kommen immer noch mehr als 8 von 10 Energieeinheiten aus dem unterirdischen Wald1 [4] der nicht nachwächst und in dem man die großen, leicht zu erreichenden und qualitativ besten Gebiete schon weitgehend abgeholzt hat.
  3. Der Anteil der Erneuerbaren ist von 1,3 % auf 12,6 % gestiegen.
  4. Wenn 1990 als 100 % gesetzt wird, ist der jährliche Gesamtverbrauch trotz aller Sparmaßnahmen in diesen 26 Jahren nur 10,21 % gesunken, wobei die obere der beiden Grafiken zeigt, dass er seit 2015, wohl auch wegen der Aufnahme der Flüchtlingen, sogar wieder steigt. Im Durchschnitt, bezogen auf 1990, betrug die Energieeinsparung nur knapp 0,4 % pro Jahr. Nachtrag: Wie in den Kommentaren bemerkt wurde, ist dabei die Auslagerung der Produktion von energieintensiven Produkten wie Stahl usw. nach China, Indien usw.  im Rahmen der Globalisierung nicht berücksichtigt worden. Wenn man diese hinzurechnet hat möglicherweise überhaupt keine Einergieeinsparung stattgefunden.

Entwicklung der Primärenergieproduktion in Deutschland

Zur Entwicklung der Primäenergieproduktion in Deutschland [5] schreibt das Umweltbundesamt, dass diese seit 1990 um ca. 40 Prozent gesunken sei und heute nur noch ungefähr ein Drittel des Gesamten Primärenergieverbrauchs deckt. Dazu findet sich dort folgende Grafik:

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Die Farben entsprechen denen in den beiden anderen Grafiken. Die Steinkohleförderung in Deutschland wird am 31.Dezember 2018 mit der Schließung  der Zeche, Prosper-Haniel, in  Bottrop vollständig eingestellt. Mineralöl, das immer noch 34 % des gesamten Primärenergiebedarfs deckt und ohne das weder Solarpanele noch moderne Windkraftanlagen hergestellt, aufgestellt und gewartet werden können, gibt es in Deutschland so gut wie nicht. Mineralölprodukte sind insbesondere für den Luftverkehr, für den Transport mit Schiffen und Lastkraftwagen sehr weitgehend unersetzlich. Siehe dazu auch von Alice Friedemann, der Betreiberin des Blogs http://energyskeptic.com [7], dass Buch   When Trucks Stop Running: Energy and the Future of Transportation [8] (dt. Wenn die Lastkraftwagen nicht mehr fahren: Energie und die Zukunft des Transportwesens). Elektrisch betriebene schwere Lastkraftwagen und Traktoren wird es voraussichtlich nicht geben.  Seefahrt und Binnenschifffahrt war und ist auch ohne fossile Energieträger möglich, nur eben nicht mit der Geschwindigkeit, Zuverlässigkeit, den Frachtmengen und den niedrigen Frachtkosten von heute.

Zum Thema Mineralöl gibt es  für Deutschland  noch zwei sehr schlechte Nachrichten:

Wie die in Erschöpfung – Das Schicksal des Ölzeitalters [9] vorgestellte Studie der Hill’s Group anhand es ETP-Models ( ETP = Engery Total Production) zeigt, wird der Energieaufwand für die Herstellung von Erdöl irgendwann zwischen 2025 bis 2030 im globalen Durchschnitt den Energieinhalt des geförderten Öls übersteigen. Man kann und wird dann zwar weiter Öl fördern, denn es gibt noch sehr große Mengen, ABER man wird damit dann faktisch keine Energie mehr gewinnen. Die Ölförderung die lange Zeit der wichtigste Energiequelle für die Industriegesellschaften war, wird dann zum Energieverbraucher.

Die zweite schlechte Nachricht  zum Öl ist das Export Land Model [10] des texanischen Geologen Jeffrey Brown, dass auf der Kombination der folgenden beiden Phänomene beruht:

Ein Effekt, auf den den Jeffrey Brown zusätzlich hinweist, ist die rasante Zunahme der Ölimporte von China und Indien. Wie er in   in einem Interview mit Chris Martenson  im September 2015 [11] erläutert hat,  werden China und Indien etwa um das Jahr 2032 theoretisch 100 % des auf dem Weltmarkt verfügbaren Erdöls für sich benötigen, wenn man die Entwicklung der für den Export verfügbaren Exportmengen und die Entwicklung der Ölimporte miteinander in Beziehung setzt.

Zur Lage am Ölmarkt im Frühjahr 2017 siehe meinen Artikel  Lage und Perspektive am Ölmarkt im Frühjahr 2017 [12].

Auf meiner Webseite hatte ich außerdem  schon in Die Illusion, dass erneuerbare Energien uns retten [13] und in 100 Prozent erneuerbare Energie bis 2030? [14]

darauf hingewiesen, dass die deutsche Energiewende scheitern wird.

Dazu passt auch der Vortrag Energiewende ins Nichts [15] von Hans-Werner Sinn, vom 16. Dezember 2013.

Zu einer ähnlichen Ansicht ist übrigens auch Bill Gates gekommen, nachdem er alle Bücher des in Energiefragen als sehr qualifiziert geltenden kanadischen Professors Vaclav Smil gelesen hat: Bill Gates, Vaclav Smil und mehr [16].

Gates meint, dass in großen Stückzahlen billig zu bauende Atomkraftwerke letztlich die einzige Möglichkeit sind unser durch die Nutzung fossiler Energieträger möglich gewordenes Technik-Schlaraffenland [17] zu erhalten. Die Webseite seines Reaktorprojektes ist http://terrapower.com/ [18].

Vielleicht hat Gates Erfolg. Am Wahrscheinlichsten ist aber dass er mit diesem Projekt zumindest nicht den Erfolg  haben wird der nötig wäre. Wie Vaclav Smil unter anderem in seinem Vortrag “Energy Revolution? More like a Crawl” [19] erklärt, dauert die Umstellung auf eine andere Energieart erfahrungsgemäß einige Jahrzehnte. Die unsere moderne Gesellschaften ermöglichenden, großen Erfindungen in der Energietechnik seien zudem fast alle schon im 19. Jahrhundert gemacht worden und damit über 100 Jahre alt. Der Fortschritt im Energiesektor ist ziemlich gering. In Großen und Ganzen ist Technologie nur ein Mittel um die vorhandenen Energiereserven immer schneller auf zu brauchen und für die Realisierung mehr oder weniger sinnvoller Spielereien, für Komplexitätssteigerungen, für Nahrungsmittelproduktion und damit auch für eine Vergrößerung der Weltbevölkerung zu nutzen.

Deutschland und auch der Rest Europas wird aller Voraussicht nach nicht mehr die Zeit und die Mittel für eine Umstellung der Energieerzeugung haben. Es wird Heulen und Zähneklappern sein [20].

Die erneuerbaren Energien nützen zu wenig bis  nichts. Wir haben in den letzten 26 Jahren das Land wirtschaftlich bis heute – wenn man die Subventionen vom Ertrag abzieht – meist unsinnigen Windkraftwerken und Solarpanelen voll gestellt, die wir zudem nur nutzen können, weil und so lange wir genug bezahlbare fossile Energieträger und da vor allem auch Öl zur Herstellung von Treibstoff, haben.  Trotzdem ist die Primärenergieproduktion um rund 40 Prozent gesunken. Wir müssen heute rund 2/3 unserer Energie aus dem Ausland importieren. Wir hängen damit von der Stabilität von politisch potentiell eher instabilen Ländern ab, die teilweise unsere Kultur zutiefst verachten – oder eben auch von einer Weltmacht die  sogar unserer militärischer Gegner werden könnte, an deren Grenzen wir Soldaten aufmarschieren lassen und die wir allen Ernstes mit wirtschaftlichen Sanktionen beeindrucken wollen.

25. Mai 2016

Christoph Becker


  1. Rolf-Peter Sieferle: Der unterirdische Wald. Energiekrise und Industrielle Revolution [21]  [22]

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