Vor dem Hintergrund der Dürre und der daraus resultierenden Probleme der Bauern in Deutschland und dem Rest Europas im Sommer 2018 ist eine bereits 2014 vom Savory Institut [2] auf Youtube eingestellte kleine Doku interessant, in der es um landwirtschaftliche Projekte des simbabwischen Ministeriums für Frauen, Gender und Gemeinschaft geht.
Titel und Link der Doku: Holistic Management In Zimbabwe, Ministry of Women’s Affairs ( youtu.be/WAN_pD7c6h8 [3] )
Besonders interessant für deutsche Maisbauern dürfte es ab Minute 10:00 werden. Dort wird eine Fläche mit konventionell angebautem Mais mit einer Fläche verglichen, die mit Hilfe einer Rinderherde nach der Methode von Allan Savorys ganzheitlichem Weidemanagement vorbereitet wurde. Der Mais auf der mit der Rinderherde vorbereiteten Fläche ist drastisch kräftiger. Das folgende Bild zeigt in der linken unteren Ecke den konventionell angebauten Mais und rechts den Mais auf der mit einer Rinderherde vorbereiteten Fläche:
Ab 10:39 erklärt Häuptling Mutekedza aus dem Chikomba-Bezirk, dass sie nicht mehr pflügen würden, weil die Rinderherde alles nötige für die Bauern getan hätte. Er würde auch keinen Mineraldünger mehr verwenden. Die Rinder hätten schon gedüngt und er müsse nur noch den Samen in den Boden bringen.
Danach sagt ein jüngerer Simbabwer “Der wichtigste Punkt für gesundes Land ist Bedeckung, Bodenbedeckung durch lebende Pflanzen. Dadurch bekommt man automatisch auch wasserführende, fließende Flüsse“. Wobei fließendes Wasser gezeigt wird.
Vorher, etwa ab Minute 9 wird erklärt, dass die Frauen des Dorfes wo der Versuch stattfand, ihre Rinder zu einer gemeinsamen großen Herde zusammengebracht hätten. Damit könnten sie schnell und effizient das “Animal impacting Program” auf ihren Feldern durchführen. Das “Animal impacting Progam” würde extrem fruchtbare Felder für all jenen Gemeinden schaffen, die die Prinzipien dieses Programms anwenden.
Was mit diesem Programm gemeint ist, habe ich insbesondere mit meinen Artikeln Ganzheitliches Weidemanagement [5] und Optimierung im Getreideanbau und Hochwasserschutz durch Integration der Mutterkuhhaltung [6] zu zeigen versucht.
Niederschläge und Dürren im Chikomba-Bezirk
Es gibt im Internet eine Diplomarbeit mit dem Titel Zimbabwe’s Drought Conundrum: vulnerability and coping in Buhera and Chikomba districts [7] (dt. Simbabwes großes Dürreproblem: Verwundbarkeit und Bewältigung in den Buhera und Chikomba Bezirken). Auf Seite 5 dieser Masterarbeit findet man eine Karte von Simbabwe, in der die Bezirke und die landwirtschaftliche Kategorisierung von Simbabwe eingezeichnet sind. Der Chikomba-Bezirk, aus dem die Bilder in der Doku stammen gehört zur Kategorie 3. Auf Seite 6 findet man dazu u.a. folgende Erläuterung:
- Niederschlag: 650 and 800 mm pro Jahr
- gelegentlich schwere Stürme, jedoch typischerweise Trockenperioden in der Mitte der Saison
- Semiintensive Landwirtschaft
- Am besten geeignet für Viehzucht und den Anbau von Futterpflanzen
- 39 % der 7,3 Millionen Hektar sind Gemeindeland
- Die Gesamtheit von Chikomba und der nördliche Teil von Buhera fallen in diese Kategorie
Blicke auf die deutschen Felder und Wiesen
Blicke auf die deutschen Felder und auch Weiden, insbesondere auch im Sommer und Spätsommer 2018, und die Klagen der Landwirte, sind vor diesem Hintergrund schon ziemlich frustrierend. Diese modernen Weidetechniken von Allan Savory, Gabe Brown, Colin Seis usw. sind zwar durchweg von weißen Männern entwickelt worden, aber dass ein schwarzfrikanisches Ministerium für Frauen, Gender und Gemeinschaft dazu auch noch noch in Simbabwe und dann auch noch unter der Regierung des späten Robert Mugabe, in der Anwendung schon 2014 soviel weiter und fortschrittlicher war, als die deutsche Landwirtschaft und ihre Hochschulen auch Jahre später, ist schon erschütternd.
Zur Ehrenrettung der deutschen Bauern möchte ich aber auch erwähnen, dass ich diese Doku aus Simbabwe nur gefunden habe, weil mir ein deutscher Landwirt einen Link auf das am 17.08.2018 veröffentlichte, derzeit wohl neueste Interview mit Allan Savory gemailt hat: Using Grassfed Animals for Desert Greening (Success Story) – Allan Savory ( youtu.be/vHv9x2vlFOs [8] ). Youtube hatte mir beim Ansehen dieses Interviews auch die Doku aus Simbabwe vorgeschlagen.
Allan Savory sagt in dem Interview übrigens, dass die Landwirtschaft heute die seines Erachtens zerstörerischste Industrie aller Zeiten sei. Dabei kann man sicher sein, dass ihm als ehemaligem Offizier auch die Rüstungsindustrie und die Todesfabriken der jüngeren deutschen Geschichte bekannt sind. Wie ich in Gedanken zum Film “Bauer unser” geschrieben habe, sehe ich das mit der modernen Landwirtschaft aber ähnlich wie Allan Savory:
Während ich den Film sah, drängte sich mir daher immer wieder der folgende Gedanke auf: “Die Menschen in Europa bauen sich ihr eigenes Vernichtungslager.” Die bereiten eine Massenvernichtung der Mitglieder ihrer eigenen Zivilisation vor, verglichen mit der die Verbrechen der Nazis sich wie ein zwar extrem schreckliches, aber mit Blick auf die Zahl der Toten am Ende wohl ziemlich harmloses Vorspiel ausnehmen werden
Was kann man tun?
Mein Vorschlag für Deutschland wäre, dass man in diesem Herbst (2018) auf verschiedenen Versuchsflächen möglichst vielfältige Zwischenfrüchte sät und dass man dann vielleicht im Winter eine Beweidung wie auf den Bildern in dem Artikel Intensive Landwirtschaft? [9] durchführt. Zusätzlich könnte/sollte man dann im Frühjahr bei manchen Flächen kurz vor der Aussaat und bei anderen vielleicht einige Tage nach der Aussaat, Rinderherden mit großer Tierdichte langsam über die Felder treiben, bzw. jeweils einen Tag oder ein paar Stunden auf einer Fläche weiden lassen. Mein Vorschlag wäre auch mit verschieden Methoden zu säen: Auf einigen Flächen mit einer Direktsaat-Sämaschine, auf anderen klassisch von Hand und auf wieder anderen mit einer mit Druckluft betriebenen Maschine, wie sie z.B. Dave Brandt einsetzt (siehe Beispiele für erfolgreiche Zwischenfruchtnutzung [10] ).
Vor der Zusammenstellung der Zwischenfrüchte würde man am Besten auch die Bodenverdichtung messen. Dank der so gewonnen Daten könnte man auf Flächen mit Verdichtungsproblemen mit Pionierpflanzen und “Presslufthammer”-Pflanzen experimentieren, wie Walter Jehne im Fragen und Antworten-Teil seines Vortrag Scratching the Surface: Soil biology in agriculture, March 2017 ( youtu.be/Tawz44oO-6s [11] ), auf die Frage, “Was sind ihre Gedanken zur mechanischen Tiefenlockerung (deep ripping), um eine vorteilhafte Umgebung für das Bodenleben zu schaffen?” es als energie- und kostensparende Alternative empfiehlt.
Selbstverständlich würde man vernünftigerweise auch andere Parameter, wie z.B. die Versickerungsrate von Wasser und den Kohlenstoffgehalt der Böden messen. Letzteres in verschiedenen Tiefen.
Ferner würde man sinnvollerweise den Zustand des Bodenleben nach der Methode von Dr. Elaine Ingham feststellen und dokumentieren. Dazu würde man sinnvollerweise auch Versuche durchführen um das Bodenleben per Kompost, Komposttee und Quorum Sensing gezielt zu optimieren. Dazu würde man bei manchen Versuchsflächen die Rinderherden über strategisch geschickt geschaffene Korridore treiben, in denen mit dem Mikroskop überprüfte, sehr vorteilhaftes Bodenleben enthaltender Kompost, Walderde usw. verteilt wurde, so dass die Rinder mit ihren Klauen die Bakterien, Pilze, Nematoden und Protozoen aufnehmen und verteilen. Auf diese Weise könnte man lernen und üben, die mikrobielle Vielfalt der Weiden und Felder kostengünstig zu optimieren.
Schließlich könnte man z.B. die folgenden Webseiten ins Deutsche übersetzen
- www.pastureproject.org [12]
- www.rainforclimate.com [13]
Dazu könnte man Filme wie die der Soil Carbon Cowbow Serie [14] und verschiedene Vorträge und Präsentationen, wie z.B. die von Ray Archuletta, Gabe Brown, Joel Salatin, Walter Jehne und vielen anderen deutsch übersetzen und synchronisieren.
Im Vergleich zu den landwirtschaftlichen Projekten des Ministeriums für Frauen, Gender und Gemeinschaft in Simbabwe sollte man in Deutschland jedenfalls doch noch einiges mehr und besser machen können.
Jedenfalls ist es schon erstaunlich, dass diese einfachen Bauern und das Frauenministerium im scheinbar unterentwickelten Simbabwe 2014 bereits wesentlich fortschrittlicher, klimafreundlicher und zukunftsfähiger waren, als die Masse der deutschen Landwirtschaft im Sommer 2018. Diese Schande ist noch größer als das Ausscheiden der deutschen Fußball-Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft im Sommer 2018.
Kelberg, den 2. September 2018
Christoph Becker