Optimierung der Schwarzwildbejagung

Nachdem ich in den letzten Tagen wieder einige Male mit Wärmebildkamera und Nachtsichtgerät zur Wildschadensbekämpfung im Bereich der Getreidefelder in “meinem” ((Ich habe nur einen sogenannten Begehungsschein,  und in dem  Vertrag dazu habe ich mich insbesondere auch zur Mithilfe bei der Wildschadensbekämpfung verpflichtet ))  Jagdrevier unterwegs war,   hatte ich nun das Handlungsprogramm zur Reduzierung überhöhter Schwarzwildbestände und zur Absenkung des Risikos einer Ausbreitung von Tierseuchen für das Jagdjahr 2016/2017 im E-Mail-Eingang.

Während wir bei der sogenannten Schwarzwildzählung vor einigen Wochen in unserem Revier überhaupt kein Schwarzwild (= Wildschweine) gesichtet hatten und damit dann auch  null  gesichtete Wildschweine  gemeldet hatten, habe ich neulich alleine in einer Nacht, insgesamt 3 Rotten  (=Gruppen)  zusammen mit Frischlingen (so nennt man beim  Schwarzwild   die Ferkel),  deutlich mehr als 40 Stück Schwarzwild in einer einzigen Nacht aus den Feldern getrieben. Ohne Wärmebildkamera hätte ich diese nicht entdeckt. In jener Nacht habe ich wegen der schlechten Sicht nur 2 Mal mit dem Gewehr in den Boden geschossen und in einem Getreidefeld bin ich lautlos gegen den leider nur sehr schwachen Wind, langsam durch das durch Wildschaden,  und in diesem Fall wohl auch durch eine  ausgebrochene Rinderherde vorher schon übel ramponierte, bzw.  gelichtete  Feld gewandert, und habe dabei das Schwarzwild langsam vor mir her getrieben und schließlich vertrieben, wobei ich die Frischlinge  zum Teil nur  3  bis 4  Meter vor mir im  Getreide  mit der Wärmebildkamera  sehen konnte. Ich konnte aber nicht schießen, weil ich mit meiner legalen Nachtjagdausrüstung  (Nachtsichtgerät am Kopf montiert  und    dazu Nachtsichtgerätetaugliches  Rotpunktzielgerät   auf dem Gewehr) zu wenig Kontrast hatte und nicht sicher hätte treffen können. Ich hätte lediglich eines der größeren Wildschweine sicher treffen können, an die ich auch bis auf ca. 20 bis 30 m herankommen konnte, aber auf die zu schießen wäre unverantwortlich gewesen (( das Geräusch wenn so eine ganze Rotte mit einen großen Zahl von Frischlingen gleichzeitig in einem  Getreidefeld frisst ist ziemlich eigenartig.    )),  weil die kleinen Frischlinge darauf hingedeutet haben, dass es sich  bei den größeren Tieren zumindest teilweise um, wie man sagt führende, also noch säugenden und anführende Muttertiere gehandelt hat. Diese dürfen bzw. sollten aus Tierschutzgründen, aber auch aus Gründen der Wildschadensbegrenzung nicht erlegt werden. Es ist nämlich so, dass die  Schwarzwildrotten von erfahrenen   Bachen (= Muttertiere) angeführt werden, die für einige Effekte sorgen, die auch für Wildschadensbekämpfung wichtig sind. Sie synchonisieren und beeinflussen zum einen die Fruchtbarkeit über Rauschzeit und, was am wichtigsten ist, sie beeinflussen das Verhalten der Rotten aufgrund ihrer Erfahrung. Diese erfahrenen Bachen merken sich nämlich Gefahren und Todesfälle und vermeiden entsprechende Risiken.  Sie sorgen damit dafür, dass das von Prof. Paul Müller in seinem Buch Schwarzwild – Anpassungskünstler gegen jagdliche Intelligenz beschriebene Konzept der tödlichen Vergrämung funktioniert. Das heißt, wenn man irgendwo ein Stück Schwarzwild, oder auch nur einen Frischling aus einer Rotte schießt, dann sorgen diese führenden Bachen dafür dass diese Rotte dieses Feld oder diese Wiese für einige Zeit meidet.

Schließlich habe ich dann auf einer Wiese neben einem in der Milchreife stehenden Haferfeld,    in  fast sternklarer, mondloser Nacht, ein Stück Schwarzwild auf ca. 35 m  Entfernung geschossen. Eine  Gruppe mittelgroßer Wildschweine hatten eine Ausflug auf die Wiese unternommen und  es waren auch nach einigen Minuten keine Frischlinge gefolgt. Ich hätte aber in jener Nacht, und auch in der Nacht davor, an verschiedenen Stellen je einen oder mehrere Frischlinge schießen können, wie ich das nach dem oben erwähnten Handlungsprogramm zur Wildschadensbekämpfung und Tierseuchenabwehr eigentlich hätte tun sollen, wenn der Gesetzgeber sich im wesentlichen an den Rat des gerade auch in Sachen Schwarzwildbejagung sehr erfahrenen Prof. Paul Müller gehalten hätte, den dieser in seinem Buch über das Schwarzwild gibt, nämlich Nachtzielgeräte für die Jagd auf Schwarzwild zuzulassen.

Was ich, aus  Rücksicht auf die Gesetzeslage, bisher nur   verwende ist im Grunde kein Nachtzielgerät, sondern nur ein das Restlicht (Sternenlicht, Streulicht von Ortschaften usw) aufhellendes Nachtsichtgerät , mit dem ich durch ein spezielles, bis in den mit bloßem Auge nicht sichtbaren  Bereich herunterregelbares  Rotpunktvisier sehe. Das Problem dieser legalen Nachtjagdmöglichkeit ist, dass die  Gläser des  Rotpunktvisiers Licht schlucken , so dass man mit  dieser Lösung  deutlich weniger sieht, als mit den in anderen Ländern zugelassenen, vor dem Zielfernrohr montierten Nachtsichtgeräten.

In einer Hand habe ich dabei immer die Wärmebildkamera, mit der auf 30 m sogar noch Mäuse und kleine Vögel auch in  finsterster Nacht zu erkennen sind .   Zum einen  ermöglicht es die Wärmebildkamera große Gebiete nach Wild ab zu suchen und auch mit etwas Erfahrung aus auch vielen hundert Metern Entfernung noch zu erkennen  ob sich etwas irgendwo Schwarzwild auf einer Wiese oder in einem Feld befinden. Extrem wichtig finde ich dabei, dass mit der Wärmebildkamera erkannt werden können, sofern das Gras oder Getreide nicht zu dicht sind. Außerdem kann man mit der Wärmebildkamera auch Menschen auf bis zu 1,2 km Entfernung erkennen und damit die Umgebung in einer Weise zur Sicherheit  absuchen, die  mit einem  Restlichtverstärker in dieser  Qualität nicht möglich ist. Die Wärmebildkamera dient daher auch dem Unfallschutz.

Die in dem Handlungsprogramm zur Reduzierung überhöhter Schwarzwildbestände gemachten Vorschläge und Empfehlungen finde ich ehrlich gesagt teilweise etwas Praxisfremd und  nicht  ausreichend zielführend. Über die dort empfohlenen Bewegungsjagden möchte ich mir einer Meinung enthalten, und nur darauf hinweisen, dass alleine schon die in dem Papier aufgestellte Forderung nach genügend gut ausgebildeten Jagdhunden und  die  zumindest  der NRW  neuerdings geforderte Schießnachweis darauf hinweisen. Auch scheint es so zu sein, die Fleischqualität von bei  Drückjagden erlegtem Schwarzwild schlechter ist als  bei  Schwarzwild das  vom Ansitz  aus oder  bei  der  Pirsch  stressfrei erlegt wird.  (( Test der Zeitschrift  JÄGER  über den  Geschmack  von Gefrorendem und gehetztem Wild  und    http://forum.fleischbranche.de/forum/fachbereich/sonstiges/2097-fleischqualit%C3%A3%C2%A4t-vom-schwarzwild     ))

Bevor ich meinen Vorschlag zur Optimierung der Schwarzwildbejagung mache, möchte ich hier  ein Zitat   aus William Cattons Buch Overshoot: The Ecological Basis of Revolutionary Change  wiedergeben, dass ich im  Rahmen meines Artikels Die Grundlagen der westlichen Werte,  übersetzt und schon einmal wiedergegeben hatte:

Doktrinen können eine schreckliche Last sein, sagte Sumner, weil sie mit dem Prestige der Antiquität und Tradition der lebenden Generation die Kapazität zu einer unvoreingenommenen Sichtweise auf die Fakten nehmen können.

Meines Erachtens haben wir es auch bei dem Schwarzwildproblem  mit einer Doktrin und mit uns behindernden Traditionen zu tun, die dazu führen, dass der Gesetzgeber, der  zwar die  Wildschäden in Grenzen halten und zugleich eine  weitgehende Vernichtung  Schwarzwildbestände (und möglicherweise auch der Hausschweinbestände!) durch die weitere Ausbreitung der afrikanischen Schweinepest verhindern möchte, zugleich auch das Erreichen dieser Ziele behindert oder sogar verhindert.

Meine Vorschläge, nachdem ich zunächst u.a. das oben erwähnte Buch von Prof. Paul Müller über das Schwarzwild gelesen und dann auch mit einer Wärmebildkamera, einen Nachtsichtgerät und der derzeit in Deutschland einzig legalen Nachtjagdausrüstung einige Erfahrung gesammelt habe, wären:

  • Die Zulassung von Wärmebildzielfernrohren (engl. Thermal Rifle Scope)  für die Nachtjagd. Ich denke das wäre einfach sicherer und es wäre tierschutzgerechter.  Prof. Müller hatte in seinem Buch über das Schwarzwild nur über Erfahrungen mit Nachtsichtgeräten, geschrieben und deren Zulassung für die Schwarzwildbejagung gerade auch aus Gründen des Tierschutzes und der Effizienz gefordert. Möglicherweise gab es damals  noch keine bezahlbaren Wärmebildgeräte in ausreichender Qualität. Restlichtverstärker die vor der Zieloptik montiert und vielleicht noch mit derzeit ebenfalls verbotenen Infrarotstrahlern kombiniert werden wären natürlich auch eine Lösung, auch wenn ich einem Wärmbildzielfernrohr sehr klar den Vorzug geben würde, weil man damit z.B. das Vorhandensein von Frischlingen auch in Fällen erkennt, in denen man sonst nichts sieht. Ich habe schon bei Tageslicht Rehe im Gebüsch stehen sehen, die ich mit dem Fernglas beim auch nach längerem Suchen einfach nicht sehen konnte.
  • Zulassung von Waffen mit rehwildtauglichen Kalibern  (ab 222 bzw.  223 Remington )  für die Jagd auf Frischlinge bis z.B. 15  kg.
  • Bei Selbstladegewehren im Kaliber 223 könnte  es dann  sehr hilfreich sein, wenn man bei der Jagd, statt der sonst für solche Gewehre zulässigen, nur  3 Schuss,  bis zu 10 Schuss in der Waffe zulassen würde. Das Problem ist nämlich, dass der die oben erwähnte tödliche Vergrämung dafür sorgt, dass man nach dem Abschuss eines Frischlings in diesem Bereich des Reviers so schnell keine zweite Gelegenheit bekommt.  Wenn man nur lokal in einem bestimmten Feld  oder  auf einer bestimmten Wiese  den Wildschaden gering halten will geht das auch mit einem Repetiergewehr. Wenn man aber aus Gründen des Seuchenschutzes möglichst schnell, möglichst viele Frischlinge,  erlegen  sollte,  wäre eine  Selbstladebüchse , am  besten im Kaliber  223   (Typischerweise  Gewehre vom Typ  AR15 oder  MR223)  ,   ohne die derzeit auf nur 3 Schuss begrenzte Kapazität, ein sehr großer Vorteil. Mit 10 Schuss im Magazin könnte man hin und wieder gleich eine Reihe Frischlinge erlegen und man hätte noch eine Sicherheitsreserve.    Es wäre  auch mit Blick auf die Beunruhigung des Wildes  insgesamt besser, wenn man, wenn sie die Gelegenheit ergibt, dank Selbstladebüchse mit genügend Patronen im Magazin, gleich  mehrere  Frischlinge hintereinander erlegen könnte und nicht  immer nur einen.

Mit einer entsprechenden Änderungen des Jagdgesetzes könnte man meines Erachtens die Schwarzwildbestände erhalten, in dem man sie so reduziert, wie es zur Eindämmung der sich weiter ausbreitenden afrikanischen Schweinepest erforderlich ist.

Es ist zu bedenken, dass die hohe Schwarzwilddichte, die wir heute haben, und die möglicherweise noch viel größer ist als die Schwarzwildzählungen vermuten lassen,  am Ende dazu führen kann, dass nahezu der gesamte Schwarzwildbestand von den für die afrikanischen Schweinepest verantwortlichen Viren vernichtet wird, und dass dabei dann außerdem noch die Hausschweinebestände dezimiert werden. Auch ist das Sterben der Wildschweine durch so eine Seuche meines Erachtens grausamer als durch präzises, überraschendes Einzelfeuer mit einer halbautomatischen Büchse.

Eine Weidehaltung von Hausschweinen wiederum könnte aus ökologischen Gründen für die Landwirtschaft und für die Ernährung in Zukunft eine wachsende Rolle spielen, wenn man dazu die Argumente und Methoden von Sepp Holzer und Joel Salatins   Pigaerator Pork  bedenkt. Das funktioniert aber nur wenn man das Schwarzwild so effizient bejagt werden kann, dass man die Ausbreitung von Tierseuchen wie  die afrikanische Schweinepest   hinreichend eindämmen und unter Kontrolle bringen kann.

Abschließend ein Youtube-Beitrag zur Nachtjagd mit Nachtsichtgeräten und Wärmebildgeräten auf Schwarzwild.

Kelberg, den 29.07.2016

Christoph Becker

Nachtrag 30.7.2016:

Es würde vielleicht auch schon reichen, oder wäre zumindest schon einmal eine enorme Verbesserung, wenn man zu der oben erwähnten, derzeit schon legalen Nachtjagdausrüstung am Gewehr einen Infrarotstrahler montieren (und natürlich benutzen) dürfte.   Derzeit grundsätzlich verboten das Ziel bei der Jagd, womit auch immer anzuleuchten.  Nicht verboten – weil aus praktischen Gründen nicht verbietbar – ist natürlich die Nutzung des Lichtes von Mond und Sonne, des Lichtes von Sternen und Ortschaften, des Lichtes von Fahrzeugen, die zufällig oder erwartungsgemäß irgendwo vorbeifahren (Prof. Müller berichtet z.B. in seinem Buch über das Schwarzwild, dass er teilweise das Fahrlicht von auf einer nahen Straße vorbeifahrenden Autos geschickt nutzen konnte). Wenn man so einen Infrarotscheinwerfer am Gewehr montieren dürfte, könnte man damit den Lichtverlust in der Visiervorrichtung kompensieren und man könnte das Schussfeld  ausleuchten. Gerade für das Erlegen von Frischlingen, die nach dem  Handlungsprogramm zur Reduzierung überhöhter Schwarzwildbestände und zur Absenkung des Risikos einer Ausbreitung von Tierseuchen für das Jagdjahr 2016/2017 insbesondere auch zu bejagen sind, wäre die Erlaubnis, einen Infrarotscheinwerfer am Gewehr führen zu dürfen, eine große Hilfe. Es wäre aber zu prüfen, ob und wenn ja unter welchen Bedingungen solche Geräte eine Gefahr für die Augen von  Tieren darstellen.  Ich benutze  beim  Gießen von Metall  jedenfalls eine    getönte Schutzbrille, weil die Infrarotstrahlung  des  flüssigen Metalls , des  Tiegels und der  Muffel (=Form) für die Augen gefährlich sein soll. Zur Beobachtung von Tieren, also wenn man keine Waffe dabei hat, sind solche Scheinwerfer allerdings derzeit in Deutschland erlaubt.

Bei all diesen Dingen  ist es im Übrigen, wie so oft im Leben in Deutschland so, dass nur diejenigen, die sich an das Gesetz halten von diesem benachteiligt und behindert werden und dass das Gesetz auch kontraproduktiv ist und den Erreichen seines Zieles selbst im Weg steht. Zu den Zielen des Jagdgesetze gehört die Erhaltung eines gesunden und artenreichen Wildbestandes, die Begrenzung der Wildschäden in Land- und Forstwirtschaft auf ein erträgliches Maß und eine dem Grundgedanken des Tierschutzes möglichst gut entsprechende  Tötung der zu jagenden Tiere. Vor diesem Hintergrund  schadet es, dass  Zielvorrichtungen und Zielhilfen verboten sind,  deren Nutzung  das Erreichen der Ziele des Jagdgesetzes dienen würde.




Verbesserungsvorschläge für Terroristen und Amokläufer

Es erscheint mir sinnvoll zu überlegen, wie Terroristen und Amokläufer ihre Effizienz steigern könnten – und mit großer Wahrscheinlichkeit auch steigern werden, damit man sich rechtzeitig darauf vorbereiten kann  –  damit nicht erst wieder hinterher diskutiert wird, was man vorher hätte diskutieren sollen.

Es beunruhigt mich, dass der Staat in Deutschland wie in Frankreich schon mit solchen eigentlich ziemlich harmlosen und nur sehr vereinzelten Gewaltakten, wie bei der Schießerei in München am 22.07.2016, an seine Grenzen stößt. Der Polizeieinsatz in München, den nur ein einziger ungeübter, einzeln operierender  Schütze mit nur einer ganz normalen Pistole ausgelöst hat, ist erschreckend. Ich hatte noch am Freitagabend sofort nachgesehen, was noch alles in Deutschland zeitgleich an größeren Veranstaltungen läuft und mir vorgestellt, dass der IS an vielen Orten zeitversetzt zuschlagen würde und dass man so ausnutzen würde, dass der erste Anschlag bereits die meisten verfügbaren Polizeikräfte gebunden hat. Ich habe mich auch gefragt, wie oft und  wie schnell hintereinander die Polizei einen Einsatz wie den wegen der Schießerei in München personell leisten kann.

Was will dieser Staat machen, wenn er wirklich professionell an verschiedenen Stellen gleichzeitig angegriffen wird.  Und was passiert, wenn auch zeitlich eine lange Serie von Terrorangriffen die Kräfte zermürben. Wie oft und wie lange kann der deutsche Staat das überstehen, bevor er kollabiert?

Nehmen wir einmal an, es hätte wirklich der IS zugeschlagen, indem er sämtliche größeren Veranstaltungen in  Deutschland  am  vergangenen  Wochenende  und alle  möglichen  Stellen mit  größeren Menschenansammlungen  ausfindig gemacht hat und  sagen wir,   mit  einigen hundert   Attentätern synchron angegriffen hätte.

Und nehmen wir an, der IS hätte sich dafür, wenn schon denn schon,  nicht einfach nur je  Angreifer eine  simple  Pistole verwendet, wie der Amokläufer in München, sondern man hätte jeden Attentäter mit zwei der weiter unten   vorgestellten Minimaschinenpistolen ausgestattet, die wesentlich kompakter sind als die bisher eher verwendeten Kalaschnikows. Anlässlich des Amoklaufs in München,  habe ich jedenfalls  mit “Glock Magazin” gegoogelt und damit nach kurzer Zeit die in den folgenden Videos vorgeführten, für Terrorangriffe auf Menschenmassen idealen Pistolen gefunden. Der Erwerb, der Besitz und auch der Gebrauch solcher Waffen ist in Deutschland selbstverständlich verboten. Aber die europäischen Staaten, einschließlich Deutschland, können wie  letztlich alle Terroranschläge und Amokläufe der letzten Zeit gezeigt haben,  ihre Gesetze da, wo es wirklich zählt nicht mehr durchsetzen.   Sie können  nur noch ehrlichen Bürgern den Erwerb und Besitz von Waffen erschweren oder verbieten, aber Kriminelle und, wie man jetzt in München gesehen hat, auch psychisch Kranke, die legal nach dem Gesetz  nie eine Waffe bekommen würden, können sich dank offener Grenzen, dank überlasteter Behörden und dank der “Vorteile” der “Offenheit” und “Vielfalt” unserer Gesellschaft, ohne weiteres Waffen beschaffen. Warum sollen sie dann nicht auch die im Folgenden gezeigten, für Terroranschläge und Amokläufe   hervorragend geeigneten Minimaschinenpistolen erwerben oder vom IS oder von einem Geheimdienst geschenkt bekommen und auch einsetzen können?

Minimaschinenpistolen


und jetzt mit expolsiver Munition

 

Gasflaschenexplosionen

Man kann z.B. verschiedene ganz normale Gasflaschen in ein Auto laden und dieses dann ganz normal mit Benzin anzünden. Man kann die Zündung sogar ferngesteuert durchführen und das Auto vielleicht auch noch strategisch günstig parken. Die Feuerwehr kommt, es kommen Zuschauer, und dann ….

Man kann sich auch vorstellen,  der für den Anschlag in Nizza verwendete LKW wäre zusätzlich mit verschiedenen Gasflaschen und Benzin beladen gewesen und der Fahrer hätte während der Fahrt Brandsätze gezündet.

Expoldierende Acetylenflaschen bei einem Feuer in einem Acetylenflaschenlager:

Bilder nach der Explosion einer Sauerstoffflasche

Man könnte z.B. Lieferwagen oder auch PKWs mit Sauerstoffflaschen, Acetylenfalschen, Popangas und vielleicht auch noch mit Benzinkanistern kombiniert beladen und das ganze ferngesteuert anzünden.  Und dann könnte man auf die  sich spontan  versammelnden Schaulustigen und die Einsatzkräfte  das  Feuer mit solchen Minimaschinenpistolen eröffnen, wie sie weiter oben gezeigt wurden.

Dass man dann auch noch mit einfachen Waffen große Umspannwerke zerstören kann, hatte ich schon in Operation Troja beschrieben.

Eine andere Form von Terrorangriffen könnte mit konventionellen EMP-Waffen oder mit Mikrowellenwaffen erfolgen. Zum Thema EMP-Waffen gibt es in dem Buch A Nation Forsaken: EMP: The Escalating Threat of an American Catastrophe von Michael Maloof einige Beispiel konkreter Fälle und auch Ideen für künftige Anschläge.

Eine Suche mit “Mikrowellenwaffen” führt zu einer Reihe von gruseligen Fundstellen. Wenn da etwas dran ist, dann werden Terroristen,  oder eben auch “Amokläufer” so etwas über kurz oder lang konkret einsetzen.

In Operation Troja hatte ich schon die Möglichkeit erwähnt, dass mit relativ einfachen Mitteln Umspannwerke und damit die Stromversorgung angegriffen werden kann.

Der schlimmstmögliche Terroranschlag wäre ein EMP-Angriff mit Atomwaffen, die von Frachtschiffen aus abgefeuert und in einigen hundert Kilometer Höhe gezündet werden. Meinem Beitrag Eine Sekunde danach habe ich zwei Romane vorgestellt, in denen solche Terroranschläge durchgespielt werden. Bei solchen Terroranschlägen wären die Terroristen allerdings wohl eher nur noch Handlanger oder Strohmänner einer Atommacht. Aber auch dass es zu so etwas kommt,  ist angesichts der Entwicklung der ökologischen und demographischen Rahmenbedingungen leider denkbar. Insbesondere die sich verschlechternde Lage der Wasserversorung, kann solche Terrorangriffe verursachen.

Die illegale Lieferung von einigen Tausend zu Maschinenpistolen umgebauten Pistolen etwa auf der Basis der Glock 17, wie sie in den oben verlinkten Videos gezeigt werden, an Terroristen und potentielle Amokläufer, vielleicht mit  Hilfe von Geheimdiensten,  ist aber vielleicht die  beste, weil preiswerteste Methode, um den  Westen zu destabilisieren und  zum Kollaps  bringen.

Wenn systematisch mit solchen Waffen Menschenmengen angegriffen würden, wo immer sie sich bilden und nicht mit extremem Aufwand geschützt werden, würde dies die Bevölkerung und auch die Sicherheitsdienste  in Deutschland und auch in Frankreich sehr schnell zermürben und erschöpfen.   Der IS könnte diese letztlich sehr preiswerten Waffen großzügig verteilen und die Attentäter könnten ohne lange Vorbereitung plötzlich losschlagen wo immer sie eine gute Gelegenheit sehen. Die deutsche Regierung würde jede Legitimation und Glaubwürdigkeit verlieren, die sie noch hat. Größere Veranstaltungen würde es bald nicht mehr geben, weil die Leute aus Angst zu Hause blieben und auch, weil niemand mehr die Sicherheit gewährleisten möchte.

Im Grunde könnten Terroristen und Amokläufer so auch ziemlich effizient im Rahmen der Hybriden Kriegsführung benutzt werden.

Man könnte mutwillig massenhaft Flüchtlinge nach Deutschland schicken, wohl wissend, dass viele von diesen letztlich sehr frustriert und gewaltbereit werden, und dann könnte man diese diskret mit solchen für Amokläufe und Terrorangriffe sehr effizienten Waffen versorgen.

Ich könnte mir z.B. auch vorstellen, dass solche Waffen falsch deklariert und in anderen Produkten verpackt in Containern nach Deutschland, Frankreich und in den BeNeLux-Staaten kommen.

Was könnte an Gegenmaßnahmen ergriffen werden? Weitere Verbote und ein strengeres Waffenrecht sind jedenfalls keine Lösung, weil die Waffen, um die es hier geht und mit deren Verwendung  in Zukunft zu rechnen ist,  längst verboten sind und in Deutschland und Frankeich auch immer verboten waren.

Im Grunde hat man es hier mit einer vorhersehbaren Folge der Einwanderungspolitik und der Flüchtlings- und Asylpolitik der letzten Jahrzehnte zu tun. Ein mögliche Folge könnte sein, dass sich  die Deutschen und Franzosen irgendwann nicht mehr trauen, sich zum Feiern, zum Trauern, zum Einkaufen oder zum Demonstrieren zu versammeln oder im Sommer an Stränden und in Freibädern das Leben zu genießen, weil es dabei jederzeit zu einem Anschlag kommen kann, der leicht sehr viel mehr Tote zur Folge haben kann als die Schießerei in München am 22.07.2016.

Kelberg, den 25. Juli 2016

Christoph Becker




Drei großartige Wahlkampfreden

Es war  voraussichtlich erlebte Weltgeschichte und es war auf jeden Fall ein Genuss: Ich habe mir gerade die Rede Donald Trumps zu seiner Nominierung als Präsidentschaftskandidat der Republikaner und danach die Reden seiner Tochter Ivanka Trump und die der ihn ebenfalls unterstützenden Fernseh- und Radiomoderatorin Laura Ingraham, in voller Länge angehört und binde diese Reden im Folgenden  ein.

Donald Trumps Rede

Es kann hilfreich sein zusätzlich zur Rede  deren Transkript zu haben.   Das hier verlinkte Transkript Full transcript of Donald Trump’s acceptance speech at the RNC stimmt nicht perfekt mit der Rede überein.  Es macht Sinn das Transkript  ggf. parallel zur Rede zu lesen, um die Unterschiede zu erkennen.

Bei der Rede Trumps konnte ich es nicht lassen, an einigen Stellen vor meinem Computer sitzend  Beifall zu klatschen.  So etwas habe  ich bisher noch nie  getan, aber ich habe   auch noch nie eine so gute Rede gehört.   Wenn unsere deutschen Politiker sprechen, finde ich das schon lange einfach nur noch unerträglich und schalte ab, aber Trumps Rede ist meines Erachtens eine “muss man sich angehört haben”-Rede, bei der ich zumindest das Gefühl habe, dass diese Rede  ein  auch für Deutschlands und  Europas  Zukunft  wichtiger historischer Moment ist.

Trump ist nicht so, wie ihn die Vertreter unserer “Eliten” und deren Hofberichterstatter darzustellen pflegen. Trump ist eher einer der ganz Großen. Einer der vielleicht die Reihe der großen Präsidenten, von George Washington, Abraham Lincoln und Franklin D. Roosevelt fortsetzt. Ob es ihm, wenn er  die Wahl gewinnt  –  was  ich für sehr wahrscheinlich halte –  vor dem Hintergrund der globalen Probleme wirklich gelingt, Amerika wieder so groß zu machen wie es  seine Wähler hoffen, ist  fraglich.  Aber wenn  Amerika  und der Westen noch irgend eine  Chance haben, dann nur   mit  großen Persönlichkeiten wie Donald Trump und eben nicht mit Vertretern des “weiter wie bisher”, für die Hillary Clinton steht. Ich wünschte jedenfalls, alle Länder Europas bekämen bei den kommenden Wahlen Spitzenkandidaten wie Donald Trump.

TIPP & Co wird es mit Trump übrigens nicht geben.  Verträge von  mehreren tausend Seiten, die  eh keiner  [ausser  hochbezahlten Anwälten großer Konzerne] lesen kann  und die sein Land benachteiligen, wird es mit Trump nicht geben. Was an solchen Verträgen bisher von den USA schon abgeschlossen wurde, wird eine Regierung Trump neu verhandeln.

Dieser Donald Trump ist einfach wohltuend vernünftig und man kann ihm abnehmen,  wirklich für sein Volk und sein Land und für dessen Interessen eintritt – was heute im Westen sehr ungewöhnlich ist. Ich wünsche Ihm und seinen Wählern viel Erfolg, und dass ihre Träume soweit es im Rahmen der realen Grenzen des Wachstums  und der ökologischen Rahmenbedingungen möglich und vernünftig ist, in Erfüllung  gehen – und dass Trump und seine Regierung gute Ideen hat und vernünftige Auswege findet, wo sie an Grenzen stoßen, die man jetzt im Wahlkampf vielleicht verdrängt oder die man noch nicht sieht.

In deutschen “Qualtitätsmedien” konnte man lesen, dass Donald Trump eigentlich nur ungebildete, weiße amerikanische Männer für sich begeistern kann.    Dass dies nicht so ist, sollten eigentlich schon meine Beträge Ausserhalb des Spiegelsaals  , Die Eliten entlassen  und Eine russische Warnung – Hillary Clinton und negative Zinsen gezeigt haben. Die im Folgenden eingebundenen Reden von Donald Trumps Tocher Ivanka Trump und die Rede Fernseh- und Radiomoderatorin und Schriftstellerin Laura Ingraham, die   diese  beim  Parteitag  der  republikanischen Partei zur Unterstützung  von Donald Trump gehalten haben,   zeigen, dass  Donald  auch die  Zustimmung der Frauen gewinnen  kann und  dass er  ganz hervorragende Wahlkampfrednerinnen hat,   die  Frau  Clinton  voraussichtlich sehr viele Stimmen kosten werden.   Ich hätte nicht gedacht, dass Donald Trump im Kampf um die Stimmen der Frauen, zusätzlich zu sich selbst ,   derart schwere rednerische Geschütze auffahren lassen könnte und würde, zumal  es in den letzten Tagen hämische Meldungen  deutscher Medien darüber gab, dass Trumps Frau ihre Rede von Michelle Obama kopiert habe. Was immer seine Frau wie auch immer vorgetragen hat, seine Tochter Ivanka  ist jedenfalls eine exzellente Rednerin mit einem sehr guten, sehr authentischen Text.

Ivanka Trumps Rede
Laura Ingrahams Rede

Die Rede von Frau Ingraham dürfte insbesondere den Journalisten der Qualitätsmedien sehr missfallen (Ab 13:50 “To all my friends in the press ….”.

An alle meine Freunde bei der Presse … die wissen alle in ihrem Herzen warum Donald Trump die Nominierung gewonnen hat, sie wissen es, …. weil er es gewagt hat all die Blender, die Betrügereien und die Korruption an zu sprechen, die [von der Presse] viel zu lange nicht angeprangert und aufgedeckt wurden.

 

Kelberg, den 22.07.2016

Christoph Becker




Zahnärztliche Kulturunterschiede

Auf der Internetseite der Europäischen Zahnärztevereinigung ( Council of European Dentists ) gibt es das sogenannte EU-Manual, mit dessen Hilfe ich die folgende Tabelle zusammengestellt habe, um einen Eindruck von der Situation in den jeweiligen Ländern zu bekommen.

Mich hatte neben dem Anteil der Zahnlosen und dem Anteil der  Kinder mit gesunden  Gebissen, insbesondere auch die Zahl der Zahntechniker und der zahnmedizinischen Fachangestellten pro Zahnarzt in den  jeweiligen Ländern  sowie  der Vergleich mit  Deutschland interessiert.

Der deutsche Durchschnittszahnarzt hat nach dieser Tabelle 2,64 Helferinnen und versorgt 0,85 Zahntechniker mit Arbeit. Er hat damit 13,63 mal so viele Helferinnen wie ein belgischer Durchschnittszahnarzt, der nur 0,19 Helferinnen beschäftigt.  In Dänemark und Norwegen kommen nur 0,85 bzw. 0,80 Zahnarzthelferinnen auf einen Zahnarzt. Deutschland hat von allen aufgelisteten Ländern auch mit  weitem Abstand die meisten Zahntechniker pro Zahnarzt. Die Zahl der Zahntechniker pro Zahnarzt ist in Deutschland 3,93 mal größer als in Dänemark und sogar 5,45 mal größer als in Norwegen, aber auch 4,37 mal so groß wie in GB und immer noch mehr als doppelt so groß wie in Frankreich.  In  keinem der aufgelisteten  Länder beschäftigt die Zahnmedizin pro Zahnarzt und auch pro Kopf der Bevölkerung mehr Hilfspersonal als in Deutschland.

Zahntechnikerdichte

Aus den Daten des EU-Manuals lässt sich auch die Zahntechnikerdichte in den einzelnen Ländern und deren Relation zu der in Deutschland berechnen. Diese Berechnung ergab, dass Deutschland 2,4 mal so viele Zahntechniker pro Einwohner hat wie die Niederlande. Im Vergleich zu Norwegen, wo weniger als  halb so viele  Menschen wie in Deutschland im Alter  von 65 und mehr  zahnlos sind (und wo es keine  zahnärztliche Gebührenordnungen gibt und wo Erwachsene die zahnärztlichen Behandlung komplett selbst bezahlen müssen),  hat  Deutschland sogar  5,19 mal so viele Zahntechniker.  Im Vergleich zu   GB hatte Deutschland sogar  7,28 mal so viele Zahntechniker pro Einwohner.  Deutschland ist ein Land mit extrem vielen Zahntechnikern –  und man  kann davon ausgehen, dass diese  im Wesentlichen alle ziemlich fleißig sind  und  qualitativ gut und viel  arbeiten und dass deren Produktivität ebenfalls eher höher als in den anderen EU-Ländern ist.  Da die Anfertigung von Zahnersatz nicht nur teuer, sondern für die Patienten oft auch mit Schmerzen und Unannehmlichkeiten und Nebenwirkungen verbunden ist, sollte man sich fragen, was da in Deutschland falsch gelaufen ist und ob und wie man das ändern könnte.

Die effektive Leistung der Zahnmedizin in Deutschland ist jedenfalls keineswegs besonders gut. In Norwegen und Frankreich sind deutlich weniger der über 65-jährigen zahnlos und in Dänemark und in den Niederlanden ist der Prozentsatz der 12-jährigen mit naturgesunden Gebissen etwas höher als in Deutschland.

 

Land D DK N NL B GB F
BSP [€] ((Bruttosozialprodukt)) 29773 28996 41886 31976 29170 28158 27177
GesundhAusg [%/BSP] 11,3 11,1 9,4 11,4 10,6 9,4 11,6
DMFT0-12 [%] ((  Prozentsatz der 12-jährigen bei denen kein Zahn kariös ist, fehlt,  oder gefüllt ist. Also  der Prozentsatz der  12-Jährigen mit Naturgesunden Gebissen. )) 70,1 72 54 73 40 62 56
Zahnlose  >=65 [%] 23 27 13,3 53 45 36 16
ZA-Dichte [Einw./Zahnarzt] 1163 1086 1107 1914 1434 1936 1582
Frauenanteil ZÄ [%] 43 58 47 35 48 45 40
AnzZahnärzte(aktiv) 69236 5161 4576 8773 7777 33000 41505
AnzZT 58000 1100 703 5000 2250 6323 16500
ZT-Dichte [Einw./ZT] 1388 5095 7206 3358 4957 10104 3979
ZT-Dichte, D im Vergl zu … 1,00 3,67 5,19 2,42 3,57 7,28 2,87
AnzZFA ((ZFA = Zahnmedizinische Fachangestellte (früher Zahnarzthelferinnen) einschließlich Rezeptionistinnen und Verwaltungshelferinnen)) 182000 4400 3671 19000 1500 50700 20136
AnzDH ((DH = Dentalhygieniker )) 550 800 902 3200 0 6374 0
KlinischeZT ((KlinischeZT = Zahntechniker die selbstständig Patienten behandeln dürfen. )) 0 565 0 370 0 251 0
ZT/ZA 0,84 0,21 0,15 0,57 0,29 0,19 0,40
ZT/ZA,  D im Vergl zu … 1,00 3,93 5,45 1,47 2,90 4,37 2,11
ZFA/ZA 2,63 0,85 0,80 2,17 0,19 1,54 0,49
ZFA/ZA,  D im Vergl zu … 1,00 3,08 3,28 1,21 13,63 1,71 5,42

Der erst spontane Kommentar meines Personals zu den Zahlen lautete: Wie machen die  in den anderen europäischen Ländern denn das  mit der Hygiene? Eine andere Frage wäre, wie Zahnärzte in den anderen Länder das mit der Verwaltung machen.

Insgesamt fällt auf, dass in Deutschland in der Zahnmedizin trotz der relativ hohen Zahnarztdichte sehr viel mehr Hilfspersonal als in anderen Ländern beschäftigt wird, ohne dass damit in Deutschland besonders gute Ergebnisse erzielt werden. Eine Schlussfolgerung für unvoreingenommene Betrachter der oben stehenden Tabelle kann sein, dass die Zahnärzte in Deutschland durch eine irre Bürokratie behindert und/oder vom System zu aus Sicht des Patientennutzens ineffizienten oder sogar schädlichen Leistungen motiviert werden.

Bürokratie im zahnärztlichen Bereich in Deutschland

Die für die Abrechnung zahnärztlicher und zahntechnischer Leistungen in Deutschland maßgeblichen Nachschlagwerke sind die des Asgard-Verlages. Ich liste hier

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zahnärztliche Kassenleistungen

DER Kommentar BEMA

4406
 zahnärztliche Privatleistungen

DER Kommentar GOZ

 3094
zahntechnische Kassenleistungen, bei Regelversorung

Die Abrechnung zahntechnischer Leistungen nach BEL II-2014

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zahntechnische Privatleistungen, auch für Kassenpatienten bei gleich- oder andersartiger Versorung

BEB Zahntechnik – Kommentar mit Anwendungsbeispielen und Vergleich zur BEB‘97

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Gesamte Seitenzahl der oben gelisteten zahnärztlichen und zahntechnischen Abrechungsinformationen des Asgard-Veralges 8796

In meiner Praxis habe ich außerdem noch die Abrechnungsinformationen des DAISY-Verlages, weil diese für das Personal oft übersichtlicher sind als die dafür grundlegenderen und maßgeblicheren des Asgard-Verlages. Dazu habe ich noch die Kalkulationssoftware von Synadoc im Einsatz.

Es versteht sich von selbst, dass es jede Menge, zum Teil sehr teure und natürlich auch Zeit kostende  Fortbildungsveranstaltungen für die Abrechnung zahnärztlicher und zahntechnischer Leistungen gibt. Auch werden  jede Menge Sachbearbeiter, Programmierer, hoch bezahlte Bürokraten und auch Anwälte und Richter mit all diesen Abrechnungsvorschriften beschäftigt. Trotz dieses enormen bürokratischen Aufwandes bilden die Abrechnungsvorschriften die zahnmedizinische und zahntechnischen Realitäten ungenau ab. Als Folge davon kommt es in Deutschland immer wieder dazu, dass eine für  die Patienten  sinnvolle  Behandlung unterbleibt oder dass aus Sicht des Patienten unsinnige oder sogar schädliche Behandlungen vorgenommen werden, weil die eigentlich gut gemeinten Vorschriften es faktisch belohnen. Ein sehr interessantes Buch, zu dem man vor diesem Hintergrund auch ein zahnmedizinisch/zahntechnisches Kapitel schreiben könnte, ist Seeing Like a State: How Certain Schemes to Improve the Human Condition Have Failed   (dt.: Mit den Augen des Staates: Wie bestimmte Schemen  zur Verbesserung der  Lebensverhältnisse  versagt haben) von James Scott. Scott zeigt, wie und warum Staaten versuchen Menschen und Aspekte des Lebens,  zählbar und kontrollierbar zu machen und wie und warum sie damit immer wieder scheitern.

Zu den oben erwähnten Abrechnungsvorschriften,  kommt eine noch größerer Vorschriftenmenge in Sachen Qualitätssicherung, Hygiene usw. , die in den letzten 30 Jahren immer weiter gewachsen ist. Hierzu würde ich gerne einmal  glaubwürdige Untersuchungen sehen, die zeigen, ob und wenn ja, in welchem Ausmaß, Menschen in Deutschland durch all diese immer umfassenderen Vorschriften weniger erkranken oder sterben als früher, und dazu würde ich gerne auch Vergleiche mit anderen Ländern sehen.  Und dann würde ich gerne ganzheitliche, langfristige Bewertungen unserer Vorschriften sehen, die unter anderem auch den Einfluss dieser Vorschriften auf den  ökologischen Fußabdruck Deutschlands berücksichtigen. Jede Vergrößerung des ökologischen Fußabdrucks Deutschlands beeinträchtigt das Leben in späteren Zeiten und in anderen Ländern. Eine weitere Frage ist, wie diese Vorschriften und der Versuch sie zu erfüllen, die Überlebensfähigkeit und Lebensqualität der  Bevölkerung  bei Katastrophen und   in Kriegen beinflußt.

Es sollte immer kritisch und umfassend geprüft werden, was eine Vorschrift oder Verordnung wem wirklich nützt und was sie kurz-, mittel- und langfristig für Schäden und Kosten verursacht.

Mich erinnert das ganze immer wieder an Prof. Joseph Tainters Ausführungen zum Kollaps komplexer Gesellschaften.

Tainter zeigt, u.a. dass die Kosten für die weitere Steigerung der Komplexität ab einem bestimmten Punkt deren Nutzen übersteigen und dass eine Gesellschaft dann instabil wird und kollabiert, wenn sie dieses Problem ignoriert und  versucht,  ihre Komplexität  weiter zu steigern.

Zahnärztliche Abrechnung in Norwegen

Das zahnärztliche Abrechnungswesen in Norwegen zeigt, wie man es anders machen kann. In Norwegen gibt es keine Gebührenordnung für Zahnärzte. Jede Praxis kann offenbar selbst festlegen was sie  für was haben möchte. Erwachsene bezahlen ihre Zahnärztlichen Behandlungen offenbar fast immer selbst und haben auch keine Versicherung – so wie man in Deutschland ja auch keine Versicherung für Reparaturen des Autos und der Heizung hat. Es gibt aber die Internetseite  hvakostertannlegen.no, auf Deutsch “waskostenzahnärzte”.   Dort  kann  jeder  für ausgewählte Behandlungen die Preise der verschiedenen Praxen sehen und vergleichen.  Die  Praxen haben in der Regel eine  eigene Internetseite, auf der sie unter anderem eine einfache, kompakte Preisliste   zeigen. Hier als  willkürliches Beispiel die Preisliste der   Abelgården Tannklinikk AS in Trondheim. Die geben 20 verschiedene Preise für Leistungspaktete an.  Z.B.  “Untersuchung mit Hygienezuschlag,  2  Röntgenbildern und  einfacher Reinigung”.   Schon als dritte Preisangabe steht dort ein Zeithonorar (hier ca 176 € pro Stunde).

Der bürokratische Wasserkopf, den sich Deutschland auf Kosten seiner Bevölkerung für die Abrechnung und Bezuschussung zahnärztlicher Leistungen leistet, entfällt in Norwegen. Zusätzlich haben die Norweger, wie oben in der Tabelle zusehen, im Alter  von  65 und mehr Jahren doppelt so oft noch eigene Zähne wie die Deutschen, und sie beschäftigen mit ihren Zähnen mehr als fünf-mal weniger Zahntechniker pro Einwohner als die Deutschen und sie haben mehr als dreimal weniger Zahnarzthelferinnen pro Zahnarzt als deutsche  Zahnärzte, bei nur knapp größerer Zahnarztdichte.

Insgesamt gibt es in der zahnmedizinischen Versorgung in Europa, trotz aller Gleichschaltungsbemühungen nach wie vor erhebliche Kulturunterschiede.

Da man hier in Deutschland neuerdings so oft, so lautstark und so penetrant nach Bereicherung durch fremde Kulturen lechzt und offenbar nicht genug davon bekommen kann,  während man anderseits über Fachkräftemangel klagt,   möchte ich hier vorschlagen,   zumindest für die Abrechnung zahnärztlicher und zahntechnischer Leistungen, das  drastisch einfachere und flexiblere norwegischen System zu übernehmen und alle Versicherungen, Zusatzversicherungen, Beihilfen und Gebührenordnungen zahnärztliche und zahntechnische Leistungen bei Erwachsenen abzuschaffen.

Kelberg, den  13. Juli 2016

Christoph Becker

 




Ausserhalb des Spiegelsaals

Der amerikanische Blogger und Autor John Michael Greer hat einen Beitrag  zum Brexit-Referendum und zur amerikanischen Präsidentenwahl 2016 veröffentlicht, der  auch für das Verständnis der bisherigen und der künftigen politischen Entwicklung in Deutschland, gerade auch mit Blick auf  die Verluste der SPD und die Erfolge der  AfD von erheblicher Bedeutung sein dürfte.Die Internetadresse des Originals lautet: http://thearchdruidreport.blogspot.com/2016/06/outside-hall-of-mirrors.html

Der Titel des Originals lautet Outside the Hall of Mirrors  und bezieht sich auf den Spiegelsaal im Schloss von Versailles, wie er im Text auch erklärt.

Ab hier die Übersetzung:

Mittwoch, der 29. Juni 2016

Außerhalb des Spiegelsaals

Das Ergebnis der Abstimmung in der letzten Woche bezüglich Großbritanniens Mitgliedschaft in der Europäischen Union, hat zu kummervolle Schreien und oberflächlichen oder unlogischen Aussagen im Internet und den Massenmedien geführt. Die unerwartete Niederlage des Pro-EU-Lagers hat jedoch wichtige Lehren zu bieten, um das nicht nur für diejenigen meiner Leser, die in Großbritannien leben. Die zentralen Probleme, die dem Brexit-Referendum zugrunde liegen, sind gerade auch jetzt in vielen anderen Ländern massive Realitäten und sie werden sehr wahrscheinlich eine sehr große, ziemlich wahrscheinlich sogar eine entscheidende, Rolle bei der dieses Jahr stattfindenden Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten spielen.

Natürlich muss ein Teil des Ergebnisses der wirklich sehr eindrucksvollen Unfähigkeit des Pro-Eu-Lagers zugeschrieben werden. Die erste Regel für politische Wahlkämpfe lautet, dass es, wenn etwas nicht funktioniert Zeit ist,  etwas anderes zu probieren. Aber anscheinend ist das niemandem auf der Pro-EU-Seite in den Sinn gekommen. Vom Anfang des Wahlkampfes bis zu seinem Ende, waren fast die einzigen kohärenten Argumente, die man von den  Verfechtern des  Verbleibs in der EU  zu hören bekam, Drohungen mit schrecklichen Dingen die passieren würden, wenn Großbritannien die EU verlassen würde. Ein Ergebnis davon war, dass Wochen vor der Wahl bereits unwirkliche Schlagzeilen wie “Experten warnen, der Brexit wird sie an Krebs erkranken lassen” und ähnliches zu einem verbreiteten Thema des Internethumors geworden waren.

Es war schlimm genug – wenn das Hauptthema deiner Kampagne eine Pointe wird, machst du etwas falsch – aber es gab einen anderen Punkt, den jeder im Pro-EU-Lager übersehen zu haben scheint. Der bald nur noch ehemalige Premierminister, David Cameron, widmete einen großen Teil des Wahlkampfes seiner Behauptung, dass, wenn Großbritannien die EU verlassen würde, es harte Budgetkürzungen im staatlichen Gesundheitsdienst NHS und in anderen für die gewöhnlichen Briten vorteilhaften Bereichen geben würde. Die Schwierigkeit bestand hier natürlich darin, dass die Regierung von Cameron bereits harte Budgetkürzungen im staatlichen Gesundheitsdienst und den anderen für die gewöhnlichen Briten vorteilhaften Programmen durchgeführt hatte, und dass alles dafür sprach, dass sie das noch mehr tun würde – und “Der Brexit wird das tun was wir so oder so machen” hatte nicht die durchschlagende Wirkung, die Cameron sich offensichtlich davon erwartet hatte.

Allgemeiner ausgedrückt, schafften es die Unterstützer nie positive Gründe für Großbritanniens EU-Mitgliedschaft anzubieten, die diejenigen überzeugen würden, die nicht bereits auf ihrer Seite waren. Stattdessen haben sie einfach nur darauf bestanden, dass “jede denkende Person” für den Verbleib in der EU stimmen würde, und jeder, der damit nicht einverstanden war, musste ein fremdenfeindlicher, nationalsozialistischer Idiot sein. Ihr Verhalten nach der Niederlage war im Großen und Ganzen dasselbe. Man wechselte zwischen wütenden Behauptungen, dass die 52 % der Briten, die dafür stimmten die EU zu verlassen, alle sabbernde, faschistische, engstirnige Fanatiker wären und dem klagenden Beharren, dass die Leute vielleicht gar nicht das wählen wollten, was sie gewählt haben, und können wir bitte die Abstimmung noch einmal wiederholen?

Im gesamten Repertoire der EU-Befürworter fehlte sowohl vor als auch nach der Abstimmung, jede Vorstellung davon, dass die Frage des Fortbestandes der EU-Mitgliedschaft Großbritanniens grundlegende Probleme beinhaltete, über die es vernünftig begründete Meinungsverschiedenheiten geben kann. Es sollte offensichtlich gewesen sein, dass es das Wahlverhalten der Leute nicht ändert, wenn man ihnen erzählt, dass ihre Bedenken und Sorgen keine Rolle spielen und wenn man sie mit Schulhofbeleidigungen beschimpft, wenn sie Einwände äußern. Dass dies für das Pro-EU-Lager nicht offensichtlich war, und das es wenige Hinweise dafür gibt, dass es selbst im Gefolge der Wahlniederlage offensichtlicher wird, deutet darauf hin, dass die fraglichen Probleme Dinge sind, die zu diskutieren das Pro-EU-Lager ablehnt.

Ich nehme an, dass dies genau das ist, was passiert. Ein flüchtiger Blick zurück auf das letzte Jahrhundert der politischen Geschichte Britanniens kann helfen, die stillschweigenden Realitäten hinter dem Geschrei aufzuzeigen.

Vor hundert Jahren haben zwei Parteien die britische politische Landschaft beherrscht: die Konservativen (auch bekannt als Torys) und die Liberalen. Beide Parteien wurden durch und für die Wohlhabenden geführt. Während eine Reihe von Wahlrechtsreformen im Verlauf des neunzehnten Jahrhunderts immer mehr britischen Männern das Wahlrecht gebracht hat – haben britische Frauen das Wahlrecht in zwei Stufen erhalten. Wohlhabende Frauen über 30 erhielten das Wahlrecht 1918 und alle erwachsenen Frauen erhielten es 1929. Beide Parteien haben sogleich den Trick gelernt, die Armen mit bedeutungslosen Vergünstigungen zu ködern, um sie zu veranlassen im Interesse ihrer angeblichen Vorteile zu stimmen.

Der Aufstieg der Unabhängigen Arbeiterbewegung (= Indipendent Labour Movement = ILM), dem Vorläufer der Labour Party, war ein meisterhafter Abwehrschlag gegen diese Art der politischen Spieltaktik. Anstatt sich zu Gunsten der wohlhabenden Minderheit an der Nase herumführen zu lassen, haben die ILM und dann die Labour Party die Interessen der Arbeiter und den Armen an die erste Stelle ihrer Programme gesetzt und haben sich geweigert, sich mit den Abfällen von den Tischen der Reichen kaufen zu lassen. Ein direktes Ergebnis davon war, dass die Partei der Liberalen um 1945 zur Bedeutungslosigkeit reduziert war und dass die Labour Party eine der zwei Hauptparteien in der britischen Politik geworden war.

In Großbritannien, ebenso sowie in Amerika, begann das Pendel im letzten Viertel es Jahrhunderts in die andere Richtung zu schwingen. Der Triumph von Margaret Thatcher in den allgemeinen Wahlen von 1978 hatte dort dieselbe Rolle, wie der Sieg von Ronald Reagan 1980 es hier getan hat: Ein neuer, aggressiverer Konservatismus hat die linke Rhetorik des Klassenkriegs aufgenommen und rächend umgekehrt, in ein Zeitalter hineinführend, in dem die Reichen gegen die Armen rebelliert haben. Die Labour Party unter Tony Blair hat auf diese Verschiebung genauso reagiert wie die Demokraten unter Bill Clinton es getan haben: Beide Parteien haben leise ihre vorherigen Engagements zur Arbeiterklasse und den Armen fallen gelassen, und haben sich stattdessen auf Probleme konzentriert, die wohlhabende Liberale angesprochen haben. Sie haben darauf gewettet, dass die Arbeiterklasse und die Armen sie aus Gewohnheit und falsch verstandener Loyalität weiter wählen würden – und kurzfristig hat sich dieses Glücksspiel ausgezahlt.

Das Ergebnis war in beiden Ländern ein politisches Klima, in dem die einzigen politischen Inhalte, die diskutiert wurden diejenigen waren, die die Interessen der Wohlhabenden auf Kosten der Arbeiterklasse und der Armen bevorzugten. Dieser Punkt ist so häufig und auf so viele höchst fantasievolle Weisen getrübt worden, dass es wahrscheinlich notwendig ist, darüber hier ausführlich zu berichten. Steigende Immobilienpreise nützen zum Beispiel denjenigen, die Immobilien besitzen, da ihre Eigentum mehr wird, aber sie bestrafen diejenigen, die ihre Häuser mieten müssen, da sie mehr von ihrem Einkommen für die Miete ausgeben müssen. Ebenso wirkt die Kürzung von Sozialleistungen für Behinderte. Das nützt denen, die Steuern bezahlen, auf Kosten derjenigen, die diese Sozialleistungen zum Überleben benötigen.

Ebenso wirkt die Förderung unbeschränkter Einwanderung in ein Land, das bereits Millionen von dauerhaft Arbeitslosen hat und die Verlagerung von Industriearbeitsplätzen ins Ausland, so dass die Arbeitslosen um eine abnehmende Zahl von Arbeitsplätzen konkurrieren. Das nützt den Wohlhabenden und schadet allen anderen. Das Gesetz von Angebot und Nachfrage gilt für die Arbeit, wie für alles andere: Vergrößere das Angebot an Arbeitskräften und verringere die Nachfrage nach ihren Diensten, und die Löhne werden fallen. Die Wohlhabenden profitieren davon, weil sie weniger für die Dienstleistungen zahlen, die sie wollen. Aber den arbeitenden Armen und den Arbeitslosen wird dadurch geschadet, da sie weniger Einkommen erhalten, wenn sie überhaupt eine Arbeit finden können. Es ist üblich, dass diese einfache Logik durch Behauptungen verschleiert wird, dass Einwanderung der Wirtschaft als Ganzes Vorteile bringt – aber wer erhält die Masse der Vorteile und wer trägt die meisten Kosten? Es ist nichts, was irgendwer im öffentlichen Leben in den USA oder in Großbritannien in den letzten 30 Jahren zu diskutieren bereit gewesen ist.

Das Problem mit dieser Art der Regierung der Wohlhabenden, durch die Wohlhabenden, und für die Wohlhabenden wurde vor vielen Jahren von Arnold Toynbee kompromisslos im Detail in dessen monumentalem Werk “Der Gang der Weltgeschichte: Aufstieg und Verfall der Kulturen” skizziert. Er zeigte, dass Gesellschaften im Niedergang sich in zwei ungleiche Teile spalten: Eine dominierende Minderheit, die das politische System und seine Belohnungen monopolisiert und ein inneres Proletariat, das die meisten Kosten des vorhandenen Systems trägt und dem der Zugriff auf die meisten seiner Vorteile verweigert wird. Während sich diese Spaltung weiter entwickelt, verliert die dominierende Minderheit den Bezug zu den wesentlichen Gesetzen der Politik – die Massen bleiben gegenüber ihren Führern nur loyal, solange die Führer ihnen gegenüber loyal bleiben – und das innere Proletariat reagiert, indem es nicht nur die Führung der dominierenden Minderheit zurückweist, sondern ebenso auch deren Werte und Ideale.

Das fortdauernde Symbol der resultierenden Entfremdung ist der berühmte Spiegelsaal in Versailles, wo sich die letzten drei französischen Könige vor der Revolution von einer zunehmend beunruhigten und verarmten Nation abgeschirmt haben und bewundernd auf ihre eigenen glänzenden Spiegelbilder gestarrt haben. Während Marie Antoinette den berühmten Satz – “Lasst sie Kuchen essen” – anscheinend nie gesagt hat, – so ist doch die Unwissenheit über die Realitäten des Lebens außerhalb des Spiegelsaals, die diese Äußerung andeutet, sicherlich da gewesen, während Frankreich zu seinem Ruin hin gestolpert ist. Eine steigende Zahl von normalen Franzosen und Französinnen drehte ihren angenommenen Führern den Rücken zu und ging  nach neuen Möglichkeiten zu suchen.

Das ist es, was in Großbritannien in letzten Jahrzehnten geschehen ist und die letzten paar Wahlen zeigen es. In den allgemeinen Wahlen von 2010 haben die Wähler die Meinungsforscher und dergleichen Experten unvorbereitet getroffen, indem sie zur Liberal Demokratischen Partei strömten, die bis dahin eine Splitterpartei war. Das war eine offensichtliche Forderung nach Veränderung, und wenn die Liberaldemokraten bei ihren Waffen geblieben wären, könnte das zum Verschwinden der Labour Party innerhalb weniger Jahre geführt haben. Aber die Liberaldemokraten haben stattdessen beschlossen, ihre Ideale zu Geld zu machen und eine Koalition mit den Torys zu bilden. Ein direktes Resultat war, dass die Liberaldemokraten bei den allgemeinen Wahlen von 2015, wieder zur Splitterpartei wurden.

2015 hatte dennoch ein noch wesentlich wichtigeres Ergebnis. In einem Versuch, die britische Unabhängigkeitspartei (UKIP), eine andere Splitterpartei, die beunruhigende Gewinne erzielte, zu verhindern, hat Tory-Premierminister David Cameron versprochen, dass, wenn seine Partei gewinnen würde, das Vereinigte Königreich ein Referendum über die EU-Mitgliedschaft abhalten würde. Wahlumfragen zeigten, dass das Parlament wieder auf drei Weisen gespalten wäre, zwischen Konservativen, Liberal-Demokraten und Labour. Die Meinungsforscher und die Experten wurden wieder unvorbereitet getroffen. Anscheinend hat eine größere Anzahl Leute, die angegeben hatten für Labour oder die Liberaldemokraten zu stimmen, heimlich in der Wahlkabine stattdessen für ihren lokalen Tory gestimmt. Warum? Die Abstimmung am Donnerstag legt nahe, dass sie es genaugenommen getan haben, weil sie die Chance bekommen wollten, Nein zur EU zu sagen.

Sprechen wir jetzt über den Brexit-Wahlkampf. In der höflichen Gesellschaft des heutigen Großbritanniens wird jeder Versuch, auf die massiven Probleme mit dem Erlauben uneingeschränkter Einwanderung auf eine bereits überfüllte Insel hinzuweisen, die keine entsprechende Arbeitsplätze bieten kann oder Sozialleistungen für die Leute, die schon da sind, als Rassismus abgewiesen. So ist es nicht überraschend, dass ziemlich viele Briten, von denen viele nominelle Wähler der Labour Party sind, die in der Öffentlichkeit genehmigten Meinungsfetzen gemurmelt haben und im Privaten für den Brexit gestimmt haben – und wieder waren die Meinungsforscher und Experten darauf nicht vorbereitet. Es ist einer der Nachteile der Spaltung zwischen dominierender Minderheit und dem internen Proletariat, dass wenn die Minderheit die Loyalität der Massen verloren hat, weil es ihr nicht gelingt auf die Bedürfnisse derjenigen außerhalb der wohlhabenden und privilegieren Kreis einzugehen, dass dann finstere äußere Konformität und heimliche Revolte das gegenseitige Vertrauen ersetzen, das für das Funktionieren einer Gesellschaft erforderlich ist.

Die EU wiederum, hat ein perfektes Ziel für entfremdete Wähler der Arbeiterklasse und die Armen abgegeben, weil sie ausschließlich eine Schöpfung desselben Konsenses der Wohlhabenden ist, wie die Labour Party nach Tony Blair und die Demokratischen Partei nach Bill Clinton. Ihre Wirtschaftspolitik wird von oben bis unten durch die neoliberale Wirtschaftslehre durchdrungen, die mit Thatcher und Reagan an die Macht gekommen ist. Ihre standhafte Unterstützung der uneingeschränkten Einwanderung und des Kapitalverkehrs wird berechnet, um die Löhne zu senken und um Arbeitsplätze aus Ländern wie Großbritannien zu entfernen. Ihre Subventionen landen unweigerlich in den Taschen der großen Konzerne und der Wohlhabenden, während die Lasten ihrer Verordnungen und Gesetze am stärksten die Kleinunternehmen und die lokalen Ökonomien belasten.

Das ist nicht besonders schwer herauszufinden – faktisch kostet es einige Anstrengung,  zu vermeiden dies zu bemerken. Höre Leuten zu, die die Folgen des Brexit in den letzten Berichten der britischen Medien betrauern, und du wirst eine lange Liste von Privilegien hören, die hauptsächlich für die Wohlhabenden relevant sind und wegen denen die Sprecher besorgt sind, dass sie ihnen nun genommen werden. Abgesehen von einigen Randfiguren sprechen die, die dafür gestimmt haben im allgemeinen nicht darüber, weil sie durch bittere Erfahrung gelernt haben, dass sie einfach mit den üblichen, abgegriffenen Beschuldigungen des Rassismus usw. niedergeschrien werden. Wenn sie dennoch bereit sind, zu sprechen nehme ich an, dass man dann eine lange Listen von Lasten hört, die hauptsächlich auf den einfachen, arbeitenden Menschen gelandet sind, die so viele der Wohlhabenden so offensichtlich verachten.

Es ist wahrscheinlich notwendig, zur Kenntnis zu nehmen, dass es natürlich Rassisten und Fremdenfeinde gibt, die für den Brexit gestimmt haben. Ebenso gibt es Leute, die mit toten Schweinen kopuliert haben und die dafür gestimmt haben, in der EU zu bleiben – ich bin überzeugt, dass meine britischen Leser mindestens einen nennen können – aber das bedeutet nicht, dass jeder, der dafür gestimmt hat, in der EU zu bleiben, mit einem toten Schwein kopuliert hat (( Anmerkung des Übersetzers: wenn man mit “Cameron totes Schwein” bei Google sucht, findet man sogar einige deutschsprachige Artikel zu diesem Thema )). Noch, entscheidend, beweist das, dass Nekrophile Sehnsüchte der einzige mögliche Grund sind, für den Verbleib in der EU zu stimmen. Eine allgemeine Weise um Hassrede zu definieren, ist “der Gebrauch einer erniedrigenden und abschätzigen Stereotypie, um jedes Mitglied einer Gruppe zu beschreiben.” Durch diese Definition sind die Leute, die darauf bestehen, dass jeder, der für den Brexit gestimmt hat, ein fanatischer Idiot ist, mit Hassrede beschäftigt – und es ist eine Quelle düstere Belustigung, Leute zu beobachten, die normalerweise schnell dabei sind, andere wegen Hassrede zu verurteilen, wenn sie diese selber betreiben, wenn sie in dem betreffenden Fall dem Wunsch ihres Herzens nachhängen.

Lasst uns das noch vertiefen. Es  gibt tatsächlich eine bedeutende Anzahl Armen und zur Arbeiterklasse gehörenden Briten, die tiefen Vorurteilen gegenüber ausländischen Einwanderern anhängen. Warum? Ein großer Teil des Grundes ist die Tatsache, dass die Wohlhabenden, schon seit Jahrzehnten, Rassentoleranz mit genau jener Politik der uneingeschränkten Einwanderung gleichgesetzt haben, die Millionen der britischen Arbeiterklasse in die Mittellosigkeit und das Elend gestürzt haben. Auf die gleiche Weise konnten sich sehr viele arme und der Arbeiterklasse angehörige Briten weniger um die Umwelt sorgen. Ein großer Teil des Grundes ist, dass die Bedingungen der Debatte über Umweltprobleme so definiert wurden, dass die Lebensstile der Wohlhabenden nie zur Diskussion standen, während die Kosten des Umweltschutzes die soziale Stufenleiter hinunterflossen, während die Vorteile nach oben flossen. Wie Toynbee feststellte, wenn Gesellschaften sich in einen dominante Minderheit und ein internes Proletariat spalten, dann weisen die Massen nicht nur die Führerschaft zurück, sondern auch die Ideale und Werte der selbsterklärten Besseren. Es geschieht einigermaßen häufig, dass einige jener Ideale und Werte wirklich wichtig sind, aber wenn sie immer und immer wieder verwendet worden sind, um die Politik der Privilegierten zu rechtfertigen, können sich die Massen es sich nicht mehr leisten darauf Rücksicht zu nehmen.

Jene Briten, die darauf bestehen, dass die Mehrheit nicht zählt, und dass ihr Land in der EU bleiben muss, egal was die Stimmberechtigten denken, haben offensichtlich die Implikationen der Wahl des letzten Donnerstags nicht zu Ende gedacht. Die Parteiloyalitäten sind nun sehr flüssig geworden, und dieselben 52 % der britischen Stimmberechtigten, die bei dem Referendum für den Brexit gestimmt haben, können ziemlich bereitwillig mit der gleichen Verachtung für die zarten Empfindlichkeiten der privilegierten Minderheit, eine UKIP Mehrheit ins Unterhaus bringen und Nigel Farage geradewegs nach 10 Downing Street senden. Wenn das britische Establishment es schafft, die Arbeiterklasse und die Armen davon zu überzeugen, dass eine Stimmabgabe für die UKIP die einzige Möglichkeit ist, ihrer Stimmen Gehör zu verschaffen, dann ist es das, was geschehen wird. Es ist ein sehr unkluger Zug, Leute gegen sich aufzubringen, die nichts zu verlieren haben.

Inzwischen ist eine sehr ähnliche Revolte in den Vereinigten Staaten mit Donald Trump als Begünstigten in Vorbereitung. Wie ich in einem früheren Post hier angemerkt habe, wurde der kometenhafte Anstieg von Trump von einer weit her geholten Randfigur zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner, vollständig von seiner Bereitschaft getrieben, sich selbst in Gegensatz zum Konsens der zuvor beschriebenen Wohlhabenden zu bringen. Während alle akzeptablen Kandidaten mit der neoliberalen Volkswirtschaft und der neokonservativen Politik der letzten dreißig Jahre an Bord waren – großzügige Zuteilungen für die Reichen, strafende Einschränkungen für die Armen, schädliche Vernachlässigung unserer Infrastruktur zuhause und eine monowahnsinnige Verfolgung militärischer Konfrontationen in Übersee – da hat er damit Schluss gemacht, und je schriller die Experten und Politiker ihn verurteilt haben, desto sich mehr Bundesstaaten hat er gewonnen und desto schneller sind seine Umfragewerte gestiegen.

Momentan macht er das Vernünftigste. Er wartet seine Zeit ab, sich auf die allgemeinen Wahlen vorbereitend und den gelegentlichen Testballon loslassend, um herauszufinden wie verschiedene Argumente gegen Hillary Clinton aufgenommen werden. Ich erwarte, dass die Art des totalen Krieges, die seine republikanischen Rivalen platt gemacht hat um den 1. September herum beginnt. Auch ist ist Hillary Clinton nicht besonders gut aufgestellt, um solch einem Angriff entgegenzusehen. Es ist nicht nur, dass sie durch peinlich ausführliche Korruptionsanschuldigungen in einem Ausmaß verfolgt wird, dass selbst in einer Kleptokratie der Dritten Welt als ungewöhnlich blühend betrachtet würde, noch ist es der Umstand, dass ihre Karriere als Außenministerin hauptsächlich wegen einer Kaskade von außenpolitischer Katastrophen bemerkenswert war, aus denen sie nichts gelernt zu haben scheint. Es ist nicht einmal, dass Hillary Clinton in den meisten wirtschaftlichen, politischen und militärischen Dingen deutlich rechts von Donald Trump ist und dass sie Positionen vertritt, die ununterscheidbar von denen von George W. Bush sind – von dem Typ, von dem die Demokraten vor nicht all zu vielen Jahren behauptet haben, dass sie ihn hassen.

Nein, was einen Sieg von Trump im November wahrscheinlicher als eine Niederlage macht,  ist, dass Clinton sich selbst zur Kandidatin des Status quo gemacht hat. Alle Positionen, die sie einnimmt laufen darauf hinaus, die Politik fortzusetzen, die in den Vereinigten Staaten ebenso wie in Großbritannien, den Wohlhabenden auf Kosten aller anderen genützt hat. Das war damals eine sichere Wahl, als ihr Ehemann Präsident war und als  beide Parteien größtenteils darum konkurrierten, welche von ihnen es den Wohlhabenden bequemer machen und die Gequälten besser quälen könnte. Das ist jetzt keine sichere Wahl mehr, weil Trump das heimliche Regelbuch der modernen amerikanischen Politik weggeworfen hat und den Leuten, die 30 Jahre lang den Kürzeren gezogen haben, ein Bündel politischer Veränderungen anbietet, die ihr Leben tatsächlich verbessern könnten.

Nun ist das natürlich nichts, worüber zu sprechen die Politiker, die Experten und die offiziell beachtenswerten Denker des heutigen Konsenses der Wohlhabenden bereit sind. Dieselbe triste Redekunst, die gegenüber der Pro-Brexit-Mehrheit in Großbritannien angewandt wurde, wird daher auch gegenüber den Wählern von Trump hier in den Vereinigten Staaten angewandt. „Rassist“, „Faschist“, „Idiot“ – alle die abgegriffenen, höhnischen Tropen, die die Privilegierten benutzen, um die Sorgen des Rests der Bevölkerung des heutigen Amerikas abzuweisen, sind präsent und werden eingesetzt.

Der Eifer, mit dem diese Wörter gerade jetzt herumgeschleudert werden, sollte nicht unterschätzt werden. Ein alter Freund hat mich mitten im Satz unterbrochen, weil ich einen Mangel an der Begeisterung für Clinton ausgedrückt habe; wir haben seitdem nicht mehr miteinander gesprochen und ich weiß nicht, ob wir es jemals wieder tun werden. Andere Leute, die ich kenne, haben vergleichbare Erfahrungen gehabt, als sie versucht haben, die bevorstehende Wahl in nuancierteren Begriffen zu diskutieren als die aktuelle, herkömmliche Weisheit zu erlauben bereit ist. Eine der stärksten und unaussprechlichsten Kräfte im öffentlichen Leben Amerikas – Klassenvorurteile – durchdringen die resultierenden Schreiwettbewerbe. Für Clinton Partei zu ergreifen, bedeutet sich selbst mit den privilegierten, den “guten Leuten”, den wohlhabenden Kreisen, zu identifizieren, die im Spiegelsaal bewundernd auf sich selbst starren. Von Trump in irgendwelchen anderen Begriffen, außer billigen Schuljungenbeleidigungen zu sprechen oder sogar anzudeuten, dass die Unterstützer von Trump durch andere Gründe als Rassismus und der schieren Beschränktheit motiviert sein könnten, bedeutet ohne Umschweife vor die Tore geschleudert zu werden, wo der Pöbel beginnt sich zu versammeln.

Es ist denjenigen, die im Spiegelsaal auf und ab stolzieren offenbar nicht in den Sinn gekommen, dass es noch viel mehr Leute außerhalb jener Tore gibt als, es innerhalb der Tore gibt. Es hat offensichtlich nicht einmal in ihre finstersten Träume Einzug gehalten, dass das Niederschreien einer unbequemen Sichtweise und das Schleudern von Beleidigungen gegenüber jedem, der es wagt darüber nachzudenken, keine wirkungsvolle Methode ist  jemanden zu überzeugen, der nicht schon auf ihrer Seite ist. Vielleicht reicht das Ergebnis der Abstimmung über den Brexit, um Amerikas Bildungsbürgertum aus seiner Erstarrung zu reißen und es zu zwingen, zu bemerken, dass die Leute, die durch die von ihnen bevorzugte Politik  verletzt worden sind, schließlich die Geduld mit dem endlos monoton leiernden Beharren verloren, dass keine andere Politik möglich ist. Vielleicht – aber ich bezweifle es.

Außerhalb des Spiegelsaals ist der Himmel  schwarz von Vögeln, die zum Schlafplatz nach Hause kommen. Einige von ihnen haben sich bereits auf den Dächern Londons niedergelassen. Mehr von ihnen schweben über einer Reihe europäischer Hauptstädten herum, und noch viele mehr sind über den Marmorkuppeln und Giebelfeldern von Washingtons DC. Wenn sie landen werden, wird ihr Einfluss die Welt schütteln.
Gepostet von John Michael Greer auf seinem Internetblog The Archdruidreport
Originaladresse des Artikels: http://thearchdruidreport.blogspot.de/2016/06/outside-hall-of-mirrors.html
Übersetzt von Christoph Becker, www.freizahn.de, Kelberg den 2. Juli 2016, Link zur  deutschen Übersetzung: http://www.freizahn.de/2016/07/ausserhalb-des-spiegelsaals/




Meine Autos

Mein neues Auto  – als Zahnarzt!  –   ist ein Dacia Sandero Essential für nur  7390 € einschließlich Überführungskosten. Warum ich  dieses  minimalistische Auto für  die ökologisch und politisch beste Wahl halte und was ich bisher für Autos hatte.

Beim Thema Auto und Zahnarzt denken die meisten an Porsche, BMW, Jaguar oder ähnliches. Mein erstes eigenes  Auto überhaupt, habe ich erst im Alter von 31 Jahren, nach meinem Zahnmedizinstudium gekauft. Als Student hatte ich, soweit ich überhaupt ein Motorfahrzeug hatte, zuerst ein Motorrad vom Typ MZ TS 250 und dann später einen Roller vom Typ Vespa P200E.

Mein erstes Auto war ein gebrauchter Nissan Cherry, von meinem Bruder, der  ihn von Hand laubfroschgrün gestrichen hatte.  Danach kamen noch drei andere Gebrauchtwagen. 1991, als damals schon seit zwei Jahren niedergelassener Zahnarzt, habe ich mir dann mein damaliges Traumauto, einen  Toyota Starlet  als Neuwagen geleistet. Der Starlet war mein Traumauto, weil er nach der ADAC-Pannentistik damals das seit Jahren  zuverlässigste aller  Autos war und weil er preiswert war. Ich hatte ihn von 1991 bis 2003 und bin ungefähr 220 Tsd. Kilometer mit ihm gefahren. Unzufrieden war ich mit dem Starlet nur zum Schluss, wegen einer extrem unverschämten Reparaturrechnung der Toyota-Werkstatt.  D.h.,  der Rechnungsbetrag war wesentlich höher als der Zeitwert des Fahrzeuges, ohne dass die Werkstatt es für nötig gehalten hätte, mich im Vorfeld darauf hinzuweisen.

Der nächste Neuwagen konnte damit kein Toyota mehr werden. Es wurde ein Opel Corsa C Eco mit Easytronic, mit nur 58 PS. Ich habe ihn  von 2003 bis 2016 gefahren. Die Wahl fiel damals auf den Corsa C Eco, weil er zum einen einen sehr geringen Verbrauch hatte (nur ca. 4,0 Liter Benzin, ausserorts), weil meine Frau ein Auto mit Automatik wollte. Der Corsa Eco hatte mit dieser Easytronic aus Sicht des Fahrers eine Automatik, aber die Kraftübertragung erfolgt tatsächlich kraftstoffsparend über ein Schaltgetriebe.   Auf eine Klimaanlage  habe ich verzichtet, weil ich mir  überlegt hatte,  dass  eine Klimaanlage zusätzliches Gewicht,  zusätzliche  Anschaffungs- und Wartungskosten und auch einen zusätzlichen Kraftstoffverbrauch bedeutet. Auf einen stärkeren Motor habe ich verzichtet, nachdem ich mir überlegt habe, dass ein solcher Motor die Anschaffungs- und Unterhaltungskosten steigert und mir nur gelegentlich einen kleinen Zeitvorteil in Form von mit dem schwächeren Motor nicht möglichen Überholvorgängen ermöglicht. Der gelegentliche Zeitvorteil durch zusätzlich mögliche Überholvorgänge wiegt die Nachteile eines stärkeren Motors meines Erachtens nicht auf.  Die mögliche Reisegeschwindigkeit auf der Autobahn ist auch bei Fahrzeugen mit relativ schwachen Motoren eher durch das Verkehrsaufkommen und durch von der Strassenverwaltung oder dem Staat verordnete Geschwindigkeitsbegrenzungen als durch die technischen Möglichkeiten des Autos begrenzt.  Der Corsa konnte jedenfalls auch mit über 150 km/h fahren und das dann immer noch mit erstaunlich geringem Verbrauch. Auf Luxus wie Zentralverriegelung habe ich damals wie heute verzichtet, weil jede Technik, die man zusätzlich nutzt, auch zusätzliche Anschaffungskosten, Reparaturkosten und auch Ausfallrisiken mit sich bringt.

Ein Defekt an den Stellmotoren und der Steuerung der Easystronic-Schaltung war mit rund 1000 Euro die  teuerste Reparatur, die ich am Corsa C Eco  hatte . Im  Januar 2016 ist dann einer der 3 Zylinder ausgefallen und ich habe einen Motor vom Schrottplatz einbauen lassen, was insgesamt aber nur ca. 800 Euro gekostet hat.  Dieser Motorschaden im Januar war der Anlass, an die Anschaffung eines Neuwagens zu denken, was nun zum Kauf des Dacia Sandero Essential geführt hat.

Für die Wahl des Dacia Sandero Essential  war die Überlegung ausschlaggebend, dass ich ein Auto wirklich nur zum Fahren  und nicht zum Angeben benötige.  Mein Vater hatte auch nur einen VW 1600 Variant mit damals nur 54 PS, ohne Radio und ohne jede heute oft übliche technische Spielerei  und er ist damit  auch gefahren. Ich wollte jedenfalls nur ein minimalistisches Auto, das so zuverlässig wie nur irgend möglich ist und mit dem ich so wenig wie möglich zur Finanzierung unseres Staates und seiner Politik, mit der ich nicht einverstanden bin, beitrage.  Das heißt eben auch, dass man erstens möglichst kein deutsches Auto und zum anderen nur ein möglichst wenig kostendes  und damit dem Staat nur wenig  Mehrwertsteuer einbringendes Auto kaufen sollte, an dem zum Anderen auch Reparaturen möglichst selten vorkommen,  und wenig kosten, und das auch wenig KFZ-Steuer und Versicherung kostet. Dazu kommt dann noch, dass auch bei all meinen anderen Neuwagen schon übliche Argument, dass das Auto möglichst  umweltverträglich und ökologische verantwortungsbewusst sein sollte. Der Dacia Sandero Essential ist  meines Erachtens sehr viel besser ökologisch verantwortbar und sehr viel umweltfreunlicher als jedes mir bekannte deutsche  Auto und auch mehr als  alle Hybrid und Elektroautos. D.h. mein  ökologischer Fußabdruck  ist mit dem Dacia Sandero Essential meines Erachtens wesentlich geringer als er es mit jedem in Deutschland gebauten Auto wäre. Dabei ist auch zu bedenken, dass ein teureres, in Deutschland gebautes Auto auch die Regierung und die Bevölkerung zu umweltbelastenden politischen Entscheidungen und Ausgaben motiviert .

Ein  Grund warum ich das so sehe, findet sich in meinem Artikel Energie und Geld:   Wenn Geld Energie ist und wenn 90 % aller weltweit verrichteten   Arbeit auch heute noch letztlich auf der Nutzung fossiler Energieträger beruht, dann kann und sollte man den Kaufpreis eines Autos und auch dessen Unterhaltskosten zu 90% letztlich auch als Verbrauch von fossiler Energie betrachten und zwar auch dann, wenn es sich um ein Elektroauto oder um ein  Auto mit Hybridantrieb handelt. Staatliche   Subventionen sind   in diesem Fall auch als Teil des Kaufpreises zu sehen, weil sie einen Verbrauch von materiellen Gütern und Arbeit generieren, für die letztlich zu 90 % fossile Energieträger – also vor x Millionen Jahren stattgefundene Photosyntheseleistungen – genutzt werden. Auch ist zu bedenken, dass die großindustrielle Erzeugung von Strom aus Sonnenenergie und Windkraft eine hochkomplexe, ohne die Nutzung fossiler Energieträger nicht existenzfähige globale  Infrastruktur erfordert.

Der Dacia Sandero Essential  ist so günstig weil bei seinem Bau auf unnötige Spielereien – und damit auch auf unnötigen Ressourcen und Umweltverbrauch verzichtet wird und weil er aus bewährten, möglichst einfachen Komponenten aufgebaut ist. Für seinen Bau wurde keine immer aufwendigere und systembedingt immer ineffzienter werdende und damit auch immer mehr die Umwelt zerstörende und immer mehr Ressourcen verschlingende Forschung und Entwicklung betrieben. Siehe hierzu meinen Artikel Dem Energiedilemma auf den Grund gegangen. Weil der Dacia Sandero Essential auf technische Spielereien und Extras verzichtet, wo immer dies möglich ist, hat er außerdem im Sinne der Zuverlässigkeitstechnik eine höhere Zuverlässigkeit und damit voraussichtlich weniger Reparatur- und Unterhaltskosten als teurere Fahrzeuge. Siehe auch meinen Artikel Zuverlässigkeitstechnik. Für die 7390 Euro, die er einschließlich Überführung gekostet hat, bekommt man als Kunde zudem auch eine Garantie über 3 Jahre oder 100.000 km. D.h., man hat zumindest für 3 Jahre ausser den üblichen Inspektionen keine Werkstattkosten. Außerdem ist es so, dass die Versicherungskosten eher gering sind, weil leichtsinnige Fahrer eher nicht dieses mit nur 73 PS eher schwach motorisierte Auto kaufen.

Wenn mehr Autokäufer sich so wie ich entscheiden würden, würde man bald noch günstigere und noch einfachere Autos bauen können, denn der Dacia Sandere Essential hat z.B. immer noch 5 Türen und er ist auch etwas größer und schwerer als nötig,   weil er Teil eines Baukastensystems ist, mit dem der Hersteller  hauptsächlich teurere und schwerer motorisierte Fahrzeuge produziert. Es sollte möglich sein ein noch sparsameres, noch robusteres und noch einfacheres Auto auch für unter 5000 Euro Endpreis zu bauen.

Transportkapazität?

Viele kaufen sich ein größeres Auto, weil sie hin und wieder etwas mehr transportieren müssen. Meine Autos hatten dazu bisher alle eine Anhängerkupplung und auch der Sandero hat eine bekommen. Ein Anhänger ist in der Anschaffung und im Unterhalt ziemlich preiswert und man kann damit bei Bedarf ziemlich viel transportieren.

Allrad?

Wenn man für die Jagd oder um im Wald  Holz  zu holen oder  aus  anderen Gründen  gerne ein Allradfahrzeuge kaufen würde, empfiehlt die Überlegung, ob es nicht auch ein Handwagen oder ein Fahrrad tut, den/das man bei Bedarf auch mit dem Autoanhänger transportieren kann.   Zumindest ein  Reh oder kleines bis mittleres Wildschwein kann man auch mit einem Handwagen oder Fahrradanhänger wie dem  Roland Big Boy , aus dem Wald holen. Wenn man auch im Wald Holz oder große Wildschweine oder Hirsche holen will oder  wenn man eine kleine Landwirtschaft betrieben möchte, dann kann man sich überlegen, ob man  einen kleinen Traktor wie den Kobota B6000 kauft. Dieser kleine Allradtraktor kostet neu nur 3250 Euro inkl. MwSt und er kann mit seinen nur 385 kg  mit einem PKW-Anhänger dorthin transportiert werden wo man wirklich Allrad und Geländegängigkeit benötigt. Man kann mit diesen kleinen Traktoren auch den PKW-Anhänger, mit dem man den Traktor zum Waldrand oder zum Feld gebracht hat ziehen. Ab ca. 8000 Euro gibt es solche kleinen Allrad-Traktoren  auch mit Straßenzulassung  (googeln mit  “Kleintraktor Strassenzulassung)

Ein Dacia Sandero Essential und ein solcher Kleintraktor und ein Anhänger kosten zusammen immer noch drastisch weniger als der durchschnittliche Neuwagenpreis in Deutschland, der 2015 bei immerhin 28590 Euro lag.   Dabei ist  man dann  mit der Kombination von PKW und Kleintraktor geländegängiger und auch zum Schneeräumen und für  Feldarbereit und zum Holzholen besser ausgerüstet als mit einem  teuren SUV oder einen richtigen Geländewagen.  Um Kinder zur Schule zur bringen oder zum Einkaufen, ist so ein einfacher Dacia Sandero Essential genauso gut, oder wegen seiner höheren Zuverlässigkeit und einer die Familienkasse und damit auch den häuslichen Frieden weniger belastenden Kaufpreis, sogar wesentlich besser, als diese unnötige großen und teuren  SUVs, Mercedese,  BMWs, VWs usw., die alle eigentlich  nur davon zeugen, dass ihre Besitzer entweder die Welt und die Zukunft ihrer Kinder mutwillig zerstören wollen oder eben, dass sie Bücher wie ich sie in meinem Blogartikel Die Grenzen und das Ende des Wachstums oder auch  mit meiner Übersetzung des Interviews mit William Catton,  vorgestellt habe,  entweder nicht gelesen oder nicht  verstanden haben.

Nachtrag:

Als Geländefahrzeug würde ich,  wenn ich eins brauche,  inzwischen ein UTV kaufen. Hier ein Link auf  einen  Vergleich von Quad und   UTV, bei dem  gut gezeigt wird was so ein UTV kann und wie es aussieht.  Nachteil  ist die  relativ  geringe  ungebremste Anhängerlast.  Dafür sind diese  Fahrzeuge  ziemlich schnell  im  Vergleich zu einem kleinen Traktor,  leicht (Bodendruck auf nassen Wiesen!)  und   relativ  sicher.

Kelberg, den 1. Juli 2016

Christoph Becker