Amerikas Achillesferse und mögliche Folgen

Ich habe gerade die Originalversion von Dimitri Orlovs, wie ich meine sehr lesenswerten Blogbeitrag America’s Achilles’ Heel vom 12.5.2015 gelesen und dann gesehen, dass es auf der Internetseite antikrieg.com schon eine vollständige deutsche Übersetzung mit dem Titel Amerikas Achillesferse gibt. Was passiert mit Deutschland wenn die USA und damit vermutlich auch der Welthandel und das Finanzsystem kollabieren?  Das deutsche Militär ist, wie vermutlich auch das der Franzosen und anderer Europäischer Länder nicht mehr kriegstauglich.  Man bedenke, dass im Libyenkonflikt zwei Teile eines winzigen 6-Millionen-Völkchens miteinander Krieg geführt haben und dass dabei die beiden alten Kolonial- und Ex-Großmächte Frankreich und Großbritannien für eine der beiden Seiten dieses Minivölkchens Partei ergriffen und zu dessen Unterstützung militärisch eingegriffen haben. Die Erschütternde Erfahrung dabei war, dass Frankreich und Großbritannien zusammen schon nach kurzer Zeit nicht mehr genug Munition hatte und die Aktion nur dank massiver Unterstützung der USA zu einen “guten” Ende führen konnten. D.h., Frankreich und Großbritannien sind zusammen schon derart degeneriert und schwach, dass sie mit der Hälfte eines wenig entwickelten 3-Millionenvölkchens militärisch überfordert sind, wenn die USA ihnen nicht helfen. Deutschland dürfte noch schwächer sein.  In  den Kommentaren zu verschiedenen Artikeln über die Pannen der Bundeswehr wird immer wieder gelästert, dass Deutschland nur noch darauf setzten kann, dass sich potentielle Angreifer über die Bundeswehr totlachen. Wenn die Angreifer sich aber nicht totlachen, sondern Ernst machen sollten, etwa weil ihnen nicht zum Lachen zu mute ist, und weil sie unser Land als Beute benötigen um selber überleben zu können, dann  kann man davon ausgehen, dass Europa heute nicht mehr verteidigt werden kann wenn die USA wegen interner Konflikte aus Bündnispartner ausfallen.

Immerhin haben haben Deutschland und andere europäische Länder genau das was viele andere, militärisch robustere Länder mit kriegstauglicherer Demographie und Religion, immer weniger haben, nämlich Wasser und fruchtbares Land.

Dafür haben wir in Deutschland aber jede Menge Gleichstellungsbeauftragte, wie diese Spassbremse an der Uni Passau, was zunehmend dazu führen kann, dass viele deutsche Männer im Krieg zum Gegner überlaufen, oder zumindest desertieren, weil sie ihre Interessen als Männer in Deutschland, von den deutschen Gesetzen nicht mehr angemessen vertreten sehen und weil sie nicht einsehen warum sie Leben und Gesundheit für “Ihr” Land, das so gar nicht mehr ihr Land ist, riskieren sollten.

Der Kollaps der USA und auch Deutschlands und Westeuropas wird jedenfalls gerade auch innerhalb der USA, Deutschlands und Westeuropas mit Sicherheit von vielen Männern und vielleicht auch von  vielen nicht-feministischen, normalen Frauen als Befreiung  empfunden werden. Jack Donovan hat das recht gut in verschiedenen Reden und Essays ausgedrückt. Siehe dazu auch sein Interview mit der Blauen Narzisse , mit dem Titel Sorgt für den Kollaps. Ich hatte von Jack Donovan die Rede Violence is Golden übersetzt, weil ich denke das er uns damit an die ultimativen Randbedingungen unserer Existenz und auch des zunehmend brüchiger werdenden Friedens in dem wir leben, erinnert.

Kelberg, den 19. Mai

 

 




10-Milliarden-Der Film

Am 7. Mai 2015 wurde in Hillesheim in der Eifel der Film 10 Milliarden – Wie werden wir alle satt? gezeigt. Anschließend gab es eine Diskussion  mit dem Rheinland-Pfälzischen Landtagsabgeordneten der Grünen, Dietmar Johnen.

Der Film ist auf den ersten Blick recht informativ und ich habe durch die Beschäftigung mit dem Film direkt und indirekt einige interessante neue Informationen gefunden.

Insgesamt finde ich aber, dass der Film sehr zu wünschen übrig lässt. Die anschließende Diskussion fand ich bedrückend naiv.

Warum?

Weder die Macher des Films, noch die vielen, zum Teil sehr hoch bezahlten, scheinbar hochqualifizierten, Interviewpartner sprechen das Problem an, dass der globale Handel und die westlichen Industriegesellschaften jederzeit kollabieren können und in Zukunft, lange vor 2050, mit hoher Wahrscheinlichkeit auch kollabieren werden.  Man sollte jedenfalls vernünftiger Weise  damit rechnen, dass Saatgutlieferanten wie Bayer Crops und Monsanto irgendwann in Zukunft von einem Tag auf den anderen, lokal oder auch weltweit wegen eines Krieges, einer Naturkatastrophe oder aus anderen Gründen nicht mehr liefern können.  Das gleiche trifft für die Lieferanten von industriell hergestellten Düngemitteln, Pflanzenschutzmitteln und Schädlingsbekämpfungsmitteln zu.  Der sicherlich krasseste Grund könnte ein unter anderem in der Anfangsphase des 3. Weltkrieges  zu erwartender EMP-Angriff, insbesondere auf Europa und Nordamerika sein. Ein extrem schwerer Sonnensturm, wie der von Lord Carrington im Jahre 1859 beobachtete könnte ebenfalls einen solchen Kollaps auslösen. Der von Joseph Tainter beschriebene, kaum zu vermeidende  Kollaps komplexer Gesellschaften könnte in unserer global vernetzten Welt ebenfalls indirekt zum Kollaps der Nahrungsmittelversorgung führen  – soweit und solange diese vom Funktionieren komplexer Systeme, wie z.B. dem globalen Handel, dem Funktionieren des Finanzsystems, der Stromversorgung, der elektronischen Infrastruktur  usw. abhängt.  Wer zu den verschiedenen Möglichkeiten und Ursachen eines Kollapses der  Industriegesellschaften mehr erfahren will kann in den älteren Artikeln meiner Webseite www.freizahn.de einiges an Literatur, Denkanstößen und Interviews finden.

Meines Erachtens ist es naiv bis verantwortungslos, sich mit der Frage ob und wie die Menschheit in Zukunft ernährt werden kann zu beschäftigen, ohne dabei das Risiko eines Systemkollapses zu bedenken oder dieses als zu unwahrscheinlich an zu sehen. Wenn Milliarden Menschenleben, und dabei auch das Überleben von 80 bis 90 Prozent der Bevölkerung des eigenen Landes, davon abhängen, ob und wie man mit einem Systemkollaps umgehen kann, dann ist das nichts was  verantwortungsbewusste, vernünftige Menschen einfach so – wie es heute der Fall ist – verdrängen oder ignorieren sollten, nur weil es unbequem und “gefühlt unwahrscheinlich” ist.  (( Ein Teil der Realität ist auch, dass das menschliche Gehirn die Wahrscheinlichkeit des Eintreffens seltener,  extremer Ereignisse weit unterschätzt, während es geringe, häufiger vorkommende Risiken überschätzt. Siehe dazu die Bücher Der Schwarze Schwan: Die Macht höchst unwahrscheinlicher Ereignisse von Nassim Nicholas Taleb  und Der plötzliche Kollaps von allem: Wie extreme Ereignisse unsere Zukunft zerstören können von John Casti
))

Das heißt, statt Zeit mit der Darstellung von allerhand technischen Spielereien wie Pflanzenfabriken in Japan, Laborexperimenten in Holland  zur fabrikmäßigen Herstellung von Fleisch oder der Warenbörse in Chicago zu verbringen, hätte der Film besser einfach nur 5 oder 10 Minuten gezeigt, dass und warum sämtliche industriellen und großtechnischen Lösungen in der Nahrungsmittelversorgung wegen der systembedingten Risiken verantwortungsloser Schwachsinn sind, die Großstädte und zum Teil ganze Länder in potentielle  Todeslager verwandeln – ähnlich makaber und irreführend wie die naiven Ankömmlingen viel versprechende, zynische Torüberschrift von Auschwitz (Arbeit macht Frei). Man hätte vielleicht einige Szenen aus dem Film Die EMP Bombe – Impuls zum Blackout  einbinden sollen oder ein Interview mit John Casti oder/und Roscoe Bartlett, statt Interviews mit Wissenschaftlern und Führungspersonen von Bayer Crops. Die im Film lang und breit dokumentierten und mit Interviews bedachten industriellen Lösungen hätte man kurz in wenigen Sätzen zusammenfassen und als das klassifizieren können was sie sind: Teilweise sicherlich sehr interessante technisch-wissenschaftliche Spielereien, die aber in der Praxis aus Sicht der Ernährungssicherung völlig verantwortungslos und im Grund dumm sind – zumindest wenn und solange das Ziel nicht weltweit milliardenfacher Massenmord und kollektiver Selbstmord der eigenen Bevölkerung durch Hunger ist .

Etwas zeigt der Film das dann schon, er übersieht jedoch komplett das Thema Systemkollaps mit all seinen möglichen Folgen.

Das Beispiel von dem nun verschiedene Gemüse anbauenden  Dorf in Afrika könnte auf die Initiative von John Jeavons Organisation Ecology Action – Grow Biointensive zurückgehen.  Ich hätte unmittelbar vor oder nach dieser Stelle im dem Film, gerne ein Interview mit Jeavons an seinem Institut in Kalifornien  gesehen.

Bemerkenswert fand ich dann noch, dass alle deutschen Biobauern in dem Film mit mehr oder weniger großen, Diesel betriebenen Landmaschinen gearbeitet haben. Das finde ich soweit in Ordnung, nur hätte ich hier auch eine Doku über die Amish mit ihren Pferdegespannen und ihren, wie mir kürzlich ein deutscher Landwirtschaftmeister gesagt hat, auch ökonomisch sehr gesunden Höfen eingefügt, denn das Vorbild der Amish dürfte letztlich, anders als die deutschen Biobauern mit ihren Diesel getrieben Traktoren, wirklich eine Zukunft haben .  Der amerikanische Autor J.H. Kunstler, der sich sehr gut mit den Problemen unserer Zeit auseinandergesetzt hat, hat nach seinem Sachbuch The Long Emergency: Surviving the Converging Catastrophes of the Twenty-first Century in seinen Romanen der World Made by Hand -Reihe die Zukunft im nachindustriellen, nachfossilen Zeitalter im Nordwesten der USA so geschildert, dass dort ganz selbstverständlich die Landwirte keine Traktoren und Mähdrescher mehr haben, sondern nur noch Pferde- und Maultiergespanne, und jede Menge ehemalige Computerspezialisten, Büroangestellte  usw. die nun als Tagelöhner bei den Landwirten und teilweise auch faktisch als leibeigene Landarbeiter bei Großgrundbesitzern ihren Lebensunterhalt verdienen.  Im letzten Roman der Reihe kann die Hauptperson sich nur mit brutaler Gewalt im letzten Moment einer Zukunft als Arbeitssklave entziehen. Kunstlers Sichtweise auf die Zukunft erscheint mir grundsätzlich ziemlich realistisch und vernünftig, auch wenn die Zukunft in Europa meines Erachtens aus geopolitischen Gründen wesentlich weniger idyllisch werden dürfte Kunstler sie in seinen  Romanen für den Nordwesten der USA beschreibt.

Die Macher des Films 10 Milliarden – Wie werden wir alle satt? haben nach Lösungsmöglichkeiten gesucht und ich habe dabei auch einige interessante Ansätze gesehen, die aber für mich kaum neu waren.  Meines Erachtens hätte der Film  insbesondere auch Interviews mit John Jeavons, Mark Shepard und Allan Savory bringen und dazu deren praktische Beispiele dokumentieren sollen. Siehe dazu insbesondere auch meine Beiträge Weltweite Verschlechterung der BodenqualitätUnsichtbare Nutzflächen, Restaurierende Landwirtschaft, Das Keyline-Konzept, Überleben in der Eifel  usw..

Die Diskussion nach dem Film fand ich vor diesem Hintergrund gespenstisch. Als ich versucht habe darauf hinzuweisen, dass vor allem auch die hochindustrialisierten westlichen Industriestaaten möglicherweise schon relativ kurzfristig durch ihre totale Abhängigkeit vom Funktionieren ihrer technischen und wirtschaftlichen Infrastruktur an extremem Nahrungsmittelmangel zugrunde gehen könnten,  ist das eher auf Unverständnis gestoßen. Eine ältere Frau meinte sogar “das gehöre doch nicht zum Thema”.

Der Grünen-Landtagsabgeordnete hat dann noch referiert, dass die industrielle Landwirtschaft durchaus gesetzeskonform und völlig rechtens und so gesehen in Ordnung sei. Und dann hat er noch gemeint, kein Bauer wolle zurück zur Bewirtschaftung seiner Felder und Wiesen mit Pferden – was ich so verstanden habe, dass er ernsthaft glaubt, dass Traktoren und alles was man für deren Betrieb benötigt bis in alle Zukunft verfügbar bleiben würden.

Insgesamt war mein Eindruck von der dem Film folgenden Diskussion, dass sich die Leute, inklusive Landtagsabgeordneter, extrem sicher sind, dass der Frieden in Europa auf Dauer sicher ist und dass sie die Gefahr eines Kollapses unserer extrem von Technik und Importen abhängigen Gesellschaft nicht sehen. Dazu fällt mir ein Fazit von Henry Kissinger aus dessen Buch Großmacht Diplomatie. Von der Staatskunst Castlereaghs und Metternichs. ein. Kissinger schreibt dort, dass der von Castlereagh und Metternich auf dem Wiener Kongress 1815 herbeigeführte Friede im wesentlichen, bis auf einige kleine Zwischenfälle, bis 1914, also rund 100 Jahre gehalten habe. Diese Stabilität des Friedens sei mit ein Grund für die Katastrophe des 1. Weltkrieges geworden, denn sie habe die Europäer zu sicher werden lassen und sie das Gefühl für die Tragik des Krieges verlieren lassen. Für Hungersnöte und allgemeines Systemversagen scheint ähnliches zu gelten.  Die Diskussion nach dem Film lässt mich damit auch an die Generationstheorie von Strauss und Howe denken, die auch John Xenakis in seinem Buch und seinem Blog über die Generationsdynamik aufgreift.  Xenakis sieht die Lage ziemlich finster, wie ich in Neues vom Nahen und Fernen Osten kurz auszugsweise dargestellt habe. Das ist wäre meines Erachtens der wichtigste und dringendste Hintergrund, um auf eine zukunftsfähige, weitgehend katastrophensichere,  kleinbäuerliche Landwirtschaft  umzuschalten, um die Gemeindewälder und Parks in vielfältige, plegeleichte Obst- und Nussbaumplantagen mit zudem vielen essbare Früchte tragenden Sträuchern und Gemüsen um zu wandeln, in denen außerdem Schweine, Rinder und andere Nutztiere oder/und  viel Wild gedeihen.  Der Film zeigt einige Beispiele in diese Richtung. Meine Webseite zeigt aber noch viel mehr, und sie zeigt einiges an Literatur und Links zur professionellen Vorbereitung. Insbesondere Mark Shepard mit seiner Restaurierenden Landwirtschaft und seiner New Forest Farm, sowie John Jeavons mit seinem Biointensiven, nachhaltigen Gartenbau, zusammen mit dem Buch über die Nachhaltige Bodenverbesserung von  Fred Magdoff und Harald van Es scheinen mir derzeit die besten Informationsquellen zu sein. Sepp Holzer gehört hier dazu, zumindest als zusätzliche, ergänzende Informationsquelle.

Anlässlich meiner Recherchen für den obigen Artikel habe ich noch die beiden folgenden Entdeckungen gemacht:

  1.  Es gibt nun eine 22-seitige Broschüre, das Farmers Handbook, über die Growbiointensive-Methode in deutscher Sprache, unter dem Titel Ein Gartenhandbuch: Die NachaltigeGROW BIOINTENSIVE Gartenbaumethode als pdf-Dokument zum kostenlosen Herunterladen.
  2. Im Sommer 2015 findet in Mailand eine Weltausstellung statt, deren Thema “Feeding the Planet  – Energy for Live“, also “Den Planeten Ernähren – Energie für das Leben“. Siehe die Internetseite der EXPO-2015Es wird die erste Weltausstellung sein, die ich mir  ansehe.

Kelberg, den 8. Mai 2015 Christoph Becker

 

 

 

 




Das Hauptliniensystem

Das Hauptliniensystem, oder auf Englisch Keyline-System, ist eine der Grundlagen der Restaurierenden Landwirtschaft nach Mark Shepard. Es ist eine Methode zur Verbesserung der Wassernutzung und zur schnellen und nachhaltigen Vergrößerung der Mutterbodenschichten. Man kann damit,  in nur 2 bis 3 Jahren die Dicke der Mutterbodenschicht um 30 bis 45 cm vergrößern. Wie mir die durch den Klimawandel zunehmenden Probleme wegen geringerer, oder unregelmäßigerer Niederschläge in der Eifel zeigen, könnte das Hauptliniensystem auch für die deutsche Landwirtschaft interessant sein bzw. werden.

Das Konzept des Wassermanagements beruht im Wesentlichen darauf, dass man Gräben und Aufschüttungen ( swales and berms)  mit nur 1 % Gefälle (( 1% ist der Wert den Mark Shepard in seinem Buch Restoration Agriculture angibt.  In dem von ihm als weiterführende Literatur empfohlenen Buch Water for every Farm von Yeomans, wird mit Gefällen von 1/250 bis 1/500, bei einem Mittel von 1/300, gearbeitet, was nur 1/3 des von Shepard angegeben Wertes ist. Shepard scheint, wie man einem Bild in seinem Buch entnehmen kann, die Gräben teilweise nur mit einem einfachen Wendepflug anzulegen, wobei dann die Aufschüttung durch die vom Pflug talwärts geworfen Erde bzw. Grasnarbe entsteht. Yeomans scheint, zumindest soweit ich das beim Überfliegen seines Buches erkennen konnte, tiefere und breitere Gräben mit Maschinen aus dem Strassen- und Wegbau anzulegen. Yeomans war allerdings Australier und kam erst später zur Landwirtschaft, nachdem er vorher u.a. als Geologe und Unternehmer für Erdarbeiten gearbeitet hatte. )), also fast parallel zu Linien gleicher Höhe herstellt. Außerdem werden kleine Bodensenken oder Becken zum Sammeln des Wassers angelegt, die dann auch Biotope für zur Schädlingsbekämpfung nützliche Amphibien sind.  Das heißt, Mark Shepard hat aus juristischen Gründen nur mehr oder weniger große, seitlich flach auslaufenden Gruben ausgehoben, in denen sich Tümpel bilden und die untereinander mit Gräben verbunden sind. Bei P.a. Yeomans und vorallem auch bei Sepp Holzer werden stattdessen zum Teil recht große Dämme gebaut und das Wasser aufgestaut. Sepp Holzer spricht dabei aus juristischen Gründen nicht von Teichen oder Seen, sondern von Wasserrückhaltebecken, Wasserretentionsbecken oder auch von Humusrückhaltebecken. Bei Sepp Holzer sind diese oft mit Rohren verbunden.  Das Ziel ist bei allen, das Wasser möglichst lange auf der eigenen Fläche zu halten. Es soll nur langsam abfließen, um möglichst viel Zeit zum Versickern haben.  Mit den Bodensenken, Becken,   Tümpeln, Wasseretentionsbecken oder wie immer man sie nennt,  versucht man Wasser zu speichern, so dass es Zeiten ohne Niederschlag an den Boden abgegeben werden kann. Der Unterschied zu zentralen Staudämmen und Stauseen ist, dabei in jedem Fall, dass das Niederschlagswasser bei starken Niederschlägen möglichst dezentral zurückgehalten und dann in trockneren Perioden langsam wieder abgegeben und verteilt wird. Durch das dezentrale zurückhalten spart man Infrastruktur und Energie für Bewässerungssysteme und man reduziert oder vermeidet Erosionen. Bei dem Hauptlinien auch von Mark Schepard genutzten  Keylinesystem von Yeomans  leitet man das Wasser zudem geschickt von den Seitentälern, an den Hängen entlang “Bergauf” zu den Geländevorsprüngen, wo man Wasserrentionsbecken bzw. Tümpel oder kleine Teiche anlegt.  “Bergauf” ist hier nicht ganz das richtige Wort, weil das Wasser von der Sohle der Seitentäler über Gräben mit 1 bis 0,2 % Gefälle seitlich in die Hänge fortgeleitet wird.

Wege, Zäune, Felder, Weiden, Baumreihen usw. werden nach Möglichkeit parallel zu den Gräben und Aufschüttungen angelegt.

Die Breite von Feldern, Weiden usw., bis zum nächsthöheren oder niedrigeren Graben/Aufschüttungspaar wird so gewählt, dass die mit Maschinen zu bearbeitenden  Nutzflächen zwei oder vier Arbeitsbreiten haben, so dass unnütze Fahrten vermieden werden. Die Breite der bearbeitbaren Nutzflächen hängt dabei aber auch von der Hangneigung ab. Auf den Hängen des Krameterhofes im Österreichischen Lungau und auf Sepp Holzers neuem Holzerhof im Burgenland sind die Terrassen bzw. Nutzflächen wegen der zum Teil sehr steilen Hängen ziemlich schmal.  Mark Schepards New Forest Farm liegt eher in einem Mittelgebirge oder Hügelland, so daß er sich wesentlich breitere Nutzflächen leisten kann.

Zum Hauptliniensystem bzw. Keylinesystem von P.A. Yeomans, wie es auch Mark Shepard anwendet, gehört auch eine Philosophie der Bodenbearbeitung: Die Felder, Weiden usw. werden einmal jährlich mit einer Art Meisselpflug oder Tiefengrubber gelockert wird. Das Original heißt Yeomans-Pflug. Der Pflug wird genau parallel zu den Gräben/Aufschüttungen eingesetzt.

Der Sinn des Einsatzes dieses Pfluges ist:

  • Boden tief auflockern. Wurzeln können dadurch besser in die Tiefe vordringen
  • Boden belüften, dadurch kommt u.a. Sauerstoff in die Tiefe, so dass dort Humus bildenden Abbauprozesse stattfinden können
  • Zusätzliche Minigräben zur besseren Verteilung des Wassers
  • Wurzeln von am Rande des Feldes oder der Wiese stehenden Bäumen und Sträuchern abschneiden, so daß diese dem Feld bzw. der Wiese keine Nährstoffe entziehen.

Hier eine Übersetzung eines Teils der Webseite www.keyline.com.au :

1. Mutterboden produzieren

Die Kultivierung, Bewässerungs- und Viehbewirtschaftungstechnik des Hauptliniensystems beschleunigt den Prozess der Bildung von lebendem, natürlichem Mutterboden. Die Umwandlungsrate von tiefer gelegenen Bodenschichten in Mutterboden beträgt unter natürlichen Umständen 10 bis 15 Tonnen pro Hektar und Jahr. In Betrieben, die mit dem Hauptliniensystem arbeiten können es während der zwei bis drei Jahre der initialen Umwandlung 1000 bis 1500 Tonnen pro Hektar und Jahr sein. Die Mutterbodenschicht nimmt dabei jährlich um 10 bis 15 cm  zu. Ein praktisches, kurzfristiges Ziel ist die Vertiefung des lebenden Mutterbodens auf eine Stärke von 30 bis 45 cm.

2. Hauptlinien-Muster-Kulitivierung zur Bekämpfung der Bodenerosion

Das Anlegen von Furchen, selbst von schmalen, beeinflusst die Richtung, in der das Oberflächenwasser abläuft. Nur Hauptlinien-Kultivierung verzögert die Konzentration in Talgebieten. Sie ermöglicht es, dass  das Oberflächenwasser auf den Höhenrücken, die unter der Höhenlinie des betreffenden Punktes der Talsohle des Seitentals liegen, zu leiten und dort zu halten. Das Muster der Hauptlinien-Kultivierung sieht aus wie ein vergrößertes Konturmuster. Das Muster der Furchen fällt von den Tälern zu den niedriger gelegenen Gebieten der angrenzenden Höhenrücken ab. Dabei wird die Feuchtigkeit in den Höhenrücken absorbiert und die Konzentration in den Tälern reduziert. Der Boden wird durch die Belüftung mit dem Tiefenkultivator verbessert.

Die beiden folgenden Bilder von Mark Shepards New Forest Farmhttps://newforestfarm.us zeigen ein Beispiel des Hauptlinien-Designs:

newforestfarm newforstfarm2Auf das Hauptliniensystem aufmerksam geworden bin ich durch Mark Shepards Buch Restoration Agriculture. In Kapitel 13, Getting Started, beschreibt er kurz das Hauptliniensystem und auch seine Erfahrung mit der tiefen Auflockerung des Bodens mit einer Art Yeomans-Pflug, der bei ihm nur einen Zinken hat. Er habe anfangs mit seinem 35 PS-Traktor oft selbst bei nur 30 cm Tiefe immer wieder Probleme gehabt, weil sein Traktor es kaum geschafft habe, auch sei der Zinken am Ende des Feldes immer voll mit rotem oder gelbem Ton oder Lehm gewesen, den er mit einem Spaten habe entfernen müssen. Nach 15 Jahren komme er nun sehr viel tiefer (in seiner DVD spricht er von 3 Fuß, also ca. 90 cm!) und er habe keinen Ton oder Lehm mehr an den Zinken, weil der Boden in Mutterboden verwandelt worden sei.


Diese Technik ist meines Erachtens auch interessant, weil damit sehr erhebliche Mengen von Kohlenstoff bzw. an  CO2  im Boden gebunden werden können. Dazu kommt bei der Restaurierenden Landwirtschaft wie sie Mark Shepard zeigt, der höhere Anteil an Bäumen, Sträuchern und Grünland oberhalb des Bodens, was ebenfalls für die CO2-Bilanz förderlich ist.

Mark Shepard bezieht sich auf das Buch Water for Every Farm – Yeomans Keyline Plan von P.A. Yeomans und und empfiehlt dies als weiterführende Lektüre.

Probleme bei dem Versuch dieses Hauptliniensystem in Deutschland und Europa zu nutzen sehe ich, wenn ich an die Bauernversammlung zur neuen EU-Agrarförderung zurückdenke, die ich im März 2015 besucht habe, zunächst in den EU-Agrarvorschriften und der Bürokratie. Ein weiteres praktisches Problem dürften in vielen Fällen die in der Regel rechteckigen, nicht an die Geländekontur angepassten  Grenzen sein. An das Hauptliniensystem hat man bei den Flurbereinigungen jedenfalls mit Sicherheit nicht gedacht.

Anderseits ist dieses Hauptliniensystem eine Möglichkeit in sehr kurzer Zeit sehr kostengünstig sehr große Mengen CO2 aus der Luft zu entnehmen und als Kohlenstoff für die Nahrungsversorgung und den Katastrophenschutz nutzbringend als Humus  im Boden zu  speichern.  Man kann damit jedenfalls in wenigen Jahren soviel Mutterboden bzw. Humus erzeugen, wie es die Natur es sonst nur in vielen Jahrhunderten schafft.  Die Treibhausgasbilanz der Landwirtschaft würde durch das Hauptliniensystem auch verbessert, weil es den Einsatz chemischer Düngemittel reduziert oder überflüssig macht.  Kombiniert mit den anderen Komponenten der Restaurativen Landwirtschaft, die den Schwerpunkt der Grundnahrungsmittelerzeugung auf mehrjährige Pflanzen, Bäume und Sträucher verlegt, kann außerdem der heute völlig ungenügende Katastrophenschutz und damit auch die Überlebensfähigkeit der Bevölkerung Fall eines Weltkrieges verbessert werden.

Die Realisierung und Unterhaltung des Hauptliniensystems, wie es Mark Shepard zeigt, könnte ggf. auch mit mehrspännigen Pferdegespannen und in Handarbeit erfolgen, etwa wenn Diesel und Ersatzteile für moderne Landmaschinen nicht mehr verfügbar wären. Grundsätzlich und wegen des Potentials schnell und kostengünstig  in sehr großen Mengen der CO2 im Boden zu speichern und gleichzeitig die Bodenfruchtbarkeit zu verbessern, wäre es sinnvoll, diese Methode so bald wie möglich zu nutzen. Dazu müssten aber die gesetzlichen und bürokratischen Hürden, die derzeit den Versuch einer Anwendung des Hauptliniensystems in Deutschland und Europa behindern und oft unmöglich machen würden, beseitigt werden.  Die EU-Agrarförderung müsste entsprechend angepasst werden und  man müsste Wege finden, um z.B. über gesetzlich verordnete Genossenschaften, ähnlich wie derzeit schon bei den Jagdgenossenschaften,  auch über die Grundstücksgrenzen hinweg Hauptliniensysteme zu realisieren.

Ein Hinweis darauf, dass das System in Deutschland teilweise schon länger bekannt ist,  sind der folgende Link aus dem Jahre 2008:

http://www.landtreff.de/sehr-schnelle-bodenverbesserung-bei-weiden-t27918.html

und die beiden folgenden Links:

http://issuu.com/burkhardkayser/docs/artikelsammlung_p.a._yeomans
http://issuu.com/burkhardkayser/docs/bilder_p.a.yeomans

Im Bezug auf die Philosophie der Bodenbearbeitung nach P.A. Yeomans, mit dessen tiefgehenden Yeomans-Pflug oder Tiefengrubber möchte ich hier darauf hinweisen, dass man sich diese sehr energieaufwendige, schwere Arbeit möglicherweise zumindest in manchen Fällen sparen kann.  Das Ehepaar Paul und Elizabeth Kaiser hat auf seiner Singing Frogs Farm eine extrem intensive Gartenbautechnik entwickelt, die praktisch völlig ohne pflügen und umgraben auskommt. Siehe hierzu das Interview  Paul & Elizabeth Kaiser: Sustainable Farming 2.0. Die Kaisers holen aus ihrem kleinen, ohne Kunstdünger, Pflanzenschutzmittel, Unkrautvernichtungsmittel, Gensaatgut und schwere Maschinen auskommenden, biologischen Gartenbaubetrieb mit nur ca. 1,2 Hektar pro Flächeneinheit, mit über 23 US-Dollar Umsatz pro Quadratmeter, drastisch mehr heraus als  konventionelle Betriebe; und sie benötigen auch wesentlich weniger Wasser für die Bewässerung.

Das Hauptliniensystem von P.A. Yeomans und auch das diesem zumindest sehr ähnliche Wasserbewirtschaftungssystem von Sepp Holzer werden durch die revolutionäre Weiterentwicklung des biologischen Gartenbaus durch die Kaisers, oder auch durch das ältere, nicht ganz so ertragreiche, aber doch schon beeindruckende biointensive Gärtnern nach John Jeavons nicht überflüssig, sondern können vielmehr die Voraussetzungen für solche extrem Leistungsfähigen und zudem nachhaltige, auch für den CO2-Haushalt vorteilhafte und weitgehend ohne fossile Brennstoffe auskommende Gartenbaumethoden verbessern.

Im Folgenden noch einige Filme zum Teil erstaunlich alte Filme zum Hauptlinienssystem nach P.A. Yeomans, die ich auf Youtube gefunden habe:

Sehr gute Erläuterung des Prinzips des Keyline-Systems an einem Beispiel aus Ton, dem englischen Akzent nach wohl irgendwo in Indien:

Beispiel wo in den USA ein Hauptliniensystem mit Gräben (Swales) und einem Teich (Pond) mit einer modernen Planierraupe angelegt wird. Hier geht es auch darum, das System so zu gestalten und anzupassen, dass später bei der landwirtschaftlichen Nutzung große Maschinen eingesetzt werden können:

Spanischer Film. Kann ich nicht verstehen, zeigt aber gute Bilder zur Veranschaulichung der landschaftlichen Gestaltung mittels Hauptlinien- bzw. Keyline-System:

 

Eine Doku aus dem Jahr 1981, über P.A. Yeomans und seine Anwendung des Keyline-Systems im Kiewa-Tal in Australien:

Eine Doku aus dem Jahr 1986, über P.A. Yeomans und seine Anwendung des Keyline-Systems:

 

P A Yeomans-Building a Keyline Dam (25 min) 1960: Landwirtschaftlicher Dammbau nach den Vorgaben von P.A. Yeomans in Australien um 1960:

In meiner Gegend, der Eifel, lautete am am 10. Juni 2015, eine Überschrift in einem der lokalen Anzeigenblätter, dem Wochenspiegel, Die Eifel spürt den Klimawandel – Trockenheit im Frühjahr wird zum Dauerphänomen – Erste Schäden in den Gärten und in der Landwirtschaft.

Anderseits gibt es im Winter öfters Hochwasser und im Sommer gibt es hin und wieder sehr heftige Regenfälle, die zu Erosionen führen. Die Anwendung des oben dargestellte Haupliniensystems würde in der Eifel daher insgesamt Sinn machen. Man würde das Wasser länger und besser auf den Nutzflächen halten und damit Schäden durch Trockenheit reduzieren und anderseits das Risiko von Bodenerosionen vermindern.  Durch die Tümpel und Teiche, die zu diesem System gehören würden auch Lebensräume für Amphibien und andere Tiere  geschaffen, was zum einen der Schädlingsbekämpfung und zum anderen den Zielen des  Naturschutzes dienen würde.

Anfang Juni 2015 war ich auf einem 3-tägigen Seminar bei Sepp Holzer und habe einige Tage später auch den inzwischen von seinem Sohn Andreas Joseph Holzer geführten Krameterhof besichtigt. Eine der Grundlagen von Sepp Holzers Permakultur und des Krameterhofes ist ein Wasserwirtschaftsystem, dass dem oben vorgestellten Hauptliniensystem ähnelt. Das System der Holzers wird insbesondere in Holzers Buch Wüste oder Paradies: Holzer’sche Permakultur jetzt! Von der Renaturierung bedrohter Landschaften über Aqua-Kultur und Biotop-Aufbau bis zum Urban Gardening, sowie in der DVD Holzer`sche Permakultur jetzt! – Wüste oder Paradies  dargestellt.

An der Mosel  bei Cochem habe ich bei einem Ausflug Ende Juni 2015 überrascht festgestellt, dass man dort in den Weinbergen nun auch das Problem erkannt zu haben scheint und angefangen hat Weinberge rechtwinklig zum Hang, bzw. parallel zu den Höhenlinien zu bepflanzen.

Einem Landwirt, mit dem ich mich über das Hauptliniensystem unterhalten habe, meinte, da kaum Wasser in dem Bach hinter seinem Haus wäre, wäre doch auch kaum Wasser da das man mit dem Hauptliniensystem für sein Land zurückhalten könne. Nun kenne ich gerade diesen Bach und andere Bäche in dieser Gegend von Jugend an sehr gut und weiß, dass diese zwar im Sommer in der Tat oft kaum Wasser führen, aber im Winter und nach starken Regenfällen haben sie oft Hochwasser und außerdem ist das Wasser dann oft von der mitgerissenen Erde stark braun gefärbt. Das Ziel des Hauptliniensystem nach P.A. Yeomans, zu dem neben der intelligenten Anlage eines Systems von Gräben, Tümpeln, und Wasserrückhalteteichen auch die Verbesserung des Bodenlebens und die Vergrößerung der Dicke der Mutterbodenschichten gehört, ist ebenso wie bei dem von Sepp Holzer angewendeten Wasserbewirtschaftungssystem, das Wasser der Niederschläge des ganzen Jahres möglichst auf dem Grundstück zu halten und zu nutzen und dabei gleichmäßig über das Jahr verteilt das überschüssige Wasser an die Fließgewässer ab zu geben.  Es geht also darum die bei Hochwasser abfließenden Wasserüberschüsse und auch das mit dem Hochwasser verbundene Wegschwemmen von Mutterboden zu begrenzen und das Wasser für trockene Zeiten zurück zu halten. Dabei ist noch zu beachten, dass lockerer Mutterboden mit viel organischem Leben und hohem Kohlenstoffgehalt offenbar sehr viel mehr Wasser aufnehmen kann als relativ toter, verfestigter und kohlenstoffarmer Boden. Es geht also darum Hochwasserschutz und Erosionsschutz zu betreiben, den Wasserfluss in den Bächen gleichmäßiger werden zu lassen und dabei gleichzeitig die Bodenfruchtbarkeit zu steigern. 

Letzte Nachbesserung 14. Dezember 2017 Christoph Becker