Lage und Perspektive am Ölmarkt im Frühjahr 2017

Der folgende Text ist im Wesentlichen eine  Zusammenfassung eines  Interviews von Chris Martenson  mit dem texanischen Erdölspezialisten Art Berman.  Das Interview fand am 2. Mai statt und wurde am 7. Mai veröffentlicht. Der volle Titel lautet Art Berman: Don’t Get Used To Today’s Low Oil Prices – They’re a temporary anomaly. Higher prices are ahead. (dt.: Art Berman: Gewöhnen Sie sich nicht an die heutigen niedrigen Ölpreise – Sie sind eine vorübergehende Anomalie).

Chris Martenson ist der Initiator und zusammen mit Adam Taggert der Betreiber der Internetseite www.peakprosperity.com. Insbesondere hat er auch den sehr informativen und gut gemachten Crash-Course erstellt, dessen ältere aus dem Jahre 2008 stammende Version auch Deutsch synchronisiert frei verfügbar ist.
Art Berman ist ein geologischer Berater mit fast 40 Jahren Erfahrung in der Exploration und Produktion von Erdöl. Darin sind 20 Jahre bei Amoco, die heute als BP  bekannt sind, enthalten. Er hat in den letzten fünf Jahren mehr als 100 Artikel über Geologie, Technologie und die Erdöl-Industrie veröffentlicht. Er hat alleine mehr als 20 Artikel und Berichte über die amerikanischen Schiefer-Gasfelder veröffentlicht.

Chris Martenson meint zunächst, dass er den Eindruck habe, dass die USA und wahrscheinlich die Welt die Situation im Ölgeschäft nicht mehr im Blick hat, außer dass jeder zu glauben scheine, dass Öl im Überschuss angeboten würde, dass die Kosten der Ölförderung fallen, dass es reichlich Öl gäbe und dass wir einfach mehr Öl finden können, sobald wir den Bedarf dazu haben. Seine erste Frage an Art Berman, ist ob da etwas Wahres dran sei.

Berman meint dazu, selbst die verrücktesten Sachen, die wir glauben hätten eine ihnen zugrunde liegende Wahrheit, andernfalls könnten sie nicht bestehen bleiben. Die Idee vom Öl im Überfluss sei jedenfalls nicht vollständig verrückt. Wenn der Preis hoch genug sei, könne man Öl an vielen abartigen und sehr teuren Plätzen finden. Das Öl und das Erdags würde uns nicht ausgehen. Das Problem, das wir jetzt seit 20 Jahren hätten sei aber, dass das billige Öl und Gas auszugehen scheine. Das sei der Hintergrund für das Schieferöl (Fracking) und die Ölbohrungen in sehr tiefem Wasser auf See, die die Ölindustrie in den letzten 20 Jahren dominiert hätten. Man könne schon immer mehr Öl und Gas finden. Die Frage sei nur, was es kostet. Das sei ein Problem, über das wir nicht wirklich viel reden wollten.
Weiter meint Berman sei die verbreitete Vorstellung, dass Technologie uns immer irgendwie retten werde, ein Problem. Das ginge weit über das Thema Öl,  Gas und Energie hinaus. Aber, in seinem Arbeitsgebiet, nämlich Gas und Öl sei diese falsche Auffassung über Technologie sicher vorherrschend. Die Leute würden den Unterschied zwischen Technologie und Energie nicht sehen. Energie sei nicht Technologie. Technologie produziere keine Energie. Technologie sei einfach nur ein Weg, um Energie oder Ressourcen in Arbeit umzuwandeln. Man könne die Technologie verbessern, aber das würde die vorhandenen Ressourcen nicht etwa schonen, sondern nur die Geschwindigkeit von deren Ausbeutung steigern.

In der Tat ist es so, dass Vorräte an Kohle, Eröl und Erdgas in der Steinzeit und im Mittelalter gleich geblieben sind. Erst mit der Verbesserung der Technologie ist der Verbrauch gestiegen und sind die Vorräte geschrumpft. Je schneller und je weiter sich die Technologie entwickelt hat, desto mehr.

Eine Verbesserung der Technologie kann die Ausbeute von fossilen Brennstofflagern zwar schon etwas verbessern, aber insgesamt beschleunigt sie nur deren Erschöpfung. Die Verbesserung der Ausbeute ist erstaunlich gering.

Chris Martenson  hat eine Datenanalyse der globalen Entdeckung von Öl durchgeführt, bei der er Zeiträume von jeweils drei Jahren untersucht hat. Obwohl seine Datenbasis bis in die Zwanzigerjahre des 20. Jahrhunderts zurückreicht, waren die Jahre 2014,15 und 16 der Dreijahreszeitraum, in dem am wenigsten Öl neu entdeckt wurde. Er fragte Art Berman nach einer Erklärung und warum das bedenklich sei.

Art Bermans Antwort besteht aus zwei Teilen.
Erstens, die Größe der entdeckten Ölfelder ist in den letzten 40-50 Jahren geschrumpft. Dieser schon lange bestehende Trend war die Ursache dafür, dass man sich Bereichen wie Bohrungen in ultratiefem Wasser, der Verwertung von Teersanden und den mit Fracking zu erschließenden Schieferöllagern zugewendet hat. Die Ölfirmen, vor allem die großen, öffentlich an der Börse gehandelten Ölfirmen, hatten lange Zeit ein Problem die Reserven zu ersetzen, die sie verbraucht haben. Zumindest auf dem Papier waren die Schieferölvorkommen in dieser Hinsicht eine Entlastung. Sie können nun zumindest auf dem Papier wieder Reserven hinzufügen, während sie das davor nicht mehr in ausreichendem Maße konnten.

Der zweite Teil der Antwort ist, dass dass man auf kurze Sicht zu wenig investiert. Der Ölpreis lag einige Jahre bei rund 100 $, um eine glatte Zahl zu nennen, und jetzt liege er bei 45-50 $ und jeder spare. Die Firmen müssten jetzt an allem sparen. Aus betriebswirtschaftlichen Gründen gebe man nur noch Geld für Sachen aus, die schnell viel einbringen. Die Wahrheit über alle größeren Entdeckungen der letzten 30,40, 50 Jahre war aber, dass sie in schwierig zu erschließenden, sehr viel Geld kostenden Gebieten lagen und es dauerte manchmal Jahrzehnte von der Entdeckung bis zur ersten Produktion. Die Wirtschaftlichkeit der Investitionen war also schlecht.
Aus dieser Sicht sind die Schieferöl-Felder eine gute Sache. Man könne für eine begrenzte Menge Geld ein paar Löcher bohren, die im Vergleich zu Ölbohrungen auf hoher See relativ preiswert sind und vergleichsweise schnell Einnahmen erwirtschaften. Aus diesem Grund sei der Schwerpunkt von den großen Projekten, die viele, viele Jahre an vorausgehende Investitionen benötigen,  bevor sie etwas einbringen, hin zu den relativ schnell und für relativ wenig Geld zu erschließenden Vorkommen gewandert. Man könne diese Schieferöl-Quellen ziemlich schnell starten, stoppen und dabei ziemlich schnell etwas herausbekommen. Das sei gut für die Firmen, weil es für sie besser als alles andere funktioniere, aber für die langfristige Versorgung sei das nicht wirklich gut. Wir würden einfach nicht mehr in die großen Sachen investieren. Das sei die einfache Antwort.

Chris Martenson meint dazu, dass es nicht nur die großen Sachen sind, in die nicht mehr investiert werde, sondern auch einige der schwierigen Gebiete, wie in-fill-Drilling, EOR (end of oil recovery), Dampfinjektion und dergleichen. Viele Investitionen seien gestoppt worden und ja, die neuen Investments würden in Schieferöl-Projekte mit schnellem Kapitalertrag fließen. Aber es seien die alten konventionellen Ölfelder gewesen, diese Felder “wo man nur einen Strohhalm in den Boden stecken” und dann jahrzehntelang Öl fördern konnte, auf denen wir die Wirtschaft unserer gesamten Industriegesellschaft aufgebaut hätten. Die großen Ölfelder seien für die Mineralölwirtschaft so etwas wie die Grundlastkraftwerke bei der Elektrizitätsversorgung. Dass in diese nun nicht mehr investiert werde, sehe er als großes Problem.

Ad Berman meint, das sei richtig, aber für den Rückgang der Investitionen in große Ölfelder gebe es einen Grund. Das läge nicht daran, dass diese von Seiten der Ölindustrie ignoriert würden oder dass man dumm sei, sondern es läge daran, dass man die großen Ölfelder schon alle gefunden habe. Die großen, guten, leicht zu erschließenden Ölfelder habe man schon vor Jahrzehnten gefunden. Man wisse einfach nicht, wo man weitere Ölfelder der Saudi-Arabien-, Prodhoe-Bay- und Cantarel-Klasse  finden könne. Wenn es sie irgendwo geben sollte, dann wüsste man nicht, wo sie sind und die Technologie, die wir haben würde uns nicht erlauben, sie zu sehen. Die Grundlast-Ölfelder würden also schwinden. Man müsse durch mit andere Quellen ersetzen oder man hätte bald gar kein Öl mehr.

Chris Martenson fragt dann, wie es denn aussehen würde, wenn man die aktuellen, rund 90 Millionen Barrel pro Tag, der Einfachheit halber auf 100 Millionen Barrel aufgerundet und dann annimmt, dass man die etwa 5 % Förderrückgang der konventionellen Ölfelder, die dann ca. 5 Millionen Barrel pro Tag und Jahr betragen würden, durch Schieferöl ersetzen wolle.

Ad Berman erklärt daraufhin, dass die amerikanische Schieferöl Produktion derzeit bei vier bis viereinhalb Millionen Barrel pro Tag liegt, aber dass man wegen der schnellen Erschöpfung von deren Bohrlöchern ständig neue Bohrungen durchführen müsse, um wenigstens den Stand zu halten. Nüchtern betrachtet sei es zumindest mit dem amerikanischen Schieferöl nicht möglich, die benötigten 5 Millionen Barrel pro Tag jedes Jahr zusätzlich zu erschließen. Es sei also zwar schön, das Schieferöl gefunden zu haben, es sei besser als nichts. Man könne vielleicht für einige Jahre noch 1 Million Barrel pro Tag zusätzlich produzieren, aber das ging dann auch vorbei. Das Schieferöl sei nicht die Antwort auf die Frage, wie wir die 5 Millionen Barrel pro Tag ersetzen können,  die wir jedes Jahr  durch die Erschöpfung der großen alten Ölfelder verlieren.

Chris Martenson meint vor diesem Hintergrund, dass die Ölpreise wieder steigen müssen.  Wir wüssten schließlich,  dass mit  ultratiefen  Bohrungen auf See noch mehr Öl zu finden ist,  aber um dies erschließen und fördern zu können, bräuchte man halt einen sehr viel höheren Ölpreis als man ihn heute hat.

Art Berman meint, das sei schon richtig und stellt die rhetorische Frage, wie hoch dieser Preis sei.  Er erwähnt, dass gerade erst jemand von BP  bei einer Konferenz über offshore-Technologie in Houston gemeint habe, dass BP zwar bei Förderungen in tiefem Wasser Kosten von 40 $ pro Barrel habe, aber bei einem Preis von weniger als 50 $ würden BP nicht bohren. Berman erklärt dann, was in den Förderkosten alles nicht enthalten ist, nämlich zum Beispiel die Kosten für die Entdeckung und Erforschung des Ölfeldes, die Kosten für den Bau der Bohrplattformen und der Förderplattformen,  die Kosten für Pipelines  und noch einiges andere.  Mit den 40 $ Förderkosten seien lediglich die Kosten für das reine Fördern und die Steuern für das geförderte Öl gedeckt. Vor diesem Hintergrund hält er selbst 70 $ pro Barrel für die Ölförderung in tiefem Wasser auf hoher See für ein sehr optimistisches Szenario.
Man muss also damit rechnen, dass die Zahlen über scheinbar niedrige Förderkosten, von denen man gelegentlich in der Zeitung oder im Internet liest, faktisch geschönt sind und nicht annähernd dem entsprechen, was eine Ölfirma im Mittel bekommen muss wenn sie keine Verluste machen will.

Chris Martenson erwähnt dann, dass die amerikanische Schieferöl-Industrie etwa 350 Milliarden $ Schulden hat und rechnet überschlägig vor, dass die dazu bei 35 $ pro Fass 10 Milliarden Fass fördern müssten um nur ihre Schulden zu bedienen. Dabei wären dann Zinsen, Löhne, Energiekosten, Ersatzteile,  Verbrauchsmaterialien, und Abschreibungen auf Maschinen, Dividenden, sowie Umweltschäden und Schäden der Infrastruktur (Straßen, Brücken usw.) nicht berücksichtigt. Nicht berücksichtigt wären dann auch die Kosten für neue Bohrungen, die in der Realität nötig sind, um das in den Schieferölfeldern meist sehr schnelle Nachlassen der Förderleistung der einzelnen Ölquellen auszugleichen.
Bei einer Förderung von 5 Millionen Fass pro Tag,  was wie oben erwähnt schon sehr optimistisch wäre, würden man bei 35 $ pro Fass 2000 Tage oder knapp fünfeinhalb Jahre fördern müssen, um nur die reinen Schulden ohne Zinsen und Bankgebühren bedienen zu können.

Art Berman erklärt dann noch, dass die in den Medien oft euphorisch technologischen Fortschritten zugeschriebenen Senkungen der Förderkosten nur zu schätzungsweise 10 % tatsächlich auf technologischen Fortschritten beruhen, während sie zu rund 90 % durch Abschreibungen, also durch Buchhaltungstricks, und durch ruinöse Preisnachlässe der Servicefirmen zustande kommen.  Die Servicefirmen, die die Öl Bohrungen und das Fracking durchführen, hätten innerhalb von zwei Jahren teilweise Preisnachlässe von 40 % hinnehmen müssen. Davon abgesehen erfassen diese Förderkosten, wie oben schon erwähnt, viele für die Unternehmen insgesamt anfallenden Kosten nicht,  ebenso wie auch  die für die Öffentlichkeit anfallenden Kosten durch Umweltschäden und Infrastrukturschäden nicht erfasst werden.

Die Diskussion dreht sich dann darum, dass die in den Medien als Rettung gefeierte Technologie bei den Ölfeldern in erster Linie eine Beschleunigung von deren Ausbeutung bedeutet und nur in geringem Maße ein Steigerung der insgesamt für das jeweilige Feld möglichen Förderung bringe.

Berman erwähnt dann, dass er kürzlich eine Studie über das Bakken-Feld in North Dakota veröffentlicht habe, in der er zu seiner eigenen Überraschung festgestellt habe, dass die Erschöpfungsphase im Bakken-Feld bereits begonnen habe. Das Ölfeld würde sicher noch lange Zeit Öl liefern, aber eine Produktionssteigerung sei wohl nicht mehr möglich. Auch habe der Wassergehalt des im Bakkenfeld geförderten Öls stark zugenommen, was die Produktionskosten in die Höhe treibe. Der Wassergehalt sei überhaupt ein Problem. Es ginge nicht um ein wenig Wasser, sondern um Milliarden Barrel Wasser, die mit dem Öl zusammen gefördert werden und die von dem Öl getrennt werden müssten. In dem Permian Basin Feld, dass viel jünger als das Bakken-Feld sein, betrage der Wassergehalt des geförderten Öl/Wassergemisches  bereits 80 bis 85 Prozent.

Diese 80 % Wassergehalt erstaunen Chris Martenson. Berman führt dazu dann weiter aus, dass die Schieferöl-Geschichte also zwei dunkle Seiten habe. Die eine Seite sei, dass all die großartige Technologie eigentlich nur dazu führe, dass man diese Ölvorräte schneller verbraucht als man es ohne diese Technologie tun würde. Die andere dunkle Seite bestehe darin, dass es halt eine unkonventionelle Ölquelle sei. Das heißt, das Öl habe anders als in konventionellen Ölquellen keine Möglichkeit, sich langsam von dem Wasser zu trennen (weil die Dichte von Öl geringer ist als die von Wasser). Damit komme ein Punkt wo die Förderung des Wassers mehr kostet als das gefördert Öl wert ist.

Chris Martenson erwähnt dazu dann, dass die Bohrlöcher im Bakken-Feld im Mittel über 3000 Meter tief sind.

Berman erklärt dann, dass das Öl/Wassergemisch beim Fracking  aus dieser Tiefe nicht gepumpt werden könne. Vielmehr nutze man das ebenfalls im Schiefergestein enthaltene und mit dem Frackingprozess frei werdende Gas, um das Öl und das Wasser an die Erdoberfläche zu drücken. Was er im Bakken-Feld gesehen habe, sei aber, dass die Gasproduktion sinke und dass damit die Energie zur Förderung des Öl/Wassergemisches nachlasse.

Chris Martenson fasst es dann wie folgt zusammen: Die Förderungen in den Schieferöl-Feldern, also das Fracking, seien bewundernswert, aber sie seien wie Berman es früher einmal gesagt habe, Abschiedsparties. Sie würden an einem gewissen Punkt auslaufen. Wo man sich bei dieser Geschichte denn derzeit befinde?

Berman meint daraufhin, nun, das stimme. Man habe weltweit über 150 Jahre historische Erfahrung mit der Förderung von Öl und Gas. Man kenne die Gesetze der Physik und diese würden auch für die Schieferölfelder gelten. Er habe noch nicht gesehen, dass die Gesetze der Physik für unkonventionelle Ölfelder ausgesetzt würden. Auch die unkonventionellen Ölfelder hätten halt einen Lebenszyklus und würden wie alle natürlichen Systeme altern.

Man könne natürlich immer noch mehr Öl fördern, die Frage sei nur, was das kosten würde und ob man bereit und in der Lage sei den nötigen Preis zu zahlen. Man werde den Energieverbrauch senken müssen. Es werde einen  Tag der Abrechnung geben, der nicht mehr all zu viele Jahre entfernt sei. Niemand wisse, wie viele Jahre es noch seien, aber  man werde ganz sicher keine 40 oder 50 Jahr mit Öl für 40, 50 oder 60 Dollar pro Barrel haben. Wobei er sich frage, was das bedeute.

Chris Martenson meint dann, dass man davon eine Ahnung bekommen habe, als der Ölpreis im Sommer 2008 auf 147 Dollar gestiegen sei und als es dann zur Finanzkrise gekommen sei. Damals habe es die 100-prozentigen Ölimporteure Griechenland, Portugal und Italien übel erwischt. Jetzt hätten wir 250 Billionen Schulden in den Büchern und eine sehr viel andere Landschaft. Wenn Berman frage, was wir zu zahlen bereit seien frage er, was wir angesichts der gesamten wirtschaftlichen Lage zu zahlen in der Lage seien. Er befragt Berman dann zur OPEC.

Berman meint, die OPEC sei wie eine unglückliche Familie mit armen und reichen Mitgliedern. Sie sei aber keinesfalls irrelevant. Die von der OPEC zusammen mit den Nicht-OPEC-Mitgliedern Russland und Mexiko vereinbarte Fördermengenbegrenzung von 1,8 Millionen Barrel täglich werde sich auswirken. Die weltweiten Lagerbestände seien allerdings sehr groß, weil es wegen der niedrigen Preise für viele attraktiver gewesen sei, Öl mit Aussicht auf steigende Preise einzulagern, als es zu verkaufen. Es würde daher seiner Meinung nach mindestens 6 Monate bis 1 Jahr dauern, bis die Preise kräftig anziehen. Es gäbe allerdings viele Unbekannte. So sei nicht klar, ob und wie weit die verschiedenen OPEC-Länder sich an die Fördermengenbegrenzung halten. Auch sei es derzeit so, dass man in den USA die bis heute schnellste Zunahme von Ölbohreinrichtungen seit dem Beginn von deren Zählung beobachte. Der Ölmarkt reagiere sehr langsam, wie ein Supertanker. Er, Berman, hoffe, dass man in einem Jahr einen Ölpreis erreiche, der zu weiteren Investitionen ermuntere und so spätere Ölpreisschocks dämpfe.  Das bringe einen aber zu der Frage, was die globale Wirtschaft sich zu leisten in der Lage ist. Kann die globale Wirtscchaft einen Ölpreis von 70 $ pro Barrel verkraften? Das sei eine andere Frage und er habe diesbezüglich ernste Zweifel.

Chris Martenson erwidert dann, dass wir es hier mit vielen bewegenden Teilen zu tun hätten, aber Öl sei das Leben spendende Blut aller wirtschaftlichen Aktivitäten. Wir wüssten, dass China heute der größte Ölimporteur der Welt sei und dass dessen Ölverbrauch weiter steige. Der Eigenverbrauch der OPEC-Länder steige ebenfalls. Er sei noch stets der Idee verbunden,  dass wir auf einen plötzlichen Lagewechsel zusteuern: Nämlich dass wir feststellen, dass die Welt nicht mit Öl überversorgt ist, sondern dass wir es zumindest im Bezug auf den Export von Öl mit einer unterversorgten Welt zu tun haben. Die Amerikaner sollten auch daran erinnert werden, dass die USA im Bezug auf Öl keineswegs energieunabhängig seien. Die USA würden ziemlich viel, nämlich täglich, je nach Woche, Monat und Jahreszeit 6 bis 8 Millionen Barrel Öl importieren. Sie seien damit noch immer ein großer Ölimporteuer. China würde aufholen, Indien würde aufholen, jeder würde Öl brauchen und das Öl, das wir in den Jahren 2014 bis 2016 nicht gefunden hätten, würde sich in der Zukunft auswirken. Die Leute sollten diesen Dingen jedenfalls Aufmerksamkeit zollen. Dies sei eine der größten Geschichten unserer Zeit und es sei schwer, Voraussagen zu machen, weil es viele bewegende Teile gebe. Jedenfalls sei es faszinierend.

Dem schließe ich mich an.

Die Webseite von Art Berman ist: www.artberman.com

Die Webseite von Chris Martenson ist: peakprosperity.com

Hier noch einmal die Adresse zu der neuen, bisher leider nur auf Englisch verfügbaren Version seines Crash-Course: www.peakprosperity.com/crashcourse

und hier die Adresse auf die deutsche Version, von Chris Martensons erster Version des Crash-Course aus dem Jahre 2008: www.peakprosperity.com/crashcourse/deutsch

Diesen Beitrag sehe ich auch als Ergänzung zu meinem Beitrag Gedanken über den Film Bauer Unser, da die moderne Landwirtschaft ohne Mineralölprodukte derzeit nicht mehr funktionieren würde. Mit “food calorie fossil energie” fand ich per google z.B. :

www.ecoliteracy.org/article/fossil-food-consuming-our-future und blogs.scientificamerican.com/plugged-in/10-calories-in-1-calorie-out-the-energy-we-spend-on-food/

Danach müssen heute in den USA für jede in Nahrungsmitteln enthalten Kalorie 10 Kalorien an fossilen Energieträgern aufgewendet werden.

Ein anderer Aspekt ist die Abhängigkeit Deutschlands vom dem auf dem Weltmarkt verfügbaren Erdöl. Außerdem hängt der Wohlstand Deutschlands sehr davon ab, was in anderen Ländern und auch in Deutschland nach der Bezahlung der Energiekosten noch an Geld etwa zum Kauf deutscher Autos und Maschinen übrig bleibt. Ein sehr guter Artikel ist Gail Tverbergs Artikel  Why We Should Be Concerned About Low Oil Prices (dt.: Warum wir wegen niedriger Ölpreise besorgt sein sollten) vom 5. Mai 2017.  Erschöpfung – Das Schicksal des Ölzeitalters, über die Studie der Hill’s Group und  Energie und Geld könnten hier ebenfalls als interessant sein.

Kelberg, den 16. Mai 2017

Christoph Becker