Die Illusion, dass erneuerbare Energien uns retten
Auf ihrer Internetseite Ourfiniteworld.com hat Gail Tverberg am 30. Jan. 2017 den sehr lesenswerten Artikel The “Wind and Solar Will Save Us” Delusion (dt. Die “Wind- und Sonnenenergie rettet uns” Illusion) veröffentlicht. Einen Teil des Fazits möchte ich hier übersetzen. Die Reden der deutschen Bundeskanzlerin und auch des britischen Außenministers bei der Sicherheitskonferenz in München am 17.2.2017 zeigten, dass die Probleme und Gefahren im Energiebereich sowohl bei der Bundesregierung als auch bei der britischen Regierung unbekannt sind oder verdrängt werden.Hier zunächst ein Auszug aus dem Fazit von Frau Tverbergs Artikel:
Die Wahrscheinlichkeit eines Übergangs zu vollständig erneuerbaren Systemen erscheint aus Gründen, die ich oben erläutert habe praktisch unmöglich. Ich habe viele andere Aspekte in früheren Posts erläutert:
- Intermittent Renewables Can’t Favorably Transform Grid Electricity
- Ten Reasons Intermittent Renewables (Wind and Solar PV) are a Problem
- EROEI Calculations for Solar PV Are Misleading
- Obstacles Facing US Wind Energy
- Eight Pitfalls in Evaluating Green Energy Solutions
- Eight Energy Myths Explained
- Scientific American’s Path to Sustainability: Let’s Think about the Details
- The real oil limits story; what other researchers missed
Das Thema scheint nicht zu verschwinden, weil es attraktiv ist eine „Lösung“ für etwas zu haben, was eine Zwangslage zu sein scheint für die es keine Lösung gibt. Auf eine Weise sind Windenergie und Sonnenenergie hochpreisige Placebos. Wenn wir diese der Wirtschaft geben, werden die Leute zumindest denken, dass wir das Problem angehen, und dass unser Klimaproblem vielleicht ein wenig besser wird.
…
Meiner Meinung nach ist es an der Zeit, sich von dem Glauben zu verabschieden, dass alles was sich „erneuerbar“ nennt hilfreich für das System ist. Wir haben nun reale Informationen darüber wie teuer Wind- und Solarenergie sind wenn man die indirekten Kosten mit berücksichtigt. Unglücklicherweise sind hohe Kosten in der realen Welt ultimativ ein Spielverderber, weil die Löhne nicht gleichzeitig steigen. Wir müssen verstehen, wo wir wirklich sind, wir sind nicht in einer Märchenwelt die, von Politikern produziert wird, die möchten, dass wir glauben, dass die Situation unter Kontrolle ist.
Mit anderen Worten, die deutsche “Energiewende”, bzw. der Ausbau der Windkraft und der Photovoltaik in Deutschland sind nichts weiter als extrem teure Placebos, mit denen man zwar dumme, uninformierte Wähler täuschen und gewinnen kann, aber deren Einsatz die Situation nur verschlimmert, weil kostbare Zeit und Ressourcen vergeudet werden.
Die Konsequenzen für den Wohlstand und auch für die nachhaltig mögliche Bevölkerungsgröße Deutschlands dürften ziemlich gravierend sein.
Amüsiert hat mich vor diesem Hintergrund die Rede von Frau Merkel bei der Sicherheitspolitischen Konferenz 2017 in München: Münchner Sicherheitskonferenz: Rede von Angela Merkel am 18.02.2017 ( der Link wurde am 14.6.17 erneuert weil der alte Linke nicht mehr funktionierte. Bei einer Kontrolle des Links am 24.12.2019 habe ich bemerkt, dass auch dieser neue Link nicht mehr funktioniert. Dafür habe ich nun auf der Seite des Bundeskanzleramtes den Redetext gefunden: www.bundeskanzlerin.de/bkin-de/aktuelles/rede-von-bundeskanzlerin-merkel-zur-53-muenchner-sicherheitskonferenz-am-18-februar-2017-234640. )
Diese Frau hat ein Physikstudium abgeschlossen, war u.a. 4 Jahre lang Umweltministerin der BRD und ist nun schon seit mehr als 11 Jahren deutsche Bundeskanzlerin. In München hat sie nun gesagt, dass sie zur Vorbereitung ihrer Rede die Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes der Welt und einiger Staaten nachgeschlagen hat (Position/Minute 2:20). Das BIP der Welt hat sich demnach in den 25 Jahren von 1990 bis 2015 verdreifacht. Das der USA hat sich ebenfalls verdreifacht (wohl der Lebensstandard dort seit ca. 1970 für große Teile der Bevölkerung fällt und obwohl dort die Infrastruktur zerfällt, was zur Wahl Donald Trumps geführt hat.) Das BIP der EU-28 hat sich laut Merkel verdoppelt und das Chinas habe sich verachtundzwanzigfacht. Chinas Anteil am BIP der Welt ist dabei auf 15% gestiegen. Es sollte auch einer deutschen Bundeskanzlerin klar sein, dass die Erhaltung und auch die Steigerung des Wirtschaftswachstums in diesen Größenordnungen nur durch die sehr massive Nutzung fossiler Energieträger und die damit einhergehenden Umweltbelastungen möglich war und ist. Die Welt ist aber nur endlich. Weder die fossilen Energieträger noch die anderen nicht erneuerbaren Rohstoffe wachsen nach. Es ist vielmehr so, dass die Entdeckung und Förderung immer schwieriger wird (Erschöpfung – Das Schicksal des Ölzeitalters).
Ab etwa Minute 19:30, als sie über Afrika redet, zeigt sie – wie schon bei ihrer Flüchtlingspolitik – dass sie den Ernst der Lage wirklich nicht begriffen hat. Frau Merkel meint jedenfalls, man könne auch in Afrika für Aufschwung und Wirtschaftswachstum “ähnlich wie in den aufstrebenden asiatischen Staaten” sorgen und damit die Fluchtursachen bekämpfen.
Dass dazu die Ressourcen fehlen, scheint ihr nicht klar zu sein. Was die Fluchtursachen am Ende aber tatsächlich erfolgreich bekämpfen und die Richtung der Fluchtbewegungen sogar umkehren wird, wird der Absturz Deutschlands und Europas sein. Dazu dürfte dann das Versagen der Regierung Merkel mehr oder weniger kräftig beigetragen haben.
Die Afrikaner und auch die Araber wollen nach Deutschland und Europa, weil sie glauben und hoffen, dass es hier neben kostenlosen Smartphones, Taschengeld und was ein “Flüchtling” hier sonst noch so alles bekommt, ganz selbstverständlich auch angenehm beheizte Unterkünfte und genug zu essen gibt. Ohne billige fossile Energieträger wird es aber in Deutschland in Zukunft weder genug beheizte Unterkünfte noch genug zu essen geben. Und wenn das in vielleicht gar nicht so ferner Zukunft so ist – z.B. weil ein Crash des Finanzsystems die für Deutschland wichtigen Energieimporte stoppt, dann werden sich viele nach dem schönen warmen Afrika sehnen. Auch werden dann voraussichtlich viele heute, weil sie noch genug zu Essen, Smartphones, Autos und beheizte Wohnungen haben, sehr friedliche und die neueren westlichen Werte noch beachtende Deutsche und andere weiße Europäer wieder auf die alten westlichen Werte der Völkerwanderungszeit und der Wikingerzeit umschalten. Hunger ist, wie Pitirim A. Sorokin in Hunger as a Factor in Human Affairs schreibt ein Mittel, das die in Zeiten des Überflusses herrschenden Gesetze und Werte aufhebt.
Man sollte Frau Merkel und ihre Leute für ein paar Wochen in ein Kloster schicken und sie dort in aller Ruhe mindestens die folgenden Bücher lesen und diskutieren lassen:
- Dark Age America: Climate Change, Cultural Collapse, and the Hard Future Ahead von John Michael Greer. Zu diesem Buch habe ich eine Übersetzung des es 1. Kapitels, des Inhaltsverszeichnisses und der Umschlagseite angefertigt. Zu finden sind sie in In der Folge der Industriellen Zivilisation.
- Overshoot: The Ecological Basis of Revolutionary Change von William Catton und
- The Collapse of Complex Societies von Joseph Tainter
- The Long Emergency: Surviving the End of Oil, Climate Change, and Other Converging Catastrophes of the Twenty-First Century von Jame Howard Kunstler
Von Greer, Catton und Tainter gibt es ins Deutsche übersetzte Interviews auf meiner Webseite, die für jene, die kein Englisch können zumindest ein wenig eine Vorstellung von den Überlegungen dieser Leute geben:
- Der Gott des technischen Fortschritts könnte tot sein. Ein Interview von Chris Martenson mit John M. Greer. Siehe auch meinen Blogbeitrag über Greers Buch “After Progress”: Nach dem Fortschritt. Von Chris Martenson ist insbesondere auch dessen Crash-Course sehr empfehlenswert. Von diesem Crash-Course gibt es neben der neuen nur auf englisch verfügbaren Version auch eine alte deutsche Version aus dem Jahre 2008.
- Ökologisches Überschwingen – Interview mit Prof. William Catton
- Kollaps komplexer Gesellschaften – Interview mit Prof. Dr. Joseph Tainter
- Ausserhalb des Spiegelsaals. Das ist kein Interview sondern eine Übersetzung von J.M. Greers Kommentar zum Brexit.
Kelberg, den 19. Februar 2017
Christoph Becker