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Optimierung der Schwarzwildbejagung

Lesedauer 7 Minuten
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Nachdem ich in den letzten Tagen wieder einige Male mit Wärmebildkamera und Nachtsichtgerät zur Wildschadensbekämpfung im Bereich der Getreidefelder in “meinem”1 [2]  Jagdrevier unterwegs war,   hatte ich nun das Handlungsprogramm zur Reduzierung überhöhter Schwarzwildbestände und zur Absenkung des Risikos einer Ausbreitung von Tierseuchen für das Jagdjahr 2016/2017 [3] im E-Mail-Eingang.

Während wir bei der sogenannten Schwarzwildzählung vor einigen Wochen in unserem Revier überhaupt kein Schwarzwild (= Wildschweine) gesichtet hatten und damit dann auch  null  gesichtete Wildschweine  gemeldet hatten, habe ich neulich alleine in einer Nacht, insgesamt 3 Rotten  (=Gruppen)  zusammen mit Frischlingen (so nennt man beim  Schwarzwild   die Ferkel),  deutlich mehr als 40 Stück Schwarzwild in einer einzigen Nacht aus den Feldern getrieben. Ohne Wärmebildkamera hätte ich diese nicht entdeckt. In jener Nacht habe ich wegen der schlechten Sicht nur 2 Mal mit dem Gewehr in den Boden geschossen und in einem Getreidefeld bin ich lautlos gegen den leider nur sehr schwachen Wind, langsam durch das durch Wildschaden,  und in diesem Fall wohl auch durch eine  ausgebrochene Rinderherde vorher schon übel ramponierte, bzw.  gelichtete  Feld gewandert, und habe dabei das Schwarzwild langsam vor mir her getrieben und schließlich vertrieben, wobei ich die Frischlinge  zum Teil nur  3  bis 4  Meter vor mir im  Getreide  mit der Wärmebildkamera  sehen konnte. Ich konnte aber nicht schießen, weil ich mit meiner legalen Nachtjagdausrüstung  (Nachtsichtgerät am Kopf montiert  und    dazu Nachtsichtgerätetaugliches  Rotpunktzielgerät   auf dem Gewehr [4]) zu wenig Kontrast hatte und nicht sicher hätte treffen können. Ich hätte lediglich eines der größeren Wildschweine sicher treffen können, an die ich auch bis auf ca. 20 bis 30 m herankommen konnte, aber auf die zu schießen wäre unverantwortlich gewesen2 [5],  weil die kleinen Frischlinge darauf hingedeutet haben, dass es sich  bei den größeren Tieren zumindest teilweise um, wie man sagt führende, also noch säugenden und anführende Muttertiere gehandelt hat. Diese dürfen bzw. sollten aus Tierschutzgründen, aber auch aus Gründen der Wildschadensbegrenzung nicht erlegt werden. Es ist nämlich so, dass die  Schwarzwildrotten von erfahrenen   Bachen (= Muttertiere) angeführt werden, die für einige Effekte sorgen, die auch für Wildschadensbekämpfung wichtig sind. Sie synchonisieren und beeinflussen zum einen die Fruchtbarkeit über Rauschzeit [6] und, was am wichtigsten ist, sie beeinflussen das Verhalten der Rotten aufgrund ihrer Erfahrung. Diese erfahrenen Bachen merken sich nämlich Gefahren und Todesfälle und vermeiden entsprechende Risiken.  Sie sorgen damit dafür, dass das von Prof. Paul Müller in seinem Buch Schwarzwild – Anpassungskünstler gegen jagdliche Intelligenz [7]beschriebene Konzept der tödlichen Vergrämung funktioniert. Das heißt, wenn man irgendwo ein Stück Schwarzwild, oder auch nur einen Frischling aus einer Rotte schießt, dann sorgen diese führenden Bachen dafür dass diese Rotte dieses Feld oder diese Wiese für einige Zeit meidet.

Schließlich habe ich dann auf einer Wiese neben einem in der Milchreife stehenden Haferfeld,    in  fast sternklarer, mondloser Nacht, ein Stück Schwarzwild auf ca. 35 m  Entfernung geschossen. Eine  Gruppe mittelgroßer Wildschweine hatten eine Ausflug auf die Wiese unternommen und  es waren auch nach einigen Minuten keine Frischlinge gefolgt. Ich hätte aber in jener Nacht, und auch in der Nacht davor, an verschiedenen Stellen je einen oder mehrere Frischlinge schießen können, wie ich das nach dem oben erwähnten Handlungsprogramm zur Wildschadensbekämpfung und Tierseuchenabwehr eigentlich hätte tun sollen, wenn der Gesetzgeber sich im wesentlichen an den Rat des gerade auch in Sachen Schwarzwildbejagung sehr erfahrenen Prof. Paul Müller gehalten hätte, den dieser in seinem Buch über das Schwarzwild gibt, nämlich Nachtzielgeräte für die Jagd auf Schwarzwild zuzulassen.

Was ich, aus  Rücksicht auf die Gesetzeslage, bisher nur   verwende ist im Grunde kein Nachtzielgerät, sondern nur ein das Restlicht (Sternenlicht, Streulicht von Ortschaften usw) aufhellendes Nachtsichtgerät , mit dem ich durch ein spezielles, bis in den mit bloßem Auge nicht sichtbaren  Bereich herunterregelbares  Rotpunktvisier sehe. Das Problem dieser legalen Nachtjagdmöglichkeit ist, dass die  Gläser des  Rotpunktvisiers Licht schlucken , so dass man mit  dieser Lösung  deutlich weniger sieht, als mit den in anderen Ländern zugelassenen, vor dem Zielfernrohr montierten Nachtsichtgeräten.

In einer Hand habe ich dabei immer die Wärmebildkamera, mit der auf 30 m sogar noch Mäuse und kleine Vögel auch in  finsterster Nacht zu erkennen sind .   Zum einen  ermöglicht es die Wärmebildkamera große Gebiete nach Wild ab zu suchen und auch mit etwas Erfahrung aus auch vielen hundert Metern Entfernung noch zu erkennen  ob sich etwas irgendwo Schwarzwild auf einer Wiese oder in einem Feld befinden. Extrem wichtig finde ich dabei, dass mit der Wärmebildkamera erkannt werden können, sofern das Gras oder Getreide nicht zu dicht sind. Außerdem kann man mit der Wärmebildkamera auch Menschen auf bis zu 1,2 km Entfernung erkennen und damit die Umgebung in einer Weise zur Sicherheit  absuchen, die  mit einem  Restlichtverstärker in dieser  Qualität nicht möglich ist. Die Wärmebildkamera dient daher auch dem Unfallschutz.

Die in dem Handlungsprogramm zur Reduzierung überhöhter Schwarzwildbestände gemachten Vorschläge und Empfehlungen finde ich ehrlich gesagt teilweise etwas Praxisfremd und  nicht  ausreichend zielführend. Über die dort empfohlenen Bewegungsjagden möchte ich mir einer Meinung enthalten, und nur darauf hinweisen, dass alleine schon die in dem Papier aufgestellte Forderung nach genügend gut ausgebildeten Jagdhunden und  die  zumindest  der NRW  neuerdings geforderte Schießnachweis darauf hinweisen. Auch scheint es so zu sein, die Fleischqualität von bei  Drückjagden erlegtem Schwarzwild schlechter ist als  bei  Schwarzwild das  vom Ansitz  aus oder  bei  der  Pirsch  stressfrei erlegt wird. 3 [8]

Bevor ich meinen Vorschlag zur Optimierung der Schwarzwildbejagung mache, möchte ich hier  ein Zitat   aus William Cattons Buch Overshoot: The Ecological Basis of Revolutionary Change  [9]wiedergeben, dass ich im  Rahmen meines Artikels Die Grundlagen der westlichen Werte [10],  übersetzt und schon einmal wiedergegeben hatte:

Doktrinen können eine schreckliche Last sein, sagte Sumner, weil sie mit dem Prestige der Antiquität und Tradition der lebenden Generation die Kapazität zu einer unvoreingenommenen Sichtweise auf die Fakten nehmen können.

Meines Erachtens haben wir es auch bei dem Schwarzwildproblem  mit einer Doktrin und mit uns behindernden Traditionen zu tun, die dazu führen, dass der Gesetzgeber, der  zwar die  Wildschäden in Grenzen halten und zugleich eine  weitgehende Vernichtung  Schwarzwildbestände (und möglicherweise auch der Hausschweinbestände!) durch die weitere Ausbreitung der afrikanischen Schweinepest verhindern möchte, zugleich auch das Erreichen dieser Ziele behindert oder sogar verhindert.

Meine Vorschläge, nachdem ich zunächst u.a. das oben erwähnte Buch von Prof. Paul Müller über das Schwarzwild gelesen und dann auch mit einer Wärmebildkamera, einen Nachtsichtgerät und der derzeit in Deutschland einzig legalen Nachtjagdausrüstung einige Erfahrung gesammelt habe, wären:

Mit einer entsprechenden Änderungen des Jagdgesetzes könnte man meines Erachtens die Schwarzwildbestände erhalten, in dem man sie so reduziert, wie es zur Eindämmung der sich weiter ausbreitenden afrikanischen Schweinepest erforderlich ist.

Es ist zu bedenken, dass die hohe Schwarzwilddichte, die wir heute haben, und die möglicherweise noch viel größer ist als die Schwarzwildzählungen vermuten lassen,  am Ende dazu führen kann, dass nahezu der gesamte Schwarzwildbestand von den für die afrikanischen Schweinepest verantwortlichen Viren vernichtet wird, und dass dabei dann außerdem noch die Hausschweinebestände dezimiert werden. Auch ist das Sterben der Wildschweine durch so eine Seuche meines Erachtens grausamer als durch präzises, überraschendes Einzelfeuer mit einer halbautomatischen Büchse.

Eine Weidehaltung von Hausschweinen wiederum könnte aus ökologischen Gründen für die Landwirtschaft und für die Ernährung in Zukunft eine wachsende Rolle spielen, wenn man dazu die Argumente und Methoden von Sepp Holzer [11] und Joel Salatins   Pigaerator Pork [12]  bedenkt. Das funktioniert aber nur wenn man das Schwarzwild so effizient bejagt werden kann, dass man die Ausbreitung von Tierseuchen wie  die afrikanische Schweinepest   hinreichend eindämmen und unter Kontrolle bringen kann.

Abschließend ein Youtube-Beitrag zur Nachtjagd mit Nachtsichtgeräten und Wärmebildgeräten auf Schwarzwild.

Kelberg, den 29.07.2016

Christoph Becker

Nachtrag 30.7.2016:

Es würde vielleicht auch schon reichen, oder wäre zumindest schon einmal eine enorme Verbesserung, wenn man zu der oben erwähnten, derzeit schon legalen Nachtjagdausrüstung am Gewehr einen Infrarotstrahler montieren (und natürlich benutzen) dürfte.   Derzeit grundsätzlich verboten das Ziel bei der Jagd, womit auch immer anzuleuchten.  Nicht verboten – weil aus praktischen Gründen nicht verbietbar – ist natürlich die Nutzung des Lichtes von Mond und Sonne, des Lichtes von Sternen und Ortschaften, des Lichtes von Fahrzeugen, die zufällig oder erwartungsgemäß irgendwo vorbeifahren (Prof. Müller berichtet z.B. in seinem Buch über das Schwarzwild, dass er teilweise das Fahrlicht von auf einer nahen Straße vorbeifahrenden Autos geschickt nutzen konnte). Wenn man so einen Infrarotscheinwerfer am Gewehr montieren dürfte, könnte man damit den Lichtverlust in der Visiervorrichtung kompensieren und man könnte das Schussfeld  ausleuchten. Gerade für das Erlegen von Frischlingen, die nach dem  Handlungsprogramm zur Reduzierung überhöhter Schwarzwildbestände und zur Absenkung des Risikos einer Ausbreitung von Tierseuchen für das Jagdjahr 2016/2017 [3] insbesondere auch zu bejagen sind, wäre die Erlaubnis, einen Infrarotscheinwerfer am Gewehr führen zu dürfen, eine große Hilfe. Es wäre aber zu prüfen, ob und wenn ja unter welchen Bedingungen solche Geräte eine Gefahr für die Augen von  Tieren darstellen.  Ich benutze  beim  Gießen von Metall  jedenfalls eine    getönte Schutzbrille, weil die Infrarotstrahlung  des  flüssigen Metalls , des  Tiegels und der  Muffel (=Form) für die Augen gefährlich sein soll. Zur Beobachtung von Tieren, also wenn man keine Waffe dabei hat, sind solche Scheinwerfer allerdings derzeit in Deutschland erlaubt.

Bei all diesen Dingen  ist es im Übrigen, wie so oft im Leben in Deutschland so, dass nur diejenigen, die sich an das Gesetz halten von diesem benachteiligt und behindert werden und dass das Gesetz auch kontraproduktiv ist und den Erreichen seines Zieles selbst im Weg steht. Zu den Zielen des Jagdgesetze gehört die Erhaltung eines gesunden und artenreichen Wildbestandes, die Begrenzung der Wildschäden in Land- und Forstwirtschaft auf ein erträgliches Maß und eine dem Grundgedanken des Tierschutzes möglichst gut entsprechende  Tötung der zu jagenden Tiere. Vor diesem Hintergrund  schadet es, dass  Zielvorrichtungen und Zielhilfen verboten sind,  deren Nutzung  das Erreichen der Ziele des Jagdgesetzes dienen würde.


  1. Ich habe nur einen sogenannten Begehungsschein,  und in dem  Vertrag dazu habe ich mich insbesondere auch zur Mithilfe bei der Wildschadensbekämpfung verpflichtet   [13]

  2. das Geräusch wenn so eine ganze Rotte mit einen großen Zahl von Frischlingen gleichzeitig in einem  Getreidefeld frisst ist ziemlich eigenartig.      [14]

  3. Test der Zeitschrift  JÄGER  über den  Geschmack  von Gefrorendem und gehetztem Wild [15]  und    http://forum.fleischbranche.de/forum/fachbereich/sonstiges/2097-fleischqualit%C3%A3%C2%A4t-vom-schwarzwild [16]       [17]

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