Neues vom Nahen und Fernen Osten

Auf der Webseite www.generaldynamics.com von John Xenakis fand ich Anfang   März 2015 einige bemerkenswerte Meldungen über den Nahen und Fernen Osten.

Hier einige Auszüge:

7.  März-2015 Türkei, Saudi Arabien und andere  und einige andere Staaten des Golfrates sowie Pakistan versuchen, gegen den Iran gerichtete  “Sunnitische Einheit” zu bilden.

Die Treffen werden zweifellos die früheren Übereinkommen bestätigen, die dafür sorgen, dass Pakistan an Saudi Arabien Atomwaffen und atomwaffenfähige Raketen liefern wird, falls der Iran Atomwaffen entwickelt.

Es wird in weiten Teilen des  Mittleren Ostens geglaubt, dass Barack Obama mit dem Iran einen Vertrag unterzeichnen wird, der die Entwicklung von Atomwaffen erlauben wird, was besonders für Saudi Arabien bedrohlich ist.

Xenakis schreibt dann weiter:

Langjährige Leser [von www.generaldynamics.com] sind sich bewußt, dass ich [John Xenakis] bereits vor 10 Jahren auf der Basis einer generationsdynamischen Analyse vorhergesagt habe, dass China, Pakistan und die sunnitisch-muslimischen Staaten in dem kommenden Zusammenstoß der Zivilisationen die Feinde von Indien, Russland, Israel und dem Westen sein werden. Diese Vorhersage war vollständig vernünftig auf einer Generationsanalyse basiert, die ich verschiedene Male erläutert habe, aber trotzdem erschien diese Vorhersage vor 10 Jahren phantastisch. Daher ist es ziemlich  überraschend diese Vorhersage mehr und mehr, Schritt für Schritt  in Erfüllung gehen zu sehen.

Wie auch immer, die Rolle Ägyptens in diesem Arrangement muss noch bestimmt werden. Neuere Trends zeigen, dass Ägypten eher mit dem Westen verbündet sein wird als mit den sunnitischen Golf-Staaten, aber es ist ebenso möglich, dass Ägypten sich in gegenseitig bekriegende Fraktionen aufspaltet.

5. März 2015  China erhöht seine Militärausgaben weiter mit zweistelligem Prozentsatz. ….

Die Zunahmen dienen wahrscheinlich der Steigerung der Kampfkraft der Marine mittels Anti-U-Boot-Schiffen und Flugzeugträgern um Chinas Strategie zu unterstützen, seine militärische Macht zu nutzen, um Territorien im östlichen und südlichen Chinesischen Meer zu annektieren, die historisch lange zu anderen Ländern gehört haben……..

Aber China hat sein Militär über Jahre weiter rasant mit verschiedenen Waffen und Raketensystemen ausgebaut, die keinen anderen Zweck haben als einen präventiven Angriff auf amerikanische Flugzeugträger, amerikanische Militärbasen und amerikanische Städte.  Generational Dynamics (Generationsdynamik)  sagt voraus, dass China die Ausführung eines präventiven nuklearen Großangriffs auf die Vereinigten Staaten vorbereitet.

8.2.2015 US-Marine sagt China hat nun mehr Angriffs-U-Boote als die USA.

Wenn man sich  das Inverview mit Prof. William R. Catton durchliest bzw. anhört und sich dessen Buch Bottleneck : Humanity’s Impending Impasse (English Edition) durchliest, und dazu vielleicht auch noch von When the Rivers Run Dry: Water–The Defining Crisis of the Twenty-first Century von Fred Pearce sowie Söhne und Weltmacht: Terror im Aufstieg und Fall der Nationen von Gunnar Heinsohn und dann auch noch die extreme Verwundbarkeit moderner Industriestaaten für gezielte Angriffe auf deren Infrastruktur bedenkt, dann ist es in der Tat gut denkbar, dass in China längst an einem Erstschlag gegen die USA und Europa gearbeitet wird UND, dass in Europa dann nicht nur das Licht ausgeht, weil die Stromversorgung und die Elektronik nicht mehr funktionieren, sondern dass dann auch sehr bald aus Südosten – und vielleicht auch wieder aus Südwesten, muslimische Heerscharen in Europa einfallen, denen wir dann, anders als in den Zeiten von Karl Martell und Prinz Eugen vielleicht nicht mehr standhalten können.

Man bedenke, dass Saudi Arabien heute nach den USA und China den größten Verteidigungshaushalt in der Welt hat, und dass es mehr als dreimal so viele schwere deutsche Kampfpanzer in Deutschland bestellen wollte wie Deutschland in Zukunft selbst haben wird.  Man studiere und addiere vielleicht auch einmal die Truppenstärken und die Ausrüstungen mit schweren Waffen, die eine sunnitische Allianz im Hinterhof Europas aufbieten kann.

Selbst wenn China im nächsten Weltkrieg eine halbe Milliarde Menschen verlieren und dafür aber den Westen vernichten würde, würde es den Krieg gewonnen haben und hätte die Kontrolle über die nun einmal endlichen und zugleich zur Neige gehenden Rohstoffe und Umweltkapazitäten dieser Welt.  Als die Liste der Kriege und antropenen Disaster auf der englischen Wikipedia-Seite noch nach nach Opferzahl in Relation zur jeweiligen Weltbevölkerung sortierbar war,  belegte China mit seinen Revolten und inneren Konflikten der letzten 2200 Jahre, etliche vordere Plätze. Der ehemalige US-Kongressabgeorndet Dr. Roscoe Bartlett, erwähnte in einer seiner Reden über Peak Oil, Eindrücke von seinem Besuch in China, wonach die Chinesen, anders als der Westen sehr weit vorausplanen. Und er äußerte  auch mehrfach die Meinung, dass der Tag kommen wird, an dem die Chinesen sagen werden “Hey, das Öl dieser Welt gehört uns. Wir haben noch so und so viele hundert Millionen Menschen, die auch die Segnungen eines westlichen Lebensstandarts aus dem Fernsehn kennen, die ihn noch nicht haben aber auch genießen wollen.




Ein Bundestagsbüro zum Thema Stromausfall

Das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB)  bietet auf seiner Webseite eine ganze Reihe Publikationen an. Mich hat von dem reichhaltigen Angebot dieses Büros zunächst nur das 2011 erschienene Buch Was bei einem Blackout geschieht – Folgen eines langandauernden und großflächigen Stromausfalls interessiert, das sich mit einem länger andauernden Stromausfalls befasst.

Das Wort “Krieg” konnte ich in diesem Bericht nur an einer einzigen Stelle finden, und dann auch nur  in dem Zusammenhang, dass es in Kriegs- und Katastrophensituationen zu “sexuell-aggressiven Bemächtigungen” also zu Vergewaltigungen kommen kann. Auf die Idee, dass fremde Mächte gezielt, in einer ersten Angriffswelle die elektrische und elektronische Infrastruktur einer modernen Gesellschaft unbrauchbar könnten und würden und dass diese dabei vielleicht sogar anonym bleiben könnten, scheint man in Berlin nicht gekommen zu sein. Dass es angesichts der Weltlage (Verlust an Ackerland, Wassermangel, sinkende Grundwasserspiegel in Nordafrika und in weiten, für die Nahrungsproduktion wichtigen Teilen Asiens, Bevölkerungsüberschüsse, Proliferation von Atomwaffen, extreme Verwundbarkeit westlicher Industriestaaten durch EMP-Angriffe und vielem mehr) zu einem offenen oder zunächst verdecken Angriffskrieg in Richtung Europa kommen könnte, scheint man auch nicht gekommen zu sein.

Obwohl einiges an Literatur angeben wird, wird der 2008 erschienene  Critical National Infrastructures Report der EMP-Commission des amerikanischen Kongresses nicht erwähnt, obwohl dieser sich auch mit dem Problem eines großflächigen Stromausfalls befasst. Anders als der deutsche Bericht hatte sich der amerikanische Bericht aber zusätzlich noch mit dem Problem befasst, dass neben der Stromversorgung zeitgleich auch nahezu die gesamte Elektronik landesweit ausfallen kann.

Das Buch Was bei einem Blackout geschieht – Folgen eines langandauernden und großflächigen Stromausfalls des TAB ist dennoch sehr informativ und lesenswert.  Bei der Lektüre sollte man aber bedenken, dass in ein einem wirklichen Ernstfall, etwa in der Anfangsphase eines großen Krieges, wahrscheinlich auch die gesamte moderne Elektronik und Regelungstechnik weitgehend unbrauchbar gemacht würde, und dass dann nicht nur in ganz Deutschland sondern auch in weiten Teilen des restlichen Europas. Man sollte daher sicherheitshalber damit rechnen, dass dann auch Notstromgregate (in dem Buch oft auch mit NSA und USV abgekürzt) und alternative Energiequellen ausfallen, soweit deren Funktion auf das Funktionieren von elektronischen Schaltkreisen angewiesen ist.  Das heißt, die Situation würde sich in der Realität unter Umständen noch sehr viel schneller und krasser verschlechtern. Der Elektroingenieur Patrick Lowrie schildert in seinem Roman SS-18: The SATAN Legacy (End Game) (English Edition) dass man die Notstromversorgung im Weißen Haus nur wiederherstellen konnte, weil man noch einen alten Dieselgenerator aus dem vorelektronischen Zeitalter hatte. Das Weiße Haus wird heute sicher eine auch gegen EMP-Ereignisse ausreichend gesicherte  moderne Notstromanlage haben, aber dass in Deutschland entsprechend gesicherte Notstromaggregate existieren, darf man bezweifeln, wenn man liest, welche eher harmlosen Szenarien in Berlin offenbar schon die Grenze des Vorstellbaren darstellen.

Die Autoren schreiben, “Die Erwartung, dass die Behörden
in der Lage sind, die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten, sollte auf keinen Fall enttäuscht werden.”  Hat jemand allen Ernstes überhaupt diese Erwartung? Wenn ja, besser, realistischer und lebensrettend wäre, wenn man von den Behörden im Ernstfall nur totales Versagen erwartet und wenn die Bürger zumindest in den ländlichen Gebieten sich auf lokaler Ebene gemeinsam auf einen solchen Ernstfall vorbereiten (in den Städten hat man dann eh kaum eine Überlebenschance).  In dem im Folgenden verlinkten Film “Americas Cities – The Movie” (( dieser Film und der Film Urban Danger zusammen mit einer entsprechenden Lokalpolitik auf dem Land, könnten, nebenbei bemerkt, die Probleme der Landflucht, der Leerständen in den Dörfern und des drohenden Ärztemangels auf dem Land nachhaltig lösen )) sagt einer der Sicherheitsexperten, dass das große Problem der Behörden in einer solchen Situation eben die Leute sind, die auf den Staat und die Behörden vertrauen und auf deren Hilfe warten.

Sun Tzu, der alte chinesische Klassiker der Kriegskunst sagte:

In alter Zeit machten sich die fähigen Krieger unbesiegbar und warteten auf den Moment der  Verwundbarkeit des Feindes. Unbesiegbarkeit hängt von einem selber ab; die Verwundbarkeit des Feindes hängt von ihm ab.

Deutschland, und andere europäische Staaten tun dagegen heute alles, um ihre Verwundbarkeit zu maximieren, und das im ersten fünftel eines Jahrhunderts, das der amerikanische Soziologe und Ökologe, Prof. Dr. William R. Catton nach gründlichem Studium der Situation als “Flaschenhalsjahrhundert” bezeichnet hat, weil er eine ganz sicher nicht friedliche verlaufend, massive Reduktion der Weltbevölkerung vorausgesehen hat.

Kelberg, den 7.3.2015

Christoph Becker

 




Ärztemangel auf dem Land

Das Thema Ärztemangel auf dem Land war dem Kreistag des Landkreises Vulkaneifel (Daun) sogar ein Gutachten für 86.000 Euro wert. Das Gutachten verkennt offenbar die eigentlichen Ursachen des Ärztemangels und es erkennt nicht die sehr guten Möglichkeiten zur Behebung bzw. zur Vermeidung eines Ärztemangels auf dem Land.

Zu den Ursachen eines Ärztemangels im Allgemeinen verweise ich auf die von mir ins Deutsche übersetzte Rede Femokalypse, der Kanadierin Karen Straughan und auf das ebenfalls von mir ins Deutsche übersetzte Interview über den Kollaps komplexer Gesellschaften mit Professor Dr. Joseph Tainter.

Hier geht es jedoch darum, wie man einen Ärztemangel speziell in ländlichen Gebieten zu Lasten der großen Städte beheben oder vermeiden kann. Dazu gibt es zwei Strategien, die man am besten gleichzeitig einsetzt.

Man sollte erkennen und zeigen, dass das Leben in den großen Städten in den nächsten Jahren und Jahrzehnten mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit extrem gefährlich bis unmöglich wird. Siehe hierzu z.B. meine Beiträge

Interview mit dem ehemaligen amerikanischen Kongressabgeorndenten Dr. Roscoe Bartlett

Eine Sekunde danach

Weitere Literatur zum Thema EMP

Interview mit dem emerit. Soziologieprofessor und Ökologen Dr. William R. Catton

Unsere moderne Zivilisation ist ein Koloss auf tönernen Füßen. Einige wenige gezielte Schüsse und dieser Koloss fällt und begräbt den größten Teil der in den großen Städten lebenden Menschen unter sich (( in dem auf seriösen Studien und dem Bericht einer hochkarätig besetzten Untersuchungskommission des amerikanischen Kongresses beruhenden Roman “One Second After: Die Welt ohne Strom” reichen nur 3 in großer Höhe gezündete Atomsprengköpfe aus, um innerhalb eines Jahres etwa 9 von 10 Amerikanern zu töten und um die Millionenstadt New York auf nur 30 Tausend Einwohner zu reduzieren )) . In den Städten kann man dagegen nicht viel tun. Auf dem Land kann  aber durch eine intelligente, vorausschauende Lokalpolitik die Überlebenschance der Menschen bei solchen Katastrophen sehr gesteigert werden UND  die Lebensqualität mit eben diesen Maßnahmen auch vorher schon deutlich gesteigert werden.  Die Wahrscheinlichkeit, dass es irgendwann in den nächsten Jahrzehnten zu einer das Leben in den Städten weitgehend unmöglich machenden Katastrophe auch in Deutschland kommt, dürfte mehr als 95 % betragen.

Insbesondere für Ärzte mit Familien sollte es vor diesem Hintergrund interessant sein, auf das Land zu ziehen, wenn und soweit sich dort Landräte, Bürgermeister, Abgeordnete und Bürger in hinreichendem Maße zusammenfinden, um ihre Gegend überlebensfähiger zu machen. Ärzte sind im Grunde genau diejenigen, die auf dem Land am ehesten und besten Arbeit finden, zumindest wenn und solange eine Gegend mit Ärzten unterversorgt ist.  Wenn trotzdem auf dem Land ein Ärztemangel befürchtet wird, ist das ein Zeichen dafür, dass die Lokalpolitiker versagen und sich vielleicht etwas auf meiner Webseite nach Ideen umsehen sollten.

Meine neueste, noch nicht in einem eigenen Beitrag verwandelte Idee ist, dass man die Landnutzung in der Eifel nach dem Vorbild der New Forest Farm des Amerikaners Mark Shepard und nach dem Vorbild des Krameterhofes des Österreichers Sepp Holzer die Landschaft zur Freude der Jäger und vor allem aber zum Vorteil der Überlebensfähigkeit und zur Verbesserung der Lebensqualität der Menschen optimieren könnte.  Wenn man diese Art der Landwirtschaft noch mit Gärten in und am Rande der Ortschaften im Sinne des Biointensiven Gartenbaus etwa nach John Jeavons kombiniert,  dann könnten die Eifel und andere ländliche Gegenden in Deutschland eine großartige Zukunft  haben und es würden sich weit mehr gute Ärzte um die Eröffnung und den Betrieb von Praxen, und auch um Tätigkeiten an den Krankenhäusern in diesen ländlichen Gebieten bewerben als man brauchen kann.

Kelberg, den 7. März 2015

Christoph Becker

 

 




Nachhaltige Bodenverbesserung

Hier möchte ich das bisher leider nur auf Englisch erschienene Buch Building Soils for Better Crops – Sustainable Soil Management [dt.: Böden aufbauen für bessere Ernten – Nachhaltiges  Bodenmangement] von Fred Magdoff und Harald van Es vorstellen.

Aufmerksam geworden bin ich auf Building Soils for Better Crops, weil ich mich für den 3-tägigen GROW BIOINTENSIVE
Sustainable Mini-Farming Workshop angemeldet habe, der im November 2015 in Willits, Kalifornien, stattfindet. Zur Vorbereitung ist einige Pflichtlektüre und weiterführenden Lektüre aufgeben. Unter anderem das Buch How to Grow More Vegetables von John Jeavons.  In diesem wiederum wird das Buch Building Soils for Better Crops als “die” weiterführende Literatur im Kapitel 1, Tiefe Bodenschaffung und Erhaltung, erwähnt.

Building Soils for Better Crops  kann man kostenlos als pdf-Datei herunterladen oder auch als gedruckte Version erwerben.  Für mich war die Lektüre faszinierend und erhellend.  Dieses Buch hat meinen Blick auf die Felder und die Landwirtschaft verändert. Meines Erachtens sollte eine gute Übersetzung dieses Buches, oder etwas Vergleichbares, zur Pflichtlektüre für die Ausbildung von Landwirten gehören.

Aber ich bin kein Landwirt und will daher hier nur den Teil des Umschlagtextes und die Buchbeschreibung des Herausgebers  übersetzen.

Buchbeschreibung auf der Webseite von SARE.org

Building Soils for Better Crops ist ein einzigartiges, praktisches Handbuch für das ökologische Bodenmanagement, nun erweitert und voll in Farbe. Es gibt Schritt-für-Schritt Auskunft über bodenverbessernde Methoden sowie eingehendene Hintergrundinformationen darüber, was Mutterboden ist, bis zur Wichtigkeit von organischem Material. Fallstudien von Landwirten aus vielen Teilen der USA liefern inspirierende Beispiele dafür, wie Böden – und ganze landwirtschaftliche Betriebe – durch diese Techniken erneuert worden sind. Das Buch ist ein “Muss-man-gelesen-haben” für Landwirte, Ausbilder und Studenten gleichermaßen.

Die Autoren sind der emeritierte Professor für Bodenkunde von der Universität  Vermont Fred Magdoff und der Professor für Bodenkunde an der Cornell Universität, Harold van Es.  Herausgeber ist  Sustainable Agriculture Research and Education (SARE) (dt: Forschungs- .

Herausgegeben durch “Nachhaltige Landwirtschaft – Forschung und Ausbildung” (SARE).

Umschlagtext auf der Rückseite der gedruckten Ausgabe:

Praktische Informationen für Landwirte, Viehzüchter, Ausbilder, Studenten und Gärtner – Präsentiert in einem einnehmenden, leicht zu lesendem Stil.

Die 3. Auflage von “Building Soils”, überarbeitet, erweitert, und nun ganz in Farbe, erklärt wie man ökologische Herangehensweisen nutzen und wie Sie mit der eingebauten, naturgegebenen  Stärke ihres Pflanzen/Bodensystems die Fruchtbarkeit und die Erträge wesentlich steigern und zugleich den Druck durch Schädlinge und die Beeinträchtigung der Umwelt reduzieren können.

Fred Kirschenmann, Distinguished Fellow, Leopold Zentrum für nachhaltige Landwirtschaft und Präsident des Stone Barne Center für Nahrungsmittel und Landwirtschaft meint:

Building Soils for Better Crops ist eine der praktischsten Anleitungen für das Bodenmanagment, die man bekommen kann. Während wir mit einer Zukunft mit Peak Oil, Klimawandel und sich erschöpfenden Frischwasservorkommen konfrontiert werden, ist die Restaurierung der Gesundheit unserer Böden wichtiger als zu jeder anderen Zeit in der Geschichte. Diese 3. Auflage ist eine unverzichtbare Quelle für alle Landwirte und Gärtner. “

Professor für Agronomie und Gartenbau, Charles Francis, von der Universität Nebraska meint:

“Die 3. Auflage von Building Soils for Better Crops ist klar geschrieben und technisch solide – leicht zugänglich sowohl für Studenten als auch für Landwirte. Es ist ein Muss-man-lesen für Anfänger und eine wertvolle Auffrischung für erfahrene Landwirte und Ausbilder und für solche, die einige Jahre Boden entfernt waren.”

Ich kann mich den obigen Meinungen vorbehaltlos anschließen. Vor dem Hintergrund meiner jagdlichen Ausbildung ist das Buch sogar besonders interessant, nicht nur im Bezug auf Wildäcker, sondern auch weil es Argumente liefert, die dazu führen können, dass die konventionelle Landwirtschaft vielfältiger und für viele durch die Landwirtschaft heute bedrohte Arten vorteilhafter werden könnte.

Kelberg, den 2.3.2015

Christoph Becker




Ökologisches Überschwingen – Interview mit Prof. William Catton

Der folgende Beitrag enthält ein deutschsprachiges Transkript eines Interviews mit dem emeritierten amerikanischen Soziologieprofessor und Ökologen Dr. William R. Catton.

Prof. Catton war Jahrgang 1926 und ist am 5. Januar 2015 verstorben. Der amerikanische Autor und Blogger John Michael Greer hatte am 4. Februar 2015, anlässlich des Todes von Prof. Catton einen Blogbeitrag mit dem Titel  As Night Closes In  [dt. wenn die Nacht hereinbricht] über die für ihn sehr nachhaltige Wirkung und Bedeutung von Cattons Buch “Overshoot” und über seine kurze persönliche Begegnung mit Prof. Catton geschrieben. Ich hatte mir daraufhin die Bücher “Overshoot” und “Bottleneck” von Prof. Catton bestellt und auch das folgende Interview auf Youtube gefunden. Das neuere Buch, “Bottleneck” konnte sofort von Amazon geliefert werden. Das 1980 erschienene Buch “Overshoot” ist noch über Amazon und Bücher.de erhältlich, hat aber mindestens 4 Wochen Lieferzeit. Ich habe “Bottleneck” bei Fertigstellung der Übersetzung des unten stehenden Interviews schon zu etwa 3/4 gelesen. Eine deutsche Zusammenfassung der wichtigsten Punkte werde ich hoffentlich demnächst in einem Beitrag veröffentlichen. Prof. Cattons Einsichten über viele gesellschaftliche Phänomene und über die Evolution finde ich sehr wertvoll. Doch nun zu seinem Interview aus dem Jahre 2008.

Das Interview ist auf Youtube veröffentlicht und ich habe es im Folgenden eingebettet:

Die Filmposition des jeweiligen Abschnitts in Minuten und Sekunden ist in eckigen Klammern nach der Überschrift des Abschnitts angegeben. Die Videodokumentation ist so gestaltet, dass zu jeder Frage bzw. zu jedem Abschnitt kurz Stichworte auf einer blauen Seite mit weißer Schrift eingeblendet werden. Diese Stichworte und die Position der Seite in Minuten und Sekunden finden sich in folgender Übersicht. Durch anklicken der Position gelangt man direkt zu der betreffenden Position in dem von mir ins Deutsche übersetzten Transkript (=Interviewtext).


Inhalt

  1. Start
  2. Ökologische Erweckung [0:45]
  3. Unsere unergründete Zwangslage [5:06]
  4. Stehlen von der Zukunft [9:26]
  5. Unser Zeitalter des Überschwangs [10:18]
  6. Übernahme und Abbau [12:07]
  7. Thomas Malthus [14:32]
  8. Die industrielle Revolution [16:45]
  9. Ökologische Erleuchtung [19:25]
  10. Keine realen Bösewichte [21:34]
  11. Ein neues ökologisches Paradigma[23:29]
  12. Cargoismus [25:05]
  13. Das Schlimmste erwartend [27:03]
  14. Das Verbot der Werbung [29:17]
  15. Unterminieren der Demokratie [33:02]
  16. Die wirkliche Natur der Menschheit [35:31]
  17. Erneuertes Interesse an “Overshoot” [38:08]
  18. Ökologische Bescheidenheit [38:42]
  19. Relokalisierung [40:13]
  20. Menschliches Handeln [41:46]
  21. Neues Buch “Die kommende Sackgasse der Menschheit [44:56]
  22. Abschließende Botschaft [47:18]

 

Transkript in deutscher Sprache:

Interview mit William Catton, Autor von „Overshoot: The Ecological Basis of Revolutionary Change“ (dt.: Über das Ziel hinaus schießen: Die ökologische Basis von revolutionären Veränderungen).

Das Folgende ist ein Interview mit Dr. William R. Catton, Junior, am 9. August 2008 bei ihm zu Hause in der Nähe von Takoma, im Bundesstaat Washington. Die meisten Fragen in diesem Interview beruhen auf seinem Buch „Overshoot: The Ecological Basis of Revolutionary Change“ (dt.: Über das Ziel hinaus schießen: Die ökologische Basis von revolutionären Veränderungen, im Rest des folgenden Textes nur mit „Overshoot“ bezeichnet). Das Buch wurde 1980 erstmals veröffentlicht, es analysiert die ökologische Zwangslage der Menschheit mit einem außerordentlichem Maß an Mut und Einsicht. Es wird nun in weiten Kreisen als eine grundlegende Erklärung anerkannt, die viel zu lange ignoriert wurde.
Anfang

Ökologische Erweckung [0:45]

Interviewer: Herr Dr. Catton, Sie sind als Soziologe ausgebildet und ihre frühen Forschungsprojekte befassen sich mit rein sozialen Aspekten. Problemtrinken, Organisation, Verhalten usw.. Wie kam es, dass Sie sich mit den ökologischen Aspekten der Tragfähigkeit und dem Überschwingen befasst haben.


Catton: Als ich Dekan an der Universität Washington war, war ich für mehrere Jahre in der Bibliothekskommission der Universität. Der Leiter der Bibliothekskommission war ein Professor der Forstwissenschaft und daher hatten wir all unsere Versammlungen in der Forstwissenschaftlichen Fakultät. Ich habe außerdem eine Weile mit einem anderen Professor der Forstwissenschaft zusammengearbeitet, Frank Brockman der Anfangs ein Park-Naturforscher im Mount Rainier National Park war und der anschließend zum Yosemite National Park versetzt wurde. In unserer Zeit in Seattle, besonders im Sommer, im Grund aber im ganzen Jahr, verbrachte meine Familie einen großen Teil ihrer Zeit im Mount Rainier National Park. Wir waren, ehrlich gesagt, Liebhaber des Nationalparksystems und ich genoss insbesondere die Ausstellungen und Besucherzentren in diesen Nationalparks und ich begann von diesen Ausstellungen einige ökologische Konzepte zu lernen. Während ich mit Frank Brockman die Einstellung der Hinterlandbenutzer dieser Nationalparks untersuchte, lernte ich dass es einige von uns gab, und nicht nur meine Familie, die die Übernutzung mancher dieser Gebiete beklagten, und so wurde ich im Bezug auf Bevölkerungsdruck sehr viel mehr sensibilisiert als dies wohl sonst der Fall gewesen wäre. Zur selben Zeit wuchs die Universität Washington. In der Zeit in der ich dort war hat sich die Zahl der Studenten mehr als verdoppelt, von etwa 16.000 als ich mich dort als Student ein schrieb, bis deutlich über 32.000 bevor ich dort aufhörte. Und alle diese Einflüsse ließen mich mehr im Bezug auf Bevölkerungsdruck nachdenken als nur die reinen Bevölkerungszahlen. Ich war mir der Tatsache bewusst, dass Politiker, insbesondere Lokalpolitiker, im Wachstum immer einen Vorteil sehen. Das Wachstum von Seattle war eine gute Sache aus ihrer Sicht. Insbesondere Bauunternehmer genossen das Bevölkerungswachstum in diesem Gebiet, weil es einen wachsenden Markt für neue Häuser und andere Bauwerke mit sich brachte. Aus meiner Sicht wurde ein Teil der Großartigkeit dieser Gegend durch das Bevölkerungswachstum vermindert. In einem Sommer arbeitete ich an einem Forschungsprojekt den Sommer durch und es gelang mir meine Arbeitszeit so einzuteilen, dass mein freies Wochenende am Montag und Dienstag war. Dafür arbeitete ich am Samstag und Sonntag in meinem Büro und wir fuhren am späten Sonntagnachmittag ins Wochenende in das Campinggebiet von Mount Rainier, und der ganze Rückreiseverkehr kam uns entgegen während wir Richtung Nationalpark fuhren. Wir konnten zwischen all den verschiedenen Campingplätzen wählen, während die Menschen an dem richtigen Wochenende sich mit der Menschenmenge konfrontiert sahen. Es gab ein Wochenende an dem wir mit einigen Besuchern hoch fuhren und daher das normale Wochenende nehmen mussten. Dabei wir es schwer einen passenden Campingplatz zu finden. Erfahrungen wie diese sensibilisierten mich für die Auswirkungen des Populationsdrucks. Aber das war nur eine von vielen Variablen über die ich nacheinander zu lernen begann wie Ökosysteme funktionieren. Zumindest war das ein Anfang.
Anfang

Unsere unergründete Zwangslage [5:06]

Interviewer: Das 1. Kapitel ihres Buches hat den Titel Die unergründete Zwangslage der Menschheit. Auf welche Zwangslage beziehen Sie sich?

Catton: Die Zwangslage, auf die ich mich beziehe ist, dass wir in einer Kultur leben, die zum großen Teil geformt wurde als die Europäer in das Land kamen, das sie die neue Welt nannten. Die Bevölkerungsdichte der hier Lebenden, die wir heute amerikanische Ureinwohner nennen, und die wir damals Indianer nannten, war sehr viel geringer als die Bevölkerungsdichte im damaligen Europa. Unsere Institutionen wurden auf der Annahme gegründet, dass Raum da wa,r wohin man gehen konnte. Unsere Werte waren auf die Freiheiten gegründet, die man haben kann wenn man so viel freien Raum hat den man nutzen kann. Man hatte kaum begonnen die Ressourcen anzuzapfen, die später in großem Maße angezapft und die dann knapp werden würden. O. k. nach einigen Jahrhunderten des Wachstums, das man nach dem Beginn der der Kolonialisierung der neuen Welt hatte, haben wir nun in Amerika eine höhere Bevölkerungsdichte als man sie in Europa damals hatte als dies begann. Und wir sind eine sehr viel größere Art als damals, nicht in Bezug auf unsere eigene Körpergröße, sondern in Bezug auf all die Apparate, die wir gebrauchen, um unseren modernen Lebensstil zu leben. Die Zwangslage, der wir uns gegenübersehen ist, dass was wir mit einem großen Tragfähigkeitsüberschuss begonnen haben, während wir nun aber ein Tragfähigkeitdefizit haben, wo die Belastung des gesamten Ökosystems der Welt, ganz zu schweigen von diesem Land, die Tragfähigkeit bei weitem überschreitet. Wir haben noch nicht gelernt die Tatsache zu akzeptieren, dass wir nun in einer Welt leben, die ein Tragfähigkeitsdefizit hat. Das ist die Natur der Zwangslage. Wir bleiben dabei, sie in politischen und wirtschaftlichen Begriffen zu definieren, aber das wird dem Thema nicht gerecht.

Interviewer: Denken Sie dass wir es heute besser ergründen als vor 30 Jahren?

Catton: Wir beginnen. Mehr und mehr Schriftsteller schreiben über die Erschöpfung der Ressourcen und darüber, was mit den Materialien geschieht, die wir der Erde entnehmen und nutzen, und die nachdem wir sie genutzt haben, dann irgendwohin müssen. Umweltverschmutzungsprobleme werden uns mehr bewusst, aber wir neigen noch sehr dazu, diese im Sinne von Reinigungsaktionen zu sehen. Aber wenn sie etwas sauber machen und den Dreck entfernen müssen sie ihn irgendwo anders hin tun. Der Raum für ” irgendwo anders” geht uns allmählich aus. Außerdem haben wir die Atmosphäre des Planeten zu lange als Müllhalde benutzt. Wir beginnen nun die Rückwirkungen zu erfahren. Mit dem was wir getan haben, haben wir die Atmosphäre verändert. Der CO2 Gehalt der Luft hat sich seit Beginn der industriellen Revolution nahezu verdoppelt. Und wir beginnen nun die Rückwirkungen davon zu erfahren, mit der globalen Erwärmung, dem Beginn eines messbaren Ansteigen des Meeresspiegels, Änderungen der Jahreszeiten, Wanderung von biotischen Gruppen in höhere Breiten und der Störung vieler Aspekt der menschlichen Lebens die wir nicht vorausgesehen haben. Also es gibt mehr Leute, die darüber schreiben und das öffentliche Bewusstsein dafür hat zugenommen. Obwohl es noch immer viele Menschen gibt die die Klimaerwärmung bezweifeln, so ist doch zumindest die große Mehrheit mit diesem Begriff vertraut. So gesehen, ja wir sind mehr empfänglich als in der Zeit in der ich [ das Buch “Overshoot” ] geschrieben habe.
Anfang

Stehlen von der Zukunft [9:26]

Interviewer: Sie haben wiederholt festgestellt, dass wir von der Zukunft stehlen. Was ist die Natur dieses Diebstahls?

Catton: Ressourcen die wir heute benutzen, da sie Anteile nicht erneuerbarer Ressourcen besitzen, stehen der Nachwelt nicht mehr zur Verfügung. Das ist dieselbe Sünde, wie wenn wir direkt von der Zukunft stehlen. Wir machen das ebenfalls, indem wir die Lebensbedingungen unachtsam durch Müllablagerungen usw., verändern. Gebiete, die wunderbar bewohnbar, ursprünglich, ästhetisch angenehm usw. waren werden dadurch sehr viel weniger angenehm für die Nachwelt. Die Nachwelt wird daher einige Gelegenheiten die wir als selbstverständlich angesehen haben nicht mehr haben.
Anfang

Unser Zeitalter des Überschwangs [10:18]

Interviewer: Sie beziehen sich auf das Zeitalter des Überschwangs [engl. exuberance], was meinen Sie mit diesem Ausdruck?

Catton: Ökologen sprechen von Überschwang wenn sie das rasante Wachstum meinen das vorkommen kann wenn eine Art in ein Gebiet kommt in dem sie vorher nicht vertreten war und wenn die Konditionen für sie dort gut sind um gut zu gedeihen, so dass sie sich dann überschwänglich vermehren, also schnell und ohne Beschränkungen. Wenn Sie das Wort Polymorphismus erlauben, dann können wir an eine Pflanzenart denken, die in ein passendes Gebiet eindringt in dem sie vorher nicht vertreten war und die die Gelegenheit genießt, sich rasant zu vermehren. Es gibt zwei Bedeutungen für das Wort Überschwang [engl. exuberance], Überschwang kann dieses unpersönliche rasante Wachstum, das profitieren von den günstigen Umständen, bedeuten. Aber ist auch die emotionale Bedeutung des Wortes. Wir fühlen uns überschwänglich wenn die Dinge für uns gut laufen. Wenn Sie sich eine Population von Büschen oder Bäumen vorstellen, die Gefühle haben und die in ein neues, für sie vorteilhaftes Gebiet kommen, etwa durch die Samen die irgendwie dorthin gelangt sind, die sind dann überschwänglich. Wir haben einer Zeit gelebt in der die Welt in so großem Überfluss mit Dingen ausgestattet war, die die Menschen gebrauchen konnten, dass wir uns überschwänglich vermehrt haben. Und nun sind wir in einer nach-überschwänglichen Zeit, weil wir es übertrieben haben.
Anfang

Übernahme und Abbau [12:07]

Interviewer: Sie sagen, dass es Arten gibt die zwei hauptsächliche Herangehensweisen nutzen um eine globale Wirkung zu erzielen. Können Sie erklären welche dies sind?

Catton: Nun, zum Beispiel als die Europäer damit begannen in die neue Welt zu emigrieren, übernahmen wir, für die Lebensweise der Europäer, Gebiete die vorher von einer Bevölkerung besetzt waren, die im wesentlichen noch in einer Steinzeitkultur lebten. Sie hatten nicht den Vorteil der Feuerwaffen bis sie begannen welche von unseren europäischen Vorfahren zu bekommen. Aber sie wiederum wanderten in diese Hemisphäre ein, aus Asien über die Beringlandbrücke, und sie haben Gebiete für den Gebrauch durch Menschen übernommen die vorher vollständig für nicht menschliche Arten zur Verfügung standen. Das ist die Übernahmemethode, wenn eine Art in ein Gebiet eindringt und Ressourcen übernimmt die vorher vollständig von anderen Arten verwendet wurden. Die Abbaumethode hat diese in unserer Art zu denken abgelöst. Sie hat mit dem Abbau der nur endlich vorhandenen, nicht erneuerbaren Ressourcen zu tun. Zum Beispiel mit fossilen Brennstoffen, Erzen, Substanzen eben, die nicht wieder in einem jährlichen Wachstumszyklus aufgefüllt werden, wie das mit landwirtschaftlichen Produkten der Fall ist. Die Abbaumethode hat uns, solange sie neu war, erlaubt mehr im Überfluss zu leben und ein höheres Wohlstandsniveau usw. zu haben. Aber wenn Sie diese Methode lange genug beibehalten, dann brauchen Sie Ressourcen auf.
Wir beginnen nun Probleme durch die Erschöpfung von Ressourcen in ausreichendem Maß zu bekommen, so dass wir sich deren bewusst werden. Eine Erschöpfung der Ressourcen fand von Anfang an statt, sowie jemand gesagt hat „man beginnt an dem Tag zu sterben an dem man geboren wird“. Das gilt für Zivilisationen genauso wie für Individuen. Ich will hier nicht zu viel aus dieser kleinen Ähnlichkeit machen. Wir begannen damit Ressourcen auf zu brauchen sobald wir damit begannen sie zu nutzen. Nun beginnen wir die Effekte dieses akkumulierten Abbaus wahrzunehmen.
Anfang

Thomas Malthus [14:32]

Interviewer: Viele Leute meinen, dass Thomas Malthus im Bezug auf die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung übermäßig pessimistisch war. Wie auch immer, Sie glauben, dass Malthus die Gefahren des Lebens unterschätzte. Was wollen Sie damit ausdrücken?

Catton: Malthus argumentierte, dass es für die menschliche Spezies möglich ist exponentiell wachsen und ihre Zahl exponentiell zu steigern, während die Nahrungsversorgung eher nur linear und nicht exponentiell wachsen würde. Unglücklicherweise konzentrieren sich viele Leser von Malthus, so wie auch er es getan hat, zu sehr auf die Nahrungsmittel, so als wären Nahrungsmittel die einzige limitierende Ressource. Da wir aber gelernt haben auch viele Ressourcen die wir nicht in unseren Körper tun zu verwenden, kann jede Ressource die nur in endlicher Menge vorhanden ist die limitierende Ressource werden. In diesem Sinne kann man argumentieren, dass Malthus nicht hinreichend realistisch war, weil er zu viel Aufmerksamkeit einer einzigen Ressource zukommen ließ und nicht allen Ressourcen von denen wir Gebrauch machen. Ebenfalls schien Malthus zu denken…, nun, ich sollte beginnen zu erklären dass Malthus nicht die Zukunft vorhersagen wollte. Er war daran interessiert zu zeigen, dass die Bevölkerung exponentiell wachsen würde wenn das Wachstum nicht kontrolliert wird. Die Leute vergessen oft, dass das Bevölkerungswachstum nicht unkontrolliert ist, es gibt Kontrollen die auf das Wachstum einwirken. Malthus war zu unbedacht in der Annahme, dass die Kontrollen perfekt wirken würden und dass es für uns nicht möglich wäre die Tragfähigkeit unserer Umwelt zu überschreiten. Wir können die Tragfähigkeit zeitweise überschreiten in dem wir Ressourcen verwenden die irgendwie angesammelt und gelagert wurden. Wenn wir die Tragfähigkeit überschreiten und damit dann in eine Periode des Tragfähigkeitsdefizits geraten, dann bekommen wir Schwierigkeiten.
Anfang

Die industrielle Revolution [16:45]

Interviewer: Sie sagen, dass die industrielle Revolution das Vorspiel für einen Zukünftigen Kollaps war. Warum denken Sie dass die Menschheit und die Industrialisierung übel enden?

Catton: Die industrielle Revolution hat uns auf die Verwendung nicht erneuerbarer Ressourcen festgelegt, insbesondere auf nicht erneuerbarer Brennstoffe, Energieversorgungen. Was die Industrialisierung wirklich getan hat, ist dass sie uns darauf festgelegt hat prähistorische Fotosynthese zu nutzen. Die Fotosynthese von Pflanzen, die Millionen Jahre vor dem Auftreten des Menschen stattfand. Einiges davon wurde begraben und durch geologische Prozesse in fossile Brennstoffe umgewandelt, Kohle, Erdöl, Erdgas. Diese kohlenstoffreichen Substanzen sind brennbar. Das ist nicht ihre einzige Eigenschaft, aber das ist eine wichtige Eigenschaft aus der Sicht von Homo Sapiens. Als wir begannen diese Dinge auszugraben und entdeckten dass sie brennbar waren, und dachten aha, sie brennen, mit der Energie die frei wird wenn wir sie verbrennen können wir Sachen machen.

Weil sie in so großen Mengen da waren, konnten wir die Tatsache nicht erkennen, dass ihre Menge kleiner als unendlich war. Sie muss endlich sein, weil sie Teil eines endlichen Planeten ist. Und so haben wir uns dazu gebracht in eine Richtung zu steuern in der wir immer mehr abhängen, immer mehr Gebrauch machen, von Material das nur in endlicher Menge angesammelt und vorhanden ist. Wenn wir das Material aufgebraucht haben, kann dieser Lebensstil nicht beibehalten werden. Nun, dieser Lebensstil wird gedrosselt werden, lange bevor das Zeug alles aufgebraucht ist, wenn es schwieriger und schwieriger wird das Material zu bekommen. In den ersten Jahren der Industrialisierung haben wir natürlich zuerst die am leichtesten zugänglichen Lagerstätten fossiler Brennstoffe ausgebeutet. Und nun leben wir in einer Zeit in der wir tiefer und tiefer bohren müssen um an Öl und Erdgas zu gelangen. Wir entfernen Bergkuppen um an Kohle zu gelangen usw.. So verwüsten wir den Planeten auf den unser Leben beschränkt ist.
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Ökologische Erleuchtung [19:25]

Interviewer: Ihre Position 1980 war, dass die Menschheit bereits die dauerhafte Tragfähigkeit des Planeten überschritten hatte und dass ein Zusammenbruch unvermeidbar wäre. Wenn dies damals wahr war, dann ist unsere Situation heute ganz klar sehr viel ernster. Wie zuversichtlich sind Sie, dass wir ökologische Erleuchtung erreichen und diesen Zusammenbruch auf eine humane Weise managen können?

Catton: Wir sind dabei ökologische Erleuchtung zu erreichen. Nicht so schnell wie ich wünschen würde, und wir haben nicht so bald begonnen wie ich nun wünsche. Wir werden einige Anpassungen vornehmen die hilfreich sein werden. Aber weil wir so spät gestartet sind und weil wir die Tragfähigkeit so weit überschritten haben und den Überschreitungsprozess auch jetzt noch weiter fortsetzen, wird es uns nicht möglich sein Katastrophen zu vermeiden. Ich erwarte nicht das Homo Sapiens in der nahen Zukunft aussterben wird. Kurz habe ich für eine Weile darüber nachgedacht. Aber ich denke, eine Weise auf die unsere Superüberzahl uns auf lange Sicht dienen wird ist, dass es auch nach der Katastrophe einen Rest der derzeitigen Bevölkerung geben wird. Aber das ist etwas mit dem wir uns abfinden müssen, es wird nur ein Rest sein. 6,7 Milliarden (( Ende 2014 waren es bereits ca. 7,3 Milliarden, und es werden noch viel mehr. )) von uns ist so extrem viel mehr als die Tragkraft dieses Planeten, für unsere Lebensstile, sogar für unsere früheren Lebensstile, so dass der Rest sehr, sehr viel kleiner sein wird als das. Ich habe begonnen das 21. Jahrhundert als das Flaschenhalsjahrhundert zu bezeichnen. Ökologen sprechen von Flaschenhälsen [engl. Bottleneck] bei Situationen in denen eine super dichte Population in ihrer Anzahl verringert werden muss, wobei dann nur eine Restpopulation durch den Flaschenhals gelangt. Und das ist es was mit uns passieren wird, ich denke in diesem Jahrhundert.
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Keine realen Bösewichte [21:34]

Interviewer: Eines ihrer Themen ist “Unser gemeinsames Elend ist nicht wirklich Bösewichten zuzuschreiben”. Was meinen Sie damit?

Catton: Es ist zu leicht die Schuld für unsere Probleme irgend jemandem zuzuschreiben, einigen Einzelpersonen oder einigen kleinen Gruppen von Individuen. Aber wenn unsere Schwierigkeiten wirklich auf der Tatsache beruhen, dass die Industrialisierung uns dazu gebracht hat uns in einem großen Umfang auf nicht erneuerbare Ressourcen zu verlassen und uns dazu befähigt hat uns um ein Vielfaches über die Tragfähigkeit des Planeten hinaus zu vermehren, dann haben wir an diesem Prozess alle teilgenommen. Die Erfinder der Geräte die uns dazu befähigt haben all dies zu tun waren gute Menschen, sie waren keine Bösewichte. James Watt der die Dampfmaschine entwickelt hat und der den Prozess begonnen hat, bei dem wir uns exzessiv auf die prähistorische Fotosynthese verlassen, als deren Folge die brennbare Kohle entstanden ist, dieser James Watt war ein guter Mann. Und es ist nicht gut nun zu sagen, dieser verrückte Mann hätte das nicht tun sollen. Er war kein schlechter Mann. Sicher gibt es Bösewichte. Aber die Bösewichte sind nicht die Hauptursache unserer heutigen Schwierigkeiten. Die Tendenz nach einem Bösewicht Ausschau zu halten und dann Rache zu suchen, und Rache mit Gerechtigkeit zu verwechseln, und sogar Gerechtigkeit mit einer Lösung für unser Problem zu sehen ist ein Teil unseres Problems.
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Ein neues ökologisches Paradigma [23:19]

Interviewer: Sie verweisen auf ein neues ökologisches Paradigma und eine wahrhaft ökologische Perspektive. Können Sie dieses Paradigma und diese Perspektive beschreiben?

Catton: Homo Sapiens als Mitglied des Tierreiches sehen, sei’s auch mit einigen Fähigkeiten die kein anderes Mitglied des Tierreiches hat. Anerkennen dass wir, wie alle anderen Tierarten, Ressourcen aus der Umwelt in der wir leben benötigen, dass wir eine Umwelt benötigen in der wir unsere verschiedenen Aktivitäten ausführen können und dass wir eine Umwelt benötigen in die wir die Abfallprodukte unserer Aktivitäten verbringen können. Nicht nur die metabolischen Produkte unserer eigenen Lebensprozesse, sondern auch unseren ganzen Körper wenn es mit uns vorbei ist. Wir haben zu akzeptieren, dass eine Umwelt uns auf drei Weisen dient, sie liefert uns den Nachschub den wir brauchen, sie ist der Raum für unser Aktivitäten und sie ist die Deponie für unsere Endprodukte. SAD = Source, Activity, Depository (= QAD = Quelle, Aktivität,Deponie), mach ein Akronym (=Buchstabenwort) daraus. [SAD bedeutet auf Englisch auch traurig]. Es ist eine traurige Tatsache des Lebens der wir ins Auge sehen müssen. Und ich denke Ökologen sind mehr geneigt dem ins Auge zu sehen und es zu akzeptieren als Leute die keine Ökologen sind.
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Cargoismus [25:05]

Interviewer: Sie machen sich über eine verbreitete Einstellung lustig die Sie Cargoismus nennen. Können Sie erklären was das ist und warum sie dagegen sind?

Catton: In der melanesischen Region des westlichen Pazifiks, als die Europäer begannen in dieses Gebiet einzudringen, waren die Eingeborenen, die melanesische Bevölkerung, beeindruckt von der Ausrüstung die die Europäer und die Amerikaner hatten. Besonders im Zweiten Weltkrieg wurde es wirklich stark. Schiffe brachten alles mögliche Zeug zu den Inseln und diese Leute staunten darüber. Und Flugzeuge brachten Sachen. Sie entwickelten was wir Cargo-Kulte nennen. Sie sahen diese Ladung [auf Englisch = Cargo] hereinkommen. Die Europäer hatten diese Sachen und sie hatten sie nicht. Sie entwickelten eine Mythologie die nahelegte, dass einige ihrer Brüder in der Welt vielleicht dieses Zeug produzierten und dass es rechtmäßig ihnen gehören würde wenn sie nur das richtige Glaubenssystem haben würden. Sie begannen sogar Kais und Landebahnen für die erwarteten Transporte zu bauen die die Ladung zu ihnen bringen sollten. Nun, in dem ich das als Metapher benutze, argumentiere ich das moderne Menschen erwarten das Ladung kommt, dass die Produkte der Industrie weiterkommen werden. Cargoismus ist mein Begriff für die Beschreibung des Glaubens, dass die Produkte immer weiter kommen, selbst wenn wir die Tragfähigkeit des Planeten weit überschritten haben. Und ich argumentiere, dass wir mit unserer modernen Version dieses Aberglaubens nicht besser dastehen als die Melanesier mit ihren Cargo-Kulten.
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Das Schlimmste erwartend [27:03]

Interviewer: Dr. Catton, Sie haben das Gefühl das Überschwang und Optimismus gefährlich sind und dass wir das Schlimmste erwarten sollten. Warum denken Sie dass dies die richtige Einstellung ist?

Catton: [lacht] Weil das Schlimmste kommen wird. Und wenn wir es nicht erwarten trifft es uns härter als wie wenn wir es erwarten. Lassen Sie mich darüber nachdenken wie ich das besser ausdrücken kann. Einer meiner ersten Jobs nach dem Studium war in einer Agentur, wo der Boss eine Mutter hatte die tödlich erkrankt war. Sie hatte zu diesem Zeitpunkt einen religiösen Standpunkt eingenommen, der sie annehmen ließ, dass der Grund für ihre Krankheit ein Mangel an Glauben sei. Dass sie gesund würde, wenn sie den richtigen Glauben hätte usw.. Er war traurig weil sie dies zu Schuldgefühlen in Bezug auf ihre Krankheit führte. Die Krankheit an sich war schlimm genug, aber die Schuldgefühle machten das Leben schlimmer. Die letzten paar Monate ihres Lebens wurden ruiniert, weil sie sich wegen ihrer Krankheit schuldig fühlte. Ich denke unsere Zivilisation befindet sich in einer ähnlichen Zwangslage. Wir neigen dazu irgendwie zu denken dass wir schlechte Menschen sind, wegen dem was wir diesem Planet an tun, eher als dass wir unschuldig das Material, gefunden, aus dem Boden genommen, als Brennstoff verbrannt und damit die Atmosphäre verschmutzt haben. Wir haben anzuerkennen, dass es andere Arten gab ihr eigenes Nest verpestet haben, die dies unschuldig getan haben und die trotzdem den Konsequenzen ins Auge sehen mussten. Aber zumindest wurden sie nicht traurig weil sie dachten wie schlecht sie waren, weil sie ihr eigenes Nest verpestet haben.
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Das Verbot der Werbung [29:17]

Interviewer: Sie sprechen in ihrem Buch [Overshoot] über die antisozialen Auswirkungen der Werbung und über die Notwendigkeit diese Mangel multiplizierende Industrie loszuwerden. Was denken Sie nun darüber?

Catton: Es wird schlimmer. Ich denke die Werbeindustrie ist eine Industrie die uns fundamental dazu bringt Sachen haben zu wollen die wir nicht haben. Kombiniert mit der künstlichen Veralterung, die so viele Hersteller nun praktizieren. Das diesjährige Modell sollte das letztjährige Modell ersetzen, obwohl das letztjährige Modell noch immer funktioniert. Die Modeindustrie mit der Kleidung, Autos, Geräte, alles mögliche andere. Das macht uns zu einer verschwenderischen Art. Es vernebelt die Probleme die durch unser Tragfähigkeitsdefizit entstehen müssen. Wir vergrößern das Tragfähigkeitsdefizit durch unsinnige Überproduktion von Sachen die wir nicht benötigen, und die nur erfolgt weil der Hersteller sie verkaufen muss [um Geld zu verdienen mit dem er sich selber das was er braucht kaufen kann]. Der ultimative Schuldige ist keine Person, der ultimative Schuldige ist die Tatsache dass wir als Art dazu fähig sind eine Arbeitsteilung innerhalb der Art durchzuführen. Wir können jeder als eine Unterart funktionieren. Jeder Beruf ist wie eine andere Art. Jeder Beruf mit anderen Werkzeugen, anderen Apparaten, anderer Ausrüstung stellt andere Anforderungen an das Ökosystem und hat andere Ressourcenansprüche. Das was jeder der verschiedenen Berufe an Produkten oder Dienstleistungen produziert geht weit über das hinaus, was die Mitglieder dieser Berufsgruppe benötigen. Sie müssen es daher an andere verkaufen und sie müssen dann von den anderen das bekommen was sie brauchen. Und so macht uns das Austauschsystem, das zur Arbeitsteilung gehört, alle vollkommen davon abhängig Dinge zu verkaufen. Ich verkaufe zum Beispiel die Wörter die ich als Akademiker generiere, oder das Produkt das ich als Teammitglied an einem Fließband produziere. Wenn sie es nicht verkaufen können macht es keinen Sinn es zu produzieren. Die Werbeindustrie ist unser Mechanismus um es zu verkaufen. Sehen Sie zum Beispiel den amerikanischen Postdienst. Der amerikanische Postdienst ist inzwischen hauptsächlich zum Verteiler der Werbeindustrie geworden. Das Zeugt dass wir täglich aus unserem Briefkasten holen besteht fast vollständig aus Werbung, Katalogen und dergleichen. Dass es so ist liegt teilweise daran, dass die Lieferung tatsächlicher Post heute meist per E-Mail erfolgt. Es liegt aber auch daran, dass das Porto für die Werbung zu niedrig ist. Das macht wirklich keinen Sinn, vor allem wenn sie eine ökologische Perspektive haben macht das keinen Sinn. Aber es macht Sinn aus der Sicht, dass wir nun eine Wirtschaft haben in der jeder etwas verkaufen muss um die Dinge bekommen zu können die er braucht.
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Unterminieren der Demokratie [33:02]

Interviewer: Schriftsteller William Ophuls: “Ecology and the Politics of Scarcity (1977) [dt.: Ökologie und die Politik der Knappheit] behauptete, dass ökologische Knappheit die Institutionen unterminieren kann. Könnten Sie darauf eingehen?

Catton: Menschen sind frei ziemlich umfassend das zu tun was sie wollen, wenn nur wenige andere da sind, so dass das was wir in unserem kleinen Lebensraum tun nur geringe Auswirkungen auf andere hat. Aber wenn da zu viele andere sind und wenn wir versuchen zu viele Dinge zu tun, dann wirkt sich alles was wir tun auf andere aus. Daher ist das Problem des Überschwingens, des Überschreitens der Tragkraft unserer Umwelt, dass es mehr Möglichkeiten der Verletzung der Privilegien anderer gibt, bezüglich der Dinge die sie machen möchten, während andere Leute zunehmend mich bei dem beeinträchtigen was ich machen möchte um das Leben zu genießen. Es wird für jeden schwieriger und schwieriger völlig frei das zu tun was ihm gefällt. Nun, was ist die politische Auswirkung davon? Gut, wir haben mehr Vorschriften, mehr Beschränkungen, wir haben Zonenbildungen um zum Beispiel sicherzustellen, dass in einer schönen Wohngegend Wohnhäuser stehen. Fabriken müssen irgendwo anders stehen. Die Geschäfte müssen irgendwo anders stehen, usw.. Aber Menschen haben etwas gegen Vorschriften, wir wollen nicht übermäßig mit Vorschriften gegängelt werden und so haben wir auch einen Schub der Deregulierung bekommen. Wir haben zum Beispiel die Luftfahrtgesellschaften dereguliert. Das hat uns eine Zeit lang ermöglicht zu niedrigeren Preisen zu fliegen usw.. Aber es fängt nun an einige Luftfahrtgesellschaften in den Konkurs zu treiben und nun lassen sie sich jedes Gepäckstück, das sie mitnehmen extra bezahlen, damit es nicht so aussieht als ob sie die Flugpreise erhöhen würden. Der Wettbewerb zwischen Deregulierung und Regulierung eskaliert weil immer mehr von uns versuchen mehr zu tun als der Planet wirklich vertragen kann.
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Die wirkliche Natur der Menschheit [35:31]

Interviewer: Sie sagten 1980, dass die in ihrem eigenen Feld, der Soziologie tätigen, so von den speziellen Eigenschaften der Menschheit beeindruckt sind, dass sie fast vollständig den Blick auf unsere biologische Untermauerung aus dem Blick verloren haben. Denken Sie das Soziologen und Sozialwissenschaftler im allgemeinen schließlich die wirkliche Natur des Menschen entdeckt haben?


Catton: Manche haben es, viele haben es nicht. Es gab einen Interessanten Soziologen mit dem Namen Pitirim Alexandrovich Sorokin, der wie Sie anhand des Namens erkennen können in Russland geboren wurde. Er war ein Flüchtling von der Sowjetunion in die USA, hat eine Weile an der Universität Minnesota gelehrt. Er schrieb ein Buch über Hunger als Faktor in menschlichen Angelegenheiten (( Pitirim Alexandrovich Sorokin: Hunger As A Factor In Human Affairs )) . Das war eines der frühen Bücher, das wirklich berücksichtigte, dass der menschliche Organismus, nach allem schließlich immer noch ein Organismus ist. Er war zu diesem Buch inspiriert worden weil er eine russische Hungersnot durchlebt hatte. Er war sich neben dem Hunger auch anderer Aspekte bewusst, durch die der menschliche Organismus durch die physikalischen, chemischen und biologischen Einflüsse seiner Umgebung beeinflusst wird. Ich weiß nicht ob dieses Buch sich gut verkauft hat. Eine Zeit lang war es für einen Soziologen sehr schwer Dinge in diese Richtung gedruckt zu bekommen, weil das einfach nicht zur Kultur der Sozialwissenschaft gehörte. In zunehmendem Maße ist das anders. Aber es gibt noch immer eine schrecklich große Anzahl von Soziologen, die noch stets so reden als wäre Homo Sapiens eine Art, die so vollständig anders ist, dass nichts was wir über andere Arten wissen für das Verständnis des menschlichen Verhaltens wirklich eine Rolle spielt. Ich denke das trifft für die Sozialwissenschaften im allgemeinen zu. Nun, ich weiß nicht ob ich das sagen soll, Wirtschaftswissenschaftler sind vielleicht noch weniger mit der Realität verbunden. Aber Sozialwissenschaften im allgemeinen sind sehr abgehoben. Emile Durkheim benutzte den Begriff “Der Wirtschaftswissenschaftler” abschätzig als Begriff als er die Soziologie einführte.
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Erneuertes Interesse an “Overshoot” [38:08]

Interviewer: “Overshoot” ist kürzlich ins Russische übersetzt worden und wird nun ins Spanische übersetzt. Haben jüngere ökologische Ereignisse das Interesse an ihrem Buch vorangetrieben?

Catton: Scheinbar haben die Verkaufszahlen in den letzten Jahren zugenommen. Offen gesagt bin ich überrascht, dass der Verlag es all die Jahre im Programm behalten hat. Ich bin angenehm überrascht. Es war nie ein Bestseller. Ich bin dadurch nicht reich geworden, aber es hat einige Reisen finanziert.
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Ökologische Bescheidenheit [38:42]

Interviewer: Denken Sie dass die Menschheit jemals lernen wird ökologisch bescheiden zu sein und die Zurückhaltung zu üben die sie als unsere unentbehrliche Hoffnung identifiziert haben?

Catton: Einige von uns werden es, viele von uns werden es nicht. Wenn wir durch das gehen, was ich als das Flaschenhalsjahrhundert sehe, dann werden viele der Überlebenden am Ende dieses Jahrhunderts weiser sein als der Durchschnitt der Menschen am Anfang dieses Jahrhunderts es war. Jedes Wissensgebiet ist dazu bestimmt eine Spezialität für einige Leute zu sein und nicht ein Gegenstand der Vertrautheit für die meisten Menschen. Alle Arten von Menschen sind erforderlich um die Welt wie wir sie kennen zu machen. Es wäre eine sonderbare Welt wenn wir alle Ärzte sein wollten oder wir alle ein Gehirnschirurg sein wollten oder wenn wir alle Soziologen sein wollten. Ich habe es genossen ein Soziologe zu sein, ich habe es genossen ein Umweltsoziologe zu werden, ich habe es genossen an der Soziologie etwas zu herumzudocktern und sie weiter zu entwickeln. Aber es wäre eine schreckliche Welt wenn jeder einen Doktor in Soziologie hätte. Wir brauchen andere Arten
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Relokalisierung [40:13]

Interviewer: Dr. Catton denken Sie das jüngste Versuche der Re-Lokalisierung auf Gebieten wie der Nahrungsmittelproduktion und der Arbeit helfen können den kommenden Kollaps zu mildern?

Catton: Das ist das beste was sie tun können, helfen zu mildern, sie werden das Problem nicht lösen. Eines Tages wird die Welt von einer kleineren Anzahl Menschen besiedelt sein und diese werden zwangsweise mehr von lokalen Ressourcen abhängen und weniger fähig sein sich Produkte zuzulegen, die auf der anderen Seite des großen Ozeans hergestellt oder gezüchtet wurden, als es für uns in den letzten Jahren üblich wurde. Ich weiß nicht ob wir viel zur Zukunft beitragen, wenn wir als Individuen davon Abstand nehmen Kiwifrüchte zu kaufen die aus Neuseeland importiert wurden, oder Ananas die aus China oder von wo auch immer importiert wurden. Ich schätze das kann einige Ausgaben für Treibstoff sparen und das spart minimale Mengen an CO2 Ausstoß und es wird daher die globale Erwärmung ein winziges bisschen verzögern. Aber wirklich nur ein winziges Bisschen. Es ist eine gute Idee etwas mehr lokal abhängig zu werden als wir es geworden sind. Aber das wird das Problem nicht lösen. Es wird es etwas mildern.
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Menschliches Handeln [41:46]

Interviewer: Dr. Catton eine Person die ihre Arbeit bewundert, hat gemeint das Sie deterministisch oder fatalistisch sind. Glauben Sie dass menschliches Handeln oder politische Aktionen uns in eine andere Richtung steuern können?

Catton: Menschliches Handeln ist sicher wichtig. Menschen haben die Fähigkeit Entscheidungen zu treffen, eher dies als jenes zu tun. Das Treffen guter Entscheidungen hängt vom Erwerb eines adäquaten Vermögens an relevantem Wissen ab. Ich bin ein Determinist in dem Sinne, dass sich an Ursache und Wirkung glaube. Ich glaube nicht dass wir unsere Entscheidungen grundlos treffen. Bin ich fatalistisch? Nein. Es kommt zunächst darauf an wie Sie Fatalismus definieren. Ich denke einen besonders großen Beitrag zum Verständnis des menschlichen Lebens hat ein Soziologe gemacht, mit dem ich in einem erheblichen Ausmaß nicht einverstanden war C. Wright Mills an der Columbia Universität. Er schrieb ein Buch über die Ursache des 3. Weltkrieges, in dem er argumentierte, dass es eine gute Frage wäre ob Männer Geschichte machen oder ob Geschichte Männer macht. Das war in der Zeit wo man Männer gesagt hat, heute würde man Personen sagen. Aber er definierte Schicksal auf eine sehr interessante Weise. Ich denke nicht dass dies die Beste aller möglichen Definitionen für den Begriff Schicksal ist, aber es ist eine gute Definition für eine besondere Form des Schicksals. Ich würde sie anthropogenes Schicksal nennen, welches eine spezielle Version ist. Er sagte Schicksal ist das Resultat von unzähligen individuellen Entscheidungen über andere Angelegenheiten, akkumuliert um ein Ergebnis zu produzieren, das niemand angestrebt hat. Und ich denke das ist es was passieren wird im Bezug auf die globale Erwärmung und die Verknappung der erschöpfbaren Ressourcen, usw.. Niemand beabsichtigte ein Tragfähigkeitsdefizit zu produzieren aber die Entscheidungen die viele Leute trafen, in eine Stadt zu ziehen oder damit anzufangen mit einem Traktor Landwirtschaft zu betreiben anstatt mit einem Pferdegespann, oder Ochsen oder was auch immer, die Entscheidung eine Zahnbürste zu kaufen, verschiedene Formen der Hygiene zu praktizieren um das Leben zu verlängern, alle diese Dinge trugen dazu bei die Lebenserwartung der Menschen zu vergrößern und die menschliche Bevölkerung zu vergrößern. Die Rückwirkungen davon beginnen wir nun zu spüren in der Form dieses Tragfähigkeitsdefizits und der Tatsache, dass es zu viele von uns gibt. Und nicht so viele werden imstande sein in der Welt der Zukunft zu überleben. Niemand hat das beabsichtigt, aber es ist ein Produkt unzähliger Entscheidungen über andere Angelegenheiten.
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Neues Buch “Die kommende Sackgasse der Menschheit” [44:56]

Interviewer: Ich höre sie arbeiten an einem neuen Buch. Können Sie das für uns beschreiben?


Catton: Nun, das Buch das ich zur Zeit schreibe nenne ich “Humanity’s Impending Impasse” (( mögliche Übersetzungen: “Die kommende Sackgasse der Menschheit” oder “Die bevorstehende Hängepartie die Menschheit” oder “Die drohende Hängepartie der Menschheit”, der entgültige Titel des 2009 erschienenen Buches lautet “Bottleneck: Humanity’s Impending Impasse”, also “Flaschenhals: ….”, zum Begriff Bottleneck bzw. Flaschenhals im Sinne des Autors siehe oben in dem Interview )) . Das englische Wort impasse [dt. Sackgasse] bedeutet das man auf ein undurchdringbares Hindernis stößt, das man nicht überwinden kann. Und das ist es was meines Erachtens vor uns liegt, in diesem Jahrhundert. Das ist der Grund warum ich es “the Impending Impasse” [dt. die drohendene, oder kommende Sackgasse] nenne. Wir sind noch nicht ganz am Ende der Sackgasse angekommen aber wir können sicher sehen dass es direkt vor uns liegt, am nicht sehr weit entfernten Horizont. Und es wird nicht nur ein Land oder ein paar Länder betreffen, es wird nicht nur die Industriestaaten betreffen, es wird nicht nur die Einwohner der Industriestaaten betreffen die ich “Homo Colossus” zu nennen begonnen habe, weil wir pro Kopf eine so gigantische Auswirkung auf unsere Umwelt bekommen haben. Es wird sich auf den gewöhnlichen Homo Sapiens auswirken. Wir machen mit unserem eigenen Habitat [=Lebensraum] gemacht, was wir mit dem Habitat andere Arten gemacht haben, die gefährdete Arten wurden. Wir haben das Aussterben von Arten verursacht weil wir die Bedingungen in denen sie leben konnten zerstört haben. Und wir beginnen uns nun der Zeit zu nähern in der wir sehen, dass wir das auch mit unserem eigenen Habitat gemacht haben. In diesem Buch erkläre ich übrigens auch den Unterschied zwischen Determinismus und Schicksal [engl. “fate”]. Und ich schlage auch vor, dass einige unserer geschätzten Glaubensinhalte notwendigerweise als Glauben an Magie angesehen werden müssen. Wir wissen es besser. Magie ist wirklich nur Illusion. Ich weiß nicht ob die Leute das Buch kaufen wollen oder nicht. Aber ich rate den Menschen dahingehend vorgewarnt zu sein, dass die Jahrzehnte die vor uns liegen nicht so erfreulich sein werden, wie die Jahrzehnte die gerade hinter uns liegen.
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Abschließende Botschaft [47:18]

Catton: Da ist ein neues Buch, das einige Bekanntheit erreicht hat. Die letzte Vorlesung von … Wie ist sein Name? Rausch?
Interviewer: Ja.
Catton: Der, als er sich darüber klar wurde, dass er tödlich krank war, sagte, was ist die letzte Botschaft, die sie ihren Mitmenschen geben können? Ich habe das Buch noch nicht gelesen, aber ich habe eine Menge Artikel über es gelesen. Was er im wesentlichen rät, ist „erfreut euch des Lebens“. Ich würde dasselbe sagen. Verzweifelt nicht, auch wenn wir in verzweifelten Zeiten leben. Es gibt eine Menge Leben, das man leben kann und Freude, die man haben kann und erfreut euch gegenseitig. Menschen sind eine wunderbare Art auch wenn wir einigen gewaltigen Unfug machen, machen wir das meiste davon in aller Unschuld. Wir sollten in der Tatsache schwelgen, dass wir von dieser Art sind, die dieses Gehirn hier oben hat, und diese Hände hier und diese Augen und diese Ohren, mit denen wir uns an Musik und Landschaften erfreuen können, und wunderbare Sachen herstellen können und wunderbare Sachen tun können. Lasst uns genießen was übrig bleibt.

Nachspann:
Ende
Name des Interviewers: Frank M. Rotering
Schnitt und Videoproduktion: Patricia Woods

Copyright 2008 Frank Rotering
frank_rotering@yahoo.com

Der Interviewer, Herr Frank Rotering hat selbst zwei Bücher geschrieben, die ich aber noch nicht gelesen haben. Das Buch  Needs and Limits: A New Economics for Sustainable Well-Being  gibt bereits in der 3. Auflage, die z.B. über www.Buecher.de und über www.booklooker.de erhältlich ist. Auf der Internetseite http://contractionism.org/  von Frank Rotering kann man u.a. die pdf-Versionen seiner Bücher herunterladen.

Transkript in deutscher Sprache erstellt von Christoph Becker, fertiggestellt am 1.3.2015

Nachtrag: Seit Oktober 2016 ist das Buch “Overshoot – The Ecological Basis of Revolutionary Change von William Catton kostenlos als pdf-Datei verfügbar:  monoskop.org/File:Catton_Jr_William_R_Overshoot_The_Ecological_Basis_of_Revolutionary_Change.pdf