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Klimaschutz durch Landwirtschaft

Lesedauer 6 Minuten
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Im Juli 2019 habe ich für die Vierteljahreszeitschrift Tumult [2] einen Artikel mit dem Titel KLIMASCHUTZ DURCH LANDWIRTSCHAFT – Ein Gegenentwurf zur grünen CO2-Globaldoktrin geschrieben.  Hier möchte ich nun die pdf-Version des Anfang September in der gedruckten Ausgabe von Tumult erschienenen Artikels verfügbar machen. Auch habe ich inzwischen einiges dazu gelernt und möchte hier daher einige Nachbemerkungen machen.

Inhaltsverzeichnis

pdf-Version von Klimaschutz durch Landwirtschaft

Hier zunächst der Link auf die pdf-Datei meines in Tumult erschienenen Artikels: CB_2019-07-22_Tumult-KlimaschutzLandw.pdf [12]

Nachträge, am 20.9.2019:

Klimaneutral durch Mikrobiologie in nur 3 Jahren

In der dem Thema Kohlenstoffkreislauf und Klimadebatte gewidmeten 14. Lektion ihres neuen Grundkurses über das Bodenleben (www.soilfoodweb.com/courses-and-training [13] ) geht Frau Dr. Elaine Ingham unter anderem auf die Möglichkeiten der Kohlenstoffsequestrierung in land- und forstwirtschaftlich genutzten Böden ein. Ihr Fazit: Die Klimawissenschaften operieren mit falschen Daten über die Möglichkeiten der Land- und Forstwirtschaft. Die “sogenannten Wissenschaftler” hätten offensichtlich die neuere Literatur nicht gelesen und würden die  Öffentlichkeit und die Politik  falsch informieren und damit zu falschen Schlussfolgerungen und tragischen Fehlentscheidungen verleiten.

Wenn man heute weltweit damit anfangen würde, das Bodenleben zu optimieren, dann könnte die Wirtschaft bei gleichbleibenden CO2-Emissionen in nur 3 Jahren CO2-neutral sein. Man könnte dann sogar die CO2-Konzentration in der Atmosphäre wieder z.B. auf  350 ppm senken.  Man sollte aber vorsichtig sein und nicht übertreiben, denn man könnte die CO2-Konzentration auch zu weit absenken.

In den letzten Tagen bin ich dann zufällig auch noch auf eine weitergeleitete E-Mail der australischen Bodenmikrobiologin Dr. Christine Jones aus dem Sommer 2017 gestoßen, in der diese vorrechnet, dass Deutschland ohne weiteres seine CO2-Emissionen mit Hilfe der Landwirtschaft als Kohlenstoff im Boden einlagern könnte.  Die Webseite von Frau Dr. Christine Jones ist http://www.amazingcarbon.com/ . Aktuell ist diese Seite nicht erreichbar. Über das Internetarchiv “WayBackMachine” (https://web.archive.org/web/*/https://www.amazingcarbon.com) kann man aber weiter darauf zugreifen. Ich hatte im Sommer 2017 den Handout für einen Vortrag von Dr. Christine Jones ins Deutsche übersetzt.  Die Übersetzung habe ich jetzt auch als pdf-Datei hochgeladen, weil er ebenfalls für das Thema Klimaschutz durch Landwirtschaft relevant ist: JonesChr-5PrinciplesOfSoilHealth-deutsch-2017-06-19b.pdf [14].

Treihausgaseinsparungen in der Landwirtschaft

Die Landwirtschaft könnte nicht nur sehr große Mengen CO2 aus der Luft entnehmen und als Kohlenstoff im Boden einlagern. Es könnten vielmehr auch die bisher von der Landwirtschaft verursachten Treibhausgasemissionen in sehr großem Umfang reduziert werden.

Lachgas, Ammoniak, Methan und einige andere, zum Teil sehr übel riechende Gase entstehen bei anaeroben mikrobiologischen Prozessen. Wenn das Bodenleben intakt ist und  wenn man organische Abfallprodukte und auch Mist und Gülle mit ausreichender Luftzufuhr verkompostiert, dann ist CO2 das einzige Gas, das die Bakterien und Pilze produzieren. Erst die Zersetzung in einem zu sauerstoffarmen Milieu führt zur Produktion von Lachgas, Ammoniak, Methan usw.. Lachgas ist dabei ein 298 mal so wirksames Treibhausgas wie CO2.

Durch ein gesundes, für die anzubauenden Wirtschaftspflanzen optimiertes Bodenleben kann man auf Düngemittel, Pestizide und Fungizide verzichten. Die mit der Produktion und Anwendung dieser Agrarchemikalien verbundenen Treibhausgasemissionen und sonstigen Umweltbelastungen kann man damit vermeiden.

Die Ursache für den Erfolg der Grünen Revolution und für scheinbare Notwendigkeit von Mineraldüngern und anderen Agrarchemikalien ist die Störung oder Zerstörung des Bodenlebens z.B. durch Bodenbearbeitung, durch die Verdichtung der Böden und durch das Aufbringen von Chemikalien und auch von nicht verkompostiertem Mist.

Ein sehr wichtiger Aspekt ist auch die Beachtung der Veränderung des Bodenlebens bei der Sukzession der Pflanzen. Die Landwirte optimieren ihre Böden mit der Bodenbearbeitung und auch mit anderen, das Bodenleben beeinträchtigenden oder zerstörenden Maßnahmen immer wieder für Unkräuter, die sie dann mit teuren Chemikalien oder im Biolandbau mit weiterer Bodenbearbeitung zu bekämpfen suchen. Wenn man stattdessen die Bodenmikrobiologie gezielt für die geplanten Nutzpflanzen optimiert, dann entziehen die Nutzpflanzen über bestimmte Bodenpilze dem Unkraut  Nährstoffe und das Unkraut führt nur noch ein kümmerliches Dasein.

Auch ist es so, dass gesunde Pflanzen, die von einem gesunden Bodenleben unterstützt werden, weitestgehend immun gegen Pflanzenkrankheiten  sind, was dem Bauern auch wieder jede Menge Geld sparen kann.  In Übergangsphasen kann man nachhelfen, indem man Pflanzen mit wässrigen Lösungen einsprüht, in denen die benötigten Mikroorganismen enthalten sind.

Die 5. Agrarrevolution nach Prof. David Montgomery

In seinem Vortrag  Growing a Revolution: Bringing Our Soil Back to Life [15] erklärt Prof. David Montgomery zunächst, wie Bodenerosion und die Zerstörung landwirtschaftlicher Nutzflächen durch  landwirtschaftliche Nutzung zum  Untergang früherer Zivilisationen beigetragen hat. Wie er zeigt, korrelierte die Lebensdauer von Zivilisationen mit etwa 1000 Jahren ziemlich gut mit der Zeit, die zum Abtrag des Mutterbodens per Bodenerosion durch landwirtschaftliche Nutzung gemessen wurde.

Die moderne konventionelle Landwirtschaft zerstört die Böden besonders schnell und sie macht das weltweit. Wenn man dagegen nichts unternimmt, wird das in einigen Jahrzehnten unsere Zivilisation zerstören.

Als Folge seiner deprimierenden Studien und Einsichten zum Thema Bodenerosion hat sich Prof. David  Montgomery schließlich auch mit der Frage beschäftigt, ob und wie man zerstörte Böden reparieren kann. Auch hat er Landwirte besucht, die ihre Böden in einem guten Zustand halten und die Bodenerosionen verhindern. Über einige der Betriebe und über die Methoden dieser Landwirte, wie z.B. Gabe Brown, Dave Brandt und Joel Salatin,  hatte ich auf freizahn.de schon geschrieben.

Besonders interessant an dem Vortrag von Prof. David Montgomery fand ich, dass er zu dem Schluss kommt, dass wir es hier mit einer fünften landwirtschaftlichen Revolution zu tun haben.

Die erste landwirtschaftliche Revolution war demnach, dass man überhaupt angefangen hat Landwirtschaft zu betreiben, indem man z.B. Getreide gesät und geerntet hat.

Die zweite landwirtschaftliche Revolution war, dass man sich um das Land gekümmert und  Brachzeiten und Fruchtfolgen angewendet  hat.

Die dritte landwirtschaftliche Revolution war die Mechanisierung der Landwirtschaft im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Das war der Einsatz von modernen Wendepflügen, Traktoren, Sämaschinen, Bindern, Mähdreschern usw.

Die vierte landwirtschaftliche Revolution war der Einsatz von  Mineraldüngern, Pestiziden und anderen Agrarchemikalien, sowie der Einsatz von genmanipulierten Pflanzen.

Die fünfte landwirtschaftliche Revolution ist, dass man lernt, das Bodenleben in seiner ganzen Komplexität gezielt zu restaurieren, zu erhalten und zu nutzen.

Sinkende Luftfeuchte kompensiert Wachstumszunahme

Wie der Artikel Increased atmospheric vapor pressure deficit reduces global vegetation growth [16] zeigt, beobachtet man seit einiger Zeit ein Sinken der Luftfeuchte. Dies kompensiert offenbar die Zunahme der Photosynthese, die durch die steigenden CO2-Konzentration zu erwarten wäre. Das war angesichts der intensiven Bodenbearbeitung und der oft über Monate nicht oder kaum vorhandenen Abdeckung der Böden mit Pflanzen zu erwarten. Dazu beitragen dürfte auch der geringe, bzw. der gesunkene Kohlenstoffgehalt der landwirtschaftlich genutzten Flächen. Aber auch die Versiegelung der Flächen durch Bauwerke und Straßen dürfte zur Reduzierung der Luftfeuchte beitragen.

Zu Suche nach Lösungen für das Problem der sinkenden Luftfeuchte möchte ich hier einmal mehr auf folgende Seiten hinweisen:

Das Sinken der Luftfeuchte kann man jedenfalls stoppen und wieder rückgängig machen. Eine Regeneration und Optimierung des Bodenlebens und die Steigerung des Kohlenstoffgehaltes der Böden wäre auch dabei eine große Hilfe.

Kelberg, den 20. September 2019

Christoph Becker

Nachtrag am 21.09.2019

Daten aus Dr. Elaine Inghams Kurs

Wie schon erwähnt hat enthält der Grundkurs (Soilfoodweb Foundation Class) der amerikanischen Mikrobiologin Dr. Elaine Ingham eine Lektion über den Kohlenstoffkreislauf, in dem das Thema CO2 und Klima behandelt wird. Ich übersetzte hier einige Daten aus den zugehörigen Folien, da diese im wesentlichen auch meine Argumention unterstützen:

  • Die vorindustrielle CO2-Konzentration betrug ca. 280 ppm. 2018 war dieser Wert auf ca. 410 ppm gestiegen., was ca. 3000 Milliarden Tonnen CO2 entspricht. Das ist ein Anstieg von 900 Milliarden Tonnen oder von 42 %.
  • Die gegenwärtigen Treibhausgasemissionen betragen ca. 18 Milliarden Tonnen jährlich (netto, bei Berücksichtigung der natürlichen Resorbtionsfaktoren).
  • Um von 410 ppm (der aktuelle Wert) auf das als “sicher” angenommene Niveau von 350 ppm zu kommen müssten wir ca. 60 pmm oder ca. 450 Milliarden Tonnen zuzügliche der jährlichen Emissionen von 18 Milliarden Tonnen sequestrieren.

Ist das realisierbar?

…..

Wieviel Kohlenstoff in der Atmosphäre kommt weltweit aus den Böden?

  • Die Schätzungen stark. Eine konservative Schätzung ist, dass in den letzten 12.000 Jahren, seit dem Übergang vom Normandenleben zur Sesshaftigkeit und zur Kultivierung der Böden 133 Milliarden Tonnen Kohlenstoff aus den Böden in die Atmosphäre entwichen sind.
  • Die derzeit in den Mutterböden gespeicherte Kohlenstoffmenge beträge ca. 2500 Milliarden Tonnen.
  • Also ist es möglich, dass wir mindestens ca. 133 Milliarden Tonnen in diesen relativ großen Kohlenstoffpool transferieren können. Dies würde eine Zunahme des Kohlenstoffpools der Mutterböden von nur 5,2 % bedeuten.
  • Können wir die 450 Milliarden Tonnen Kohlenstoff in die Böden bringen, und damit  die CO2-Konzentration in der Atmosphäre auf das als “sicher” erachtete Niveau von 350 ppm senken? Das wären ca. 18 % der Kohlenstoffpool der Böden.

………………

Mit welcher Rate können wir Kohlenstoff in die Böden pumpen?

  • Die Menschheit bewirtschaftet weltweit ca. 5 Milliarden Hektar.
  • Wir sind derzeit fähig bis zu ca. 10 Tonnen pro Hektar und Jahr zu squesterieren (Dr. Richard Teague) [Während es vielleicht nicht realistisch erscheint, dass wir das heute auf allen Flächen erreichen können, könnte es in, sagen wir 10 bis 15, mit weiteren Investition in die Forschung möglich sein dies überall zu erreichen.]
  • Das entspricht ca. 50 Milliarden Tonnen Kohlenstoff pro Jahr
  • Die globalen Nettoemissionen betragen ca. 18 Milliarden Tonnen pro Jahr.
  • Damit bleiben ca. 30 Milliarden Tonnen pro Jahr an zusätzlich möglicher Kohlenstoffsequestrierung übrig, mit denen wir an einer Umkehr des Klimawandels arbeiten können. Um 450 Milliarden Tonnen zusätzlich, über laufenden Emissionen hinaus zu sequestrieren und damit die CO2-Konzentration wieder auf ein “sicheres” Niveau von 350 ppm ab zu senken, würde man ca. 15 Jahre brauchen, wenn man annimmt, dass man ab morgen alle landwirtschaftlichen Nutzflächen dieser Welt transformiert und enstprechend bewirtschaftet. Wenn man dazu auch noch die Reduktion der Emissionen rechnet werden die Aussichten etwas optimistischer.

Schlussfolgerung: Die Sequestrierung von Kohlenstoff in den landwirtschaftlichen Nutzflächen kann SEHR WIRKUNGSVOLL sein!

 

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