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Was Markus Kralls Sichtweise fehlt

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Fasziniert habe ich mir jetzt auf Youtube Dr. Markus Krall – Der Finanzcrash kommt 2020 – Warnung und Rettungstipps vom Bestsellerautor [2] angesehen. Exzellent und Genial!  ABER, in der Sichtweise  von Dr. Markus Krall und seinem Publikum gibt es eine wichtige Lücke.

Das in der Präsentation und auch in der anschließenden Diskussion angesprochene Phänomen, dass man seit einiger Zeit in Europa ein Wirtschaftswachstum hat, welches NICHT mehr mit einem Produktivitätszuwachs verbunden ist, also der Umstand, dass die Wirtschaftsleistung und Beschäftigung steigen, aber die Reallöhne gleich bleiben oder sinken, ist ein Zeichen sinkender Nettoenergie.

Um produktiver werden zu können, brauchen die Menschen nicht nur Wissen und Ideen, sondern auch Energie. Damit der Wohlstand, also die Reallöhne steigen können, muss die nach Abzug des für die Energieproduktion selbst nötigen Energieverbrauchs verbleibende Energie zunehmen.

Ein Beispiel zur Veranschaulichung des Problems

Stellen wir uns vor, wir haben bisher für die Produktion eines Energieäquivalentes von 1000 KWh insgesamt 100 KWh Energie aufgewendet. Weil die Produktion aus geologischen oder politischen Gründen schwieriger wird, steigt unser Energieaufwand für die Energieproduktion selbst nun von 100 auf 200 KWh.  Gleichzeitig gelingt es uns aber, die Energieproduktion von 1000 KWh auf 1100 KWh zu steigern. Wenn wir Geld vereinfachend als indirektes Versprechen auf die künftige Lieferung von Energie sehen, dann können wir ein Wirtschaftswachstum von 10 %, nämlich von 1000 auf 1100 KWh melden.  Die produzierte Nettoenergie, mit der wir die realen Löhne produzieren,  beträgt in unserem Beispiel nun aber 1100 – 200 = 900 KWh.  Sie ist also gleich geblieben.  Um die Reallöhne zu steigern, hätten wir in dem Beispiel unsere Energieproduktion deutlich mehr steigern müssen. Damit würde in der realen Welt heute aber auch der Wirkungsgrad der Energieproduktion weiter und schneller sinken, weil wir unwirtschaftlichere Energiequellen und Verfahren einsetzen müssten.

Die Zahl der Zombieunternehmen ist größer

In seinem Vortrag erklärt Dr. Krall, dass er den Anteil der sogenannten Zombieunternehmen aus historischen Daten abgeleitet hat. Nach diesen historischen Daten gehen etwa 2 % der Unternehmen pro Jahr pleite, weil sie unwirtschaftlich arbeiten. Durch die Zinspolitik der EZB ist dieser Prozentsatz nun seit der letzten Finanzkrise künstlich reduziert worden. Dadurch sind jede Menge faule Kredite entstanden. Es gibt daher inzwischen einen Stau an unwirtschaftlichen Unternehmen, von dem europaweit inzwischen 50 Millionen Arbeitsplätze betroffen sind.

Diese Zahlen sind aber in Wirklichkeit deutlich höher, weil sie aus historischen Daten einer Vergangenheit abgeleitet sind, in der die  Energie deutlich billiger, bzw. mit weniger Energieaufwand produzierbar war als heute und in Zukunft. Der Finanzcrash und die zu erwartenden wirtschaftlichen und politischen Folgen werden also noch heftiger werden als Dr.  Markus Krall es voraussieht.

Zum Problem der Nettoenergie möchte ich auf meine folgenden Artikel hinweisen:

Diese Ergänzung zur Sichtweise und zum Vortrag von Dr. Markus Krall ist wichtig, weil damit klar wird, dass der Neuanfang nach dem Crash sich sehr grundlegend von den Neuanfängen nach allen anderen Wirtschaftszusammenbrüchen und Bankenkrisen der letzten 200 Jahre unterscheiden wird. Dazu hier auch noch einmal die folgende Grafik aus der zweiten Auflage von  Energy and the Wealth of Nations: An Introduction to Biophysical Economics [6], von Charles Hall und  Kent Klitgaard:

[7]
Bild 7.13, Seite 179, aus “Energy and the Wealth of Nations”, 2. Auflg., von Charles Hall und Kent Klitgaard.
Prinzipielle Sicht der Relation des wirtschaftlichen Konzeptes von Hall und Klitgaard und der Hubbert Kurve für den gesamten Ölverbrauch. Die meisten wirtschaftswissenschaftlichen Konzepte wurden während einer Periode steigender Energienutzung entwickelt. Sie könnten in der aktuellen Zeit des Peak Oil (schwankender Energieverbrauch im Bereich des Maximums der Kurve) Probleme mit der Erklärung der wirtschaftlichen Ereignisse haben. Wie werden sie sich in der Zeit zurückgehender Energieverfügbarkeit bewähren?

Das Problem der Komplexitätskosten und die EU

Im Vortrag wird auch die Zunahme der Komplexitätskosten des Bankensystems und Donald Trumps interessantes Vorgehen dazu erklärt.

Komplexitätskosten gehen von einem bestimmten Punkt an auch auf Kosten der noch verbleibenden Nettoenergie.

Wenn man das Problem der knapper werdenden Nettoenergie mit dem Phänomen der Komplexitätskosten im Sinne Joseph Tainters ( www.freizahn.de/2014/11/kollaps-komplexer-gesellschaften-interview-joesph-tainter/ [8] ) und  www.freizahn.de/2016/06/warum-kleiner-oft-besser-ist/ [9] und der dort verlinkten Literatur betrachtet, dann sieht man auch, dass die EU und vielleicht sogar die Bundesrepublik Deutschland nach dem Crash zerfallen wird.  Große, komplexe Einheiten kosten nämlich Energie. Sie machen nur dann und nur so lange Sinn, wie man reichlich Nettoenergie hat. Wenn man reichlich Nettoenergie hat, DANN können große staatliche und zwischenstaatliche Organisationen ein gutes Mittel zur weiteren Steigerung oder zum Schutz des Wohlstandes sein.

Jetzt macht die Schwäche der Bundeswehr Sinn

Ein spöttischer Gedanke, der mir bei dem Vortrag und der Diskussion kam war, dass ich jetzt verstehe warum die Bundeswehr nicht mehr einsatzbereit und Deutschland faktisch wehrlos ist: Damit kann es sich bei dem zu erwartenden Crash nicht mehr wehren und Deutschland und die Deutschen müssen auf ihre Vermögen verzichten.

Weitere Gesichtspunkte und Probleme

Dr. Markus Krall und sein Publikum könnten auch andere Aspekte interessant finden, die ich in www.freizahn.de/2018/10/warum-bald-krieg/ [10]  aufgezählt und zu erklären versucht habe:

Es gibt noch mehr Punkte, wie z.B. die von Dr. Frank Salter angeführten Folgen des Multikulturalismus:  www.freizahn.de/2016/06/deutschlands-wagnis-und-gefaehrdung/ [11]  die die Folgen des offenbar nicht mehr vermeidbaren Finanzcrashs verschärfen dürften. Siehe dazu auch:

Schließlich gibt es dann noch das nicht geringe Risiko, dass Herr Erdogan in der Folge des Finanzcrash einen guten Grund finden könnte, seinen in Deutschland lebenden Anhängern mit den  türkischen Streitkräften zur Hilfe zu eilen:

www.freizahn.de/2018/03/die-armee-des-islam/ [15]

Die Realität ist also etwas sehr komplex und auch wirklich gefährlich. Aber bei der Waffenausbildung und dem Training am Schießsimulator für Reservisten der Bundeswehr, die ich letzten Samstag besucht habe, waren wir nur 12 Reservisten, bei einem Einzugsgebiet von mehreren Landkreisen.  Aus meiner Ortsgemeinde und auch aus meiner Verbandsgemeinde war ich der Einzige. Dabei bin ich Stabsarzt der Reserve und dazu auch schon fast 62 Jahre alt. Aber gut, als Zahnarzt verdiene ich ja heute auch noch etwas, weil sehr viele meiner Mitbürger meine Ideen und Vorschläge zur Vorbeugung von Schäden an ihren Gebissen nicht wirklich ernst genommen oder sich sogar darüber lustig gemacht haben. Bei der Veranstaltung des Reservistenverbandes der Bundeswehr hatte ich mit Blick auf meinen Artikel www.freizahn.de/2018/03/als-ungedienter-reservist-werden/ [16] gefragt, wie viele sich denn für dieses Programm gemeldet hätten. Die Antwort: In ganz Rheinland-Pfalz gerade mal 20. Auch die diese Zahlen verdeutlichende  Sorglosigkeit wird die Folgen des Crashs verschärfen. Wenn man bei einem Crash in jedem Ort ein paar Reservisten oder sogar eine oder mehrere Reservistenkameradschaften hätte, die die Polizei und die Verwaltung bei der Erhaltung oder Wiederherstellung der Ordnung und der Sicherheit notfalls unterstützen könnten, würde der kommende Crash bei weitem nicht so schlimm wie er dank der verbreiteten Sorglosigkeit nun wohl höchstwahrscheinlich werden wird.

Kelberg, den 29.10.2018

Christoph Becker

 

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