Dürreschäden sind vermeidbar

Lesedauer 7 Minuten
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Der folgende Artikel war zunächst Teil eines Artikels über eine sich anbahnende Revolution in der Landwirtschaft. Zur Verbesserung der Übersichtlichkeit und wegen neuer Meldungen über massive Ernteausfälle durch Dürreschäden, nun also ein eigener Artikel über Dürreschäden und über Beispiele, die zeigen, dass die Schäden, über die die Landwirte nun klagen, locker vermeidbar waren und sind.

Mein aktueller Hintergrund beim Schreiben dieses Artikels ist,  dass ich mir inzwischen die Videos aller 45 Lektionen des Online-Kurs-Paketes von Dr. Elaine Ingham  angesehen habe. Das Kurspaket hatte ich mir beim Verfassen meines Artikels Quorum Sensing und Komposttees geleistet, wie ich dort schon geschrieben habe.

Wegen der vielen Meldungen über aktuelle Dürreschäden, habe ich mir ausserdem die Präsentation ‘Digging deeper’ soil biology forum – Dr Christine Jones auf Youtube noch einmal angesehen.

Inhaltsverzeichnis

Aktuelle Berichte über Dürreschäden in Europa

Hier zunächst einige Links zur Dürre-Empfindlichkeit unserer hochtechnisierten, im Artikel von Novo so sehr als fortschrittlich gepriesenen modernen Landwirtschaft:

Eine Übersicht über Dürreereignisse in Deutschland seit 2014 gibt der Dürremonitor des Helmholtz Zentrums für Umweltforschung.

Beispiele möglicher Dürreresistenz

Australien im 19. Jahrhundert

Zunächst einige geradezu unglaubliche Beobachtungen  aus der Präsentation ‘Digging deeper’ soil biology forum’ – Dr Christine Jones .  Sie zitiert dort George Augustus Robinson, der bei seiner Reise nach Viktoria Australien, in den Jahren 1841/1842, ein umfangreiches Tagebuch geführt hat. Darin schrieb er im Februar 1842, also im australischen Hochsommer, der dem August auf der Nordhalbkugel entspricht:

  • Üppiges Gras
  • Teppiche farbenprächtiger Wildblumen
  • Tiefer, weicher Boden … Konnte leicht einen Stock 60 cm tief in den Boden stecken
  • Immer noch grün, nach 90 Tagen ohne Regen und Temperaturen um 37 bis 38 °C
  • Es gab reichlich Wild und jede Menge Wasser.

Dr. Christine Jones zeigt dann auch das folgende Gemälde einer australischen Landschaft, aus dem Jahre 1858:

Quelle: Präsentation “‘Digging deeper’ soil biology forum – Dr Christine Jones”: https://youtu.be/EKHchVlwNRg?t=3m44s

Wie sie sagt, ist diese Gegend heute ziemlich lebensfeindlich und es wäre nicht mehr möglich, dort ohne die Hilfen und Lieferungen der Industriegesellschaft zu überleben.

Ein Rasen in Oregon

Das folgende Bild zeigt Dr. Elaine Ingham in der 6. Vorlesung ihres Komposttee-Onlinekurses. Ich habe es hier aber aus dem Youtubevideo Quiz Time with Dr Elaine Ingham: Which has compost tea? übernommen:

Quelle: Youtube: Quiz Time with Dr Elaine Ingham: Which has compost tea? https://www.youtube.com/watch?v=c5j4WIupz7s

Im Juni war ein Eimer Komposttee auf den Rasen geschüttet worden. Der Rasen habe dabei überall gleich grün ausgesehen. Danach habe es ab Anfang Juli nicht mehr geregnet. Die Aufnahme wurde im September, also nach mindestens 2 Monaten Trockenheit, gemacht.

Ein Rasen in Boston

In der 4. Lektion des Life in the Soil Grundkurses berichtet Dr. Elaine Ingham von einem Versuch in einem Wohnviertel Bostons. Dort hatte man Rasen und Pflanzen nach entsprechender Analyse des Bodens mit professionell hergestellten und analysiertem Komposttee behandelt.  Der Sommer war sehr trocken und es war verboten, den Rasen und Garten zu bewässern. Die Rasen der Nachbarn waren wie das folgende Bild zeigt alle vertrocknet. Das Haus mit dem Versuchsgelände ist mit einem gelben Kreis markiert. Man beachte den grünen Rasen vor diesem Gebäude. Wie Frau Ingham erzählt,  hat die Polizei den Rasen nachts überwacht, weil man wegen des saftigen Grüns  der Meinung war, dass der Rasen nachts heimlich bewässert würde, obwohl das Bewässern von Rasenflächen und Gärten damals wegen der Wasserknappheit verboten war.

Quelle: https://environmentcelebration.com/products/life-in-the-soil-class/ 4. Lektion.

Nachtrag: Habe mir die 4. Lektion inzwischen zum zweiten Mal angehört, um das Quiz zu absolvieren. Die Geschichte mit dem Rasen und dem Garten bei diesem Haus in Boston war schon deutlich komplexer und länger. Das von Frau Ingham beratene Firmentrio hat von Oktober bis Juni mehrere Anläufe mit Kompost und Komposttees benötigt. Ein großes Problem bestand zunächst darin, überhaupt Kompost in der benötigten Qualität zu bekommen. Man habe die Angebote von  über 100 Kompostierern in den Neuenglandstaaten überprüft. Keiner der kommunalen Kompostierer habe auch nur annähernd akzeptablen Kompost liefern können.   Schließlich habe man aber eine Firma gefunden, die zumindest ausreichend guten Kompost liefern konnte. Die Qualität sei aber immer noch so schlecht gewesen, dass man im nächsten Frühjahr weitere Versuche benötigt habe. Auch die Versuche Komposttee herzustellen seien erst sehr unbefriedigend gewesen, weil die Konstruktion des Gerätes mangelhaft gewesen sei. Mit weiteren Beratungen und verschiedenen Verbesserungen habe man dann aber im Juni schließlich die angestrebte Qualität und Zusammensetzung des Bodenlebens erreicht. Diese Geschichte zeigt auch, dass es einfach so mit Rezepten und praktischem Tun nicht funktioniert.

Die Singing Frogs Farm

Paul Kaiser von der Singing Frogs Farm, ca. 80 km nördlich von San Francisco, liefert in  seiner Präsentation2014 bei der Quivira Conference einige Beispiele von seinem Betrieb.

Wie er etwa ab Minute 41 berichtet, haben die Kaisers ihr Gemüse anfangs, als sie noch konventionell gearbeitet haben, jeden zweiten Tag 3 bis 4 Stunden mit einem Dripline-System bewässert (Tröpfchenbewässerung über Schläuche). Heute, dank besserer Bodenbiologie und pfluglosem Anbau, bewässern sie ihr Gemüse nur noch 1 Stunde alle 5 bis 7 Tage.  Das folgende Bild mit dem Lama und den Ziegen zeigt einen Weg auf der Singing Frogs Farm. Die Aufnahme wurde im September 2014 gemacht, nachdem es seit April – also gut 5 Monate, nicht mehr geregnet hatte.

Quelle: Präsentation “2014 Quivira Conference, Paul Kaiser”: https://youtu.be/ukFpwvlkqUY Gras auf einem Weg auf der Singing Frogs Farm im September, nachdem es den ganzen Sommer, von Anfang April an,  nicht mehr geregnet hatte.

Über Paul Kaiser und die Singing Frogs Farm hatte ich schon öfter etwas geschrieben und ich habe diese Farm im November 2015 besichtigt, nachdem ich vorher an einem 3-tägigen Workshop bei John Jeavons teil genommen hatte.

Auf der Internetplatform Netzfrauen.de findet sich unter dem Titel Der mit der Dürre tanzt – Das wird BayerMonsanto nicht gefallen eine deutsche Übersetzung des ziemlich langen Artikels  The Drought Fighter aus dem Craftsmanship-Magazin.

Allan Savorys TED-Talk ‘Die Wüste begrünen’

Auf diesen TED-Talk hatte ich u.a. schon in meinem Artikel Weltweite Verschlechterung der Bodenqualität hingewiesen und ihn dort auch eingebunden.

Die Herde von Ian Gerrish in der  Dürre  von  2012

Unter dem Titel Maintaining a Healthy Water Cycle (dt. Einen gesunden Wasserkreislauf erhalten) hat das Iowa-Beef-Center auf Youtube schon im am 14.10.2015 eine nur 12 Minuten und 20 Sekunden dauernde Präsentation von Jim Gerrish veröffentlicht, die bisher nur 710 mal aufgerufen wurde.

Nachdem Jim Gerrish die Grundlagen erklärt und schon einige Beispiele gezeigt hat, schildert er ab Minute 9 auf das Beispiel seines ältesten Sohnes Ian Gerrish, der bei der großen Dürre im Sommer 2012 eine Mutterkuhherde im US-Bundesstaat Missouri gemanagt hat. Ian Gerrish hatte 1416 ha Land zur Verfügung. Bei seiner Herde handelte es sich um 1300 erwachsene Tiere. 600 davon waren Fleischkühe, dazu hatte er 700 Färsen für die Milchviehhaltung und trocken stehende Kühe.  Das war mehr als das Doppelte der in der Gegend dort normalen Besatzdichte. Die nächstgelegene Wetterstation war die in West Plains. 2012 war das trockenste Jahr in den 140 Jahren seit Beginn der Aufzeichnungen in West Plains.

Ian Gerrish hatte sich mit seinem Vater beraten und trieb die Tiere alle 2-3 Stunden auf eine neue Koppel. Die Färsen für die Milchviehaltung und die trockenstehenden Kühe wurden dabei in einer separaten, weniger aggressiv eingesetzten Herde zusammengefasst. Die Fleischkühe wurden am Tag ca. 6 mal auf eine neue Koppel getrieben. Die Tiere fraßen viel, aber es wurde bei dieser ultrahohen Tierdichte auch viel niedergetrampelt. Die Folge war, dass kaum blanker Boden sichtbar war. Vielmehr war der Boden gut mit Pflanzenmaterial bedeckt. Um den 1. August gab es 40 Liter Regen pro qm. Bei Ian Gerish fing das Gras darauf hin wieder an gut zu wachsen. Die Ian Gerrishs Nachbarn dagegen haben von Juni 2012 bis Juni 2013 Heu gefüttert und ihre Rinder jeweils auf der ganzen Fläche laufen gelassen.

Ian Gerrish hat die Herde dann um 20 %, auf ca. 1050 Tiere reduziert und er hat genug Gras für den Winter stehen gelassen, so dass er seine Herde nach diesem trockensten Sommer seit 140 Jahren OHNE Heu oder Silo zu zu füttern über den Winter bringen konnte, während die anderen in der selben Gegend sich gezwungen sahen, 12 Monate lang ununterbrochen Heu zu füttern.

Jim Gerrish erwähnt dieses Beispiel, um zu zeigen welchen Unterschied kluges Management machen kann.

Joel Salatins Farm in der Dürre von 2012

Ich erinnerte mich an eine Anekdote, die Joel Salatin von der Polyface-Farm in einem seiner Vorträge auf den DVDs des Salatin-Semesters erzählt:

Einer seiner Nachbarn hatte Besuch aus einem entfernteren Teil der USA. Dieser Besuch kam zu den Salatins auf den Hof, um in deren Hofladen etwas zu kaufen.  Der Besucher habe gesagt, er sei nun hunderte von Meilen in diese Gegend gefahren. Überall auf dem Weg und auch in der Nachbarschaft habe er die Folgen der Dürre gesehen, aber auf der Polyfacefarm der Salatins seien die Wiesen grün. Wie sei das möglich. Joel Salatin habe geantwortet, das komme daher, dass es auf der Polyfacefarm mehr regne. Er solle seinen Nachbarn fragen, der würde ihm das sicher auch sagen.

Später sei dieser Besucher noch einmal gekommen und Joel Salatin habe ihn gefragt, was der Nachbar denn als Ursache für die grüneren Wiesen der Polyface-Farm angegeben habe. “Dass es auf der Polyface-Farm mehr regne”, habe der Besucher gesagt.

Vor diesem Hintergrund habe ich im Internet mit “Polyface Farm drought” gesucht. Gefunden habe ich u.a. den Artikel
Saving our Farms after the Drought, der am 27.09.2012, also vor dem Hintergrund der Dürre von 2012, veröffentlicht worden ist.

Wie Joel Salatin demnach am 8. September 2012 vor einer Besuchergruppe gesagt und erläutert hat, ist seine Farm dürreresistent. Der Grund sei wohl überlegtes Design und Management.  Das zu wird in dem Artikel ein Bild von einer Weide der Polyface-Farm gezeigt. In dem Kommentar zu diesem Bild heißt es “Es gibt auf der Polyface Farm wenig Anzeichen für eine Dürre. Wälder halten die Feuchtigkeit und die Kühe grasen in der Natur.

Warum klagen dann europäischen Landwirte?

Die Klagen der Landwirte über Dürreschäden in Europa, wo die Temperaturen niedriger und die niederschlagslosen Zeiten wesentlich kürzer sind, zeigen, dass die angewendeten landwirtschaftlichen Methoden, trotz der hohen Ausgaben für Maschinen und Agarchemikalien offenbar für das heutige Klima nicht mehr geeignet sind.  Wie die obigen Beispiele zeigen, gibt es bessere  Methoden, die zudem für die Landwirte kostengünstiger sind als die heute meist angewendeten Methoden.

Die Dürreschäden der europäischen Landwirte sind jedenfalls vermeidbar. Zugleich könnten die Ernten und die Betriebsüberschüsse der Landwirte sehr viel besser sein als sie es heute sind.

Bei einer Umstellung der Landwirtschaft gäbe aber vor allem in Deutschland auch große Verlierer: Bayer/Monsanto, und auch große Teile der des Gesundheitswesens und viele Arzneimittelhersteller (zu denen Bayer ebenfalls gehört) würden drastische “Ernteausfälle” zu beklagen haben.

Dieselben landwirtschaftlichen Methoden und Fehler, die zu den  Dürreschäden führen, verursachen bei Starkregenereignissen Hochwasserschäden und Erosionsschäden. Siehe dazu u.a. meinen Artikel Mal wieder Hochwasser.

Kelberg, den 28.06.2018

Christoph Becker

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Ronin
Ronin
29. Juni 2018 12:30

Sehr geehrter Herr Becker,
ich habe jetzt nicht die Suchfunktion benutzt um festzustellen, ob Sie schon die nachfolgend genannten Veröffentlichungen gelesen haben:
https://www.infosperber.ch/Artikel/Wirtschaft/Agrarokologie-Biodiversitat-Produktivitat-Kleinbauern
https://www.infosperber.ch/Artikel/Wirtschaft/Monokulturen-Kleinbauern-Biodiversitat
Ich denke, diese beiden Artikel (2 von 3[der 3. erscheint demnächst]) gut zu Ihren sehr beachtens- und lobenswerten Arbeiten passen. Ich selbst betrache die derzeitigen Entwicklungen eher aus der geostrategisch-politischen Perspektive, bewirtschafte aber, in der Rekultivierungsphase befindlich, ca. 1500 qm Garten, halte aber gleichzeitig regen Kontakt zu der hier im Bodenseeumfeld agierenden Landwirtschaft, bei denen das “leise Klagen” zunimmt, aber wo in keiner Hinsicht Vorsorge für eine sich abzeichnende prekäre Zukunft erkennbar ist. Schon eine unkontrollierte Rotte Schwarzwild löst Panik aus. Was erst, wenn “Logistik” und Infrastruktur zusammenbrechen? Meine langjährigen Nahost- und Afrikaerfahrungen sagen mir, daß hier im “Ländle” nicht nur rubuste mentale Fähigkeiten fehlen, sondern auch die handwerklichen Fähigkeiten und Werkzeuge. Dementsrechend kann ich nur hoffen, daß in den verbleibenden Monaten, resp. Jährchen noch rechtzeitig der eine oder andere “Groschen fällt”.
Mit umfassenden Dank für Ihre bisherige Arbeit und den besten Wünschen für die Zukunft,
😉 Ronin
PS: Was macht ihre RU-Dislozierung, einige Rückmelden von Quellen aus infrage kommenden Gebieten erscheinen mir nicht sehr einladend.