Wieviele Koppeln braucht der Bauer?

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Eine der vielen Präsentationen zum Thema Landwirtschaft und Weidewirtschaft, die ich mir in der letzten Zeit angesehen habe, war Managing Grazing to Regenerate the Soil and Farm  (dt.: Die Beweidung managen, um die Böden und den Bauernhof zu regenerieren) von Prof. Dr. Richard Teague.   

Dr. Richard Teague ist Professor am Vernon Research and Extension Center (Texas A&M AgriLife Research). Sein Fachgebiet umfasst die Themen  Biodiverstität, Ökologie, Ökosystem, Umwelt, Graslandwissenschaft,  Weidewirtschaft und Regeneration von  Weidegründen sowie den Wasserhaushalt.  Auf Professor Richard Teague war ich aufmerksam geworden, weil Dr. Allen Williams unter anderem in seinen Präsentationen

aus offenbar sehr interessanten, praxisnahen  Studien von Prof. Richard Teague zitiert oder diese als Quellen angegeben hatte.

Aus der oben verlinkten Präsentation von Prof. Teague bei der von der Firma Green Cover Seeds organisierten, vierten jährlichen Southern Soil Health Conference möchte ich hier nur das Bild an Position 58:42 wiedergeben und den Text dort übersetzen:

Quelle: Richard Teague | 4th Annual SSHC, https://youtu.be/JX-bhRkVRzQ

Deutsche Übersetzung:

Was wir von Ranchern gelernt haben ….

  • Man benötigt ein Minimum von 10 Koppeln, wenn man nur mit dem Überweiden aufhören möchte
  • Landwirte mit 8 oder weniger Koppeln können kein Rotationsweiden praktizieren, sie praktizieren vielmehr rotierendes Überweiden
  • Um eine ordentliche Leistung der Tiere zu unterstützen, braucht man mindestens 14 bis 16 Koppeln
  • Für eine schnellst mögliche Verbesserung des Weidelandes  braucht man 30 oder mehr Koppeln.
  • Die größte Reduzierung der Arbeitsbelastung und die die größten Verbesserungen wurden erzielt, wenn man mehr als 50 Koppeln hatte

Walt Davis, Dave Pratt, Ranch Managment Berater

Bei den genannten Koppelzahlen handelt es sich selbstverständlich um die Anzahl Koppeln pro Herde. Bei einem Betrieb mit zwei oder drei Herden sind also zwei oder dreimal so viele Koppeln nötig. Bei 50 Koppeln könnte man die Tiere 50 Tage lang jeden Tag auf einer anderen Koppel weiden lassen, bis man sie wieder auf die erste Koppel lassen müsste.

Eine Suche mit “Walt Davis Ranch” lieferte u.a.:

Zu Dave Pratt fand ich unter anderem:

Die oben verlinkte Präsentation von Prof. Richard Teague enthält natürlich noch sehr, sehr viel mehr, meines Erachtens sehr bemerkenswerte, durch Forschung und Praxis gestützte Informationen zum Thema Die Beweidung managen, um die Böden und den Bauernhof zu regenerieren.  Die Zahl der Koppeln, die ein erfolgreicher, wirklich nachhaltig wirtschaftender Landwirt mindestens haben sollte, ist nur ein Faktor von vielen. Es geht mir hier nur darum, für Laien, Bürokraten und vor allem auch für Landwirte, anhand dieses einen Faktors sichtbar zu machen, dass hier in Deutschland einiges offensichtlich falsch läuft und nicht funktionieren kann.

Zu zeigen, wie es besser oder gar richtig im Sinne von optimal zu machen ist, wäre ein sehr komplexer, sehr viel Literaturstudium, praktische Versuche und Möglichkeiten erfordernder Prozess, zu dem mir die zeitlichen und materiellen Ressourcen fehlen.

Neulich hat mir ein kleiner Biobauer zornig geschrieben, ich solle in Sachen Landwirtschaft gefälligst die Klappe halten und mich mit der Zahnmedizin und Zahntechnik begnügen. Daher möchte ich hier  auf die Präsentation Thinking for a Change des Farmers Steve Tucker aus Nebraska hinweisen. Steve Tucker hat  seine Präsentation bei der zweiten jährlichen Southern Soil Health Conference gehalten und ich habe sie mir vor kurzem, auf der Reise zu einer sehr interessanten, ebenfalls sehr revolutionären Fortbildung zum Thema zahnärztlich/implantologische  Chirurgie, Zahnersatz und Zahntechnik bei Sofortimplantaten, angesehen. Steve Tucker ging es bei seiner  Präsentation vor allem darum, Landwirte angesichts der Revolution, die sich gerade im Bereich der Landwirtschaft vollzieht, zu mehr Offenheit gegenüber neuen Ideen und Veränderungen zu motivieren. Die folgende Bemerkung, die er gegen Ende seiner Präsentation zeigt, hat es mir dabei besonders angetan:

Quelle: Steve Tucker | 2nd Annual SSHC, https://youtu.be/B0fJcCAr9FY

Auf Deutsch:

Habe nie Angst etwas Neues auszuprobieren.

Erinnere Dich:

Die Arche Noah wurde von Amateuren gebaut.

Die Titanic wurde von Fachleuten gebaut.

Anonymus

Kelberg, den 1. Mai 2018

Christoph Becker

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Ulli Bond
Ulli Bond
1. Mai 2018 16:44

Die Ranchkurse werden Australien, Nordamerika und Afrika angeboten, weil es dort genügend Land gibt. Die Ranch wird nicht für alle möglich sein. Nach Kant sollte man sich ja so verhalten, dass das eigene Verhalten Beispiel für alle sein kann. Hier spricht aber durch den um mehrere Faktoren höheren Landbedarf und die Komplexität bei der Bewirtschaftung einiges für den Garten und weniges für die Farm.

3Westbach51
3Westbach51
1. Mai 2018 20:29
Reply to  Ulli Bond

Mein Artikel “Wie viele Koppeln braucht der Bauer” hatte den ganz realen Hintergrund, dass ich hier in der Eifel auch dieses Jahr bisher jede Menge Fälle gesehen habe, die mir zeigen, dass die Betriebsinhaber entweder zu viel EU-Agrarförderung bekommen, so dass ihnen der Ertrag und die Bodengesundheit ihres Landes völlig egal ist, oder/und dass sie in Sachen Weidewirtschaft – freundlich ausgedrückt – einige Wissenslücken haben.
Um mein Dorf herum werden z.B. weit über 100 ha Wiesen jedes Jahr nur einmal gemäht und ansonsten überhaupt nicht bewirtschaftet. Das ist auch in anderen Gemeinden hier in der Eifel weit verbreitet. Der Hintergrund ist wohl die EU-Agrarförderung. Darüber hinaus ist hier Mutterkuhhaltung und teilweise auch Milchwirtschaft relativ weit verbreitet. Was man da sieht ist aber verbesserungsfähig.
Auf all diesen Flächen könnte durch intelligente Weidewirtschaft

  • Jede Menge CO2 im Boden eingelagert werden könnte. Die Netto-CO2-Bilanz intelligenter Weidewirtschaft ist beeindruckend gut. Siehe z.B. die Präsentation von Richard Teague: https://youtu.be/JX-bhRkVRzQ?t=51m32s und auch https://www.freizahn.de/2017/06/eine-klimafreundliche-rindfleischproduktion/ und https://www.freizahn.de/2017/06/abschlussvortrag-der-grassfed-exchange-2016/
  • Die Bodenqualität drastisch verbessert werden könnte. Dadurch würden die Überlebenschancen der Bevölkerung und die Zukunftschancen kostengünstig sehr verbessert, weil damit Erträge nach einem Kollaps der Versorgung mit Agrarchemikalien höher wären. Auch hätte man dann bessere Böden und damit auch Erträge, wenn man in Zukunft in Notzeiten Wiesen in Gärten verwandeln müsste.
  • Hochwasserschutz und Gewässerschutz würden wesentlich verbessert. Gleichzeitig würde die Dürreresistenz und die Wasserversorgung in Trockenperioden besser. siehe https://www.freizahn.de/2016/09/optimierung-im-getreideanbau-und-hochwasserschutz-durch-integration-der-mutterkuhhaltung/ und
    https://www.freizahn.de/2017/05/starkregen-und-sturzfluten/ . Das Problem der Bodenerosion könnte weitgehend eliminiert werden.
  • Durch die Integration von Wiederkäuern in den Getreideanbau könnte man die die Wirtschaftlichkeit steigern, die Bodenqualität verbessern und die von der konventionellen Landwirtschaft verursachten Umweltschäden reduzieren.
  • Dabei muss man dank moderner Elektrozauntechnik keine paar hundert oder paar tausend Hektar haben um ein modernes Weidemanagement realisieren zu können. Das geht auch bei Kleinbetrieben mit wenigen Tieren und kleinen Flächen. Die optimale Herdengröße für Rinderherden liegt allerdings irgendwo zwischen mehr als 50 Tieren (Joel Salatin) und 300 bis 400 Tieren (Allen Williams). Aber auch mit nur 4 oder 5 Kühen oder mit einigen Schafen oder Ziegen kann man adaptives, gemanagtes Weiden mit hoher Tierdichte durchführen.