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Mal wieder Hochwasser

Lesedauer 6 Minuten
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Auf der Internetseite des Trierischen Volksfreundes, im Artikel Naturereignis – Lieser tritt über die Ufer – Katastrophenalarm bei Herrstein – DWD warnt vor weiteren Unwettern [2] vom 28. Mai 2018, wurde gemeldet, dass am Vorabend unter anderem die Lieser zwischen Kradenbach und Daun wieder einmal heftig über die Ufer getreten ist. Solche Hochwasser und damit auch deren Folgen sind vermeidbar. Sie sind ein Hinweis auf Mängel in der Agrarpolitik. Ziel dieses Artikels ist es, Ideen und Anregungen zur Überwindung dieser Mängel zu liefern und so u.a. das Hochwasserrisiko zu senken.

Unmittelbar vor dem Unwetter hatte ich einem Landwirt in einem Nachbardorf auf einer seiner Wiesen gezeigt, wie man mit einem Refraktometer die Nährstoffdichte von Gras messen kann und ich hatte ihm auch meine Vorrichtung zur Messung der Wasserinfiltrationsgeschwindigkeit gezeigt und  erklärt, wie man sowohl die Nährstoffdichte als auch die Wasserinfiltationsrate auf Feldern und Wiesen drastisch verbessern könnte.

Ein praktisches Problem, über das mir dieser Bauer berichtete, während die schwarzen Wolken des Unwetters immer näher kamen war, dass der Boden zu trocken sei. Meine Antwort war, dass diese Trockenheit reduziert oder vermieden werden könnte, wenn man die Wasseraufnahmekapazität der Böden verbessern würde, wie ich das in verschiedenen Artikeln auf www.freizahn.de gezeigt habe. Mich erinnert das auch daran, dass besonders im Frühjahr 2017 viele Bauern in der Eifel über die Dürre geklagt haben. Mit “vulkaneifel trockenheit 2017” fand ich dazu im Internet aus jener Zeit die Kreisnachrichten für den Landkreis Vulkaneifel in der 26. Kalenderwoche 2017 [3]. Ich zitiere daraus hier als Fußnote die Nachricht über den aus der damaligen Dürre resultierenden Erlass von Landwirtschaftsminister Wissing, auf S. 7 (Wissing erteilt Ausnahmegenehmigung zur Futternutzung von ökologischen Vorrangflächen)1  der mir wieder einmal zeigt, dass gerade auch die Agrarförderung mit ihren Auflagen zwar sehr gut gemeint ist, aber doch eine rationale, die Bodengesundheit und den Hochwasserschutz wirklich fördernde Landwirtschaft sehr behindert.2 [4]

Im  Artikel im Trierischen Volksfreund und auch in der FAZ, die ebenfalls am 28. Mai 2018 mit  FOLGENSCHWERES UNWETTER: Als die Straße im Fischbach verschwand [5] den Unwettern vom Vortag einen Artikel gewidmet hatte,  habe ich nun gelesen, dass der Raum Birkenfeld sogar von einem noch schlimmeren Unwetter, mit noch heftigeren Niederschlägen getroffen worden war.

Zitat aus dem Artikel im Trierischen Volksfreund:

Eine Messstation in der Region registrierte dem DWD zufolge fast 150 Liter Regen pro Quadratmeter in drei Stunden. Örtlich könnten es sogar in der Spitze um die 160 Liter gewesen sein, schätzte ein Meteorologe. «Das ist mehr als der übliche Monatsniederschlag.»

Zitat aus der  FAZ :

Eine Wettermessstation in der Region registrierte laut Deutschem Wetterdienst fast 150 Liter Regen pro Quadratmeter innerhalb von drei Stunden. Hunderte Keller wurden überflutet, durch den Ort Fischbach raste eine bis zu 1,60 Meter hohe Flutwelle, die mehr als 50 Autos mitriss. Katastrophenalarm wurde ausgerufen, die Stromversorgung brach teilweise zusammen. Verletzt wurde niemand, der Schaden geht allerdings in die Millionen. Einige Einwohner von Fischbach mussten wegen Einsturzgefahr ihre Häuser verlassen.

Vor diesem Hintergrund habe ich noch einmal in meinen Artikel Optimierung im Getreideanbau und Hochwasserschutz durch Integration der Mutterkuhhaltung [6] vom September 2016 nachgelesen. Dort stehen nämlich Zahlen zur Entwicklung der Wasserinfiltrationsraten von Gab Browns Ranch. Ich zitiere:

Als Gabe Brown und seine Frau die Farm 1991 von seinen Schwiegereltern gekauft haben, hat man Bodenproben genommen und auch gemessen, wie schnell Wasser im Boden versickert. Damals betrug die Wasserinfiltrationsrate 1/2 Zoll, das sind 12,5 mm pro Stunde, oder 12,5 Liter Wasser pro qm und Stunde.

2015 betrug die Infiltratioinsgeschwindigkeit 15 Zoll pro Stunde ( 38,1 cm bzw. 381 Liter Wasser pro qm und Stunde).  Die Position  in dem anfangs eingebunden Vortag, DCED – 2016 Gabe Brown – What is Soil Health? [7] von Gabe Brown ist  [1:01:23].  Die Wasserinfiltrationsrate hat sich also in ca. 25 Jahren  um das 30-Fache verbessert.  Einige Sekunden später in dem Vortrag zeigt er wie die Infiltration gemessen wird und wie rasant ein Zoll Wasser, also 25 Liter pro Quadratmeter, versickern. Bei seinem Boden dauert das heute nur noch 9 Sekunden. Zwei Zoll, also insgesamt 50 Liter Niederschlag pro Quadratmeter, versickert in nur 16 Sekunden. Demnach würde ein Sturzregen von 50 Litern in nur 25 Sekunden problemlos aufgenommen. Die bei den Browns auch auf den Getreidefeldern vorhandene Deckung des Bodens mit organischem Material würde den Aufschlag der Regentropfen zudem dämpfen. Die Fließgewässer in der Umgebung würden weder durch eine plötzlich abfließende Wassermenge noch durch damit weg gespülte Nährstoffe belastet.

Der Boden auf Gabe Browns Ranch würde also heute in nur einer Stunde mehr als das Doppelte jener Regenmenge wie ein Schwamm aufsaugen, die  nun in der Eifel und im Hunsrück über drei Stunden verteilt diese schwere Hochwasserschäden und einen Katastrophenalarm verursacht hat.

Übrigens hatte ich ausgerechnet den Gemeinden Kradenbach und Nerdlen im Herbst 2017 vorgeschlagen, in einem Tauschgeschäft für die Überlassung des Jagdrechtes, das bis dahin ca. 10 Tsd Euro Pacht pro Jahr eingebracht hatte,  zusammen mit den Landwirten und Bewohnern dieser Dörfer unter anderem eben auch jene Verbesserungen und Methoden zu implementieren und an die lokalen Verhältnisse anzupassen, die auf Gabe Browns Ranch so erfolgreich sind ( Jagd-Vorschlag-Nerdlen-Kradenbach [8] ). Die Antwort war, dass man die Jagd offiziell ausgeschrieben und nun anderweitig regulär verpachtet hat.

Dafür gibt nun aber die zuständige Verbandsgemeinde Daun, zu der diese beiden, an der Lieser von Daun aus gesehen bachaufwärts liegenden Dörfer gehören, für einen Hochwasserplan Steuergelder aus: HOCHWASSERSCHUTZKONZEPT FÜR DIE [9]
Verbandsgemeinde Daun.

Ein Thema, auf das ich bisher noch nicht eingegangen bin, aber mit dem ich mich in letzter Zeit öfters beschäftigt habe, ist der Sickstoffkreislauf in der Landwirtschaft. Insbesondere der Vortrag Nitrogen: The double-edged sword [10] von Christine Jones auf Youtube, in Kombination mit den Gülleimporten in die Eifel, sowie Joel Salatins Bemerkung, dass die Tierhaltung bei guter Landwirtschaft NICHT stinkt, hat mich dazu gebracht mich mehr mit dem Thema Stickstoff in der Landwirtschaft zu beschäftigen. Einiges muss ich mir noch einmal durchlesen bzw. noch einmal anhören. Sicher ist für mich inzwischen aber schon, dass auch in diesem Bereich vieles in Deutschland sehr verbesserungsfähig ist und dass das Thema Stickstoff und Stickoxide über die Bodenqualität und die organische Masse im Mutterboden mit den Themen Hochwasserschutz  und Gewässerschutz eng verknüpft ist. Mit einer Verbesserung des Hochwasserschutzes könnte man daher auch das Stickstoffproblem zumindest sehr mildern. Wenig organische Masse und wenig Bodenleben bedeutet nämlich nicht nur, dass die Wasserinfiltrationsrate gering und damit das Hochwasser- und Erosionsrisiko hoch sind, sondern auch, dass die natürliche Stickstoffversorgung der Pflanzen und  deren Widerstandsfähigkeit gegen  Krankheiten und Dürre reduziert wird. Die Bauern und die Gesellschaft zahlen dadurch mehr in Form von Geld, Energieaufwand und Umweltschäden und bekommen zugleich weniger nährstoffärmere und ungesundere Lebensmittel und eine unnötige Reduzierung der Ernährungssicherheit.

Einige andere hier vielleicht interessante Artikel zum Themenkomplex Hochwasser, Landwirtschaft und Verbesserung der Bodenqualität auf Freizahn.de:

Kelberg, den 28. Mai 2018

Christoph Becker


  1. Zitat aus von Seite 7 der Kreisnachrichten für den Landkreis Vulkaneifel in der 26. Kalenderwoche 2017 [3]: Landwirtschaftsminister Wissing hat Landwirten genehmigt, brachliegende Ackerflächen zur Beweidung zu nutzen oder zu Futterzwecken zu mähen. Damit reagiert der Minister auf die starke Beeinträchtigung von Dauergrünlandflächen
    durch die anhaltende Trockenheit im Frühjahr. Landwirte, die im Rahmen der Beantragung von Direktzahlungen zur Bereitstellung von ökologischen Vorrangflächen im Rahmen des Greening verpflichtet sind, dürfen ab 1. Juli in Rheinland-Pfalz brachliegende Ackerflächen nach Artikel 46 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 (Nutzcode062) und Feldränder im Sinne des Artikels 45 Absatz 4 Buchstabe e der delegierten Verordnung (EU) Nr. 639/2014 (Nutzcode 058) durch Beweidung mit Tieren oder durch Schnittnutzung zu Futterzwecken nutzen, teilte Herr Minister Dr. Wissing mit. Minister Dr. Wissing sah sich zu diesem Schritt veranlasst, da die anhaltende Trockenheit in den letzten Monaten zu extremer Futterknappheit in den Betrieben geführt hat. Minister Dr.Wissing hofft, dass mit dieser Maßnahme die aktuelle Notlage der tierhaltenden Betriebe etwas abgemildert werden kann.Ein Großteil der rd. 13.000 ha umfassenden Ackerbrachen sei aktiv begrünt und biete somit eine gute Möglichkeit, die bestehenden Futterengpässe zumindest teilweise auszugleichen. Das Land hat sich auch an die Landwirtschaftliche Rentenbank gewandt und diese gebeten, die Zugangsvoraussetzungen für das Rentenbank-Programm zur Liquiditätssicherung entsprechend zu ergänzen. Damit könnten dann Betriebe, die aufgrund der Trockenheit starke Umsatzeinbußen oder zusätzliche Kosten für Futter zu verkraften haben, das zinsgünstige Darlehensangebot der Rentenbank nutzen. Im Programm zur Liquiditätssicherung werden Ratendarlehen mit einer Laufzeit von 4, 6 oder 10 Jahren angeboten, so der Minister.
      [26]

  2. Warum das immer wieder so ist, hat James C. Scott in Seeing Like a State: How Certain Schemes to Improve the Human Condition Have Failed [27] gut beschrieben und erklärt. Der Link zeigt auf die kostenlos als pdf-Datei verfügbare Version dieses 461 Seiten umfassenden Buches. Es ist aber auch preiswert in gedruckter und elektronischer Form bei amazon.de [28] verfügbar.   [29]

  3. Gerade heute morgen  habe ich beim Frühstück noch in Allan Savorys “Holistic Managment”, im Abschluss von Kapitel 22, “Animal Impact”, gelesen, dass die weit verbreiteten Irrtümer über die Wirkung von gut managten Wiederkäuern auf das Klima und die Umwelt die Einsicht verhindern, dass die gefährlichsten und gewalttätigsten Regionen der Erde, von Nordafrika über den Mittleren Osten bis hin nach China aus zur Wüstenbildung neigenden Grasslandschaften bestehen, die zu 95 % nur mit Hilfe von Wiederkäuern regeneriert und zur Ernährung der Bevölkerung genutzt werden könnten. Letztlich hängt spätestens damit auch der innere und äußere Frieden und das Überleben Deutschlands davon ab, dass und wie auf klimafreundliche Weise Rindfleisch produziert wird.   [30]

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