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Der aufziehende Sturm am Ölhimmel

Lesedauer 15 Minuten
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Dr. Michael Dittmar, ein Physiker am Institut für Astro- und Teilchenphysik an der ETH-Zürich, hat ein ziemlich geniales Modell zur Prognose der Produktion und des zum Verbrauch verfügbaren Mineralöls entwickelt. Das Modell zeigt, dass und warum die für die westeuropäischen OECD-Staaten verfügbare Ölmenge ab ca. 2020, also bereits vor der nächsten Bundestagswahl, um ca. 5 % jährlich sinken wird.

Inhaltsverzeichnis

Einleitung und erster Teil der Analyse von Michael Dittmar

Das Modell wurde in zwei Teilen veröffentlicht:

  1. Regional Oil Extraction and Consumption: A simple production model for the next 35 years Part I [23].
  2. A Regional Oil Extraction and Consumption Model. Part II: Predicting the declines in regional oil consumption [24],

Beide Linkadressen verweisen auf eine Seite der Bibliothek der Conell University, wo jeweils eine Kurzbeschreibung und Zusammenfassung des Artikels, sowie ein Link zum Download des im pdf-Format zu finden ist.

Persönlich aufmerksam geworden bin ich auf diese Arbeit durch den am 7. Februar 2018 veröffentlichten Artikel By 2020 it may be clear to everyone that oil decline has begun [25] von Alice Friedemann.

In deutscher Sprache konnte ich dazu bisher den am 14. Februar 2018 von Andreas van de Kamp veröffentlichten Artikel  Der europäische Öl-Crash bis 2035, gerechnet nach d. Dittmar-Modell [26]  finden.

Grundlage des Modells von Michael Dittmar ist zunächst die Beobachtung, dass die Plateau-Phase und das anschließende Sinken der Fördermengen für die drei Föderregionen Europa inklusive Norwegen, Mexiko und Indonesien grundsätzlich sehr ähnlich sind. Er hat zur Analyse  die Kurven in der Zeitachse etwas verschoben und überlagert, wie die folgende Grafik zeigt:

[27]
Bild 1: Erdölförderkurven für drei Länder und Regionen mit sinkenden Fördermengen. Die Daten sind für für die jeweilige Spitzenproduktion normalisiert (den Durchschnitt der Jahre in der Nähe des Vordermaximums). Das Jahr der maximalen Förderung für Mexiko und Indonesien war 2006 bzw. 1999.Deren Daten sind auf der Zeitachse verschoben sodass das Jahr der maximalen Förderung mit dem Jahr der maximalen Förderung in Westeuropa (2002) übereinstimmt. Die. 4. Kurve ist die Vorhersage des Modells, wobei angenommen wird dass das Plateau damit endet das die jährliche Produktion 3 % jährlich in den folgenden 5 Jahren und danach 6 % jährlich zurückgeht.

Der Bezugspunkt ist jeweils das Ende der Plateauphase, d. h. der Zeitpunkt, von dem an die Produktion fällt.

[28]
Bild 2: Die konventionellen Erdölproduktionsdaten von 2000-2014 (durchgezogene Linien) und die modellierte künftige Produktion bis zum Jahr 2050 (gepunktete Linien), für alle Öl produzierenden Regionen und Kontinente außerhalb des Nahen Ostens.

Die Daten für das Schieferöl bzw. für per Fracking produziertes Öl sind in der obigen Grafik nicht enthalten.

[29]
Bild 3: Daten für die weltweite konventionelle Erdölproduktion, unkonventionelle Ölproduktion und Produktion von Öl äquivalenten, für die Jahre 2000-2014 und Projektionen von 2020-2050 entsprechend den Schlüsseln an der Oberseite der Grafik.

Die Daten der EIA und der IEA sind derart viel positiver, weil diese Institution sich, wie Dittmar ausführt, eher von bedarfsgesteuertem, wirtschaftlichem Wunschdenken als von harten Fakten leiten lässt. Die IEA geht z.B. von der Entdeckung  von noch unbekannten Ölfeldern aus, obwohl die Welt ziemlich gut erkundet ist und obwohl die Entdeckung neuer Ölfelder stark zurück gegangen ist wie auch die folgende Grafik aus Grafiken zum Thema Öl [30] zeigt: [31]Die IEA und EIA gehen auch davon aus, dass die Wirtschaft Ölpreise ermöglicht, die es der Ölindustrie erlauben die  nötigen Investitionen für immer schwieriger zu findende und zu erschließende Ölfelder auf zu bringen.  Die Berechnungen von Dittmar und Laherrère gehen dagegen von einer Analyse der Ressourcen, also der Ölvorkommen, aus. Den Unterschied zwischen der  Berechung von Dittmar und der von Laherrère rührt daher, dass Laherrère bei den Ländern am Persischen Golf ein Wachstum der Fördermengen  annimmt,  welches Dittmar für unrealistisch hält.

Hier nun die Übersetzung der Zusammenfassung des ersten Teils des Artikels von M. Dittmar:

In diesem Papier haben wir einen neuen Ansatz zur Modellierung der künftigen Ölproduktion in verschiedenen Regionen der Erde präsentiert. Dieser neue Ansatz basiert auf den in den letzten Jahren beobachteten Trends der konventionellem und unkonventionellen Ölförderung.

Indem wir die gut dokumentierten Produktionsrückgänge in Westeuropa, Indonesien und Mexiko analysiert haben haben wir herausgefunden, dass die beobachteten Produktionsrückgänge beim Erdöl in diesen Regionen mit einer sehr einfachen Funktion beschrieben werden können. Sobald keine signifikanten, neuen Ölfelder zu Produktion hinzugefügt werden, wird die Produktion aufhören zu wachsen. Das dann erreichte Produktionsplateau kann vielleicht für mehrere Jahre gehalten werden. Die Länge des möglichen Plateaus der Produktion hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dazu gehört die Fähigkeit, das zusätzliche Öl noch unerschlossener Felder profitabel zu exportieren. Für Regionen, die ihre Produktion schnell gesteigert haben, nehmen wir an, dass die Plateauproduktion nur ca. 5 Jahre gehalten werden kann. Danach fällt die Produktion um ca. 3 % pro Jahr für eine Periode von 5 Jahren, gefolgt von einem terminalen Rückgang von 6 % pro Jahr.

Durch Anwendung dieses Modells für alle ölproduzierenden Regionen des Planeten kann eine Vorhersage der künftigen regionalen Ölversorgung realisiert werden. Wir nehmen an, dass nur die OPEC Staaten des Nahen Ostens ihre derzeitige Produktion während der nächsten Dekaden aufrecht erhalten können. Für alle anderen Regionen sagen wir voraus, dass die Ölproduktion in den nächsten paar Jahren anfangen wird zu sinken. Wissend, dass insbesondere das globale Seetransport gestützte System durch die Geographie des Planeten begrenzt ist, erscheint es realistisch, dass die Menschen in Ländern ohne signifikante eigene Ölreserven, wie viele Länder in Westeuropa und Japan, mit dem unvermeidbaren Rückgang der Erhältlichkeit von Öl – und damit mit einem weniger ölbasierten Lebensstil – in den nächsten Jahren konfrontiert werden.

Soweit zum ersten, einschließlich Literaturangaben 25 Seiten langen, sich mit der Produktion befassenden Teil.

Verbemerkungen zum 2. Teil

Aus deutscher Perspektive ist vor allem der erst seit Ende 2017 im Internet verfügbare zweite Teil A Regional Oil Extraction and Consumption Model. Part II: Predicting the declines in regional oil consumption [24] interessant, der sich mit dem Verbrauch beschäftigt.

Die Entwicklung Kraftstoffverbrauchs in der BRD seit 1995

Für die westeuropäischen OECD-Staaten wird danach die verfügbare Erdölmenge bereits ab 2020 um ca. 5 % pro Kopf und Jahr zurückgehen. Was das bedeuten wird, ahnt man, wenn man sich die Tabelle mit dem Kraftstoffbedarf in der BRD ansieht, die ich auf der Internetseite des Umweltbundesamtes gefunden habe (zum Vergrößern bitte die Tabelle anklicken.):

[32]
Tabelle des Kraftstoffverbrauchs in Deutschland von 1995 bis 2015. Quelle www.umweltbundesamt.de/daten/verkehr/kraftstoffe

Wie man der Tabelle über den Kraftstoffverbrauch entnehmen kann, ist dieser beim Güterverkehr in den 20 Jahren von 1995 bis 2015 um 19 % gestiegen. Der Verbrauch für den PKW-Verkehr ist von 1995 bis 2002 so gut wie nicht und von 2002 bis 2015 um insgesamt nur 4 % gesunken.  Ein Grund für das Sinken beim PKW-Verkehr dürfte der vermehrte Einsatz von Dieselmotoren gewesen sein, der nun wegen des angeblichen Dieselskandals wohl rückgängig gemacht wird. Der Gesamtverbrauch für den Straßenverkehr in Deutschland ist in den 20 Jahren von 1995 bis 2015 um 2 % gestiegen. Alles Gerede der Politik über Klimaschutz, Umweltschutz und Energieeinsparung passt nicht zu der Verbrauchsentwicklung in den letzten Jahrzehnten – und es passt auch nicht zu dem in den nächsten Jahren zu erwartenden Rückgang der für Westeuropa auf dem Weltmarkt verfügbaren Rohlmengen.

In diesem Zusammenhang ist auch folgende ZDF-Nachricht vom 22. Dezember 2017 interessant:  Deutliches Absatzplus – Ölverbrauch in Deutschland steigt [33].  …. Der Ölverbrauch in Deutschland ist in diesem Jahr um drei Prozent auf 106,6 Millionen Tonnen gestiegen. Das teilte der Mineralölwirtschaftsverband (MWV) mit. Grund für das Absatzplus sei die positive Entwicklung der deutschen Wirtschaft. ..

Auf der Suche mit “Deutschland Klimaziel verfehlt” fand ich  z.B. auf der Webseite des Handelsblatts den Artikel „Deutschland lässt sich gehen“ [34] vom 24.1.2018. Zitat:

Die Klimaziele der EU für 2020 und 2030 sind unterteilt in Klimaziele für den Emissionshandel (ETS), der den Energiebereich und große Industrieanlagen abdeckt, und die Sektoren außerhalb des Emissionshandels – Non-ETS genannt. Dazu gehören die Bereiche Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft sowie Abfall und Kleingewerbe. In diesen Sektoren muss Deutschland laut europäischer Verpflichtungen seine Emissionen bis 2020 um 14 Prozent im Vergleich zu 2005 senken. 2016 waren jedoch erst sechs Prozent Minderung erreicht, schreibt der „Tagesspiegel“.

Max Ottes Prognose: Kollaps der Börse bis 2021

Schließlich habe ich mir dazu auch noch Max Otte: Darum kollabiert die Börse in Trumps erster Amtszeit // Mission Money [35] auf Youtube angesehen. Max Otte meint, dass die Situation schlimmer ist als 2008 und dass der Crash noch in der derzeitigen Amtszeit von Donald Trump (und damit auch von Angela Merkel!) kommt. Der Grund ist NICHT Donald Trump. Otte hat zwar auch Probleme mit Trump, ist aber sehr froh, dass Donald Trump und nicht Frau Clinton die Wahl gewonnen hat. Insgesamt ist das Interview mit Max Otte aus verschiedenen Gründen sehr empfehlenswert, weil er erfrischend rational, vernünftig und informiert wirkt.

Die Türkei steht vor dem Bankrott

Bemerkenswert fand ich vor allem auch Ottes Meinung, dass die Türkei vor dem Bankrott steht [14:53]. Das sollte man mit Blick auf andere Informationen in Erinnerung behalten. Siehe dazu auch meinen Artikel Rette sich wer kann, der zusammen mit diesem hier freigeschaltet wird.

Das Interview mit Michael Dittmar bei Simplifyd

Im Zusammenhang mit der Lektüre von Dr. Michael Dittmars Analyse zur Ölversorgung habe ich mir auch beide Teile des bisher leider so gut wie nicht beachteten Interviews Ep. 2 – Dr. Michael Dittmar talks energy crisis, Big Oil and “nonsense data” – Part 1 | Simplifyd [36] und Ep. 2 – Dr. Michael Dittmar talks nuclear fusion and sustainable living – Part 2 | Simplifyd [37] angehört. Vor allem der 2. Teil des Interviews hat es in sich. Kurz gefasst:

Der zweite Teil von Michael Dittmars Analyse

Nun zu  A Regional Oil Extraction and Consumption Model. Part II: Predicting the declines in regional oil consumption [24] .

Ich übersetze hier zunächst das Abstact, also die Zusammenfassung am Anfang des zweiten Teils:

In Teil 1 dieser Analyse wurden die eindrucksvollen Ähnlichkeiten der sinkenden Ölproduktion in der Nordsee, in Indonesien und in Mexiko genutzt, um das künftige Maximum der jährlichen Ölproduktion in allen größeren Ländern und Regionen der Welt von 2015 bis 2050 zu modellieren.

In Teil 2, werden die Ölexport- und Verbrauchsmuster, die sich in den vergangenen Jahrzehnten herausgebildet haben kombiniert mit den Konsequenzen der Voraussage der Produktionsrückgänge in der regionalen Ölproduktion, die in der Analyse in Teil 1 entwickelt wurden. Die Resultate sind eine quantitative Voraussage des maximal möglichen Verbrauchs in den jeweiligen Regionen in den nächsten 20 Jahren.

Die Voraussage zeigt, dass verschiedene der größeren Öl verbrauchenden und importierenden Länder und Regionen mit den wirtschaftlichen Konsequenzen konfrontiert werden, die mit dem bereits 2020 erfolgenden, unerwartet frühen Einsetzen der globalen Ölversorgungskrise verbunden sind.

Insbesondere wird in für die folgenden paar Jahre eine Reduzierung des durchschnittlichen pro-Kopf-Öl-Verbrauches von ca. 5 % pro Jahr für die meisten OECD-Länder in Westeuropa vorhergesagt. Für alle anderen Öl importierenden Länder und Regionen wird eine etwas geringere Reduzierung, um ca. 2-3 % pro Jahr vorhergesagt. Die Konsequenzen der vorhergesagten Öl-Versorgungskrise  passen überhaupt nicht zu den  weiter-wie-bisher-Annahmen und den ewiges Wachstum vorhersagenden Annahmen über die Produktion und den Verbrauch von Öl.

Daran anschließend möchte hier drei  Grafiken aus  A Regional Oil Extraction and Consumption Model. Part II: Predicting the declines in regional oil consumption [24] wiedergeben und kurz kommentieren:

Übersetzung der englischen Begriffe in den Grafiken

Westeuropa
[41]
Part 2 – Figur 6: Die gesamten Öläquivalente der Produktion, des Verbrauchs und der Importe für Westeuropa. Die modellierte Produktion folgt den Annahmen dieser Analyse und dem Szenario der “Neuen Politik” (NP) des IEA Welt Engerie Ausblicks 2016 (WEO 2016). Sie ist durch die gepunktete Linien für 2015 to 2035 dargestellt.

Wie die Grafik zeigt, wird der Rückgang der am Weltmarkt  für Westeuropa und Deutschland verfügbaren Importe um 2020 voraussichtlich schon voll im Gang sein.

Das zu erwartende Hauptproblem Europas ist neben der geringen und dazu auch noch sinkenden Eigenproduktion das voraussichtlich schnelle Sinken der aus Russland, Westsibirien, Kasachstan und Aserbaidschan kommenden Importe.  Ein Ausweichen auf Importe aus anderen Regionen wird in der Praxis so gut wie nicht möglich sein, wie die anderen Grafiken zeigen. Zunächst nun aber die Grafik für die für Europa und vor allem Deutschland Öllieferanten besonders wichtigen Staaten der ehemaligen UdSSR.

Russland und andere Staaten der ehemaligen UdSSR
[42]
Dr. Michael Dittmar:  A Regional Oil Extraction and Consumption Model. Part II: Predicting the declines in regional oil consumption [24] , Figure 3

Wie man sieht, kommt die ressourcenorientierte Analyse von Michael Dittmar hier zu drastisch schlechteren Ergebnissen als die eher an wirtschaftlichem Wunschdenken orientierte Prognose der IEA. Nach dem Modell von Dittmar werden diese für Deutschland und andere EU-Staaten heute wichtigsten Exporteure ihre Exporte in den nächsten 10 bis 15 Jahren drastisch reduzieren und ab 2030 kaum noch Öl exportieren. Dabei ist durchaus vorstellbar, dass vor allem Russland gerade wegen dieser Perspektive verstärkt qualifizierte Einwanderer, Investoren und Unternehmen aus Europa anzieht und damit seinen Eigenverbrauch mehr als erwartet steigert, und zugleich mit Blick auf die Zukunft seine Exporte schneller als erwartet drosselt, um mehr Öl für die Zukunft zu haben. Die deutsche Flüchtlingspolitik und  das allgemeine Versagen der deutschen Politik könnte dabei beschleunigend wirken. Michael Dittmar stellt in seiner Analyse die retorische Frage ob Westeuropa diese Importverluste anderweitig kompensieren könne. Sehen wir und dazu die anderen Regionen an:

Nordamerika
[43]
Dr. Michael Dittmar:  A Regional Oil Extraction and Consumption Model. Part II: Predicting the declines in regional oil consumption , Figure 7

Wie man sieht, werden die Produktion, der Verbrauch und die Importe in Nordamerika nach der Prognose von M. Dittmar fallen. Netto-Ölexporte aus Nordamerika sind nicht vorgesehen und wird es auch nicht geben. Dies deckt sich mit anderen Analysen. Siehe dazu z.B. auch das Interview von Chris Martenson mit dem texanischen Ölexperten Art Berman vom 23. 1. 2018:  Art Berman: Like It Or Not, The Future Remains All About Oil  – And competition for it is heating up [44].

Südamerika

[45]
Quelle:Dr. Michael Dittmar:  A Regional Oil Extraction and Consumption Model. Part II: Predicting the declines in regional oil consumption , Figure 4

Produktion, Verbrauch und Exporte werden auch in Südamerika fallen. Die Exporte von dort werden bereits um 2020 gegen Null gehen.

Afrika

[46]
Quelle: Dr. Michael Dittmar:  A Regional Oil Extraction and Consumption Model. Part II: Predicting the declines in regional oil consumption , Figure 5

Afrikas Exporte werden den nächsten 10 Jahren erheblich fallen. Der Verbrauch in Afrika wird nach der Schätzung von M. Dittmar noch etwa bis 2030 etwas ansteigen und dann auch dort fallen. Denken wir daran, dass die deutsche Bundeskanzlerin, Frau Angela Merkel, auf der Sicherheitskonferenz 2017 in München faktisch noch großartig dazu aufgerufen hat, den Energieverbrauch auch in Afrika zu steigern: Zitat aus meinem Artikel Ölfunde, Ölverbrauch und Wirtschaft vom 4. Juli 2017:

Vor diesen Hintergründen und den Klimaproblemen möchte ich  auf die Rede von Frau Merkel am 2. Tag der Münchener Sicherheitskonferenz hinweisen ab Minute 19:30  [47]. Demnach möchte sie also auch in Afrika den Energieverbrauch und damit natürlich auch den Mineralölverbrauch in Zukunft massiv steigern, um die Fluchtursachen zu beseitigen.

Asien OHNE China und Indien

[48]
Quelle: Dr. Michael Dittmar:  A Regional Oil Extraction and Consumption Model. Part II: Predicting the declines in regional oil consumption , Figure 9

Richtiges Wirtschaftswachstum wird es damit auch für Japan, Korea, Taiwan und Singapur nicht mehr geben, und Exporte nach Europa gibt es von dort ganz sicher auch nicht.

China und Indien

[49]

Quelle: Dr. Michael Dittmar:  A Regional Oil Extraction and Consumption Model. Part II: Predicting the declines in regional oil consumption , Figure 8. Wenn es so kommt, wie es das Modell von Michael Dittmar zeigt, dann werden in Indien und China schon bald viele Hoffnungen, Träume und Erwartungen zerstört und man sollte ab Anfang der 20er Jahre mit Unruhen und auch mit Krieg rechnen.  Das deckt sich mit anderen Analysen, wie z.B. der von John Xenakis und Steve Bannon. Siehe dazu z.B.  Neues aus dem Nahen und Fernen Osten [50]  und Die Besorgnis der Mainstreammedien über Steve Bannon [51].

Naher Osten

[52]
Quelle: Dr. Michael Dittmar:  A Regional Oil Extraction and Consumption Model. Part II: Predicting the declines in regional oil consumption , Figure 2

Der Nahe Osten ist die einzige Region auf dieser Welt, deren Exporte nach dem Modell von Michael Dittmar nach 2020 bis mindestens 2040 ungefähr gleich bleiben. Wie Dittmar anmerkt, können Kriege, Bürgerkriege und Revolutionen das aber sehr schnell ändern. Auch könnte, wie er ebenfalls zu bedenken gibt Ägypten und/oder die Türkei versuchen, sich mit den Arabern zu verbünden und gemeinsam mit diesen eine neuen große Wirtschaftszone im Nahen auf bauen, die den Eigenverbrauch dieser Zone drastisch steigert und damit die Exporte reduziert.

Auch ist zu bedenken, dass heute ca. 80 % aller Exporte aus dem Nahen Osten nach Asien gehen. Wie alleine die weiter oben stehende Grafik über die Entwicklung der Produktion und des  Verbauchs in China zeigen, wird es wohl notgedrungen Krieg geben, wenn man versuchen würde, die Exporte aus dem Nahen Osten verstärkt nach Europa umzulenken, um z.B. die sinkenden Exporte aus den Staaten der ehemaligen UdSSR nach Europa zu kompensieren.

Die Abhängigkeit der Landwirtschaft vom Öl

Deutsche Landwirte rechnen heute mit einem durchschnittlichen Kraftstoffbedarf von ca. 100 Liter Diesel pro Hektar. Das entspricht umgerechnet ca. 1300 bis 1400 Pferdestunden.  Dazu kommt, was an Mineralöl und anderen fossilen Energieträgern für die Produktion von Düngern, Pestizide, Herbizide usw. verbraucht wird. Ferner benötigt die Landwirtschaft indirekt Diesel und Energie für den Transport und die Verteilung ihrer Produkte, für Serviceleistungen, Reparaturen und auch für die Herstellung von Maschinen.

Die Landwirtschaft und die Verteilung von Nahrungsmitteln in Deutschland und anderen hochentwickelten Teilen der Welt ist heute von der Verfügbarkeit bezahlbarer Mineralölprodukte abhängig.

Einfluss auf die Globalisierung

Wie Gail Tverberg in ihrem Artikel Nine Reasons Why Globalization Can’t Be Permanent [53] vom 31. Januar 2018 erklärt, ist der Ölpreis für die Produzenten zunehmend zu niedrig und für die Konsumenten zunehmend zu hoch. Das führt zu zunehmenden Einkommensunterschieden, weil die Löhne  für einfache Arbeiten durch die (energieintensive, von der Verfügbarkeit billigen Öls abhängige) Globalisierung und und die steigenden Energiekosten sinken. Das wiederum führt dazu, dass viele weniger kaufen und auch weniger Energie verbrauchen können. Das führt zu Überangeboten am Energiemarkt was wiederum zu für die Produzenten zu niedrigen bzw. ruinösen Ölpreisen führt. Das alles wird Nationalismus, soziale Unruhen und den Zerfall der Sozialstaaten fördern. Manche Staaten könnten versuchen, mit Hilfe von Krieg innenpolitische Probleme zu überspielen oder ihre Energieversorgung auf Kosten anderer Staaten zu verbessern.

Die erneuerbaren Energien, auf die so viele Deutschen hoffen, werden nicht liefern können, was von ihnen erwartet wird.  Der Lebensstandard in Deutschland wird drastisch sinken, womit insbesondere die so sehr begrüßte kulturelle und ethnische Vielfalt ihre negativen Seiten zeigen und der Sozialstaat zerfallen wird. Die Hoffnungen der allermeisten Zuwanderer werden ebenso bitter enttäuscht werden, wie die Hoffnungen deutscher Rentner, Pensionäre und Sparer.

Russland wird voraussichtlich das vorrangige Ziel deutscher Auswanderer werden, weil es das Land mit den mit weitem Abstand meisten Ressourcen in Europa sein wird, während es gleichzeitig ein die Sicherheit und Grenzen garantierendes Militär hat. Andere Staaten des ehemaligen Ostblocks werden für den einen oder anderen vielleicht auch interessant sein. Deutsche  Rentner und Pensionäre werden aber besser nicht auswandern, weil absehbar ist, dass der deutsche Staat in den nächsten Jahren wegen des Sinkens der verfügbaren Ölmengen bankrott gehen wird, weshalb dann keine Pensionen und Renten mehr aus Deutschland überwiesen werden. Die “reichen” deutschen Rentner und Pensionäre würden dann in der Fremde zu mittellosen Bettlern.

Die Wirtschaftskrise der 30er Jahre als Vorbild

Wie Gail Tverberg in ihrem Artikel The Depression of the 1930s Was an Energy Crisis [54] vom 19. Dezember 2017 erklärt, kann man die große Wirtschaftskrise in den 20 und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts auch als Folge der sinkenden Kohleproduktion, vor allem in England, sehen. Der Höhepunkt der englischen Kohleproduktion wurde 1913 erreicht. Für Deutschland ist das Bild nicht ganz so klar, aber insgesamt war das rasante Wachstum der deutschen Kohleproduktion ebenfalls mit dem Beginn des 1. Weltkriegs zu Ende, auch wenn im 2. Weltkrieg und in den 50er Jahren noch einmal höhere Fördermengen erzielt wurden. Frau Tverberg hat jede Menge Grafiken in ihrem zwar langen, aber empfehlenswerten Artikel.

Wenn Gail Tverberg recht hat, werden die nächsten Jahre in vielem sehr ähnlich, wie die große Wirtschaftskrise der 20er und 30er Jahre werden. Nur sind die Kreditschulden der Staaten schon jetzt extrem hoch und das Ölzeitalter liegt nicht vor, sondern eher hinter uns. Das heißt, aus dieser Wirtschaftskrise wird es eher keinen Ausweg mehr geben. John M. Geer würde sagen, wir sind halt auf dem Weg in ein dunkles Zeitalter ( In der Folge der industriellen Zivilisation [55] ). In einer Diskussion über sein dort vorgestelltes Buch Dark Age America: Climate Change, Cultural Collapse, and the Hard Future Ahead (John Michael Greer – Legalize Freedom episodes 206 & 207 [56]) meinte Greer auf die Frage nach seiner Meinung zum Flüchtlingsproblem in Europa übrigens, dass die Europäer sich werden überlegen müssen, wieviele Menschen sie in Zukunft überhaupt noch ernähren können. Ich denke das ist der eigentliche Kern des Problems.

Zunehmende Einkommensungleichheit als Indiz steigender Energiekosten

Ein Schwerpunkt bei Gail Tverberg ist die Meinung, dass Wirtschaftswachstum die Verfügbarkeit billiger Energie erfordert, weil diese als Verstärker der Arbeitskraft der einfachen Leute dient und diesen dann wiederum die nötige Kaufkraft liefert, die die Wirtschaft wachsen lässt.

Man stelle sich vor, was ein LKW-Fahrer,  Landwirt oder Baggerfahrer heute mit Hilfe von billigem Diesel alles leisten kann. Wenn der Diesel immer teurer wird oder immer schwieriger zu bekommen ist, dann wird schließlich der LKW-Fahrer,  der  Landwirt und der Baggerfahrer vergleichsweise nur noch sehr, sehr wenig leisten können. Sein Einkommen und seine Fähigkeit Waren und Dienstleistungen zu kaufen wird sinken und schließlich fast ganz verschwinden. Die Reichen werden immer reicher und die einfachen  Leute und der Mittelstand werden ärmer. Der diesbezügliche Trend ist ein Indiz für die Zunahme der realen Energiekosten.

Wenn das Geld sich immer mehr in den Händen einiger Superreicher konzentriert, wie das heute der Fall ist, dann wirkt es anders. Superreiche investieren mehr geben relativ weniger für Konsum aus als einfache Arbeiter und Angehörige der Mittelschicht.

Die Konzentration der Einkommen bei den Reichen, bzw. die zunehmende Einkommensungleichheit, die von der Globalisierung und von der der sinkenden Verfügbarkeit von billiger Energie gefördert wird, schwächt letztlich die Wirtschaft, weil sie die Kaufkraft der kleine Leute verringert. Mal eben ein paar Millionen Flüchtlinge ins Land holen und per Sozialstaat auf Kredit mit Kaufkraft auszustatten kompensiert das zwar eine Weile, aber wenn die Hauptenergie dann tatsächlich real knapper wird, dann werden die Probleme nicht kleiner, sondern größer.

Abwanderung junger Leistungsträger als zusätzliches Problem

Ein Brandsatz, den man sich damit dann ins Land geholt hat, ist dann auch die von Gunnar Heinsohn prophezeite Abwanderung der technisch-wissenschaftlichen und unternehmerischen Eliten, die einfach nicht einsehen wollen, warum sie für das Gutmenschentum ihrer Politiker arbeiten und bezahlen sollen (siehe  Eine düstere Prognose für Europas Zukunft.Gunnar Heinsohn [57]auf Youtube). Gunnar Heinsohn hat allerdings, ebenso wie Max Otte das Energieproblem mit seinen Auswirkungen, wo wie es z.B. Michael Dittmar und Gail Tverberg in ihren Analysen sehen, noch nicht auf dem Radar.

Nachtrag: Entwicklung der deutschen Mineralölimporte 2006 – 2017. Die folgenden Grafik habe ich erst bei der Recherche für meinen neueren Artikel Diesel und Fracking [58] entdeckt. Wie man sieht, steigen die deutschen  Mineralimporte im Mittel  seit 2007 und ganz klar auch seit 2015: [59]

Quelle: https://ag-energiebilanzen.de/index.php?article_id=29&fileName=oel_q1-q3_2017.pdfKelberg, den 21. Februar 2018

Christoph Becker

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