Noahs Fluch – vom Umgang mit der Geschichte

Lesedauer 12 Minuten
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Morgens vor der Bundestagswahl am 24. September 2017 hatte ich zufällig damit begonnen, mir den Vortrag Biblical Series VIII: The Phenomenology of the Divine des kanadischen Psychologieprofessors und klinischen Psychologen Jordan Peterson, vom 18.  Juli 2017, anzuhören. Am Anfang dieses Vortrages, etwa von [4:50] bis Minute 16, schließt Peterson seine Ausführungen über Noah und die Sintflut mit der Geschichte von Noahs Fluch und Segen ab (1. Mose 9, 17-27.1

Noahs Fluch

Die deutsche Version der zugehörigen Bibelstelle (1. Mose 9,18-27) habe ich der Bibelübersetzung von Herman Menge entnommen. Zitat  (Online-Version):

18 Die Söhne Noahs, die aus der Arche gingen, waren Sem, Ham und Japheth; Ham aber ist der Vater Kanaans. 19 Diese drei waren die Söhne Noahs, und von diesen aus ist die ganze Erde bevölkert worden (= stammt die ganze Erdbevölkerung ab). 20 Noah aber wurde nun ein Landmann und legte auch einen Weinberg an. 21 Als er dann aber von dem Weine trank, wurde er trunken und lag entblößt in seinem Zelt. 22 Als nun Ham, der Vater Kanaans, seinen Vater entblößt hatte daliegen sehen, erzählte er es seinen beiden Brüdern draußen. 23 Da nahmen Sem und Japheth das Obergewand (ihres Vaters), legten es beide gemeinsam auf ihre Schultern, traten rückwärts hinzu und bedeckten ihren entblößten Vater damit; ihr Gesicht aber war dabei abgewandt, so daß sie die Blöße ihres Vaters nicht sahen. 24 Als nun Noah von seinem Rausch erwachte und erfuhr, wie sein jüngster Sohn sich gegen ihn benommen hatte, 25 rief er aus: »Verflucht sei Kanaan! Der niedrigste Knecht soll er seinen Brüdern sein!« 26 Dann fuhr er fort: »Gepriesen sei der HERR, der Gott Sems! Kanaan aber soll sein Knecht sein! 27 Weiten Raum schaffe Gott dem Japheth, und er wohne in den Zelten Sems! Kanaan aber soll sein Knecht sein!«

Wie Peterson erklärt handelt es sich auch bei dieser biblischen Geschichte um eine tiefsinnige, zeitlose Beschreibung und Warnung. Die Geschichte von Noahs Fluch ist aktuell für fast alle europäisch stämmigen Bevölkerungen im Westen zutreffend und wichtig. Für die Deutschen und Deutschland ist sie meines Erachtens besonders wichtig.

Noah liegt also betrunken und entblößt in seinem Zelt. Seine Nacktheit bedeutet Verwundbarkeit und Sichtbarkeit der physiologischen Mängel und der besonderen, sonst nicht sichtbaren Fehler, wie sie von anderen beurteilt werden können.

Auf das Betrunkensein Noahs geht Peterson nicht extra ein, aber man könnte es im Sinne von Peterson so interpretieren, dass Noah zeitweise nicht ganz Herr seiner Sinne war, unvernünftig gehandelt hat und sich damit in diese beschämenden Lage gebracht hat. Was Peterson hier ebenfalls nicht ausdrücklich erörtert, ist das Detail, dass Noah bei alledem dennoch in seinem eigenen Zelt liegt.

Einen Aspekt, auf den Peterson eingeht und den er betont ist, dass Noah insgesamt doch eine sehr respektable und verdiente Persönlichkeit ist, die immerhin mit dem Bau der Arche seine Familie und damit die Menschheit sowie die an Land lebenden Tiere vor der Vernichtung durch die Sintflut gerettet habe.

Das Vergehen von Ham ist nun, dass er sich respektlos gegenüber seinem Vater verhält und seine Brüder  auf  die beschämende Situation des Vaters aufmerksam macht. Ham lässt andere, sich außerhalb des Zeltes des Vaters befindliche Personen, von der Schwäche des Vaters wissen.  Die sich zunächst außerhalb des Zeltes befindlichen Brüder, denen er von der Situation des Vaters erzählt,  zeigen wie Ham besser hätte handeln sollen: Sie vermeiden es, die Situation des Vaters zu betrachten und auszunutzen. Ihr Wissen von der Situation des Vaters nutzen sie nur, um ihn respektvoll zu bedecken, die Situation zu entschärfen und auch, um Noah beim Erwachen aus dem Rausch ein besseres Gefühl zu geben.

Warum verflucht Noah seinen Sohn Ham wegen dieser Begebenheit so heftig? Warum werden Ham und seine Nachkommen wegen dieser kleinen Geschichte dazu verdammt, Sklaven und Diener der beiden anderen Söhne Noahs zu werden?  Ein ‘ewiger’, ein ganzes Volk treffender und dessen Angehörige zu Sklaven und Dienern anderer Völker machender Fluch, nur weil ein Vorfahre seinen Vater nackt und betrunken in seinem Zelt gesehen und davon seinen beiden Brüdern erzählt hat?!

Wie Jordan Peterson erklärt, haben diese biblischen Geschichten alle einen tieferen symbolischen Sinn. Die Erklärung des symbolischen Sinns der Geschichte von Noahs Fluch über Ham und dessen Nachkommen ist der Folgende:

Die Person des  Vaters ist mehrschichtig. Der Vater ist zunächst einfach ein Mann wie jeder andere. Darüber hinaus ist der persönliche Vater aber auch ein Teil der eigenen Geschichte eines jeden. Er ist nicht nur der biologische Vater, sondern auch die Inkarnation des Geistes des Vaters. Er ist damit ein Teil der kulturellen Konstruktion eines jeden.

Indem Ham sich dem eigenen Vater gegenüber respektlos verhält und dessen ihm bekannt gewordene, beschämende Situation und Schwäche in dessen Zelt wahrnimmt und den außerhalb des Zeltes befindlichen Brüdern bekannt macht, verhält sich Ham seiner eigenen kulturellen Konstruktion und Geschichte gegenüber respektlos und schwächt sich und seine Nachkommen damit. Seine Brüder Sem und Japheth dagegen reagieren auf die ihnen bekannt werdende Schwäche und Verfehlung des Vaters mit großem Respekt vor diesem und versuchen, die peinliche Situation so respektvoll wie möglich diskret zu verdecken. Noah, ihr Vater, und damit auch ihre Geschichte und ein wichtiger Teil ihrer kulturellen Konstruktion, segnet sie daraufhin und sie und ihre Nachkommen gewinnen dadurch an Stärke.

Wie Peterson dazu mehrfach betont, geht es bei alledem nicht darum, Kritik an Verfehlungen und Schwächen der Vorfahren und der eigenen Geschichte zu unterbinden. Kritik sei wichtig, aber die Funktion von Kritik sollte nur darin bestehen, die Spreu vom Weizen zu trennen. Kritik sollte also dazu dienen, Schwächen und Verfehlungen der Vorfahren, und damit der eigenen Geschichte, zu erkennen, so dass man daraus lernen und sie in Zukunft vermeiden kann. Kritik solle zugleich dazu dienen, das gute und wertvolle an den eigenen Vorfahren und der eigenen Geschichte zu erkennen, zu bewahren, zu pflegen, zu ehren und weiter zu entwickeln.

In den westlichen Gesellschaften, und da ganz besonders auch an den Universitäten sei es heute üblich, dass Kritik an den eigenen Vorfahren und der eigenen Geschichte zu deren pauschaler Verdammung führe. Das sei sehr gefährlich, weil damit wichtige Teile der eigenen kulturellen Konstruktion zerstört würden. Der tiefe psychologische Sinn der Geschichte von Noahs Fluch und Segen (1. Mose 9, 17-27) besteht darin, vor solchen Zerstörungen der eigenen kulturellen Konstruktion zu warnen und damit zu helfen, sie zu vermeiden. Stattdessen sei es besser, dem Vorbild von Sem und Japheth zu folgen und mit der eigenen Geschichte respektvoll umzugehen und  damit die eigene kulturelle Konstruktion zu stärken.

Relevanz für Deutschland

Konkret im Bezug auf Deutschland konnte man dazu in der  Berliner Runde, am Abend nach er Wahl etwas Position [26:00] am Abend nach der Bundestagswahl vom 24. September 2017 ein krasses Beispiel erleben. Die Vorsitzende der Linken warf dort der AfD allen Ernstes vor, dass  einer der AfD-Vorsitzenden gemeint habe, man müsse stolz auf die Leistungen der deutschen Soldaten im 2. Weltkrieg sein. Anschließend offenbarte sie noch ihre Unkenntnis und Ignoranz der Geschichte, indem sie so tat, als wären die beiden Weltkriege ausschließlich von deutschem Boden ausgegangen und als handele sich dabei ausschließlich um deutsche Verbrechen und nicht, wie es in Wirklichkeit wohl war,  um eine schreckliche Tragödie, an deren Zustandekommen neben den Deutschen auch viele andere Staaten schuld waren.

Russland als Vorbild

Bei der Recherche zu meinem Artikel  Wie Journalismus funktioniert  hatte ich einen Redeausschnitt des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit dem Titel Polen ist mit schuld am 2. Weltkrieg – Wladimir Putin gefunden, der zu seiner Rede zum 70. Jahrestag des Ausbruchs des 2. Weltkrieges gehörte. Was mich sehr erstaunte, und was ich von einem Vertreter Russlands nicht erwartet hatte, war, wie kühl, nüchtern und kompetent Putin hier mit Fakten über die Vorgeschichte des 2. Weltkrieges aufwartete, die so gar nicht zur üblichen Propaganda passten. Am meisten beeindruckt hat mich dann seine Empfehlung, dass man sich doch bitte an die Fakten halten möge und dass Frieden und gegenseitiges Verständnis nur möglich seien, wenn man sich wirklich mit den Fakten befasse.

Bei der Recherche für  Wie Journalismus funktioniert  hatte ich dann auch noch die Rede von Gerd Schultze-Rhonhof – Der Krieg der viele Väter hatte – 7. AZK 29.10.2011. gefunden und angehört und ich habe dort auch noch einige Bücher erwähnt und verlinkt, die ich in der Vergangenheit zum Thema 2. Weltkrieg gelesen hatte.

Doch zurück zu Russland und Putin. Mit einer Suche nach “russland putin stalin denkmäler” fand ich z.B. den folgenden Artikel von Sebastian Christ in der Huffington Post vom 21.12.2015:  So gefährlich ist der neue Stalin-Kult in Russland. Daraus ein Zitat:

Der russische Präsident höchst selbst war es, der im Jahr 2007 die Geschichtslehrer des Landes aufgefordert hatte, neue Lehrbücher zu erarbeiten. Darin sollte Stalin als grausamer, aber erfolgreicher und rational handelnder Herrscher dargestellt werden, der Terror nur als Mittel zur Durchsetzung legitimer Ziele angewendet hat.

Schon zu dieser Zeit wurden in Russland nach Jahrzehnten wieder die ersten neuen Stalin-Denkmäler eingeweiht.

Präsident Putin wird wohl kaum Jordan Petersons Analyse und Erklärung zum Fluch Noahs gekannt haben, aber wie es scheint haben er und viele andere Russen diesen Aspekt der menschlichen Psychologie sehr gut erfasst und versuchen danach zu handeln. Stalin und der Kommunismus war eine schreckliche Tragödie für Russland, die Millionen Tote gekostet hat. Aber sie verdammen Stalin und sein Regime nicht einfach, sondern versuchen sich an einer rationalen Kritik ganz wie Jordan Peterson sie im Bezug auf die eigenen Geschichte empfiehlt. Stalin und der Kommunismus sind mit allem, was an Schrecklichem dazu gehört, Teil der russischen Geschichte geworden. Vielleicht hätte eine andere Entwicklung in Russland den 2. Weltkrieg insgesamt verhindert oder Russland verschont. Vielleicht wäre der deutsche Angriff von einer anderen Regierung an der Grenze locker abgewehrt worden. Man weiß es nicht, aber man weiß, dass der UdSSR mit Stalin der Sieg über die Deutschen gelungen ist und man weiß, dass Stalin damit die Russen vor dem bewahrt hat, was die Deutschen mit ihnen im Fall eines Sieges vorhatten (siehe Hungerplan und Generalplan Ost).

Soweit ich es erkennen kann, versuchen die Russen,  das Schreckliche und das Gute an Stalin und seiner Zeit zu sehen, während sie versuchen daraus zu lernen. Stalin und der Kommunismus waren und sind schließlich ein sehr wesentlicher Teil der russischen Geschichte.  Diesen Teil einfach komplett im Stil westlicher Gutmenschen zu verdammen und zu verachten würde Russlands soziale Konstruktion schwächen und es würden das Gedenken und Ehren des auch vorhandenen Guten verhindern. Stalin und seine Zeit waren halt gut und böse zugleich. Sie haben millionenfach Tod und Verderben gebracht und zugleich millionenfach davor bewahrt.  Vor diesem Hintergrund ist eine Statue von Stalin ein wirkliches “Denk mal”. Was spricht dagegen, diese beiden Seiten zu sehen? Wenn man will, dass sich keine der beiden  Tragödie wiederholt, weder die von Stalin verursachte, noch die von den Deutschen angedachte, vor deren voller Entfaltung Stalin die Russen gerade noch so gerettet hat, dann ist es vielleicht wirklich am besten,, die Geschichte mit Respekt und Ehrfurcht und doch nüchtern zu betrachten, um das Gute zu erkennen und zu bewahren, anstatt einfach alles aus dieser Zeit zu verdammen.

An dieser Stelle hatte ich ursprünglich einen Abschnitt mit dem Titel “Der Weiße Tiger”  stehen, der dann aber so lang wurde, dass ich daraus einen eigen Artikel gemacht habe: Der Weiße Tiger.

Die Siegesparade in Moskau 2017

Die auch dank Sputnik-News auch mit deutscher Übersetzung verfügbare Dokumentation von der russischen Siegesparade am 9. Mai 2017  mit einer Ansprache Putins ist eigentlich auch eine Parade zu Ehren der Leistungen der deutschen Soldaten. Warum?

Im Rahmen meiner Recherchen für Der weiße Tiger hatte ich mir auch den Wikipediabeitrag zum Thema des russischen Panzers vom  T34  und dann auch die für die auf deutscher Seite mit diesem konfrontierten Panzer IV, Panther und Tiger gelesen.2. Die sowjetischen Panzer waren offenbar eben NICHT irgendwelcher billiger kommunistischer Schrott, in dem von teuflischen, hirnlosen Kommissaren in den Tod gehetzte arme, dumme Rotarmisten saßen. Die T34  waren oft qualitativ insgesamt gleichwertige oder auch überlegene Waffensysteme, die von durchaus  guten und tapferen Soldaten bedient wurden. Nimmt man dazu die extreme zahlenmäßige Überlegenheit der sowjetischen Panzer und Truppen, den notorischen Treibstoffmangel  (Blut für Öl) und die Ressourcenknappheit der deutschen Streitkräfte, und bedenkt dann noch, dass die Ostfront für die deutschen Streitkräfte nur eine von mehreren Fronten war,  dann ist es schon eine sehr große Ehre für die deutschen Soldaten und die Wehrmacht, dass die Russen selbst 72 Jahre nach der deutschen Kapitulation noch so eine wirklich beeindruckende Siegesparade  veranstaltet haben und ihren Sieg “im großen Vaterländischen Krieg” über die im Grunde zahlenmäßig, materiell und teilweise auch technisch unterlegenen Deutschen und deren wenige Verbündete so eindrucksvoll gefeiert haben. Der Sieg war für die Sowjets sehr hart erkämpft, wie auch die Zahlen der Infografik – Die Gefallenen des 2. Weltkrieges zeigen. Dass es Russland und die meisten Russen heute angesichts der damaligen deutschen Pläne heute nicht mehr geben würde, wenn Deutschland damals gewonnen hätte, kommt noch dazu.  Insofern haben sich der Krieg und die Opfer für die Russen auf jeden Fall sehr gelohnt. Der Sieg und das feierliche Gedenken an den Sieg  ist den Russen also sehr zu gönnen. Aber diese russische Siegesparade, 72 Jahre nach dem Krieg, war eben auch eine große Ehre für die deutschen Soldaten der Wehrmacht und der Waffen-SS, die trotz oft extremer zahlenmäßiger Unterlegenheit, trotz oft fehlender oder der Witterung nicht angepasster Ausrüstung, trotz technischer Mängel ihrer Waffensysteme,  trotz Treibstoffmangel, trotz Nachschubproblemen und langen Nachschublinien und trotz der Führungsfehler Hitlers so zähe, tapfere und gefährliche Gegner waren, dass ihre Gegner auch 72 Jahre nach dem Krieg diesen noch als großen vaterländischen Krieg sehen und noch immer den Sieg  mit einer solchen Parade feiern.

Wenn man in späteren Jahren einmal irgendwo an den Sieg über die heutige Bundeswehr oder auch über das gesamte heutige Westeuropa  gefeiert wird, wird das für die Sieger, wegen der Leichtigkeit des Sieges, wohl eher eine schon fast peinliche Kleinigkeit sein,  fast so wie die Eroberung eines Altersheims oder eines Mädchenpensionates.

Jedenfalls können sich die Soldaten der Bundeswehr, statt der verbotenen Erinnerungsstücke an die Wehrmacht auch einfach auf Youtube die russischen Siegesparaden ansehen und dazu ein paar Artikel über die logistischen Probleme, die zahlenmäßige Unterlegenheit, den Treibstoffmangel der deutschen Soldaten und über die Führungsfehler Hitlers durchlesen.

Dabei kann dann noch daran gedacht werden,  dass der Sieg über die eigentlich weit unterlegenen deutschen Streitkräfte auch nach über 70 Jahren  nicht nur in Russland, sondern auch in den Niederlanden, Belgien, Tschechien, der Slowakei und Frankreich ein gesetzlicher Feiertag ist. Das heißt man gönnt sich in diesen Ländern noch immer den Luxus des Ausfalls eines Arbeitstages, um letztlich der Leistungsfähigkeit der deutschen Soldaten zu gedenken.

Vor diesem Hintergrund ist es im Sinne von Jordan Petersons Ausführungen über den Fluch Noahs wirklich extrem irre und gefährlich, die Erinnerung an die Leistungen der deutschen Streitkräfte in Deutschland zu verbieten und aus den Kasernen zu verbannen. Eine Streitmacht die, wie die Wehrmacht und die Waffen-SS  trotz Ressourcenmangel, Ölmangel und zahlenmäßiger Unterlegenheit so extrem leistungsfähig war, dass der Sieg über sie auch nach über 70 Jahren noch so gefeiert wird, muss sehr viel Gutes, Vorbildliches, Bewundernswertes und Bewahrenswertes haben. Eine solche Streitmacht und deren Helden insgesamt zu verdammen und die Erinnerung an sie auslöschen zu wollen ist völlig unverständlich.  Vor allem, wenn man dann auch noch bedenkt, dass die künftigen Herausforderungen, denen sich Deutschland und andere Staaten Westeuropas gegenüber sehen werden, den Herausforderungen, mit denen die Wehrmacht konfrontiert war, sehr ähnlich sein werden. Stichworte: Treibstoffmangel, Ressourcenmangel, zahlenmäßige Unterlegenheit.

 Was werden spätere Generationen von uns denken?

Gerade die Generation der 68er und der noch später geborenen sollten bei ihrem “gut” sein wollen die Nase nicht zu hoch tragen, denn es hat vielleicht keine Generation so viel falsch gemacht und am Ende so viel Grauen und Elend zu verantworten wie diese – die sich doch so sehr ihren Vätern und Großvätern moralisch überlegen fühlte.

Hier dazu ein Zitat John M. Greer, aus meiner Übersetzung von Teilen von  Dark Age America, das ich aus meine Artikel In der Folge der industriellen Zivilisation hier hin kopiert habe:

Es liegt eine bittere Ironie in der der Tatsache, dass Krebs, eine vor eineinhalb Jahrhunderten relativ ungewöhnliche Krankheit …. eine typische Krankheit in der Industriegesellschaft geworden ist, deren Häufigkeit im Gleichschritt zunimmt mit unserem gedankenlosen entsorgen chemischer Gifte und radioaktiver Abfälle in unserer Umwelt. Was ist schließlich Krebs? Eine Krankheit deren Hauptmerkmal unkontrolliertes Wachstum ist.

Manchmal frage ich mich, ob unsere Nachkommen in der deindustrialisierten Welt diese Ironie ver­s‍tehen werden. Auf die eine oder andere Weise, da habe ich keine Zweifel, werden sie ihre eigene Meinung über das bittere Erbe haben, das wir ihnen hinterlassen. Wenn sie zurückdenken an die Menschen des zwanzig­s‍ten und des frühen einundzwanzig­s‍ten Jahrhunderts, die ihnen die unfruchtbaren Böden und geplünderte Fischgründe gaben, das Chaotische Wetter und die steigenden Ozeane, das vergiftete Land und Wasser, die Geburtsdefekte und Krebserkrankungen, die ihr Leben verbittern, wie werden sie an uns denken? Ich denke, ich weiß es. Ich denke, wir werden die Orks und Nazgûls ihrer Legenden sein, der kollektive Satan ihrer Mythologie, die frühere Rasse, die die Erde ruiniert hat und alles auf ihr, so dass sie ein unseliges Leben auf Ko­s‍ten der Zukunft genießen konnte.  Sie werden uns als böse Inkarnation erinnern – und aus ihrer Perspektive ist es ein in kein­s‍ter Weise leicht zu bestreitendes Urteil.

Wie Noahs Fluch treffen wird

Auf dem Weg in diese Zukunft wird  “Noahs Fluch” den Westen und da ganz besonders auch Deutschland treffen. Warum erklärt zunächst das Buch Kriegs-Kultur: Warum wir kämpfen: Die tiefen Wurzeln bewaffneter Konflikte von Martin von Creveld.  Dank der Verachtung und Respektlosigkeit gegenüber den eigenen Helden und den deutschen Streitkräften der beiden Weltkriege wird Deutschland nicht mehr ernsthaft verteidigt werden können – außer vielleicht mit auch von feigen Bürokraten einsetzbaren taktischen Atomwaffen, die dann aber ziemlich heftige Kollateralschäden verursachen. Dabei frage ich mich auch, was im Ernstfall mit den französischen und britischen Atomwaffen geschieht, wenn es zu einem Krieg mit muslimischen Ländern kommen sollte, wie ihn z.B. der ehemalige Oberstleutnant der USAF, Albert Clark, in seinem Roman The Price of Peace, skizziert hat. Wieweit haben heute Muslime die Kontrolle über französische oder auch über britische Atomwaffen und gegenüber welchem Staat werden diese Muslime im Ernstfall wirklich loyal sein?

“Der Fluch Noahs” wird meines Erachtens tatsächlich über Deutschland und die Deutschen kommen. Das heißt, es ist ziemlich wahrscheinlich, dass es in Zukunft sehr hilfreich sein könnte,  wenn man sich die Schwächung durch diesen Fluch nicht angetan hätte. Siehe dazu auch

Fazit:

Bei Urteilen über die eigenen Vorfahren, über die Helden und die Streitkräfte des eigenen Volkes und über die eigene Geschichte sollte man vorsichtig sein. Die im Westen und da ganz besonders auch in Deutschland heute übliche Verachtung und Respektlosigkeit gegenüber der eigenen Geschichte und der eigenen Vorfahren ist nicht nur dumm, arrogant und verwerflich, sondern auch sehr gefährlich.

Wie man es besser machen kann, zeigen die Russen und deren Präsident Putin. Man kann und sollte die Schwächen, Fehler, Verbrechen und Tragödien der Vorfahren kennen, aber man sollte dazu auch lernen warum und mit welchen Absichten es dazu kam. Wie ich zu zeigen versucht habe, kann der Umgang der Russen mit ihrer eigenen Vergangenheit und deren Feiern des Sieges über Deutschland, den Deutschen wieder mehr Respekt und Achtung vor der eigenen Geschichte geben. Es wäre für Deutschland und den Rest Westeuropas wichtig, zu einer positiven, das Gute der eigenen Geschichte erhaltenden und ehrenden und das Schlechte präzise erkennenden Kritik an der Geschichte zu kommen und damit  Noahs Fluch zu vermeiden.

Kelberg, den 3. Oktober 2017

Christoph Becker


  1. Die Internetseite von Jordan Petersons Bibel-Serie ist jordanbpeterson.com/bible-series/ .  Den jeweils 2-stündigen Vorträgen folgte jeweils etwa eine halbe Stunde für Fragen und Antworten. Die Vorträge fanden bzw. finden in einem Theater in Toronto statt und wurden danach alle Online zugänglich gemacht. Von  Mai bis August 2017 wurden 12 Vorträge gehalten. Alleine für die Sintflut und Noah waren ursprünglich die beiden Vorträge The Psychology of the Flood und Walking with Good – Noah and the Floodalso insgesamt 4 Zeitstunden Vortrag und eine Stunde Fragen und Antworten vorgesehen, wobei Peterson sich aber nicht immer genau die durch den Titel gegebene Vorgabe hält, so dass er z.B. den Abschluss der Geschichte Noahs und anschließend die Geschichte vom Turmbau zu Babel am Anfang des 7. Vortrages The Phenomenology of the Divine behandelt. Ein wichtiges Konzept Petersons ist, dass die Bibel ein komplexes Netzwerk untereinander  verbundener Geschichten tiefer psychologischer Bedeutung ist.   

  2. Die Bennenung von Panzern nach Raubtieren ist offensichtlich eine Erfindung der Nazis, bzw. eine Wehrmachtstradition. Man müsste also eigentlich auch alle deutschen Panzer, wie Leopard, Marder, Puma, Wiesel und Fuchs umbenannt haben, um wirklich politisch korrekt zu sein.  

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gv
gv
4. Oktober 2017 16:21

Auf der Webseite achgut.com gibt es ab heute und im wöchentlichen Rhythmus eine Beitragsserie mit Jordan Peterson’s Veröffentlichungen in deutscher Übersetzung .

3Westbach51
3Westbach51
5. Oktober 2017 9:14
Reply to  gv

Danke für den Hinweis. Genauere Links:
http://www.achgut.com/artikel/112-peterson_liebe_ist_diskriminierung
und vor allem
http://www.achgut.com/artikel/eine_art_liebeserklaerung_der_neue_sokrates
wo es auch einen Link zum Download von “Maps of Meaning” als pdf gibt.
Auf meiner Webseite zu Peterson siehe insbesondere auch:
https://www.freizahn.de/2017/08/postmodernismus-wie-marxisten-den-westen-erobern/