- Freizahn - https://www.freizahn.de -

Hass ist der neue Sex

Lesedauer 6 Minuten
image_print [1]

Anlass zu diesem Blogbeitrag sind zwei Artikel:  Hate is the New Sex [2] (dt. Hass ist der neue Sex),   von John M. Greer, am 2. August 2017 auf Ecosophia.net und dazu passend, einen Tag später,  Sanktionen statt Argumenten – Lammert fordert Mindeststrafmaß bei Haßkommentaren [3], auf der Webseite der Jungen Freiheit vom 3. August 2017.

John M. Greer schildert die verblüffenden Ähnlichkeiten zwischen dem gesellschaftlichen Umgang mit dem Thema Sex im Viktorianischen Zeitalter und “Hass” in der heutigen Zeit. In beiden Fällen handelt es sich um letztlich nicht zu unterdrückende “finstere Triebe”, die letztlich bei jedem gesunden Menschen zwangsläufig immer wieder vorkommen.

Das Thema “Hass” und dessen Tabuisierung und Verfolgung hat, wie Greer ausführlich zeigt, bei den links gerichteten, “politisch korrekten” Teilen der amerikanischen Gesellschaft ähnlich krankhafte und zugleich verlogene  Züge angenommen, wie das Thema Sex in England zur Zeit der Königin Viktoria.

Das beunruhigende an diesem Vergleich ist der extrem offene Umgang mit dem Thema Sexualität in der modernen Gesellschaft. Man stelle sich vor, dass es sich mit dem Thema Hass in nicht zu ferner Zukunft ähnlich verhalten könnte. Eine Jugendbewegung wie die 68er könnte freien, uneingeschränkten Hass verherrlichen und praktizieren und könnte diesen dann so allgegenwärtig und in allen Abarten so normal und selbstverständlich  werden lassen wie heute das Thema Sex. Eine Hassbibel könnte wie “50-Shades of Grey” oder “Feuchtgebiete” zum Bestseller werden. Den Hass in vollen Zügen auszuleben und zu genießen, könnte als normal und positiv empfunden werden – zumindest gegenüber bestimmten ausreichend wehrlosen Bevölkerungsgruppen, Minderheiten oder fremden Ethnien und Völkern.

Gründe für eine solche Entwicklung wird es in Zukunft genug geben, etwa wenn die tatsächlich nur noch mögliche Bevölkerungsdichte in Europa und anderswo wegen knapper werdender Ressourcen unter die dann jeweils aktuelle Bevölkerungsdichte schrumpft. Siehe dazu insbesondere meine Blogbeiträge:

Vor diesem Hintergrund wäre die beste Maßnahme gegen Hass eine langsame, kontrollierte Reduzierung der Bevölkerungsdichte durch Geburtenrückgänge und durch Motivation zur Abwanderung, kombiniert mit einer Steigerung der auch nach einem Zusammenbruch der Versorgung mit Mineralölprodukten, Erdgas und Industrieprodukten erträglichen Bevölkerungsdichte. Letzteres würde eine rechtzeitige Deindustrialisierung der Landwirtschaft, unter anderem kombiniert mit einer Verbesserung der Böden und des Wasserhaushaltes, voraussetzen.

Wichtig an dieser Stelle ist auch sich den Würfel mit der Konfliktfläche nach Homer-Dixon anzusehen und das Prinzip zu verstehen. Siehe dazu meinen Blogbeitrag Dehumanisierung und Empathie [7]. Ungerechtigkeiten, wie sie heute von Politikern, Justiz und Gutmenschen durch die Bevorzugung von “Ausländern”, “Flüchtlingen”, “Schutzsuchenden” und Frauen (Quotenfrauen usw.) systematisch gefördert werden, bauen ebenfalls ein Potential für Hass auf, der sich dem Würfel von Homer-Dixon zur Folge entladen wird, sobald die “struktuelle Einschränkung” scheinbar oder tatsächlich entfällt. Die strukturelle Einschränkung ist hier insbesondere die Staatsgewalt, deren Zusammenbruch mit den Krawallen am Rande des G20-Gipfels ebenso wie bei diversen Terroranschlägen und auch bei den Übergriffen in der Silversternacht in Köln und anderswo demonstriert wurde. Wer eine Vorstellung davon bekommen möchte, wie extrem und schnell  “struktuelle Einschränkungen” in unserer modernen Welt wegfallen können, kann dies z.B. bei der Lektüre der in Weitere Literatur zum Thema EMP [8] erwähnten Romane. Schon für den 2. Tag eines modernen Krieges mit einer Großmacht kann man erwarten, dass die “struktuellen Einschränkungen”  in Deutschland nahezu vollständig weggefallen sein werden und dass sie auf absehbare Zeit dann auch nicht mehr wiederkommen werden – außer in der Form lokaler Warloards und Clans, deren Rechtsverständnis aus heutiger Sicht ziemlich barbarisch bis mittelalterlich sein wird.

John M. Greer hatte diese Analogie des Umgangs mit Sex  im viktorianischen Zeitalter voher auch schon in einem Blogbeitrag auf dem nicht mehr bestehenden Blog The Archdruidreport im Zusammenhang mit der heutigen Tendenz, rassistische und andere politisch nicht korrekte Literatur zu unterdrücken, umzuschreiben oder aus den Bibliotheken zu entfernen, genutzt. Auch da besteht die Gefahr, dass sich eine ähnliche Entwicklung wie im Bereich der Pornographie vollzieht: Im 19. Jahrhundert wurde alles, was in diese Richtung ging, unterdrückt und geleugnet, aber wenige Jahrzehnte später, im 20 Jahrhundert setzte eine radikale Gegenbewegung ein.

Wo ich gerade beim Thema Rassismus bin:   In einem kleinen Ausschnit auf Youtube erklärt der bekannte klinische Psychologe und Psychologieprofessor Jordan Peterson –  in The idea of White Privilege is dangerous [9]  (dt.: Die Vorstellung von  der Privilegierung der Weißen ist gefährlich), dass und warum der Gipfel des Rassismus darin besteht, eine ethnische Gruppe wegen einer angeblichen Kollektivschuld anzuklagen. Auch die deutschen  Gutmenschen, Linken, Grünen, “Antirassisten” usw. sind damit maximal rassistisch.  Der einzige Unterschied zu den Nazis besteht darin,  dass die Nazis wohl eher aus kaltblütig wirtschaftlichen Erwägungen Angehörige anderer Völker beschuldigt und geplündert haben, während die Linken, Grünen und sonstigen Gutmenschen und “Antirassisten” heute ihr eigenes Volk beschuldigen und im Grunde auch plündern. Den Nazis mussten Soldaten fremder Völker Grenzen zeigen, den heutigen Gutmenschen und Plünderern des/der eigenen Völker werden das Sinken der Ressourcen und des  Sozialkapitals der eigenen Völker die Grenzen zeigen. Dazu kommt dann die sowohl durch das Sinken der Ressourcen und des Sozialkapitals, aber auch durch das Steigen der “Buntheit” notwendige Zunahme der Komplexität.  Siehe dazu z.B. Kollaps komplexer Gesellschaften – Interview mit Prof. Dr. Joseph Tainter [10]. Damit kommen wir auch wieder dem Punkt näher, ab dem die “strukturelle Einschränkung”, nämlich die Macht des Staates zerfällt und schließlich gegen Null geht, während dabei gleichzeitig wegen der knapper werdenden Ressourcen, aber auch wegen der Überlastung von Polizei und Justiz die empfundenen Ungerechtigkeiten zunehmen:

Damit aber bewegen wir uns wieder auf der Konfliktfläche im Würfel von Homer-Dixon ( Dehumanisierung und Empathie [7]  ) in den Bereich wo Dehumanisierung und Hass für eine brutale Reduzierung der Komplexität und damit auch der Komplexitätskosten und damit auch des Ressourcen-, Nahrungs-  und Energieverbrauches der Gesellschaft sorgen.

An dieser Stelle ist noch anzumerken, dass alle Terrorangriffe und auch all die vielen “Einzeltaten” nach den zum jeweiligen Zeitpunkt bereits bestehenden Gesetzen verboten waren.  Es handelte sich in jedem einzelnen Fall um Staatsversagen bzw. um eine Demonstration der Unfähigkeit des jeweiligen Staates dafür zu sorgen, dass seine bestehenden Gesetze eingehalten werden. Anderseits waren und sind alle Terrorangriffe, auch wenn sie spontan als “Einzelfall” mit einem Küchenmesser und Werkzeug aus dem nächsten Baumarkt durchgeführt werden, effiziente Maßnahmen, um die Komplexiätskosten der westlichen Gesellschaft zu steigern und so deren Kollaps zu beschleunigen.

Auch Gesetze gegen Hass steigern übrigens die Komplexitätskosten und beschleunigen damit den Kollaps, womit sie den Tag näher rücken lassen, ab dem offener Hass so populär ist wie heute Sex.

Eine kluge Politik würde daher keine Zeit mit Gesetzen gegen Hass verschwenden, sondern sie würde versuchen, die abzusehenden Ursachen für Hass und Dehumanisierung zu reduzieren, so gut das noch geht.

Übrigens richtet sich die Forderung des Herrn Lammert nach einer harten Bestrafung von Hasskommentaren offensichtlich NICHT gegen solche Hasskommentare, wie sie ein Blogger in seinem Erlebnis am Würzburger Hauptbahnhof am 31.7.2017 geschildert hat: 24/7 Terror – “Ihr Nazis habt überhaupt keine Rechte” [14]. Vielmehr möchte Herr Lammert eher nur  durchaus verständliche und berechtigte Hasskommentare von Deutschen bestraft wissen, die sich darüber aufregen, dass Vertreter des deutschen Volkes eben die Interessen ihres eigenen Volkes verraten.

Sicher ist es so, dass die meisten, wie Herr Lammert beklagt, die Komplexität der Lage nicht verstehen, aber wie viele Politiker, Bürgermeister und Abgeordnete und Minister inbegriffen,  verstehen denn die Komplexität der Lage? Es ist schon so, wie Prof.  Irenäus Eibl-Eibesfeldt [15], im 10. Kapitel, Freiheit und das Streben nach Macht,  seines Buches Der Mensch das riskierte Wesen – Zur Naturgeschichte menschlicher Unvernunft schreibt (Download siehe Freiheit und das Streben nach Macht [16]), dass unsere Politiker völlig mangelhaft ausgebildet und oft sehr inkompetent sind.

Hasskommentare und auch Populismus sollte man durchaus als Teil und Ausdruck einer demokratischen Gesellschaft akzeptieren, solange sich alle an die Grundregeln der Demokratie halten, nämlich dass in freier und geheimer Wahl die Mitglieder der Parlamente und die Regierung gewählt werden und das Gewalt als Mittel zum Regierungswechsel tabu ist.

Populismus, und meines Erachtens auch “Hasskommentare”, sind dabei, wie z.B. der Moralpsychologe Jonathan Haidt in seiner Podiumsdiskussion The Rise of Populism and the Backlash Against the Elites [17] (dt. Das Aufblühen des  Populismus und der Rückschlag gegen die Eliten) mit Nick Clegg am 21. November 2016 erklärt hat, ein notwendiges und sinnvolles Damoklesschwert über den Köpfen der Politiker, das diese von Überheblichkeit, Bequemlichkeit, Korruption usw. abhalten sollte.  Wenn Populismus und Hasskommentare zunehmen, ist das ein wichtiges Warnsignal dafür, dass die Kompetenz der politischen Führung offensichtlich mangelhaft ist, und dass gerade auch die großen Volksparteien sich nach kompetenterem Personal umsehen sollten.

Der Versuch, Hasskommentare zu verbieten und wie Norbert Lammert es nun fordert, streng zu bestrafen, erinnert mich an die Erzählung eines Ingenieurs im Rahmen eines Lehrgangs für Sicherheitsingenieure, in der Zeit meines Ingenieurstudiums. Dieser Ingenieur berichtete, dass es im Kernkraftwerk Brunsbüttel 1978 um Haaresbreite zu ein sehr schweren Zwischenfall gekommen sei, weil die Bedienungsmannschaft wegen häufiger Fehlalarme einen Alarm für das Kühlsystem abgeschaltet habe. “Populismus” und “Hasskommentare” sind Alarmgeber für die Politik. Wer meint, sie durch Gesetze und hohe Strafen abschalten zu können, könnte am Ende von einer gesellschaftlichen Kernschmelze überrascht werden, etwa so wie die Französische “Elite” 1789, oder wie die “Elite” des zaristischen Russlands 1917.  Solche am Ende oft allen, nicht nur den gerade herrschenden “Eliten”, sehr schadende, gesellschaftliche Kernschmelzen zu verhindern, war und ist eigentlich das Ziel der Demokratie. Hasskommentar und Populismus sind dabei wichtige Warnlämpchen im Maschinenleitstand der Gesellschaft, die helfen können kritische Zustände rechtzeitig zu erkennen, so dass man noch gegensteuern, Notkühlsysteme zuschalten oder/und die Maschine kontrolliert herunterfahren und damit einen Totalschaden vermeiden kann.

Kelberg, den 3. August 2017

Christoph Becker

 

[18]Share [19]