Abschlussvortrag der Grassfed Exchange 2016

Lesedauer 14 Minuten
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Die Grassfed Exchange (GFE)  ist eine gemeinnützige Organisation ehrenamtlicher Rancher und Unterstützer, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Wissen und Informationen über regenerative Weidetierhaltung zu vermitteln und auszutauschen.

Im Folgenden möchte ich den Abschlussvortrag der jährlichen Fortbildungsveranstaltung der GFE im Jahre 2016 von Dr. Allen Williams, in der Form einer überarbeiteten und mit den meisten beim Vortrag verwendeten Bildern und ins Deutsche übersetzten Folien versehenen Mitschrift wiedergeben.

Die jeweils passende Position der auf Youtube verfügbaren Version wird in [mm:ss] wiedergegeben.

Hauptsächlich zeigt der  Vortrag, was mit intelligenter Weidewirtschaft heute möglich ist. Das Hauptbeispiel ist dabei eine im Jahre 2010 erworbene Farm mit vorher durch Monokulturen völlig abgelandwirtschaftetem Boden. Dr. Williams hatte diese Farm zusammen mit einem Kollegen erworben, um einen vom 1. Tag an dokumentierten Versuch zur Landregeneration durchzuführen. Der Vortrag dokumentiert hauptsächlich den Verlauf und auch das beeindruckende Ergebnis des Versuches.  Durch geschicktes Weidemanagement, mit einer Mutterkuhherde als wichtigstem Werkzeug und mit sehr geringem Maschineneinsatz wurde eine verblüffende Verbesserung des Bodens, des Ertrages, der Pflanzenwelt, des Wildbestandes, des Wasserhaushaltes und des Starkregenschutzes, der Bienenfreundlichkeit erzielt UND eine Sequestrierung von über  250 Tonnen CO2  pro Hektar  in nur 5 Jahren erreicht.

Gegen Ende wird noch kurz ein anderes Beispiel mit der in nur einem Jahr möglichen Verbesserung gezeigt. Am Schluss wird dann ein Vergleich der Böden der Farm des im Hauptteil des Vortrages geschilderten Versuches mit zwei seit über 30 bzw. über 50 Jahren konventionell bewirtschafteten Betrieben gezeigt, wobei Bodenproben mit 90 cm Tiefe in 6 Schichten untersucht wurden. Damit wird dann auch die Tiefenwirkung der Weidemethode und das Potential von intelligent gemanagten Rinderherden als Werkzeug zur Kohlendioxidsequestrierung erkennbar.

Der Originalvortrag:  GFE 2016 – Dr. Allen Williams “Growing Soil the Southern Way”

Nach einer kurzen  Einleitung  ab [1:24]  erzählt Dr. Williams kurz die Geschichte der Westwärtswanderung der europäischen Siedler.  Nach dem amerikanischen Bürgerkrieg hatte die Regierung Gesetze erlassen, um die Besiedlung des Landes westlich des Mississippi rechtlich zu erleichtern. Ein Grund für die Massenmigration nach Westen war, dass man in den paar Jahrhunderten  seit dem Beginn der Besiedlung Nordamerikas, östlich des Mississippi die einst fruchtbaren Böden durch landwirtschaftliche Nutzung,  insbesondere auch mit Monokulturen  abgelandwirtschaftet hatte. In den Präriegebieten westlich des Mississippi fanden die Siedler ein sagenhaft dynamisches, fruchtbares Gebiet mit vielfältigen und komplexen Leben vor. Davon abgesehen, dass sie keine Düngemittel hatten, konnten sie in den ersten Jahren auch ohne Dünger, Kalk, Pestizide, Herbizide, Fungizide und allem, was man sonst heute als zur Landwirtschaft gehörend betrachtet, sehr gute Ernten erzielen. Aber nach nur wenigen Jahren der Bearbeitung des Mutterbodens mit dem Pflug, in einer Zeitspanne von nur 50-60 Jahren, hat man es geschafft, das vorher über Jahrtausende stabile Ökosystem und die Fruchtbarkeit seiner Böden zu ruinieren und die große amerikanische Staubschüssel (Dust Bowel) zu verursachen.
Die Ursache dieser Schäden war nicht irgendein Phänomen eines Klimawandels, sondern die landwirtschaftliche Nutzung.1 Wenige Jahrzehnte reichten also aus, um sehr fruchtbare Mutterböden zu zerstören. Dr. Williams gute Nachricht zum Abschluss der Konferenz: Man kann diesen Prozess umkehren und man kann das sehr viel schneller als man bisher gedacht hat.

[5:08]

Die Methode, die und deren Wirksamkeit er dann vorstellt, bezeichnet er als adaptives Beweiden mit vielen Koppeln und hoher bis sehr hoher Tierdichte. Bei richtiger Nutzung sei dies ein absolut erstaunliches Werkzeug. Dabei weist er darauf hin, dass das Wort “adaptiv” von zentraler Bedeutung ist. Wenn man irgendetwas nehme und daraus ein starres System mache, dann würde man genau in diesem Moment einen entscheidenden Fehler machen, für den man nicht nur Jahre, sondern Jahrzehnte bezahlen werde. Es dreht sich also alles um Anpassungsfähigkeit und darum, dass man in hohem Maße in der Lage ist, zu beobachten und zu verstehen, was in der Natur vor sich geht und darauf entsprechend zu reagieren. Dr. Williams hat zu diesem Aspekt im Januar 2016, in der Zeitschrift Graze den online verfügbaren Artikel Shake up your grazing! – The ‘principle of disruption can keep your pastures improving (dt. Mische deine Beweidung auf! – Das Prinzip der Diskontinuität kann dafür sorgen, dass sich Deine Weiden weiter verbessern) veröffentlicht.

[6:32]

Fallstudie Missisippi Farm

[6:38] Dr. Williams und sein Kollege, die beide schon seit vielen Jahren überall in Nordamerika als Berater tätig waren, hatten nach einer Möglichkeit gesucht, einen Fall vom ersten Tag an umfassend wissenschaftlich zu dokumentieren. Zu diesem Zweck haben sie im Herbst 2010 eine Farm im Nordosten des Bundesstaates Mississippi gekauft. Die Farm hat eine Größe von ziemlich genau 1000 Acres, das sind ca. 404 ha. [7:07,8]

Das Land in dieser Gegend wurde seit etwa 150 Jahren landwirtschaftlich genutzt, wobei insbesondere Baumwollmonokulturen üblich waren. Der Zustand des Bodens der Farm war sehr schlecht. Hier die Daten:

  • Organische Masse im Mutterboden – 1,3 % bis 1,6 %
  • Wasserinfiltrationsrate – <  12,7 mm / Stunde
  • Pflanzen Brixwert – 2 %
  • Hauptfutter Pflanzenarten – 3-4
  • Besatzdichte –  ca. 1 Großvieheinheit / 2,4 ha

Die Messung der organischen Masse im Mutterboden wurde an verschiedenen Stellen des Geländes durchgeführt und das Ergebnis schwankte zwischen 1,3 % und 1,6 %. [8:12,5] Die Wasserinfiltrationsrate betrug weniger als einen halben Zoll pro Stunde (= 12,7 mm pro Stunde = 12,7 Liter/qm/h). Bei Regenschauern lief also so gut wie alles Wasser ab und der Boden sah schlammig aus. Der Brixwert der Pflanzen2 betrug etwa 2 %, was zu wenig ist, um ohne massive Zufütterung irgend eine Gewichtszunahme oder Leistung bei Rindern zu erzielen. Sie ließen Mitarbeiter des NRCS des Bundesstaates Mississippi kommen. Diese zählten auf der Farm nur 3 bis 4 Hauptfutter-Pflanzenarten. Die Besatzdichte (Stocking Rate)  betrug etwa sechs Acres pro AU3 , das sind etwa eine Großvieheinheit auf 2,4 ha. In Mississippi ist dies ein sehr schlechter Wert. [9:20]

Implementierte Strategie
  • Ballen-Weiden im 1. Winter
  • Hohe Besatzdichte je aktueller Koppel / Kurze Beweidungsdauer
  • Lange Ruheperioden
  • Strategische Einsatz von mikrobiellem Quorum Sensing

Da sie die Farmen im Herbst gekauft hatten, hatten sie kein Futter. Deshalb haben sie im ersten Winter Ballen-Weiden, also das Füttern mit Heuballen auf der Weide, angewendet. Siehe dazu auch meinen Blogbeitrag Der Rundballen-Abwickel-Anhänger. Sie haben das hauptsächlich getan, um organisches Material auf den Boden zu bekommen und um das Bodenleben etwas zu stimulieren (Alternativ hätten sie das Land einfach weiter brach liegen lassen können). In der ersten Weidesaison haben sie dann mit hoher Tierdichte, kurzer Beweidungs- und anschließenden langen Ruhezeiten beweidet. Außerdem haben sie mikrobielle Stimulation mithilfe von Quorum sensing4 strategisch eingesetzt.

Zustand in der 1. Weidesaison

[9:57] Dies ist das erste Frühjahr. Die Gruppe der Kühe, die damals eingesetzt wurden ist dieselbe, die heute noch da ist. Es wurden keine Kühe weggenommen. Seit der Aufnahme des Betriebes im Jahre 2010 wurden nur Rinder hinzugefügt. Die Kühe waren nicht gewohnt, das zu fressen, was sie auf diesen Bildern fressen. sie waren nicht darauf trainiert, es zu fressen. Sie waren sehr viel bessere Weiden gewöhnt. Außerdem waren sie tragend und auf dem Weg, in jenem Frühjahr zu kalben. Was man auf den Bildern sieht ist, dass die Kühe Felder voll mit Unkraut abweiden. Die Umwelt in Mississippi ist für das Wachstum von Unkräutern und Büschen sehr gut geeignet. [11:25]

Und so sahen die Koppeln aus, nachdem die Tiere sie verlassen hatten:Indem man eine wettbewerbsorientierte Umgebung für die Rinder geschaffen hatte, um ihr Weideverhalten damit zu verändern, wurden sie in der Tat sehr wettbewerbsorientiert und lernten sehr schnell, Unkräuter zu fressen – wenn sie überleben wollten. Auf dem Bild sieht man Halme und Stängel von zwei Unkrautarten, bei denen die Rinder alle Blätter abgefressen haben. Dr. Williams hatte viele Nachbarn, die ihm sagten, dass diese Rinder vor Hunger sterben würden, und was sie (er uns ein Kollege) wohl tun würden, wenn die Tiere kalben und die Kälber säugen würden.
Was sie aber feststellten war, dass die Tiere, obwohl sie die Kälber säugten, sogar an Gewicht zunahmen und dass die körperliche Kondition der Tiere besser wurde. Sie führten Pflanzengewebeuntersuchungen und viele Brixwert Messungen durch und stellten fest, dass die Pflanzen sehr nährstoffhaltig waren. Wie erklärte sich das? Die Unkräuter hatten sehr viel tiefere Wurzeln als die Monokulturen, die vorher dort angebaut wurden. Die Monokulturen hatten die oberste Bodenschicht ausgelaugt, aber darunter lag ein reicher Schatz an Mineralien, den die Monokulturen nicht erreichen konnten. Nach dem Verschwinden der als Monokultur angebauten Nutzpflanzen füllten die Unkräuter die Lücke und holten mit ihren tief in den Boden reichenden Wurzeln die Mineralien, die dort unten noch immer existierten, nach oben.

Zustand in der 2. Weidesaison

Dies ist der Zustand in der zweiten Weidesaison [13:26]:

Es sind noch immer viele Unkräuter vorhanden. Aber sehr viel mehr Futterpflanzen die ins Spiel kamen. Es gab keine mechanische Intervention, keine chemische Intervention und es wurden auch keine Futterpflanzen gepflanzt. Alles, was man hier sieht, wurde durch die Samenbank und die Stimulation erzielt, die man durch das attraktive Beweiden mit hoher Besatzdichte hatte. Das Ballen-Weiden im ersten Winter dürfte dabei auch eine Rolle gespielt haben.

Zustand in der 3. und 4. Weidesaison

Dies ist das 3. Jahr [14:10]:Und das ist das Land im 4. Jahr:

Man kann wieder sehen, dass mit sehr geringem Aufwand und dem Einsatz der Mutterkuhherde als dem hauptsächlichen Werkzeug in jedem weiteren Jahr neues, besseres und sehr viel produktiveres Wachstum erzielt werden konnte. [14:53]

Das Ergebnis am Ende des 4. Jahres

Hier ist das Ergebnis am Ende dieser Periode

Fortschritt

  • organisches Material im Mutterboden – 5,2 % bis 5,6 %
  • Futterpflanzenarten – 43, einschließlich der ursprünglichen.
  • Brixwert der Pflanzen – Durchschnitt 15 – 22 %
  • Wasserinfiltration – mehr als 25,4 cm/h (254 L/qm/h)
  • Besatzdichte – 1 Großvieheinheit / 0,61 ha = ca 1,64 GVE / ha
  • signifikante Zunahme bei Regenwürmern, im Boden lebenden Insekten, bestäubenden Insekten und Wildtieren

Der Gehalt an organischem Material im Boden stieg von 1,3-1,6 % am Anfang auf einen Mittelwert von 5,2-5,6 %. Für die Ermittlung der Futterpflanzenarten wurde wieder das Personal des NRCS um Hilfe gebeten. Hier war ein Anstieg von 3-4 auf nun 43 Arten zu verzeichnen, worunter viele einheimische Arten waren. Noch wichtiger war das der Brixwert der Pflanzen von einem Mittelwert von 2 % auf ein Mittelwert von 15-22 % angestiegen war. Das alleine erhöhte die Leistung der Tiere signifikant. Das Schöne an der Sache war, dass die Tiere durch den mit dem höheren Brixwert einhergehende höheren Nährstoffgehalt nicht nur individuell eine höhere Leistung zeigten, sondern insgesamt auch weniger Bisse an Trockenmasse beim Wiederkäuen verarbeiten mussten, um dieselbe Nährstoffmenge zu verarbeiten.
Die Wasserinfiltrationsrate stieg von weniger als 12,7 l/Quadratmeter und Stunde auf mehr als 254 l/Quadratmeter und Stunde. Damit konnte nun der allergrößte Teil des Regens auf dem Grundstück gehalten werden, während der Niederschlag anfangs Weg floss. Die Besatzdichte stieg um das Vierfache, von 6 Acres / AU auf 1,5 Acres / AU (ca. 2,4 ha / GVE auf 0,6 ha / GVE oder eben 0,4 GVE / ha auf 1,6 GVE /ha). Damit wäre dieser Versuch in Deutschland auf staatlich subventionierten Flächen NICHT bis zum Ende durchführbar gewesen, da hier derzeit nur maximal 1,2 GVE/ha erlaubt sind.
Zusätzlich wurde eine erhebliche Zunahme an Regenwürmern, im Boden lebenden Insekten, Blüten besteuernden Insekten und Wildtieren registriert. All das explodierte regelrecht als Folge der Verbesserung des Bodens und der Pflanzenvielfalt und Komplexität. [16:43.7]Dr. Williams bestätigt hier noch einmal, was Ray Archuletta und Dr. Fred Provenza in ihren Vorträgen bei der GFE 2016 gesagt haben, nämlich, dass er und sein Kollege auch festgestellt haben und bestätigen können, dass Pflanzenvielfalt und Komplexität der Schlüssel für die Leistung der Tiere, die Gesundheit der Tiere und alles andere sei.[17:26.4]

Wenn man Vielfalt und Komplexität über der Erdoberfläche hat, dann hat man sie auch unter der Erdoberfläche. Warum ist das wichtig?

Wo lebt und funktioniert die Mehrheit der Mikroorganismen im Mutterboden?

Sie leben und funktionieren in der Wurzelzone, also da wo die Wurzeln wachsen. Wo keine Wurzeln wachsen, da wachsen auch keine oder fast keine Bakterien.

Pflanzenvielfalt ist für eine gute Weide typisch

Hier ist die gewünschte Mischung, die ein Ziel des Managements ist.  Auf jeder Weide  wollen wir statt Monokulturen eine Mischung aus Leguminosen,  Kräutern und Gräsern [18:09]. So soll eine Weide aussehen:

Wenn man eine solche Mischung erreichen will heißt das, dass man keine Herbizide anwenden darf und einige Dinge nicht tun kann, die als typisches Management betrachtet werden.

Auf jeder Weide sollte man eine Vielzahl verschiedener Gräser, verschiedener Leguminosen und verschiedener Kräuter finden können. Das schafft eine gedeihliche Umgebung und dies sorgt nicht nur für die primären Nährstoffe, sondern auch für die kritischen sekundären Nährstoffbestandteile. Das gestattet es den Tieren, die Auswahl zu treffen, die sie benötigen, um sich selbst zu heilen und um Leistung zu erbringen.
[18:58]

Viehtränken

Etwas anderes, was sie auch machten war, dass sie die Rinder aus den Teichen und Seen heraushielten. Sie bauten dazu Rampen, sodass die Tiere Zugang zum Wasser hatten. Sie legten Geo-Textil-Matten aus und darüber legten sie Steine um einen festen Untergrund zu haben. Um die Tränken herum grenzten sie diese mit Zaunpfählen und Elektrozaun-Kunststofflitze, wie auf dem Bild zu sehen ist ab, sodass die Tiere zwar trinken, aber nicht weiter in die Teiche hineingehen und sie verschlammen konnten. Sie legten außerdem Leitungen von den Erhebungen hinunter, sodass nur durch die Schwerkraft Wasser zu Trögen fließen konnte. Dadurch konnten sie die Zahl der Tränken wesentlich steigern, und damit das Land zu Beweidung besser in Koppeln unterteilen.[19:37]

Vorratsweiden für die Winterfütterung

Sie lagerten (engl. stockpiled) sowohl wärmeliebende als auch kälteliebende mehrjährige Pflanzen ohne zu mähen. Sowohl die wärmeliebenden als auch die kälteliebenden, der gelagerten Pflanzen wurden während der Wintermonate abgeweidet. Das folgende Bild zeigt eine Mutterkuhherde im Januar 2016 auf dem Weg zu einer frischen Vorratsweide bei der es sich in diesem Fall um mehrjährige, wärmeliebende Pflanzen handelte [19:53.4]:

Zu dem Thema Vorratsweide gibt es insbesondere von Jim Gerrish das Buch Kick the Hay Habbit. Auch findet man zu diesem Thema auf Youtube einige Vorträge. Diese Verfahren dürfte auch in Deutschland funktionieren. Es erfordert habe einige Planung. Es ist eine Möglichkeit, insbesondere den Maschineneinsatz und die Treibstoffverbrauch massiv zu senken.

Technische Ausrüstung/Maschineneinsatz

Das folgende Bild zeigt die Zaunbauausrüstung. Dieser Polaris Ranger (ein UTV) ist (abgesehen von  Elektrozaungeräten und Zäunen) die einzige Maschine, die täglich genutzt wurde. Darüber hinaus wurde weder ein Traktor noch ein LKW oder eine andere große Maschine für diesen über 400 ha großen Betrieb täglich genutzt.[20:04]. Der Betrieb ist daher auch auf diese Weise  sehr effizient und kostengünstig:

Eine weitere Farm

[20:28] Das folgende Beispiel soll dazu dienen zu zeigen, welcher Fortschritt hier in nur einem einzigen Jahr gemacht wurde.

Pompey’s Rest Farm

  • Vom Mutterbodenzerstörer zum Mutterbodenaufbauer
  • Präsentation Dez. 2015, National Grazing Lands Coalition (früher Grazing Lands Conservation Initiative (GLCI))
  • zeigt was in nur einem Jahr erreicht werden konnte.

Don Jackson, ein Kunde von Dr. Williams, dessen Farm im Norden von South Carolina liegt, hatte bei der Konferenz der National Grazing Lands Coalition im Dezember 2015 in Texas, den folgenden Fall in seiner Präsentation Vom Mutterbodenzerstörer zum Mutterbodenaufbauer gezeigt [21:07]:

Er ist auf dieser Farm aufgewachsen, er ist in seinen Sechzigern, und er hat gesagt, so wie auf dem Bild oben habe es immer ausgesehen. Sie haben das Land immer kontinuierlich beweidet, das heißt, die Tiere waren das ganze Jahr über auf ein und derselben großen Fläche. Sie haben im Winter immer sehr viel Heu gefüttert. In vielen Jahren, wenn sie einen trockenen Sommer hatten, haben Sie schon im August oder September angefangen Heu zu füttern. Also so haben die Weiden ausgesehen. Man sah oxidierte Kuhfladen, die auf dem Boden gefallen sind und die dann eine großartige Umwelt für das Wachstum aller möglichen Unkräuter gebildet haben. Aber nach nur einer einzigen Saison mit adaptiver Beweidung, ohne dass die Größe der Herde vermindert wurde, hat man die auf dem folgenden Bild gezeigte Verbesserung gesehen. Alles, was man getan hat war, das Beweidungssystem zu verändern und alles, was man dazu benutzt hat, war einfacher Elektrozaun mit Kunststofflitze und schnell in den Boden eintretbaren Elektrozaunpfählen. Hier ist das Resultat:

Don Jackson erzählte Dr. Allen Williams, dass er in mehr als 50 Jahren die er auf dieser Farm gelebt habe nie so viel Gras gesehen habe, wie nach dieser einen Weidesaison mit adaptiver Beweidung. Und nun fängt er an, die Herde zu vergrößern.

Eine Weidemangementsoftware

Dies ist eines der Werkzeuge, das sie bei der Betreuung ihrer Kunden benutzen:

[22:39]

Spielen die  Weidestrategie und Methodologie eine Rolle?

Sie haben im Herbst 2014 drei benachbarte Farmen in Mississippi untersucht. Sie nahmen die eingangs beschriebene, im Herbst 2010 erworbene Farm, wo Adaptives Beweiden für nur 5 Jahre angewendet wurde.  Ich komme von Herbst 2010 bis Herbst 2014 nur auf 4 Jahre. Irgendwo liegt ein Versehen vor, was hier aber nicht wirklich relevant ist. Williams betont dann aber noch einmal, dass es “nur” 5 Jahre waren.

Die zweite Farm, deren Böden überprüft wurden, hatte langsames Rotieren angewendet. D.h., dort wurden die Tiere alle 2 bis 3 Wochen auf eine andere Weide getrieben. Dies wurde dort seit über 50 Jahren so gemacht.

Die dritte Farm, deren Böden überprüft wurden,  hatte seit 30 Jahren kontinuierliches Beweiden angewendet. Dort waren die Tiere also das ganze Jahr über auf einer einzigen großen Weide gehalten.

Alle drei Farmen hatten einen sehr ähnlichen Bodentyp und lagen in derselben Gegend.

Daten über den Kohlenstoffgehalt des Bodens

  • Herbst 2014
  • Farmbeschreibungen
    • (ABhB) Adaptives Beweiden mit hoher Besatzdichte seit 5 Jahren
    • Konventionelles Weidemanagment auf hohem Niveau, seit über 50 Jahren (alle 2 – 3 Wochen eine andere Koppel).
    • Konventionelles Weidemanagment auf niedrigem Niveau, seit über 30 Jahren (nur eine einzige Koppel das ganze Jahr über).
    • Gleicher Bodentyp und gleich Gegend für alle 3 Farmen.

Vorgehen bei der Prüfung:

  • Sie gruben auf jeder Farm an zufällig ausgewählten Stellen mit der selben Topographie Löcher.
  • Jedes Loch war 3 Fuß tief und 3 Fuß im Quadrat (= 91,4 cm)
  • Bodenproben alle 6 Zoll ( = 15,2 cm), was 6 Ebenen ergab
  • Wurzelwachstum und Struktur wurden notiert
  • Bodenleben, Textur und Aggregierung wurden notiert

Kohlenstoffgehalt im Boden, in Prozent

Tiefenzonen in cm Adaptives Beweiden mit hoher Besatzdichte Konventionele Beweidung m. Wechsel alle 2 bis 3 Wochen Konventionelle Beweidung, immer gleicher Weide
0-15 4,67 1,64 1,36
15-30 4,00 1,88 1,37
30-45 2,95 1,03 0,40
45-60 2,04 1,02 0,54
60-75 1,71 0,38 0,40
75-90 1,42 0,41 0,34

Man beachte, dass hier die relative Abweichung innerhalb einer Ebene im Bereich von 30 bis 60 cm Tiefe besonders hoch ist. In 30 bis 45 cm Tiefe bringt das Adaptive Beweiden hier gegenüber dem Wechsel alle 2 bis 3 Wochen eine Steigerung von über 280 %. Gegenüber der ganzjährigen, konventionellen Beweidung betrug die Steigerung in dieser Tiefe sogar über 700 %. Vergleiche diese mit dem in meinem Blogbeitrag Gleicher Boden, verschiedenes Management, wo ein Beispiel aus Australien gezeigt wurde. Allerdings beziehen sich die Zahlen auf der Tabelle oben nur auf den Kohlenstoffgehalt. Der Gehalt an organischem Material ist in der folgenden Tabelle wiedergegeben:

Organisches Material  im Boden, in Prozent

Tiefenzonen in cm Adaptives Beweiden mit hoher Besatzdichte Konventionele Beweidung m. Wechsel alle 2 bis 3 Wochen Konventionelle Beweidung, immer gleicher Weide
0-15 4,26 3,28 2,72
15-30 3,22 3,76 2,74
30-45 3,10 2,06 0,80
45-60 2,98 2,04 1,08
60-75 2,80 0,76 0,80
75-90 1,98 0,82 0,68

Schließlich die Fähigkeit Kohlenstoff im Boden einzulagern.

Fähigkeit Kohlenstoff im Boden zu speichern

 Farm Beschreibung  Kohlenstoff (Tonnen / qm) Kohlenstoff (Tonnen/ha)  Kohlenstoff (Tonnen C02 Äquivalent)
 Adaptives Beweiden m. hoher Besatzdichte, seit 5 Jahren  12,49  126,9  465,3
 Konventionell, Wechsel alle 2 – 3 Wochen, seit > 50 Jahren  7,09  70,09  257,0
 Konventionell, immer gleiche Weide, seit > 30 Jahren  5,47 54,7  200,6

Adaptives Beweiden mit hoher Besatzdichte brachte demnach einen Unterschied von ca 208  bzw. 264 Tonnen Kohlendioxid, die pro Hektar nach nur 5 Jahren mehr an CO2 im Boden eingelagert waren.  Dabei ist allerdings die Anfangssituation nicht gemessen worden. Diese war aber sehr schlecht. Wenn man davon ausgeht, dass die Anfangssituation dem Zustand auf der Vergleichsfarm mit kontinuierlicher Beweidung entsprochen hat, dann hätten 5 Jahre adaptives Beweiden mit hoher Tierdichte eine Kohlendioxidsequestrierung von 265 Tonnen pro Hektar gebracht, was ungefähr soviel ist, wie 25 Einwohner Deutschlands zusammen in einem Jahr an Kohlendioxid ausstoßen. Angesichts der ca. 400 ha Gesamtgröße der Farm, hat dieses Experiment mit sehr geringem technischen und energetischem Aufwand die Sequestrierung von mehr als einhunderttausend Tonnen CO2 realisiert. Die positive Wirkung auf die Umwelt war aber noch viel größer, weil die bei einer weiteren Nutzung als Monokultur anfallenden  Nitrate (Trinkwasser!) und Stickoxide (Treibhausgas!) vermieden wurden. Außerdem leistet die Farm durch die drastisch gesteigerte Versickerungsrate nun einen Beitrag zum Starkregenschutz und Hochwasserschutz:  Wenn zum Beispiel bei einem Starkregenereignis auf der Gesamtfläche von 400 ha die Versickerungsrate um 25 Liter pro qm überschritten würde, aber nun wegen der größeren Versickerungsrate aufgefangen werden, dann wären das z.B. 100 Tsd. Qubikmeter Wasser. Wasser, das nun keine Bodenerosion mehr verursachen und keine Feuerwehreinsätze auslösen würde, sondern das nun für Trockenperioden gespeichert und sinnvoll genutzt würde. Über größere Flächen kann so etwas das lokale Klima und die lokalen Niederschlagsmengen insgesamt positiv beeinflussen. Wasser, das nicht gleich wieder zurück in das Meer fließt, sondern das lokal im Land gespeichert bleibt, kann auch dort wieder verdunsten und so lokal zu Taubildung, Wolkenbildung und Niederschlägen beitragen. Bei gleicher Niederschlagsmenge muss dann weniger vom weiter entfernten Meer herantransportiert werden. Wenn vom Meer her gleichbleibend viel Niederschlag kommt, erhöht dieser lokale Effekt die Gesamtniederschlagsmenge. Vor diesen Hintergründen wird Allan Savorys Konzept, das er in seinem TED-Talk Die Wüste begrünen und den Klimawandel umkehren  vorgestellt hat  und von dem  ich hier die Seite mit dem deutschen Transkript verlinkt habe, verständlicher.

Andere Nebeneffekte der oben beschriebenen Möglichkeit der Regeneration der Böden und des Weidelandes durch intelligentes Weidemanagment sind  der höhere jagdliche Nutzwert und der höhere Nutzwert als Bienenweide.

Kelberg, den 11. Juni 2017

Christoph Becker


  1. siehe auch „Plowman’s Folly“ (dt: Die Torheit des Plügenden) von Edward H. Faulkner, das ich in Die Torheit der Pflügenden und die Geschichte vorgestellt hatte. 

  2. Man kann diesen mit einem Refraktometer ziemlich leicht und preiswert selbst messen. Beim Kauf achte man auf den Messbereich. Ein Instrument mit 0 bis 30 % ist für Gras, Gemüse und Obst passend 

  3. Animal Unit = amerikanischen Großvieheinheit = 1 Kuh von 453 kg plus Kalb 

  4. Darüber,  wie Ouorum sensing in der Landwirtschaft praktisch durchgeführt wird, habe ich bisher (11.6.2017,) noch nichts gefunden  

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