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Landhunger

Lesedauer 12 Minuten
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Ich möchte hier das Essay Earth-Hunger or the Philosophy of Landgrabbing  (dt. Landhunger oder die Philosophie des Land Grabbing)   des  amerikanischen Soziologen   William Graham Sumner  [2] vorstellen, teilweise übersetzen und gleichzeitig den Originaltext als Download anbieten.   Das Essay ist meines Erachtens  für das Verständnis von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sehr hilfreich.

Das Essay habe ich dem 1913 erschienen Buch Earth-Hunger and Other Essays [3] entnommen.

Das Buch kann inzwischen vollständig, in kompakte pdf-Dateien aufgeteilt, über meinen Blogbeitrag  Sumners Essays als kompakte Downloads [4] heruntergeladen werden.

Das englische Original des hier behandelten,  dem Buch den Namen gebenden,   im  Buch auf den Seiten 31-64 stehenden Essays,  kann hier als nur 84 kb große pdf-Datei [5] heruntergeladen werden.

Aufmerksam geworden war ich auf das Essay durch William Cattons Buch Overshoot: The Ecological Basis of Revolutionary Change [6]. Siehe auch meine Beitrag Die Grundlagen der westlichen Wert [7].

Hier nun meine auszugsweise Übersetzung  von  Sumners Essay über den Landhunger oder die Philosophie des Landgrabbings. Die Seitenzahl des Buches habe ich in eckigen Klammern angegeben. Wer die gesamte pdf-Datei des Buches liest, muss wegen des Vorwortes, Inhaltsverzeichnis usw. jeweils 20 zur Seitenzahl addieren um die richtige Seitenzahl im Buch an zu steuern:

[31] Die wichtigste begrenzende Bedingung für den Zustand menschlicher Gesellschaften ist das Verhältnis der Anzahl ihrer Mitglieder zu der Menge ihres Landes, die ihnen zur Verfügung steht. Dieses Verhältnis von Bevölkerung zum Land, bestimmt welche  Möglichkeiten der menschlichen Entwicklung   vorhanden sind  oder die  Grenzen dessen, was man an Zivilisation und Komfort erreichen kann.

[32]   … ich sage, dass die weiteste und am meisten beeinflussende Kondition für unseren Status auf der Erde das Verhältnis unserer Anzahl zu dem Land, das zu unserer Verfügung steht, ist. Dieses Verhältnis ändert sich ständig durch Veränderungen der Zahl der Menschen oder der Menge des Landes. Die Menge des Landes wiederum ist nicht eine einfache arithmetische Menge. Wenn wir Fortschritte in den Künsten machen, wird ein einfacher Hektar mit einem neuen Faktor multipliziert und kann eine größere Anzahl Menschen unterstützen. All diese Verbesserungen der Künste, welcher Art auch immer sie sind, haben diesen Effekt und das kommt dadurch, dass wenn andere  Bedingungen gleich bleiben, sich größere Chancen für nachfolgenden Generationen der Menschheit ergeben, um Komfort und Wohlergehen auf der Erde zu erreichen. All unsere Wissenschaft beeinflusst dieses Verhältnis auf dieselbe Weise. Ihre Auswirkung ist, dass sie bei Zunahme unseres Wissen über die Erde, auf der wir leben, sie unsere Macht,  in das Spiel der Kräfte der Natur einzugreifen vergrößern und  sie  so umzuwandeln, dass sie unseren Zwecken  oder  Vorlieben dienen. Alle Entwicklungen unserer sozialen Organisation  haben denselben Effekt.

[33] Wir werden durch wissenschaftliche Kenntnisse oder durch Instinkt getrieben, um die Anstrengungen durch Zusammenarbeit zu kombinieren, so dass wir sie effizienter machen  –  und “effizienter”   heißt  mehr  Ertrag  aus einem Hektar herauszuholen , so dass wir mehr Menschen  unterstützen können , oder  um die gleiche Anzahl  Menschen  mit einem höheren  Maß  an Komfort zu unterstützen.  Diese Alternativen  sollte  bei der ganzen Diskussion im Kopf behalten werden. Wenn wir eine  gewisse Produktionsfähigkeit gewonnen haben, können wir diese auf zwei Arten verteilen: Wir können eine größere Zahl unterstützen oder wie können die gleiche Zahl besser unterstützen; oder wir können den Gewinn auf beide Arten verteilen.

…….

[34 letzter Absatz] Lasst uns nebenbei  Notiz davon  nehmen,  wie wirtschaftliche, ethische und soziale Kräfte wirken und sich gegenseitig beeinflussen. Es hat nur akademische Gründe, dass wir versuchen, sie zu trennen.   [35] In Wirklichkeit sind sie untrennbar verwoben. Das Wirtschaftssystem und das Familiensystem stehen in engster Beziehung zueinander und an jedem Punkt gibt es ein Geben und Nehmen zwischen beiden. Bei dem, was wir “ethische Prinzipien” nennen und in vorherrschende  Regeln für das Familienleben und das Wirtschaftsleben zu erheben versuchen, handelt  es  sich nur um vage und unzusammenhängende Verallgemeinerungen, zu denen wir,  oft unbewusst durch oberflächliches und inkompetentes Nachdenken über Erfahrungen des Familienlebens und des Wirtschaftslebens geführt wurden , die weit oberhalb und jenseits unserer Kritik und Kontrolle geschehen .

Bisher haben wir gesehen, dass alle  die Entdeckungen und Erfindungen, mit denen wir die Kräfte der Natur herausfinden und für uns nutzbar machen, im Endeffekt die Nutzleistung des Landes steigern, und dass [ das Streben nach einem hohen Lebensstandard], durch intelligentes Ordnen der Art und Weise, wie wir unsere hinzugewonnene Leistung nutzen, verhindert, dass wir sie nur zur Unterhaltung einer größeren Zahl [Menschen] verdünnen.

Es muss weiterhin angemerkt werden, dass alle Ignoranz, Torheiten und Fehler die Nutzleistung des Landes vermindern. Sie verhindern nicht, dass viele geboren werden, aber sie vermindern das Kapital,  mit dem die, die geboren werden leben müssen, oder sie verhindern, dass wir gewinnen und genießen, was die Mittel, die wir zur Verfügung hatten, uns hätten ermöglichen können. Alle Nichtübereinstimmung, aller Streit und Krieg in einer Gesellschaft hat diesen Effekt. Es ist angemessen, sich die Natur als eine harte Herrin vorzustellen, gegen die wir den Existenzkampf führen. All unsere Wissenschaft und Kunst sind Siege über sie, aber wenn wir uns untereinander streiten, verlieren wir alle Früchte unserer Siege, genauso wie wir es würden, wenn sie ein menschlicher Gegner wäre. Alle Beute und Raubgüter vergeuden das Vermögen das durch die Gesellschaft zur Unterstützung der Gesellschaft produziert wurde. Es macht keinen Unterschied, ob die Plünderungen  und der Raub formal legal oder illegal  sind. Jede Verletzung  [36]  der Sicherheit von  Vermögen  und   von in der Gesellschaft anerkannten Rechten,  hat denselben Effekt. Alle Fehler der Gesetzgebung, ob finster oder unschuldig oder von selbstsüchtigem Streben und gemeiner Gier diktiert, haben denselben Effekt. Sie rauben den Menschen Güter, die ihnen  bei dem Stadion der Zivilisation auf dem sie standen, zurecht gehörten. Alle Missbräuche politischer Macht , alle Pervertierungen  von Institutionen, alle Parteikoalitionen mit antisozialen Zielen haben denselben Effekt. Alle falschen Philosophien und Fehler von Doktrinen, auch wenn es lange dauert herauszufinden, welche falsch sind, haben dennoch denselben Effekt. Sie lassen uns Brot wegwerfen und einen Stein nehmen.

Alle alten Institutionen, die ihre Nützlichkeit überlebt haben und die ein Vorwand für Missbräuche und Ausreden für Fehler geworden sind, so dass die Kriege und Revolutionen, die sie beseitigen vergleichsweise gut sind, müssen ebenfalls als Hindernisse betrachtet werden, die uns bei unseren Versuchen fesseln,  das zu ergreifen, was unser Wissen und unsere Arbeit  in unsere Reichweite   gebracht haben. Kurz, all diese Übel und Fehler bringen uns Strafen ein, die daraus bestehen, dass mit dem Land das uns zur Verfügung steht, seiner Produktivität, so wie sie ist, und der Leistungsfähigkeit unserer Künste, so wie sie sind, und unserer Anzahl [Menschen], so wie sie ist,  ein bestimmter Standard des Wohlbefindens  erreicht werden könnte, während wir diesen trotzdem in dem Maße nicht erreichen, indem die Auswirkungen unserer Ignoranz, Torheiten und Fehler es verhindern. Wir können den Effekt unseres Fehlverhaltens und Falschdenkens ausdrücken, indem wir es als etwas betrachten, das von unseren Ressourcen und Apparaten, mit denen wir unseren Existenzkampf bestreiten, abgezogen wird. Wir machen die Fehler zu einem großen Teil, weil wir uns nicht davon überzeugen können, was ein Fehler ist und was die Wahrheit ist. Das Element des Verlustes und der Strafe, das ich beschrieben habe, ist die wahre Prämie, die uns angeboten wird, damit wir herausfinden können, was die Wahrheit ist. Das größte Gut, das wir von unserer wissenschaftlichen Untersuchung [37] und von unserer Bildung erwarten können ist, dass wir uns von diesen Fehlern befreien und uns von diesen dummen Fehlern schützen. So gesehen ist es sicher, dass ein richtiges Erkennen der sozialen Fakten und Gesetze das Glück der Menschheit viel mehr fördern würde als jede Entdeckung der physikalischen Natur, die wir möglicherweise machen können.

Aus einem bestimmten Betrachtungspunkt heraus kann man die Geschichte als eine Fluktuation des Verhältnisses von Bevölkerung und Land sehen. Die Bevölkerung Griechenlands reduzierte sich  sehr während der drei Jahrhunderte vor der christlichen Zeit, verglichen mit der Anzahl, die in der heroischen Zeit des fünften Jahrhunderts vor Christus in großem Wohlstand dort lebte. Die Gründe dafür wurden nie sehr zufriedenstellend herausgefunden, aber es könnte mit der Faulheit und der allgemeinen Wertlosigkeit der Bevölkerung zu tun gehabt haben. Die Bevölkerung der italienischen Halbinsel schrumpfte in einem hohen Maß in der Zeit des Römischen Reiches, und  große Gebieten des Landes wurde nicht mehr landwirtschaftlich genutzt. Nachdem das römische System die gesamte römische Welt zu großem Wohlstand gebracht hatte, indem es ihr Frieden und Sicherheit gegeben hatte, verbrauchte und verbrannte als nächstes die ganze Welt, einschließlich Italiens. In Westeuropa nahm die landwirtschaftlich genutzte Fläche und die Bevölkerung während der feudalen Periode sowohl zu als auch ab, jeweils entsprechend dem Vorherrschen von Anarchie, Gewalt oder Frieden und Sicherheit, sowohl im Bezug auf Zeitperioden als auch im Bezug auf Gebiete. Wir können die Unterhaltung einer großen Zahl von Menschen in großem Wohlstand in einem gegebenen Gebiet als den Standard ansehen, zu dem Erfolg im Lösen wirtschaftlicher und sozialer Probleme uns führt, oder als etwas von dem wir uns entfernen, wenn wir beim korrekten Lösen der Probleme unserer Zeit versagen. Wenn man weite Ausschläge der Geschichte nimmt, ist es möglich “die Gezeiten der Angelegenheit der Menschen” zu sehen, die durch diese Ebben und Fluten der Bevölkerungszahl gegen die Gebiete leeren, ungenutzten  Landes  markiert sind. ………..

[39] … Hier haben wir den Grund für den Landhunger der Massen der Menschen. Er bedeutet, dass die Lage der Dinge, die die Massen bevorzugt, die immer davon ausgeht, dass die Garantien des Friedens und der Ordnung die industrielle Entwicklung erlauben, eine Lage ist, in der die Fläche des Landes groß im Verhältnis zur Bevölkerung ist. Die dienende Klasse hat wenig zu ihrer eigenen Emanzipation beigetragen, außer einem dumpfen und instinktiven Drücken und Schieben, durch das sie befähigt wurden, jeden Verbesserung ihres Status zu gewinnen, die der Fluss der Dinge ihnen bringen konnte. Oft führten ihre Vorurteile, ihre Ignoranz und Dummheit dazu, dass sie gegen ihre eigenen Interessen und gegen ihr eigenes  Wohl waren. Es waren die Gebildeten und die Mittelklassen, die durch Denken und Lehren all das bessere Wissen hervorgebracht haben, so weit wie menschlicher  Geist irgendetwas damit zu tun hatte, – was in der Tat in keinerlei großem Ausmaß der Fall war -, das  den Weg für die neue Ordnung der Dinge  ebnete; und diese Klassen  agierten ebenfalls im allgemeinen selbstsüchtig und kurzsichtig.

In jeder wahren Philosophie der großen sozialen Veränderungen, insbesondere der Emanzipation der dienenden Klassen am Ende des Mittelalters, in den Nationen Westeuropas, müssen wir  auf die Leistung der Produktion  der Mittel  für die Existenzsicherung  aus dem Boden, im  Verhältnis zur  Anzahl der Menschen die sie sich teilen, als die wahre Erklärung für diese Veränderungen sehen. Die lebenden Menschen hatten neue Macht gewonnen, neue Kontrolle über die Konditionen des Lebens. Sie konnten diese Macht missbrauchen oder verschwenden, aber als sie sie hatten, konnte ihr größerer Wohlstand kein Mysterium sein. Die Ausdehnung des Lebens in jedem sozialen Gebiet stieß Ideen und Philosophien um. Sie produzierte religiöse und kirchliche Revolutionen und machten für die zivilisierte Welt Religionskriege notwendig, die eine große Verschwendung der Leistungsfähigkeit bewirkten – weil die gesamte Geschichte uns lehrt, dass die Hoffnung vergeblich ist, dass neue gewonnene Leistungsfähigkeit einfach nur dazu genutzt wird [40] voran zu gehen und direkt als Segnung der Menschheit zu dienen. Im Gegenteil, die Menschen werden sicher untereinander darum kämpfen. Das sechzehnte und das siebzehnte Jahrhundert waren voll Kriege, die auf die eine oder andere Weise entsprechend ihrer unmittelbaren Aspekte interpretiert werden, aber diese Kriege waren Kämpfe von Männern, Familien, Klassen und Parteien um den Besitz und die Kontrolle, und der Vorteile der neuen wirtschaftlichen Macht. Es ist jedoch ein großer und lehrreicher Fakt, den man zur Kenntnis nehmen sollte, dass obwohl die Arbeiterklasse am wenigsten über den Fall wusste, am wenigsten dabei zu teilen hatte, und die von den aktiven Parteien am wenigsten  bedachte war, das Meiste daraus gewonnen hat. Jeder arbeitete für sie, nicht aus Liebe zu ihnen, oder aus Absicht, sondern weil es nicht möglich war es zu vermeiden.

……

[41] Die mit Abstand größte, aber so weit ich sehen kann die am wenigsten wahrgenommene Bedeutung der Entdeckung Amerikas war die Gewinnung eines neuen Kontinents für die Arbeiterklasse. Dieser Effekt war bis ins 19. Jahrhundert nicht eindeutig sichtbar weil dieses neue Vermögen der Arbeiterklasse nicht verfügbar war bis das Transportwesen ausreichend verbessert war, so dass Menschen und Waren leicht transportiert werden konnten. Dann, wie wir in unserer Zeit gesehen haben, fand im großen Stil eine Bewegung von Menschen in die eine und von Nahrungsmitteln in die anderer Richtung statt…….

[42] …. Was ist dieser Effekt [der Entdeckung Amerikas und Australiens]? Es ist so, dass als der Bevölkerungsdruck auf das Land in Westeuropa groß wurde, die späteren Verbesserungen  der Künste – vor allem der Gebrauch von Dampf und die Öffnung der neu entdeckten Kontinente – diesen Bevölkerungsdruck auf zwei Arten gleichzeitig entlastet haben. Diese Kombination hat die industrielle Revolution produziert, die in ihrem Zug Revolutionen in der Philosophie, der Ethik, der Religion, der Politik und in allen anderen Verhältnissen der menschlichen Gesellschaft gebracht hat; weil  wann immer wenn  man die wirtschaftlichen und industriellen Ursachen berührt, man auch jene berührt, die all den anderen zugrunde liegen und deren Konsequenzen unweigerlich in all den anderen greifen. Die Philosophen und Revolutionäre aller Grade kommen daher gelaufen und rufen Siegeshymnen für die aufsteigenden Macht und die kommende Glorie, und sie beanspruchen daher, dass sie das alles gemacht haben. Es ist total falsch. Sie selbst sind nur das Produkt der Kräfte und all ihre Philosophien und Resolutionen sind so müßig wie das Flattern der  Fahnen im Wind. Demokratie selbst, der Lieblingsaberglaube unserer Zeit, ist nur eine Phase der alles antreibenden Bewegung. Wenn man einen Überfluss an Land hat und nur wenige Menschen, die es teilen, dann werden alle Menschen gleich sein. Jeder Landbesitzer ist sein eigener Pächter und sein eigener Arbeiter. Soziale Klassen verschwinden. Löhne sind hoch. Der Masse der Menschen, abgesehen von den Faulen, Verrückten und Lasterhaften, geht es gut. Keine Philosophie der Politik oder der Ethik macht sie wohlhabend. Ihr Wohlstand macht ihre politische Philosophie und all ihre anderen Glaubensbekenntnisse. …..

[43] …. Wir können sehr sicher sein, dass der Weizen aus Amerika sehr viel mehr Einfluss auf die Ideen in Europa hatte als die Ideen aus Amerika, und dass die Aristokratie der Alten Welt es nicht nötig hätte, sich um amerikanische Vorstellungen zu sorgen, wenn nur die amerikanische Konkurrenz nicht die Pachterträge ihres Landes reduzieren würde. Weil die entfernten [seit dem Mittelalter neu entdeckten] Kontinente nicht jene betreffen, die dorthin gehen, sondern auch die ganze Arbeiterklasse die zu Hause bleibt. Auch wenn sie dort bleiben , wird sich der Druck des ganzen erreichbaren Landes auf den Arbeitsmarkt und  den Landmarkt  zu Hause auswirken; und er läßt die Löhne steigen, die Nahrungsmittel billiger werden, und die Pacht für das Land senken, alles auf einmal. Das ist es, was die Arbeiter begeistert und den Landadel verdrießt, und was beides im Sinne der Demokratie und Gleichheit arbeitet. Darauf können wir die wilde Begeisterung für die Gleichheit und all die nivellierende Philosophie des Zeitalters zurückführen. Das ist es, was diese Begeisterung und jene Philosophie so unwiderstehlich macht, ob nun zum Wohl oder Wehe der menschlichen Rasse.  Für jeden Mann der ein großes Gebiet zu seiner Verfügung hat, egal ob real oder nur durch wirtschaftliche Auswirkungen, die sich durch die industrielle Organisation breit machen, heißt das, dass er die Bedingungen seiner Existenz unter seiner Kontrolle hat, dass er nicht zur Armut verdammt ist, dass er nicht gezwungen ist, bei anderen Schutz  zu suchen, dass er nicht durch Furcht eingeschüchtert ist, dass er unabhängig und “frei” ist, dass er seine Familie versorgen kann und auch Kapital anhäufen kann. Wenn man ihn nach den Gründen für all das fragt, wird er wahrscheinlich anfangen über Institutionen und Doktrinen zu reden; aber wenn man den Fall studiert wird man herausfinden, dass die selben Kräfte ihn und auch die Institutionen geschaffen haben; und sein Glaube an die Institutionen ist wie der eines Wilden, der denkt, dass er keinen Erfolg bei der Jagd hätte, wenn er nicht den Fetisch um seinen Hals tragen würde.

……….

[44] …… Dies ist das Phänomen des Landhungers, des scheinbar unstillbaren Verlangens nach mehr Land; und der Grund dafür liegt in den Fakten, die erwähnt wurden. Mit mehr Land gibt es höhere Löhne, weil niemand für Löhne arbeitet, die in weniger Waren getauscht werden können als der Arbeiter aus dem Land herausholen kann wenn er es auf die verschwenderischste Weise verwendet. Mit mehr Land wird  der Wert des nur mit seinen Händen arbeitenden, ungelernten Arbeiters  im Vergleich  zu  ausgebildeten Arbeitern besser gestellt.  Die  Massen werden im  Vergleich zu den Klassen angehoben.  Wenn es viel Land gibt, sind die  Strafen [45] für alle sozialen  Torheiten, Laster und  Ignoranz  gering. Jeder hat viel “Menschenrechte”, seine Existenz alleine schon reicht aus, um ihn zu einem wertvollen Mitglied der Gesellschaft zu machen. Er braucht keine hochwertige Ausbildung und Bildung, wie in einer alten,  übervölkerten Gesellschaft mit strikter Organisation, hoher Disziplin, intensivem Wettbewerb und gewichtigen Sanktionen bei Erfolg und Versagen.

Diese Fakten der sozialen Ordnung sind die   fundamentalsten und haben eine weit reichende Wichtigkeit. Sie sind die Fakten, die das Schicksal der menschlichen Rasse bestimmen und große Phänomene hervorbringen, die Zeitalter der Geschichte markieren.

………………….

[58 mitte]  ……. Die verwirrenden und unvollständigen Resultate hinterließen Material für endlose Streitereien über die Interpretation der  ….. Doktrin. Diese Interpretationen sind eine Mine an rhetorischem Reichtum für den politischen Dogmatisierer. Er kann aus ihnen jedes großartige Prinzip herausholen das er sich wünscht; und wenn ein politischer Dogmatisierer ein großartiges Prinzip bekommt, dann ist er für jede logischen Notwendigkeit gerüstet, die ihm begegnen kann. Er baut Ableitung auf Ableitung und wenn er findet, dass sein Fundament schließlich zu schmal ist für seinen Bedarf an Argumenten, dann kann er immer zurück gehen und ein fundamentales Prinzip entwickeln, wie er es nennt, oder eine logische Ableitung darauf heften, von der er sagt, dass sie implizit darin enthalten war. Die Geschichte der theologischen Doktrinen und die aller sozialen und politischen Prinzipien-Spinnereien zeigt, welch ein leichter und nutzloser Prozess das ist. Die Geschichte enthält genug Fälle, die uns die beängstigenden Bürden zeigen, die eine Doktrin sein kann. Sie kommt mit dem Prestige der Tradition, des Altertums und vielleicht mit einem großen Namen, um der lebenden Generation das Recht zu nehmen, selbstständig zu denken und um sie gehen ihren Willen zum Opfern [59] ihres Lebens und ihres Glücks und ohne ihre  Zustimmung und eigenes  Nachdenken  anzutreiben.

Wir hatten in unserer Geschichte viele Doktrinen …… Manche von ihnen sind obsolet und vergessen. Andere haben uns schreckliche Opfer gekostet. ….

Wir würden gut daran tun unsere Emanzipation von allen Doktrinen zu erklären und selber zu  denken und unsere eigenen Fragen zu stellen, und entsprechend unserem eigenen Verstand und Gewissen zu handeln, und nicht nach irgendjemandes Tradition oder Formel. Es gibt jede Menge mehr Gründe dafür, weil man beobachten wird, dass Menschen, die versuchen uns dazu zu zwingen das zu tun was sie vertreten, in dem sie den Namen der … Doktrin rufen, diese  Doktrin  fallen lassen sobald   sie sich   von der Geschichte und durch die Berichten als falsch erwiesen hat – aber sie lassen ihre Pläne nicht fallen, die sie in dieser Sache vorgeschlagen haben.  Wenn,  dann halten sich sich nicht an die … Doktrin, sondern benutzen ihren Namen als Knüppel ,um uns zu betäuben, …..

Wenn ich ein jetzt aufwachsender junger Mann wäre, würde ich niemandem erlauben mir irgend eine Formel  aufzubürden, die mein Urteilsvermögen für Fragen und Fälle fesselt, mit denen ich konfrontiert werden könnte.

 

Vor dem Hintergrund von Sumners Essay über den Landhunger empfehlen sich insbesondere auch meine Beiträge  Unsichtbare Nutzflächen  [8]und Energie und Geld [9].

Die für Deutschland und die Deutschen zur Verfügung stehende Nutzfläche wird in den nächsten Jahren und Jahrzehnten drastisch schrumpfen, weil insbesondere die derzeit genutzten, unsichtbaren Nutzflächen schrumpfen oder  komplett wegfallen werden.

Unsere “Eliten” und  auch unsere angeblichen Volks- und Arbeiterparteien,  halten es dennoch für sinnvoll,  erforderlich, vertretbar  und sogar für bereichernd, die Größe der Bevölkerung durch Zuwanderung und durch die Aufnahme von Flüchtlingen zu steigern oder mindestens konstant zu halten.

Das lässt mich an die moderne Sage vom Kriegsschiffskapitän und dem Leuchtturm denken, dass ich in Sichtweisen und Paradigmenwechsel [10]erwähnt hatte, und an  ein weiteres Essay von Sumner, nämlich an  Purposes and Consequences [11] (dt. “Absicht und Konsequenzen”), das ich ebenfalls aus dem Buch “Earth-Hunger and other Essays” entnommen habe und auf meiner Webseite zum Herunterladen anbiete.

Christoph Becker,

Kelberg, den 26. April 2016

 

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