Eine Sekunde danach

Buchbesprechung zu dem auf den Tag genau 100 Jahre nach dem Beginn des 1. Weltkrieges in deutscher Sprache erschienenen Roman “One Second After – Die Welt ohne Strom. “One Second After” heißt auf Deutsch “Eine Sekunde danach” oder “Eine Sekunde später”. Der Roman  One Second After – Die Welt ohne Strom von William R. Forstchen ist ein Fiction Roman. Die Arbeit an dem Buch wurde im Juli  2008 beendet und es erschien 2009 in den USA. Im Juli 2008 erschien  etwa zeitgleich mit der Fertigstellung des Romans der abschließende, sehr umfassende Bericht der EMP-Kommision des amerikanischen Kongresses.  Der Roman wurde von einem Professor für Militärgeschichte geschrieben. Als Berater standen dem Autor sein Hausarzt, ein Apotheker, ein Polizeichef, der mit der  EMP-Problematik und dem Einsatz von Atomwaffen seit vielen Jahren befasste Kapitän zur See Bill Sanders und die beiden seit vielen Jahren mit Sicherheitspolitik befassten und für die Berufung der EMP-Kommission maßgeblichen Abgeordneten des amerikanischen Repräsentantenhauses Newt Gingrich und Roscoe Bartlett zur Seite. Newt Gingrich hat das Vorwort zu dem Roman geschrieben.  Bill Saunders hat das Nachwort geschrieben. Roscoe Bartlet hat bei verschiedenen Reden die Romane One Second After von William Forstchen  und SS-18: The Satan Legacy
von Patrick Lowrie empfohlen. Er, Bartlett, lese zwar im Allgemeinen keine Romane, aber bei  diesen beiden sei das anders.

“One Second After – Die Welt ohne Strom” ist daher nicht einfach ein Roman, sondern faktisch ein in Romanform sehr gelungenes und spannend geschriebenes, inspirierendes, in die Problematik eines EMP-Angriffs oder extremen Sonnenstrum einführendes Lehrbuch für einfache Bürger  und Wähler ebenso wie für Politiker aller Ebenen, für Militärs und auch für Polizeichefs, Feuerwehrchefs, Ärzte und viele andere.

Die unserer westlichen Zivilisation drohende Katastrophe, die der Roman unter Bezug auf eine Vielzahl von Fakten schildert, könnte alleine in Deutschland mehr Tote fordern als beide Weltkriege zusammen an allen Fronten weltweit gefordert haben. Das heißt, es könnten ohne weiteres mehr als 10 mal soviele Bürger der Bundesrepublik umkommen wie durch die Massenmorde der Nazis an den Juden.

Der Roman erzählt das Leben und Sterben in einer kleinen Stadt in den Bergen im amerikanischen Bundesstaat Nord Carolina kurz vor, kurz nach und dann in den Tagen und Monaten nachdem eine Rakete mit drei Atomsprengköpfen von einem unscheinbaren Fachtschiff vor der amerikanischen Küste abgeschossen wurde. Die Sprengköpfe wurden in großer Höhe an drei gut gewählten Stellen der USA gezündet und haben die Stromnetze der USA vollständig und die Elektronik in den USA zum größten Teil zerstört.  Der Roman endet nach einem Jahr, als erstmals ein Militärkonvoi  die kleine Stadt erreicht und die ersten Nahrungsmittel und Medikamente seit dem Angriff bringt. In der kleinen Stadt in den Bergen sind bis dahin “nur” 8 von 10 Menschen an Hunger, Krankheiten und Gewalt gestorben.  Der den Konvoi mit den  Hilfsgütern führende Offizier bringt auch die ersten verlässlichen Nachrichten über die Gesamtlage.  Er sagt es gäbe in den USA wahrscheinlich nur 30 Millionen Überlebende (von  ca. 300 Millionen Einwohnern vor dem Angriff). New York hätte man nach dem Ausbruch einer Seuche vollständig abriegeln müssen und es gäbe dort wahrscheinlich nur noch 25-Tausend Einwohner.  In Florida gäbe es so gut wie keine Überlebenden. In den ländlichen Gebieten des  Mittleren Westens hätten aber mehr als die Hälfte der Bevölkerung überlebt.  Man habe nie herausgefunden, wer die Angreifer waren. Vermutlich wären es Terroristen gewesen.  Weltweit habe es drei solche Schiffe und entsprechende Angriffe gegeben. Einen  Angriff auf Japan und Südkorea, einer  sei aus dem Seegebiet um Island erfolgt und habe Russland getroffen. Man nehme aber an, es handele sich um eine technische Panne, und der Angriff habe eigentlich Westeuropa treffen sollen. Alle drei Schiffe seien unmittelbar nach dem Angriff explodiert, so daß es keine Spuren gäbe.

60 Tage nach dem Angriff seien an der amerikanischen Pazifikküste chinesische Soldaten gelandet um der hungernden amerikanischen Bevölkerung zu helfen. Die Chinesen hätten nun eine halbe Million Soldaten im Westen der USA stehen und von Abzug sei keine Rede. Mexiko habe weite Teile des Südens der USA besetzt um ein weiteres Vordringen der Chinesen zu verhindern. Die USA seien regelrecht zu Brei geschlagen worden.

Der Roman enthält sehr viele interessante Details und Geschichten aus der kleinen Stadt und auch von historischen Ereignisssen wie der Belagerung von Leningrad wird erzählt. Dem Leser wird dabei auf spannende, unterhaltsamme Weise ein Eindruck von die Tragik, der enormen Vielfalt der Probleme und auch von den menschlichen Abgründen vermittelt,  mit denen man es zu tun bekommt wenn eine moderne westliche Gesellschaft durch ein Großereignis wie einem EMP-Angriff ohne Vorbereitung kollabiert.

Insgesamt ist “One Second After – Die Welt ohne Strom” auch für jene, die normalerweise keine Romane lesen eine sehr empfehlenswerte Lektüre.

Kelberg, den 6. August 2014

Christoph Becker